(19)
(11) EP 2 745 954 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.06.2014  Patentblatt  2014/26

(21) Anmeldenummer: 13196889.3

(22) Anmeldetag:  12.12.2013
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B21J 7/14(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 13.12.2012 AT 505882012

(71) Anmelder: GFM GmbH
4400 Steyr (AT)

(72) Erfinder:
  • Wieser, Rupert
    3353 Seitenstetten (AT)

(74) Vertreter: Hübscher, Helmut et al
Patentanwaltskanzlei Hübscher Spittelwiese 4
4020 Linz
4020 Linz (AT)

   


(54) Verfahren zum Schmieden eines Werkstücks


(57) Es wird ein Verfahren zum Schmieden eines Werkstücks (5) beschrieben, das mit Hilfe von drehsymmetrisch angeordneten, radial auf das Werkstück (5) einwirkenden Schmiedewerkzeugen (3) in mehreren Stichen mit zumindest teilweise entgegengesetzter Vorschubrichtung (9, 12) bearbeitet wird. Um vorteilhafte Verfahrensbedingungen sicher zu stellen, wird vorgeschlagen, dass das Werkstück (5) in Abhängigkeit von der Vorschubrichtung (9, 12) mit unterschiedlich geneigten Formflächen (10, 11) der Schmiedewerkzeuge (3) verformt wird.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Schmieden eines Werkstücks, das mit Hilfe von drehsymmetrisch angeordneten, radial auf das Werkstück einwirkenden Schmiedewerkzeugen in mehreren Stichen mit zumindest teilweise entgegengesetzter Vorschubrichtung bearbeitet wird.

[0002] Beim radialen Schmieden hängen die Verformungen des Werkstücks und die dabei auftretenden Fließbedingungen von der Geometrie der Schmiedewerkzeuge ab. Kommen Schmiedewerkzeuge zum Einsatz, bei denen die in Bezug auf die Vorschubrichtung des Werkstücks eingangsseitigen Formflächen gegenüber der Schmiedeachse geneigt verlaufen, so kann eine vergleichsweise große Querschnittsreduktion je Stich erreicht werden, was eine Verringerung der für eine vorgegebene Querschnittsreduktion benötigten Stichanzahl und damit eine Verringerung der Schmiedezeit erlaubt, insbesondere wenn das Werkstück abwechselnd mit entgegengesetzter Vorschubrichtung bearbeitet wird, sodass Leervorschübe des Werkstückes vermieden werden können. Ein solches Schmieden mit aufeinanderfolgenden Stichen mit entgegengesetzter Vorschubrichtung bedingt bezüglich ihrer Längsmitte symmetrisch gestaltete Schmiedewerkzeuge.

[0003] Bei einer Schmiedebearbeitung der Werkstücke mit Schmiedewerkzeugen, die eine zur Schmiedeachse parallele Formfläche aufweisen, wird die Querschnittsreduktion je Stich durch die Breite der Formfläche begrenzt, sodass zum Schmieden eines Werkstücks mit vorgegebenen Endabmessungen eine größere Stichanzahl als bei Schmiedewerkzeugen mit geneigten Formflächen erforderlich wird. Die Schmiedewerkzeuge weisen ja im Querschnitt senkrecht zur Schmiedeachse eine Keilform auf, was bei geneigten Formflächen zu einer Verbreiterung der Formflächen mit zunehmendem Abstand von der Schmiedeachse führt. Allerdings ergeben sich durch die Krafteinwirkungen der unterschiedlich gegenüber dem Werkstück ausgerichteten Formflächen der Schmiedewerkzeuge unterschiedliche Spannungen im Werkstück und damit unterschiedliche Fließbedingungen, was in manchen Fällen von Bedeutung sein kann. Soll daher diese Wirkung auf das Werkstück genützt werden, ohne auf geringe Stichanzahlen verzichten zu müssen, so bleibt nichts anderes übrig, als das Werkstück zunächst mit Schmiedewerkzeugen zu bearbeiten, die geneigte Formflächen aufweisen, und dann die Schmiedebearbeitung in einer anschließenden Schmiedevorrichtung mit Schmiedewerkzeugen zu beenden, die eine entsprechende Werkzeuggeometrie mit parallel zur Schmiedeachse verlaufenden Formflächen besitzen. Nachteilig ist allerdings der Anlagenaufwand, der nur für größere Serien in Frage kommt. Außerdem muss unter Umständen mit einer notwendig werdenden Zwischenerwärmung gerechnet werden.

[0004] Um beim Walzen von vorgeschmiedeten Brammen Fehler im Endbereich zu vermeiden, ist es außerdem bekannt (EP 0 157 575 A1), beim Schmieden der Brammen ein ungeschmiedetes, verdicktes Ende vorzusehen, das allerdings gegen das stirnseitige Ende hin durch ein Schmieden entgegen der Hauptvorschubrichtung im Querschnitt reduziert wird, sodass sich im Bereich dieses Endabschnitts der Bramme besondere Spannungsverhältnisse einstellen, die beim nachträglichen Walzen der Bramme zur Fehlervermeidung führen. Um diesen Endabschnitt vom stirnseitigen Ende her bearbeiten zu können, weisen die Schmiedehämmer unterschiedlich geneigte Formflächen für die entgegengesetzten Vorschubrichtungen auf, sodass nach dem Schmieden der Bramme bis zum Endabschnitt die Bramme bei geöffneten Schmiedehämmern aus dem Schmiedebereich in der Hauptvorschubrichtung gezogen und dann der ungeschmiedete Endabschnitt vom stirnseitigen Ende der Bramme her entgegen der Hauptvorschubrichtung durch die Schmiedehämmer fertig bearbeitet werden kann. Ein solches Schmiedeverfahren eignet sich nicht zum Schmieden von Werkstücken in mehreren Stichen.

[0005] Der Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, ein Schmiedeverfahren anzugeben, das für geringe Stückzahlen geeignet ist und die Möglichkeit eröffnet, besonderen Einfluss auf die Gefügestruktur im gesamten Schmiedebereich zu nehmen.

[0006] Ausgehend von einem Schmiedeverfahren der eingangs geschilderten Art löst die Erfindung die gestellte Aufgabe dadurch, dass das Werkstück in Abhängigkeit von der Vorschubrichtung mit unterschiedlich geneigten Formflächen der Schmiedewerkzeuge verformt wird.

[0007] Aufgrund dieser Maßnahme ist es möglich, in einer einzigen Schmiedevorrichtung das Werkstück mit unterschiedlichen Werkzeuggeometrien bearbeiten zu können, weil ja die in der gewählten Vorschubrichtung eingangsseitige Formfläche des Schmiedewerkzeugs die jeweilige Schmiedebearbeitung maßgeblich bestimmt. Da für die entgegengesetzten Vorschubrichtungen unterschiedlich geneigte Formflächen der Schmiedewerkzeuge zum Einsatz kommen, können die durch diese Formflächen bedingten unterschiedlichen Schmiedebedingungen für die Werkstückbearbeitung genützt werden, und zwar in einer beliebigen Reihenfolge, sodass in mehrfacher Weise auf die Gefügestruktur des Werkstückwerkstoffs Einfluss genommen werden kann. Es wird daher möglich, Werkstücke mit besonderen Werkstoffanforderungen herzustellen, indem beispielsweise zunächst eine vergleichsweise große Querschnittsreduktion je Stich mit Hilfe entsprechend geneigter Formflächen vorgenommen wird, bevor besonderer Einfluss auf die Gefügestruktur durch die Bearbeitung mit Formflächen genommen wird, die parallel zur Schmiedeachse oder mit einem nur geringen Neigungswinkel dazu verlaufen. Durch Leervorschübe kann dabei ein Temperaturausgleich innerhalb des Werkstücks erreicht werden.

[0008] Wie bereits ausgeführt wurde, wird im Allgemeinen ein vorteilhafter Einfluss auf das Schmiedeverhalten dadurch sichergestellt, dass das Werkstück in der einen Vorschubrichtung mit einer in Vorschubrichtung gegen das Werkstück abfallenden Formfläche und in der entgegengesetzten Vorschubrichtung mit einer zur Schmiedeachse parallelen Formfläche verformt wird. Dies ist jedoch nicht zwingend, weil je nach den Umständen auch nur unterschiedlich geneigte Formflächen zum Einsatz kommen können.

[0009] Eine weitere vorteilhafte Einflussnahme auf das Schmiedeverhalten kann dadurch erreicht werden, dass das Werkstück mit Hilfe mehrerer einander bezüglich der Schmiedeachse paarweise gegenüberliegender Schmiedewerkzeuge verformt wird, die das Werkstück zumindest in aufeinanderfolgenden Stichgruppen nacheinander oder gleichzeitig bearbeiten. Der aufeinanderfolgende Einsatz der paarweise betätigbaren Schmiedewerkzeuge kann insbesondere bei der Rohrfertigung vorteilhaft genützt werden, weil für die Herstellung eines hohlen Vorformlings das aufeinanderfolgende Einwirken der Werkzeugpaare auf das Werkstück je Stich Vorteile hinsichtlich der Aufweitung des Hohlkörpers mit sich bringt. Die weitere Bearbeitung des Vorformlings kann dann in üblicher Weise mit Hilfe der gleichzeitig zum Einsatz kommenden Schmiedewerkzeuge durchgeführt werden.

[0010] Anhand der Zeichnung wird das erfindungsgemäße Verfahren an einem Ausführungsbeispiel näher erläutert. Es zeigen
Fig. 1
eine Schmiedevorrichtung mit Schmiedewerkzeugen zur Durchführung des Verfahrens und die
Fig. 2 und 3
die unterschiedlichen Schmiedewirkungen eines Schmiedehammers bei entgegengesetzten Vorschubrichtungen des Werkstücks anhand des im Schmiedeeingriff befindlichen Schmiedehammers in einer schematischen Seitenansicht in einem größeren Maßstab.


[0011] Die dargestellte Schmiedevorrichtung weist in herkömmlicherweise ein Gestell 1 mit vier einander paarweise bezüglich einer Schmiedeachse 2 gegenüberliegenden Schmiedewerkzeugen 3 auf, die über Stelltriebe radial zur Schmiedeachse 2 beaufschlagt werden und mit Schmiedehämmern 4 bestückt sind. Die Stelltriebe für die paarweise angeordneten Schmiedewerkzeuge 3 können dabei je nach dem gewählten Schmiedeverfahren für die Werkzeugpaare gleichzeitig oder in einem zeitlichen Abstand nacheinander betätigt werden, sodass das Werkstück 5 durch die über seinen Umfang verteilten Schmiedewerkzeuge gleichzeitig oder abschnittsweise bearbeitet werden. Das Werkstück 5 wird mit Hilfe von Spanneinrichtungen 6 jeweils endseitig erfasst und um die Schmiedeachse 2 gedreht. Die Spanneinrichtungen 6 selbst sind auf Schlitten 7 gelagert, die entlang von Führungen 8 verfahrbar sind und für entgegengesetzte Vorschubrichtungen des Werkstücks 5 sorgen.

[0012] Wie sich insbesondere aus den Fig. 2 und 3 ergibt, weisen die Schmiedehämmer 4 in Bezug auf ihre Längsmitte eine unsymmetrische Werkzeuggeometrie auf. Auf der Einlaufseite bezüglich der in Fig. 2 dargestellten Vorschubrichtung 9 bildet der Schmiedehammer 4 eine gegen das Werkstück 5 abfallend geneigt verlaufende Formfläche 10, die in eine zur Schmiedeachse 2 parallele Formfläche 11 übergeht. Die geneigte Formfläche 10 kann zum Unterschied zum Ausführungsbeispiel auch zwei oder mehrere Abschnitte mit unterschiedlicher Neigung aufweisen. Außerdem können die Formflächen 10, 11 abweichend von einem ebenen Verlauf in Anpassung an das zu schmiedende Werkstück auch konisch oder zylindrisch geformt sein.

[0013] Die achsparallele Formfläche 11 bildet die für die Werkstückbearbeitung maßgebende einlaufseitige Formfläche für die entgegengesetzte Vorschubrichtung 12, wie dies in der Fig. 3 dargestellt ist. Aus dem strichpunktiert angedeuteten Umriss des Werkstücks vor dem dargestellten Schmiedehub des Schmiedehammers 4 ergibt sich, dass die je Schmiedehub verformten Volumenelemente 13 unterschiedlich sind und dass aufgrund der unterschiedlichen Krafteinwirkungen zufolge der unterschiedlichen Ausrichtungen der Formflächen 10, 11 gegenüber dem Werkstück 5 sich unterschiedliche Umformbedingungen ergeben, die durch Kombination aufgrund einer geeigneten Folge der Vorschubrichtungen 9, 12 in vielfältiger Weise zur Erreichung bestimmter Werkstoffeigenschaften genützt werden können.

[0014] Um einen Schmiederohling mit einem Ausgangsdurchmesser von beispielsweise 380 mm und einer Länge von 1100 mm zu einem Stab mit einem Durchmesser von 122 mm zu schmieden, können nach der Erfindung 8 Stiche vorgesehen werden, wobei die ersten vier Stiche, die den Durchmesser stufenweise auf 325, 295, 255 und 217 mm reduzieren, mit der Vorschubrichtung 9 durchgeführt werden, um aufgrund der geneigten Formfläche 10 eine hohe Querschnittsreduktion zu erreichen. Die anschließenden vier Stiche werden abwechselnd mit den Vorschubrichtungen 12 und 9 vorgenommen, wobei in der Vorschubrichtung 12 gemäß der Fig. 3 der Werkstückdurchmesser von 217 auf 192 mm reduziert wird. In den anschließenden drei Stichen mit abwechselnder Vorschubrichtung 9, 12 kann dann der Werkstückdurchmesser auf 163 und 138 mm und schließlich auf den Enddurchmesser von 122 mm reduziert werden.

[0015] Würde ein gleiches Werkstück mit Hilfe von Schmiedehämmern bearbeitet werden, die auf beiden Einlaufseiten eine geneigte Formfläche 10 aufweisen, so würde die Querschnittsreduktion von 380 mm auf 122 mm ebenfalls in 8 Stichen durchgeführt werden können, allerdings ohne zusätzliche Einflussnahme auf die Gefügestruktur. Mit dem Einsatz von Schmiedehämmern, die lediglich eine parallel zur Schmiedeachse 2 verlaufende Formfläche 10 aufweisen, wären für die gleiche Bearbeitung 14 Stiche erforderlich.


Ansprüche

1. Verfahren zum Schmieden eines Werkstücks (5), das mit Hilfe von drehsymmetrisch angeordneten, radial auf das Werkstück (5) einwirkenden Schmiedewerkzeugen (3) in mehreren Stichen mit zumindest teilweise entgegengesetzter Vorschubrichtung (9, 12) bearbeitet wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkstück (5) in Abhängigkeit von der Vorschubrichtung (9, 12) mit unterschiedlich geneigten Formflächen (10, 11) der Schmiedewerkzeuge (3) verformt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkstück (5) in der einen Vorschubrichtung (9) mit einer in Vorschubrichtung (9) gegen das Werkstück (5) abfallenden Formfläche (10) und in der entgegengesetzten Vorschubrichtung (12) mit einer zur Schmiedeachse (2) parallelen Formfläche (11) verformt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkstück (5) mit Hilfe mehrerer einander bezüglich der Schmiedeachse (2) paarweise gegenüberliegender Schmiedewerkzeuge (4) verformt wird, die das Werkstück (5) zumindest in aufeinanderfolgenden Stichgruppen nacheinander oder gleichzeitig bearbeiten.
 




Zeichnung











Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente