[0001] Die Erfindung betrifft eine Bikomponentenfaser, insbesondere zur Herstellung von
Spinnvliesen, mit einer ersten Komponente und einer zweiten Komponente, wobei die
erste Komponente ein erstes Polymer und die zweite Komponente ein zweites Polymer
als Bestandteil aufweist. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Spinnvlies mit wenigstens
einer Bikomponentenfaser der vorgenannten Art.
[0002] Bikomponentenfasern der in Rede stehenden Art weisen üblicherweise eine erste Komponente
aus einem ersten Polymer und eine zweite Komponente aus einem zweiten Polymer auf.
Dabei können unterschiedliche Typen von Bikomponentenfasern unterschieden werden,
die jeweils unterschiedliche charakteristische Verteilungen der Komponenten im Faserquerschnitt
aufweisen. Bikomponentenfasern, bei denen die erste Komponente die zweite Komponente
im Querschnitt der Faser umgibt und somit einschließt, werden als Kern-Mantel-Fasern
bezeichnet. Bikomponentenfasern, bei denen sowohl die erste Komponente als auch die
zweite Komponente einen Teil der Faseroberfläche im Querschnitt der Faser bildet,
werden als Side-by-Side-Fasern bezeichnet. Fasern mit Strukturen, bei denen mehrere
Stränge einer Komponente in einen Strang der anderen Komponente eingebettet sind,
so dass sich im Querschnitt ein Bild ergibt, das an eine Mehrzahl aus einer Komponente
gebildete Inseln erinnert, werden als Island-in-the-Sea-Fasern bezeichnet. Bikomponentenfasern,
bei denen im Querschnitt jeweils eine Mehrzahl an Bereichen der jeweiligen Komponente
vorhanden ist und die äußere Faseroberfläche bildet, werden als Segmented-Pie-Fasern
bezeichnet, da die Bereiche der einzelnen Komponenten im Querschnitt regelmäßig eine
tortenstückartige Aufteilung aufweisen. Als Bikomponentenfasern im Sinne der vorliegenden
Anmeldung sind dabei auch ausdrücklich solche Fasern zu verstehen, die mehr als 2
Komponenten aufweisen.
[0003] Zweck der Bikomponentenfasern ist es, die Eigenschaften der Fasern oder die Eigenschaften
der aus den Fasern hergestellten Spinnvliese zu verbessern. Die Eigenschaften eines
Spinnvlieses hängen dabei von einer Vielzahl Einflussfaktoren ab. Einige dieser Einflussfaktoren
auf die Eigenschaften eines Spinnvlieses sind dabei Eigenschaften der jeweils verwendeten
Fasern, wie z.B. deren Festigkeit. Eine weit verbreitete und zumindest in ihrem Grundgedanken
anerkannte Theorie ist die, dass die Eigenschaften der resultierenden Bikomponentenfaser
dann eine Kombination der Eigenschaften der einzelnen Komponenten der Bikomponentenfaser
darstellen, bei der sich die Eigenschaften der einzelnen Komponenten möglichst dahingehend
ergänzen, dass die Vorteile der Eigenschaften beider Komponenten in der Bikomponentenfaser
vereint werden. Wird beispielsweise eine Faser gewünscht, die sowohl eine hohe Festigkeit
aufweist als auch ein vorteilhaftes Verhalten beim Verbinden der Fasern untereinander
bei der Vliesherstellung zeigt, so bietet es sich an, eine erste Komponente mit einer
hohen Festigkeit mit einer zweiten Komponente, die eine gute Verbindbarkeit aufweist,
zu kombinieren.
[0004] In der Praxis sind der Nutzung dieser Synergieeffekte jedoch dahingehend Grenzen
gesetzt, dass sich die Eigenschaften der Komponenten regelmäßig nicht in der beschriebenen,
lediglich vorteilhaften Weise kombinieren lassen. Vielmehr ist es in der Praxis oft
so, dass durch die Bikomponentenfasern lediglich ein günstiger Kompromiss aus den
Eigenschaften der reinen Komponenten erzielt werden kann. Dabei resultiert insbesondere
aus einer Verbesserung der Verbindbarkeit der Bikomponentenfasern gegenüber Monokomponentenfasern,
dass sich aus den Fasern ein Vlies mit verbesserten Eigenschaften, insbesondere mit
verbesserten Festigkeitswerten, herstellen lässt.
[0005] Ein weiteres Problem, das sich bei Bikomponentenfasern ergibt, ist die beschränkte
Rezyklierbarkeit der Bikomponentenfasern bei deren Herstellung. Fallen bei der Herstellung
von Produkten aus Bikomponentenfasern nicht verwertbare Produktfraktionen, wie beispielsweise
Verschnitt, an, so ist es wünschenswert, diese Fraktionen wieder der Faserherstellung
als Rohstoff zuführen zu können. Dabei ist es jedoch technisch nicht möglich oder
unwirtschaftlich, die Komponenten der Bikomponentenfasern zu trennen. Die rezyklierte
Fraktion muss jedoch zwangsläufig einer der beiden Komponenten zugeführt werden. Dabei
muss in Kauf genommen werden, dass sich die Zusammensetzung und die Eigenschaften
der rezyklierten Fraktion von denen der Komponente, der sie zugefügt wird, unterscheidet.
Infolge dessen verändert sich die Zusammensetzung der Komponente, welcher die rezyklierte
Fraktion hinzugefügt wurde, in der resultierenden Bikomponentenfaser. Die damit verbundene
Änderung der Eigenschaften der Bikomponentenfaser ist in der Regel unerwünscht und
lediglich bis zu einem gewissen Grad tolerierbar. Dieser Grad, bis zu dem die Veränderung
der Eigenschaften der Bikomponentenfaser toleriert werden kann, bestimmt daher die
Grenze des maximal einer Komponente hinzufüg baren Anteils an rezykliertem Material.
[0006] Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, eine Bikomponentenfaser, insbesondere
zur Herstellung eines Spinnvlieses, sowie ein Spinnvlies mit wenigstens einer Bikomponentenfaser
zur Verfügung zu stellen, wobei zum einen ein besserer Synergieeffekt zwischen den
Eigenschaften der einzelnen Komponenten der Bikomponentenfaser erzielt werden kann
und zum anderen die Verwendung eines höheren Anteils an rezykliertem Material bei
der Herstellung der Bikomponentenfaser möglich ist, als dies beim Stand der Technik
der Fall ist.
[0007] Die vorgenannte Aufgabe wird erfindungsgemäß im Wesentlichen durch eine Bikomponentenfaser
und ein Spinnvlies mit den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche gelöst. Die Merkmale
der abhängigen Ansprüche betreffen vorteilhafte Ausführungsformen.
[0008] Erfindungsgemäß ist die Differenz der Schmelzpunkte der ersten Komponente und der
zweiten Komponente kleiner oder gleich 8° C. Hinzuweisen ist darauf, dass in den angegebenen
Intervallen jedwede Einzelintervalle oder Einzelwerte enthalten und als erfindungswesentlich
offenbart anzusehen sind, auch wenn sie im Einzelnen nicht genannt sind.
[0009] Im Zusammenhang mit der Erfindung ist es vorteilhaft, wenn die Differenz der Schmelzpunkte
der ersten Komponente und der zweiten Komponente höchstens 6° C oder zwischen 1° C
bis 8° C, bevorzugt zwischen 1° C bis 6° C ist. In diesen vorteilhaften Parameterbereichen
treten die positiven Effekte der vorliegenden Erfindung signifikant stärker auf.
[0010] Im Zusammenhang mit der Erfindung hat sich überraschenderweise gezeigt, dass bei
Bikomponentenfasern, bei denen die beiden Komponenten ähnliche Schmelzpunkte aufweisen,
eine Verbesserung der Synergieeffekte zwischen den Eigenschaften der beiden Komponenten
erzielt werden kann. Dies betrifft insbesondere mechanische Eigenschaften. Beispielsweise
ist es möglich, im Falle eines aus erfindungsgemäßen Bikomponentenfasern hergestellten
Spinnvlieses sowohl die spezifische Reißkraft (oder Reißfestigkeit) als auch die spezifische
Nagelausreißkraft (oder Nagelausreißfestigkeit) zu steigern. Bei konventionellen Fasern
nach dem Stand der Technik gingen Maßnahmen bei der Herstellung von Spinnvliesen aus
diesen Fasern, die der Steigerung der spezifischen Reißkräfte dienten, regelmäßig
mit einer Senkung der spezifischen Nagelausreißkräfte einher. Im umgekehrten Fall
führten Maßnahmen zur Steigerung der spezifischen Nagelausreißkräfte regelmäßig zum
Sinken der spezifischen Reißkräfte. Diese nachteiligen Effekte können mit erfindungsgemäßen
Bikomponentenfasern vermieden oder zumindest abgeschwächt werden.
