[0001] Die Erfindung betrifft ein kaltgewalztes Stahlflachprodukt mit einer Zugfestigkeit
Rm von mindestens 1400 MPa und einer Dehnung A80 von mindestens 5 %. Produkte dieser
Art zeichnen sich durch eine sehr hohe Festigkeit in Kombination mit guten Dehnungseigenschaften
aus und sind als solche insbesondere für die Herstellung von Bauteilen für Kraftfahrzeugkarosserien
geeignet.
[0002] Ebenso betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines erfindungsgemäßen
Stahlflachprodukts.
[0003] Unter dem Begriff "Stahlflachprodukt" werden hier durch einen Walzprozess erzeugte
Stahlbleche oder Stahlbänder sowie davon abgeteilte Platinen und desgleichen verstanden.
[0004] Sofern hier Legierungsgehalte lediglich in "%" angegeben sind, ist damit immer "Gew.-%"
gemeint, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes angegeben ist.
[0005] Aus der
EP 1 466 024 B1 (
DE 603 15 129 T2) ist ein Verfahren zur Herstellung eines Stahlflachprodukts bekannt, das Zugfestigkeiten
von deutlich mehr als 1000 MPa aufweisen soll. Um dies zu erreichen, wird eine Stahlschmelze,
die (in Gew.-%) 0,0005 - 1 % C, 0,5 - 10 % Cu, bis zu 2 % Mn, bis zu 5 % Si, bis zu
0,5 % Ti, bis zu 0,5 % Nb, bis zu 5 % Ni, bis zu 2 % Al und als Rest Eisen und herstellungsbedingt
unvermeidbare Verunreinigungen aufweist. Die Schmelze wird zu einem Band gegossen,
dessen Dicke max. 10 mm beträgt und das durch Besprengen mit Wasser oder einem Wasser-Luft-Gemisch
rasch auf eine Temperatur von höchstens 1000 °C abgekühlt wird. Anschließend wird
das gegossene Band mit einer üblichen Reduktionsrate warmgewalzt. Das Warmwalzen wird
bei einer Endtemperatur beendet, bei der sich das gesamte Kupfer noch in fester Lösung
in der Ferrit- und/oder Austenitmatrix befindet. Dann wird das Band einem Schritt
einer schnellen Abkühlung unterzogen, um das Kupfer in übersättigter fester Lösung
in der Ferrit- und/oder Austenitlösung zu halten. Nach einem Haspeln zu einem Coil
kann aus dem so erhaltenen Warmband mit einem 40 - 80 % betragenden Kaltwalzgrad ein
Kaltband gewalzt werden. Dieses Kaltband wird dann einer rekristallisierenden Glühung
unterzogen, bei der es möglichst schnell auf eine im Bereich von 840 °C liegenden
Glühtemperatur gebracht und dort gehalten wird, um einen möglichst großen Anteil des
im Stahl enthaltenen Kupfers in Lösung zu bringen. Anschließend erfolgt eine schnelle
Abkühlung auf eine 400 - 700 °C betragende Temperatur, bei der sich erneut Cu-Ausscheidungen
bilden. Auf diese Weise soll durch Ausscheidungshärtung das angestrebte Festigkeitsniveau
des Stahls erreicht werden. Gleichzeitig soll der Kupfergehalt die Korrosions- und
Versprödungsbeständigkeit des Stahls durch Bildung einer Schutzoxidschicht erhöhen.
[0006] Ein weiteres Verfahren zur Herstellung eines extrem festen Kaltbands ist aus der
US 7,591,977 B2 bekannt. Gemäß diesem Verfahren wird ein (in Gew.-%) 0,1 - 0,25 % C, 1,0 - 2,0 %
Si und 1,5 - 3,0 % Mn enthaltendes Warmband mit einem Kaltwalzgrad von 30 - 70 % zu
einem Kaltband gewalzt, das dann einer im kontinuierlichen Durchlauf absolvierten
Wärmebehandlung unterzogen wird. Dabei wird das Kaltband in einem ersten Glühschritt
auf eine oberhalb seiner Ar3-Temperatur liegende erste Glühtemperatur erwärmt, um
im Kaltband vorhandene Karbide in Lösung zu bringen. Anschließend erfolgt eine von
der ersten Glühtemperatur ausgehende, mit einer Abkühlgeschwindigkeit von mindestens
10 °C/s erfolgende Abkühlung auf eine zweite Glühtemperatur. Diese ist so gewählt,
dass sich im Kaltband Bainit bildet, und liegt typischerweise im Bereich von 300 -
450 °C. Dieser zur Bainitbildung durchgeführte zweite Glühschritt wird so lange ausgeführt,
bis das Gefüge des Kaltbands zu mindestens 60 % aus Bainit und zu mindestens 5 % aus
Restaustenit sowie als Rest aus polygonalem Ferrit besteht. Dabei wird angestrebt,
dass das Gefüge möglichst vollständig bainitisch ist und andere Gefügebestandteile
allenfalls in Spuren vorliegen. Das so beschaffene Kaltband erreicht Zugfestigkeiten
von bis zu 1180 MPa bei einer Dehnung von mindestens 9 % und kann erforderlichenfalls
mit einer metallischen, vor Korrosion schützenden Schicht belegt werden.
[0007] Vor dem Hintergrund des voranstehend erläuterten Standes der Technik bestand die
Aufgabe der Erfindung darin, ein kaltgewalztes Stahlflachprodukt zu schaffen, dass
auf einfache und betriebssichere Weise hergestellt werden kann und eine optimierte
Kombination aus weiter gesteigerter Festigkeit und guter Verformbarkeit aufweist.
Darüber hinaus sollte ein Verfahren zur Herstellung eines solchen kaltgewalzten Stahlflachprodukts
genannt werden.
[0008] In Bezug auf das kaltgewalzte Stahlflachprodukt ist diese Aufgabe erfindungsgemäß
durch das in Anspruch 1 angegebene Stahlflachprodukt gelöst worden.
[0009] In Bezug auf das Verfahren besteht die erfindungsgemäße Lösung der voranstehend genannten
Aufgabe darin, dass zur Herstellung eines erfindungsgemäßen kaltgewalzten Stahlflachprodukts
mindestens die in Anspruch 12 angegebenen Arbeitsschritte durchlaufen werden.
[0010] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben
und werden nachfolgend wie der allgemeine Erfindungsgedanke im Einzelnen erläutert.
[0011] Das erfindungsgemäße kaltgewalzte Stahlflachprodukt zeichnet sich dadurch aus, dass
es neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen (in Gew.-%)
C: 0,10 - 0,60 %,
Si: 0,4 - 2,5 %,
Al: bis zu 3,0 %
Mn: 0,4 - 3,0 %,
Ni: bis zu 1,0 %,
Cu: bis zu 2,0 %,
Mo: bis zu 0,4 %,
Cr: bis zu 2 %,
Co: bis zu 1,5 %,
Ti: bis zu 0,2 %,
Nb: bis zu 0,2 %,
V: bis zu 0,5 %,
enthält. Dabei besteht das Gefüge des erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts im kaltgewalzten
Zustand zu mindestens 20 Vol.-% aus Bainit, zu 10 - 35 Vol.-% aus Restaustenit und
als Rest aus Martensit, wobei es selbstverständlich ist, dass im Gefüge des Stahlflachprodukts
technisch unvermeidbare Spuren anderer Gefügebestandteile vorhanden sein können. Ein
so beschaffenes erfindungsgemäßes kaltgewalztes Stahlflachprodukt erzielt regelmäßig
Zugfestigkeiten Rm von mindestens 1400 MPa und eine Dehnung A80 von mindestens 5 %.
Der C-Gehalt des Restaustenits beträgt typischerweise mehr als 1,0 Gew.-%.
