[0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur gesteuerten Initiierung der Deflagration
einer in einer Hülle angeordneten Sprengladung, umfassend wenigstens eine im Bereich
der Längsachse der Sprengladung verlaufende Detonationsschnur.
[0002] Aus der
DE 100 08 914 C2 ist eine dosierbare Sprengladung für einen Gefechtskopf mit zwei unterschiedlichen
Zündeinrichtungen bekannt geworden. Während die erste Zündeinrichtung die Sprengladung
detonativ initiiert, ist die weitere, gegenläufig ausgerichtete Zündeinrichtung so
ausgelegt, dass höchstens eine subdetonative Initiierung erfolgen kann. Auch die Verwendung
von wenigstens einer Detonationsschnur für diesen Zweck ist hieraus bekannt. In der
Praxis haben sich einige Probleme ergeben, die im Extremfall zum Erlöschen der Initiierung
oder zur komplett detonativen Initiierung führen können.
[0003] Die
US 2012/0227609 A1 beschreibt ein Zündsystem mit zwei unterschiedlichen Zündeinrichtungen. Die erste
Zündeinrichtung ist konventionell für die detonative Auslösung der Sprengladung ausgelegt.
Die örtlich gegenüber liegende zweite Zündeinrichtung ist für eine deflagrative Initiierung
der Sprengladung dimensioniert. Da in diesem Zündsystem das selbe Bauprinzip mit gegenüber
liegenden Zündstellen verwendet wird, von denen aus die Detonationswellen gegeneinander
laufen, treten auch hier die bereits bekannten Mängel auf.
[0004] Dem gegenüber liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Zündvorrichtung
zu entwickeln, die in der Lage ist, eine deflagrative Initiierung über die gesamte
Länge der Sprengladung aufrecht zu erhalten, ohne dass die Deflagrationsreaktion in
axialer oder radialer Richtung in einen Abbrand übergeht, ausstirbt oder in eine Detonation
umschlägt.
[0005] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass die Detonationsschnur als Sprengladungskern
ausgeführt ist. Hieraus ergeben sich diverse Gestaltungsmöglichkeiten, die in den
weiteren Ansprüchen beschrieben sind und die eine Anpassung dieser Initiierung an
die örtlichen Gegebenheiten in der Sprengladung ermöglichen.
[0006] Der Sprengladungskern kann je nach den Erfordernissen von beiden Enden her gezündet
werden.
[0007] Besonders vorteilhaft ist, dass die Querabmessung des Sprengladungskerns dem Verlauf
der Hülle in Längsrichtung der Sprengladung anpassbar ist. Dies kann in Stufen erfolgen
oder auch kontinuierlich, so dass damit der Sprengladungskern an jede Form der Hülle
angeglichen werden kann.
[0008] Eine weitere Anpassungsmöglichkeit besteht darin, dass die Aufladung des Sprengladungskerns
über die Länge des Sprengladungskerns hinsichtlich der Art des Sprengstoffes homogen
oder örtlich unterschiedlich einstellbar ist. Es können somit bei Bedarf auch unterschiedliche
Sprengstoffarten miteinander zu einem Sprengladungskern kombiniert werden.
[0009] Um den Übergang vom detonativ reagierenden Sprengstoffkern zur Sprengladung bewusst
zu beeinflussen ist es hilfreich, wenn der Sprengladungskern von einem Mantel oder
einem Rohr umgeben ist. Dieser Mantel oder das Rohr kann beispielsweise aus einer
Kunststoffschicht oder einem Gewebe oder einer Kombination aus beiden bestehen. Als
Material für eine Ummantelung (Mantel oder Rohr) kommen u. a. Textilfasern, Kunststoffe
(Polymere) wie z. B. Polyethylen, Kvlar, Nylon, Polypropylen aber auch Wachs in Betracht.
[0010] Mit dem Deflagrator, der im Modus der kleinsten Wirkung allein initiiert wird, wird
eine subdetonative Reaktion ausgelöst, die als Deflagration bezeichnet wird. Dies
geschieht beispielsweise durch Detonation einer Detonationsschnur, wodurch die heißen
Reaktionsgase noch nicht reagiertes energetisches Material konvektiv erhitzen. Dies
setzt sich weiter über in der Sprengladung vorhandene Poren fort. Es bildet sich eine
mehrphasige Reaktionszone heraus, bei der die Druck- und Flammfront im Gegensatz zur
Detonation räumlich voneinander getrennt sind und sich durchaus mit unterschiedlicher
Geschwindigkeit fortpflanzen können. Die Reaktion führt letztlich zu einer Druckerhöhung,
unter der der Sprengstoff auch mechanisch versagen kann und sich Risse bilden und
weiter fortpflanzen. Die Reaktionsgeschwindigkeiten hängen auch vom Verdämmungszustand
der Sprengladung, d.h. Wandstärke und Festigkeit der Hülle, ab. Die Geschwindigkeit
der Druckfront liegt dabei im Bereich der Schallgeschwindigkeit des Sprengstoffs.
[0011] Eine stabile Deflagration ergibt sich aus der Rate der Energiedissipation im Vergleich
zur Energieerzeugungsrate, die hier durch die Detonationsschnur kontrolliert wird.
Nachfolgend werden einige Systemeinflussfaktoren beschrieben und konkrete Zahlen /
Zahlenbereiche für einzelne Parameter angegeben, bei denen eine kontrollierte Deflagration
abläuft.
[0012] Unempfindliche Sprengladungen enthalten einen Anteil des Kunststoffbinders von mindestens
10%. Der Anteil des Sprengstoffmoleküls, für das sich Hexogen, Oktogen, Fox-7 (1,1-Diamino-2,2-Dinitroethylen)
u.a. anbieten, kann dabei zwischen 90 und 50% liegen. Als Binder eignet sich hierfür
u. a. ein Zweikomponenten-Gießharz mit Hydroxyl-terminiertem Polybutadien (HTPB),
aber auch Silikongummi, Polyurethangummi, Polystyren, Estan oder Nylon. Der Binder
kapselt die Sprengstoffkristalle ein. Eine solche kunststoffgebundene Sprengladung
verfügt grundsätzlich infolge des Herstellungsprozesses über mikroskopisch kleine
Poren. Diese Poren bestimmen die Porosität der Sprengladung und stellen die für die
Deflagrationsreaktion notwendige freie Oberfläche zu Verfügung. Die Porositäten liegen
hierbei typischerweise im einstelligen Prozentbereich. Zur Steigerung der Blastdruckwirkung
kann die Sprengladung zusätzlich über gecoatete oder nicht gecoatete Metallpulver
mit Partikeln z.B. aus Aluminium, Magnesium, Titankarbid oder Zirkonkarbid verfügen.
Hierbei wird ein Anteil von 15 bis 25 Masse-Prozenten angestrebt um den Blastdruck
zu optimieren.
[0013] Für eine Detonationsschnur oder einen Sprengladungskern eignen sich vergleichsweise
energiereiche (hochbrisante) und/oder sensitive Sprengstoffe wie z. B. hexogen- oder
oktogenbasierte Sprengstoffmischungen, sowie RDX, PETN, HMX, HNS oder Sprengstoffmischungen
hieraus.
[0014] Die Detonationsschnur oder der Sprengladungskern sollte zusätzlich über eine Gewebe-
oder Kunststoffummantelung verfügen, die einen direkten Kontakt mit der Sprengladung
unterbindet und zu einer Dämpfung der Schockwelle bei der Detonation der Detonationsschnur
oder des Sprengladungskerns führt. Zudem kann der Durchmesser des Sprengladungskerns
bei nicht konstantem Hüllendurchmesser variieren und direkt an diesen angepasst werden.
Die Aufladung der Detonationsschnur ist dabei an Größe und Form der Sprengladung bzw.
Ladungshülle anzupassen.
[0015] Bei Vorhandensein einer Ladungshülle sind die relevanten Parameter die Wandstärke,
auch im Vergleich zum Ladungsdurchmesser, und die Materialfestigkeit. Diese werden
über den statischen Versagensdruck zweckmäßig miteinander verknüpft. Oberhalb eines
spezifischen Grenzdrucks werden mit höherer Wahrscheinlichkeit unerwünschte Übergänge
in stärkere Reaktionen (Detonation-to-Deflagration-Transitions, DDTs) erwartet. Eine
Verdämmung an den Ladungsenden kann durch die nachfolgend beschriebene Belüftung so
reguliert werden, dass sich kaum Unterschiede zu an den Enden offenen Ladungen zeigen
(d.h. durch die Aufweitungsgeschwindigkeit und damit der Druckrate).
[0016] Der Versagensdruck einer Verdämmung unter statischer Belastung wird berechnet anhand

mit
k =
di/
da, di als Innendurchmesser, da als Außendurchmesser und σ
max als Maximalspannung. Eine Verdämmung mit einem statischen Versagendruck kleiner als
2,6 kBar, typischerweise kleiner als 2,0 kBar, wird dabei, sofern die Initiierung
optimal an die Ladungsabmessungen angepasst ist, als günstig angesehen, um eine kontrolliert
ablaufende Deflagration zu gewährleisten. Im Gegensatz dazu können höhere Verdämmungswerte,
insbesondere wenn keine ausreichende Belüftung vorhanden ist, Übergänge in stärkere
Reaktionen (DDTs) begünstigen. Grundsätzlich kann die Belüftung durch Ladungsdeckel,
Sollbruchstellen der Hülle und Bohrungen nachhaltig beeinflusst werden, sofern es
sich um eine vollständig verdämmte Sprengladung handelt. Vorteilhaft ist die Belüftung
insbesondere im Bereich der Initiierung, wo die Deflagrationsreaktion beginnt und
hierdurch der Druck zuerst ansteigt. Eine permanente Entlüftung führt bei konstanter
Initiierung über die Ladungslänge zu einer Druckrate, die zu einer stabilen Deflagrationsreaktion
über den Ladungsradius führt. Diese Druckrate lässt sich indirekt über die Aufweitungsgeschwindigkeit
der Ladungshülle messen. Als Hüllenmaterial eignen sich nicht nur Metalle wie Stahl,
Aluminium, Titan oder entsprechende Legierungen, sondern auch Kunststoffe oder Komposit-Werkstoffe
wie GFK oder CFK, sowie CRC oder CFRC. Damit wird eine geringere letale Wirkung erreicht,
dagegen aber eine höhere Druckwelle.
[0017] Ein Ausführungsbeispiel ist in der Zeichnung dargestellt und wird im Folgenden näher
beschrieben. Es zeigen:
- Fig.1:
- die Radiallänge einer Sprengladung in Relation zur Aufladung eines Sprengladungskerns;
- Fig.2:
- ein Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Vorrichtung bei der Verwendung in
einem bekannten Wirksystem;
- Fig.3:
- Beispiele möglicher Querschnitte von Sprengladungskernen.
[0018] In der Figur 1 ist vertikal der Innenradius (Radiallänge) von der Mittelachse bis
zur Innenwand der Hülle aufgetragen und horizontal die hierfür geeignete Aufladung
eines Sprengstoffkerns. Innerhalb der gestrichelten Linien wird eine kontrolliert
ablaufende Deflagration erreicht. Oberhalb der gestrichelten Linien erstirbt die Deflagration
und unterhalb sie geht unkontrolliert in eine Detonation über.
[0019] In der Figur 2 ist ein Schnitt durch ein Wirksystem dargestellt, das innerhalb der
Hülle HÜ bis auf einen schlanken Hohlraum im Bereich der Längsachse LA mit Sprengstoff
SP gefüllt ist. Dieser nicht näher bezeichnete Hohlraum dient der Aufnahme des Sprengladungskerns
SK. Der Sprengladungskern erstreckt sich von einer ersten Zündeinrichtung Z1 an der
Spitze des Wirksystems bis zu einer weiteren Zündeinrichtung Z2 am Heck des Wirksystems.
Beide Zündeinrichtungen können zur Initiierung des Sprengladungskerns herangezogen
werden.
[0020] Erfindungsgemäß ist der Sprengladungskern SK in mehrere Abschnitte A1, A2, A3 aufgeteilt.
Dabei kann die Aufteilung je nach den Erfordernissen des Wirksystems auch in weniger
oder mehr Abschnitte sinnvoll sein. Diese Abschnitte entsprechen jeweils einer genau
für diesen Abschnitt angepassten Aufladung des Sprengladungskerns SK. Es ist auch
möglich den Verlauf der Aufladung entsprechend dem Verlauf der Hülle HÜ derart anzupassen,
dass die Aufladung nach einem höheren Wert im mittleren Bereich zum Ende hin wieder
abnimmt.
[0021] Es wurden bereits typische Werte für Aufladungen in den unterschiedlichen Bereichen
ermittelt, die Erfolg versprechend sind. So kann eine Aufladung im Abschnitt A1 im
Wertebereich 30 bis 50 g/m liegen, im zweiten Bereich A2 im Wertebereich 50 bis 70
g/m und schließlich im dritten Bereich A3 im Wertebereich 70 bis 100 g/m.
[0022] Eine weitere Anpassungsmöglichkeit besteht in der Wahl des Querschnitts des Sprengladungskerns
SK. Dieser kann je nach Anpassungsbedarf beispielsweise eckig, rund oval, halbrund
ausgeführt sein, wie dies in Figur 3 dargestellt ist.
[0023] Aufgrund der Anpassungsmöglichkeiten kann ein Sprengladungskern bei nahezu beliebigen
Formen und Größen von Gefechtsköpfen und anderen Wirksystemen Anwendung finden. Ein
weiterer Vorteil ist die signifikante Reduktion der
[0024] Anfangsgeschwindigkeit der aus der Hülle abgegebenen Splitter. Ebenso von Vorteil
ist die erhebliche Verringerung des maximalen Blastdruckes.
1. Vorrichtung zur gesteuerten Initiierung der Deflagration einer Sprengladung, die in
einer Hülle angeordnet sein kann, umfassend wenigstens eine im Bereich der Längsachse
der Sprengladung verlaufende Detonationsschnur, dadurch gekennzeichnet, dass die Detonationsschnur als Sprengladungskern ausgeführt ist.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Sprengladungskern wahlweise an jedem Ende initiierbar ist.
3. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Querabmessung des Sprengladungskerns dem Verlauf der Hülle in Längsrichtung der
Sprengladung anpassbar ist.
4. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Aufladung des Sprengladungskerns hinsichtlich ihrer Form dem Verlauf der Hülle
in Längsrichtung der Sprengladung anpassbar ist.
5. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Aufladung des Sprengladungskerns über die Länge des Sprengladungskerns hinsichtlich
der Art des Sprengstoffes homogen oder örtlich unterschiedlich einstellbar ist.
6. Vorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Sprengstoff insbesondere unter Berücksichtigung seiner Dichte und/oder seiner
prozentualen Zusammensetzung im Sprengladungskern anordenbar ist.
7. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Sprengladungskern von einem Mantel umgeben ist.
8. Vorrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Mantel aus einem Gewebe und/oder aus Kunststoff besteht.
9. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Sprengladungskern von einem Rohr umgeben ist.
10. Vorrichtung nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Rohr aus einem Gewebe und/oder aus Kunststoff besteht.