[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut in einer Walzstraße
mit mindestens zwei Walzgerüsten mit jeweils mindestens einer Walze, wobei jedem Walzgerüst
ein separater Antrieb für die mindestens eine Walze zugeordnet ist und eine Walzstraße.
[0002] Bei der Bearbeitung von Walzgut, z.B. Stahl oder verschiedene Metalle in Form von
sogenannten Brammen oder Knüppeln, durchläuft das Walzgut eine Walzstraße mit mehreren
Walzblöcken, beispielsweise ein Vor-, ein Zwischen- und ein Fertigblock. Die Walzblöcke
wiederum umfassen jeweils mehrere Walzgerüste, in denen das Walzgut in mehreren Stichen
zu Bändern oder Drähten ausgewalzt wird. Beim Drahtwalzen werden Walzgerüste verwendet,
die als Walzen je zwei übereinander befindliche Kaliberwalzringe mit abwechselnd rund
und oval gestalteten Kalibern aufweisen, deren Querschnitt nach jedem Stich abnimmt.
So wird aus Knüppeln mit annähernd quadratischem Querschnitt Runddraht hergestellt.
[0003] Um das Walzgut an jedem Walzgerüst auf die gewünschte Dicke bzw. den gewünschten
Querschnitt zu walzen, müssen die Drehzahlen der Walzen der einzelnen Walzgerüste
auf einen Sollwert für die Drehzahl geregelt werden. Die einzelnen Drehzahlsollwerte
und somit auch ein Verhältnis der Drehzahlen der Walzen der aufeinanderfolgenden Walzgerüste
zueinander werden in der Regel aus einem Stichplan vorgegeben. Um am Ende der Walzstraße
die gewünschte Dicke oder den gewünschten Querschnitt des bearbeiteten Walzgutes zu
erhalten, muss das vorgegebene Drehzahlverhältnis während der Bearbeitung möglichst
genau eingehalten werden, d.h. auch die Istwerte für die Drehzahlen der Walzen der
aufeinanderfolgenden Walzgerüste müssen während der gesamten Bearbeitung stets dem
vorgegebenen Drehzahlverhältnis entsprechen.
[0004] Insbesondere beim Drahtwalzen treten sehr hohe Walzgeschwindigkeiten auf, sodass
die Stichabnahmen und das Verhältnis der Drehzahlen der Walzen der einzelnen Walzgerüste
exakt aufeinander abgestimmt und konstant gehalten werden müssen, um Zug- und Druckbelastungen
auf den Draht zwischen den Walzgerüsten zu vermeiden. Schon geringe Abweichungen können
zu einem Reißen des Drahtes oder zu einer Schlingenbildung führen.
[0005] Eine Möglichkeit sicherzustellen, dass das Drehzahlverhältnis konstant gehalten wird,
ist es, alle Walzgerüste eines Walzblockes über ein mechanisches Verteilergetriebe
starr miteinander zu koppeln und mit einem gemeinsamen großen Motor anzutreiben. Ein
großer Nachteil hierbei ist jedoch, dass beispielsweise bei Verschleiß einzelner Walzringe
stets alle Walzringe ausgewechselt oder neu eingeschliffen werden müssen, da die Querschnitte
bzw. Durchmesser der Kaliber aufeinander abgestimmt sein müssen, um ein gewünschtes
Walzergebnis zu erzielen. Dadurch ist ein solches Vorgehen sehr zeitaufwendig und
kostenintensiv.
[0006] Diese Nachteile können dadurch überwunden werden, dass jedes Walzgerüst des Walzblockes
mit einem separaten Antrieb, also eigenem Motor und Getriebe, angetrieben wird. So
lassen sich die Walzengeschwindigkeiten der Walzen für jedes Walzgerüst über Drehzahlsollwerte,
die über eine für jeden Antrieb vorhandene Drehzahlregelung eingestellt werden, für
die einzelnen Antriebe unabhängig voneinander einstellen. Ein Verschleiß einzelner
Walzen bzw. Walzringpaare kann dann über eine Änderung des Drehzahlsollwertes zur
Erreichung der geforderten Walzengeschwindigkeit des jeweiligen Antriebs ausgeglichen
werden. Zudem wird kein in seinem Aufbau aufwändiges mechanisches Verteilergetriebe
benötigt.
