[0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung eines Dinitromethansalzes als Zusatzstoff zu
einer pyrotechnischen Wirkmasse.
[0002] Aus der
DE 699 10 070 T2 ist es bekannt, Salze des Dinitromethans als Oxidationsmittel in Treibmittelzusammensetzungen
und pyrotechnischen Ladungen zu verwenden.
[0003] Wirkmassen für spektral strahlende pyrotechnische Scheinziele haben im Allgemeinen
auf Grund der Anforderung an eine spektrale Signatur eine relativ niedrige Strahlungsleistung
im Vergleich zu einer Schwarzkörperstrahlung emittierenden Wirkmasse, welche Magnesium,
Teflon und das Fluorelastomer Viton
® umfasst. Um einem modernen Zweifarben-Infrarotsuchkopf mittels eines abbrennenden
pyrotechnischen Scheinziels effektiv ein Flugzeug vortäuschen zu können, ist beim
Abbrand der Wirkmasse ein möglichst hohes Spektralverhältnis erforderlich. Als Spektralverhältnis
wird hier das Verhältnis der emittierten Strahlung im Wellenlängenbereich von 3,7
bis 5,1 µm (MW-Band) zur emittierten Strahlung im Wellenlängenbereich von 1,9 bis
2,3 µm (KW-Band) bezeichnet. Herkömmliche spektrale Scheinzielwirkmassen weisen dazu
häufig ein nicht ausreichend hohes Spektralverhältnis und/oder keine ausreichende
Leistung auf. Solche Scheinzielwirkmassen bestehen z. B. aus Ammoniumperchlorat als
Oxidationsmittel und Hydroxyl-terminiertem Polybutadien (HTPB) als Brennstoff.
[0004] Um die Leistung solcher Scheinzielwirkmassen beim Abbrand zu erhöhen wird häufig
ein Zusatzstoff zur Vergrößerung der beim Abbrand entstehenden Flamme eingesetzt.
Ein bekannter solcher Zusatzstoff ist Hexamethylentetramin, welches die Flamme zwar
vergrößert und somit die Leistung steigert, das Spektralverhältnis jedoch nicht oder
nur geringfügig im Vergleich zu einer entsprechenden Wirkmasse mit gleicher Sauerstoffbilanz
erhöht. Nachteilig ist dabei, dass durch den Zusatzstoff die Abbrandrate der Wirkmasse
oft stark verringert wird. Um dies auszugleichen wird die Wirkmasse häufig durch Pressen
in eine Form gebracht, die eine große Oberfläche aufweist. Dadurch wird jedoch Raum
beansprucht, so dass verhältnismäßig wenig Wirkmasse in ein Scheinziel mit gegebenem
Volumen eingebracht werden kann und der Gesamtenergiegehalt des Scheinziels dadurch
verhältnismäßig gering ist.
[0005] Weiterhin ist es bekannt, eine Nitrocellulose oder ein doppelbasiges Treibladungspulver
enthaltende Scheinzielwirkmasse einzusetzen. Gegenüber einer Ammoniumperchlorat und
HTPB enthaltenden Wirkmasse ist bei einer solchen Wirkmasse sowohl das Spektralverhältnis
als auch die spezifische Leistung erhöht. Nachteilig ist jedoch, dass deren beim Abbrand
entstehende Flamme von Luft einer höheren Geschwindigkeit schnell ausgeblasen wird.
Um dieses Problem zu beheben, gibt es aufwendig gestaltete Scheinziele, bei denen
die Wirkmasse vor Wind geschützt abbrennt und mittels durch die Flamme aufgeheizter
Glühelemente thermisch bestrahlt wird. Die Glühelemente müssen nach außen abgeschirmt
sein, damit sie keine das Spektralverhältnis reduzierende Schwarzkörperstrahlung nach
außen abgeben können. Solche Vorrichtungen sind verhältnismäßig unzuverlässig und
teuer. Weiterhin benötigen sie verhältnismäßig viel Volumen im Scheinziel, so dass
die Gesamtleistung des Scheinziels nicht wesentlich höher ist als bei einem Ammoniumperchlorat
und HTPB als Wirkmasse enthaltenden Scheinziel.
[0006] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine Verwendung eines Zusatzstoffs anzugeben,
der zu einer pyrotechnischen Wirkmasse zugesetzt werden kann, um die Intensität einer
bei deren Abbrand entstehenden Strahlung zu steigern und das Spektralverhältnis zu
erhöhen.
[0007] Die Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Zweckmäßige Ausgestaltungen
ergeben sich aus den Merkmalen der Ansprüche 2 bis 6.
[0008] Erfindungsgemäß ist die Verwendung eines Dinitromethansalzes als Zusatzstoff zu einer
pyrotechnischen Wirkmasse zur Steigerung der Intensität einer bei deren Abbrand entstehenden
Strahlung und zur Erhöhung eines Verhältnisses der Intensität einer beim Abbrand der
Wirkmasse emittierten Strahlung im Wellenlängenbereich von 3,7 bis 5,1 µm zu der Intensität
einer beim Abbrand der Wirkmasse emittierten Strahlung im Wellenlängenbereich von
1,9 bis 2,3 µm vorgesehen. Dabei ist ein Kation des Dinitromethansalzes eine mindestens
die Elemente Stickstoff und Wasserstoff umfassende Base. Ein solches Dinitromethansalz
steigert die Intensität der Strahlung und damit die Strahlungsleistung dadurch, dass
die Flamme durch die gasförmigen Produkte vergrößert wird, die beim Abbrand durch
thermische Zersetzung des genannten Dinitromethansalzes entstehen. Durch die Vergrößerung
der Flamme wird die abstrahlende Fläche vergrößert. Die Erhöhung des Spektralverhältnisses
erfolgt vor allem dadurch, dass die Leistung der Strahlung im MW-Band gesteigert wird,
während die Leistung der Strahlung im KW-Band nur geringfügig oder gar nicht beeinflusst
wird. Durch die Erhöhung des Spektralverhältnisses wird die Täuschwirkung eines pyrotechnischen
Scheinziels für einen Zweifarben-Infrarotsuchkopf erhöht. Die ebenfalls bekannten
Alkalimetallsalze von Dinitromethan sind als Zusatzstoff ungeeignet, da bei deren
Abbrand festes Material entsteht, welches als Schwarzkörperstrahler wirkt und das
Spektralverhältnis dadurch deutlich verringert.
[0009] Weiterhin hat es sich gezeigt, dass durch das genannte Dinitromethansalz die Abbrandrate
erhöht werden kann. Dadurch kann mit einer Tablette mit herkömmlicher Oberflächenform
der erforderliche Massendurchsatz beim Abbrand der Wirkmasse erreicht werden. Es ist
nicht erforderlich, dass die Wirkmasse durch Pressen in eine Form gebracht wird, die
eine besonders große Oberfläche aufweist.
[0010] Weiterhin wurde festgestellt, dass durch das genannte Dinitromethansalz Nitrocellulose
in solchen Scheinzielwirkmassen ersetzt werden kann, bei denen es auf die Zersetzungstemperatur
der Nitrocellulose ankommt. Die Zersetzungstemperaturen von Nitrocellulose und dem
genannten Dinitromethansalz liegen etwa im selben Bereich von 160 bis 200°C. Der Ersatz
von Nitrocellulose durch das genannte Dinitromethansalz erhöht die Lagerfähigkeit
und Sicherheit der Wirkmasse, weil Nitrocellulose im Gegensatz zum genannten Dinitromethansalz
nur begrenzt langzeitstabil ist.
[0011] Durch das genannte Dinitromethansalz kann auch die Empfindlichkeit der Wirkmasse
gegenüber mechanischer Beanspruchung reduziert werden. Darüber hinaus ist die Synthese
des genannten Dinitromethansalzes einfach aus gut zugänglichen und preisgünstigen
Ausgangsstoffen mit guter Ausbeute möglich. Zur Synthese kann das genannte Salz z.
B. aus einem anderen Dinitromethansalz, z. B. Ammoniumdinitromethanat, mittels eines
entsprechenden Gegenions ausgefällt oder aus Dinitrobarbitursäure direkt synthetisiert
werden.
[0012] Bei einer Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Verwendung umfasst das Kation auch
die Elemente Kohlenstoff und/oder Sauerstoff. Wenn das Kation das Element Kohlenstoff
umfasst, ist es günstig, wenn in dem Kation maximal 5 Kohlenstoffatome durch direkte
Bindung miteinander verbunden sind. Mindestens jedes sechste Atom ist also ein Heteroatom,
wie z. B. Sauerstoff oder Stickstoff. Eine aromatische Kohlenstoffstruktur liegt in
einem solchen Kation vorzugsweise nicht vor. Durch das Vorliegen von maximal 5 direkt
miteinander verbundenen Kohlenstoffatomen wird das Entstehen von Ruß, der beim Glühen
ein sehr effizienter Schwarzkörperstrahler ist, zumindest weitgehend vermieden. Sobald
6 Kohlenstoffatome durch direkte Bindung miteinander verbunden sind, kann es bei einer
Pyrolyse zu einem Ringschluss und dadurch zur Bildung einer aromatischen Struktur
kommen. Dies führt dann zur Bildung von Ruß als polyaromatischem Stoff, der das Spektrum
der emittierten Strahlung in Richtung des KW-Bandes verschiebt. Bei höchstens 5 durch
direkte Bindung miteinander verbundenen C-Atomen ist die Entstehung aromatischer Strukturen
sehr unwahrscheinlich und die Rußbildung stark unterdrückt.
[0013] Bei dem Kation kann es sich um ein Guanidiniumion, ein Ammoniumion, ein Hydraziniumion
oder ein Guanylharnstoffion handeln. Bei Verwendung des Guanylharnstoffsalzes von
Dinitromethan als Zusatzstoff konnte die Strahlungsleistung einer pyrotechnischen
Wirkmasse im MW-Band gegenüber einer Wirkmasse ohne diesen Zusatzstoff um bis zu 60
% gesteigert werden. Außerdem konnte das Spektralverhältnis von etwa 9 auf 10 bis
11 gesteigert werden.
[0014] Bei der Wirkmasse kann es sich um eine bei deren Abbrand im Infrarotbereich spektral
strahlende Scheinzielwirkmasse handeln.
[0015] Der Zusatzstoff kann zusätzlich zur Erhöhung einer Abbrandrate der Wirkmasse verwendet
werden.
[0016] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert.
Beispiel 1:
Standard-MTV (Magnesium-Teflon-Viton).
[0017] Die Wirkmasse ist ein bekannter Schwarzkörperstrahler, der hier als Referenz eingesetzt
wurde.
Stoff |
Typ |
Gew.-% |
Sonstiges |
Magnesiumpulver |
Ecka LNR 61 |
60,0 |
|
Teflonpulver |
Hoechst TF 9202 |
25,0 |
|
Viton |
3M Fluorel FC-2175 |
10,0 |
TMD = 1893 |
Grafit |
Merck |
5,0 |
Gleitmittel |
TMD = Theoretische maximale Dichte |
Beispiel 2:
[0018] Bekannte spektral angepasste Wirkmasse auf Basis von Ammoniumperchlorat. Diese Wirkmasse
weist ein relativ hohes Spektralverhältnis aber verhältnismäßig wenig Energie auf.
Stoff |
Typ |
Gew.-% |
Sonstiges |
Ammoniumperchlorat |
|
85,50 |
|
HTPB |
R45HT-M M = 2800 |
13,47 |
|
IPDI |
|
1,01 |
TMD = 1678 |
Eisenacetonylacetat |
|
0,02 |
|
HTPB = Hydroxyl-terminiertes Polybutadien
IPDI = Isophorondiisocyanat |
Beispiel 3:
[0019] Spektral angepasste Wirkmasse auf Basis von Ammoniumperchlorat. Diese Wirkmasse weist
ein relativ hohes Spektralverhältnis aber verhältnismäßig wenig Energie auf. Diese
Wirkmasse zeigt die Wirkung des weiteren Brennstoffs Hexamethylentetramin: Bei gleicher
Sauerstoffbilanz wie die Wirkmasse gemäß Beispiel 2 wird eine höhere Strahlungsenergie
erreicht, jedoch bleibt das Spektralverhältnis unverändert.
Stoff |
Typ |
Gew.-% |
Sonstiges |
Ammoniumperchlorat |
d50 = 25 µm |
77,8 |
|
HTPB |
R45HT-M M = 2800 |
10,32 |
|
IPDI |
|
0,78 |
TMD = 1656 |
Hexamethylentetramin |
kristallin |
11,0 |
|
Eisenacetonylacetat |
|
0,10 |
|
Beispiel 4:
[0020] Erfindungsgemäße spektral strahlende Wirkmasse mit Ammoniumdinitromethanat als Zusatzstoff,
der die Flamme vergrößert und die Empfindlichkeit der Wirkmasse reduziert.
Stoff |
Typ |
Gew.-% |
Sonstiges |
Ammoniumperchlorat |
vom Fass |
69,9 |
|
HTPB |
R45HT-M M = 2800 |
13,95 |
|
IPDI |
|
1,05 |
TMD = 1586 |
Ammoniumdinitromethanat |
selbst synthetisiert |
15,0 |
|
Eisenacetonylacetat |
|
0,10 |
|
Beispiel 5:
[0021] Erfindungsgemäße spektral strahlende Wirkmasse mit Guanylharnstoffdinitromethanat
als Zusatzstoff zur Vergrößerung der Flamme und zur Reduzierung der Empfindlichkeit.
Stoff |
Typ |
Gew.-% |
Sonstiges |
Ammoniumperchlorat |
vom Fass |
69,9 |
|
HTPB |
R45HT-M M = 2800 |
13,95 |
|
IPDI |
|
1,05 |
TMD = 1612 |
Guanylharnstoffdinitromethanat |
selbst synthetisiert |
15,0 |
|
Eisenacetonylacetat |
|
0,10 |
|
Tabelle 1:
Messergebnisse von Strahlungsmessungen im Labor ohne Wind. Alle Ergebnisse sind Durchschnittswerte
von 5 Parallelversuchen. Der Pressdruck bei allen Sätzen betrug 500 bar, 17 mm Werkzeugdurchmesser,
Ansatz 10,0 g. |
Satz |
EKW
[J/(g sr)] |
EMW
[J/(g sr)] |
(EKW + EMW)
[J/(g sr)] |
EMW/EKW |
% MTV
(MW-Kanal) |
Abbrandrate
[mm/s] |
Beispiel 1 |
152 |
84 |
236 |
0,553 |
100 |
2,7 |
Beispiel 2 |
2,7 |
19,8 |
22,5 |
8,7 |
24 |
2,5 |
Beispiel 3 |
3,7 |
31,3 |
35,0 |
8,7 |
37 |
1,1 |
Beispiel 4 |
3,1 |
31,5 |
34,6 |
10,2 |
38 |
2,2 |
Beispiel 5 |
2,4 |
28,5 |
30,9 |
11,2 |
34 |
2,9 |
EKW = spezifische Leistung im KW-Kanal (ca. 1,9 bis 2,3 µm) in J/(g sr); EMW = spezifische Leistung im MW-Kanal (ca. 3,7 bis 5,1 µm) in J/(g sr); (EKW + EMW) in J/(g sr) = die Summe von KW- und MW-Kanälen; EMW/EKW = das Verhältnis von MW zu KW-Kanal; % MTV = Leistung als Prozent der Leistung von
Standard-MTV; KW = Kurzwellig; MW = Mittelwellig; |
1. Verwendung eines Dinitromethansalzes als Zusatzstoff zu einer pyrotechnischen Wirkmasse
zur Steigerung der Intensität einer bei deren Abbrand entstehenden Strahlung und zur
Erhöhung eines Verhältnisses der Intensität einer beim Abbrand der Wirkmasse emittierten
Strahlung im Wellenlängenbereich von 3,7 bis 5,1 µm zu der Intensität einer beim Abbrand
der Wirkmasse emittierten Strahlung im Wellenlängenbereich von 1,9 bis 2,3 µm, wobei
ein Kation des Dinitromethansalzes eine mindestens die Elemente Stickstoff und Wasserstoff
umfassende Base ist.
2. Verwendung nach Anspruch 1,
wobei das Kation auch die Elemente Kohlenstoff und/oder Sauerstoff umfasst.
3. Verwendung nach Anspruch 2,
wobei das Kation das Element Kohlenstoff umfasst, wobei in dem Kation maximal 5 Kohlenstoffatome
durch direkte Bindung miteinander verbunden sind.
4. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei das Kation ein Guanidiniumion, ein Ammoniumion, eine Hydraziniumion oder ein
Guanylharnstoffion ist.
5. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei die Wirkmasse eine bei deren Abbrand im Infrarotbereich spektral strahlende
Scheinzielwirkmasse ist.
6. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei der Zusatzstoff zusätzlich zur Erhöhung einer Abbrandrate der Wirkmasse verwendet
wird.