[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Schmieden eines Werkstücks, das
mit Hilfe von drehsymmetrisch angeordneten, radial auf das Werkstück einwirkenden
Schmiedewerkzeugen in mehreren Stichen mit zumindest teilweise entgegengesetzter Vorschubrichtung
bearbeitet wird.
[0002] Beim radialen Schmieden hängen die Verformungen des Werkstücks und die dabei auftretenden
Fließbedingungen von der Geometrie der Schmiedewerkzeuge ab. Kommen Schmiedewerkzeuge
zum Einsatz, bei denen die in Bezug auf die Vorschubrichtung des Werkstücks eingangsseitigen
Formflächen gegenüber der Schmiedeachse geneigt verlaufen, so kann eine vergleichsweise
große Querschnittsreduktion je Stich erreicht werden, was eine Verringerung der für
eine vorgegebene Querschnittsreduktion benötigten Stichanzahl und damit eine Verringerung
der Schmiedezeit erlaubt, insbesondere wenn das Werkstück abwechselnd mit entgegengesetzter
Vorschubrichtung bearbeitet wird, sodass Leervorschübe des Werkstückes vermieden werden
können. Ein solches Schmieden mit aufeinanderfolgenden Stichen mit entgegengesetzter
Vorschubrichtung bedingt bezüglich ihrer Längsmitte symmetrisch gestaltete Schmiedewerkzeuge.
[0003] Bei einer Schmiedebearbeitung der Werkstücke mit Schmiedewerkzeugen, die eine zur
Schmiedeachse parallele Formfläche aufweisen, wird die Querschnittsreduktion je Stich
durch die Breite der Formfläche begrenzt, sodass zum Schmieden eines Werkstücks mit
vorgegebenen Endabmessungen eine größere Stichanzahl als bei Schmiedewerkzeugen mit
geneigten Formflächen erforderlich wird. Die Schmiedewerkzeuge weisen ja im Querschnitt
senkrecht zur Schmiedeachse eine Keilform auf, was bei geneigten Formflächen zu einer
Verbreiterung der Formflächen mit zunehmendem Abstand von der Schmiedeachse führt.
Allerdings ergeben sich durch die Krafteinwirkungen der unterschiedlich gegenüber
dem Werkstück ausgerichteten Formflächen der Schmiedewerkzeuge unterschiedliche Spannungen
im Werkstück und damit unterschiedliche Fließbedingungen, was in manchen Fällen von
Bedeutung sein kann. Soll daher diese Wirkung auf das Werkstück genützt werden, ohne
auf geringe Stichanzahlen verzichten zu müssen, so bleibt nichts anderes übrig, als
das Werkstück zunächst mit Schmiedewerkzeugen zu bearbeiten, die geneigte Formflächen
aufweisen, und dann die Schmiedebearbeitung in einer anschließenden Schmiedevorrichtung
mit Schmiedewerkzeugen zu beenden, die eine entsprechende Werkzeuggeometrie mit parallel
zur Schmiedeachse verlaufenden Formflächen besitzen. Nachteilig ist allerdings der
Anlagenaufwand, der nur für größere Serien in Frage kommt. Außerdem muss unter Umständen
mit einer notwendig werdenden Zwischenerwärmung gerechnet werden.
[0004] Um beim Walzen von vorgeschmiedeten Brammen Fehler im Endbereich zu vermeiden, ist
es außerdem bekannt (
EP 0 157 575 A1), beim Schmieden der Brammen ein ungeschmiedetes, verdicktes Ende vorzusehen, das
allerdings gegen das stirnseitige Ende hin durch ein Schmieden entgegen der Hauptvorschubrichtung
im Querschnitt reduziert wird, sodass sich im Bereich dieses Endabschnitts der Bramme
besondere Spannungsverhältnisse einstellen, die beim nachträglichen Walzen der Bramme
zur Fehlervermeidung führen. Um diesen Endabschnitt vom stirnseitigen Ende her bearbeiten
zu können, weisen die Schmiedehämmer unterschiedlich geneigte Formflächen für die
entgegengesetzten Vorschubrichtungen auf, sodass nach dem Schmieden der Bramme bis
zum Endabschnitt die Bramme bei geöffneten Schmiedehämmern aus dem Schmiedebereich
in der Hauptvorschubrichtung gezogen und dann der ungeschmiedete Endabschnitt vom
stirnseitigen Ende der Bramme her entgegen der Hauptvorschubrichtung durch die Schmiedehämmer
fertig bearbeitet werden kann. Ein solches Schmiedeverfahren eignet sich nicht zum
Schmieden von Werkstücken in mehreren Stichen.
[0005] Der Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, ein Schmiedeverfahren anzugeben,
das für geringe Stückzahlen geeignet ist und die Möglichkeit eröffnet, besonderen
Einfluss auf die Gefügestruktur im gesamten Schmiedebereich zu nehmen.