[0007] Eine große Herausforderung einer solchen Antriebslösung stellt jedoch die Drehzahlregelung
der einzelnen Walzgerüste während der Bearbeitung von Walzgut dar. Beim Anstich eines
Walzgerüsts, d.h. beim Auftreffen des Walzguts auf die Walzen, wirkt auf dieses ein
reales Lastmoment, welches einen Einbruch der Drehzahl der Walzen an diesem Walzgerüst
bewirkt. Die Walzen anderer Walzgerüste hingegen, auf die zum Anstichzeitpunkt kein
oder ein abweichendes, z.B. ein kleineres reales Lastmoment wirkt, weisen eine unveränderte
bzw. nur leicht veränderte Drehzahl auf. Dies hat zur Folge, dass die Drehzahlen der
einzelnen Antriebe bzw. Walzen nicht mehr synchron, also nicht mehr in einem vorgegebenen
Drehzahlverhältnis zueinander arbeiten. Dies kann zu Zug- oder Druckbelastungen und
somit zu einem Reißen des Drahtes oder zu Schlingenbildung des Walzgutes zwischen
einzelnen Walzgerüsten führen.
[0008] Es ist ein Verfahren bekannt, wie die Drehzahlen aller Gerüste innerhalb eines Fertigblockes
nach Beaufschlagung durch reale Lastmomente, hervorgerufen durch in die Walzspalte
eintretendes Material, relativ zueinander konstant gehalten werden können und so eine
Zug- oder Druckbelastung im Draht vermieden wird.
[0009] Insbesondere dann, wenn aber auch zwischen dem Zwischenblock und dem Fertigblock
keine Schlingenbildung auftreten darf, d.h. wenn die Drehzahlen der Gerüste im Fertigblock
auch relativ gegenüber der Drehzahl des letzten Gerüsts im Zwischenblock konstant
bleiben müssen, ist das oben angegebene Verfahren nicht ausreichend. Ein in das erste
Gerüst des Fertigblocks eintretendes Material würde durch das reale Lastmoment die
Drehzahl des ersten Gerüsts einbrechen lassen und die existierende Vorschrift würde
dafür sorgen, dass die Drehzahlen der übrigen Gerüste des Fertigblocks diesen Drehzahleinbruch
mitmachen, also synchron bleiben. Gegenüber dem letzten Gerüst des Zwischenblocks
käme es so aber dennoch zu einer unzulässigen Asynchronität in den Drehzahlen. Das
bestehende Verfahren muss deshalb durch ein weiteres erfindungsgemäßes Verfahren ergänzt
werden.
[0010] Aufgabe der Erfindung ist es ein Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut anzugeben,
bei dem die oben genannten Nachteile vermieden werden. Ebenso ist es Aufgabe der Erfindung
eine Walzstraße zur Durchführung des Verfahrens anzugeben.
[0011] Die erstgenannte Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs
1 gelöst. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut in einer
Walzstraße, die mindestens einen mindestens zwei Walzgerüste mit jeweils mindestens
einer Walze aufweisenden Walzblock umfasst, wobei jedem Walzgerüst ein separater Antrieb
mit einem Drehzahlregler für die mindestens eine Walze zugeordnet ist, wird zu einem
Zeitpunkt in Abhängigkeit des Zeitpunkts der Beaufschlagung des Antriebs des ersten
Walzgerüstes des Walzblocks mit einem realen Lastmoment zur Drehzahlregelung der Antriebe
dem Drehzahlregler jedes Antriebes in Abhängigkeit eines erwarteten realen Lastmomentes
jeweils ein Zusatzwert zugeführt.
[0012] Mit anderen Worten: Zum Anstichzeitpunkt des ersten Walzgerüstes eines Walzblocks,
also dem Zeitpunkt zu dem das Walzgut in das erste Walzgerüst eines Walzblockes, z.B.
des Fertigblocks, eintritt, wird dieses erste Walzgerüst mit einem realen Lastmoment
beaufschlagt. Der Zeitpunkt der Beaufschlagung ist also der Zeitpunkt des Eintritts
des Walzgutes in das Walzgerüst, sodass auf dieses Walzgerüst ein reales Lastmoment
ausgeübt wird. Zu einem weiteren, geeigneten Zeitpunkt, kurz vor, gleichzeitig oder
kurz nach dem Zeitpunkt der Beaufschlagung des ersten Walzgerüstes mit einem realen
Lastmoment, wird dem Drehzahlregler des Antriebs des ersten Walzgerüstes und den Drehzahlreglern
der Antriebe der nachfolgenden Walzgerüste desselben Walzblocks, also z.B. alle weiteren
Walzgerüste des Fertigblocks, gleichzeitig jeweils ein Zusatzwert, z.B. ein Drehmomentwert,
zugeführt. Der Zeitpunkt, zu dem der jeweilige Zusatzwert zugeführt wird, wird dabei
in Abhängigkeit des Zeitpunkts der Beaufschlagung so gewählt, dass der Drehzahlregler
des jeweiligen Walzgerüstes das reale Lastmoment ausgleicht und ein Drehzahleinbruch
dort somit verhindert oder zumindest weitgehend kompensiert wird. Da in einer Walzstraße
systembedingte Verzögerungen auftreten, wird der Zusatzwert idealerweise zu einem
Zeitpunkt in Abhängigkeit des Zeitpunktes der Beaufschlagung zugeführt, dass ein durch
den Zusatzwert verursachtes, entsprechendes Drehmoment der Antriebe zu dem Zeitpunkt
erfolgt, in dem das reale Lastmoment auftritt. Der Zusatzwert wird dabei in Abhängigkeit
des erwarteten realen Lastmomentes, also des realen Lastmomentes, welches voraussichtlich
beim Eintritt des Walzgutes in das erste Walzgerüst an diesem auftreten wird, für
jeden Drehzahlregler jedes Antriebes ermittelt und dem jeweiligen Drehzahlregler zum
Zeitpunkt der Beaufschlagung zugeführt.
[0013] Es erfolgt also eine zeitgleiche Vorbesetzung aller Drehzahlregler aller Antriebe
eines Walzblocks zum Anstichzeitpunkt im ersten Walzgerüst mit dem Zusatzwert, um
eine gleichzeitige Vorsteuerung der Walzendrehzahlen aller Walzgerüste und damit einen
Gleichlauf aller Antriebe zu gewährleisten. Unter Vorbesetzung ist dabei zu verstehen,
dass der Ausgangswert des Drehzahlreglers auf einen von null verschiedenen Anfangswert
gesetzt wird, um eine schnellere Reaktion des Drehzahlreglers auf einen Drehzahleinbruch
zu erreichen. Es werden somit alle Drehzahlregler aller Antriebe des Walzblocks zeitgleich
zu einem Zeitpunkt kurz vor, gleichzeitig oder kurz nach dem Zeitpunkt der Beaufschlagung
des ersten Walgerüstes mit einem realen Lastmoment, also zu einem von dem Zeitpunkt
der Beaufschlagung abhängigem Zeitpunkt, mit dem jeweiligen Zusatzwert beaufschlagt.
Dadurch wird zum einen der durch die Beaufschlagung des Antriebs mit einem realen
Lastmoment bedingte Drehzahleinbruch am ersten Walzgerüst weitgehend kompensiert oder
zumindest verringert und eine Schlingenbildung vor dem ersten Walzgerüst eines Walzblockes
verhindert.
[0014] Da gemäß der Erfindung jedoch nicht nur dem Drehzahlregler des mit einem realen Lastmoment
beaufschlagten ersten Walzgerüstes bzw. ersten Antriebes der Zusatzwert zugeführt
wird, sondern dem Drehzahlregler jedes Antriebs jedes Walzgerüstes des Walzblocks,
wird nicht nur der Drehzahleinbruch an dem mit einem realen Lastmoment beaufschlagten
Antrieb verringert, sondern auch das Drehzahlverhältnis der Walzgerüste eines Walzblockes
zueinander bleibt erhalten. Durch Zuführung des jeweiligen Zusatzwertes in alle Drehzahlregler
wird nämlich an allen Antrieben der Drehzahleinbruch verhindert bzw. eine kurzzeitige
Änderung der Drehzahl bewirkt. Dies hat den Vorteil, dass sowohl eine Schlingenbildung
vor dem ersten Walzgerüst verhindert, als auch eine Synchronität der einzelnen Walzgerüste
zueinander, also das dem Stichplan entsprechende Drehzahlverhältnis, erhalten bleibt
und damit eine Schlingenbildung oder ein Reißen des Drahtes zwischen den einzelnen
Walzgerüsten des Walzblocks verhindert wird.
[0015] Die Drehzahlregler der Antriebe können verschiedene Regler, z.B. P- oder PI-Regler,
umfassen, denen der Zusatzwert zugeführt werden kann. Bei einer bevorzugten Ausgestaltung
der Erfindung wird der jeweilige Zusatzwert jedoch dem Drehzahlregler, der einen PI-Regler
umfasst, als Vorbesetzung eines I-Anteils zugeführt. Unter Vorbesetzung des I-Anteils
ist dabei zu verstehen, dass der I-Anteil des Drehzahlreglers auf einen von null verschiedenen
Anfangswert gesetzt wird, um eine schnellere Reaktion des Drehzahlreglers auf einen
Drehzahleinbruch zu erreichen. Eine Vorbesetzung des I-Anteils des Drehzahlreglers
hat im Gegensatz zu einem additiven Zusatzwert auf die Ausgangsgröße den Vorteil,
dass der Zusatzwert nicht wieder "abgeschaltet" werden muss, sondern vom Drehzahlregler
selbstständig abgebaut wird. Es erfolgt also eine selbstständige Korrektur des Drehzahlreglers,
indem der Zusatzwert anhand eines Vergleichs von Soll- und Ist-Werten der Drehzahlen
ausgeregelt wird.
[0016] Bei einer bevorzugten Ausführungsform werden das erwartete reale Lastmoment und der
jeweilige Zusatzwert anhand eines Stichplans ermittelt. In einem solchen Stichplan
wird z.B. festgelegt, auf welche Dicke das Walzgut in den einzelnen Walzgerüsten gewalzt
werden soll, und welche Drehzahlsollwerte hierfür eingestellt werden müssen. Daraus
lassen sich dann Lastmomente ermitteln, die für die einzelnen Walzgerüste erwartet
werden. Um den Drehzahleinbruch bei Beaufschlagung eines Antriebs mit einem realen
Lastmoment zu verringern, werden im Stichplan aus den ermittelten erwarteten realen
Lastmomenten die jeweiligen Zusatzwerte ermittelt und dem jeweiligen Drehzahlregler
zugeführt. Dies ist insbesondere von Vorteil, wenn noch keine Messwerte für auftretende
reale Lastmomente vorhanden sind, also z.B. zu Beginn der Bearbeitung.
[0017] Prinzipiell ist es möglich, den Zeitpunkt der Beaufschlagung des ersten Walzgerüstes
eines Walzblocks anhand verschiedener Messwerte zu ermitteln. Bei einer vorteilhaften
Ausführungsform des Verfahrens wird der Zeitpunkt der Beaufschlagung des Antriebs
des ersten Walzgerüstes mit dem realen Lastmoment anhand einer Messung einer Walzkraft
ermittelt. Der Eintritt des Walzgutes in das erste Walzgerüst, also die Beaufschlagung
des ersten Walzgerüsts mit einem realen Lastmoment, löst eine fast sprungartige Belastung
des Antriebs des ersten Walzgerüstes aus, sodass der Zeitpunkt der Beaufschlagung,
also der Anstichzeitpunkt, über eine Messung der Walzkraft am ersten Walzgerüst detektiert
werden kann.
[0018] Eine solche Messung der Walzkraft erfolgt dabei insbesondere mit einem Dehnungsmessstreifen,
welcher beispielsweise in eine Basisplatte des ersten Walzgerüstes integriert ist.
Zwar erhält man dadurch keinen exakten Wert für die Walzkraft, zur Ermittlung des
Zeitpunktes der Beaufschlagung ist jedoch ein zur Walzkraft proportionaler Wert ausreichend.
