[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Beschichten eines Kohlenstofffaser-verstärkten
Kunststoffbauteils.
[0002] Bei solchen Bauteilen werden Kohlenstofffasern (im Folgenden "Kohlefasern") in ein
Kunststoffmaterial eingebettet und verstärken dieses mechanisch; so lassen sich Bauteile
herstellen, die sich beispielsweise durch eine hohe mechanische Festigkeit auszeichnen
können, insbesondere durch eine hohe Zugfestigkeit in Richtung der Fasern. Aufgrund
der mechanischen Verstärkung durch die Kohlefasern lassen sich die Bauteile zugleich
insgesamt gewichtsreduziert realisieren, was etwa mit Blick auf Leichtbau-Anwendungen
von Interesse sein kann, die im Zuge der steigenden Anforderungen die Energieeffizienz
der Mobilität betreffend weiter an Bedeutung gewinnen.
[0003] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein besonders vorteilhaftes
Verfahren zum Beschichten eines Kunststoffbauteils anzugeben.
[0004] Erfindungsgemäß löst diese Aufgabe ein Verfahren mit den Schritten:
- Vorsehen eines Kohlefaser-verstärkten Kunststoffbauteils;
- Vorbehandeln des Bauteils für die Beschichtung, und zwar in gasförmigem Schwefeltrioxid,
und anschließend
- Abscheiden der Metallschicht in einem Bad.
[0005] Das Abscheiden der Metallschicht kann beispielsweise ein Bekeimen des Bauteils mit
Palladium umfassen; das Bauteil kann dazu (nach dem Vorbehandeln) zum Beispiel in
eine saure, ionogene Palladiumlösung gegeben werden, wobei sich Palladiumionen an
der Bauteiloberfläche anlagern. Diese können dann anschließend zu Palladiumkeimen
umgewandelt werden, etwa in einem reduzierenden Bad.
[0006] Üblicherweise wird dann zunächst eine Metallschicht stromlos, also chemisch, abgeschieden.
Dabei lagert sich das Metall, beispielsweise chemisch abgeschiedenes Nickel, an den
Palladiumkeimen an, und es bildet sich eine zunächst dünne Schicht aus ("seed layer");
diese kann anschließend verstärkt werden, und zwar vorzugsweise galvanisch, also elektrochemisch
in einem Bad. Es kann also beispielsweise eine nach einer Palladiumbekeimung stromlos
abgeschiedene Nickelschicht galvanisch verstärkt werden, etwa durch eine Nickel- und/oder
Chrom- und/oder Kupferschicht.
[0007] Das Abscheiden der Metallschicht "in einem Bad" kann insoweit stromlos (chemisch)
und/oder galvanisch erfolgen; bevorzugt ist eine Kombination aus stromloser und galvanischer
Abscheidung.
[0008] Ein Kriterium für die Beurteilung der Güte einer entsprechend abgeschiedenen Metallschicht
kann deren Haftung auf dem Bauteil sein. Die Erfinder haben festgestellt, dass sich
die Haftung einer auf ein Kohlefaser-verstärktes Kunststoffbauteil chemisch/galvanisch
abgeschiedenen Metallschicht durch die Vorbehandlung in gasförmigem Schwefeltrioxid
wesentlich erhöhen lässt bzw. die Vorbehandlung das Abscheiden der Metallschicht überhaupt
erst möglichen kann; dies ist insofern überraschend, als Vergleichsversuche mit Glasfaser-verstärkten
Kunststoffbauteilen vielfach keine zufriedenstellenden Ergebnisse gezeigt haben.
[0009] Als eine mögliche Ursache für die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erzielten,
guten Haftungseigenschaften haben die Erfinder beobachtet, dass durch die Behandlung
in gasförmigem Schwefeltrioxid die Benetzung der Kohlefaser-verstärkten Kunststoffbauteile
verbessert werden kann. Auch aufgrund der bei gleicher Vorbehandlung zum Teil nur
schlechten Haftung von versuchsweise auf Glasfaserverstärkte Kunststoffbauteile abgeschiedenen
Metallschichten, ist eine Vermutung, dass eine gewisse Wechselwirkung zwischen den
Kohlefasern und der Beschichtung in gasförmigem Schwefeltrioxid behandelter Kunststoffbauteile
bestehen könnte.
[0010] Der Stand der gegenwärtigen Untersuchungen ist, dass sich bei einer chemischen Abscheidung
an den Kohlefasern aufgrund deren (wenn auch gegebenenfalls nur geringen) elektrischer
Leitfähigkeit Metall auch direkt, also gegebenenfalls auch ohne Vorbehandlung, anlagern
kann; mit der Behandlung in gasförmigem Schwefeltrioxid könnte demnach vorrangig das
Kunststoffmaterial für die Beschichtung vorbereitet werden. Insoweit scheint eine
Wechselwirkung dahingehend zu bestehen, dass die Kohlefasern "Lücken" der Vorbehandlung/Bekeimung
des Kunststoffmaterials schließen, welche anderenfalls (Referenzversuche mit Glasfaser-verstärkten
Kunststoffbauteilen) eine Metallbeschichtung mit nicht zufriedenstellenden Haftungswerten
zur Folge haben können; andererseits schließt die Vorbehandlung in gasförmigem Schwefeltrioxid
eben auch die "Lücken" zwischen den Kohlefasern.
[0011] Weitere bevorzugte Ausführungsformen finden sich in den abhängigen Ansprüchen und
in der nachstehenden Beschreibung, wobei nicht immer im Einzelnen zwischen der Beschreibung
eines Herstellungsverfahrens und des so hergestellten Erzeugnisses sowie entsprechender
Verwendungen unterschieden wird; jedenfalls implizit ist die Offenbarung im Hinblick
auf sämtliche Kategorien zu verstehen.
[0012] Als besonders geeignet, auch mit Blick auf die Haftungseigenschaften der anschließend
abgeschiedenen Metallschicht, hat sich für die Vorbehandlung in dem gasförmigen Schwefeltrioxid
eine Zeitdauer von mindestens 10 Sekunden, in dieser Reihenfolge zunehmend bevorzugt
mindestens 20 Sekunden, 30 Sekunden, 40 Sekunden, 50 Sekunden, erwiesen. Eine Begrenzung
der Behandlungsdauer ist etwa auch einen Durchsatz in der Massenfertigung betreffend
vorteilhaft; mögliche Obergrenzen liegen in dieser Reihenfolge zunehmend bevorzugt
bei 10 Minuten, 9 Minuten, 8 Minuten, 7 Minuten, 6 Minuten bzw. 5 Minuten.
[0013] Das Bauteil wird vorzugsweise unmittelbar nach der Behandlung in dem gasförmigen
Schwefeltrioxid, noch vor dem Abscheiden der Metallschicht, gespült, und zwar besonders
bevorzugt mit Wasser.
[0014] Beitragen zu den guten Haftungseigenschaften kann zum Beispiel auch eine Anrauung
der Oberfläche, die sich etwa auch schon im Zuge der Vorbehandlung in gasförmigem
Schwefeltrioxid einstellen kann. In bevorzugter Ausgestaltung wird die Rauigkeit durch
eine zusätzliche Behandlung weiter erhöht, beispielsweise indem das Kunststoffbauteil
vor der Vorbehandlung in Schwefeltrioxid sandgestrahlt wird. Alternativ zum Sandstrahlen,
aber im Allgemeinen auch in Verbindung damit, kann das Kohlefaser-verstärkte Kunststoffbauteil
auch in Salpetersäure behandelt werden (wiederum vor der Vorbehandlung).
[0015] In bevorzugter Ausgestaltung ist das Kunststoffmaterial, in welches die Kohlenstofffasern
eingebettet sind, ein duroplastisches Material. Besonders gute Ergebnisse, auch die
Haftungseigenschaften und insoweit die Wirksamkeit der Vorbehandlung in gasförmigem
Schwefeltrioxid betreffend, haben die Erfinder mit in ein Harz eingebetteten Kohlefasern
erzielt; besonders bevorzugt wird ein Melaminharz als Matrixmaterial vorgesehen.
[0016] Das in bevorzugter Ausgestaltung vorgesehene Bekeimen des Bauteils mit Palladium
wurde bereits eingangs beschrieben; besonders bevorzugt wird im Anschluss daran eine
Nickelschicht chemisch abgeschieden und wird diese dann durch eine galvanisch abgeschiedene
Nickelschicht verstärkt. Im weiteren Verfahren kann dann beispielsweise eine Kupferschicht
in einem sauren Glanzkupferverfahren (sauer Kupfer) abgeschieden werden, vorzugsweise
mehrschrittig, also in mindestens zwei Glanzkupferschritten; zwischen den einzelnen
Glanzkupferschritten wird die Oberfläche vorzugsweise geschliffen. Im Anschluss kann
zum Beispiel eine weitere Nickelschicht abgeschieden und strichmattiert werden, um
der Oberfläche eine ansprechende ästhetische Anmutung zu verleihen. Abschließend können
dann beispielsweise noch eine Nickel- und/oder eine Chromschicht aufgebracht werden.
[0017] Wie bereits eingangs erwähnt, betrifft die Erfindung insbesondere auch ein erfindungsgemäß
beschichtetes Kohlefaser-verstärktes Kunststoffbauteil.
[0018] In bevorzugter Ausgestaltung ist ein solches Bauteil als zur tragenden Struktur eines
Kraftfahrzeugs, insbesondere eines Personenkraftwagens, gehörendes Bauteil ausgelegt,
also etwa als Bestandteil der Bodengruppe mit beispielsweise Motorträger, Längsträger
und Querträger (sowie Kofferraumboden und Radkästen); das erfindungsgemäß beschichtete
Bauteil kann also beispielsweise ein Teil des Längsträgers sein. Die Erfinder haben
nämlich festgestellt, dass sich ein entsprechend beschichtetes Bauteil durch eine
erhöhte mechanische Stabilität, etwa durch eine hohe Verwindungssteifigkeit, auszeichnen
kann; vorteilhafterweise ist das Bauteil somit nicht nur als dekorative Verblendung
einsetzbar (was im Allgemeinen selbstverständlich gleichwohl auch möglich ist), sondern
auch als Teil der tragenden Struktur. Das Bauteil kann etwa auch ein Bestandteil der
Karosserie des Kraftfahrzeugs sein. Vorzugsweise stellt das Bauteil (auch) eine sichtbare
Oberfläche des Kraftfahrzeuginnenraums zur Verfügung. Besonders bevorzugt ist das
Bauteil zugleich Teil der tragenden Struktur, was Material einsparen helfen kann,
etwa weil ansonsten ein Bauteil als Teil der tragenden Struktur und ein zusätzliches
zu dessen Verblendung eingesetzt werden müssten; die Materialersparnis kann mit Blick
auf eine insgesamt leichte Bauweise von Interesse sein. Das Bauteil kann also beispielsweise
eine dekorative Oberfläche der Mittelkonsole eines Personenkraftwagens zur Verfügung
stellen und zugleich Teil des Längsträgers sein.
[0019] Der Einsatz eines erfindungsgemäß beschichteten Bauteils im Innenraum eines Kraftfahrzeugs
kann auch insofern vorteilhaft sein, als die gut haftende Metallschicht das Bauteil
(bzw. Bruchstücke davon) im Bruchfall teilweise zusammenhalten bzw. zumindest das
Absplittern kleinster Bruchstücke verhindern kann. Kommt es also beispielsweise bei
einem Verkehrsunfall zu einem Bruch des Bauteils, kann die Metallschicht die Gefahr
der Bildung scharfkantiger Bruchstücke verringern.
[0020] Insoweit ist die Verwendung eines erfindungsgemäß beschichteten Bauteils generell
in Anwendungen bevorzugt, bei denen einerseits eine Bruchgefahr bestehen kann und
sich andererseits ein Personenkontakt mit Bruchstücken nicht ausschließen lässt. Neben
dem Kraftfahrzeugbereich kann dies beispielsweise auch bei Sportgeräten und Luft-
bzw. Wasserfahrzeugen der Fall sein.
[0021] Vorzugsweise weist ein erfindungsgemäß beschichtetes Bauteil neben der Metallbeschichtung
keine weitere Beschichtung auf; es ist also insbesondere keine ansonsten gegebenenfalls
als Splitterschutz notwendige Kunststoffbeschichtung vorgesehen, was auch hinsichtlich
einer insgesamt kostengünstigen Bauweise vorteilhaft ist und Gewicht einsparen helfen
kann.
[0022] Im Folgenden wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert.
[0023] Zur Herstellung eines Kohlefaser-verstärkten Kunststoffbauteils, das als Teil des
Längsträgers eines Kraftfahrzeugs ausgelegt ist und später eine dekorative Oberfläche
im Innenraum zur Verfügung stellen soll, werden zunächst Kohlefasermatten in dem Kunststoffmaterial,
einem Epoxidharz, vorgetränkt. Die vorgetränkten Matten werden anschließend in einer
Form unter Druck verklebt und härten zu dem Kohlefaser-verstärkten Kunststoffbauteil
aus.
[0024] Die zu beschichtende Oberfläche des Kohlefaser-verstärkten Kunststoffbauteils (im
Folgenden "das Bauteil") wird zur Vorbereitung der Beschichtung zunächst sandgestrahlt
und dabei angeraut.