[0006] Ausgehend von einem Schmiedeverfahren der eingangs geschilderten Art löst die Erfindung
die gestellte Aufgabe dadurch, dass das Werkstück in Abhängigkeit von der Vorschubrichtung
mit unterschiedlich geneigten Formflächen der Schmiedewerkzeuge verformt wird.
[0007] Aufgrund dieser Maßnahme ist es möglich, in einer einzigen Schmiedevorrichtung das
Werkstück mit unterschiedlichen Werkzeuggeometrien bearbeiten zu können, weil ja die
in der gewählten Vorschubrichtung eingangsseitige Formfläche des Schmiedewerkzeugs
die jeweilige Schmiedebearbeitung maßgeblich bestimmt. Da für die entgegengesetzten
Vorschubrichtungen unterschiedlich geneigte Formflächen der Schmiedewerkzeuge zum
Einsatz kommen, können die durch diese Formflächen bedingten unterschiedlichen Schmiedebedingungen
für die Werkstückbearbeitung genützt werden, und zwar in einer beliebigen Reihenfolge,
sodass in mehrfacher Weise auf die Gefügestruktur des Werkstückwerkstoffs Einfluss
genommen werden kann. Es wird daher möglich, Werkstücke mit besonderen Werkstoffanforderungen
herzustellen, indem beispielsweise zunächst eine vergleichsweise große Querschnittsreduktion
je Stich mit Hilfe entsprechend geneigter Formflächen vorgenommen wird, bevor besonderer
Einfluss auf die Gefügestruktur durch die Bearbeitung mit Formflächen genommen wird,
die parallel zur Schmiedeachse oder mit einem nur geringen Neigungswinkel dazu verlaufen.
Durch Leervorschübe kann dabei ein Temperaturausgleich innerhalb des Werkstücks erreicht
werden.
[0008] Wie bereits ausgeführt wurde, wird im Allgemeinen ein vorteilhafter Einfluss auf
das Schmiedeverhalten dadurch sichergestellt, dass das Werkstück in der einen Vorschubrichtung
mit einer in Vorschubrichtung gegen das Werkstück abfallenden Formfläche und in der
entgegengesetzten Vorschubrichtung mit einer zur Schmiedeachse parallelen Formfläche
verformt wird. Dies ist jedoch nicht zwingend, weil je nach den Umständen auch nur
unterschiedlich geneigte Formflächen zum Einsatz kommen können.
[0009] Eine weitere vorteilhafte Einflussnahme auf das Schmiedeverhalten kann dadurch erreicht
werden, dass das Werkstück mit Hilfe mehrerer einander bezüglich der Schmiedeachse
paarweise gegenüberliegender Schmiedewerkzeuge verformt wird, die das Werkstück zumindest
in aufeinanderfolgenden Stichgruppen nacheinander oder gleichzeitig bearbeiten. Der
aufeinanderfolgende Einsatz der paarweise betätigbaren Schmiedewerkzeuge kann insbesondere
bei der Rohrfertigung vorteilhaft genützt werden, weil für die Herstellung eines hohlen
Vorformlings das aufeinanderfolgende Einwirken der Werkzeugpaare auf das Werkstück
je Stich Vorteile hinsichtlich der Aufweitung des Hohlkörpers mit sich bringt. Die
weitere Bearbeitung des Vorformlings kann dann in üblicher Weise mit Hilfe der gleichzeitig
zum Einsatz kommenden Schmiedewerkzeuge durchgeführt werden.
[0010] Anhand der Zeichnung wird das erfindungsgemäße Verfahren an einem Ausführungsbeispiel
näher erläutert. Es zeigen
- Fig. 1
- eine Schmiedevorrichtung mit Schmiedewerkzeugen zur Durchführung des Verfahrens und
die
- Fig. 2 und 3
- die unterschiedlichen Schmiedewirkungen eines Schmiedehammers bei entgegengesetzten
Vorschubrichtungen des Werkstücks anhand des im Schmiedeeingriff befindlichen Schmiedehammers
in einer schematischen Seitenansicht in einem größeren Maßstab.
[0011] Die dargestellte Schmiedevorrichtung weist in herkömmlicherweise ein Gestell 1 mit
vier einander paarweise bezüglich einer Schmiedeachse 2 gegenüberliegenden Schmiedewerkzeugen
3 auf, die über Stelltriebe radial zur Schmiedeachse 2 beaufschlagt werden und mit
Schmiedehämmern 4 bestückt sind. Die Stelltriebe für die paarweise angeordneten Schmiedewerkzeuge
3 können dabei je nach dem gewählten Schmiedeverfahren für die Werkzeugpaare gleichzeitig
oder in einem zeitlichen Abstand nacheinander betätigt werden, sodass das Werkstück
5 durch die über seinen Umfang verteilten Schmiedewerkzeuge gleichzeitig oder abschnittsweise
bearbeitet werden. Das Werkstück 5 wird mit Hilfe von Spanneinrichtungen 6 jeweils
endseitig erfasst und um die Schmiedeachse 2 gedreht. Die Spanneinrichtungen 6 selbst
sind auf Schlitten 7 gelagert, die entlang von Führungen 8 verfahrbar sind und für
entgegengesetzte Vorschubrichtungen des Werkstücks 5 sorgen.
[0012] Wie sich insbesondere aus den Fig. 2 und 3 ergibt, weisen die Schmiedehämmer 4 in
Bezug auf ihre Längsmitte eine unsymmetrische Werkzeuggeometrie auf. Auf der Einlaufseite
bezüglich der in Fig. 2 dargestellten Vorschubrichtung 9 bildet der Schmiedehammer
4 eine gegen das Werkstück 5 abfallend geneigt verlaufende Formfläche 10, die in eine
zur Schmiedeachse 2 parallele Formfläche 11 übergeht. Die geneigte Formfläche 10 kann
zum Unterschied zum Ausführungsbeispiel auch zwei oder mehrere Abschnitte mit unterschiedlicher
Neigung aufweisen. Außerdem können die Formflächen 10, 11 abweichend von einem ebenen
Verlauf in Anpassung an das zu schmiedende Werkstück auch konisch oder zylindrisch
geformt sein.
[0013] Die achsparallele Formfläche 11 bildet die für die Werkstückbearbeitung maßgebende
einlaufseitige Formfläche für die entgegengesetzte Vorschubrichtung 12, wie dies in
der Fig. 3 dargestellt ist. Aus dem strichpunktiert angedeuteten Umriss des Werkstücks
vor dem dargestellten Schmiedehub des Schmiedehammers 4 ergibt sich, dass die je Schmiedehub
verformten Volumenelemente 13 unterschiedlich sind und dass aufgrund der unterschiedlichen
Krafteinwirkungen zufolge der unterschiedlichen Ausrichtungen der Formflächen 10,
11 gegenüber dem Werkstück 5 sich unterschiedliche Umformbedingungen ergeben, die
durch Kombination aufgrund einer geeigneten Folge der Vorschubrichtungen 9, 12 in
vielfältiger Weise zur Erreichung bestimmter Werkstoffeigenschaften genützt werden
können.
[0014] Um einen Schmiederohling mit einem Ausgangsdurchmesser von beispielsweise 380 mm
und einer Länge von 1100 mm zu einem Stab mit einem Durchmesser von 122 mm zu schmieden,
können nach der Erfindung 8 Stiche vorgesehen werden, wobei die ersten vier Stiche,
die den Durchmesser stufenweise auf 325, 295, 255 und 217 mm reduzieren, mit der Vorschubrichtung
9 durchgeführt werden, um aufgrund der geneigten Formfläche 10 eine hohe Querschnittsreduktion
zu erreichen. Die anschließenden vier Stiche werden abwechselnd mit den Vorschubrichtungen
12 und 9 vorgenommen, wobei in der Vorschubrichtung 12 gemäß der Fig. 3 der Werkstückdurchmesser
von 217 auf 192 mm reduziert wird. In den anschließenden drei Stichen mit abwechselnder
Vorschubrichtung 9, 12 kann dann der Werkstückdurchmesser auf 163 und 138 mm und schließlich
auf den Enddurchmesser von 122 mm reduziert werden.
[0015] Würde ein gleiches Werkstück mit Hilfe von Schmiedehämmern bearbeitet werden, die
auf beiden Einlaufseiten eine geneigte Formfläche 10 aufweisen, so würde die Querschnittsreduktion
von 380 mm auf 122 mm ebenfalls in 8 Stichen durchgeführt werden können, allerdings
ohne zusätzliche Einflussnahme auf die Gefügestruktur. Mit dem Einsatz von Schmiedehämmern,
die lediglich eine parallel zur Schmiedeachse 2 verlaufende Formfläche 10 aufweisen,
wären für die gleiche Bearbeitung 14 Stiche erforderlich.
1. Verfahren zum Schmieden eines Werkstücks (5), das mit Hilfe von drehsymmetrisch angeordneten,
radial auf das Werkstück (5) einwirkenden Schmiedewerkzeugen (3) in mehreren Stichen
mit zumindest teilweise entgegengesetzter Vorschubrichtung (9, 12) bearbeitet wird,
dadurch gekennzeichnet, dass das Werkstück (5) in Abhängigkeit von der Vorschubrichtung (9, 12) mit unterschiedlich
geneigten Formflächen (10, 11) der Schmiedewerkzeuge (3) verformt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkstück (5) in der einen Vorschubrichtung (9) mit einer in Vorschubrichtung
(9) gegen das Werkstück (5) abfallenden Formfläche (10) und in der entgegengesetzten
Vorschubrichtung (12) mit einer zur Schmiedeachse (2) parallelen Formfläche (11) verformt
wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkstück (5) mit Hilfe mehrerer einander bezüglich der Schmiedeachse (2) paarweise
gegenüberliegender Schmiedewerkzeuge (4) verformt wird, die das Werkstück (5) zumindest
in aufeinanderfolgenden Stichgruppen nacheinander oder gleichzeitig bearbeiten.