[0011] Zu den positiven Effekten der vorliegenden Erfindung gehört auch, dass sich der Anteil
rezyklierten Materials, der einer der Komponenten bei der Herstellung der Bikomponentenfaser
zugesetzt werden kann, gegenüber herkömmlichen Fasern steigert. Es hat sich gezeigt,
dass bei der Verwendung von Komponenten mit erfindungsgemäß kombinierten Schmelzpunkten
die Änderung der Eigenschaften einer Komponente, die durch die Zugabe von rezykliertem
Material verursacht wird, weitaus geringer ausfällt als bei herkömmlichen Fasern.
[0012] Dabei bildet vorzugsweise die Komponente mit dem niedrigeren Schmelzpunkt im Querschnitt
der Faser die äußere Oberfläche der Faser. Vorzugsweise umgibt die Komponente mit
dem niedrigeren Schmelzpunkt die Komponente mit dem höheren Schmelzpunkt. Diese vorteilhafte
Ausgestaltung führt dazu, dass die niedrigschmelzende Komponente im Mantelbereich
der Faser für eine bessere Verfestigbarkeit des Materials sorgt, zudem verbessert
sich die Spinnstabilität sowie die Dehnbarkeit der Fasern. Dies führt zu einer Verbesserung
der Weichheit und/oder Haptik des Spinnvlieses, des Weiteren wird die Drapierbarkeit
der Fasern verbessert.
[0013] Vorzugsweise ist der Massenanteil der Komponente mit dem niedrigeren Schmelzpunkt
an der Bikomponentenfaser höchstens 50%, weiter vorzugsweise höchstens 25%, bevorzugt
höchstens 10%, insbesondere höchstens 5%. Dabei ist die Bikomponentenfaser besonders
bevorzugt eine Kern-Mantel-Faser, wobei die Komponente mit dem niedrigeren Schmelzpunkt
den Mantel bildet.
[0014] Vorteilhafterweise ist die Differenz der Meit-Flow-Indices der ersten Komponente
und der zweiten Komponente kleiner oder gleich 25 g/10 min, wobei die Melt-Flow-Indices
(im Folgenden MFI) der ersten Komponente und der zweiten Komponente jeweils kleiner
oder gleich 50 g/10 min sind. Bevorzugt ist die Differenz der Melt-Flow-Indices der
ersten Komponente und der zweiten Komponente kleiner oder gleich 20 g/10 min, besonders
bevorzugt 15 g/10 min und/oder die MFIs der ersten Komponente und der zweiten Komponente
sind jeweils kleiner oder gleich 40 g/10 min. Eine derartige vorteilhafte Auswahl
der Komponenten nach dem Kriterium ihrer MFIs wirkt sich überraschenderweise auf ähnliche
Art positiv aus wie die erfindungsgemäße Auswahl der Komponenten anhand ihrer Schmelzpunkte.
[0015] Der positive Einfluss der vorteilhaften Differenzen der MFIs betrifft im Wesentlichen
die spezifische Reißkraft und die spezifische Nagelausreißkraft. Diese beiden Kennwerte
eines aus den Fasern hergestellten Spinnvlieses lassen sich durch die vorteilhaft
gewählten MFIs verbessern. Dabei ist sogar eine gleichzeitige Steigerung beider Kennwerte
möglich, jedenfalls aber lässt sich einer der beiden Kennwerte verbessern, ohne dass
der andere Kennwert sich verschlechtert. Dies macht sich auch positiv in den haptischen
Eigenschaften bemerkbar. So lässt sich die spezifische Reißkraft steigern, ohne dass
Weichheit und der sogenannte "textile Griff" negativ beeinflusst werden. Unter textilem
Griff wird dabei ein als angenehm empfundenes Berührungsgefühl verstanden.
[0016] Dabei wird der MFI gemessen nach ISO 1133 mit einer Prüflast von 2,16 kg und einer
Prüftemperatur von 230° C. Der MFI wird dabei auch als Schmelzflussindex oder auch
als Schmelzemasse-Fließrate (MFR) bezeichnet. Die Ermittlung erfolgt nach ISO 1133,
indem das Material in einem beheizbaren Zylinder aufgeschmolzen und mittels der Prüflast
durch eine definierte Düse gedrückt wird. Der MFI ist ein Maß für die Viskosität der
Schmelze der jeweiligen polymerhaltigen Komponente. Die Viskosität wiederum hängt
zusammen mit dem Polymerisationsgrad, welcher der mittleren Anzahl von Monomereinheiten
in jedem Molekül eines Polymers entspricht.
[0017] Vorzugsweise ist der Massenanteil der Komponente mit dem höheren MFI an der Bikomponentenfaser
höchstens 50%, weiter vorzugsweise höchstens 25%, bevorzugt höchstens 10%, insbesondere
höchstens 5%. Dabei die Bikomponentenfaser besonders bevorzugt eine Kern-Mantel-Faser,
wobei die Komponente mit dem höheren MFI den Mantel bildet.
[0018] Vorteilhafterweise ist das Polymer einer der beiden Komponenten mit einem Metallocen-Katalysator
polymerisiert worden und das Polymer der anderen Komponente ist mit einem Ziegler-Natta-Katalysator
polymerisiert und einer anschließenden Visbreaking-Behandlung unterzogen worden. Dabei
handelt es sich bei dem Polymer vorzugsweise um ein Polyolefin, insbesondere Polypropylen,
Polyethylen oder deren Copolymer oder eine Mischung daraus. Das andere Polymer ist
vorzugsweise ebenfalls Polyolefin oder ein Polyolefin-Copolymer. Dabei ist es besonders
Vorteilhaft, wenn beide Polymere aus dem gleichen Monomer aufgebaut sind oder zumindest
überwiegend aus dem gleichen Monomer aufgebaut sind.
[0019] Metallocen-Katalysatoren sind strukturell einheitliche Katalysatoren, die von Cyklopentadien-Liganden
koordinierte Übergangsmetalle enthalten. Derartige Katalysatoren sind detailliert
in der
US 5,374,696 und der
US 5,064,802 beschrieben. Auf die diesbezügliche Offenbarung wird ausdrücklich Bezug genommen.
Der Vorteil dieser Katalysatoren ist es, dass die mit diesen Katalysatoren hergestellten
Polymere eine enge Molekulargewichtsverteilung aufweisen. Die enge Molekulargewichtsverteilung
führt zu Vliesen mit hoher Reißdehnung. Dabei ist die Reißdehnung die Dehnung der
Fasern, die sich am Maximum der Reißkraft ergibt, die beim Zerreißen eines Vliesstreifens
aufgewendet wird. Vor allem aber führt eine enge Molekulargewichtsverteilung zu einer
Erhöhung der Prozesssicherheit bei der Herstellung der Spinnvliese. Die Häufigkeit
von Spinnstörungen, wie beispielsweise Faserbruch, wird reduziert. Weiterhin ist eine
höhere Verstreckung der Fasern möglich, es können höhere Spinngeschwindigkeiten erreicht
werden und die Titer, die erreicht werden können, sind niedriger. Dabei bedeuten niedrigere
Titer eine höhere Feinheit der Fasern und/oder der aus den Fasern gewonnenen Garne.
[0020] Ein weiterer Vorteil der Metallocen-Katalysatoren bzw. der mittels Metallocen-Katalysatoren
hergestellten Polymere ist, dass der Restgehalt des Katalysators im Polymer sehr gering
ist. Der Restgehalt des Katalysators im Polymer stellt eine Verunreinigung des Polymers
dar und kann dazu führen, dass die Eigenschaften des Polymers in unerwünschter Weise
verändert werden. So kann es beispielsweise zu Verfärbungen bei der Verarbeitung des
Polymers kommen.
[0021] Ein Nachteil der Metallocen-Katalysatoren ist deren im Vergleich zu den Ziegler-Natta
Katalysatoren geringfügig höherer Preis. Weiterhin kann eine thermische Verfestigung
der Fasern bei der Vliesherstellung bei dem Einsatz von Metallocen-Katalysatoren erschwert
werden. Dies kann dann der Fall sein, wenn die durch den Einsatz von Metallocen-Katalysatoren
eröffneten Möglichkeiten, die Kristallinität und Festigkeit der einzelnen Fasern durch
deren höhere Verstreckbarkeit zu erhöhen, in hohem Maße ausgenutzt wird.
[0022] Ziegler-Natta-Katalysatoren sind heterogene Mischkatalysatoren, die metallorganische
Verbindungen von Hauptgruppenelementen und Übergangsmetallverbindungen enthalten.
Als Hauptgruppenelemente werden insbesondere Elemente der ersten bis dritten Hauptgruppe
verwendet. Die Übergangsmetallverbindungen enthalten insbesondere Metalle der Titangruppe.
Es existiert eine Vielzahl von Varianten dieser Katalysatoren. Im Sinn der vorliegenden
Erfindung sind die Ziegler-Natta-Katalysatoren im Wesentlichen durch ihre Abgrenzung
von den Metallocen-Katalysatoren definiert.
[0023] Die Ziegler-Natta-Katalysatoren sind zwar kostengünstiger als die Metallocen-Katalysatoren,
die mit den Ziegler-Natta-Katalysatoren erzeugten Poylmere weisen jedoch eine deutlich
breitere Molekulargewichtsverteilung auf als mit Metallocen-Katalysatoren hergestellte
Polymere. Zur Verbesserung der Verstreckbarkeit der Fasern, was insbesondere der Erhöhung
der Prozesssicherheit dient, werden die mit Ziegler-Natta-Katalysatoren hergestellten
Polymere daher üblicherweise nachbehandelt. Diese Nachbehandlung wird als "Visbreaking"
bezeichnet. Bei der Visbreaking-Behandlung werden Polymerketten gespalten, wodurch
sich das Molekulargewicht der einzelnen Moleküle verringert und die Anzahl der Moleküle
erhöht. Dabei verringert sich auch die Breite der Molekulargewichtsverteilung. Die
Spaltung der Polymerketten wird durch Hitze, Bestrahlung, die Zugabe von Peroxyd oder
durch ähnliche Maßnahmen herbeigeführt. Beispiele solcher Visbreaking-Behandlungen
sind u. a. in der
US 4,282,076 und der
US 5,723,217 beschrieben.
[0024] Durch eine derartige Visbreaking-Behandlung kann jedoch weder die enge Molekulargewichtsverteilung
der mit Metallocen-Katalysatoren erzeugten Polymere, noch die gute Verstreckbarkeit
der aus diesen Polymeren gewonnenen Fasern erzielt werden. Auch weisen mit Ziegler-Natta-Katalysatoren
erzeugte Polymere einen höheren Gehalt an Verunreinigungen auf als Polymere, die mit
Metallocen-Katalysatoren erzeugt worden sind. Dies liegt zum einen daran, dass bei
der Herstellung des Polymers mit einem Ziegler-Natta-Katalysator ein vergleichsweise
höherer Katalysatorgehalt benötigt wird, der einen vergleichsweise höheren Anteil
an Katalysatorrückständen im Polymer bedingt und zum anderen an Hilfsstoffen, die
im Rahmen der Visbreaking-Behandlung zugegeben werden, wodurch sie eine zusätzliche
Quelle für Verunreinigungen des fertigen Polymers darstellen.
[0025] Der Vorteil von Polymeren, die unter Verwendung von Ziegler-Natta-Katalysatoren mit
einer anschließenden Visbreaking-Behandlung hergestellt werden, ist vor allem deren
günstiger Preis und deren hohe Verfügbarkeit auf dem Markt. Ein weiterer Vorteil ist
die gute thermische Verbindbarkeit der aus diesen Polymeren hergestellten Fasern.
[0026] Es hat sich nun überraschenderweise gezeigt, dass die vorteilhafte Auswahl der Polymere
anhand der Katalysatoren, die bei ihrer Herstellung verwendet wurden, dazu führt,
dass die resultierenden Bikomponentenfasern eine Kombination der Vorteile der Verwendung
der jeweiligen Katalysatortypen ermöglicht. So ist es möglich, die Kosten gegenüber
der Verwendung reiner mittels Metallocen-Katalysatoren hergestellter Polymerfasern
zu senken, dabei jedoch gleichzeitig die Vorteile der Verwendung von Metallocen-Katalysatoren
zu verwirklichen. Zusätzlich kann dabei noch eine bessere Verbindbarkeit der Fasern
im Vergleich zu Bikomponeten aus Polymeren, die ausschließlich unter Verwendung von
Metallocen-Katalysatoren erzeugt wurden, erzielt werden.
[0027] Vorzugsweise ist der Massenanteil der Komponente, deren Polymer mit einem Metallocen-Katalysator
polymerisiert worden ist, an der Bikomponentenfaser höchstens 50%, weiter vorzugsweise
höchstens 25%, bevorzugt höchstens 10%, insbesondere höchstens 5%. Dabei ist die Bikomponentenfaser
besonders bevorzugt eine Kern-Mantel-Faser, wobei die Komponente, deren Polymer mit
einem Metallocen-Katalysator polymerisiert worden ist, den Mantel bildet.
[0028] Vorzugsweise weist die erste Komponente ein Additiv zur Eigenschaftsbeeinflussung
bzw. -verbesserung auf.
[0029] Vorzugsweise beträgt der Massenanteil des Additivs der ersten Komponente in der zweiten
Komponente höchstens 66,6%, weiter bevorzugt höchstens 50%, und insbesondere höchstens
33,3% des Masseanteils des Additivs in der ersten Komponente.
[0030] Der Vorteil der Aufkonzentrierung der Additive in der ersten Komponente liegt darin,
dass sich gezeigt hat, dass die Menge des benötigten Additivs in der zweiten Komponente
niedriger sein kann als bei der üblichen Gleichverteilung des Additivs in den beiden
Komponenten, wenn die gleiche oder eine verbesserte Wirkung des Additivs erzeugt werden
soll. Es ist auch möglich, dass das Additiv nur in der ersten Komponente vorhanden
ist.
[0031] Unter Additiv in diesem Sinne werden Zusatzstoffe verstanden, die dem Polymer in
der jeweiligen Komponente zugefügt werden, um die Eigenschaften der resultierenden
Faser bzw. des aus der Faser gewonnenen Spinnvlieses zu modifizieren und dadurch zu
verbessern.
[0032] Vorteilhafterweise sind die erste Komponente und die zweite Komponente in der Faser
derart angeordnet, dass im Querschnitt der Faser die erste Komponente die zweite Komponente
umgibt.
[0033] Vorzugsweise ist der Massenanteil der ersten Komponente an der Bikomponentenfaser
höchstens 50%, weiter vorzugsweise höchstens 25%, bevorzugt höchstens 10%, insbesondere
höchstens 5%. Dabei ist die Bikomponentenfaser besonders bevorzugt eine Kern-Mantel-Faser,
wobei die erste Komponente den Mantel bildet. Die Additive, die in geringen Konzentrationen
den Polymeren zugesetzt werden, stellen im Hinblick auf die Faserherstellung grundsätzlich
eine Verunreinigung des Polymers dar. Bei Verunreinigungen besteht grundsätzlich immer
das Risiko, dass sich aufgrund dieser Verunreinigungen das Verhalten der Komponenten
bei der Herstellung der Faser ändert. Daher birgt eine Ungleichverteilung der Additive
in den Komponenten der Bikomponentenfaser aus der Sicht des Fachmannes zunächst das
Risiko, dass sich die Qualität der Bikomponentenfaser oder die Stabilität des Herstellungsprozesses
verschlechtert. Zudem kommt es aus der Sicht des Fachmannes regelmäßig nicht darauf
an, dass ein Additiv in einer bestimmten Zone der Faser aufkonzentriert wird. Dies
liegt an der geringen Dicke der in Rede stehenden Fasern. Ähnlich wie es bei Farbstoffen
oder Pigmenten der Fall ist, macht es auch bei Additiven aus der Sicht des Fachmannes
ebenfalls keinen offensichtlichen Sinn, diese in einer bestimmten Zone der Faser anzureichern.
So wird beispielsweise bei einem Flammenhemmer ohnehin die gesamte Faser von den Verbrennungsvorgängen
betroffen sein. Auch wird UV-Strahlung in die gesamte Faser eindringen. Dennoch hat
sich überraschenderweise gezeigt, dass in einigen Fällen sogar besonders vorteilhafte
Ergebnisse erzielt werden können, wenn das Additiv in der einen Komponente nicht nur
verringert, sondern gänzlich weggelassen wird. Ein Vorteil der Aufkonzentrierung der
Additive in der ersten Komponente ist jedenfalls die Kostenersparnis durch die niedrigere
benötigte Additivmenge.
[0034] Vorteilhafterweise handelt es sich bei dem Additiv um ein primäres oder sekundäres
Antioxidanz, einen UV-Absorber, einen UV-Stabilisator, einen Flammhemmer, ein Antistatikum,
ein Gleitmittel, einen Metalldesaktivator, ein Hydrophilierungsmittel, ein Hydrophobierungsmittel,
ein Antifogging-Additiv und/oder ein Biozid. Besonders bevorzugt sind dabei folgende
Stoffklassen und Mischungen daraus:
- Sterisch gehinderte Phenole, aromatische sekundäre oder tertiäre Amine, Aminophenole,
aromatische Nitro- oder Nitrosoverbindungen als primäre Antioxidantien.
- Organische Phosphite oder Phosphonate, Thioether, Thioalkohole, Thioester, Sulfide
und schwefehaltige organische Säuren, Dithiocarbamate, Thiodipropionate, Aminopyrazole,
metallhaltige Chelate, Mercaptobenzimidazole als sekundäre Antioxidantien.
- Hydroxybenzophenone, Cinnamate, Oxalanilide, Salicylate, 1,3 Benzoldiol-Monobenzoate,
Benzotriazole, Triazine, Benzophenone sowie UVabsorbierende Pigmente wie Titandioxid
oder Ruß als UV-Absorber.
- Metallhaltige Komplexe organischer Schwefel- oder Phosphorverbindungen, sterisch gehinderte
Amine (HALS) als UV-Stabilisatoren.
- Metallhydroxide, Borate, organische brom- oder chlorhaltige Verbindungen, organische
Phosphorverbindungen, Antimontrixoid, Melamin, Melamincyanurat, Blähgraphit oder andere
Intumeszenz-Systeme als Flammhemmer.
- Quartäre Ammoniumsalze, Alkylsulfonate, Alkylsufate, Alkylphosphate, Dithiocar-bamate,
(Erd)Alkalimetallcarboxylate, Polyethylenglykole sowie deren Ester und Ether, Fettsäureester,
Ethoxylate, Mono- und Diglyceride, Ethanolamine als Antistatika.
- Fettalkohole, Ester von Fettalkoholen, Fettsäuren, Fettsäureester, Dicarbonsäureester,
Fettsäureamide, Metallsalze von Fettsäuren, Polyolefinwachse, natürliche oder künstliche
Paraffine und deren Derivate, Fluorpolymere und Fluoroligomere, Antiblockmittel wie
Kieselsäuren, Silikone, Silikate, Calciumcarbonat etc. als Gleitmittel.
- Amide von Mono- und Dicarbonsäuren und deren Derivate, zyklische Amide, Hydrazone
und Bishydrazone, Hydrazide, Hydrazine, Melamin und dessen Derivate, Benzotriazole,
Aminotriazole, sterisch gehinderte Phenole in Verbindung mit komplexierenden Metallverbindungen,
Benzylphosphonate, Pyridithiole, Thiobisphenolester als Metalldesaktivatoren.
- Polyglycole, Ethoxylate, Fluorpolymere und Fluoroligomere, Montanwachse, insbesondere
Stearate, als Hydrophilierungs-, Hydrophobierungs- oder Anti-Fogging-mittel.
- 10,10'-Oxybisphenoxarsin (OBPA), N-(Trihalogen-methylthiol)phthalimid, Tributylzinnoxid,
Zinkdimethyldithiocarbamat, Diphenylantimon-2-ethylhexanoat, Kupfer-8-hydroxychinolin,
Isothiazolone, Silber und Silbersalze als Biozide.
[0035] Beispielsweise lässt sich bei der Durchführung eines Brandtests gemäß EN 13501-1
feststellen, dass bei der vorgenannten Verteilung des Additivs in den Komponenten
eine geringere Menge des Additivs insgesamt, in diesem Beispiel ein Flammhemmer, ausreicht,
um zu einem positiven Testergebnis zu führen, als wenn der Flammhemmer gleichmäßig
in der Faser verteilt ist. Bei diesem Test wird innerhalb von Sekundenbruchteilen
die gesamte Faser von der Flamme erfasst, daher lässt sich der vorteilhafte Effekt
nicht ohne Weiteres auf einer Art Abschirmungswirkung des Mantelbereichs der Faser
zurückführen.
[0036] Vorteilhafterweise handelt es sich bei dem ersten Polymer und/oder dem zweiten Polymer
um ein Polyolefin oder ein Polyolefin-Copolymer, vorzugsweise um ein Polymer und/oder
Copolymer des Ethylen, Propylen, Buthylen, Hexen oder Octen und/oder eine Mischung
und/oder einen Blend daraus. Es hat sich gezeigt, dass diese Polymere besonders gut
geeignet sind, um die erfindungsgemäßen Bikomponentenfasern daraus herzustellen. Unter
einem Copolymer ist in diesen Zusammenhang ein Polymer zu verstehen, das aus mindestens
zwei verschiedenen Sorten von Monomeren hergestellt wurde, wobei der Massenanteil
des Monomers, welches für die Benennung des Copolymers maßgeblich ist, mindestens
50% beträgt.
[0037] Vorzugsweise ist die Bikomponentenfaser eine Kern-Mantel-Faser, wobei der Massenanteil
des Kerns 50% bis 98%, bevorzugt 60% bis 95%, besonders bevorzugt 70% bis 95%, ganz
besonders bevorzugt 80% bis 90% ist. Es hat sich gezeigt, dass die Vorteile der erfindungsgemäßen
Bikomponentenfaser, wenn es sich bei dieser um eine Kern-Mantel-Faser handelt, in
besonderem Maße bei diesen vorteilhaften Massenteilen des Kerns auftreten.
[0038] Handelt es sich bei der Bikomponentenfaser um eine Side-by-Side-Faser, Segmented-Pie-Faser
oder Islands-in-the-Sea-Faser liegt das Massenverhältnis der beiden Komponenten im
Bereich von 10 : 90 bis zu 90 : 10, bevorzugt im Bereich von 70 : 30 bis zu 30 : 70,
besonders bevorzugt im Bereich von 60 : 40 bis zu 40 : 60, liegt. Bei diesen Fasertypen
hat sich gezeigt, dass sich die Vorteile der erfindungsgemäßen Bikomponentenfaser
besonders gut für die aufgeführten Komponentenverhältnisse erzielen lassen.
[0039] Bei einer anderen bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei der Bikomponentenfaser
um eine multilobale, insbesondere um eine tetralobale oder trilobale Faser. Diese
Fasern bieten aufgrund ihrer Querschnittsgeometrie eine höhere spezifische Oberfläche
als vergleichbare Fasern mit kreisrunden Querschnitten. In Verbindung mit diesen lassen
sich die Vorteile der erfindungsgemäßen Fasern besonders effizient ausnutzen, insbesondere
dann, wenn die unterschiedlichen Eigenschaften der Komponenten, die durch die erfindungsgemäße
Bikomponentenfaser optimiert werden sollen, Eigenschaften sind, welche die Oberfläche
der Faser betreffen.
[0040] Vorteilhafterweise beträgt der Durchmesser der Bikomponentenfaser zwischen 1 µm und
50 µm, bevorzugt zwischen 5 µm und 30 µm, besonders bevorzugt zwischen 8 µm und 20
µm. Es hat sich gezeigt, dass gerade bei Faserdurchmessern, die in diesen vorteilhaften
Bereichen liegen, die Kombination zweier Komponenten in einer Bikomponentenfaser in
besonderem Maße zu Synergieeffekten führt.
[0041] Weiterhin betrifft die Erfindung ein Spinnvlies mit erfindungsgemäßen Bikomponentenfasern.
Zwei Eigenschaften, die bei Spinnvliesen eine besondere Rolle spielen, sind die spezifische
Reißkraft des Spinvlieses sowie die spezifische Nagelausreißkraft des Spinnvlieses.
Dabei wird eine wünschenswerte hohe spezifische Reißkraft durch Fasern mit hoher Festigkeit
erreicht.
[0042] Unter guter Verbindbarkeit ist in diesem Sinne zu verstehen, dass sich beim Verbinden
der Fasern während der Herstellung eines Spinnvlieses die Beweglichkeit der Fasern
im Spinnvlies möglichst definiert einstellen lässt. Die gezielte Einstellung der Beweglichkeit
der Fasern im Vlies, welche von der Stärke der Verbindung der Fasern untereinander
abhängt, ist die Voraussetzung für die Herstellung eines Spinnvlieses mit hoher spezifischer
Reißfestigkeit und gleichzeitig hoher spezifischer Nagelausreißkraft.
[0043] In der Praxis kann das Problem bestehen, dass geeignete Fasern mit hoher Festigkeit
eine schlechte Verbindbarkeit aufweisen und Fasern mit einer guten Verbindbarkeit
lediglich eine niedrige Festigkeit aufweisen. Daher ist gerade im Falle der Herstellung
eines Spinnvlieses, welches sowohl eine hohe spezifische Reißkraft als auch eine hohe
spezifische Nagelausreißkraft aufweisen soll, der Einsatz einer Bikomponentenfaser
sinnvoll. Dabei eignet sich in besonderem Maße die erfindungsgemäßen Bikomponentenfasern
dazu, eine hohe spezifische Reißkraft und eine hohe spezifische Nagelausreißkraft
eines Spinnvlieses zu ermöglichen, da gerade die erfindungsgemäßen Bikomponentenfasern
im Hinblick auf eine Kombination aus guter Verbindbarkeit und hoher Festigkeit optimiert
werden können.
[0044] Ein solcher aus den erfindungsgemäßen Fasern hergestellter Vliesstoff eignet sich
für zahlreichen Anwendungen, beispielsweise in der Medizin, im Hygienebereich, in
der Automobilindustrie, im Bekleidungsbereich, in Heim- und technischen Textilien
sowie insbesondere im Baubereich und der Landwirtschaft. Mögliche Anwendungen umfassen
des weiteren die Verwendung in Filter und Membranen, Batterieseparatoren sowie als
Stützvlies für Laminate und als Träger für Beschichtungen aller Art.
[0045] Vorteilhafterweise beträgt das Flächengewicht des Spinnvlieses zwischen 1 g/m
2 und 300 g/m
2, bevorzugt zwischen 5 g/m
2 und 200 g/m
2, besonders bevorzugt zwischen 8 g/m
2 und 200 g/m
2. Es hat sich gezeigt, dass bei Flächengewichten, die in diesen vorteilhaften Bereichen
liegen, die Verwendung einer erfindungsgemäßen Bikomponentenfaser mit hoher Festigkeit
und gleichzeitig guter Verbindbarkeit in besonderem Maße zu einer Kombination aus
hoher spezifischer Reißkraft und gleichzeitig hoher spezifischer Nagelausreißkraft
des aus diesen Fasern hergestellten Vlieses führt.
[0046] Vorteilhafterweise beträgt die spezifische Reißkraft des Spinnvlieses mindestens
1,8 N/g · 5 cm in Maschinenrichtung und/oder mindestens 1,3 N/g · 5 cm in Querrichtung,
vorzugsweise 2,0 N/g · 5 cm in Maschinenrichtung und/oder mindestens 1, 5 N/g · 5
cm in Querrichtung, bevorzugt mindestens 2,2 N/g · 5 cm in Maschinenrichtung und/oder
mindestens 2,0 N/g · 5 cm in Querrichtung, besonders bevorzugt mindestens 2,4 N/g
· 5 cm in Maschinenrichtung und/oder mindestens 1,9 N/g · 5 cm in Querrichtung. Dabei
bezeichnet die Maschinenrichtung die Richtung, in der das Spinnvlies bei seiner Herstellung
in der Maschine transportiert worden ist, also regelmäßig die Längenrichtung einer
Spinnvliesbahn. Die Querrichtung bezeichnet die rechtwinklig zu dieser liegenden Richtung,
in der sich das Spinnvlies flächig ausdehnt, also regelmäßig die Breite einer Spinnvliesbahn.
Die spezifische Reißkraft wird dabei gemessen nach EN 12311-1.
[0047] Es hat sich gezeigt, dass diese vorteilhaften Mindestwerte für die spezifische Reißkraft
des Spinnvlieses jedenfalls angestrebt werden sollten, wenn erfindungsgemäße Bikomponentenfasern
für die Herstellung des Spinnvlieses verwendet werden. Die erfindungsgemäßen Bikomponentenfasern
erlauben es, diese vorteilhaften Mindestwerte für die spezifische Reißkraft zu erzielen,
ohne dass dabei die spezifische Nagelausreißkraft unverhältnismäßig absinkt.
[0048] Vorteilhafterweise beträgt die spezifische Nagelausreißkraft des Spinnvlieses mindestens
1,0 N/g in Maschinenrichtung und/oder mindestens 1,2 N/g in Querrichtung, vorzugsweise
mindestens 1,4 N/g in Maschinenrichtung und/ oder mindestens 1,5 N/g in Querrichtung,
bevorzugt mindestens 1,6 N/g in Maschinenrichtung und/oder mindestens 2,16 N/g · cm
in Querrichtung, besonders bevorzugt mindestens 1,8 N/g in Maschinenrichtung und/oder
mindestens 2,1 N/g Querrichtung.
[0049] Die spezifische Nagelausreißkraft ist dabei die maximale Kraft, die beim Zerreißen
eines Vliesstreifens auftritt, wenn der Vliesstreifen bereits eine gegebene Beschädigung,
nämlich einen durch den Vliesstoff gestoßenen Nagel, aufweist. Gemessen wird die spezifische
Nagelausreißkraft nach EN 12310-1. Es hat sich gezeigt, dass die genannten Mindestwerte
für die spezifische Nagelausreißkraft des Spinnvlieses angestrebt werden können, ohne
dass die spezifische Reißkraft des Spinnvlieses unverhältnismäßig absinkt, wenn erfindungsgemäße
Bikomponentenfasern entsprechend hinsichtlich ihrer Verbindbarkeit und Festigkeit
optimiert werden. Insbesondere ist es dabei auch möglich, eine Kombination der genannten
spezifischen vorteilhaften Nagelausreißkräfte und der zuvor genannten, vorteilhaften
spezifischen Mindestreißkräfte zu realisieren.
[0050] Die Kombination dieser beiden vorteilhaften Mindestparameter führt zu einem Spinnvlies,
welches im Hinblick auf seine mechanischen Eigenschaften für eine Vielzahl von Anwendungen
geeignet ist. Ein derartiges Spinnvlies kann beispielsweise gut im Baubereich eingesetzt
werden, wo häufig eine Befestigung der Spinnvliesbahnen durch Nageln, Tackern oder
Schrauben möglich sein muss. Das Spinnvlies darf dabei nicht ab- oder ausreißen, wenn
es beispielsweise auf einem Dach befestigt wird. Auch ist eine Verwendung dieser vorteilhaften
Spinnvliese als Geotextilien gut möglich. Geotextilien müssen jedenfalls eine hohe
Toleranz für punktuelle Beschädigungen, wie sie beispielsweise durch spitze Steine
verursacht werden können, aufweisen.
[0051] In der Praxis geht eine hohe spezifische Nagelausreißfestigkeit oft mit einer guten
Haptik einher. Die Weichheit und der textile Griff derartiger Spinnvliese eröffnen
daher auch Anwendungen, z.B. Anwendungen im Hygiene- oder Medizinbereich. Ursächlich
für die gute Haptik ist die hohe Beweglichkeit einzelner Fasern, die regelmäßig mit
dem Auftreten hoher Nagelausreißkräfte einhergeht. Fasern, die sich derart verhalten,
weisen in der Praxis regelmäßig auch als weich und angenehm empfundene haptische Eigenschaften
auf. Die Fasersegmentbeweglichkeit ermöglicht es, dass sich Fasern bei der Bewegung
des Nagels durch das Vlies in dem Nagel "sammeln", indem sie den Nagel, der sich durch
das Vlies bewegt, ausweichen und nicht sofort zerreißen. Dies führt zu einer Zone
erhöhter Faserdichte, also eine Zone erhöhter Festigkeit, um den Nagel.
[0052] Es versteht sich, dass sich die Erfindung auch auf Fäden oder daraus hergestellte
Gegenstände erstreckt, die eine oder eine Mehrzahl von Bikomponentenfasern der vorgenannten
Art aufweist. Insbesondere betrifft die Erfindung auch ein aus erfindungsgemäßen Bikomponentenfasern
hergestelltes Spinnvlies. Bei einem erfindungsgemäßen Spinnvlies handelt es sich um
ein Gebilde, insbesondere ein textiles Flächengebilde, aus erfindungsgemäßen Bikomponentenfasern,
insbesondere Endlosfasern, die auf irgendeine Weise zu einem Vlies zusammengefügt
und auf irgendeine Weise miteinander verbunden worden sind.
[0053] Die Erfindung betrifft ebenfalls ein Verfahren zur Herstellung der erfindungsgemäßen
Bikomponentenfasern und ein Verfahren zur Herstellung eines Spinnvlieses aus den erfindungsgemäßen
Bikomponentenfasern.
[0054] Vorteilhafterweise werden dabei die beiden Komponenten der Bikomponentenfaser getrennt
aufgeschmolzen. Die so erzeugten Polymerschmelzen bilden das Ausgangsmaterial für
die Fasern. Es ist vorteilhaft, die so erzeugten Schmelzeströme erst in einer Spinnplatte
zu vereinen. In einer derartigen Spinnplatte werden die Schmelzeströme durch Spinndüsen
zu Bikomponentenfasern extrudiert. Vorteilhafterweise weisen dabei die Spinndüsen
einen Lochdurchmesser von 0,1 mm bis 10 mm, bevorzugt einen Lochdurchmesser von 0,2
mm bis 5 mm, besonders bevorzugt einen Lochdurchmesser von 0,5 mm bis 3 mm auf. Spinndüsen,
deren Lochdurchmesser in den genannten bevorzugten Bereichen liegt, haben sich als
besonders geeignet für die Herstellung von Bikomponentenfasern erwiesen.
[0055] Es ist vorteilhaft, die extrudierten Fasern nach deren Extrusion mechanisch zu verstrecken.
Vorzugsweise werden die Fasern dabei über Galetten abgezogen. Bei Galetten handelt
es sich um spezielle Walzen, die in der Produktion synthetischer Fäden und Fasern
eingesetzt werden und zum Transportieren und/oder Verstrecken und/oder thermischen
Behandeln der Fasern oder Fäden dienen.
[0056] In vorteilhafter Weise kann dabei die Abkühlrate der Fasern durch die Temperatur
der Galetten geregelt werden. Durch die definierte Abkühlrate, insbesondere während
des Verstreckens der Fasern, lassen sich deren mechanische Eigenschaften weiter verbessern.
[0057] In ebenfalls vorteilhafter Weise ist auch eine Verstreckung der Fasern durch einen
entlang der Faser geführten Luftstrom möglich. Vorzugsweise wird dabei die Abkühlrate
der Fasern durch die Temperatur des Luftstroms und/oder die Luftmenge geregelt.
[0058] Zur Herstellung eines Spinnvlieses ist es vorteilhaft, die Fasern, welche in diesem
Zusammenhang auch als Filamente bezeichnet werden, nach deren Abkühlung und Verstreckung
zu verwirbeln. Die Fasern erhalten so eine zufällige Anordnung. Dabei werden Teile
der Fasern von Maschinenrichtung in Querrichtung umorientiert, so dass ein insgesamt
isotroperes Vlies erhalten werden kann. Anschließend können die Fasern auf einem Siebband
abgelegt werden.
[0059] Die so erzeugte Lage aus Fasern kann dann, vorzugsweise thermisch, verfestigt werden.
Beim Verfestigen werden die einzelnen Fasern miteinander verbunden, wodurch das eigentliche
Vlies entsteht. Das thermische Verfestigen kann dabei durch Durchströmen mit Heißluft
oder Wasserdampf erfolgen, in besonders vorteilhafter Weise erfolgt es durch Kalandrieren.
Unter Kalandrieren wird das Verfestigen unter Verwendung heißer oder beheizter Walzen
verstanden. In vorteilhafter Weise kann das Kalandrieren mit einer glatten und einer
gravierten Walze erfolgen. Dabei ist die gravierte Walze vorzugsweise so gestaltet,
dass sich eine anteilige Pressfläche von mindestens 5% und maximal 25%, bevorzugt
mindestens 8% und maximal 20%, besonders bevorzugt mindestens 12% und maximal 20%,
aufgrund der Gravur der Walze ergibt. Dadurch lässt sich die Verbindung der Fasern
untereinander und damit die Beweglichkeit der Fasern gezielt beeinflussen.
[0060] Vorzugsweise beträgt die Temperatur der Walzen dabei höchstens 70° C, bevorzugt höchstens
50° C weniger als die Temperatur des Schmelzpunktes der Komponente mit dem niedrigeren
Schmelzpunkt. Durch diese Mindesttemperaturen der Walzen wird eine gute Verbindung
der Fasern sichergestellt. Dabei beträgt der Anpressdruck der Walzen im Walzenspalt
vorteilhafter Weise 10 N/mm bis 250 N/mm, bevorzugt 25 N/mm bis 200 N/mm, besonders
bevorzugt 50 N/mm bis 150 N/mm. Insbesondere in Kombination mit den vorgenannten vorteilhaften
Temperaturen ist es sinnvoll, den Anpressdruck in den genannten vorteilhaften Bereichen
einzustellen. Es hat sich gezeigt, dass die bei Verwendung dieser Parameterkombinationen
entstehenden Verbindungen zwischen den Fasern zu einem Spinnvlies mit guten mechanischen
Eigenschaften führt, wenn die erfindungsgemäßen Bikomponentenfasern verwendet werden.
[0061] Die Verfestigung der Faserlage kann alternativ auch mechanisch erfolgen. Dabei kann
das Vlies beispielsweise vernadelt oder mittels Wasserstrahl verfestigt werden. Eine
weitere mögliche vorteilhafte Alternative ist die chemische Verfestigung der Faserlage.
Dabei wird ein Binder, beispielsweise durch Tränken oder Besprühen, auf die Faserlage
aufgebracht. Dieser Binder wird ausgehärtet, wodurch die Fasern zu dem Spinnvlies
verbunden werden. Das Aushärten des Binders kann beispielsweise durch Tempern, fotoinduzierte
oder feuchtigkeitsinduzierte Vernetzung, Abkühlung, Evaporation eines Lösungsmittels
oder ähnliche Maßnahmen geschehen.
[0062] Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die in den vorgenannten separaten Absätzen
angegebenen Merkmale jeweils in Kombination mit dem Grundgedanken der vorliegenden
Erfindung kombinierbar sind, ohne dass zwangsläufig Merkmale aus weiteren der vorgenannten
Absätze zur Realisierung der Erfindung erforderlich wären.
[0063] Des Weiteren wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass alle vorgenannten und nachstehenden
Intervalle sämtliche darin enthaltene Zwischenintervalle und auch Einzelwerte enthalten
und diese Zwischenintervalle und Einzelwerte als erfindungswesentlich anzusehen sind,
auch wenn diese Zwischenintervalle oder Einzelwerte im Einzelnen nicht konkret angegeben
sind.
[0064] Weitere Merkmale, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der vorliegenden Erfindung
ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen anhand der
Zeichnung und der Zeichnung selbst. Dabei bilden alle beschriebenen und/oder bildlich
dargestellten Merkmale für sich oder in beliebiger Kombination den Gegenstand der
vorliegenden Erfindung, unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Ansprüchen oder
deren Rückbeziehung.
[0065] Es zeigt:
- Fig. 1
- eine Querschnittsansicht einer Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Bikomponentenfaser
als Kern-Mantel-Faser,
- Fig. 2
- eine Querschnittsansicht einer Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Bikomponentenfaser
als Kern-Mantel-Faser mit dünnem Mantel,
- Fig. 3
- eine Querschnittsansicht einer weiteren Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Bikomponentenfaser
als Kern-Mantel-Faser mit exzentrisch angeordnetem Kern,
- Fig. 4
- eine Querschnittsansicht einer weiteren Ausführungsform einer erfindungsgemäßen trilobalen
Bikomponentenfaser als Kern-Mantel-Faser,
- Fig. 5
- eine Querschnittsansicht einer weiteren Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Bikomponentenfaser
als Side-by-Side-Faser,
- Fig. 6
- eine Querschnittsansicht einer weiteren Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Bikomponentenfaser
als Side-by-Side-Faser mit geringem Anteil der zweiten Komponente,
- Fig. 7
- Querschnittsansichten an verschiedenen Stellen entlang einer weiteren Ausführungsform
einer Bikomponentenfaser als Mischtyp aus Kern-Mantel-Faser und Side-by-Side-Faser,
- Fig. 8
- eine Querschnittsansicht einer weiteren Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Bikomponentenfaser
als Side-by-Side-Faser,
- Fig. 9
- Querschnitten an verschiedenen Stellen entlang einer weiteren Ausführungsform einer
erfindungsgemäßen Bikomponentenfaser als Mischtyp einer Side-by-Side-Faser und einer
Kern-Mantel-Faser,
- Fig. 10
- eine Querschnittsansicht einer weiteren Ausführungsform einer erfindungsgemäßen trilobalen
Bikomponentenfaser als Side-by-Side-Faser,
- Fig. 11
- eine Querschnittsansicht einer weiteren Ausführungsform einer erfindungsgemäßen trilobalen
Bikomponentenfaser als Side-by-Side-Faser,
- Fig. 12
- eine Querschnittsansicht einer weiteren Ausführungsform einer erfindungsgemäßen trilobalen
Bikomponentenfaser als Side-by-Side-Faser mit einer alternativen Anordnung der Komponenten,
- Fig. 13
- eine Querschnittsansicht einer weiteren Ausführungsform einer erfindungsgemäßen tretralobalen
Bikomponentenfaser als Side-by-Side-Faser mit einer Komponentenanordnung ähnlich der
in Fig. 12 dargestellten Faser,
- Fig. 14
- eine Querschnittsansicht einer weiteren Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Bikomponentenfaser
als Segmented-Pie-Faser,
- Fig. 15
- eine Querschnittsansicht einer weiteren Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Bikomponentenfaser
als Island-In-The-Sea-Faser,
- Fig. 16
- eine Querschnittsansicht einer weiteren Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Bikomponentenfaser
mit einer streifenartigen Anordnung der Komponenten, und
- Fig. 17
- eines Teils eines beispielhaften erfindungsgemäßen Spinnvlieses.
[0066] Die Fig. 1 bis 16 zeigen Querschnittsansichten beispielhafter erfindungsgemäßer Bikomponentenfasern
1. Die dargestellten Bikomponentenfasern 1 weisen jeweils eine erste Komponente 2
und eine zweite Komponente 3 auf. Bei den in den Fig. 1 und 4 dargestellten Kern-Mantel-Fasern
umgibt dabei die erste Komponente 2 die zweite Komponente 3 und bildet so die äußere
Oberfläche der Faser. Dabei weisen die in den Fig. 1 bis 3 dargestellten Bikomponentenfasern
1 im Querschnitt eine, zumindest annähernd, kreisförmige bzw. -runde Geometrie auf.
Die in Fig. 4 dargestellte Bikomponentenfaser zeigt dagegen einen trilobalen Querschnitt.
Derartige trilobale Querschnitte, wie auch andere multilobale Querschnitte, haben
zur Folge, dass die Faser in Relation zu ihrer Masse über eine größere äußere Oberfläche
verfügt als dies bei Fasern mit kreisförmigem Querschnitt der Fall ist. Bei "Kern-Mantel-Fasern",
bei denen der Anteil der den Mantel bildenden Komponente sehr klein ist, beispielsweise
bei ca. 2% liegt, aber durchaus auch bei "Kern-Mantel-Fasern" mit höherem Mantelanteil,
kann es vorkommen, dass der Mantel Defekte aufweist. Das heißt, der Mantel umgibt
den Kern nicht vollständig, sondern ist an einigen Stellen durchbrochen, so dass der
Kern an diesen Stellen auch die äußere Oberfläche der Faser bildet. Auch bei derartigen
Fasern handelt es sich um "Kern-Mantel-Fasern". Insbesondere bildet bei derartigen
Fasern die den durchbrochenen Mantel bildende Komponente im Sinne der vorliegenden
Erfindung die äußere Oberfläche der Faser.
[0067] Die Fig. 5, 6, 8 und 10 bis 13 zeigen Bikomponentenfasern, die als Side-by-Side-Fasern
ausgeführt sind. Diese Side-by-Side-Fasern sind dadurch charakterisiert, dass sowohl
die erste Komponente 2 als auch die zweite Komponente 3 einen Teil der äußeren Oberfläche
der Bikomponentenfaser 1 bildet. Auch bei Side-by-Side-Fasern sind kreisrunde oder
zumindest annähernd kreisrunde Querschnitte, wie sie in den Fig. 5, 6 und 8 dargestellt
sind, ebenso möglich wie multilobale Querschnitte, wie sie in den Fig. 10 bis 13 dargestellt
sind. Abhängig davon, welche Fasereigenschaften bzw Vlieseigenschaften erzielt werden
sollen, können die erste Komponente 2 und die zweite Komponente 3 in unterschiedlichen
Verhältnissen und in unterschiedlicher räumlicher Anordnung zueinander kombiniert
werden. So kann beispielsweise, wie es in der Fig. 8 gezeigt ist, eine Komponente,
im gezeigten Beispiel die zweite Komponente 3, so angeordnet werden, dass sie relativ
zu ihrem Massenanteil nur einen geringen Anteil der äußeren Oberfläche der Bikomponentenfaser
1 bildet. Auch kann, wie es in den Fig. 12 und 13 dargestellt ist, im Falle einer
multilobalen Bikomponentenfaser 1 eine Komponente, in den gezeigten Beispielen die
erste Komponente 2, an besonders exponierten Stellen der Bikomponentenfaser 1 angeordnet
sein. In den Fig. 12 und 13 ist die erste Komponente 2 an den Spitzen des multilobalen
Querschnitts der Bikomponentenfaser 1 angeordnet.
[0068] Die in der Fig. 14 dargestellte Bikomponentenfaser 1 ist als Segmented-Pie-Faser
ausgeführt. Diese Faserstruktur weist insofern eine Verwandschaft zu den Side-by-Side-Faserstrukturen
auf, als dass sowohl die erste Komponente 2 als auch die zweite Komponente 3 einen
Teil der äußeren Oberfläche der Bikomponentenfaser 1 bildet. Ähnliches gilt für die
in der Fig. 16 dargestellte Struktur der dortigen Bikomponentenfaser 1, bei der sich
die erste Komponente 2 und die zweite Komponente 3 in einer Schichtstruktur im Querschnitt
abwechselt. Den in den Fig. 14 und 16 gezeigten Strukturen ist jedoch als Unterschied
zu den "klassischen" Side-by-Side-Strukturen gemein, dass sie jeweils eine Vielzahl
an Bereichen, die aus der ersten Komponente 2 oder der zweiten Komponente 3 gebildet
sind, aufweisen.
[0069] Dagegen kann die in Fig. 15 gezeigte Bikomponentenfaser 1 mit ihrer Islands-In-The-Sea-Struktur
als Abwandlung einer Kern-Mantel-Faser angesehen werden, bei der eine Vielzahl von
Kernen aus der zweiten Komponente 3 vorhanden ist. Die einzelnen Kerne aus der zweiten
Komponente 3 sind von einem gemeinsamen Mantel aus der ersten Komponente 2 umgeben.
[0070] Weiterhin sind Mischformen zwischen Kern-Mantel-Fasern und Side-by-Side-Fasern möglich,
wie sie beispielhaft in den Fig. 7 und 9 dargestellt sind. Die in Fig. 7 dargestellte
Bikomponentenfaser 1 weist entlang der Faser teilweise Querschnitte auf, in denen
die erste Komponente 2 die zweite Komponente 3 ähnlich einer Kern-Mantel-Faser umgibt
und allein die äußere Oberfläche der Bikomponentenfaser 1 bildet. An anderen Stellen
entlang der Faser bildet die zweite Komponente 3 ebenfalls einen Teil der äußeren
Oberfläche der Bikomponentenfaser 1. Die erste Komponente 2 umgibt die zweite Komponente
3 im Querschnitt nicht vollständig. Dies gilt auch für die in der Fig. 9 dargestellte
Bikomponentenfaser 1, diese weist lediglich eine andere, alternative Geometrie im
Vergleich zu der in der Fig. 7 dargestellten Bikomponentenfaser 1 auf. Auch derartige
Mischformen werden im Sinne der vorliegenden Anmeldung noch als Kern-Mantel-Fasern
bezeichnet, solange die erste Komponente mehr als 50% der äußeren Oberfläche der Faser
bildet.
[0071] In Fig. 17 ist dargestellt, wie eine Vielzahl beispielhafter Bikomponentenfasern
1 ein Spinnvlies 4 bildet. Dabei bildet das Spinnvlies eine Bahn mit einer Querrichtung
X, einer Dickenrichtung Y und einer Längenrichtung Z, die auch als Maschinenrichtung
bezeichnet wird.
[0072] Die spezifischen Reißkräfte der Spinnvliese 4 gemäß der folgenden Beispiele wurden
gemessen nach der Norm EN 12311-1, die spezifischen Nagelausreißkräfte nach Norm EN
12310-1. Die MFIs wurden gemessen gemäß ISO 1133 (2.16kg bei 230 °C). Die Bikomponentenfasern
1 sind in den folgenden Beispielen Kem-Mantel-Fasern, mit einem Mantel aus der ersten
Komponente 2 und einem Kern aus der zweiten Komponente 3.
[0073] Ein beispielhaftes Spinnvlies 4 wurde aus Bikomponentenfasern 1 hergestellt, die
mittels eine Kalanders thermisch verfestigt wurden. Das Flächengewicht des erzeugten
Spinnvlieses 4 beträgt 70 g/m
2. Die Bikomponentenfasern 1 weisen Polypropylen mit einem Schmelzpunkt von 140° C
im Mantel als erstes Polymer und Polypropylen mit einem Schmelzpunkt von 148° C im
Kern als zweites Polymer auf. Der Masseanteil des Kerns an der Bikomponentenfaser
1 beträgt 90%. Die erreichten spezifischen Reißkräfte des Spinnvlieses 4 betragen
2,41 N/g · 5 cm in Maschinenrichtung Z und 1,80 N/g · 5 cm in Querrichtung X. Die
spezifischen Nagelausreißkräfte betragen 1,52 N/g in Maschinenrichtung Z und 1,80
N/g in Querrichtung X.
[0074] Ein weiteres beispielhaftes Spinnvlies 4 wurde aus Bikomponentenfasern 1 hergestellt,
die ebenfalls mittels eine Kalanders thermisch verfestigt wurden Das Flächengewicht
des erzeugten Spinnvlieses 4 beträgt 70 g/m
2. Die Bikomponentenfasern 1 weisen Polypropylen mit einem Schmelzpunkt von 148° C
im Mantel als erstes Polymer und Polypropylen mit einem Schmelzpunkt von 151° C im
Kern als zweites Polymer auf. Der Masseanteil des Kerns an der Bikomponentenfaser
1 beträgt 60%. Die erreichten spezifischen Reißkräfte des Spinnvlieses 4 betragen
2,61 N/g · 5 cm in Maschinenrichtung Z und 1,95 N/g · 5 cm in Querrichtung X. Die
spezifischen Nagelausreißkräfte betragen 1,59 N/g in Maschinenrichtung Z und 1,90
N/g in Querrichtung X.
[0075] Ein weiteres beispielhaftes Spinnvlies 4 wurde aus Bikomponentenfasern 1 hergestellt,
die auch mittels eine Kalanders thermisch verfestigt wurden. Das Flächengewicht des
erzeugten Spinnvlieses 4 beträgt 70 g/m
2. Die Bikomponentenfasern 1 weisen ein polypropylenbasiertes Random-Copolymer mit
einem Ethylenanteil von ca. 5 % mit einem Schmelzpunkt von 141° C im Mantel als erstes
Polymer und Polypropylen mit einem Schmelzpunkt von 145° C im Kern als zweites Polymer
auf. Der Masseanteil des Kerns an der Bikomponentenfaser 1 beträgt 70%. Die erreichten
spezifischen Reißkräfte des Spinnvlieses 4 betragen 2,44 N/g · 5 cm in Maschinenrichtung
Z und 1,90 N/g · 5 cm in Querrichtung X. Die spezifischen Nagelausreißkräfte betragen
1,49 N/g in Maschinenrichtung Z und 1,79 N/g in Querrichtung X.
[0076] Ein weiteres beispielhaftes Spinnvlies 4 wurde aus Bikomponentenfasern 1 hergestellt,
die auch mittels eine Kalanders thermisch verfestigt wurden. Das Flächengewicht des
erzeugten Spinnvlieses 4 beträgt 70 g/m
2. Die Bikomponentenfasern 1 weisen Polypropylen mit einem Schmelzpunkt von 140° C
im Mantel als erstes Polymer und Polypropylen mit einem Schmelzpunkt von 148° C im
Kern als zweites Polymer auf. Der Masseanteil des Kerns an der Bikomponentenfaser
1 beträgt 93%. Die erreichten spezifischen Reißkräfte des Spinnvlieses 4 betragen
2,21 N/g · 5 cm in Maschinenrichtung Z und 1,65 N/g · 5 cm in Querrichtung X. Die
spezifischen Nagelausreißkräfte betragen 1,62 N/g in Maschinenrichtung Z und 1,93
N/g in Querrichtung X.
Bezugszeichenliste:
[0077]
- 1
- Bikomponentenfaser
- 2
- Erste Komponente
- 3
- Zweite Komponente
- 4
- Spinnvlies
1. Bikomponentenfaser (1), insbesondere zur Herstellung von Spinnvliesen (4), mit einer
ersten Komponente (2) und einer zweiten Komponente (3), wobei die erste Komponente
(2) ein erstes Polymer und die zweite Komponente ein zweites Polymer als Bestandteil
aufweist,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Differenz der Schmelzpunkte der ersten Komponente (2) und der zweiten Komponente
(3) kleiner oder gleich 8 °C ist.
2. Bikomponentenfaser nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Differenz der Schmelzpunkte der ersten Komponente (2) und der zweiten Komponente
(3) höchstens 6° C oder zwischen 1 °C bis 8 °C, vorzugsweise zwischen 1 °C bis 6 °C
ist.
3. Bikomponentenfaser nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Differenz der Melt-Flow-Indices der ersten Komponente (2) und der zweiten Komponente
(3) kleiner oder gleich 25 g/10 min, bevorzugt kleiner oder gleich 20 g/10 min, besonders
bevorzugt 15 g/10 min, ist.
4. Bikomponentenfaser nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Melt-Flow-Indices der ersten Komponente (2) und der zweiten Komponente (3) jeweils
kleiner oder gleich 50 g/10 min, bevorzugt jeweils kleiner oder gleich 40 g/10 min,
sind.
5. Bikomponentenfaser nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Komponente (2, 3) mit dem niedrigeren Schmelzpunkt im Querschnit der Faser die
äußere Oberfläche der Bikomponentenfaser (1) bildet, vorzugsweise die Komponente (2,
3) mit dem höheren Schmelzpunkt, vorzugsweise vollständig, umgibt.
6. Bikomponentenfaser nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Polymer einer der beiden Komponenten (2, 3) mit einem Metallocen-Katalysator
polymerisiert worden ist.
7. Bikomponentenfaser nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Polymer der anderen Komponenten (2, 3) mit einem Ziegler-Natta-Katalysator polymerisiert
und einer anschließenden Visbreaking-Behandlung unterzogen worden ist.
8. Bikomponentenfaser nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Komponente (2) ein Additiv aufweist, wobei der Massenanteil des Additivs
in der zweiten Komponente (3) kleiner ist als in der ersten Komponente (2), vorzugsweise
höchstens 66,6%, weiter vorzugsweise höchstens 50% insbesondere höchstens 33,3% des
Masseanteils des Additivs in der ersten Komponente (2) beträgt.
9. Bikomponentenfaser nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem Additiv um ein primäres oder sekundäres Antioxidanz, einen UV-Absorber,
einen UV-Stabilisator, einen Flammhemmer, ein Antistatikum, ein Gleitmittel, einen
Metalldesaktivator, ein Hydrophilierungsmittel, ein Hydrophobierungsmittel, ein Anti-Fogging-Additiv,
und/oder ein Biozid handelt.
10. Bikomponentenfaser nach Anspruch 8 oder 9,
dadurch gekennzeichnet, dass das Additiv ausgewählt ist aus der Gruppe von:
Sterisch gehinderte Phenolen, aromatischen sekundären oder tertiären Aminen, Aminophenolen,
aromatischen Nitro- oder Nitrosoverbindungen, Organischen Phosphiten oder Phosphonaten,
Thioethern, Thioalkoholen, Thioestern, Sulfiden und schwefehaltigen organischen Säuren,
Dithiocarbamaten, Thiodipropionaten, Aminopyrazolen, metallhaltigen Chelaten, Mercaptobenzimidazolen,
Hydroxybenzophenonen, Cinnamaten, Oxalaniliden, Salicylaten, Resorcinol Monobenzoaten,
Benzotriazolen, Triazinen, Benzophenonen, Titandioxid, Ruß, metallhaltigen Komplexen
organischer Schwefel- oder Phosphorverbindungen, sterisch gehinderten Aminen (HALS),
Metallhydroxiden, Boraten, organischen brom- oder chlorhaltigen Verbindungen, organischen
Phosphorverbindungen, Antimontrixoid, Melamin, Melamincyanurat, Blähgraphit oder anderen
Intumeszenz-Systemen, Quartären Ammoniumsalzen, Alkylsulfonaten, Alkylsulfaten, Alkylphosphaten,
Dithiocarbamaten, (Erd)Alkalimetallcarboxylaten, Polyethylenglykolen sowie deren Ester
und Ether, Ethoxylaten, Mono- und Diglyceriden, Fettalkoholen, Ester von Fettalkoholen,
Fettsäuren, Fettsäureestern, Dicarbonsäureestern, Fettsäureamiden, Metallsalzen von
Fettsäuren, Polyolefinwachsen, natürlichen oder künstlichen Paraffinen und deren Derivaten,
Fluorpolymeren und Fluoroligomeren, Antiblockmitteln wie Kieselsäuren, Silikonen,
Silikaten, Calciumcarbonat, Amiden von Mono- und Dicarbonsäuren und deren Derivaten,
zyklischen Amiden, Hydrazonen und Bishydrazonen, Hydraziden, Hydrazinen, Melamin und
dessen Derivaten, Benzotriazolen, Aminotriazolen, sterisch gehinderten Phenolen in
Verbindung mit komplexierenden Metallverbindungen, Benzylphosphonaten, Pyridithiolen,
Thiobisphenolestern, Polyglycolen, Ethoxylaten, Fluorpolymeren und Fluoroligomeren
Montanwachsen, insbesondere Stearaten, 10,10'-Oxybisphenoxarsin (OBPA), N-(Trihalogen-methylthiol)phthalimid,
Tributylzinnoxid, Zinkdimethyldithiocarbamat, Diphenylantimon-2-ethylhexanoat, Kupfer-8-hydroxychinolin,
Isothiazolonen, Silber und Silbersalzen als Bioziden oder Mischungen daraus.
11. Bikomponentenfaser nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem ersten Polymer und/oder dem zweiten Polymer um ein Polyolefin oder
ein Polyolefin-Copolymer handelt, vorzugsweise um ein Polymer und/oder Copolymer des
Ethylen, Propylen, Butylen, Hexen oder Octen und/oder eine Mischung und/oder einen
Blend daraus.
12. Bikomponentenfaser nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Massenanteil der Komponente (2, 3) mit dem niedrigeren Schmelzpunkt an der Bikomponentenfaser
(1) höchstens 50%, vorzugsweise höchstens 25%, weiter vorzugsweise höchstens 10%,
insbesondere höchsten 5%, ist.
13. Spinnvlies (4) mit wenigstens einer Bikomponentenfasern (1) nach einem der vorhergehenden
Ansprüche.