(19)
(11) EP 2 821 543 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.01.2015  Patentblatt  2015/02

(21) Anmeldenummer: 14174101.7

(22) Anmeldetag:  26.06.2014
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
D06M 11/74(2006.01)
B65D 90/04(2006.01)
D06M 23/06(2006.01)
B60K 15/03(2006.01)
D06M 15/256(2006.01)
D06M 23/10(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 04.07.2013 CH 12052013

(71) Anmelder: Cortex Hümbelin AG
5102 Rupperswil (CH)

(72) Erfinder:
  • Nüesch, Walter
    9212 Arnegg (CH)

(74) Vertreter: Schneider Feldmann AG Patent- und Markenanwälte 
Beethovenstrasse 49 Postfach 2792
8022 Zürich
8022 Zürich (CH)

   


(54) Kunstfaser und -gewebe, Herstellungsverfahren und Verwendung als Tank


(57) Es wird eine imprägnierte Kunstfaser, umfassend imprägnierte Poly(p-phenylen-2,6- benzobisoxazol)-Fasern (PBO-Fasern) vorgestellt. Diese PBO-Fasern weisen eine hohe Zugfestigkeit bei hoher Elastizität auf und sind aufgrund der Imprägnierung mit einer elastischen, chemikalienbeständigen und UV-beständigen Sperrschicht auch zur Herstellung von technischen Gummiartikeln und zur Bildung eines flexiblen Tanks für Treibstoffe, Öle oder Flüssigkeiten von Hydrauliksystemen, wie Bremsflüssigkeit geeignet.


Beschreibung

Technisches Gebiet



[0001] Die vorliegende Erfindung beschreibt Kunstfasern und Kunstfasergewebe, umfassend Poly(p-phenylen-2,6-benzobisoxazol)-Fasern (PBO-Fasern) und eine Beschichtung als Sperrschicht für Flüssigkeiten, Gase und UV-Strahlung, sowie die Imprägnierung von PBO-Fasern und/oder PBO-Fasergewebe und die Verwendung von imprägnierten PBO-Fasern und/oder PBO-Fasergewebe, sowie einen Tank für Treibstoffe, Öle oder Flüssigkeiten von Hydrauliksystemen, wie Bremsflüssigkeit mit flexiblen Wandungen.

Stand der Technik



[0002] Aus dem Stand der Technik gehen Kunstfasergewebe, beispielsweise in Form von Polyamidgeweben hervor, welche zur Herstellung von flexiblen Treibstoffbehältern und für Behälter zur Aufnahme von wässrigen oder organischen Lösungen einsetzbar sind. Durch Einsatz des Kunstfasergewebes sind daraus gebildete Behälter in gewissem Masse bruch- und aufprallsicher. Beschichtete Polyamidgewebe, beispielsweise aus Nylon sind sogar gegen Geschosse mit niedriger Energie und Geschwindigkeit kugelsicher.

[0003] Zur Verbesserung der Energieabsorptionsfähigkeit des Kunstfasergewebes und zur Verbesserung der Bruch- und Aufprallsicherheit des resultierenden Behälters wurde in der DE3015974 ein Kunstfasergewebe aus aromatischem Polyamid, als Aramid bezeichnet, verwendet, welches beispielsweise mit Elastomeren beschichtet ist.

[0004] Da die Aramidfaser eine grössere Energieabsorption als die Polyamidfaser, bei geringerem Gewicht und höherer Zugfestigkeit aufweist, sind hochfeste flexible Behälter daraus herstellbar, welche auch für Treibstofftanks in Autos sicher einsetzbar sind. Gemäss der DE3015974 ist das Aramidgewebe mindestens einseitig mit einer Kunststoffschicht beschichtet, welche elastomere Eigenschaften aufweist. Neben diversen Natur- oder Synthesekautschukarten werden bevorzugt Polyester oder Polyurethan bzw. auch Kombinationen daraus zur Beschichtung eingesetzt, welche eine Gummilage bilden.

