(19)
(11) EP 2 684 623 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.01.2014  Patentblatt  2014/03

(21) Anmeldenummer: 12175532.6

(22) Anmeldetag:  09.07.2012
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B21B 1/18(2006.01)
B21B 37/46(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(71) Anmelder: Siemens Aktiengesellschaft
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Weisshaar, Bernhard
    91074 Herzogenaurach (DE)

   


(54) Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut in einer Walzstraße


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut (6) in einer Walzstraße (2), die mindestens zwei Walzgerüste (4) mit jeweils mindestens einer Walze (13) umfasst, wobei jedem Walzgerüst (4) ein separater Antrieb (8) mit Drehzahlregelung für die mindestens eine Walze (13) zugeordnet ist, bei dem bei Beaufschlagung zumindest eines der Antriebe (8) mit einem realen Lastmoment (MLoad) , zur Drehzahlregelung der Antriebe (8) zumindest einem Regelkreis (14) eines der Antriebe (8) zusätzlich in Abhängigkeit des realen Lastmoments (MLoad) ein simuliertes Lastmoment (MLoad, Sim) zugeführt wird.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut in einer Walzstraße mit mindestens zwei Walzgerüsten mit jeweils mindestens einer Walze, wobei jedem Walzgerüst ein separater Antrieb für die mindestens eine Walze zugeordnet ist.

[0002] Bei der Bearbeitung von Walzgut, z.B. Stahl oder verschiedene Metalle in Form von sogenannten Brammen oder Knüppeln, durchläuft das Walzgut eine Walzstraße mit mehreren Walzgerüsten, in der es in mehreren Stichen zu Bändern oder Drähten ausgewalzt wird. Beim Drahtwalzen werden Walzgerüste verwendet, die als Walzen je zwei übereinander befindliche Kaliberwalzringe mit abwechselnd rund und oval gestalteten Kalibern aufweisen, deren Querschnitt nach jedem Stich abnimmt. So wird aus Knüppeln mit annähernd quadratischem Querschnitt Runddraht hergestellt.

[0003] Um das Walzgut an jedem Walzgerüst auf die gewünschte Dicke bzw. den gewünschten Querschnitt zu walzen, müssen die Drehzahlen der Walzen der einzelnen Walzgerüste auf einen Sollwert für die Drehzahl geregelt werden. Die einzelnen Drehzahlsollwerte und somit auch ein Verhältnis der Drehzahlen der Walzen der aufeinanderfolgenden Walzgerüste zueinander werden in der Regel aus einem Stichplan vorgegeben. Um am Ende der Walzstraße die gewünschte Dicke oder den gewünschten Querschnitt des bearbeiteten Walzgutes zu erhalten, muss das vorgegebene Drehzahlverhältnis während der Bearbeitung möglichst genau eingehalten werden, d.h. auch die Istwerte für die Drehzahlen der Walzen der aufeinanderfolgenden Walzgerüste müssen während der gesamten Bearbeitung stets dem vorgegebenen Drehzahlverhältnis entsprechen.

[0004] Insbesondere beim Drahtwalzen treten sehr hohe Walzgeschwindigkeiten auf, sodass die Stichabnahmen und das Verhältnis der Drehzahlen der Walzen der einzelnen Walzgerüste exakt aufeinander abgestimmt und konstant gehalten werden müssen, um Zug- und Druckbelastungen auf den Draht zwischen den Walzgerüsten zu vermeiden. Schon geringe Abweichungen können zu einem Reißen des Drahtes oder zu einer Schlingenbildung führen.

[0005] Eine Möglichkeit sicherzustellen, dass das Drehzahlverhältnis konstant gehalten wird, ist es, alle Walzgerüste über ein mechanisches Verteilergetriebe starr miteinander zu koppeln und mit einem gemeinsamen großen Motor anzutreiben. Ein großer Nachteil hierbei ist jedoch, dass beispielsweise bei Verschleiß einzelner Walzringe stets alle Walzringe ausgewechselt oder neu eingeschliffen werden müssen, da die Querschnitte bzw. Durchmesser der Kaliber aufeinander abgestimmt sein müssen, um ein gewünschtes Walzergebnis zu erzielen. Dadurch ist ein solches Vorgehen sehr zeitaufwendig und kostenintensiv.

[0006] Diese Nachteile können dadurch überwunden werden, dass jedes Walzgerüst mit einem separaten Antrieb, also eigenem Motor und Getriebe, angetrieben wird. So lassen sich die Walzengeschwindigkeiten der Walzen für jedes Walzgerüst über Drehzahlsollwerte, die über eine für jeden Antrieb vorhandene Drehzahlregelung eingestellt werden, für die einzelnen Antriebe unabhängig voneinander einstellen. Ein Verschleiß einzelner Walzen bzw. Walzringpaare kann dann über eine Änderung des Drehzahlsollwertes zur Erreichung der geforderten Walzengeschwindigkeit des jeweiligen Antriebs ausgeglichen werden. Zudem wird kein in seinem Aufbau aufwändiges mechanisches Verteilergetriebe benötigt.

[0007] Eine große Herausforderung einer solchen Antriebslösung stellt jedoch die Drehzahlregelung der einzelnen Walzgerüste während der Bearbeitung von Walzgut dar. Beim Anstich eines Walzgerüsts, d.h. beim Auftreffen des Walzguts auf die Walzen, wirkt auf dieses ein reales Lastmoment, welches einen Einbruch der Drehzahl der Walzen an diesem Walzgerüst bewirkt. Die Walzen anderer Walzgerüste hingegen, auf die zum Anstichzeitpunkt kein oder ein abweichendes, z.B. ein kleineres reales Lastmoment wirkt, weisen eine unveränderte bzw. nur leicht veränderte Drehzahl auf. Dies hat zur Folge, dass die Drehzahlen der einzelnen Antriebe bzw. Walzen nicht mehr synchron, also nicht mehr in einem vorgegebenen Drehzahlverhältnis zueinander arbeiten. Dies kann zu Zug- oder Druckbelastungen und somit zu einem Reißen des Drahtes oder zu Schlingenbildung des Walzgutes zwischen einzelnen Walzgerüsten führen.

[0008] Aufgabe der Erfindung ist es ein Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut anzugeben, bei dem die oben genannten Nachteile vermieden werden.

[0009] Die Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß Patentanspruch 1 gelöst. Bei der Bearbeitung von Walzgut in einer Walzstraße, die mindestens zwei Walzgerüste mit jeweils mindestens einer Walze umfasst, wobei jedem Walzgerüst ein separater Antrieb mit Drehzahlregelung für die mindestens eine Walze zugeordnet ist, wird bei Beaufschlagung zumindest eines der Antriebe mit einem realen Lastmoment, zur Drehzahlregelung der Antriebe zumindest einem Regelkreis der Antriebe zusätzlich in Abhängigkeit des realen Lastmoments ein simuliertes Lastmoment zugeführt.

[0010] Bei der Bearbeitung von Walzgut in einer Walzstraße mit Walzgerüsten, die jeweils einen eigenen Antrieb aufweisen, werden die Walzen der einzelnen Walzgerüste jeweils auf einen Drehzahlsollwert geregelt. Hierfür weist jeder Antrieb eine Drehzahlregelung mit einem Regelkreis auf, in dem ständig ein Istwert für die Drehzahl erfasst, mit dem Sollwert für die Drehzahl verglichen und gegebenenfalls daran angepasst wird. Wird ein Antrieb mit einem realen Lastmoment beaufschlagt, bewirkt dies einen Einbruch der Drehzahl und somit eine Verringerung des Istwerts für die Drehzahl. Die Drehzahlregelung des Antriebs regelt die Walzen des Walzgerüsts wieder auf die Sollwerte für die Drehzahl ein. Die einzelnen Drehzahlsollwerte werden dabei so gewählt, dass das Walzgut an jedem Walzgerüst auf eine gewünschte Dicke bzw. gewünschten Querschnitt gewalzt wird. Es wird somit ein Drehzahlverhältnis der Walzen der aufeinanderfolgenden Walzgerüste zueinander vorgegeben, welches während der Bearbeitung des Walzgutes eingehalten werden muss.

[0011] Um dies zu gewährleisten müssen auch die Istwerte der Drehzahlen der Walzen der Walzgerüste stets diesem vorgegebenen Drehzahlverhältnis entsprechen. Das Drehzahlverhältnis muss folglich auch bei auftretenden Lastmomenten konstant gehalten werden. Da ein an einem Antrieb auftretendes, reales Lastmoment einen Einbruch des Istwertes der Drehzahl bewirkt, wird zur Drehzahlregelung der weiteren Antriebe deren Regelkreis ein simuliertes Lastmoment zugeführt. Dieses bewirkt, dass der Istwert der Drehzahl an den weiteren Antrieben ebenfalls verringert wird und das vorgegebene Drehzahlverhältnis auch während der Beaufschlagung eines Antriebs mit einem realen Lastmoment erhalten bleibt.

[0012] Mit anderen Worten: Wird ein Antrieb durch das Auftreten eines realen Lastmoments abgebremst oder beschleunigt, werden auch die weiteren Antriebe, induziert durch ein simuliertes Lastmoment, verlangsamt oder beschleunigt, um eine synchrone Änderung, z.B. eine Reduzierung der Istwerte der Drehzahl an allen Walzgerüsten zu erreichen. Dies gewährleistet, dass das vorgegebene Drehzahlverhältnis auch dann konstant bleibt, wenn der Istwert der Drehzahl an zumindest einem Walzgerüst von dem Sollwert für die Drehzahl abweicht. Synchron bedeutet, dass die Drehzahlen und Walzengeschwindigkeiten der einzelnen Walzgerüste einen zeitgleichen und gleichförmigen Verlauf zeigen, sodass das vorgegebene Drehzahlverhältnis stets konstant ist.

[0013] Gemäß der vorliegenden Erfindung wird also den nicht oder nur mit einem geringeren realen Lastmoment beaufschlagten Antrieben, zum Zeitpunkt der Beaufschlagung eines Antriebs mit einem realen Lastmoment, also z.B. beim Anstich des Walzgutes in einem Walzgerüst, im Regelkreis ein künstliches, nachgebildetes Lastmoment simuliert. Dieses simulierte Lastmoment bewirkt einen nahezu zeitgleichen und synchron verlaufenden Einbruch der Istwerte der Drehzahl an jedem Walzgerüst, sodass das aus den Sollwerten für die Drehzahl vorgegebene Verhältnis der Drehzahlen auch bei von den Sollwerten abweichenden Istwerten für die Drehzahl eines oder mehrerer Antriebe konstant bleibt und während der gesamten Bearbeitung erhalten wird. Dadurch wird ein Reißen des Walzgutes, beispielsweise Draht, oder Schlingenbildung zuverlässig verhindert.

[0014] Mit anderen Worten: Wenn an mindestens einem der Antriebe ein reales Lastmoment wirkt, wird zur Regelung der Drehzahl im Regelkreis der weiteren Antriebe jeweils ein Lastmoment simuliert, um einen synchronen Drehzahleinbruch an allen Walzgerüsten zu bewirken. Die Größe des simulierten Lastmoments wird in Abhängigkeit vom realen Lastmoment derart gewählt, dass die Drehzahlen der Antriebe das vorgegebene Drehzahlverhältnis einhalten.

[0015] Die Idee der vorliegenden Erfindung beruht folglich darauf, dass durch Beaufschlagung jedes Antriebs mit entsprechendem Lastmoment, sei es ein reales, ein simuliertes oder ein gemischt real und simuliertes Lastmoment, die Synchronität der Drehzahlen und der Walzengeschwindigkeiten der einzelnen Walzgerüste auch bei zeitlich versetzt erfolgender realer Belastung gewährleistet ist. Unter Synchronität ist dabei die Erhaltung des vorgegebenen Verhältnisses der Drehzahlen und Walzengeschwindigkeiten auch bei Änderung eines Istwertes mindestens einer Drehzahl zu verstehen.

[0016] Bei einem Verfahren gemäß der vorliegenden Erfindung wird beispielsweise beim Auftreffen des Walzgutes auf das erste Walzgerüst, also beim Anstich im ersten Walzgerüst, ein Antrieb nur mit einem realen Lastmoment beaufschlagt und dem Regelkreis der weiteren Antriebe nur jeweils ein simuliertes Lastmoment zugeführt. Durchläuft das Walzgut die Walzstraße, werden die einzelnen Walzgerüste nacheinander mit einem realen Lastmoment beaufschlagt. Beim Anstich im zweiten Walzgerüst wirkt dann beispielsweise am ersten Walzgerüst nur ein reales Lastmoment und am zweiten Walzgerüst ein kleineres, reales Lastmoment und es wird zusätzlich ein simuliertes Lastmoment in den Regelkreis der Drehzahlregelung des zweiten Walzgerüstes aufgeschaltet. Den Antrieben der nachfolgenden Walzgerüste wird jeweils nur ein simuliertes Lastmoment zugeführt. Es sind somit für die Drehzahlregelung der einzelnen Antriebe gesamte Lastmomente vorhanden, die sich sowohl nur aus einem realen als auch aus einem rein simulierten Lastmoment oder aus einer Kombination beider zusammensetzen können.

[0017] Bei einer bevorzugten Ausgestaltung des Verfahrens werden bei Beaufschlagung mehrerer Antriebe mit einem realen Lastmoment die simulierten Lastmomente in Abhängigkeit des höchsten realen Lastmoments zugeführt. Mit anderen Worten: Tritt an mehreren Antrieben ein reales Lastmoment auf, werden die simulierten Lastmomente die dem jeweiligen Regelkreis der weiteren Antriebe zugeführt werden durch das höchste reale Lastmoment bestimmt.

[0018] Das höchste reale Lastmoment wird insbesondere mit einer Maximal-Auswahl-Funktion bestimmt.

[0019] Des Weiteren ist es von Vorteil, wenn bei Beaufschlagung mehrerer Antriebe mit einem realen Lastmoment Differenzmomente zwischen dem höchsten realen Lastmoment und den realen Lastmomenten gebildet werden und diese Differenzmomente als simulierte Lastmomente zugeführt werden. Dabei wird für jedes Walzgerüst ein Differenzmoment zwischen dem höchsten realen Lastmoment und dem an dem jeweiligen Walzgerüst auftretenden realen Lastmoment gebildet und dem Regelkreis des jeweiligen Antriebs als simuliertes Lastmoment zugeführt. Mit anderen Worten: Das höchste reale Lastmoment bestimmt die Summe aus realem und simuliertem Lastmoment an jedem Walzgerüst.

[0020] Bei einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird ein Drehzahlverhältnis der Walzen der aufeinanderfolgenden Walzgerüste anhand eines Stichplans ermittelt. Mit anderen Worten: Für jedes Walzgerüst wird anhand des Stichplans ein Drehzahlsollwert ermittelt, sodass das Walzgut in jedem Walzgerüst auf eine gewünschte Dicke bzw. gewünschten Querschnitt gewalzt wird. Die Drehzahlsollwerte der einzelnen Walzen eines Walzgerüsts weisen ein bestimmtes Drehzahlverhältnis zueinander auf. Um dieses anhand des Stichplans ermittelte Drehzahlverhältnis während der gesamten Bearbeitung des Walzgutes konstant zu halten, wird gemäß dem vorliegenden Verfahren zur Drehzahlregelung der Antriebe deren Regelkreis zusätzlich jeweils ein simuliertes Lastmoment zugeführt. Somit bleibt das Drehzahlverhältnis durch Bewirken eines gleich verlaufenden Drehzahleinbruchs an allen Walzgerüsten konstant.

[0021] Bei einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird das jeweils simulierte Lastmoment ebenfalls anhand eines Stichplans berechnet. Dies ist vor allem zu Beginn der Bearbeitung des Walzgutes von Vorteil, wenn noch keine Messwerte vorliegen.

[0022] In einer weiteren Ausprägung des Verfahrens wird das jeweils simulierte Lastmoment anhand von Messgrößen ermittelt. Eine solche Messgröße kann beispielsweise ein aus der Messung eines realen Drehmoments oder drehmomentproportionaler Motorströme ermitteltes Lastmoment sein. Während der Bearbeitung des Walzgutes werden solche Messgrößen ständig ermittelt, sodass das jeweils simulierte Lastmoment ständig nachgeführt und optimiert werden kann. Dies führt zu einer genaueren Ermittlung des simulierten Lastmoments in Abhängigkeit des realen Lastmoments.

[0023] Um den Zeitpunkt der Beaufschlagung eines Antriebs mit einem realen Lastmoment zu kennen, wird dieser bei einer bevorzugten Ausführungsform detektiert. Mit anderen Worten: Der Anstichzeitpunkt des Walzgutes an einem Walzgerüst wird anhand einer geeigneten Messgröße, wie z.B. eine Walzkraft, ein Drehmoment oder ein momentenbildender Motorstrom, messtechnisch erfasst. Dabei ist es insbesondere von Vorteil, wenn der Zeitpunkt des Anstichs in einem Walzgerüst anhand der Bewegung des Walzgutes durch die Walzstraße erfolgt. Bei einer solchen Materialverfolgung wird der Anstichzeitpunkt beispielsweise mit Hilfe von Detektoren, z. B. sogenannte "hot metal detectors", bestimmt. Dabei bietet es sich beispielsweise an, den Kopf des Walzgutes, wie z.B. die Spitze des Drahtes, der die Walzgerüste durchläuft als Messpunkt zu verwenden.

[0024] Eine weitere bevorzugte Variante besteht darin, den Zeitpunkt der Beaufschlagung eines Antriebs mit einem realen Lastmoment anhand eines Modells zu ermitteln. Dies kann beispielsweise rechnerisch mithilfe eines Bewegungsmodells des Walzgutes erfolgen. Dabei wird die Geschwindigkeit des Walzgutes z.B. anhand einer Walzenumfangsgeschwindigkeit und einer berechneten Voreilung ermittelt.

[0025] Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung der Ausführungsbeispiele, die im Zusammenhang mit den Zeichnungen näher erläutert werden.

[0026] Für eine weitere Beschreibung der Erfindung wird auf die Ausführungsbeispiele der Zeichnungen verwiesen. Es zeigen in einer schematischen Prinzipskizze:
FIG 1
einen Ausschnitt einer Walzstraße mit aufeinanderfolgenden Walzgerüsten und mit einem separaten Antrieb für jedes Walzgerüst,
FIG 2
eine schematische Darstellung eines Regelkreises für einen Antrieb eines Walzgerüsts,
FIG 3
ein Diagramm des zeitlichen Verlaufs eines an einem Antrieb auftretenden realen Lastmoments,
FIG 4
ein Diagramm des zeitlichen Verlaufs der Drehzahl eines Antriebs, der mit einem realen Lastmoment gemäß FIG 3 beaufschlagt wird,
FIG 5
ein Diagramm des zeitlichen Verlaufs eines an einem Antrieb simulierten Lastmoments,
FIG 6
ein Diagramm des zeitlichen Verlaufs der Drehzahl eines Antriebs, der mit einem simulierten Lastmoment gemäß FIG 5 beaufschlagt wird.


[0027] FIG 1 zeigt einen Ausschnitt einer Walzstraße 2 mit aufeinanderfolgenden Walzgerüsten 4 zur Bearbeitung eines Walzgutes 6. In FIG 1 sind beispielhaft acht aufeinanderfolgende Walzgerüste 4 dargestellt, die das Walzgut 6, z.B. ein Knüppel der zu Draht gewalzt wird, durchläuft.

[0028] Jedem Walzgerüst 4 ist ein separater Antrieb 8, umfassend einen Motor 10 und ein Getriebe 12, mit Drehzahlregelung zugeordnet, welcher in FIG 1 aus Gründen der Übersichtlichkeit nur für ein Walzgerüst 4 eingezeichnet ist. Das Getriebe 12 ist beispielsweise eine Kombination aus einem Kammwalzgetriebe und einem Übersetzungsgetriebe. Jedes Walzgerüst 4 umfasst weiterhin mindestens eine Walze 13, beispielsweise zwei Walzen 13, die von dem jeweiligen Antrieb 8 auf einen Sollwert für die Drehzahl nSoll geregelt wird. Hierfür wird im Regelkreis 14 der Drehzahlregelung des Antriebs 8 ständig ein Istwert der Drehzahl nIst erfasst, mit dem Sollwert der Drehzahl nSoll welcher z.B. anhand eines Stichplans ermittelt wird, verglichen und daran angepasst.

[0029] FIG 2 zeigt einen Regelkreis 14 eines Antriebs 8 gemäß der vorliegenden Erfindung zur Regelung der Drehzahl nIst des Antriebs 8 und somit der Walzen 13 des Walzgerüsts 4.

[0030] Der Regelkreis 14 umfasst eine Regeleinrichtung 16, wie z.B. einen PI-Regler, mit dem eine Regeldifferenz zwischen dem Istwert der Drehzahl nIst und dem Sollwert der Drehzahl nSoll erfasst und geregelt wird. Desweiteren umfasst der Regelkreis 14 eine unterlagerte Drehmomentregelung mit einem Umrichter 18, der den Motor 10 mit Strom versorgt und diesen in einen gewünschten Betriebspunkt steuert, und einen Integrator 20, der die bei der Regelung zu berücksichtigenden Trägheitsmomente des Antriebs 8 repräsentiert.

[0031] Ein reales Lastmoment MLoad greift nach dem Umrichter 18 und vor dem Integrator 20 in den Regelkreis 14 ein und beeinflusst direkt den Istwert der Drehzahl nIst. Ein simuliertes Lastmoment MLoad, Sim wird dem Regelkreis 14 direkt nach der Regeleinrichtung 16 zugeführt, um nur eine geringe Verzögerung des simulierten Lastmoments MLoad, Sim gegenüber dem realen Lastmoment MLoad zu erreichen. Das simulierte Lastmoment MLoad, Sim beeinflusst somit direkt das im Motor 10 vom Umrichter 18 erzeugte Drehmoment und somit auch die zugeführte Leistung.

[0032] Bei Beaufschlagung eines Antriebs 8 mit einem realen Lastmoment MLoad, welches wie in FIG 3 gezeigt zu einem Zeitpunkt T, also beispielsweise beim Anstich des Walzgutes 6 in einem Walzgerüst 4, sprungartig ansteigt, verringert sich die aktuelle Drehzahl nIst des Antriebs 8 und der Walzen 13. FIG 4 zeigt einen der Größe des realen Lastmoments MLoad entsprechenden Einbruch des Istwertes der Drehzahl nIst zum Zeitpunkt T. Antriebe 8, auf die kein oder ein vom realen Lastmoment MLoad abweichendes Lastmoment wirkt, erfahren keinen oder nur einen geringeren Einbruch der Drehzahl nIst. Somit laufen die Walzen der Walzgerüste 4 nicht mehr synchron, d.h. nicht mehr in einem aus dem Stichplan vorgegebenen Verhältnis der Drehzahlen.

[0033] Um das Drehzahlverhältnis sämtlicher Antriebe 8 während der gesamten Bearbeitung des Walzgutes 6 konstant, also dem aus dem Stichplan vorgegebenen Drehzahlverhältnis entsprechend, zu halten, wird gemäß FIG 2 dem Regelkreis 14 zumindest eines der Antriebe 8 bei Beaufschlagung eines Antriebs 8 mit einem realen Lastmoment MLoad in Abhängigkeit des realen Lastmoments MLoad zusätzlich ein simuliertes Lastmoment MLoad, Sim zugeführt, wie dies in FIG 5 dargestellt ist. Das simulierte Lastmoment MLoad, Sim zeigt einen einem realen Lastmoment MLoad entsprechenden zeitlichen Verlauf. Dabei kann an einem Antrieb 8 nur ein reales Lastmoment MLoad, ein rein simuliertes Lastmoment MLoad, sim oder sowohl ein reales Lastmoment MLoad als auch ein simuliertes Lastmoment MLoad, sim wirken. In jedem Fall wird das dem Regelkreis 14 eines Antriebs 8 zugeführte simulierte Lastmoment MLoad, Sim dabei so gewählt, dass sich für jeden Antrieb 8 jedes Walzgerüsts 4 in Abhängigkeit vom realen Lastmoment MLo-ad ein Lastmoment ergibt, das eine zeitgleiche und synchron verlaufende Verringerung der Drehzahl nIst aller Antriebe 8 bewirkt. So wird durch ein simuliertes Lastmoment MLoad, Sim zum Zeitpunkt T ein zeitgleicher Drehzahleinbruch- in FIG 6 dargestellt- an allen Antrieben 8 und damit eine Synchronität der Walzen 13 der einzelnen Walzgerüste 4 gewährleistet.

[0034] Beim Einfädeln des Walzgutes 6 in das erste Walzgerüst 4 wird beispielsweise nur ein Antrieb 8, nämlich der des ersten Walzgerüsts 4, mit einem realen Lastmoment MLoad beaufschlagt. An allen weiteren Antrieben 8 wirkt kein reales Lastmoment MLoad, sodass deren Regelkreis 14 in Abhängigkeit des am ersten Walzgerüst 4 auftretenden realen Lastmoments MLoad nur jeweils ein simuliertes Lastmoment MLoad, Sim zugeführt wird.

[0035] Trifft das Walzgut 6 im zweiten Walzgerüst 4 auf, ist der Antrieb 8 des ersten Walzgerüsts 4 weiterhin mit dem realen Lastmoment MLoad beaufschlagt. Auch am zweiten Walzgerüst 4 wirkt nun ein reales Lastmoment MLoad, welches sich von dem am ersten Walzgerüst 4 wirkenden realen Lastmoment MLoad unterscheidet. Bei Beaufschlagung mehrerer, in diesem Fall zweier Antriebe 8 mit einem realen Lastmoment MLoad wird das größere reale Lastmoment MLoad, also das höchste reale Lastmoment MLo-ad, bestimmt. Dies kann beispielsweise mit Hilfe einer Maximalauswahl-Funktion erfolgen. In Abhängigkeit des höchsten realen Lastmoments MLoad werden den Regelkreisen 14 der Antriebe 8 simulierte Lastmomente MLoad, Sim zugeführt. Hierfür wird z.B. jeweils eine Differenz zwischen dem höchsten realen Lastmoment MLoad und dem realen Lastmoment MLoad an jedem Walzgerüst 4 gebildet. Dieses Differenzmoment wird dem jeweiligen Regelkreis 14 des Antriebs 8 mit den geringeren realen Lastmomenten MLoad als simuliertes Lastmoment MLoad, Sim zugeführt.

[0036] Mit anderen Worten: Das höchste reale Lastmoment MLoad, das an einem Antrieb 8 eines Walzgerüsts 4 wirkt, bestimmt die Summe aus realem Lastmoment MLoad und simuliertem Lastmoment MLoad, Sim an den weiteren Walzgerüsten 4.

[0037] In diesem Ausführungsbeispiel ist das reale Lastmoment MLoad am ersten Walzgerüst größer als das reale Lastmoment MLoad am zweiten Walzgerüst. Das reale Lastmoment MLoad am ersten Walzgerüst ist somit das höchste reale Lastmoment MLoad. Beim Auftreffen des Walzgutes 6 im zweiten Walzgerüst 4 wird ein Differenzmoment zwischen dem am ersten Walzgerüst 4 auftretenden realen Lastmoment MLoad und dem am zweiten Walzgerüst 4 auftretenden realen Lastmoment MLoad bestimmt und dem Regelkreis 14 des zweiten Walzgerüsts 4 als simuliertes Lastmoment MLoad, Sim aufgeschaltet. Den weiteren Antrieben 8 wird weiterhin das in Abhängigkeit des am ersten Walzgerüst 4 auftretenden realen Lastmoments MLoad bestimmte simulierte Lastmoment MLoad, Sim zugeführt.

[0038] Wird bei der Bearbeitung des Walzgutes 6 beispielsweise anschließend das dritte Walzgerüst 4 mit einem größeren realen Lastmoment MLoad beaufschlagt als das erste Walzgerüst 4, ist somit das reale Lastmoment MLoad am dritten Walzgerüst 4 das höchste reale Lastmoment MLoad, das die Summe aus realem und simuliertem Lastmoment an den übrigen Walzgerüsten 4 bestimmt. Es werden wiederum Differenzmomente gebildet und den Regelkreisen 14 der übrigen Antriebe 8 zugeführt. Die simulierten Lastmomente MLoad, Sim werden somit entsprechend dem neuen höchsten realen Lastmoment MLoad erhöht.

[0039] Die Größe des simulierten Lastmoments MLoad, Sim kann beispielsweise ebenfalls anhand eines Stichplans ermittelt werden. Während der Bearbeitung des Walzgutes 6 ist es möglich das simulierte Lastmoment MLoad, Sim aus einer Messgröße M, wie z.B. aus der Messung realer Drehmomente oder drehmomentproportionaler Motorströme ermittelte Lastdrehmomente, zu bestimmen. Hierfür ist eine Messeinrichtung 22 vorhanden.

[0040] Gemäß der Erfindung erfolgt die Zuführung eines simulierten Lastmoments MLoad, Sim zur Drehzahlregelung der Antriebe 8 in zumindest einen Regelkreis 14 eines der Antriebe 8 bei Beaufschlagung mindestens eines Antriebs 8 mit einem realen Lastmoment MLoad. Eine Beaufschlagung eines Antriebs 8 mit einem realen Lastmoment MLoad erfolgt beispielsweise beim Anstich bzw. Auftreffen des Walzgutes 6 in einem Walzgerüst 4.

[0041] Ein Zeitpunkt T der Beaufschlagung eines Antriebs 8 mit einem realen Lastmoment MLoad kann detektiert, also anhand einer Messgröße M ermittelt, werden. Hierfür wird mittels der Messeinrichtung 22 beispielsweise eine Walzkraft oder ein Drehmoment messtechnisch erfasst. Eine Ermittlung des Zeitpunktes T kann auch anhand eines am Walzgut 6 ermittelten Wertes, z.B. dessen Geschwindigkeit und Bewegung durch die Walzstraße 2, erfolgen. Das simulierte Lastmoment MLoad, Sim wird dem Regelkreis 14 dann zum Zeitpunkt T zugeführt.

[0042] Denkbar ist es auch, den Zeitpunkt T anhand eines Modells, welches z.B. die Bewegung des Walzgutes 6 durch die Walzstraße 2 abbildet, rechnerisch zu ermitteln.

[0043] Obwohl die Erfindung im Detail durch das bevorzugte Ausführungsbeispiel näher illustriert und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.


Ansprüche

1. Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut (6) in einer Walzstraße (2), die mindestens zwei Walzgerüste (4) mit jeweils mindestens einer Walze (13) umfasst, wobei jedem Walzgerüst (4) ein separater Antrieb (8) mit Drehzahlregelung für die mindestens eine Walze (13) zugeordnet ist, bei dem bei Beaufschlagung zumindest eines der Antriebe (8) mit einem realen Lastmoment (MLoad), zur Drehzahlregelung der Antriebe (8) zumindest einem Regelkreis (14) eines der Antriebe (8) zusätzlich in Abhängigkeit des realen Lastmoments (MLoad) ein simuliertes Lastmoment (MLoad, Sim) zugeführt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem ein Antrieb (8) nur mit einem realen Lastmoment (MLoad) beaufschlagt wird und dem Regelkreis (14) der weiteren Antriebe (8) nur jeweils ein simuliertes Lastmoment (MLoad, Sim) zugeführt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem bei Beaufschlagung mehrerer Antriebe (8) mit einem realen Lastmoment (MLoad) die simulierten Lastmomente (MLoad, Sim) in Abhängigkeit des höchsten realen Lastmoments (MLoad) zugeführt werden.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3, bei dem das höchste reale Lastmoment (MLoad) mit einer Maximal-Auswahl-Funktion bestimmt wird.
 
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem bei Beaufschlagung mehrerer Antriebe (8) mit einem realen Lastmoment (MLoad) Differenzmomente zwischen dem höchsten realen Lastmoment (MLoad) und den realen Lastmomenten (MLoad) gebildet werden und diese Differenzmomente als simulierte Lastmomente (MLoad, Sim) zugeführt werden.
 
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem ein Drehzahlverhältnis der Walzen (13) der Walzgerüste (4) anhand eines Stichplans ermittelt wird.
 
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem das jeweils simulierte Lastmoment (MLoad, Sim) anhand eines Stichplans berechnet wird.
 
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem das jeweils simulierte Lastmoment (MLoad, Sim) anhand einer Messgröße (M) ermittelt wird.
 
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem ein Zeitpunkt (T) der Beaufschlagung eines Antriebs (8) mit einem realen Lastmoment (MLoad) detektiert wird.
 
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem der Zeitpunkt (T) der Beaufschlagung eines Antriebs (8) mit einem realen Lastmoment (MLoad) anhand eines Modells ermittelt wird.
 




Zeichnung










Recherchenbericht









Recherchenbericht