Überschreitet dieser Wert einen Schwellwert, wird dies als Indikator für eine Beaufschlagung
des Antriebs, also den Eintritt des Walzgutes in das Walzgerüst, gewertet. Der Zeitpunkt
zu dem dieser Schwellwert überschritten wird, wird somit als Zeitpunkt der Beaufschlagung
des ersten Walzgerüsts mit einem realen Lastmoment betrachtet. Die Zuführung des jeweiligen
Zusatzwertes erfolgt somit kurz nach dem Zeitpunkt der Beaufschlagung und der Drehzahleinbruch
wird verringert.
[0019] Eine weitere bevorzugte Möglichkeit besteht darin, den Zeitpunkt der Beaufschlagung
des Antriebs des ersten Walzgerüstes mit dem realen Lastmoment anhand einer Materialverfolgung
des Walzgutes zu ermitteln. Dies kann beispielsweise anhand einer modellgestützten
Materialverfolgung erfolgen. Möglich ist auch die Verwendung sogenannter "hot metal
detectors" zur Materialverfolgung, die z.B. vor dem ersten Walzgerüst eines Walzblocks
angeordnet sind. Solche Detektoren umfassen u.a. eine Lichtschranke, mit der der Zeitpunkt
erfasst werden kann, zu dem das vordere Ende des Walzgutes, also z.B. die Drahtspitze,
den Detektor passiert. Ist die Position des Detektors in Bezug auf das erste Walzgerüst
bzw. die Laufzeit des Walzgutes bis zum ersten Walzgerüst oder die Geschwindigkeit
des Walzgutes bekannt, kann daraus der Zeitpunkt der Beaufschlagung ermittelt werden.
[0020] Um den Zeitpunkt, zu dem der Zusatzwert zugeführt werden soll, in Abhängigkeit des
Zeitpunktes des Beaufschlagung des ersten realen Lastmomentes, möglichst exakt ermitteln
zu können, werden beispielsweise bei der Ermittlung des Zeitpunktes der Beaufschlagung
auftretende Verzögerungen berücksichtigt. Eine solche Verzögerung kann beispielsweise
die Ansprechzeit der vorher erwähnten Lichtschranke sein, die dann bei der Bestimmung
des Zeitpunktes der Zuführung des Zusatzwertes mit einberechnet wird. So wird z.B.
eine für die Funktion des Verfahrens nachteilige, zeitverzögerte Vorbesetzung des
Drehzahlreglers vermieden.
[0021] Dabei ist es insbesondere von Vorteil, wenn zur Ermittlung des Zeitpunkts der Zuführung
des Zusatzwertes Verzögerungen des Drehzahlreglers und der Antriebe berücksichtigt
werden. Hierzu zählen beispielsweise Trägheitsmomente des Antriebs, wie z.B. die Stromanstiegszeit
des Motors. Mit anderen Worten: Der Zeitpunkt der Zuführung wird entsprechend der
Zeitspanne der Verzögerung korrigiert, sodass der Zusatzwert zu einem früheren, der
Dauer der Verzögerung entsprechenden früheren Zeitpunkt zugeführt wird. Der Zusatzwert
wird hier somit idealerweise zu einem Zeitpunkt in Abhängigkeit des Zeitpunktes der
Beaufschlagung zugeführt, dass das durch den Zusatzwert verursachte, entsprechende
Drehmoment der Antriebe genau zu dem Zeitpunkt erfolgt, in dem das reale Lastmoment
auftritt.
[0022] Bei einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung wird der jeweilige Zusatzwert während
der Bearbeitung des Walzgutes anhand von Korrekturfaktoren adaptiert. Zu Beginn der
Bearbeitung sind die Korrekturfaktoren der einzelnen Zusatzwerte gleich eins. In weiteren
Verfeinerungsschritten werden die einzelnen Korrekturfaktoren angepasst. Dadurch können
die Setzwerte der I-Anteile für jeden Antrieb vertrimmbar gemacht werden. Durch die
Anpassung der Korrekturfaktoren können beispielsweise unterschiedliche Abnutzungen
von Walzgerüsten und Kalibern aber auch Ungenauigkeiten in der Stichplanberechnung
kompensiert werden.
[0023] Die zweitgenannte Aufgabe wird gelöst mit einer Walzstraße mit den Merkmalen des
Patentanspruchs 9. Die Walzstraße zur Bearbeitung von Walzgut umfasst mindestens einen
mindestens zwei Walzgerüste mit jeweils mindestens einer Walze aufweisenden Walzblock,
wobei jedem Walzgerüst ein separater Antrieb mit Drehzahlregler für die mindestens
eine Walze zugeordnet ist, und eine Steuer-/Regeleinheit, in der eine Software zur
Durchführung des Verfahrens nach einem der vorhergehenden Ansprüche implementiert
ist.
[0024] Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie
die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich
im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung der Ausführungsbeispiele, die im Zusammenhang
mit den Zeichnungen näher erläutert werden.
[0025] Für eine weitere Beschreibung der Erfindung wird auf die Ausführungsbeispiele der
Zeichnungen verwiesen. Es zeigt in einer schematischen Prinzipskizze:
- FIG 1
- einen Ausschnitt einer Walzstraße mit aufeinander-folgenden Walzgerüsten und mit einem
separaten Antrieb für jedes Walzgerüst,
- FIG 2
- eine schematische Darstellung einer Drehzahlregelung der Antriebe der Walzstraße.
[0026] FIG 1 zeigt einen Ausschnitt einer Walzstraße 2 mit zwei Walzblöcken 20, z.B. einem
Zwischenblock 20a und einem Fertigblock 20b. Ein Walzblock 20 umfasst mindestens zwei
Walzgerüste 4 mit jeweils mindestens einer Walze 13, z.B. zwei Walzen 13, zur Bearbeitung
eines Walzgutes 6. In FIG 1 sind beispielhaft acht aufeinanderfolgende Walzgerüste
4 eines Walzblocks 20, aus Gründen der Übersichtlichkeit nur für den Fertigblock 20b,
dargestellt, die das Walzgut 6, z.B. ein Knüppel der zu Draht gewalzt wird, durchläuft.
Jedem Walzgerüst 4 ist ein separater Antrieb 8, umfassend einen Motor 10 und ein Getriebe
12, mit einem Drehzahlregler 14 zugeordnet, welcher in FIG 1 aus Gründen der Übersichtlichkeit
nur für ein Walzgerüst 4 eingezeichnet ist. Der Drehzahlregler 14 regelt die Walze
13 des jeweiligen Antriebs 8 auf einen Sollwert für die Drehzahl n
soll. Hierfür wird vom Drehzahlregler 14 des Antriebs 8 ständig ein Istwert der Drehzahl
n
Ist erfasst, mit dem Sollwert der Drehzahl n
soll, welcher z.B. anhand eines Stichplans ermittelt wird, verglichen und daran angepasst.
Zur Steuerung und Regelung der Drehzahlregler 14 umfasst die Walzstraße 2 eine Steuer-/Regeleinheit
24 - ebenfalls nur für ein Walzgerüst 4 dargestellt - in der eine Software zur Durchführung
des Verfahrens implementiert ist.
[0027] FIG 2 zeigt eine Drehzahlregelung 26 für einen Walzblock 20 mit mehreren Walzgerüsten
4 zur Regelung der Drehzahlen n
Ist,i aller Antriebe 8 und somit der Walzen 13 der Walzgerüste 4 des Walzblocks 20, z.B.
des Fertigblocks 20b. Jedem Antrieb 8 ist ein Drehzahlregler 14 zugeordnet, welcher
einen PI-Regler umfasst, welcher eine Regeldifferenz zwischen dem Istwert der Drehzahl
n
Ist,i und dem Sollwert der Drehzahl n
soll,i erfasst und regelt. Des Weiteren umfasst die Drehzahlregelung 26 einen Strom- bzw.
Drehmomentregelkreis 28 für jeden Antrieb 8, welcher den Motor 10 mit Strom versorgt
und in einen gewünschten Betriebspunkt steuert und der die Trägheitsmomente des Antriebs
8 bei der Regelung berücksichtigt.
[0028] Das erste Walzgerüst 4 des Walzblocks 20 wird zu einem Zeitpunkt t
B mit einem realen Lastmoment beaufschlagt. In Abhängigkeit dieses Zeitpunktes t
B wird zu einem Zeitpunkt t
ZW zur Drehzahlregelung der Antriebe 8 dem Drehzahlregler 14 jedes Antriebs 8 in Abhängigkeit
des zu erwartenden realen Lastmomentes ein Zusatzwert ZW zugeführt. Es werden also
alle Antriebe 8 zu einem Zeitpunkt t
ZW, der in Abhängigkeit des Zeitpunktes t
B ermittelt wurde und z.B. kurz vor, bei oder kurz nach diesem Zeitpunkt t
B der Beaufschlagung liegt, mit einem Zusatzwert ZW vorbesetzt. Dieser wird dem jeweiligen
PI-Regler des jeweiligen Antriebs 8 als Vorbesetzung des I-Anteils zugeführt. Jedem
Antrieb 8 bzw. dem jeweiligen Drehzahlregler 14 wird also zu dem Zeitpunkt t
ZW der jeweilige Zusatzwert ZW zugeführt. Dadurch wird ein Drehzahleinbruch, also eine
Verringerung der Ist-Drehzahl n
Ist,i, an allen Walzgerüsten 4 verringert bzw. weitgehend vermieden, sodass das Drehzahlverhältnis
der einzelnen Walzgerüste 4 zueinander und zum letzten Walzgerüst des Walzblocks 20a
konstant bleibt.
[0029] Das erwartete reale Lastmoment und der jeweilige Zusatzwert ZW werden dabei anhand
eines Stichplans ermittelt und dem PI-Regler des jeweiligen Drehzahlreglers 14 zu
einem Zeitpunkt t
ZW zugeführt. Nach der Vorbesetzung des I-Anteils mit dem Zusatzwert wird im nächsten
Systemtakt der Drehzahlregler 14 wieder freigegeben und regelt die Regeldifferenz
zwischen dem Istwert der Drehzahl n
Ist,i und dem Sollwert der Drehzahl n
Soll, i .
[0030] Um den Zeitpunkt t
B der Beaufschlagung zu ermitteln, ist gemäß FIG 1 eine Messeinrichtung 22 vorhanden.
Mit der Messeinrichtung 22 wird der Zeitpunkt t
B der Beaufschlagung des ersten Walzgerüstes 4 mit dem realen Lastmoment beispielsweise
anhand einer Messung der Walzkraft M ermittelt. Die Messeinrichtung 22 zur Messung
der Walzkraft ist als Dehnungsmessstreifen ausgebildet, welcher im ersten Walzgerüst
4 angeordnet ist.
[0031] Zudem wird der Zeitpunkt t
B der Beaufschlagung des ersten Walzgerüstes 4 mit dem realen Lastmoment anhand einer
Materialverfolgung ermittelt. Hierfür weist die Messeinrichtung 22 einen "hot metal
detector" auf, der vor dem ersten Walzgerüst 4 angeordnet ist und den Zeitpunkt erfasst,
zu dem das Walzgut 6 diesen passiert. Der Zeitpunkt t
B der Beaufschlagung des ersten Walzgerüstes 4 mit dem realen Lastmoment wird also
schon vor dem Eintritt des Walzgutes 6 in das erste Walzgerüst 4 des Walzblocks 20
ermittelt. In Abhängigkeit des Zeitpunktes t
B der Beaufschlagung des ersten Walzgerüstes 4 mit dem realen Lastmoment wird anschließend
der Zeitpunkt t
ZW ermittelt. Zu dem Zeitpunkt t
ZW befindet sich das Walzgut 6, wie in FIG 1 gestrichelt angedeutet, noch vor dem ersten
Walzgerüst 4.
[0032] Bei der Bestimmung des Zeitpunktes t
ZW in Abhängigkeit des Zeitpunktes t
B werden außerdem Verzögerungen, beispielsweise das Trägheitsmoment des sich aufbauenden
Motordrehmomentes M
mot, i, welches typischerweise eine Verzögerung von 10 bis 50ms verursacht, berücksichtigt.
Dementsprechend erfolgt die Zuführung des Zusatzwertes ZW zu einem Zeitpunkt t
ZW der kurz vor dem Zeitpunkt der Beaufschlagung t
B liegt. Da allen Drehzahlreglern 14 ein jeweiliger Zusatzwert ZW zugeführt wird, wird
an allen Antrieben 8 ein Drehzahleinbruch beim Eintritt des Walzgutes 6 in das erste
Walzgerüst 4 eines Walzblockes 20 vermindert. Dadurch ist die Synchronität der einzelnen
Walzgerüste 4 des Walzblocks 20b und des letzten Gerüsts des Walzblocks 20a, also
deren Drehzahlverhältnis zueinander, beim Eintritt des Walzgutes 6 in den Walzblock
20b gewährleistet. Ein aus dem Stichplan vorgegebenes Drehzahlverhältnis der Walzgerüste
4 bleibt somit während der gesamten Bearbeitung des Walzgutes 6 konstant. Dadurch
wird eine Schlingenbildung zwischen den einzelnen Walzgerüsten 4 eines Walzblockes
20 und zwischen den Walzblöcken 20a und 20b verhindert.
[0033] Des Weiteren wird der jeweilige Zusatzwert ZW während der Bearbeitung des Walzgutes
6 anhand von Korrekturfaktoren K
i adaptiert, wodurch die Zusatzwerte für jeden Antrieb noch vertrimmbar und dadurch
passgenauer unter Ausschaltung nicht kalkulierbarer Dreckeffekte gemacht werden können.
[0034] Obwohl die Erfindung im Detail durch das bevorzugte Ausführungsbeispiel näher illustriert
und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele
eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden,
ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.
1. Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut (6) in einer Walzstraße (2), die mindestens
einen mindestens zwei Walzgerüste (4) mit jeweils mindestens einer Walze (13) aufweisenden
Walzblock (20, 20a, 20b) umfasst, wobei jedem Walzgerüst (4) ein separater Antrieb
(8) mit einem Drehzahlregler (14) für die mindestens eine Walze (13) zugeordnet ist,
bei dem zu einem Zeitpunkt (tZW) in Abhängigkeit des Zeitpunkts (tB) der Beaufschlagung des Antriebs (8) des ersten Walzgerüstes (4) des Walzblocks (20,
20a, 20b) mit einem realen Lastmoment zur Drehzahlregelung der Antriebe (8) dem Drehzahlregler
(14) jedes Antriebes (8) in Abhängigkeit eines erwarteten realen Lastmomentes jeweils
ein Zusatzwert (ZW) zugeführt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
bei dem der Drehzahlregler (14) einen PI-Regler umfasst, dem der jeweilige Zusatzwert
(ZW) als Vorbesetzung eines I-Anteils zugeführt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
bei dem das erwartete reale Lastmoment und der jeweilige Zusatzwert (ZW) anhand eines
Stichplans ermittelt werden.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
bei dem der Zeitpunkt (tB) der Beaufschlagung des Antriebs (8) des ersten Walzgerüstes (4) mit dem realen Lastmoment
anhand einer Messung einer Walzkraft ermittelt wird.
5. Verfahren nach Anspruch 4,
bei dem die Messung der Walzkraft mit einem Dehnungsmessstreifen erfolgt.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
bei dem der Zeitpunkt (tB) der Beaufschlagung des Antriebs (8) des ersten Walzgerüstes (4) mit dem realen Lastmoment
anhand einer Materialverfolgung des Walzgutes (6) ermittelt wird.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
bei dem zur Ermittlung des Zeitpunkts (tZW) Verzögerungen des Drehzahlreglers (14) und der Antriebe (8) berücksichtigt werden.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
bei dem der jeweilige Zusatzwert (ZW) während der Bearbeitung des Walzgutes (6) anhand
von Korrekturfaktoren (Ki) adaptiert wird.
9. Walzstraße (2) zur Bearbeitung von Walzgut (6) mit mindestens einem mindestens zwei
Walzgerüste (4) mit jeweils mindestens einer Walze (13) aufweisenden Walzblock (20,
20a, 20b), wobei jedem Walzgerüst (4) ein separater Antrieb (8) mit einem Drehzahlregler
(14) für die mindestens eine Walze (13) zugeordnet ist, und mit einer Steuer-/Regeleinheit
(24), in der eine Software zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorhergehenden
Ansprüche implementiert ist.