[0012] Das erfindungsgemäße Verfahren zum Herstellen eines erfindungsgemäß beschaffenen
Stahlflachprodukts umfasst folgende Arbeitsschritte:
- Bereitstellen eines Vorprodukts in Form einer Bramme, Dünnbramme oder eines gegossenen
Bands, das neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen (in Gew.-%) C: 0,10 - 0,60
%, Si: 0,4 - 2,5 %, Al: bis zu 3,0 %, Mn: 0,4 - 3,0 %, Ni: bis zu 1,0 %, Cu: bis zu
2,0 %, Mo: bis zu 0,4 %, Cr: bis zu 2 %, Co: bis zu 1,5 %, Ti: bis zu 0,2 %, Nb: bis
zu 0,2 %, V: bis zu 0,5 % enthält;
- Warmwalzen des Vorprodukts zu einem Warmband in einem oder mehreren Walzstichen, wobei
das erhaltene Warmband beim Verlassen des letzten Walzstichs eine Warmwalzendtemperatur
von mindestens 830 °C aufweist;
- Haspeln des erhaltenen Warmbands bei einer Haspeltemperatur, die zwischen der Warmwalzendtemperatur
und 560 °C liegt;
- Kaltwalzen des Warmbands zu einem Kaltband mit einem Kaltwalzgrad von mindestens 30
%;
- Wärmebehandeln des erhaltenen Kaltbands, wobei das Kaltband im Zuge der Wärmebehandlung
- auf eine mindestens 800 °C betragende Glühtemperatur erwärmt wird,
- optional über eine Glühdauer von 50 - 150 s bei der Glühtemperatur gehalten wird,
- ausgehend von der Glühtemperatur mit einer mindestens 8 °C/s betragenden Abkühlgeschwindigkeit
auf eine Haltetemperatur abgekühlt wird, die in einem Haltetemperaturbereich liegt,
dessen Obergrenze 470 °C beträgt und dessen Untergrenze höher ist als die Martensitstarttemperatur
MS, ab der Martensit im Gefüge des Kaltbands entsteht, und
- im Haltetemperaturbereich über einen Zeitraum gehalten wird, der ausreicht, um im
Gefüge des Kaltbands mindestens 20 Vol.-% Bainit zu bilden.
[0013] Ein erfindungsgemäßes Stahlband weist ein dreiphasiges Gefüge auf, dessen dominierender
Bestandteil Bainit ist und das darüber hinaus aus Restaustenit sowie als Rest aus
Martenisit besteht. Optimaler Weise liegt dabei der Bainitanteil bei mindestens 60
Vol.-% und der Restaustenitanteil im Bereich von 10 - 25 Vol.-%, wobei auch hier der
Rest des Gefüges jeweils durch Martensit aufgefüllt ist. Der optimale Martensitanteil
beträgt mindestens 10 Vol.-%. Ein derart zusammengesetztes Gefüge bewirkt die beste
Kombination vonRm*A80 bei der geforderten Zugfestigkeit.
[0014] Neben den Hauptkomponenten "Bainit", "Restaustenit" und "Martensit" können Gehalte
an anderen Gefügebestandteilen vorhanden sein, deren Anteile jedoch zu gering sind,
um einen Einfluss auf die Eigenschaften des erfindungsgemäßen Kaltbands zu haben.
Der Restaustenit liegt in einem erfindungsgemäßen Kaltband überwiegend filmartig mit
kleinen globularen Inseln von blockigem Restaustenit mit einer Korngröße <5 µm vor,
so dass der Restaustenit eine hohe Stabilität und damit einhergehend eine geringe
Neigung zur unerwünschten Umwandlung in Martensit besitzt sowie den TRIP-Effekt ermöglicht.
[0015] Erfindungsgemäß erzeugtes Kaltband erreicht regelmäßig Zugfestigkeiten Rm von mehr
als 1400 MPa, bei Dehnungen A80, die ebenso regelmäßig oberhalb von 5 % liegen. Dementsprechend
liegt die Güte Rm*A80 von erfindungsgemäßen Stahlflachprodukten regelmäßig oberhalb
von 7000 MPa*%, wobei typischerweise Güten Rm*A80 von mindestens 13500 MPa*% erreicht
werden. Ein erfindungsgemäßes Kaltband verfügt als solches über eine optimale Kombination
aus extremer Festigkeit und ausreichender Umformbarkeit.
[0017] Kohlenstoff verzögert im erfindungsgemäßen Stahl die Umwandlung in Ferrit/Perlit,
senkt die Martensitstarttemperatur MS ab und trägt zur Erhöhung der Härte bei. Um
diese positiven Effekte zu nutzen, kann der C-Gehalt des erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts
auf mindestens 0,25 Gew.-%, insbesondere mindestens 0,27 Gew.-% oder mindestens 0,28
Gew.-%, gesetzt werden, wobei sich die durch den vergleichbar hohen Kohlenstoffgehalt
erzielten Effekte dann besonders sicher nutzen lassen, wenn der C-Gehalt im Bereich
von > 0,25 - 0,5 Gew.-%, insbesondere 0,27 - 0,4 Gew.-% oder 0,28 - 0,4 Gew.-%, liegt.
[0018] Auch in einem erfindungsgemäßen kaltgewalzten Stahlflachprodukt kann die festigkeitssteigernde
Wirkung von Kupfer genutzt werden. Hierzu kann im erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt
ein Mindestgehalt von 0,15 Gew.-% Cu, insbesondere mindestens 0,2 Gew.-% Cu, vorhanden
sein. Einen besonders wirksamen Beitrag zur Festigkeit leistet Cu, wenn es in Gehalten
von mindestens 0,55 Gew.-% im erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt vorhanden ist, wobei
sich negative Auswirkungen der Anwesenheit von Cu dadurch begrenzen lassen, dass der
Cu-Gehalt auf höchstens 1,5 Gew.-% beschränkt wird.
[0019] Mn in Gehalten von mindestens 0,4 Gew.-% und bis zu 3 Gew.-%, insbesondere bis zu
2,5 Gew.-%, fördert im erfindungsgemäß verarbeiteten Stahl die Bainitbildung, wobei
die optional zusätzlich vorhandenen Gehalte an Cu, Cr und Ni ebenfalls zur Bildung
von Bainit beitragen. Abhängig von den jeweils anderen Bestandteilen des erfindungsgemäß
verarbeiteten Stahls kann es dabei zweckmäßig sein, den Mn-Gehalt auf maximal 2 Gew.-%
zu beschränken oder den Mindestgehalt an Mn auf 1,5 Gew.-% zu erhöhen.
[0020] Auch durch die optionale Zugabe von Cr kann die Martensitstarttemperatur abgesenkt
und die Neigung des Bainits zur Umwandlung in Perlit oder Zementit unterdrückt werden.
Des Weiteren fördert Cr in Gehalten bis zu der erfindungsgemäß vorgegebenen Obergrenze
von maximal 2 Gew.-% die ferritische Umwandlung, wobei sich optimale Wirkungen der
Anwesenheit von Cr im erfindungsgemäßen kaltgewalzten Stahlflachprodukt dann ergeben,
wenn der Cr-Gehalt auf 1,5 Gew.-% beschränkt ist. Besonders wirksam nutzen lässt sich
der positive Einfluss von Cr, wenn mindestens 0,3 Gew.-% Cr im erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt
vorhanden sind.
[0021] Durch die ebenfalls optionale Zugabe von Ti, V oder Nb kann die Entstehung von feinkörnigerem
Gefüge unterstützt und die bainitische Umwandlung gefördert werden. Darüber hinaus
tragen diese Mikrolegierungselemente durch die Bildung von Ausscheidungen zur Steigerung
der Härte bei. Besonders effektiv lassen sich die positiven Wirkungen von Ti, V und
Nb im erfindungsgemäßen kaltgewalzten Stahlflachprodukt dann nutzen, wenn ihr Gehalt
jeweils im Bereich von 0,002 - 0,15 Gew.-% liegt, insbesondere 0,1 Gew.-% nicht überschreitet.
[0022] Si ist in einem erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt in Gehalten von 0,4 - 2,5 Gew.-%
vorhanden und bewirkt eine deutliche Mischkristallverfestigung. Um diesen Effekt besonders
sicher zu nutzen, kann der Si-Gehalt auf mindestens 1,0 Gew.-% gesetzt werden. Ebenso
kann es zur Vermeidung negativer Einflüsse zweckmäßig sein, den Si-Gehalt auf maximal
2 Gew.-% zu beschränken.
[0023] Al kann im erfindungsgemäß verarbeiteten Stahl den Si-Gehalt zu einem Teil ersetzen.
Gleichzeitig wirkt Al wie auch Si bei der Stahlherstellung desoxidierend. Hierzu kann
ein Mindestgehalt von 0,01 Gew.-% Al vorgesehen werden. Höhere Gehalte an Al erweisen
sich beispielsweise dann als zweckmäßig, wenn durch die Zugabe von Al die Härte oder
Zugfestigkeit des Stahls zu Gunsten einer verbesserten Verformbarkeit auf einen niedrigeren
Wert eingestellt werden soll.
[0024] Eine weitere Funktion von Si und Al besteht darin, die Karbidbildung im Bainit zu
unterdrücken und damit den Restaustenit durch gelösten C zu stabilisieren.
[0025] Die positiven Einflüsse der gleichzeitigen Anwesenheit von Al und Si können dadurch
besonders effektiv genutzt werden, wenn die Gehalte an Si und Al innerhalb der erfindungsgemäß
vorgegebenen Grenzen folgende Bedingung erfüllen: %Si + 0,8%Al > 1,2 Gew.-% (mit %Si:
jeweiliger Si-Gehalt in Gew.-%, %Al: jeweiliger Al-Gehalt in Gew.-%).
[0026] Die Bildung des erfindungsgemäß vorgegebenen Gefüges lässt sich insbesondere dadurch
gewährleisten, dass die Gehalte des erfindungsgemäß verarbeiteten Stahls und dementsprechend
die Gehalte des erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts an Mn, Cr, Ni, Cu und C die folgende
Bedingung

erfüllen, wobei mit %Mn der jeweilige Mn-Gehalt in Gew.-%, mit %Cr der jeweilige Cr-Gehalt
in Gew.-%, mit %Ni der jeweilige Ni-Gehalt in Gew.-%, mit %Cu der jeweilige Cu-Gehalt
in Gew.-% und mit %C der jeweilige C-Gehalt in Gew.-% bezeichnet sind.
[0027] Zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts wird das aus einem erfindungsgemäß
zusammengesetzten Stahl gegossene Vorprodukt zunächst auf eine Temperatur gebracht
oder auf einer Temperatur gehalten, die ausreicht, um das ausgehend von dieser Temperatur
durchgeführte Warmwalzen bei einer Warmwalzendtemperatur zu beenden, die im Bereich
von 830 - 1000 °C liegen. Nach dem Verlassen des letzten für das Warmwalzen verwendeten
Walzgerüsts kühlt das Warmband auf dem sich an das betreffende Walzgerüst anschließenden
Rollgang ab. Im Anschluss an den Rollgang läuft das Warmband in eine Haspeleinrichtung,
in der es zu einem Coil gewickelt wird.
[0028] Die Haspeltemperatur muss mindestens 560 °C betragen, damit ein relativ weiches Warmbandgefüge
aus Ferrit und Perlit entsteht. Ein für diesen Zweck optimaler Temperaturverlauf ergibt
sich, wenn die Warmwalzendtemperatur im Bereich von 850 - 950 °C, insbesondere im
Bereich von 880 - 950 °C, liegt. Typischerweise wird dazu das Vorprodukt vor dem Warmwalzen
auf eine im Bereich von 1100 - 1300 °C liegende Temperatur erwärmt oder bei dieser
Temperatur gehalten. Das Gefüge des so erhaltenen Warmbands besteht hauptsächlich
aus Ferrit und Perlit. Die Gefahr einer Entstehung von Korngrenzenoxidation kann dadurch
minimiert werden, dass die Haspeltemperatur auf maximal 750 °C beschränkt wird.
[0029] Nach dem Haspeln wird das Warmband kaltgewalzt, wobei das Warmband vor dem Kaltwalzen
selbstverständlich in üblicher Weise chemisch oder mechanisch entzundert werden kann.
[0030] Das Kaltwalzen erfolgt mit einem Kaltwalzgrad von mindestens 30 %, insbesondere mindestens
45 %, um die Rekristallisation und Umwandlung beim anschließenden Glühen zu beschleunigen.
Generell ergibt sich zudem durch Einhaltung eines entsprechend hohen Kaltwalzgrades
eine bessere Oberflächenqualität. Kaltwalzgrade von mindestens 50 % haben sich hierfür
als besonders günstig erwiesen. Nach dem Kaltwalzen absolviert das erfindungsgemäß
erhaltene Kaltband in einem kontinuierlichen Durchlauf einen Glühzyklus, bei dem es
in einer ersten Glühphase auf eine Temperatur von mindestens 800 °C, bevorzugt mindestens
830 °C, erwärmt wird. Diese erste Glühphase dauert mindestens so lange, dass das Kaltband
vollständig austenitisiert ist. Hierzu sind typischerweise 50 - 150 s erforderlich.
[0031] Am Ende der ersten Glühphase wird das Produkt abgeschreckt, wobei die Abkühlgeschwindigkeit
mindestens 8 °C/s, insbesondere 10 °C/s, beträgt. Die Zieltemperatur dieser Abschreckung
ist eine Haltetemperatur, die höchstens 470 °C beträgt und höher ist als die Martensitstarttemperatur
MS, ab der Martensit im Gefüge des Kaltbands entsteht. In der Praxis kann als Anhalt
für den Bereich, in dem die Haltetemperatur liegen soll, der Bereich von 300 - 420
°C, insbesondere 330 - 420 °C, angewendet werden.
[0032] Ausgehend von der jeweiligen Haltetemperatur wird das Kaltband in der zweiten Glühphase
im Haltetemperaturbereich gehalten und zwar so lange, bis sich das Gefüge des Kaltbands
zu mindestens 20 Vol.-% in Bainit gewandelt hat. Das Halten kann dabei als isothermes
Halten auf der bei der Abkühlung erreichten Haltetemperatur oder als langsam erfolgende
Temperaturabnahme innerhalb des Haltetemperaturbereichs durchgeführt werden.
[0033] Das erfindungsgemäß erzeugte Stahlflachprodukt kann in üblicher Weise mit einer metallischen
Schutzschicht belegt werden. Dies kann beispielsweise durch Schmelztauchbeschichten
erfolgen. Sofern vor dem Auftrag der metallischen Beschichtung ein Glühen erforderlich
ist, kann die erfindungsgemäß vorgesehene Wärmebehandlung im Rahmen dieses Glühens
durchgeführt werden.
[0034] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert.
[0035] Es sind fünf Stähle S1 - S5 erschmolzen worden, deren Zusammensetzung in Tabelle
1 angegeben ist.
[0036] Die entsprechend zusammengesetzten Stahlschmelzen sind auf konventionelle Weise zu
einem Strang vergossen worden, von dem Brammen abgeteilt worden sind. Die Dünnbrammen
sind anschließend auf ebenso konventionelle Weise auf eine Wiedererwärmungstemperatur
erwärmt worden.
[0037] Die erwärmten Brammen sind in einer ebenfalls konventionellen Warmwalzstaffel zu
Warmbändern mit einer Dicke von 2 mm warmgewalzt worden.
[0038] Die Warmwalzendtemperatur lag jeweils im Bereich von 830 - 900 °C. Ausgehend von
dieser Temperatur sind die Warmbänder auf eine oberhalb von 560 °C liegende Haspeltemperatur
abgekühlt worden und anschließend zu Coils gehaspelt worden.
[0039] Die so erhaltenen Warmbänder sind nach dem Haspeln entzundert und nach dem Entzundern
bei Kaltwalzgraden von 50 % zu Kaltband kaltgewalzt worden.
[0040] Eine größere Zahl von Proben dieser Kaltbänder sind dann einer Wärmebehandlung unterzogen
worden, bei der sie in einem ersten Glühschritt mit einer Erwärmungsgeschwindigkeit
von mindestens 1,9 °C/s auf eine erste Glühtemperatur erwärmt worden sind, die im
Bereich von 830 - 850 °C lag. Bei dieser Temperatur sind die Kaltbänder über eine
Dauer von 120 s gehalten worden, bis sie vollständig durcherwärmt waren.
[0041] Anschließend erfolgte eine Abschreckung, bei der Kaltbänder mit einer mindestens
8 °C/s betragenden Abkühlgeschwindigkeit auf eine Haltetemperatur T2 abgeschreckt
worden sind, die im Bereich von 350 - 420 °C lag. Konkret lagen die Haltetemperaturen
T2 bei einer ersten Charge von Versuchen bei 300 °C, 310 °C, 330 °C, 340 °C, 375 °C,
390 °C und 410 °C. Bei der jeweiligen Haltetemperatur T2 sind die Kaltbandproben für
eine Glühdauer t2 gehalten worden.
[0042] In Fig. 1 sind die erzielten Zugfestigkeiten Rm über die jeweilige Glühtemperatur
T2 aufgetragen. Es zeigt sich, dass die aus dem Stahl S5 gefertigten Kaltbandproben
jeweils nur unter bestimmten Glühbedingungen die geforderte Mindestzugfestigkeit von
1400 MPa erreichen, während die Zugfestigkeiten der aus den anderen Stählen hergestellten
Kaltbandproben stets sicher über der Mindestgrenze von 1400 MPa lagen. Als Grund hierfür
ist der vergleichbar geringe, an der unteren Grenze des erfindungsgemäß vorgegebenen
Gehaltsbereichs liegende Kohlenstoffgehalt des Stahls S5 ermittelt worden.
[0043] In Fig. 2 sind die Zugfestigkeiten der aus dem Stahl S4 erzeugten Kaltbandproben
über die Glühdauer t2 der zweiten Glühstufe aufgetragen. Es zeigt sich, dass die bei
einer Haltetemperatur von 310 °C, 330 °C und 350 °C, also im Haltetemperaturbereich
von 310 - 350 °C, gehaltenen Kaltbandproben die geforderte Zugfestigkeit Rm von 1400
MPa unabhängig von der jeweiligen Glühdauer t2 erreicht haben.
[0044] In Fig. 3 sind in gleicher Weise die Zugfestigkeiten der aus dem Stahl S5 erzeugten
Kaltbandproben über die Glühdauer t2 der zweiten Glühstufe aufgetragen. Es zeigt sich
hier, dass die bei einer Haltetemperatur von 350 °C und 390 °C, also im Haltetemperaturbereich
von 350 - 390 °C, gehaltenen Kaltbandproben die geforderte Zugfestigkeit Rm von 1400
MPa erreichen, wenn die Glühdauer t2 kürzer als 145 s ist.
[0045] In Fig. 4 ist die Dehnung A80 der aus dem Stahl S4 erzeugten Kaltbandproben über
die Glühdauer t2 der zweiten Glühstufe aufgetragen. Die bei einer Haltetemperatur
von 310 °C, 330 °C und 350 °C, also im Haltetemperaturbereich von 310 - 350 °C, gehaltenen
Kaltbandproben haben die geforderte Mindestdehnung A80 unabhängig von der jeweiligen
Glühdauer t2 erreicht.
[0046] In Fig. 5 ist die Dehnung A80 der aus dem Stahl S5 erzeugten Kaltbandproben über
die Glühdauer t2 der zweiten Glühstufe aufgetragen. Auch hier zeigt sich, dass die
Kaltbandproben die geforderte Dehnung A80 von mindestens 5 % unabhängig von ihrer
jeweiligen Haltetemperatur T2 und unabhängig von der jeweiligen Glühdauer t2 erreichen.
Dementsprechend kann bei Einhaltung einer kurzen Glühdauer und geeignet niedrigen
Haltetemperaturen T2 auch aus dem Stahl S5 trotz seines vergleichsweise niedrigen
C-Gehalts ein erfindungsgemäßes kaltgewalztes Stahlflachprodukt erzeugt werden, bei
dem eine hohe Zugfestigkeit Rm mit einer ausreichenden Dehnung A80 kombiniert ist.
[0047] In Fig. 6 ist in einem Ausschnitt eine Vergrößerung eines Querschnitts eines erfindungsgemäßen
Kaltbands dargestellt. Dabei sind beispielhaft Restaustenitblöcke RA-b markiert und
eine Stelle durch eine Umkreisung hervorgehoben, an der filmartiger Restaustenit RA-f
in einer lamellenartigen Schichtung vorliegt.
Tabelle 1
Stahl |
C |
Mn |
Si |
Cu |
Cr |
Ti |
Nb |
V |
Al |
N |
Sonstige |
S1 |
0,52 |
1,48 |
0,40 |
1,51 |
0, 88 |
0, 009 |
- |
0,093 |
1,400 |
- |
- |
S2 |
0,301 |
1,41 |
1,46 |
1,47 |
0,87 |
0,014 |
0,005 |
0,09 |
0,021 |
0,0015 |
Ni: 0,021 Mo: <0,002 |
S3 |
0,505 |
1,50 |
0,40 |
0, 6 |
1,30 |
0,011 |
- |
0,098 |
0,012 |
0,002 |
Ni: 0,63 Mo: 0,30 |
S4 |
0,384 |
1,97 |
0,41 |
0,57 |
1,37 |
0,0016 |
- |
<0,0005 |
0,018 |
0,0014 |
Ni: 0,59 Mo: 0,30 |
S5 |
0,252 |
1,47 |
2,15 |
0,32 |
0,41 |
0,020 |
- |
0,11 |
0,009 |
- |
Ni: 0,02 Mo: <0,002 |
Angaben in Gew.-%,
Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen |
1. Kaltgewalztes Stahlflachprodukt, mit einer Zugfestigkeit Rm von mindestens 1400 MPa
und einer Dehnung A80 von mindestens 5 %, enthaltend neben Eisen und unvermeidbaren
Verunreinigungen (in Gew.-%):
C: 0,10 - 0,60 %,
Si: 0,4 - 2,5 %,
Al: bis zu 3,0 %
Mn: 0,4 - 3,0 %,
Ni: bis zu 1,0 %,
Cu: bis zu 2,0 %,
Mo: bis zu 0,4 %,
Cr: bis zu 2 %,
Co: bis zu 1,5 %,
Ti: bis zu 0,2 %,
Nb: bis zu 0,2 %,
V: bis zu 0,5 %,
wobei das Gefüge des Stahlflachprodukts zu mindestens 20 Vol.-% aus Bainit, zu 10
- 35 Vol.-% aus Restaustenit und als Rest aus Martensit besteht.
2. Stahlflachprodukt nach Anspruch 1, dadurch
gekennzeichnet, dass sein C-Gehalt mindestens 0,25 Gew.-% beträgt.
3. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein C-Gehalt mindestens 0,27 Gew.-% beträgt.
4. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein Si-Gehalt mindestens 1,0 Gew.-% beträgt.
5. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein Al-Gehalt mindestens 0,01 Gew.-% beträgt.
6. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein Cu-Gehalt mindestens 0,2 Gew.-% beträgt.
7. Stahlflachprodukt nach Anspruch 5, dadurch
gekennzeichnet, dass sein Cu-Gehalt mindestens 0,55 Gew.-% beträgt.
8. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein Cr-Gehalt mindestens 0,3 Gew.-% beträgt.
9. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass seine Gehalte an Mn, Cr, Ni, Cu und C die folgende Bedingung erfüllen:
mit %Mn: jeweiliger Mn-Gehalt in Gew.-%,
%Cr: jeweiliger Cr-Gehalt in Gew.-%,
%Ni: jeweiliger Ni-Gehalt in Gew.-%,
%Cu: jeweiliger Cu-Gehalt in Gew.-%,
%C: jeweiliger C-Gehalt in Gew.-%.
10. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein Gefüge mindestens 50 Vol.-% Bainit enthält.
11. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein Gefüge 10 - 25 Vol.-% Restaustenit enthält.
12. Verfahren zum Herstellen eines gemäß einem der Ansprüche 1 bis 11 beschaffenen Stahlflachprodukts
umfassend folgende Arbeitsschritte:
- Bereitstellen eines Vorprodukts in Form einer Bramme, Dünnbramme oder eines gegossenen
Bands, das neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen (in Gew.-%) C: 0,10 - 0,60
%, Si: 0,4 - 2,5 %, Al: bis zu 3,0 % Mn,: 0,4 - 3,0 %, Ni: bis zu 1,0 %, Cu: bis zu
2,0 %, Mo: bis zu 0,4 %, Cr: bis zu 2 %, Co: bis zu 1,5 %, Ti: bis zu 0,2 %, Nb: bis
zu 0,2 %, V: bis zu 0,5 % enthält;
- Warmwalzen des Vorprodukts zu einem Warmband in einem oder mehreren Walzstichen,
wobei das erhaltene Warmband beim Verlassen des letzten Walzstichs eine Warmwalzendtemperatur
von mindestens 830 °C aufweist;
- Haspeln des erhaltenen Warmbands bei einer Haspeltemperatur, die zwischen der Warmwalzendtemperatur
und 560 °C liegt;
- Kaltwalzen des Warmbands zu einem Kaltband mit einem Kaltwalzgrad von mindestens
30 %;
- Wärmebehandeln des erhaltenen Kaltbands, wobei das Kaltband im Zuge der Wärmebehandlung
- auf eine mindestens 800 °C betragende Glühtemperatur erwärmt wird,
- ausgehend von der Glühtemperatur mit einer mindestens 8 °C/s betragenden Abkühlgeschwindigkeit
auf eine Haltetemperatur abgekühlt wird, die in einem Haltetemperaturbereich liegt,
dessen Obergrenze 470 °C beträgt und dessen Untergrenze höher ist als die Martensitstarttemperatur
MS, ab der Martensit im Gefüge des Kaltbands entsteht, und
- auf der Haltetemperatur über einen Zeitraum gehalten wird, der ausreicht, um im
Gefüge des Kaltbands mindestens 20 Vol.-% Bainit zu bilden.
13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch
gekennzeichnet, dass die Warmwalzendtemperatur 850 - 950 °C beträgt.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 12 oder 13,
dadurch gekennzeichnet, dass die Haltetemperatur 300 - 420 °C beträgt.
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 12 bis 14,
dadurch gekennzeichnet, dass das Kaltband nach der Wärmebehandlung mit einer metallischen Schutzschicht belegt
wird.