[0005] Die Eigenschaften der Aramidfasern haben zu flexiblen, leichten, hochfesten und bruchsicheren Aramidgeweben geführt. Durch die Gummilage konnte die Elastizität, Reissfestigkeit und die Druckverformungsresistenz nahezu unbeeinflusst gut bleiben. Allerdings ist die Chemikalien- und Alterungsbeständigkeit der Gummilage auf dem Aramidgewebe für einen dauerhaften Einsatz in einem Treibstofftank nicht ausreichend.

[0006] Versuche haben gezeigt, dass sich Teile der Gummilage vom Kunstfasergewebe durch Einwirkung der gelagerten Chemikalien ablösen. Die bislang verwendeten gummibildenden Materialien haben keine ausreichende Resistenz gegen Chemikalien aufgewiesen. Im Falle eines Treibstofftanks gehen diese Gummipartikel in den Treibstoff über und können zu Verstopfungen der Ein- und Auslässe des Treibstofftanks beziehungsweise der Einspritzdüsen eines Verbrennungsmotors führen. Eine ausreichende Entnahme des Treibstoffes aus dem Tank kann damit nicht dauerhaft gewährleistet sein.

[0007] In der DE10103054 ist ein Weg vorgestellt worden, die Wandstärke von Treibstofftanks durch geänderte Wahl des Kunstfasergewebes zu verringern, wobei hohe Flexibilität und geringes Gewicht des Kunstfasergewebes erreichbar sind. Es wird ein Kunstfasergewebe aus Poly(p-phenylen-2.6-benzobisoxazol)-Fasern (auch PBO-Faser genannt) verwendet, welches beidseitig mit Gummi beschichtet ist. Bei Verwendung des beidseitig beschichteten Kunstfasergewebes als Treibstofftank ist eine Sperrschicht, beispielsweise aus Polyamid oder Polyvinylidenchlorid zur Abdichtung gegen Flüssigkeitsdiffusion vorgesehen. Während die elastischen Eigenschaften der Gummischichten zur Erreichung möglichst flexibler Treibstofftanks nützlich sind, ist eine Anordnung der zusätzlichen Sperrschicht notwendig, um eine gewünschte Chemikalienbeständigkeit des Treibstofftanks zu erreichen und die Alterung nahezu zu eliminieren.

Darstellung der Erfindung



[0008] Die vorliegende Erfindung hat sich zur Aufgabe gestellt eine hochflexible, elastische und bruchfeste Kunstfaser und daraus hergestelltes Kunstfasergewebe zu schaffen, welches neben einer guten Alterungs- und Chemikalienbeständigkeit eine äusserst niedrige Gasdurchlässigkeit aufweist, gemäss den Merkmalen des Patentanspruches 1.

[0009] Eine weitere Aufgabe ist die Verwendung der Kunstfaser bzw. des Kunstfasergewebes für technische Gummiartikel, beispielsweise Riemen, Schläuche, Gurte, Antriebselemente aber auch zur Bildung eines Tanks für Treibstoffe, Öle oder Flüssigkeiten von Hydrauliksystemen, wie Bremsflüssigkeit.

[0010] Vorteilhaft an dem hier vorgestellten veredelten Kunstfasergewebe ist die einfache Herstellung, wobei nur eine Lage des Kunstfasergewebes imprägniert wird und zur Herstellung von chemikalien- und UV-beständigen flexiblen Tanks für Treibstoffe verwendbar ist.

Beschreibung



[0011] Es wird ein Kunstfasergewebe mit unterschiedlichem bekannten Gewebeaufbau beschrieben, welches üblicherweise aus sich rechtwinklig kreuzenden Kett- und Schussfäden einer Kunstfaser besteht. Die Kunstfaser ist aus Poly(p-phenylen-2,6-benzobisoxazol)-Fasern (auch PBO-Fasern genannt) gebildet. Diese Fasern, welche unter dem Handelsnamen Zylon der Firma Toyobo hergestellt werden, weist im Vergleich mit Polyamid- bzw. Aramidfasern eine deutlich höhere Zugfestigkeit auf. Das PBO-Kunstfasergewebe ist elastisch stark verformbar und damit zur Herstellung diverser technischer Gummiartikel, insbesondere Riemen, Schläuche, Gurte und von Antriebselementen einsetzbar.