[0025] Im Anschluss daran wird das Bauteil in gasförmigem Schwefeltrioxid vorbehandelt,
und zwar für eine Zeitdauer von einer Minute. Nach einem Spülen mit Wasser wird das
Bauteil mit Palladium bekeimt, also zunächst in eine ionogene Palladiumlösung gegeben,
wobei sich Palladiumionen an der Oberfläche anlagern; diese werden anschließend in
einem reduzierenden Bad zu Palladiumkeimen.
[0026] An diesen Palladiumkeimen kann sich dann Nickel anlagern, und zwar bei einer im ersten
Schritt stromlosen, also chemischen, Nickelabscheidung. Die stromlos abgeschiedene
Nickelschicht wird in einem zweiten Schritt mit einer galvanisch abgeschiedenen Nickelschicht
verstärkt.
[0027] Im Weiteren wird auf die galvanisch abgeschiedene Nickelschicht eine Kupferschicht
(sauer Kupfer) aufgebracht, wird das Bauteil dann geschliffen und anschließend eine
weitere Kupferschicht (sauer Kupfer) abgeschieden. Danach wird das Bauteil vernickelt,
strichmattiert und zum Abschluss mit einer Nickel-/Chromschicht versehen.
1. Verfahren zum Beschichten eines Kohlenstofffaser-verstärkten Kunststoffbauteils mit
einer Metallschicht,
umfassend die Schritte:
- Vorsehen des Kohlenstofffaser-verstärkten Kunststoffbauteils,
- Vorbehandeln des Bauteils für die Beschichtung, und zwar in gasförmigem Schwefeltrioxid,
und anschließend
- Abscheiden der Metallschicht in einem Bad.
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei welchem das Kohlenstofffaser-verstärkte Kunststoffbauteil
in dem gasförmigen Schwefeltrioxid für eine Zeitdauer von mindestens 10 Sekunden und
von höchstens 10 Minuten behandelt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei welchem das Kohlenstofffaser-verstärkte Kunststoffbauteil
unmittelbar nach der Behandlung in dem gasförmigen Schwefeltrioxid gespült wird, vorzugsweise
mit Wasser.
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei welchem das Kohlenstofffaser-verstärkte
Kunststoffbauteil vor dem Vorbehandeln zumindest eines von sandgestrahlt und in Salpetersäure
behandelt wird.
5. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei welchem ein Kunststoffmaterial
des Kohlenstofffaser-verstärkten Kunststoffbauteils, in welches Kunststoffmaterial
die Kohlenstofffasern eingebettet sind, ein duroplastisches Material ist, vorzugsweise
ein Harz, besonders bevorzugt ein Melaminharz.
6. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei welchem das Abscheiden der Metallschicht
als ersten Schritt ein Bekeimen des Bauteils mit Palladium umfasst.
7. Verfahren nach Anspruch 6, bei welchem das Bekeimen des Bauteils mit Palladium eine
Behandlung in zunächst einer ionogenen Palladiumlösung und anschließend einem reduzierenden
Bad umfasst.
8. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei welchem das Abscheiden der Metallschicht
in einem ersten Schritt stromlos und in einem zweiten Schritt galvanisch erfolgt.
9. Verfahren nach Anspruch 8, bei welchem in dem ersten Schritt chemisch eine Nickelschicht
abgeschieden wird.
10. Verfahren nach Anspruch 9, bei welchem die chemisch abgeschiedene Nickelschicht in
dem zweiten Schritt durch eine galvanisch abgeschiedene Nickelschicht verstärkt wird.
11. Kohlenstofffaser-verstärktes Kunststoffbauteil mit einer Metallbeschichtung, hergestellt
durch ein Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche.
12. Kohlenstofffaser-verstärktes Kunststoffbauteil nach Anspruch 11, das als zur tragenden
Struktur eines Kraftfahrzeugs gehörendes Bauteil ausgelegt ist.
13. Kohlenstofffaser-verstärktes Kunststoffbauteil nach Anspruch 11 oder 12, das als für
einen Einbau in ein Kraftfahrzeug fertiges Bauteil neben der Metallbeschichtung keine
weitere Beschichtung, insbesondere keine Beschichtung aus einem Kunststoffmaterial,
aufweist.
14. Kohlenstofffaser-verstärktes Kunststoffbauteil nach einem der Ansprüche 11 bis 13,
das als Bestandteil eines Kraftfahrzeugs ausgelegt ist, insbesondere als Bestandteil
des Innenraums.
15. Verwendung eines Kohlenstofffaser-verstärkten Kunststoffbauteils nach einem der Ansprüche
11 bis 14 als Splitterschutz-beschichtetes Bauteil.