(57) Die Erfindung betrifft ein kaltgewalztes Stahlflachprodukt für Tiefziehanwendungen
aus einem Stahl, der neben Fe und unvermeidbaren Verunreinigungen (in Gew.-%) C: 0,008
- 0,1 %, Al: 6, 5 - 12 %, Nb: 0,1 - 0,2 %, Ti: 0, 15 - 0,5 %, P: < 0,1 %, S: < 0,03
%, N: < 0,1 % sowie optional eines oder mehrere Elemente aus der Gruppe "Mn, Si, REM,
Mo, Cr, Zr, V, W, Co, Ni, B, Cu, Ca, N" mit der Maßgabe enthält, Mn: < 1 %, REM: <
0,2 %, Si: < 2 %, Zr: < 1 %, V: < 1 %, W: < 1 %, Mo: < 1 %, Cr: < 3 %, Co: < 1 %,
Ni: < 2 %, B: < 0,1 %, Cu: < 3 %, Ca: < 0,015 %. Dabei gilt für das Verhältnis 2,5
≥ %Ti/%Nb ≥ 1,5, %Ti = Ti-Gehalt und %Nb = Nb-Gehalt. Zur Herstellung eines solchen
Stahlflachprodukts wird ein entsprechend zusammengesetzter Stahl zu einem Vorprodukt
vergossen, das dann bei einer Warmwalzendtemperatur von 820 - 1000 °C zu Warmband
warmgewalzt wird. Dieses wird anschließend bei einer Haspeltemperatur von bis zu 750
°C gehaspelt, nach dem Haspeln bei einer Glühtemperatur von >650 - 1200 C° über 1
- 50 h geglüht, anschließend in ein oder mehr Stufen mit einem Gesamt-Kaltwalzgrad
von ≥65 % zum kaltgewalzten Stahlflachprodukt kaltgewalzt und schließlich bei 650
- 850 °C schlussgeglüht.
[0001] Die Erfindung betrifft ein kaltgewalztes Stahlflachprodukt für Tiefziehanwendungen,
das ein in Folge einer Dichtereduzierung vermindertes Gewicht bei optimierten mechanischen
Eigenschaften und einer optimierten Verformbarkeit besitzt. Ebenso betrifft die Erfindung
ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Stahlflachprodukts.
[0002] Wenn hier von Stahlflachprodukten die Rede ist, so sind damit durch Walzprozesse
gewonnene Stahlbänder, Stahlbleche und daraus gewonnene Platinen, Zuschnitte und desgleichen
bezeichnet.
[0003] Sofern hier im Zusammenhang mit einer Legierungsvorschrift Angaben zum Gehalt eines
Legierungselements gemacht werden, beziehen sich diese auf das Gewicht, sofern nicht
ausdrücklich etwas anderes angegeben ist.
[0004] Insbesondere bei im Bereich des Fahrzeugbaus eingesetzten Stahlflachprodukten sind
neben dem Verhältnis von Festigkeit zu Umformbarkeit physikalische Eigenschaften wie
Steifigkeit und Dichte im Hinblick auf die allgemein angestrebte Gewichtseinsparung
und Verbesserung der Eigenfrequenzen des jeweiligen Fahrzeugs von besonderer Bedeutung.
Eine deutliche Minimierung der Dichte und damit einhergehend des Gewichts kann bei
Stählen durch Zulegieren größerer Gehalte an leichtem A1 erreicht werden. Bei hinreichend
hohen Al-Gehalten tritt zudem Vorordnungsphase (K-Zustand) oder Ordnungsphase Fe3Al
(D03) auf, die teilchenhärtend, festigkeitssteigernd und duktilitätsmindernd wirken.
[0005] Den anwendungsbezogenen Vorteilen von ferritischen Fe-Al-Stählen mit hohen Al-Gehalten
der hier in Rede stehenden Art stehen Schwierigkeiten bei der Erzeugung und Verarbeitung
gegenüber. So zeigen praktische Erfahrungen, dass ein nicht rekristallisierter Bandkernbereich
am aus solchen Stählen erzeugten Warmband reduziert werden muss, da andernfalls Schwierigkeiten
beim Besäumen und beim Kaltwalzen des Warmbands auftreten können. Darüber hinaus müssen
im Stand der Technik aufwändige Prozesse durchlaufen werden, um anisotrope Kaltbandeigenschaften
aufgrund einer ungeeigneten Kaltbandtextur zu vermeiden. Solche Anisotropien sind
durch niedrige r- und n-Werte gekennzeichnet und bringen eine niedrige Bruchdehnung
mit sich. Daraus resultiert ein problematisches Umform- und Bearbeitungsverhalten
von aus Fe-Al-Stählen mit hohen Al-Gehalten erzeugten kaltgewalzten Stahlflachprodukten.
[0007] Vor dem Hintergrund des voranstehend erläuterten Standes der Technik bestand die
Aufgabe der Erfindung darin, ein Stahlflachprodukt zu schaffen, das bei einer deutlichen
Gewichtsreduzierung optimierte Verformungseignung und ebenso optimierte mechanische
Eigenschaften aufweist.
[0008] Darüber hinaus sollte ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Stahlflachprodukts
angegeben werden.
[0009] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe im Hinblick auf das kaltgewalzte Stahlflachprodukt
dadurch gelöst, dass ein Produkt mit den in Anspruch 1 angegebenen Merkmalen bereitgestellt
wird.
[0010] Die erfindungsgemäße Lösung der oben genannten Aufgabe in Bezug auf das Verfahren
besteht darin, dass bei der Herstellung von erfindungsgemäßen Stahlflachprodukten
die in Anspruch 10 angegebenen Arbeitsschritte absolviert werden.
[0011] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben
und werden nachfolgend wie der allgemeine Erfindungsgedanke im Einzelnen erläutert.
[0012] Ein erfindungsgemäßes kaltgewalztes Stahlflachprodukt für Tiefziehanwendungen besteht
aus einem Stahl, der neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen (in Gew.-%) C:
0,008 - 0,1 %, Al: 6,5 - 12 %, Nb: 0,1 - 0,2 %, Ti: 0,15 - 0,5 %, P: bis zu 0,1 %,
S: bis zu 0,03 %, N: bis zu 0,1 % sowie optional eines oder mehrere Elemente aus der
Gruppe "Mn, Si, Seltenerdmetalle, Mo, Cr, Zr, V, W, Co, Ni, B, Cu, Ca, N" mit der
Maßgabe enthält, Mn: bis zu 1 %, Seltenerdmetalle: bis zu 0,2 %, Si: bis zu 2 %, Zr:
bis zu 1 %, V: bis zu 1 %, W: bis zu 1 %, Mo: bis zu 1 %, Cr: bis zu 3 %, Co: bis
zu 1 %, Ni: bis zu 2 %, B: bis zu 0,1 %, Cu: bis zu 3 %, Ca: bis zu 0,015 %. Dabei
gilt für das Verhältnis %Ti/%Nb des Ti-Gehalts %Ti und des Nb-Gehalts %Nb
2,5 ≥ %Ti/%Nb ≥ 1,5,
insbesondere
2,2 ≥ %Ti/%Nb ≥ 1,8.
[0013] In der für ein erfindungsgemäßes Stahlflachprodukt erfindungsgemäß vorgesehenen Legierungsvorschrift
sind außer Eisen nur A1 und Titan und Niob Pflichtbestandteile.
[0014] Das erfindungsgemäße kaltgewalzte Stahlband zeichnet sich durch r-Werte von mindestens
1,3 aus, wobei erfindungsgemäße Stahlflachprodukte regelmäßig r-Werte größer 1,3 erreichen.
Der hohe r-Wert steht für eine gute Tiefziehfähigkeit des erfindungsgemäßen kaltgewalzten
Stahlflachprodukts, da mit steigendem r-Wert die Neigung zum Ausdünnen beim Tiefziehen
verringert wird und damit einhergehend stärkere Tiefziehgrade ermöglicht werden. Es
bestände sonst die Gefahr von Bauteilversagen an der ausgedünnten Stelle.
[0015] Ein erfindungsgemäßes kaltgewalztes Stahlflachprodukt weist dabei nicht nur hohe
r-Werte auf, sondern erreicht auch eine Dehnung A50 von regelmäßig mehr als 18 %.
Unter optimalen Verarbeitungsbedingungen erzeugte erfindungsgemäße Stahlflachprodukte
weisen Dehnungen A50 von 25 % und mehr auf.
[0016] Gleichzeitig ist charakteristisch für das Gefüge eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts,
dass es vollständig ferritisch und weitestgehend frei von κ-Karbiden (Fe-Al-C-Karbide)
ist. Dementsprechend liegt der κ-Karbid-Gehalt eines erfindungsgemäße Stahlflachprodukts
bei 0 Vol.-% (vollständig κ-Karbid-freier Zustand) bis höchstens 0,1 Vol.-%. Durch
den minimierten κ-Karbid-Gehalt ist die Prozessierbarkeit des erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts
sicher gewährleistet.
[0017] Ein erfindungsgemäß zusammengesetztes Stahlflachprodukt zeichnet sich des Weiteren
dadurch aus, dass in seinem Gefüge die Körner globulitisch ausgeprägt sind. Dabei
beträgt das Verhältnis der Kornlänge in Walzrichtung zur Kornbreite in Querrichtung
des Bands in der Regel weniger als 1,5, insbesondere weniger als 1,2. D.h., die Länge
der Körner ist um maximal 50 %, insbesondere um höchstens 20 %, größer als ihre Breite.
[0018] Neben den Pflichtbestandteilen kann der erfindungsgemäße Stahl eine Vielzahl von
weiteren Legierungselementen enthalten, um bestimmte Eigenschaften einzustellen. Die
hierzu in Frage kommenden Elemente sind in der Gruppe "Mn, Si, Seltenerdmetall, Mo,
Cr, Zr, V, W, Co, Ni, B, Cu, Ca, N" zusammengefasst. Jedes dieser jeweils wahlweise
zugegebenen Legierungselemente kann im erfindungsgemäßen Stahl vorhanden sein oder
vollständig fehlen, wobei das jeweilige Element auch dann als "nicht vorhanden" anzusehen
ist, wenn es im erfindungsgemäßen Stahlflachprodukt in einer Menge präsent ist, in
der es unwirksam ist und daher den herstellungsbedingt unvermeidbaren Verunreinigungen
zuzurechnen ist.
[0019] Aluminium ist im erfindungsgemäßen Stahl in Gehalten von 6,5 - 12 Gew.-% vorhanden,
wobei Al-Gehalte von mehr als 6,8 Gew.-% im Hinblick auf die angestrebte Dichtereduktion
vorteilhaft sind. Typische Al-Gehalte erfindungsgemäßer Stahlflachprodukte liegen
im Bereich von 6,5 - 10 Gew.-%, insbesondere 6,8 - 9 Gew.-%. Durch die Anwesenheit
hoher Al-Gehalte ist die Dichte des Stahls verringert und seine Korrosions- und Oxidationsbeständigkeit
deutlich verbessert. Gleichzeitig erhöht A1 in diesen Gehalten die Zugfestigkeit.
Zu hohe Gehalte an A1 können jedoch zu einer Verschlechterung des Umformverhaltens
führen, die sich in einer Abnahme des r-Wertes ausdrückt. Um die negativen Auswirkungen
von A1 zu minimieren, ist daher der Al-Gehalt auf maximal 12 Gew.-% beschränkt. Ein
optimal ausgewogenes Verhältnis von verminderter Dichte und Verarbeitbarkeit stellt
sich ein, wenn im erfindungsgemäßen Stahl 6,5 - 10 Gew.-% Al, insbesondere mindestens
6,8 Gew.-% Al, vorhanden sind.
[0020] Der C-Gehalt ist in erfindungsgemäßem Stahl auf höchstens 0,1 Gew.-% beschränkt,
wobei C-Gehalte von 0,015 - 0,05 Gew.-%, insbesondere 0,008 - 0,05 Gew.-%, besonders
günstig sind. Oberhalb von 0,1 Gew.-% liegende C-Gehalte können die Bildung von unerwünschten
spröden Kappa-Karbiden ("κ-Karbiden") an den Korngrenzen und eine dadurch bedingte
Verminderung der Warm- und Kaltumformbarkeit verursachen.
[0021] Der Vermeidung der Entstehung von κ-Karbiden (Fe-Al-C-Verbindungen) kommt beim erfindungsgemäßen
Stahl eine besondere Bedeutung zu. κ-Karbide bilden sich bei der Verarbeitung von
gattungsgemäßen Stählen frühzeitig während der Warmverarbeitung bei hohen Temperaturen
auf den Korngrenzen und bewirken eine Versprödung des Materials. Durch die im Rahmen
der erfindungsgemäßen Vorgaben erfolgende Zugabe karbidbildender Legierungselemente
wird ein möglichst geringer freier C-Gehalt eingestellt und so die Entstehung von
κ-Karbiden weitgehend unterbunden.
[0022] Im erfindungsgemäßen Stahl sind zu diesem Zweck an erster Stelle 0,15 - 0,5 Gew.-%
Ti und 0,1 - 0,2 Gew.-% Nb vorhanden. Dabei lässt sich die Wirkung von Titan dann
besonders betriebssicher nutzen, wenn der Ti-Gehalt 0,15 - 0,3 Gew.-% beträgt. Entsprechendes
gilt für Niob, wenn Nb in Gehalten von 0,1 - 0,15 Gew.-% im erfindungsgemäßen Stahl
vorhanden ist. Gleichzeitig müssen die jeweiligen Ti- und Nb-Gehalte so eingestellt
sein, dass sie die erfindungsgemäß für das Verhältnis dieser Gehalte vorgegebene Bedingung
erfüllen. Ti- und Nb-Gehalte, die diese Vorgaben erfüllen, bewirken im erfindungsgemäßen
Stahl die Bildung von feindispers verteilten Ti- und Nb-Karbiden, die die Ausbildung
eines feinen, die Verformbarkeit des Stahlflachprodukts unterstützenden Gefüges fördern.
Gleichzeitig wird freier Kohlenstoff gebunden, der andernfalls zur Entstehung von
die Verformbarkeit behindernden, die Gefahr von Versprödung mit sich bringenden Fe-Al-C-Karbiden
führen könnte. Bei zu hohen Gehalten an Ti und Nb können sich allerdings unerwünschte
Ausscheidungen dieser Elemente im Stahl bilden, die eine Abnahme der Zähigkeit und
Verformbarkeit bewirken könnten.
[0023] V, Zr und W sind ebenfalls effektive Karbidbildner und können in Gehalten von jeweils
bis zu 1 Gew.-% die Wirkung der erfindungsgemäß vorgesehenen Pflichtgehalte an Nb
und Ti ergänzen. Besonders zielgerichtet lässt sich die Wirkung von V, Zr und W dann
nutzen, wenn ihr Gehalt jeweils auf bis zu 0,5 Gew.-%, insbesondere 0,3 Gew.-%, beschränkt
ist.
[0024] Durch die Zugabe von Mn in Gehalten von bis zu 1 Gew.-%, insbesondere bis zu 0,5
Gew.-%, kann die Warmformbarkeit und Schweißbarkeit des erfindungsgemäßen Stahls verbessert
werden. Darüber hinaus unterstützt Mn bei der Erschmelzung die Desoxidation und trägt
zu einer Erhöhung der Festigkeit des Stahls bei. Diese positiven Wirkungen von Mn
können besonders effektiv genutzt werden, wenn der Mn-Gehalt 0,05 - 0,5 Gew.-% beträgt.
[0025] Mo kann in Gehalten von jeweils bis zu 1 Gew.-% im erfindungsgemäßen Stahl enthalten
sein. Mo bildet ebenfalls Karbide und trägt zur Erhöhung der Zugfestigkeit, Kriechbeständigkeit
und Ermüdungsfestigkeit eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts bei. Die von Mo
mit C gebildeten Karbide sind besonders fein und verbessern so die Feinheit des Gefüges
des erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts. Hohe Gehalte an Mo verschlechtern jedoch
die Warm- und Kaltumformbarkeit. Um dies besonders sicher zu vermeiden, kann der optional
vorhandene Mo-Gehalt eines erfindungsgemäßen Stahls auf 0,5 Gew.-% beschränkt werden.
[0026] Um negative Einflüsse von Schwefel und Phosphor auf die Eigenschaften des erfindungsgemäß
verarbeiteten Stahls zu vermeiden, sind der S-Gehalt auf maximal 0,03 Gew.-%, bevorzugt
maximal 0,01 Gew.-%, und der P-Gehalt auf maximal 0,1 Gew.-%, bevorzugt maximal 0,05
Gew.-%, beschränkt.
[0027] Der N-Gehalt des erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts ist auf höchstens 0,1 Gew.-%,
insbesondere höchstens 0,02 Gew.-%, bevorzugt höchstens 0,001 Gew.-%, beschränkt,
um die Bildung größerer Mengen von Al-Nitriden zu vermeiden. Diese würden die mechanischen
Eigenschaften verschlechtern.
[0028] Die Anwesenheit von Seltenerdmetallen in Gehalten von bis zu 0,2 Gew.-% trägt zu
einer verbesserten Beständigkeit gegen Oxidation und zu einer erhöhten Festigkeit
eines erfindungsgemäßen Stahlflachprodukts bei. Gleichzeitig wirken Gehalte an Seltenerdmetallen
entschwefelnd sowie desoxidierend. Die vom jeweiligen Seltenerdmetall gebildeten Oxide
wirken zudem kornfeinend und fördern eine positive Texturauslese für verbesserte technologische
Eigenschaften. Als Seltenerdmetalle eignen sich besonders Ce und La. Besonders zielgerichtet
lassen sich die positiven Einflüsse von Seltenerdmetallen im erfindungsgemäßen Stahl
nutzen, wenn die Gehalte an Seltenerdmetallen im Bereich von bis zu 0,05 Gew.-% liegen.
[0029] Grundsätzlich tragen die durch die Anwesenheit von einem oder mehreren der Elemente
Ti, Nb, V, Zr, W, Mo jeweils gebildeten Karbide zur Steigerung der Festigkeit des
erfindungsgemäßen Stahls bei.
[0030] Si in Gehalten von bis zu 2 Gew.-%, insbesondere bis zu 0,5 Gew.-%, unterstützt bei
der Erschmelzung ebenfalls die Desoxidation und erhöht die Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit
des erfindungsgemäßen Stahls. Bei zu hohen Gehalten werden durch die Anwesenheit von
Si allerdings die Duktilität des Stahls und seine Schweißeignung verringert. Typische
Si-Gehalte erfindungsgemäßer Stähle liegen im Bereich von 0,1 - 0,5 Gew.-%, insbesondere
0,1 - 0,2 Gew.-%.
[0031] Auch durch die Zugabe von Cr in Gehalten von bis zu 3 Gew.-% kann in erfindungsgemäßem
Stahl vorhandener Kohlenstoff zu Karbiden abgebunden werden. Gleichzeitig erhöht die
Anwesenheit von Cr die Korrosionsbeständigkeit. Besonders zielsicher werden die vorteilhaften
Eigenschaften von Cr im erfindungsgemäßen Stahl dann erreicht, wenn Cr in Gehalten
von bis zu 1 Gew.-%, insbesondere bis zu 0,5 Gew.-%, vorhanden ist.
[0032] Um eine Erhöhung der Rekristallisationstemperatur zu vermeiden, ist der Co-Gehalt
des erfindungsgemäßen Stahls auf max. 1 Gew.-%, insbesondere max. 0,5 Gew.-%, bevorzugt
max. 0,3 Gew.-%, beschränkt.
[0033] Nickel in Gehalten von bis zu 2 Gew.-%, insbesondere 1 Gew.-%, trägt in erfindungsgemäßem
Stahl ebenfalls zur Erhöhung der Festigkeit und Zähigkeit bei. Darüber hinaus verbessert
Ni die Korrosionsbeständigkeit und verringert den Anteil an primärem Ferrit im Gefüge
des erfindungsgemäßen Stahls. Besonders praxisgerecht lässt sich Ni im erfindungsgemäßen
Stahl bei Gehalten von bis zu 0,5 Gew.-% nutzen.
[0034] Die Zugabe von B kann ebenfalls zur Ausbildung eines feinen, die Verformbarkeit des
erfindungsgemäßen Stahls begünstigenden Gefüges führen. Zu hohe Gehalte an B können
jedoch die Kaltumformbarkeit und die Oxidationsbeständigkeit beeinträchtigen. Daher
ist der B-Gehalt des erfindungsgemäßen Stahls auf 0,1 Gew.-%, insbesondere bis zu
0,01 Gew.-%, bevorzugt 0,005 Gew.-%, beschränkt.
[0035] Cu in Gehalten von bis zu 3 Gew.-% verbessert im erfindungsgemäßen Stahl die Korrosionsbeständigkeit,
kann aber bei höheren Gehalten auch die Warmumformbarkeit und Schweißbarkeit verschlechtern.
Sofern vorhanden, ist daher der Cu-Gehalt bei einer praxisgerechten Ausgestaltung
der Erfindung auf höchstens 1 Gew.-%, insbesondere 0,5 Gew.-%, beschränkt.
[0036] Ca in Gehalten von bis zu 0,015 Gew.-%, insbesondere 0,005 Gew.-% oder 0,003 Gew.-%,
bindet im erfindungsgemäßen Stahl Schwefel, welcher die Korrosionsbeständigkeit vermindern
könnte.
[0037] Bei der Erzeugung eines erfindungsgemäßen kaltgewalzten Stahlflachprodukts werden
erfindungsgemäß folgende Arbeitsschritte durchlaufen:
- Erschmelzen einer entsprechend den voranstehend erläuterten Maßgaben erfindungsgemäß
zusammengesetzten Stahlschmelze.
- Vergießen der Stahlschmelze zu einem Vorprodukt, wie einem Block, einer Bramme, einer
Dünnbramme oder einem gegossenen Band. Hier hat sich insbesondere das Vergießen zu
einem endabmessungsnah gegossenen Band als vorteilhaft herausgestellt. Das endabmessungsnahe
Gießen kann dabei durch Einsatz von an sich zu diesem Zweck bekannten konventionellen
Gießeinrichtungen erfolgen. Hierzu zählt z. B. die "Zwei-Rollen-Bandgießmaschine".
Da dieses Verfahren mit einer mitlaufenden Kokille operiert, besteht keine Relativbewegung
zwischen Kokille und erstarrender Bandschale. Auf diese Weise können diese Verfahren
ohne Gießpulver arbeiten und sind daher grundsätzlich gut geeignet, das Vormaterial
für die Herstellung von erfindungsgemäßen Stahlflachprodukten zu erzeugen. Beim Bandgießen
ebenfalls positiv wirkt sich aus, dass das gegossene Band bis zu seiner Abkühlung
allenfalls geringen mechanischen Spannungen ausgesetzt ist, so dass die Gefahr der
Entstehung von Rissen im Hochtemperaturbereich minimiert ist.
[0038] Beim Erschmelzen der erfindungsgemäß vergossenen Stahlschmelze sollte zwischen der
letzten Legierungszugabe und dem Abguss jeweils eine Wartezeit von mindestens etwa
15 Minuten vergehen, um eine gute Durchmischung der Stahlschmelze zu gewährleisten.
Typische Abgusstemperaturen liegen im Bereich von etwa 1590 °C.
[0039] Anhand praktischer Versuche konnte gezeigt werden, dass sich erfindungsgemäße Stähle
auch zu Blöcken vergießen lassen, die dann durch Vorblocken zu Brammen ausgewalzt
werden.
- Das Vorprodukt wird erforderlichenfalls auf eine 1000 - 1300 °C betragende Vorwärmtemperatur
gebracht oder in diesem Temperaturbereich gehalten, wobei sich hier Vorwärmtemperaturen
von 1200 - 1300 °C, insbesondere 1200 - 1280 °C, als besonders praxisgerecht erwiesen
haben. Im Fall, dass das Vorprodukt eine Bramme ist, beträgt die Dauer, über die diese
Vorerwärmung abläuft, beispielsweise 120 - 240 Minuten.
- Das Vorprodukt wird, gegebenenfalls nach der optional durchgeführten Erwärmung auf
die Vorwärmtemperatur, zu einem Warmband warmgewalzt, wobei die Walzendtemperatur
mehr als 820 °C, insbesondere mehr als 850 °C, betragen soll und in der Praxis Warmwalzendtemperaturen
von 830 - 960 °C eingestellt werden. Bei praktischen Versuchen haben sich im Bereich
von 840 - 880 °C liegende Warmwalzendtemperaturen als besonders günstig herausgestellt.
- Das erhaltene Warmband wird zu einem Coil gehaspelt, wobei die Haspeltemperatur bis
zu 750 °C, insbesondere bis zu 650 °C, betragen kann. In der Praxis werden typischerweise
Haspeltemperaturen von 450 - 750 °C, insbesondere 500 °C +/- 20 °C, eingestellt. Das
so erhaltene Warmband hat eine mittlere Ferritkornlänge im Bandkern, die in Bandrichtung
gemessen größer 100 µm ist.
- Nach dem Haspeln wird das Warmband geglüht. Diese Glühung ist von besonderer Bedeutung
für die Eigenschaften des erfindungsgemäß erzeugten Stahlflachprodukts. Die Warmbandglühung
wird bei einer oberhalb von 650 °C liegenden, bis 1200 °C reichenden, insbesondere
700 - 900 °C betragenden Glühtemperatur durchgeführt. Glühtemperaturen von etwa 850
°C, insbesondere 850 °C +/-20 °C, haben sich dabei als besonders praxisgerecht erwiesen.
Die hierfür vorgesehenen Glühzeiten betragen bei dieser üblicherweise als Haubenglühung
durchgeführten Glühung typischerweise 1 - 50 h.
[0040] In Folge der in dem erfindungsgemäß vorgegebenen Temperaturbereich durchgeführten
Glühung lässt sich das Warmband trotz seiner hohen Al-Gehalte kaltwalzen, ohne dass
starke Kantenrisse oder gar Bandrisse auftreten. Die Warmbandglühung dient dabei der
Erzeugung eines ausreichend erholten Bandkernbereichs, der Absenkung des Kaltwalzwiderstands
und der Erhöhung des maximal erreichbaren Kaltwalzgrades. Eine durch die Warmbandglühung
bewirkte Texturauslese und ein hoher Kaltverformungsgrad fördern die Ausbildung einer
geeigneten Kaltbandtextur mit dem gewünschten Eigenschaftsprofil. Für die Warmbandglühung
ist dabei insbesondere der Haubenglühprozess mit nach Maßgabe der voranstehend erläuterten
Varianten eingestellten Spitzentemperaturen oberhalb von 650 °C geeignet.
- Erforderlichenfalls kann nach dem Glühen ein Beizen des Warmbands durchgeführt werden,
um auf dem Warmband haftende Rückstände zu entfernen.
- Das geglühte und optional gebeizte Warmband wird dann zu einem kaltgewalzten Stahlflachprodukt
kaltgewalzt. Das Kaltwalzen kann in einer Stufe oder zweistufig erfolgen. Beim zweistufigen
Kaltwalzen kann in an sich bekannter Weise zwischen den Kaltwalzstufen eine Zwischenglühung
durchgeführt werden. Durch zweistufiges Kaltwalzen mit Zwischenglühung wird eine positive
Texturauslese gefördert.
[0041] In jedem Fall wird beim Kaltwalzen die vor dem Ende des Kaltwalzens absolvierte Walzstufe
mit einem möglichst hohen Kaltverformungsgrad durchgeführt. Im Fall eines einstufigen
Kaltwalzens bedeutet dies, dass das Warmband mit einem Kaltwalzgrad von mindestens
65 % kaltgewalzt wird, bzw. beim zwei- und mehrstufigen Kaltwalzen nach der Zwischenglühung
ein Kaltwalzgrad von ebenfalls mindestens 65 % erreicht wird. Um optimale Walzergebnisse
zu erhalten, kann dabei das zweistufige Kaltwalzen so durchgeführt werden, dass der
Kaltwalzgrad in der ersten Stufe mindestens 40 % und der letzten Stufe mindestens
65 %, insbesondere mehr als 70 %, beispielsweise mindestens 80 %, beträgt.
[0042] Der hohe Kaltwalzgrad von mindestens 65 % in der jeweils letzten Kaltwalzstufe fördert
die Ausbildung einer geeigneten Kaltbandtextur. Der Effekt ist bei den in erfindungsgemäßer
Weise legierten Ti/Nb-legierten Materialien besonders ausgeprägt.
- Nach dem Kaltwalzen wird das erhaltene Kaltband einer Glühung unterzogen, die im kontinuierlichen
Glühprozess oder batchweise als Haubenglühung ausgeführt wird. Sowohl die Schlussglühung
als auch die optional beim Kaltwalzen durchgeführten Zwischenglühungen können in konventioneller
Weise bei Temperaturen und Glühdauern durchgeführt werden, die an sich bekannt sind.
Bei der abschließenden Schlussglühung des Kaltbandes bildet sich ein Material mit
rekristallisierter Mikrostruktur und vorteilhafter Textur aus. Die erhaltene Textur
ist gekennzeichnet durch eine geringe Belegung der α-Fasern von weniger als 4 und
einer starken Belegung der γ-Fasern von mehr als 4, was zu r-Werten größer 1,3 führt.
Die jeweilige Glühung des kaltgewaltzen Bandes kann in im kontinuierlichen Durchlauf
durchlaufenen Glühanlagen mit Glühtemperaturen von 750 - 850 °C über eine typische
Dauer von 1 - 20 min erfolgen, wobei sich Glühtemperaturen von mehr als 780 °C, insbesondere
800 - 850 °C, und eine Glühdauer von 2 - 5 min als besonders praxisgerecht erwiesen
haben. Alternativ kann die jeweilige Glühung auch in einer Haubenglühanlage durchgeführt
werden, bei der die Glühtemperatur mehr als 650 °C, insbesondere 650 - 850 °C, und
die Glühdauer 1 - 50 h beträgt. In der Praxis haben sich für das Haubenglühen Glühtemperaturen
von 700 - 800 °C und eine Glühdauer von 1 - 30 h besonders bewährt.
- Optional kann das erhaltene Kaltband beispielsweise zur Verbesserung seiner Korrosionsbeständigkeit
mit einer metallischen Schutzschicht belegt werden, die beispielsweise auf A1 oder
Zn basiert. Hierzu eignen sich die an sich bekannten Beschichtungsverfahren.
[0043] Zur Erprobung der Erfindung sind drei erfindungsgemäße Schmelzen E1,E2,E3 und zwei
Vergleichsschmelzen V1,V2 erschmolzen worden, deren Zusammensetzungen in Tabelle 1
angegeben sind.
[0044] Die Stahlschmelzen E1 und E2 sind zu Vorprodukten in Form von Blöcken vergossen worden.
Die Blöcke sind dann über eine Vorwärmdauer von jeweils zwei Stunden auf eine Vorwärmtemperatur
VWT durcherwärmt und zu Brammen vorgeblockt worden.
[0045] Anschließend sind die durcherwärmten Brammen bei einer Warmwalzendtemperatur WET
zu einem Warmband warmgewalzt und das erhaltene Warmband bei einer Haspeltemperatur
HT jeweils zu einem Coil gewickelt worden.
[0046] Aus der Stahlschmelze E3 ist über eine Zwei-Rollen-Bandgießanlage als Vorprodukt
ein gegossenes Band erzeugt worden, das anschließend ebenfalls zu einem Warmband mit
einer Warmwalzendtemperatur WET warmgewalzt worden ist. Die Verarbeitung zum Warmband
erfolgte in einer kontinuierlichen Prozessfolge unterbrechungsfrei im Anschluss an
das Bandgießen, so dass das Vorprodukt bei Eintritt in die Warmwalzeinrichtung bereits
eine im Bereich der erfindungsgemäß vorgegebenen Vorwärmtemperaturen liegende Temperatur
aufwies und die Vorerwärmung entfallen konnte. Auch das aus dem Stahl E3 erzeugte
Warmband ist nach dem Warmwalzen bei einer Haspeltemperatur HT zu einem Coil gehaspelt
worden.
[0047] Nach dem Haspeln sind die jeweils erzeugten Warmbänder, soweit in Tabelle 2 nicht
anders angegeben, bei einer Glühtemperatur GT über eine Glühdauer von jeweils acht
Stunden einer Glühung in einer Haubenglühanlage unterzogen worden.
[0048] Die so geglühten Warmbänder sind in einer oder in zwei Stufen mit Kaltwalzgraden
KWG1 (Kaltwalzgrad der ersten Kaltwalzstufe) und KWG2 (Kaltwalzgrad der jeweiligen
zweiten Kaltwalzstufe) jeweils zu einem kaltgewalzten Stahlband kaltgewalzt worden.
Sofern zweistufig kaltgewalzt worden ist, ist zwischen den Kaltwalzstufen jeweils
eine Zwischenglühung bei einer Zwischenglühtemperatur ZGT durchgeführt worden. Nach
dem Kaltwalzen haben die kaltgewalzten Stahlflachprodukte eine Schlussglühung bei
einer Glühtemperatur SGT durchlaufen. Die Zwischenglühung und die Schlussglühung sind
jeweils im kontinuierlichen Durchlauf absolviert worden.
[0049] Die jeweilige Vorwärmtemperatur VWT, Warmwalzendtemperatur WET, Haspeltemperatur
HT, Glühtemperatur GT, der jeweilige Kaltwalzgrad KWG1, KWG2, sowie die jeweilige
Zwischenglühtemperatur ZGT und Schlussglühtemperatur SGT, sind in Tabelle 2 angegeben.
[0050] Die an den so erzeugten kaltgewalzten Stahlbändern ermittelten mechanischen Eigenschaften
"Streckgrenze Rp0,2", "Zugfestigkeit Rm", "Dehnung A50", "r-Wert r" und "n-Wert n"
sind in Tabelle 3 angegeben. Alle mechanischtechnologischen Kennwerte wurden in Querrichtung
ermittelt. Zusätzlich sind in Tabelle 3die Maximalwerte der Belegung der α- und γ-Fasern
angegeben.
[0051] Es zeigt sich, dass die aus den erfindungsgemäß zusammengesetzten Stählen E1 und
E2 in erfindungsgemäßer Weise erzeugten kaltgewalzten Stahlbänder Streckgrenzen, die
regelmäßig größer 300 MPa, insbesondere größer 320 MPa sind, und dabei Werte von 380
MPa und mehr erreichen, und Zugfestigkeiten, die regelmäßig größer 460 MPa, insbesondere
größer 480 MPa sind, und dabei Werte von 530 MPa und mehr erreichen, sowie Dehnungswerte
A50 von mindestens 18 % aufweisen, die regelmäßig mehr als 21 % erreichen, insbesondere
größer 25 % sind, und dabei stets r-Werte von 1,3 oder größer besitzen.
[0052] Nicht erfindungsgemäß zusammengesetzte kaltgewalzte Stahlbänder erreichen solche
r-Werte selbst dann nicht, wenn diese Stahlbänder unter Berücksichtigung von Herstellparametern
erzeugt worden sind, die eng angelehnt sind an die Parameter, die bei der Erzeugung
der erfindungsgemäßen kaltgewalzten Stahlflachprodukte eingestellt worden sind. Auch
erfindungsgemäß zusammengesetzte, jedoch nicht erfindungsgemäß verarbeitete Stahlflachprodukte
erreichen die Eigenschaften von erfindungsgemäß hergestellten Stahlflachprodukten
nicht oder lassen sich nicht einmal kaltwalzen.
[0053] Die erfindungsgemäß erzeugten Stahlbänder weisen dementsprechend trotz ihrer hohen
Al-Gehalte eine überlegene Tiefzieheignung auf, ohne dass dazu aufwendige legierungs-
oder verfahrenstechnische Maßnahmen erforderlich sind.
[0054] Ein Stahlflachprodukt mit optimalen Verformungseigenschaften (r ≈ 2, n ≈ 0,2, A50
≈ 30 %) wird durch eine Kombination aus erfindungsgemäßer Legierung, hohem Kaltverformungsgrad
und niedriger Warmwalztemperatur (ca. 850 °C) erreicht.
[0055] Die aus den erfindungsgemäßen Stählen in erfindungsgemäßer Weise erzeugten kaltgewalzten
Stahlbänder enthalten neben einer Fe(Al)-Mischkristallmatrix lokal auftretende härtende
Vorordnungsphase. Bei gängigen Warmwalzparametern wird im vollferritischen Phasengebiet
gewalzt und man erhält Warmband mit typischen dreischichtigen Gefügeaufbau, der wiederum
durch rekristallisierte globulitische Randbereiche und den nur erholten Kernbereich
mit Stengelkristallen gekennzeichnet ist. Die erfindungsgemäß durchgeführte Warmbandglühung
baut die Versetzungsdichte im erholten Bereich ab und erleichtert ein nachfolgendes
Kaltwalzprozessing. Ohne die Warmbandglühung ist die Alpha-Faserntexturkomponente
stark, mit Warmbandglühung dagegen schwach ausgeprägt. Ein niedriger maximaler Kaltwalzgrad
von bis zu 50 % führt zu schwachen Gamma-Fasertexturkomponenten, ein einstufiges Kaltwalzen
mit einem hohen Kaltwalzgrad von mindestens 65 %, insbesondere mindestens 80 %, oder
ein zweistufig durchgeführtes Kaltwalzen mit entsprechend hoher Verformung in der
letzten Walzstufe führen dagegen zu einer starken Gamma-Faserkomponente. Diese Abhängigkeiten
sind stärker ausgeprägt bei niedrigeren Warmwalzendtemperaturen, die im Bereich von
830 - 960 °C, insbesondere 840 - 880 °C, liegen.
[0056] Das Verformungsverhalten des erhaltenen kaltgewalzten Stahlflachprodukts wird von
der Textur maßgeblich beeinflusst. Hohe r- und n-Werte sowie eine hohe Bruchdehnung
A50 treten besonders dann auf, wenn die Gamma-Fastertexturkomponente über die Alpha-Fasertexturkomponente
dominiert. Eine im erfindungsgemäßen Rahmen liegende Kombination der Nb- und Ti-Gehalte,
die erfindungsgemäß vorgegebene Warmbandglühung sowie die erfindungsgemäß vorgesehenen
Parameter des Kaltwalzens gewährleisten, dass dieses Ziel erreicht wird.
Tabelle 1
|
C |
Si |
Mn |
P |
S |
Cr |
Mo |
Ni |
Al |
N |
Ti |
Nb |
V |
%Ti/%Mb |
E1 |
0,018 |
0,09 |
0,08 |
0,006 |
0,003 |
0,04 |
0,00 |
0,03 |
7,1 |
0,0048 |
0,180 |
0,100 |
0,004 |
1,8 |
E2 |
0,017 |
0,11 |
0,09 |
0,005 |
0,003 |
0,09 |
0,00 |
0,03 |
8,5 |
0,0039 |
0,210 |
0,110 |
0,003 |
1,91 |
E3 |
0,012 |
0,33 |
0,21 |
0,010 |
0,003 |
1,11 |
0,04 |
0,35 |
6,93 |
0,0020 |
0,262 |
0,120 |
0,010 |
2,18 |
V1 |
0,007 |
0,18 |
0,09 |
0,050 |
0,003 |
0,03 |
0,01 |
0,03 |
7,2 |
0,0056 |
0,060 |
0,002 |
0,003 |
30 |
V2 |
0,006 |
0,15 |
0,11 |
0,006 |
0,002 |
0,03 |
0,00 |
0,05 |
9,7 |
0,0051 |
0,070 |
0,004 |
0,004 |
17,5 |
Gehaltsangaben in Gew.-%, Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen |
Tabelle 2
Stahl |
VWT [°C] |
WET [°C] |
HT [°C] |
GT [°C] |
KWG1 [%] |
ZGT [°C] |
KWG2 [%] |
SGT [°C] |
Erfindungsgemäß? |
E1 |
1250 |
850 |
500 |
- |
Nicht rissfrei kaltwalzbar |
NEIN |
E1 |
1250 |
850 |
500 |
850 |
50 |
- |
- |
830 |
NEIN |
E1 |
1250 |
860 |
500 |
850 |
50 |
830 |
70 |
830 |
JA |
E1 |
1250 |
870 |
500 |
850 |
80 |
- |
- |
830 |
JA |
E1 |
1250 |
955 |
700 |
- |
50 |
- |
- |
830 |
NEIN |
E1 |
1250 |
940 |
700 |
850 |
50 |
- |
- |
830 |
NEIN |
E1 |
1250 |
940 |
700 |
- |
50 |
830 |
70 |
830 |
NEIN |
E1 |
1250 |
935 |
700 |
850 |
50 |
830 |
70 |
830 |
JA |
E1 |
1250 |
930 |
700 |
- |
80 |
- |
- |
830 |
NEIN |
E1 |
1250 |
955 |
700 |
850 |
80 |
- |
- |
830 |
JA |
E2 |
1250 |
880 |
500 |
- |
Nicht rissfrei kaltwalzbar |
|
E2 |
1250 |
880 |
500 |
850 |
80 |
|
|
830 |
JA |
E2 |
1250 |
870 |
700 |
850 |
50 |
830 |
70 |
830 |
JA |
E3 |
- |
860 |
600 |
850 |
80 |
- |
- |
830 |
JA |
V1 |
1250 |
930 |
700 |
- |
Nicht rissfrei kaltwalzbar |
NEIN |
V1 |
1250 |
930 |
700 |
850 |
80 |
- |
- |
830 |
NEIN |
V2 |
1250 |
980 |
700 |
850 |
Nicht rissfrei kaltwalzbar |
NEIN |
Tabelle 3
Stahl |
Mechanisch-technologische Eigenschaften |
Maximalwert Texturkomponente (S=0,1) |
Erfindungsgemäß? |
Rp0,2 [MPa] |
Rm [MPa] |
A50 [%] |
r |
n |
α-Faser |
y-Faser {111}<011> {111}<112> |
E1 |
Nicht rissfrei kaltwalzbar |
NEIN |
E1 |
353 |
507 |
28,0 |
0,48 |
0,17 |
4 |
4 |
NEIN |
E1 |
346 |
502 |
27,0 |
1,36 |
0,18 |
3 |
6 |
JA |
E1 |
329 |
488 |
29,5 |
2,05 |
0,19 |
1 |
5 |
JA |
E1 |
421 |
521 |
19,0 |
0,8 |
0,13 |
12 |
2 |
NEIN |
E1 |
368 |
503 |
19,9 |
0,86 |
0,15 |
2 |
1,5 |
NEIN |
E1 |
363 |
523 |
21,9 |
1,03 |
0,17 |
12 |
6 |
NEIN |
E1 |
324 |
471 |
18,9 |
1,73 |
0,19 |
2 |
4 |
JA |
E1 |
373 |
529 |
23,4 |
1,09 |
0,17 |
8 |
5 |
NEIN |
E1 |
325 |
461 |
21,1 |
1,70 |
0,17 |
3 |
5 |
JA |
E1 |
Nicht rissfrei kaltwalzbar |
NEIN |
E2 |
406 |
556 |
18,3 |
1,93 |
0,17 |
2 |
5 |
JA |
E2 |
391 |
537 |
21,8 |
1,56 |
0,14 |
3 |
5 |
JA |
E3 |
451 |
588 |
18,2 |
1,71 |
0,18 |
1 |
5 |
JA |
V1 |
Nicht rissfrei kaltwalzbar |
NEIN |
V1 |
408 |
532 |
22,0 |
0,72 |
0,15 |
9 |
2 |
NEIN |
V2 |
Nicht rissfrei kaltwalzbar |
NEIN |
1. Kaltgewalztes Stahlflachprodukt für Tiefziehanwendungen,
- bestehend aus einem Stahl, der neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen (in
Gew.-%)
C: 0,008 - 0,1 %,
Al: 6,5 - 12 %,
Nb: 0,1 - 0,2 %,
Ti: 0,15 - 0,5 %,
P: bis zu 0,1 %,
S: bis zu 0,03 %,
N: bis zu 0,1 %
sowie optional eines oder mehrere Elemente aus der Gruppe "Mn, Si, Seltenerdmetalle,
Mo, Cr, Zr, V, W, Co, Ni, B, Cu, Ca, N" mit der Maßgabe enthält,
Mn: bis zu 1 %,
Seltenerdmetalle: bis zu 0,2 %,
Si: bis zu 2 %,
Zr: bis zu 1 %,
V: bis zu 1 %,
W: bis zu 1 %,
Mo: bis zu 1 %,
Cr: bis zu 3 %,
Co: bis zu 1 %,
Ni: bis zu 2 %,
B: bis zu 0,1 %,
Cu: bis zu 3 %,
Ca: bis zu 0,015 %,
- wobei für das Verhältnis %Ti/%Nb des Ti-Gehalts %Ti und des Nb-Gehalts %Nb gilt
2,5 ≥ %Ti/%Nb ≥ 1,5.
2. Stahlflachprodukt nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sein Al-Gehalt 6,5 - 10 Gew.-% beträgt.
3. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein Al-Gehalt mehr als 6,8 Gew.-% beträgt.
4. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein C-Gehalt höchstens 0,05 Gew.-% beträgt.
5. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein Nb-Gehalt 0,1 - 0,15 Gew.-% beträgt.
6. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass die sein Ti-Gehalt 0,15 - 0,3 Gew.-% beträgt.
7. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein Gefüge 0 bis 0,1 Vol.-% κ-Karbide enthält.
8. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass sein r-Wert mindestens 1,3 beträgt.
9. Stahlflachprodukt nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass in seinem Gefüge die Körner ein Verhältnis der Kornlängen in Walzrichtung zur Kornbreite
in Querrichtung des Stahlflachprodukts < 1,5 aufweisen.
10. Verfahren zum Erzeugen eines kaltgewalzten, für Tiefziehanwendungen vorgesehenen Stahlflachprodukts
umfassend folgende Arbeitsschritte
- Erschmelzen einer Stahlschmelze, die neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen
(in Gew.-%) C: 0,008 - 0,1 %,
Al: 6, 5 - 12 %,
Nb: 0,1 - 0,2 %,
Ti: 0,15 - 0,5 %,
P: bis zu 0,1 %,
S: bis zu 0,03 %,
N: bis zu 0,1 %
sowie optional eines oder mehrere Elemente aus der Gruppe "Mn, Si, Seltenerdmetalle,
Mo, Cr, Zr, V, W, Co, Ni, B, Cu, Ca, N" mit der Maßgabe enthält,
Mn: bis zu 1 %,
Seltenerdmetalle: bis zu 0,2 %,
Si: bis zu 2 %,
Zr: bis zu 1 %,
V: bis zu 1 %,
W: bis zu 1 %,
Mo: bis zu 1 %,
Cr: bis zu 3 %,
Co: bis zu 1 %,
Ni: bis zu 2 %,
B: bis zu 0,1 %,
Cu: bis zu 3 %,
Ca: bis zu 0,015 %,
- wobei für das Verhältnis %Ti/%Nb des Ti-Gehalts %Ti und des Nb-Gehalts %Nb gilt
2,5 ≥ %Ti/%Nb ≥ 1,5;
- Vergießen der Stahlschmelze zu einem Vorprodukt;
- optional Durcherwärmen oder Halten des Vorprodukts auf eine 1000 - 1300 °C betragende
Vorwärmtemperatur;
- Warmwalzen des Vorprodukts zu einem Warmband, wobei die Warmwalzendtemperatur 820
- 1000 °C beträgt;
- Haspeln des Warmbands zu einem Coil, wobei die Haspeltemperatur im Bereich der Raumtemperatur
bis 750 °C liegt;
- Glühen des Warmbands bei einer mehr als 650 °C und bis zu 1200 °C betragenden Glühtemperatur
über eine Glühdauer von 1 - 50 h;
- optional Beizen des Warmbands;
- Kaltwalzen des geglühten und optional gebeizten Warmbands zu einem kaltgewalzten
Stahlflachprodukt in ein oder mehr Stufen mit einem Gesamt-Kaltwalzgrad von mindestens
65 %;
- Schlussglühen des kaltgewalzten Stahlflachprodukts bei einer 650 - 850 °C betragenden
Schlussglühtemperatur.
11. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass das Vorprodukt ein gegossenes Band ist.
12. Verfahren nach Anspruch 10 oder 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Warmwalzendtemperatur 830 - 960 °C beträgt.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 12,
dadurch gekennzeichnet, dass die Haspeltemperatur 450 - 750 °C beträgt.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 13,
dadurch gekennzeichnet, dass das Warmbandglühen als Haubenglühen durchgeführt wird.
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 13,
dadurch gekennzeichnet, dass das Kaltwalzen zwei- oder mehrstufig durchgeführt wird und zwischen den Stufen des
Kaltwalzens eine Zwischenglühung erfolgt.