[0012] Als Basis zur hier besonders interessierenden Herstellung von flexiblen Tanks für Treibstoffe kann das PBO-Kunstfasergewebe eingesetzt werden.

[0013] Die Wandung aus PBO-Kunstfasergewebe kann im Vergleich zu Polyamid- bzw. Aramidfasern dünner ausgebildet werden, bei gleicher Zugfestigkeit, wodurch Gewicht eingespart werden kann und der Tank flexibler ausführbar ist, da die Wandung entsprechend dünner ist.

[0014] Es sind damit hochflexible und sehr leichte Tanks herstellbar, wobei eine hohe Bruchsicherheit und Reissfestigkeit erreicht wird. Das erreichbare Flächengewicht des Zylon-Kunstfasergewebes lag zwischen 100 und 600 g/m2. Mit einer derartigen Gewichtseinsparung sind Tanks beispielsweise für den Autorennsport herstellbar, welche auf das Gesamtgewicht des Tanks gerechnet etwa 4 Kilogramm Masse einsparen.

[0015] Problematisch ist die Empfindlichkeit der PBO-Fasern gegen Feuchtigkeit, UV-Strahlen und Chemikalieneinwirkungen. Damit können die PBO-Fasern nicht im Rohzustand verwendet werden.

[0016] Zur Steigerung der Widerstandsfähigkeit des PBO-Kunstfasergewebes und daraus hergestellter technischer Gummiartikel, wird eine Beschichtung des Kunstfasergewebes bzw. hergestellter Garne mit Fluorelastomeren durchgeführt. Fluorelastomere weisen eine hohe thermische und chemische Beständigkeit auf, wobei eine Resistenz gegen Treibstoffe, wie Benzin, Diesel und Kerosin, sowie gegen Öl resultiert. Es ist bekannt, dass Fluorelastomere Kohlenwasserstoffen auch bei höheren Temperaturen standhalten, ohne aufzuquellen oder sich aufzulösen.

[0017] Damit Fluorelastomere auf der Kunstfaser haften können, muss die Oberfläche der Kunstfasern mit einem Haftvermittler besprüht. Als Haftvermittler eignen sich Gemische aus Epoxyharz und RFL, einem wässrigen Gemisch von Resorcinharzen, Formalinharzen und einem aus einem Polymer mit Halogenen bestehenden Latex. Dieser Haftvermittlung wird in einer geeigneten Mischung bzw. Zusammensetzung hergestellt und zur Verbesserung der Hafteigenschaften auf die Kunstfaser aufgesprayt und dann getrocknet.

[0018] Versuche mit Viton® (eingetragenes Warenzeichen der E. I. du Pont de Nemours and Company) als Fluorelastomer (ISO-Kurzbezeichnung=FKM, DIN-Kurzbezeichnung=FPM) haben zu guten Ergebnissen geführt. Es wurde eine Viton-Lösung, umfassend in organischen Lösungsmitteln gelöste Anteile, hergestellt und gleichmässig auf die Oberfläche des mit Haftvermittler versehenen Kunstfasergewebes aufgebracht, wobei ein möglichst homogene Verteilung der Viton-Lösung erreichbar ist. Das Auftragen der Viton-Lösung wird durch aufsprayen auf die Kunstfaser bzw. das Kunstfasergewebe erreicht. Bevorzugt ist das Aufsprayen der Viton-Lösung in Form eines monodispersen oder polydispersen Sprays in gleichmässigen Bahnen auf der zu veredelnden Oberfläche des Kunstfasergewebes.

[0019] Die homogen Verteilung der Viton-Lösung sorgt für eine gleichmässige Dichtigkeit der Oberfläche des Kunstfasergewebes, was vor allem bei der Herstellung von Treibstofftanks aus dem Kunstfasergewebe gewünscht ist. Durch das Aufsprayen der Viton-Lösung, verteilen sich die Fluorelastomermoleküle auf der Oberfläche und ein Teil diffundiert mindestens teilweise in das Kunstfasergewebe hinein. Durch die Beimengung von Russpartikeln in der Viton-Lösung ist die PBO-Kunstfaser vor UV-Strahlung geschützt.

[0020] Das Aufbringen der Viton-Lösung erfolgt üblicherweise auf beide Seiten des Kunstfasergewebes, wonach anschliessend eine Erhitzung und Trocknung des Kunstfasergewebes für drei bis zwanzig Minuten bei Temperaturen von 100°C bis 220°C durchgeführt wird. Das Lösungsmittel verdampft bei diesem Prozess, wobei eine dünne homogene Sperrschicht in Form einer Viton-/Russpartikel-Schicht auf den Oberflächen des Kunstfasergewebes verbleibt. Bevorzugt wird die Trocknung für fünf Minuten bei 150°C durchgeführt.

[0021] Nach Imprägnierunge mit der Sperrschicht der beschichteten PBO-Kunstfasern bzw. des Kunstfasergewebes können diese zu den gewünschten Endprodukten weiterverarbeitet werden. Das mit der Sperrschicht versehene PBO-Kunstfasergewebe kann auf gewünschte Masse zugeschnitten werden und teilweise an definierten Punkten, Linien und Flächen mittels bekannten Kunststoffschweissverfahren unlösbar stoffschlüssig verbunden werden. Damit sind einfache bis komplexe zweidimensionale und dreidimensionale Strukturen erzeugbar.

[0022] Der verwendete Industrieruss ist in unterschiedlichen Kohlenstoffkonzentrationen und mit unterschiedlich grossen Primärpartikeln, unterschiedliche spezifische Oberflächen aufweisend erhältlich.


Ansprüche

1. Kunstfasern und/oder Kunstfasergewebe, umfassend Poly(p-phenylen-2,6- benzobisoxazol)-Fasern (PBO-Fasern) und eine Beschichtung als Sperrschicht für Flüssigkeiten, Gase und UV-Strahlung,
dadurch gekennzeichnet, dass
die PBO-Fasern und/oder das PBO-Fasergewebe mit einer Sperrschicht, umfassend ein Flüssigkeitsgemisch aus Viton, Russpartikeln und organischen Lösungsmitteln imprägniert sind.
 
2. Kunstfasern und Kunstfasergewebe nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Sperrschicht aus Viton Vt25 und Industrieruss mit einer Konzentration von mindestens 95% Kohlenstoff besteht.
 
3. Imprägnierung von PBO-Fasern und/oder PBO-Fasergewebe
gekennzeichnet durch

- Besprühen der Oberfläche der PBO-Fasern oder des PBO-Fasergewebes mit einer flüssigen Lösung eines Haftvermittlers,

- Trocknung des Haftvermittlers,

- Besprühen der PBO-Fasern oder des PBO-Fasergewebes mit einem Flüssigkeitsgemisch, umfassend Viton, Russpartikeln und organischen Lösungsmitteln und anschliessende

- Trocknung zur Bildung einer Sperrschicht.


 
4. Imprägnierung gemäss Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, das die Trocknung des Haftvermittlers und/oder des Flüssigkeitsgemisches bei Temperaturen von 100°C bis 220°C für drei bis zwanzig Minuten stattfindet.
 
5. Imprägnierung gemäss Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Flüssigkeitsgemisch
x Gew. % Viton
y Gew. % Russpartikel
und einen Rest organisches Lösungsmittel z beinhaltet.
 
6. Verwendung von imprägnierten PBO-Fasern und/oder PBO-Fasergewebe gemäss Anspruch 1, zur Herstellung von technischen Gummiartikel, insbesondere Riemen, Schläuche, Gurte, Antriebselemente.
 
7. Verwendung von imprägnierten PBO-Fasern und/oder PBO-Fasergewebe gemäss Anspruch 1, zur Bildung eines flexiblen Tanks für Treibstoffe, Öle oder Flüssigkeiten von Hydrauliksystemen, wie Bremsflüssigkeit.
 
8. Tank für Treibstoffe, Öle oder Flüssigkeiten von Hydrauliksystemen, wie Bremsflüssigkeit mit flexiblen Wandungen,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Wandungen des Tanks aus Kunstfasergewebe gemäss Anspruch 1 gebildet sind, wobei stoffschlüssige Schweissverbindungen zur Erstellung von zweidimensionalen und dreidimensionalen Strukturen vorgesehen sind.
 





Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente