(19)
(11) EP 2 696 006 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.02.2014  Patentblatt  2014/07

(21) Anmeldenummer: 13179829.0

(22) Anmeldetag:  09.08.2013
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
E04B 1/80(2006.01)
E04B 1/94(2006.01)
E04B 1/76(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 10.08.2012 DE 102012015803

(71) Anmelder: STO AG
79780 Stühlingen (DE)

(72) Erfinder:
  • Hitzler, Martin
    78244 Gottmadingen (DE)
  • Kohler, Eva
    79777 Ühlingen-Birkendorf (DE)
  • Leingruber, Silke
    78176 Blumberg (DE)
  • Weier, Andreas
    78647 Trossingen (DE)
  • Burgeth, Gerald
    79787 Lauchringen (DE)

(74) Vertreter: Gottschalk, Matthias 
Maiwald Patentanwaltsgesellschaft (Schweiz) mbH Splügenstrasse 8
8002 Zürich
8002 Zürich (CH)

   


(54) Wärmedämmplatte für ein Wärmedämmverbundsystem, Wärmedämmverbundsystem


(57) Die Erfindung betrifft eine Wärmedämmplatte für ein Wärmedämmsystem, insbesondere ein Wärmedämmverbundsystem, mit zwei über Seitenflächen verbundenen, parallelen Oberflächen, die im verbauten Zustand der Wärmedämmplatte (4) im Wesentlichen parallel zu einem bauseitigen Untergrund (2) zu liegen kommen.
Erfindungsgemäß ist wenigstens eine Seitenfläche der Wärmedämmplatte (4) mit einer Flammschutzmittel enthaltenden Beschichtung (5) versehen ist, die unmittelbar und vollflächig auf der Seitenfläche aufgebracht ist.
Ferner betrifft die Erfindung ein Wärmedämmsystem, insbesondere ein Wärmedämmverbundsystem, mit wenigstens einer erfindungsgemäßen Wärmedämmplatte (4).




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Wärmedämmplatte für ein Wärmedämmsystem, insbesondere ein Wärmedämmverbundsystem, mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Ferner betrifft die Erfindung ein Wärmedämmsystem, insbesondere ein Wärmedämmverbundsystem, mit wenigstens einer solchen Wärmedämmplatte.

Stand der Technik



[0002] Ein Wärmedämmverbundsystem umfasst eine ein- oder mehrlagig aus mehreren Wärmedämmplatten gebildete Wärmedämmschicht sowie ein Putzsystem, das als außenliegende Deckschicht auf die Wärmedämmschicht aufgebracht wird. In der Regel finden dabei Hartschaumplatten, insbesondere Polystyrol-Hartschaumplatten, als Wärmedämmplatten Einsatz. Denn diese weisen gute Wärmedämmeigenschaften auf und bilden zugleich einen optimalen Putzuntergrund aus. Darüber hinaus sind sie relativ kostengünstig.

[0003] Als nachteilig erweist sich jedoch das Brandverhalten derartiger Wärmedämmstoffe, welche gemäß DIN 4102-1 regelmäßig der Baustoffklasse B (brennbare Baustoffe) zuzuordnen sind. Da die Anforderungen an den Brandschutz stetig steigen, besteht ein allgemeiner Bedarf an Wärmedämmplatten, die ein verbessertes Brandverhalten aufweisen. Gleichwohl bereits eine Vielzahl an Vorschlägen gemacht worden sind, gibt es immer noch Verbesserungsbedarf.

[0004] Bereits aus der Gebrauchsmusterschrift DE 84 26 763 U1 geht ein Fassaden-Vollwärmeschutz-Verbundsystem hervor, das eine als Brandbarriere wirksame, Dämmplatte aus Polystyrol-Hartschaum umfasst. Die Dämmplatte aus Polystyrol-Hartschaum weist hierzu einen in voller Dicke der Dämmplatte ausgebildeten, eingelassenen oder angesetzten Streifen aus einem in der Hitze nicht schmelzenden, vorzugsweise nicht brennbaren oder schwer entflammbaren Dämmstoff auf. Bei diesem Dämmstoff kann es sich beispielsweise um einen Mineralfaser-oder Glasfaser-Dämmstoff handeln. Wird anschließend eine ein- oder mehrlagige Putzschicht appliziert, kann jedoch die Verwendung derartiger Dämmstoffe innerhalb einer aus Polystyrol-Hartschaum bestehenden Dämmschicht zu unerwünschten farblichen Abweichungen bzw. Abzeichnungen auf der Fassade führen.

[0005] Zur Vermeidung derartiger Abzeichnungen wird in der DE 196 43 618 C5 ein Wärmedämmverbundsystem mit Kunststoffdämmplatten aus Hartschaum, insbesondere Polystyrol-Hartschaum, vorgeschlagen, welches ein mit einem Flammschutzmittel versehenes und zwischen benachbarten Dämmplatten angeordnetes Gewebe zur Ausbildung einer Trennschicht umfasst. Im Brandfall bewirkt die Hitze ein Aufschäumen und Aushärten des Flammschutzmittels, so dass eine Stabilisierung der Trennschicht erfolgt.

[0006] Ausgehend von dem vorstehend genannten Stand der Technik liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Wärmedämmplatte für ein Wärmedämmsystem, insbesondere ein Wärmedämmverbundsystem, anzugeben, welche im Brandfall eine Brandausbreitung unterbindet oder zumindest deutlich erschwert. Die Wärmedämmplatte selbst soll einfach aufgebaut und kostengünstig herstellbar sein. Ferner soll die Ausbildung eines Wärmedämmsystems, insbesondere eines Wärmedämmverbundsystems, bei Einsatz einer solchen Wärmedämmplatte nicht erschwert werden.

[0007] Zur Lösung der Aufgabe werden eine Wärmedämmplatte mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie ein Wärmedämmsystem mit den Merkmalen des Anspruchs 11 vorgeschlagen. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind den jeweiligen Unteransprüchen zu entnehmen.

Offenbarung der Erfindung



[0008] Die vorgeschlagene Wärmedämmplatte besitzt zwei über Seitenflächen verbundene, parallele Oberflächen, die im verbauten Zustand der Wärmedämmplatte im Wesentlichen parallel zu einem bauseitigen Untergrund zu liegen kommen. Erfindungsgemäß ist wenigstens eine Seitenfläche der Wärmedämmplatte mit einer Flammschutzmittel enthaltenden Beschichtung versehen, die unmittelbar und vollflächig auf der Seitenfläche aufgebracht ist. Wird eine solche Platte mit weiteren gleichartigen Platten verbaut, liegen sich bevorzugt jeweils zwei mit einer Flammschutzmittel enthaltenden Beschichtung versehenen Seitenflächen gegenüber bzw. aneinander an und bilden auf diese Weise eine Art Brandbarriere aus. Eine Brandausbreitung innerhalb der Dämmschichtebene wird demnach wirksam unterbunden.

[0009] Die Anordnung der Flammschutzmittel enthaltenden Beschichtung ist weiterhin bevorzugt auf eine oder mehrere Seitenflächen beschränkt, d.h. die über die Seitenflächen verbundenen Oberflächen bleiben vorzugsweise frei von einer solchen Beschichtung. Dies gilt insbesondere für die außen liegende Oberfläche, welche der Aufnahme einer Putzschicht dient. Dadurch ist gewährleistet, dass die Haftung der Putzes oder einer vermittelnden Zwischenschicht auf der Wärmedämmplatte nicht beeinträchtigt wird. Ferner ist dadurch sichergestellt, dass es nicht zu Abzeichnungen und/oder Verfärbungen auf der sichtbaren Oberfläche der Putzschicht kommt. Handelt es sich bei dem Flammschutzmittel um ein intumeszierendes Mittel, das bei starker Hitzeeinwirkung aufschäumt und eine isolierende Schutzschicht ausbildet, beseitigt die erfindungsgemäß vorgesehene Anordnung der Flammschutzmittel enthaltenden Beschichtung auf einer oder mehreren Seitenflächen der Wärmedämmplatte ferner die Gefahr, dass das Flammschutzmittel vorzeitig aufgrund starker Sonneneinstrahlung reagiert oder seine Wirkung verliert. Ferner ist die Beschichtung vor weiteren äußeren Einflüssen, insbesondere Beschädigungen geschützt, da die Wärmedämmplatten im Bereich der beschichteten Seitenflächen gestoßen werden.

[0010] Die beschränkte Anordnung der Flammschutzmittel enthaltenden Beschichtung führt ferner zu einer Material- und Kostenersparnis. Dies gilt insbesondere, da die Seitenflächen in der Regel deutlich kleiner als die Oberflächen derartiger Wärmedämmplatten sind.

[0011] Zu einer weiteren Kostenersparnis führt, dass die Beschichtung erfindungsgemäß unmittelbar auf die Seitenfläche aufgebracht wird. D.h., dass keine Zwischen- oder Trägerschicht eingebaut wird. Insbesondere sind Trägermaterialien, wie beispielsweise Gewebe, Gitter, Matten und dergleichen entbehrlich.

[0012] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform weist die erfindungsgemäße Wärmedämmplatte Seitenflächen auf, die im Wesentlichen senkrecht zu den Oberflächen verlaufen. Ferner bevorzugt umschließen wenigstens zwei Seitenflächen einen rechten Winkel. In der einfachsten Form bildet die Wärmedämmplatte einen Quader mit rechteckigem Querschnitt aus. Auf entsprechend ausgebildeten ebenen Seitenflächen lässt sich die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung besonders einfach aufbringen. Zur Ausbildung einer Wärmedämmschicht wird eine solche Platte in der Regel stumpf an eine benachbarte gleichartige Platte gestoßen, so dass die jeweils beschichteten Seitenflächen einander gegenüber bzw. unmittelbar aneinander zu liegen kommen.

[0013] Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung weist wenigstens eine Seitenfläche ein Profil, insbesondere in Form einer Nut, einer Feder oder eines Stufenfalzes, auf. Eine hieran angesetzte Wärmedämmplatte mit einer gegengleich ausgebildeten Seitenfläche ermöglicht somit eine formschlüssige Verbindung beider Dämmplatten, welche einem Schüsseln und/oder einem Abheben der Dämmplatten vom bauseitigen Untergrund entgegen wirkt. Bei einer profilierten Ausbildung einer Seitenfläche ist bevorzugt vorgesehen, dass sich die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung über das gesamte Profil der Seitenfläche erstreckt. Auf diese Weise ist die Wirksamkeit der Brandbarriere weiterhin gewährleistet.

[0014] Ferner wird vorgeschlagen, dass die Wärmedämmplatte ein Wärmedämmmaterial auf Basis eines Mineralschaums, insbesondere Schaumglas, auf Basis eines organischen Schaums, insbesondere Polystyrol, Polyurethan, Polyisocyanurat oder Phenolharz, auf Basis mineralischer Fasern, insbesondere Mineralwolle, Steinwolle oder Glaswolle, oder auf Basis organischer Fasern, insbesondere Holzfasern, Holzwolle oder Fasern aus Zellulose, Hanf oder Flachs, umfasst. Mineralische Dämmmaterialien neigen zwar weniger zur Entzündung als solche aus einem künstlichen und/oder organischen Material, doch auch diese können brennbare Zusatzstoffe enthalten. Vorzugsweise umfasst die Wärmedämmplatte jedoch ein Wärmedämmmaterial auf Basis eines Kunstschaumstoffs, wie beispielsweise Polystyrol, da hier die Erfindung besonders zum Tragen kommt.

[0015] Weiterhin bevorzugt weist die Wärmedämmplatte einen homogenen Aufbau auf, d.h., dass sich ein Wärmedämmmaterial über den gesamten Querschnitt erstreckt. Dadurch ist sichergestellt, dass innerhalb einer Seitenfläche kein Materialwechsel erfolgt, der ein gleichmäßiges Aufbringen und/oder Haftung der Beschichtung erschweren könnte.

[0016] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung umfasst die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung ein organisches und/oder anorganisches Bindemittel. Ein solches vereinfacht das Aufbringen der Beschichtung auf eine Seitenfläche einer Wärmedämmplatte.

[0017] Besonders bevorzugt ist die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung eine Farbe, insbesondere eine Farbe auf Silikatbasis oder organischer Basis. Eine solche ist in einer besonders dünnen Schicht aufbringbar, so dass die Wärmedämmplatte ihre ursprünglichen Abmessungen beibehält. Ferner kann durch Aufbringen der Farbe eine einheitliche Oberflächenerscheinung der Seitenfläche bewirkt werden.

[0018] Des Weiteren bevorzugt wird vorgeschlagen, dass die Beschichtung zumindest Aluminiumhydroxid und/oder Blähgraphit als Flammschutzmittel enthält. D.h., dass auch weitere Flammschutzmittel enthalten sein können, wie beispielsweise andere Metallhydroxide, Alkalimetallsilikate und Hydrate von Metallsalzen oder -oxiden, die chemisch oder physikalisch gebundenes Wasser bei erhöhten Temperaturen abgeben können, sowie Flammschutzmittel, die ein ausgeprägtes Intumeszenzverhalten aufweisen. Aluminiumhydroxid besitzt jedoch den Vorteil, dass es aufgrund seiner nur leicht weißlichen Färbung relativ farbneutral ist.

[0019] Vorzugsweise ist die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung mittels Streichen, Rollen, Sprühen, Spritzen, Tauchen oder Tunken auf eine Seitenfläche aufgebracht worden. Es kommen demnach zum einen bevorzugt Roll-, Sprüh-, Spritz- oder Tauchverfahren zum Einsatz, die einen sehr gleichmäßigen Flächenauftrag gewährleisten. Das Sprühen oder Spritzen erfolgt vorzugsweise unter Verwendung geeigneter Werkzeuge, wie beispielsweise einer Sprüh- oder Spritzpistole. Zum anderen kann das Aufbringen manuell mittels Streichen oder Rollen erfolgen, so dass die Beschichtung bei Bedarf auch vor Ort auf der Baustelle, beispielsweise zum Schutz einer Schnittfläche, auf die Wärmedämmplatte aufgebracht werden kann.

[0020] Die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung besitzt bevorzugt eine Schichtstärke ≤1,0 mm, vorzugsweise ≤0,5 mm, weiterhin vorzugsweise ≤0,3 mm, d.h. sie ist relativ dünnschichtig. Die Vorteile eines dünnschichtigen Auftrages liegen zum einen in der Materialersparnis, zum anderen in der Vermeidung der Ausbildung von Wärmebrücken.

[0021] Weiterhin bevorzugt besitzt die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung in einer Schichtstärke von 0,3 mm (als Referenzwert, die Schichtstärke kann natürlich auch anders gewählt werden) einen LOI-Wert > 25, vorzugsweise > 40, weiterhin vorzugsweise > 60. Da mit steigendem LOI-Wert die Brandbeständigkeit steigt, wirkt sich dies günstig auf das Brandverhalten der beanspruchten Wärmedämmplatte aus. LOI (Limiting Oxygen Index)-Wert ist eine Kenngröße zur Beschreibung des Brandverhaltens von Kunststoffen. Er gibt die minimale Sauerstoffkonzentration eines Sauerstoff-Stickstoff-Gemisches an, bei der die Verbrennung eines vertikal angeordneten Prüfkörpers unter den Prüfbedingungen anhält. Der maximale LOI-Wert beträgt demnach 100.

[0022] Bevorzugt besitzt die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung einen sd-Wert nach EN ISO 7783-2 > 0,01 m, vorzugsweise > 0,02 m, weiterhin vorzugsweise > 0,03 m. Der sd-Wert bezeichnet die wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke und stellt ein gebräuchliches Maß für den Diffusionswiderstand einer Bauteilschicht dar. Ein hoher sd-Wert, d.h. eine geringe Wasserdampfdurchlässigkeit, bedeutet, dass die Gasdurchlässigkeit gemindert ist, so dass der Sauerstofftransport durch die Beschichtung unterbunden wird. Einer Brandausbreitung wird dadurch entgegen gewirkt. Da eine Bauteilschicht bei einem sd-Wert von > 1500 m als diffusionsdicht gilt, kann der obere Grenzwert des sd-Wertes vorliegend mit 2000 m angegeben werden.

[0023] Das ferner vorgeschlagene Wärmedämmsystem, insbesondere Wärmedämmverbundsystem, umfasst wenigstens eine erfindungsgemäße Wärmedämmplatte zur Ausbildung einer Wärmedämmschicht. Von herkömmlichen Wärmedämmsystemen unterscheidet sich demnach das vorliegende System dadurch, dass wenigstens eine Seitenfläche einer Wärmedämmplatte eine Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung aufweist und somit innerhalb der Dämmschichtebene des Wärmedämmsystems eine Art Brandbarriere ausbildet. Vorteilhafterweise sind mehrere, insbesondere alle Seitenflächen der Wärmedämmplatte mit einer Flammschutzmittel enthaltenden Beschichtung versehen, so dass die Brandbarriere umlaufend ausgebildet wird.

[0024] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Wärmedämmsystems umfasst dieses mehrere erfindungsgemäße Wärmedämmplatten, die zu Ausbildung einer Wärmedämmschicht jeweils im Bereich einer Seitenfläche, die mit einer Flammschutzmittel enthaltenden Beschichtung versehen ist, unmittelbar gestoßen sind. D.h., dass die Wärmedämmplatten über ihre beschichteten Seitenflächen unmittelbar aneinander anliegen. Über die beschichteten Seitenflächen der Dämmplatten, d.h. über die Dämmplatten selbst, wird auf diese Weise eine Art Brandbarriere ausgebildet. Im Unterschied zu Wärmedämmsystemen, die einen nicht brennbaren oder zumindest schwer entflammbaren Trennkörper als Brandbarriere zwischen den Dämmplatten aufweisen, ist das erfindungsgemäße Wärmedämmverbundsystem somit deutlich einfacher ausgebildet bzw. auszubilden. Die Ausbildung bzw. Ausführung eines erfindungsgemäßen Wärmedämmsystems entspricht der eines herkömmlichen Wärmedämmsystems, so dass es keiner zusätzlichen Schulung der vor Ort ausführenden Unternehmen bedarf.

[0025] Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung umfasst das Wärmedämmsystem zur Ausbildung eines Wärmedämmverbundsystems ferner eine ein- oder mehrlagige Putzschicht, die auf einer Oberfläche wenigstens einer Wärmedämmplatte aufgebracht ist. Von herkömmlichen Wärmedämmverbundsystemen unterscheidet sich demnach das vorliegende System dadurch, dass wenigstens eine Seitenfläche eine Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung aufweist und somit innerhalb der Dämmschichtebene des Wärmedämmverbundsystems eine Art Brandbarriere ausbildet. Vorteilhafterweise sind mehrere, insbesondere alle Seitenflächen der Wärmedämmplatte mit einer Flammschutzmittel enthaltenden Beschichtung versehen, so dass die Brandbarriere umlaufend ausgebildet wird.

[0026] Die Vorteile der Erfindung werden nachfolgend anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele einer erfindungsgemäßen Wärmedämmplatte sowie hieran durchgeführter Brandversuche näher beschrieben. Die Erläuterung der Brandversuche erfolgt anhand der beigefügten Zeichnungen. Diese zeigen:

Fig. 1 einen schematische Querschnitt durch einen Versuchsaufbau und

Fig. 2 eine schematische Draufsicht auf den Versuchsaufbau.



[0027] Wie aus der Fig. 1 ersichtlich, wurden zur Durchführung der Brandversuche jeweils vier Blöcke 1 der Abmessung 20 cm x 10 cm x 6cm aus herkömmlichem Polystyrol-Hartschaum (HBCD als Flammschutzmittel enthaltend) mittels eines handelsüblichen Klebers (hier: StoLevell Uni) übereinander liegend an einer Faserzementplatte als Untergrund 2 fixiert. Anschließend wurde in Anlehnung an ein herkömmliches Wärmedämmverbundsystem auf die freie Oberfläche des Plattenstapels eine mineralische Armierungsschicht 3 mit eingelegtem Gewebe aufgetragen. Dieser Versuchsaufbau wurde insgesamt sechsmal errichtet, fünfmal mit verschiedenen erfindungsgemäßen Wärmedämmplatten 4, die sich lediglich im Hinblick auf die aufgetragene Beschichtung 5 unterschieden, sowie einmal ohne erfindungsgemäße Beschichtung 5 auf den Seitenflächen, wobei dieses Beispiel als Referenzbeispiel diente.

[0028] Die Brandversuche wurden in der Weise durchgeführt, dass jeder Versuchsaufbau 40 Sekunden lang mit rauschender Flamme 6 eines Bunsenbrenners (Propangas-Bunsenbrenner 660 W) beflammt wurde, wobei die Flamme 6 jeweils an der untersten Wärmedämmplatte 4 eines Plattenstapels angesetzt wurde, und zwar an der jeweils nach unten weisenden Seitenfläche, die stets ohne Beschichtung 5 geblieben ist.

[0029] Die Beflammung der verschiedenen Versuchsaufbauten hat zu deutlich Ergebnissen geführt, die nachfolgend in Form einer Tabelle zusammengefasst sind. Wichtigstes Ergebnis ist, dass die Brandausbreitung bei Versuchsaufbauten mit einer erfindungsgemäßen Wärmedämmplatte deutlich eingedämmt werden konnte (siehe auch Fig. 2, in welcher schematisch die Brandausbreitung bei den Versuchsanordnungen I bis III, V und VI angedeutet ist). Je nach dem welche Zusammensetzung zur Beschichtung 5 der Seitenflächen der Wärmedämmplatten 4 verwendet wurde, fiel das Ergebnis mehr oder weniger deutlich aus.

[0030] Zur Beschichtung der Seitenflächen wurden vier verschiedene Flammschutzformulierungen eingesetzt, die nachfolgende Zusammensetzung aufwiesen:

Flammschutzformulierung 1:



[0031] 
33, 0 Gew.-% Wasser
12,5 Gew.-% Polyester-Polyurethan Polymerdispersion
41,5 Gew.-% Aluminiumhydroxid
12,0 Gew.-% Füllstoffe (CaCO3, TiO2)
1,0 Gew.-% Additive (Entschäumer, Verdicker, Netzmittel und dergl.)

Flammschutzformulierung 2:



[0032] 
9 Teile Flammschutzformulierung 1
1 Teil Blähgraphit

Flammschutzformulierung 3:



[0033] 
20,0 Gew.-% Wasser
20,0 Gew.-% Wasserglas (Feststoffgehalt 30%)
10,0 Gew.-% Styrol-Acrylat-Polymerdispersion (Feststoffgehalt 50%)
6,5 Gew.-% Aluminiumhydroxid
40,0 Gew.-% Füllstoffe (CaCO3, TiO2, Talkum)
3,5 Gew.-% Additive (Entschäumer, Verdicker, Netzmittel und dergl.)

Flammschutzformulierung 4:



[0034] 
20,0 Gew.-% Wasser
26,5 Gew.-% Reinacrylat-Polymerdispersion (Feststoffgehalt 50%)
1,5 Gew.-% Filmbildehilfsmittel
4,0 Gew.-% Aluminiumhydroxid
44,0 Gew.-% Füllstoffe (CaCO3, TiO2)
4,0 Gew.-% Additive (Entschäumer, Verdicker, Netzmittel und dergl.)
Versuchsaufbau Flammschutz-formulierung LOI-Wert* Zahl der Anstriche Brand-Eindringtiefe
I keine     ca. 22 cm
II Formulierung 1 100 einfach ca. 12 cm
III Formulierung 2 100 einfach ca. 8 cm
IV Formulierung 2   dreifach ca. 6 cm
V Formulierung 3 38 einfach ca. 12 cm
VI Formulierung 4 27 einfach ca. 14 cm
* Die Messung der LOI-Werte der Beschichtungen erfolgte an freien Filmen mit einer Schichtstärke von 0,3 mm an einem FTT LOI-Testgerät nach ASTM D2863.


[0035] Wie die Zusammenstellung der Versuchsergebnisse zeigt, ließen sich die besten Ergebnisse mit der Flammschutzformulierung 2 bei dreifachem Auftrag erzielen. Dennoch tragen auch die anderen Flammschutzformulierungen bei einfachem Auftrag bereits zu einer deutlichen Verbesserung des Brandschutzes bei.


Ansprüche

1. Wärmedämmplatte für ein Wärmedämmsystem, insbesondere ein Wärmedämmverbundsystem, mit zwei über Seitenflächen verbundenen, parallelen Oberflächen, die im verbauten Zustand der Wärmedämmplatte (4) im Wesentlichen parallel zu einem bauseitigen Untergrund (2) zu liegen kommen,
dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens eine Seitenfläche der Wärmedämmplatte (4) mit einer Flammschutzmittel enthaltenden Beschichtung (5) versehen ist, die unmittelbar und vollflächig auf der Seitenfläche aufgebracht ist.
 
2. Wärmedämmplatte nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die Oberflächen verbindenden Seitenflächen im Wesentlichen senkrecht zu den Oberflächen verlaufen und/oder wenigstens zwei Oberflächen verbindende Seitenflächen einen rechten Winkel umschließen.
 
3. Wärmedämmplatte nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens eine Seitenfläche ein Profil, insbesondere in Form einer Nut, einer Feder oder eines Stufenfalzes, aufweist und sich die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung (5) über das gesamte Profil erstreckt.
 
4. Wärmedämmplatte nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Wärmedämmplatte (4) ein Wärmedämmmaterial auf Basis eines Mineralschaums, insbesondere Schaumglas, auf Basis eines organischen Schaums, insbesondere Polystyrol, Polyurethan, Polyisocyanurat oder Phenolharz, auf Basis mineralischer Fasern, insbesondere Mineralwolle, Steinwolle oder Glaswolle, oder auf Basis organischer Fasern, insbesondere Holzfasern, Holzwolle oder Fasern aus Zellulose, Hanf oder Flachs, umfasst.
 
5. Wärmedämmplatte nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung (5) ein organisches und/oder anorganisches Bindemittel umfasst.
 
6. Wärmedämmplatte nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung (5) eine Farbe, vorzugsweise eine Farbe auf Silikatbasis oder organischer Basis, ist.
 
7. Wärmedämmplatte nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Beschichtung (5) zumindest Aluminiumhydroxid und/oder Blähgraphit und/oder weitere Flammschutzmittel, wie beispielsweise andere Metallhydroxide, Alkalimetallsilikate und Hydrate von Metallsalzen oder -oxiden, enthält.
 
8. Wärmedämmplatte nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung (5) mittels Streichen, Rollen, Sprühen, Spritzen, Tauchen oder Tunken auf eine Seitenfläche aufgebracht worden ist und/oder eine Schichtstärke ≤1,0 mm, vorzugsweise ≤0,5 mm, weiterhin vorzugsweise ≤ 0,3 mm, besitzt.
 
9. Wärmedämmplatte nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung (5) in einer Schichtstärke von 0,3 mm einen LOI-Wert > 25, vorzugsweise > 40, weiterhin vorzugsweise > 60 besitzt.
 
10. Wärmedämmplatte nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Flammschutzmittel enthaltende Beschichtung (5) einen sd-Wert nach EN ISO 7783-2 > 0,01 m, vorzugsweise > 0,02 m, weiterhin vorzugsweise > 0,03 m, besitzt.
 
11. Wärmedämmsystem, insbesondere Wärmedämmverbundsystem, umfassend wenigstens eine Wärmedämmplatte (4) nach einem der vorhergehenden Ansprüche zur Ausbildung einer Wärmedämmschicht.
 
12. Wärmedämmsystem nach Anspruch 11,
dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Wärmedämmplatten (4) nach einem der Ansprüche 1 bis 10 jeweils im Bereich einer Seitenfläche, die mit einer Flammschutzmittel enthaltenden Beschichtung (5) versehen ist, unmittelbar gestoßen sind.
 
13. Wärmedämmsystem nach Anspruch 11 oder 12,
dadurch gekennzeichnet, dass zur Ausbildung eines Wärmedämmverbundsystems eine ein- oder mehrlagige Putzschicht (3) auf einer Oberfläche wenigstens einer Wärmedämmplatte (4) aufgebracht ist.
 




Zeichnung








Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente