(19)
(11) EP 2 767 601 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.08.2014  Patentblatt  2014/34

(21) Anmeldenummer: 13155225.9

(22) Anmeldetag:  14.02.2013
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C21D 8/04(2006.01)
C22C 38/06(2006.01)
C22C 38/14(2006.01)
C21D 9/48(2006.01)
C22C 38/12(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(71) Anmelder: ThyssenKrupp Steel Europe AG
47166 Duisburg (DE)

(72) Erfinder:
  • Balichev, Evgeny
    40235 Düsseldorf (DE)
  • Hofmann, Harald
    44357 Dortmund (DE)
  • Jimenez, Jose
    28012 Madrid (ES)

(74) Vertreter: Cohausz & Florack 
Patent- und Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft Bleichstraße 14
40211 Düsseldorf
40211 Düsseldorf (DE)

   


(54) Kaltgewalztes Stahlflachprodukt für Tiefziehanwendungen und Verfahren zu seiner Herstellung


(57) Die Erfindung betrifft ein kaltgewalztes Stahlflachprodukt für Tiefziehanwendungen aus einem Stahl, der neben Fe und unvermeidbaren Verunreinigungen (in Gew.-%) C: 0,008 - 0,1 %, Al: 6, 5 - 12 %, Nb: 0,1 - 0,2 %, Ti: 0, 15 - 0,5 %, P: < 0,1 %, S: < 0,03 %, N: < 0,1 % sowie optional eines oder mehrere Elemente aus der Gruppe "Mn, Si, REM, Mo, Cr, Zr, V, W, Co, Ni, B, Cu, Ca, N" mit der Maßgabe enthält, Mn: < 1 %, REM: < 0,2 %, Si: < 2 %, Zr: < 1 %, V: < 1 %, W: < 1 %, Mo: < 1 %, Cr: < 3 %, Co: < 1 %, Ni: < 2 %, B: < 0,1 %, Cu: < 3 %, Ca: < 0,015 %. Dabei gilt für das Verhältnis 2,5 ≥ %Ti/%Nb ≥ 1,5, %Ti = Ti-Gehalt und %Nb = Nb-Gehalt. Zur Herstellung eines solchen Stahlflachprodukts wird ein entsprechend zusammengesetzter Stahl zu einem Vorprodukt vergossen, das dann bei einer Warmwalzendtemperatur von 820 - 1000 °C zu Warmband warmgewalzt wird. Dieses wird anschließend bei einer Haspeltemperatur von bis zu 750 °C gehaspelt, nach dem Haspeln bei einer Glühtemperatur von >650 - 1200 C° über 1 - 50 h geglüht, anschließend in ein oder mehr Stufen mit einem Gesamt-Kaltwalzgrad von ≥65 % zum kaltgewalzten Stahlflachprodukt kaltgewalzt und schließlich bei 650 - 850 °C schlussgeglüht.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein kaltgewalztes Stahlflachprodukt für Tiefziehanwendungen, das ein in Folge einer Dichtereduzierung vermindertes Gewicht bei optimierten mechanischen Eigenschaften und einer optimierten Verformbarkeit besitzt. Ebenso betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Stahlflachprodukts.

[0002] Wenn hier von Stahlflachprodukten die Rede ist, so sind damit durch Walzprozesse gewonnene Stahlbänder, Stahlbleche und daraus gewonnene Platinen, Zuschnitte und desgleichen bezeichnet.

[0003] Sofern hier im Zusammenhang mit einer Legierungsvorschrift Angaben zum Gehalt eines Legierungselements gemacht werden, beziehen sich diese auf das Gewicht, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes angegeben ist.

[0004] Insbesondere bei im Bereich des Fahrzeugbaus eingesetzten Stahlflachprodukten sind neben dem Verhältnis von Festigkeit zu Umformbarkeit physikalische Eigenschaften wie Steifigkeit und Dichte im Hinblick auf die allgemein angestrebte Gewichtseinsparung und Verbesserung der Eigenfrequenzen des jeweiligen Fahrzeugs von besonderer Bedeutung. Eine deutliche Minimierung der Dichte und damit einhergehend des Gewichts kann bei Stählen durch Zulegieren größerer Gehalte an leichtem A1 erreicht werden. Bei hinreichend hohen Al-Gehalten tritt zudem Vorordnungsphase (K-Zustand) oder Ordnungsphase Fe3Al (D03) auf, die teilchenhärtend, festigkeitssteigernd und duktilitätsmindernd wirken.

[0005] Den anwendungsbezogenen Vorteilen von ferritischen Fe-Al-Stählen mit hohen Al-Gehalten der hier in Rede stehenden Art stehen Schwierigkeiten bei der Erzeugung und Verarbeitung gegenüber. So zeigen praktische Erfahrungen, dass ein nicht rekristallisierter Bandkernbereich am aus solchen Stählen erzeugten Warmband reduziert werden muss, da andernfalls Schwierigkeiten beim Besäumen und beim Kaltwalzen des Warmbands auftreten können. Darüber hinaus müssen im Stand der Technik aufwändige Prozesse durchlaufen werden, um anisotrope Kaltbandeigenschaften aufgrund einer ungeeigneten Kaltbandtextur zu vermeiden. Solche Anisotropien sind durch niedrige r- und n-Werte gekennzeichnet und bringen eine niedrige Bruchdehnung mit sich. Daraus resultiert ein problematisches Umform- und Bearbeitungsverhalten von aus Fe-Al-Stählen mit hohen Al-Gehalten erzeugten kaltgewalzten Stahlflachprodukten.

[0006] Die voranstehend zusammengefassten Probleme nehmen mit ansteigendem Al-Gehalt zu und begrenzen daher die bisher erreichbare Dichtereduktion. So gilt in der Praxis, dass Al-haltige tiefziehfähige Stähle maximal 6,5 Gew.-% A1 enthalten dürfen (s. U. Brüx "Tiefziehfähige Eisen-Aluminium-Leichtbaustähle", Konstruktion April 4, 2002).

[0007] Vor dem Hintergrund des voranstehend erläuterten Standes der Technik bestand die Aufgabe der Erfindung darin, ein Stahlflachprodukt zu schaffen, das bei einer deutlichen Gewichtsreduzierung optimierte Verformungseignung und ebenso optimierte mechanische Eigenschaften aufweist.

[0008] Darüber hinaus sollte ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Stahlflachprodukts angegeben werden.

[0009] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe im Hinblick auf das kaltgewalzte Stahlflachprodukt dadurch gelöst, dass ein Produkt mit den in Anspruch 1 angegebenen Merkmalen bereitgestellt wird.

[0010] Die erfindungsgemäße Lösung der oben genannten Aufgabe in Bezug auf das Verfahren besteht darin, dass bei der Herstellung von erfindungsgemäßen Stahlflachprodukten die in Anspruch 10 angegebenen Arbeitsschritte absolviert werden.

[0011] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben und werden nachfolgend wie der allgemeine Erfindungsgedanke im Einzelnen erläutert.

[0012] Ein erfindungsgemäßes kaltgewalztes Stahlflachprodukt für Tiefziehanwendungen besteht aus einem Stahl, der neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen (in Gew.-%) C: 0,008 - 0,1 %, Al: 6,5 - 12 %, Nb: 0,1 - 0,2 %, Ti: 0,15 - 0,5 %, P: bis zu 0,1 %, S: bis zu 0,03 %, N: bis zu 0,1 % sowie optional eines oder mehrere Elemente aus der Gruppe "Mn, Si, Seltenerdmetalle, Mo, Cr, Zr, V, W, Co, Ni, B, Cu, Ca, N" mit der Maßgabe enthält, Mn: bis zu 1 %, Seltenerdmetalle: bis zu 0,2 %, Si: bis zu 2 %, Zr: bis zu 1 %, V: bis zu 1 %, W: bis zu 1 %, Mo: bis zu 1 %, Cr: bis zu 3 %, Co: bis zu 1 %, Ni: bis zu 2 %, B: bis zu 0,1 %, Cu: bis zu 3 %, Ca: bis zu 0,015 %. Dabei gilt für das Verhältnis %Ti/%Nb des Ti-Gehalts %Ti und des Nb-Gehalts %Nb
2,5 ≥ %Ti/%Nb ≥ 1,5,
insbesondere
2,2 ≥ %Ti/%Nb ≥ 1,8.

[0013] In der für ein erfindungsgemäßes Stahlflachprodukt erfindungsgemäß vorgesehenen Legierungsvorschrift sind außer Eisen nur A1 und Titan und Niob Pflichtbestandteile.

[0014] Das erfindungsgemäße kaltgewalzte Stahlband zeichnet sich durch r-Werte von mindestens 1,3 aus, wobei erfindungsgemäße Stahlflachprodukte regelmäßig r-Werte größer 1,3 erreichen. Der hohe r-Wert steht für eine gute Tiefziehfähigkeit des erfindungsgemäßen kaltgewalzten Stahlflachprodukts, da mit steigendem r-Wert die Neigung zum Ausdünnen beim Tiefziehen verringert wird und damit einhergehend stärkere Tiefziehgrade ermöglicht werden. Es bestände sonst die Gefahr von Bauteilversagen an der ausgedünnten Stelle.

[0015] Ein erfindungsgemäßes kaltgewalztes Stahlflachprodukt weist dabei nicht nur hohe r-Werte auf, sondern erreicht auch eine Dehnung A50 von regelmäßig mehr als 18 %. Unter optimalen Verarbeitungsbedingungen erzeugte erfindungsgemäße Stahlflachprodukte weisen Dehnungen A50 von 25 % und mehr auf.

[0016] Gleichzeitig ist charakteristisch für das Gefüge eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts, dass es vollständig ferritisch und weitestgehend frei von κ-Karbiden (Fe-Al-C-Karbide) ist. Dementsprechend liegt der κ-Karbid-Gehalt eines erfindungsgemäße Stahlflachprodukts bei 0 Vol.-% (vollständig κ-Karbid-freier Zustand) bis höchstens 0,1 Vol.-%. Durch den minimierten κ-Karbid-Gehalt ist die Prozessierbarkeit des erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts sicher gewährleistet.

[0017] Ein erfindungsgemäß zusammengesetztes Stahlflachprodukt zeichnet sich des Weiteren dadurch aus, dass in seinem Gefüge die Körner globulitisch ausgeprägt sind. Dabei beträgt das Verhältnis der Kornlänge in Walzrichtung zur Kornbreite in Querrichtung des Bands in der Regel weniger als 1,5, insbesondere weniger als 1,2. D.h., die Länge der Körner ist um maximal 50 %, insbesondere um höchstens 20 %, größer als ihre Breite.

[0018] Neben den Pflichtbestandteilen kann der erfindungsgemäße Stahl eine Vielzahl von weiteren Legierungselementen enthalten, um bestimmte Eigenschaften einzustellen. Die hierzu in Frage kommenden Elemente sind in der Gruppe "Mn, Si, Seltenerdmetall, Mo, Cr, Zr, V, W, Co, Ni, B, Cu, Ca, N" zusammengefasst. Jedes dieser jeweils wahlweise zugegebenen Legierungselemente kann im erfindungsgemäßen Stahl vorhanden sein oder vollständig fehlen, wobei das jeweilige Element auch dann als "nicht vorhanden" anzusehen ist, wenn es im erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt in einer Menge präsent ist, in der es unwirksam ist und daher den herstellungsbedingt unvermeidbaren Verunreinigungen zuzurechnen ist.

[0019] Aluminium ist im erfindungsgemäßen Stahl in Gehalten von 6,5 - 12 Gew.-% vorhanden, wobei Al-Gehalte von mehr als 6,8 Gew.-% im Hinblick auf die angestrebte Dichtereduktion vorteilhaft sind. Typische Al-Gehalte erfindungsgemäßer Stahlflachprodukte liegen im Bereich von 6,5 - 10 Gew.-%, insbesondere 6,8 - 9 Gew.-%. Durch die Anwesenheit hoher Al-Gehalte ist die Dichte des Stahls verringert und seine Korrosions- und Oxidationsbeständigkeit deutlich verbessert. Gleichzeitig erhöht A1 in diesen Gehalten die Zugfestigkeit. Zu hohe Gehalte an A1 können jedoch zu einer Verschlechterung des Umformverhaltens führen, die sich in einer Abnahme des r-Wertes ausdrückt. Um die negativen Auswirkungen von A1 zu minimieren, ist daher der Al-Gehalt auf maximal 12 Gew.-% beschränkt. Ein optimal ausgewogenes Verhältnis von verminderter Dichte und Verarbeitbarkeit stellt sich ein, wenn im erfindungsgemäßen Stahl 6,5 - 10 Gew.-% Al, insbesondere mindestens 6,8 Gew.-% Al, vorhanden sind.

[0020] Der C-Gehalt ist in erfindungsgemäßem Stahl auf höchstens 0,1 Gew.-% beschränkt, wobei C-Gehalte von 0,015 - 0,05 Gew.-%, insbesondere 0,008 - 0,05 Gew.-%, besonders günstig sind. Oberhalb von 0,1 Gew.-% liegende C-Gehalte können die Bildung von unerwünschten spröden Kappa-Karbiden ("κ-Karbiden") an den Korngrenzen und eine dadurch bedingte Verminderung der Warm- und Kaltumformbarkeit verursachen.

[0021] Der Vermeidung der Entstehung von κ-Karbiden (Fe-Al-C-Verbindungen) kommt beim erfindungsgemäßen Stahl eine besondere Bedeutung zu. κ-Karbide bilden sich bei der Verarbeitung von gattungsgemäßen Stählen frühzeitig während der Warmverarbeitung bei hohen Temperaturen auf den Korngrenzen und bewirken eine Versprödung des Materials. Durch die im Rahmen der erfindungsgemäßen Vorgaben erfolgende Zugabe karbidbildender Legierungselemente wird ein möglichst geringer freier C-Gehalt eingestellt und so die Entstehung von κ-Karbiden weitgehend unterbunden.

[0022] Im erfindungsgemäßen Stahl sind zu diesem Zweck an erster Stelle 0,15 - 0,5 Gew.-% Ti und 0,1 - 0,2 Gew.-% Nb vorhanden. Dabei lässt sich die Wirkung von Titan dann besonders betriebssicher nutzen, wenn der Ti-Gehalt 0,15 - 0,3 Gew.-% beträgt. Entsprechendes gilt für Niob, wenn Nb in Gehalten von 0,1 - 0,15 Gew.-% im erfindungsgemäßen Stahl vorhanden ist. Gleichzeitig müssen die jeweiligen Ti- und Nb-Gehalte so eingestellt sein, dass sie die erfindungsgemäß für das Verhältnis dieser Gehalte vorgegebene Bedingung erfüllen. Ti- und Nb-Gehalte, die diese Vorgaben erfüllen, bewirken im erfindungsgemäßen Stahl die Bildung von feindispers verteilten Ti- und Nb-Karbiden, die die Ausbildung eines feinen, die Verformbarkeit des Stahlflachprodukts unterstützenden Gefüges fördern. Gleichzeitig wird freier Kohlenstoff gebunden, der andernfalls zur Entstehung von die Verformbarkeit behindernden, die Gefahr von Versprödung mit sich bringenden Fe-Al-C-Karbiden führen könnte. Bei zu hohen Gehalten an Ti und Nb können sich allerdings unerwünschte Ausscheidungen dieser Elemente im Stahl bilden, die eine Abnahme der Zähigkeit und Verformbarkeit bewirken könnten.

[0023] V, Zr und W sind ebenfalls effektive Karbidbildner und können in Gehalten von jeweils bis zu 1 Gew.-% die Wirkung der erfindungsgemäß vorgesehenen Pflichtgehalte an Nb und Ti ergänzen. Besonders zielgerichtet lässt sich die Wirkung von V, Zr und W dann nutzen, wenn ihr Gehalt jeweils auf bis zu 0,5 Gew.-%, insbesondere 0,3 Gew.-%, beschränkt ist.

[0024] Durch die Zugabe von Mn in Gehalten von bis zu 1 Gew.-%, insbesondere bis zu 0,5 Gew.-%, kann die Warmformbarkeit und Schweißbarkeit des erfindungsgemäßen Stahls verbessert werden. Darüber hinaus unterstützt Mn bei der Erschmelzung die Desoxidation und trägt zu einer Erhöhung der Festigkeit des Stahls bei. Diese positiven Wirkungen von Mn können besonders effektiv genutzt werden, wenn der Mn-Gehalt 0,05 - 0,5 Gew.-% beträgt.

[0025] Mo kann in Gehalten von jeweils bis zu 1 Gew.-% im erfindungsgemäßen Stahl enthalten sein. Mo bildet ebenfalls Karbide und trägt zur Erhöhung der Zugfestigkeit, Kriechbeständigkeit und Ermüdungsfestigkeit eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts bei. Die von Mo mit C gebildeten Karbide sind besonders fein und verbessern so die Feinheit des Gefüges des erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts. Hohe Gehalte an Mo verschlechtern jedoch die Warm- und Kaltumformbarkeit. Um dies besonders sicher zu vermeiden, kann der optional vorhandene Mo-Gehalt eines erfindungsgemäßen Stahls auf 0,5 Gew.-% beschränkt werden.

[0026] Um negative Einflüsse von Schwefel und Phosphor auf die Eigenschaften des erfindungsgemäß verarbeiteten Stahls zu vermeiden, sind der S-Gehalt auf maximal 0,03 Gew.-%, bevorzugt maximal 0,01 Gew.-%, und der P-Gehalt auf maximal 0,1 Gew.-%, bevorzugt maximal 0,05 Gew.-%, beschränkt.

[0027] Der N-Gehalt des erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts ist auf höchstens 0,1 Gew.-%, insbesondere höchstens 0,02 Gew.-%, bevorzugt höchstens 0,001 Gew.-%, beschränkt, um die Bildung größerer Mengen von Al-Nitriden zu vermeiden. Diese würden die mechanischen Eigenschaften verschlechtern.

[0028] Die Anwesenheit von Seltenerdmetallen in Gehalten von bis zu 0,2 Gew.-% trägt zu einer verbesserten Beständigkeit gegen Oxidation und zu einer erhöhten Festigkeit eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts bei. Gleichzeitig wirken Gehalte an Seltenerdmetallen entschwefelnd sowie desoxidierend. Die vom jeweiligen Seltenerdmetall gebildeten Oxide wirken zudem kornfeinend und fördern eine positive Texturauslese für verbesserte technologische Eigenschaften. Als Seltenerdmetalle eignen sich besonders Ce und La. Besonders zielgerichtet lassen sich die positiven Einflüsse von Seltenerdmetallen im erfindungsgemäßen Stahl nutzen, wenn die Gehalte an Seltenerdmetallen im Bereich von bis zu 0,05 Gew.-% liegen.

[0029] Grundsätzlich tragen die durch die Anwesenheit von einem oder mehreren der Elemente Ti, Nb, V, Zr, W, Mo jeweils gebildeten Karbide zur Steigerung der Festigkeit des erfindungsgemäßen Stahls bei.

[0030] Si in Gehalten von bis zu 2 Gew.-%, insbesondere bis zu 0,5 Gew.-%, unterstützt bei der Erschmelzung ebenfalls die Desoxidation und erhöht die Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit des erfindungsgemäßen Stahls. Bei zu hohen Gehalten werden durch die Anwesenheit von Si allerdings die Duktilität des Stahls und seine Schweißeignung verringert. Typische Si-Gehalte erfindungsgemäßer Stähle liegen im Bereich von 0,1 - 0,5 Gew.-%, insbesondere 0,1 - 0,2 Gew.-%.

[0031] Auch durch die Zugabe von Cr in Gehalten von bis zu 3 Gew.-% kann in erfindungsgemäßem Stahl vorhandener Kohlenstoff zu Karbiden abgebunden werden. Gleichzeitig erhöht die Anwesenheit von Cr die Korrosionsbeständigkeit. Besonders zielsicher werden die vorteilhaften Eigenschaften von Cr im erfindungsgemäßen Stahl dann erreicht, wenn Cr in Gehalten von bis zu 1 Gew.-%, insbesondere bis zu 0,5 Gew.-%, vorhanden ist.

[0032] Um eine Erhöhung der Rekristallisationstemperatur zu vermeiden, ist der Co-Gehalt des erfindungsgemäßen Stahls auf max. 1 Gew.-%, insbesondere max. 0,5 Gew.-%, bevorzugt max. 0,3 Gew.-%, beschränkt.

[0033] Nickel in Gehalten von bis zu 2 Gew.-%, insbesondere 1 Gew.-%, trägt in erfindungsgemäßem Stahl ebenfalls zur Erhöhung der Festigkeit und Zähigkeit bei. Darüber hinaus verbessert Ni die Korrosionsbeständigkeit und verringert den Anteil an primärem Ferrit im Gefüge des erfindungsgemäßen Stahls. Besonders praxisgerecht lässt sich Ni im erfindungsgemäßen Stahl bei Gehalten von bis zu 0,5 Gew.-% nutzen.

[0034] Die Zugabe von B kann ebenfalls zur Ausbildung eines feinen, die Verformbarkeit des erfindungsgemäßen Stahls begünstigenden Gefüges führen. Zu hohe Gehalte an B können jedoch die Kaltumformbarkeit und die Oxidationsbeständigkeit beeinträchtigen. Daher ist der B-Gehalt des erfindungsgemäßen Stahls auf 0,1 Gew.-%, insbesondere bis zu 0,01 Gew.-%, bevorzugt 0,005 Gew.-%, beschränkt.

[0035] Cu in Gehalten von bis zu 3 Gew.-% verbessert im erfindungsgemäßen Stahl die Korrosionsbeständigkeit, kann aber bei höheren Gehalten auch die Warmumformbarkeit und Schweißbarkeit verschlechtern. Sofern vorhanden, ist daher der Cu-Gehalt bei einer praxisgerechten Ausgestaltung der Erfindung auf höchstens 1 Gew.-%, insbesondere 0,5 Gew.-%, beschränkt.

[0036] Ca in Gehalten von bis zu 0,015 Gew.-%, insbesondere 0,005 Gew.-% oder 0,003 Gew.-%, bindet im erfindungsgemäßen Stahl Schwefel, welcher die Korrosionsbeständigkeit vermindern könnte.

[0037] Bei der Erzeugung eines erfindungsgemäßen kaltgewalzten Stahlflachprodukts werden erfindungsgemäß folgende Arbeitsschritte durchlaufen:
  • Erschmelzen einer entsprechend den voranstehend erläuterten Maßgaben erfindungsgemäß zusammengesetzten Stahlschmelze.
  • Vergießen der Stahlschmelze zu einem Vorprodukt, wie einem Block, einer Bramme, einer Dünnbramme oder einem gegossenen Band. Hier hat sich insbesondere das Vergießen zu einem endabmessungsnah gegossenen Band als vorteilhaft herausgestellt. Das endabmessungsnahe Gießen kann dabei durch Einsatz von an sich zu diesem Zweck bekannten konventionellen Gießeinrichtungen erfolgen. Hierzu zählt z. B. die "Zwei-Rollen-Bandgießmaschine". Da dieses Verfahren mit einer mitlaufenden Kokille operiert, besteht keine Relativbewegung zwischen Kokille und erstarrender Bandschale. Auf diese Weise können diese Verfahren ohne Gießpulver arbeiten und sind daher grundsätzlich gut geeignet, das Vormaterial für die Herstellung von erfindungsgemäßen Stahlflachprodukten zu erzeugen. Beim Bandgießen ebenfalls positiv wirkt sich aus, dass das gegossene Band bis zu seiner Abkühlung allenfalls geringen mechanischen Spannungen ausgesetzt ist, so dass die Gefahr der Entstehung von Rissen im Hochtemperaturbereich minimiert ist.


[0038] Beim Erschmelzen der erfindungsgemäß vergossenen Stahlschmelze sollte zwischen der letzten Legierungszugabe und dem Abguss jeweils eine Wartezeit von mindestens etwa 15 Minuten vergehen, um eine gute Durchmischung der Stahlschmelze zu gewährleisten. Typische Abgusstemperaturen liegen im Bereich von etwa 1590 °C.

[0039] Anhand praktischer Versuche konnte gezeigt werden, dass sich erfindungsgemäße Stähle auch zu Blöcken vergießen lassen, die dann durch Vorblocken zu Brammen ausgewalzt werden.
  • Das Vorprodukt wird erforderlichenfalls auf eine 1000 - 1300 °C betragende Vorwärmtemperatur gebracht oder in diesem Temperaturbereich gehalten, wobei sich hier Vorwärmtemperaturen von 1200 - 1300 °C, insbesondere 1200 - 1280 °C, als besonders praxisgerecht erwiesen haben. Im Fall, dass das Vorprodukt eine Bramme ist, beträgt die Dauer, über die diese Vorerwärmung abläuft, beispielsweise 120 - 240 Minuten.
  • Das Vorprodukt wird, gegebenenfalls nach der optional durchgeführten Erwärmung auf die Vorwärmtemperatur, zu einem Warmband warmgewalzt, wobei die Walzendtemperatur mehr als 820 °C, insbesondere mehr als 850 °C, betragen soll und in der Praxis Warmwalzendtemperaturen von 830 - 960 °C eingestellt werden. Bei praktischen Versuchen haben sich im Bereich von 840 - 880 °C liegende Warmwalzendtemperaturen als besonders günstig herausgestellt.
  • Das erhaltene Warmband wird zu einem Coil gehaspelt, wobei die Haspeltemperatur bis zu 750 °C, insbesondere bis zu 650 °C, betragen kann. In der Praxis werden typischerweise Haspeltemperaturen von 450 - 750 °C, insbesondere 500 °C +/- 20 °C, eingestellt. Das so erhaltene Warmband hat eine mittlere Ferritkornlänge im Bandkern, die in Bandrichtung gemessen größer 100 µm ist.
  • Nach dem Haspeln wird das Warmband geglüht. Diese Glühung ist von besonderer Bedeutung für die Eigenschaften des erfindungsgemäß erzeugten Stahlflachprodukts. Die Warmbandglühung wird bei einer oberhalb von 650 °C liegenden, bis 1200 °C reichenden, insbesondere 700 - 900 °C betragenden Glühtemperatur durchgeführt. Glühtemperaturen von etwa 850 °C, insbesondere 850 °C +/-20 °C, haben sich dabei als besonders praxisgerecht erwiesen. Die hierfür vorgesehenen Glühzeiten betragen bei dieser üblicherweise als Haubenglühung durchgeführten Glühung typischerweise 1 - 50 h.


[0040] In Folge der in dem erfindungsgemäß vorgegebenen Temperaturbereich durchgeführten Glühung lässt sich das Warmband trotz seiner hohen Al-Gehalte kaltwalzen, ohne dass starke Kantenrisse oder gar Bandrisse auftreten. Die Warmbandglühung dient dabei der Erzeugung eines ausreichend erholten Bandkernbereichs, der Absenkung des Kaltwalzwiderstands und der Erhöhung des maximal erreichbaren Kaltwalzgrades. Eine durch die Warmbandglühung bewirkte Texturauslese und ein hoher Kaltverformungsgrad fördern die Ausbildung einer geeigneten Kaltbandtextur mit dem gewünschten Eigenschaftsprofil. Für die Warmbandglühung ist dabei insbesondere der Haubenglühprozess mit nach Maßgabe der voranstehend erläuterten Varianten eingestellten Spitzentemperaturen oberhalb von 650 °C geeignet.
  • Erforderlichenfalls kann nach dem Glühen ein Beizen des Warmbands durchgeführt werden, um auf dem Warmband haftende Rückstände zu entfernen.
  • Das geglühte und optional gebeizte Warmband wird dann zu einem kaltgewalzten Stahlflachprodukt kaltgewalzt. Das Kaltwalzen kann in einer Stufe oder zweistufig erfolgen. Beim zweistufigen Kaltwalzen kann in an sich bekannter Weise zwischen den Kaltwalzstufen eine Zwischenglühung durchgeführt werden. Durch zweistufiges Kaltwalzen mit Zwischenglühung wird eine positive Texturauslese gefördert.


[0041] In jedem Fall wird beim Kaltwalzen die vor dem Ende des Kaltwalzens absolvierte Walzstufe mit einem möglichst hohen Kaltverformungsgrad durchgeführt. Im Fall eines einstufigen Kaltwalzens bedeutet dies, dass das Warmband mit einem Kaltwalzgrad von mindestens 65 % kaltgewalzt wird, bzw. beim zwei- und mehrstufigen Kaltwalzen nach der Zwischenglühung ein Kaltwalzgrad von ebenfalls mindestens 65 % erreicht wird. Um optimale Walzergebnisse zu erhalten, kann dabei das zweistufige Kaltwalzen so durchgeführt werden, dass der Kaltwalzgrad in der ersten Stufe mindestens 40 % und der letzten Stufe mindestens 65 %, insbesondere mehr als 70 %, beispielsweise mindestens 80 %, beträgt.

[0042] Der hohe Kaltwalzgrad von mindestens 65 % in der jeweils letzten Kaltwalzstufe fördert die Ausbildung einer geeigneten Kaltbandtextur. Der Effekt ist bei den in erfindungsgemäßer Weise legierten Ti/Nb-legierten Materialien besonders ausgeprägt.
  • Nach dem Kaltwalzen wird das erhaltene Kaltband einer Glühung unterzogen, die im kontinuierlichen Glühprozess oder batchweise als Haubenglühung ausgeführt wird. Sowohl die Schlussglühung als auch die optional beim Kaltwalzen durchgeführten Zwischenglühungen können in konventioneller Weise bei Temperaturen und Glühdauern durchgeführt werden, die an sich bekannt sind. Bei der abschließenden Schlussglühung des Kaltbandes bildet sich ein Material mit rekristallisierter Mikrostruktur und vorteilhafter Textur aus. Die erhaltene Textur ist gekennzeichnet durch eine geringe Belegung der α-Fasern von weniger als 4 und einer starken Belegung der γ-Fasern von mehr als 4, was zu r-Werten größer 1,3 führt. Die jeweilige Glühung des kaltgewaltzen Bandes kann in im kontinuierlichen Durchlauf durchlaufenen Glühanlagen mit Glühtemperaturen von 750 - 850 °C über eine typische Dauer von 1 - 20 min erfolgen, wobei sich Glühtemperaturen von mehr als 780 °C, insbesondere 800 - 850 °C, und eine Glühdauer von 2 - 5 min als besonders praxisgerecht erwiesen haben. Alternativ kann die jeweilige Glühung auch in einer Haubenglühanlage durchgeführt werden, bei der die Glühtemperatur mehr als 650 °C, insbesondere 650 - 850 °C, und die Glühdauer 1 - 50 h beträgt. In der Praxis haben sich für das Haubenglühen Glühtemperaturen von 700 - 800 °C und eine Glühdauer von 1 - 30 h besonders bewährt.
  • Optional kann das erhaltene Kaltband beispielsweise zur Verbesserung seiner Korrosionsbeständigkeit mit einer metallischen Schutzschicht belegt werden, die beispielsweise auf A1 oder Zn basiert. Hierzu eignen sich die an sich bekannten Beschichtungsverfahren.


[0043] Zur Erprobung der Erfindung sind drei erfindungsgemäße Schmelzen E1,E2,E3 und zwei Vergleichsschmelzen V1,V2 erschmolzen worden, deren Zusammensetzungen in Tabelle 1 angegeben sind.

[0044] Die Stahlschmelzen E1 und E2 sind zu Vorprodukten in Form von Blöcken vergossen worden. Die Blöcke sind dann über eine Vorwärmdauer von jeweils zwei Stunden auf eine Vorwärmtemperatur VWT durcherwärmt und zu Brammen vorgeblockt worden.

[0045] Anschließend sind die durcherwärmten Brammen bei einer Warmwalzendtemperatur WET zu einem Warmband warmgewalzt und das erhaltene Warmband bei einer Haspeltemperatur HT jeweils zu einem Coil gewickelt worden.

[0046] Aus der Stahlschmelze E3 ist über eine Zwei-Rollen-Bandgießanlage als Vorprodukt ein gegossenes Band erzeugt worden, das anschließend ebenfalls zu einem Warmband mit einer Warmwalzendtemperatur WET warmgewalzt worden ist. Die Verarbeitung zum Warmband erfolgte in einer kontinuierlichen Prozessfolge unterbrechungsfrei im Anschluss an das Bandgießen, so dass das Vorprodukt bei Eintritt in die Warmwalzeinrichtung bereits eine im Bereich der erfindungsgemäß vorgegebenen Vorwärmtemperaturen liegende Temperatur aufwies und die Vorerwärmung entfallen konnte. Auch das aus dem Stahl E3 erzeugte Warmband ist nach dem Warmwalzen bei einer Haspeltemperatur HT zu einem Coil gehaspelt worden.

[0047] Nach dem Haspeln sind die jeweils erzeugten Warmbänder, soweit in Tabelle 2 nicht anders angegeben, bei einer Glühtemperatur GT über eine Glühdauer von jeweils acht Stunden einer Glühung in einer Haubenglühanlage unterzogen worden.

[0048] Die so geglühten Warmbänder sind in einer oder in zwei Stufen mit Kaltwalzgraden KWG1 (Kaltwalzgrad der ersten Kaltwalzstufe) und KWG2 (Kaltwalzgrad der jeweiligen zweiten Kaltwalzstufe) jeweils zu einem kaltgewalzten Stahlband kaltgewalzt worden. Sofern zweistufig kaltgewalzt worden ist, ist zwischen den Kaltwalzstufen jeweils eine Zwischenglühung bei einer Zwischenglühtemperatur ZGT durchgeführt worden. Nach dem Kaltwalzen haben die kaltgewalzten Stahlflachprodukte eine Schlussglühung bei einer Glühtemperatur SGT durchlaufen. Die Zwischenglühung und die Schlussglühung sind jeweils im kontinuierlichen Durchlauf absolviert worden.

[0049] Die jeweilige Vorwärmtemperatur VWT, Warmwalzendtemperatur WET, Haspeltemperatur HT, Glühtemperatur GT, der jeweilige Kaltwalzgrad KWG1, KWG2, sowie die jeweilige Zwischenglühtemperatur ZGT und Schlussglühtemperatur SGT, sind in Tabelle 2 angegeben.

[0050] Die an den so erzeugten kaltgewalzten Stahlbändern ermittelten mechanischen Eigenschaften "Streckgrenze Rp0,2", "Zugfestigkeit Rm", "Dehnung A50", "r-Wert r" und "n-Wert n" sind in Tabelle 3 angegeben. Alle mechanischtechnologischen Kennwerte wurden in Querrichtung ermittelt. Zusätzlich sind in Tabelle 3die Maximalwerte der Belegung der α- und γ-Fasern angegeben.

[0051] Es zeigt sich, dass die aus den erfindungsgemäß zusammengesetzten Stählen E1 und E2 in erfindungsgemäßer Weise erzeugten kaltgewalzten Stahlbänder Streckgrenzen, die regelmäßig größer 300 MPa, insbesondere größer 320 MPa sind, und dabei Werte von 380 MPa und mehr erreichen, und Zugfestigkeiten, die regelmäßig größer 460 MPa, insbesondere größer 480 MPa sind, und dabei Werte von 530 MPa und mehr erreichen, sowie Dehnungswerte A50 von mindestens 18 % aufweisen, die regelmäßig mehr als 21 % erreichen, insbesondere größer 25 % sind, und dabei stets r-Werte von 1,3 oder größer besitzen.

[0052] Nicht erfindungsgemäß zusammengesetzte kaltgewalzte Stahlbänder erreichen solche r-Werte selbst dann nicht, wenn diese Stahlbänder unter Berücksichtigung von Herstellparametern erzeugt worden sind, die eng angelehnt sind an die Parameter, die bei der Erzeugung der erfindungsgemäßen kaltgewalzten Stahlflachprodukte eingestellt worden sind. Auch erfindungsgemäß zusammengesetzte, jedoch nicht erfindungsgemäß verarbeitete Stahlflachprodukte erreichen die Eigenschaften von erfindungsgemäß hergestellten Stahlflachprodukten nicht oder lassen sich nicht einmal kaltwalzen.

[0053] Die erfindungsgemäß erzeugten Stahlbänder weisen dementsprechend trotz ihrer hohen Al-Gehalte eine überlegene Tiefzieheignung auf, ohne dass dazu aufwendige legierungs- oder verfahrenstechnische Maßnahmen erforderlich sind.

[0054] Ein Stahlflachprodukt mit optimalen Verformungseigenschaften (r ≈ 2, n ≈ 0,2, A50 ≈ 30 %) wird durch eine Kombination aus erfindungsgemäßer Legierung, hohem Kaltverformungsgrad und niedriger Warmwalztemperatur (ca. 850 °C) erreicht.

[0055] Die aus den erfindungsgemäßen Stählen in erfindungsgemäßer Weise erzeugten kaltgewalzten Stahlbänder enthalten neben einer Fe(Al)-Mischkristallmatrix lokal auftretende härtende Vorordnungsphase. Bei gängigen Warmwalzparametern wird im vollferritischen Phasengebiet gewalzt und man erhält Warmband mit typischen dreischichtigen Gefügeaufbau, der wiederum durch rekristallisierte globulitische Randbereiche und den nur erholten Kernbereich mit Stengelkristallen gekennzeichnet ist. Die erfindungsgemäß durchgeführte Warmbandglühung baut die Versetzungsdichte im erholten Bereich ab und erleichtert ein nachfolgendes Kaltwalzprozessing. Ohne die Warmbandglühung ist die Alpha-Faserntexturkomponente stark, mit Warmbandglühung dagegen schwach ausgeprägt. Ein niedriger maximaler Kaltwalzgrad von bis zu 50 % führt zu schwachen Gamma-Fasertexturkomponenten, ein einstufiges Kaltwalzen mit einem hohen Kaltwalzgrad von mindestens 65 %, insbesondere mindestens 80 %, oder ein zweistufig durchgeführtes Kaltwalzen mit entsprechend hoher Verformung in der letzten Walzstufe führen dagegen zu einer starken Gamma-Faserkomponente. Diese Abhängigkeiten sind stärker ausgeprägt bei niedrigeren Warmwalzendtemperaturen, die im Bereich von 830 - 960 °C, insbesondere 840 - 880 °C, liegen.

[0056] Das Verformungsverhalten des erhaltenen kaltgewalzten Stahlflachprodukts wird von der Textur maßgeblich beeinflusst. Hohe r- und n-Werte sowie eine hohe Bruchdehnung A50 treten besonders dann auf, wenn die Gamma-Fastertexturkomponente über die Alpha-Fasertexturkomponente dominiert. Eine im erfindungsgemäßen Rahmen liegende Kombination der Nb- und Ti-Gehalte, die erfindungsgemäß vorgegebene Warmbandglühung sowie die erfindungsgemäß vorgesehenen Parameter des Kaltwalzens gewährleisten, dass dieses Ziel erreicht wird.
Tabelle 1
  C Si Mn P S Cr Mo Ni Al N Ti Nb V %Ti/%Mb
E1 0,018 0,09 0,08 0,006 0,003 0,04 0,00 0,03 7,1 0,0048 0,180 0,100 0,004 1,8
E2 0,017 0,11 0,09 0,005 0,003 0,09 0,00 0,03 8,5 0,0039 0,210 0,110 0,003 1,91
E3 0,012 0,33 0,21 0,010 0,003 1,11 0,04 0,35 6,93 0,0020 0,262 0,120 0,010 2,18
V1 0,007 0,18 0,09 0,050 0,003 0,03 0,01 0,03 7,2 0,0056 0,060 0,002 0,003 30
V2 0,006 0,15 0,11 0,006 0,002 0,03 0,00 0,05 9,7 0,0051 0,070 0,004 0,004 17,5
Gehaltsangaben in Gew.-%, Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen
Tabelle 2
Stahl VWT [°C] WET [°C] HT [°C] GT [°C] KWG1 [%] ZGT [°C] KWG2 [%] SGT [°C] Erfindungsgemäß?
E1 1250 850 500 - Nicht rissfrei kaltwalzbar NEIN
E1 1250 850 500 850 50 - - 830 NEIN
E1 1250 860 500 850 50 830 70 830 JA
E1 1250 870 500 850 80 - - 830 JA
E1 1250 955 700 - 50 - - 830 NEIN
E1 1250 940 700 850 50 - - 830 NEIN
E1 1250 940 700 - 50 830 70 830 NEIN
E1 1250 935 700 850 50 830 70 830 JA
E1 1250 930 700 - 80 - - 830 NEIN
E1 1250 955 700 850 80 - - 830 JA
E2 1250 880 500 - Nicht rissfrei kaltwalzbar  
E2 1250 880 500 850 80     830 JA
E2 1250 870 700 850 50 830 70 830 JA
E3 - 860 600 850 80 - - 830 JA
V1 1250 930 700 - Nicht rissfrei kaltwalzbar NEIN
V1 1250 930 700 850 80 - - 830 NEIN
V2 1250 980 700 850 Nicht rissfrei kaltwalzbar NEIN
Tabelle 3
Stahl Mechanisch-technologische Eigenschaften Maximalwert Texturkomponente (S=0,1) Erfindungsgemäß?
Rp0,2 [MPa] Rm [MPa] A50 [%] r n α-Faser y-Faser {111}<011> {111}<112>
E1 Nicht rissfrei kaltwalzbar NEIN
E1 353 507 28,0 0,48 0,17 4 4 NEIN
E1 346 502 27,0 1,36 0,18 3 6 JA
E1 329 488 29,5 2,05 0,19 1 5 JA
E1 421 521 19,0 0,8 0,13 12 2 NEIN
E1 368 503 19,9 0,86 0,15 2 1,5 NEIN
E1 363 523 21,9 1,03 0,17 12 6 NEIN
E1 324 471 18,9 1,73 0,19 2 4 JA
E1 373 529 23,4 1,09 0,17 8 5 NEIN
E1 325 461 21,1 1,70 0,17 3 5 JA
E1 Nicht rissfrei kaltwalzbar NEIN
E2 406 556 18,3 1,93 0,17 2 5 JA
E2 391 537 21,8 1,56 0,14 3 5 JA
E3 451 588 18,2 1,71 0,18 1 5 JA
V1 Nicht rissfrei kaltwalzbar NEIN
V1 408 532 22,0 0,72 0,15 9 2 NEIN
V2 Nicht rissfrei kaltwalzbar NEIN



Ansprüche

1. Kaltgewalztes Stahlflachprodukt für Tiefziehanwendungen,

- bestehend aus einem Stahl, der neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen (in Gew.-%)
C: 0,008 - 0,1 %,
Al: 6,5 - 12 %,
Nb: 0,1 - 0,2 %,
Ti: 0,15 - 0,5 %,
P: bis zu 0,1 %,
S: bis zu 0,03 %,
N: bis zu 0,1 %
sowie optional eines oder mehrere Elemente aus der Gruppe "Mn, Si, Seltenerdmetalle, Mo, Cr, Zr, V, W, Co, Ni, B, Cu, Ca, N" mit der Maßgabe enthält,
Mn: bis zu 1 %,
Seltenerdmetalle: bis zu 0,2 %,
Si: bis zu 2 %,
Zr: bis zu 1 %,
V: bis zu 1 %,
W: bis zu 1 %,
Mo: bis zu 1 %,
Cr: bis zu 3 %,
Co: bis zu 1 %,
Ni: bis zu 2 %,
B: bis zu 0,1 %,
Cu: bis zu 3 %,
Ca: bis zu 0,015 %,

- wobei für das Verhältnis %Ti/%Nb des Ti-Gehalts %Ti und des Nb-Gehalts %Nb gilt
2,5 ≥ %Ti/%Nb ≥ 1,5.


 
2. Stahlflachprodukt nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sein Al-Gehalt 6,5 - 10 Gew.-% beträgt.
 
3. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein Al-Gehalt mehr als 6,8 Gew.-% beträgt.
 
4. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein C-Gehalt höchstens 0,05 Gew.-% beträgt.
 
5. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein Nb-Gehalt 0,1 - 0,15 Gew.-% beträgt.
 
6. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass die sein Ti-Gehalt 0,15 - 0,3 Gew.-% beträgt.
 
7. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein Gefüge 0 bis 0,1 Vol.-% κ-Karbide enthält.
 
8. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein r-Wert mindestens 1,3 beträgt.
 
9. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass in seinem Gefüge die Körner ein Verhältnis der Kornlängen in Walzrichtung zur Kornbreite in Querrichtung des Stahlflachprodukts < 1,5 aufweisen.
 
10. Verfahren zum Erzeugen eines kaltgewalzten, für Tiefziehanwendungen vorgesehenen Stahlflachprodukts umfassend folgende Arbeitsschritte

- Erschmelzen einer Stahlschmelze, die neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen (in Gew.-%) C: 0,008 - 0,1 %,

Al: 6, 5 - 12 %,
Nb: 0,1 - 0,2 %,
Ti: 0,15 - 0,5 %,
P: bis zu 0,1 %,
S: bis zu 0,03 %,
N: bis zu 0,1 %
sowie optional eines oder mehrere Elemente aus der Gruppe "Mn, Si, Seltenerdmetalle, Mo, Cr, Zr, V, W, Co, Ni, B, Cu, Ca, N" mit der Maßgabe enthält,
Mn: bis zu 1 %,
Seltenerdmetalle: bis zu 0,2 %,
Si: bis zu 2 %,
Zr: bis zu 1 %,
V: bis zu 1 %,
W: bis zu 1 %,
Mo: bis zu 1 %,
Cr: bis zu 3 %,
Co: bis zu 1 %,
Ni: bis zu 2 %,
B: bis zu 0,1 %,
Cu: bis zu 3 %,
Ca: bis zu 0,015 %,

- wobei für das Verhältnis %Ti/%Nb des Ti-Gehalts %Ti und des Nb-Gehalts %Nb gilt 2,5 ≥ %Ti/%Nb ≥ 1,5;

- Vergießen der Stahlschmelze zu einem Vorprodukt;

- optional Durcherwärmen oder Halten des Vorprodukts auf eine 1000 - 1300 °C betragende Vorwärmtemperatur;

- Warmwalzen des Vorprodukts zu einem Warmband, wobei die Warmwalzendtemperatur 820 - 1000 °C beträgt;

- Haspeln des Warmbands zu einem Coil, wobei die Haspeltemperatur im Bereich der Raumtemperatur bis 750 °C liegt;

- Glühen des Warmbands bei einer mehr als 650 °C und bis zu 1200 °C betragenden Glühtemperatur über eine Glühdauer von 1 - 50 h;

- optional Beizen des Warmbands;

- Kaltwalzen des geglühten und optional gebeizten Warmbands zu einem kaltgewalzten Stahlflachprodukt in ein oder mehr Stufen mit einem Gesamt-Kaltwalzgrad von mindestens 65 %;

- Schlussglühen des kaltgewalzten Stahlflachprodukts bei einer 650 - 850 °C betragenden Schlussglühtemperatur.


 
11. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass das Vorprodukt ein gegossenes Band ist.
 
12. Verfahren nach Anspruch 10 oder 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Warmwalzendtemperatur 830 - 960 °C beträgt.
 
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 12,
dadurch gekennzeichnet, dass die Haspeltemperatur 450 - 750 °C beträgt.
 
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 13,
dadurch gekennzeichnet, dass das Warmbandglühen als Haubenglühen durchgeführt wird.
 
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 13,
dadurch gekennzeichnet, dass das Kaltwalzen zwei- oder mehrstufig durchgeführt wird und zwischen den Stufen des Kaltwalzens eine Zwischenglühung erfolgt.
 





Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur