[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Bearbeitung von Walzgut
in einer Walzstraße.
[0002] Bei der Bearbeitung von Walzgut in einer Walzstraße zu Platten, Drähten oder Bändern
kommt es beispielsweise beim Aufheizen und Abkühlen in einem Warmwalzprozess zu Phasenumwandlungen
und/oder Gefügeänderungen im Walzgut. Beispiele hierfür sind die Umwandlung von kubisch-flächenzentriertem
zu raumzentriertem Eisen bei der Stahlherstellung, die Bildung von Mg
2Si Ausscheidungen bei Aluminium-Legierungen oder die Rekristallisation nach Umformprozessen.
Solche Phasenumwandlungen oder Gefügeänderungen haben einen entscheidenden Einfluss
auf die mechanischen Eigenschaften des Walzgutes, weshalb versucht wird solche Umwandlungsprozesse
gezielt zu steuern, um am Ende des Walzprozesses Walzgut mit bestimmten Materialeigenschaften
zu erhalten.
[0003] Die zerstörungsfreie Messung solcher Vorgänge bzw. der Materialeigenschaften während
des Walzprozesses ist jedoch oftmals schwierig. Es ist beispielsweise bekannt, Stichproben
des Walzgutes zu entnehmen und daraus die mechanischen Eigenschaften zu bestimmen.
Nachteilig hierbei ist jedoch, dass solche Stichproben nur an bestimmten Stellen,
z.B. am Anfang oder Ende des Walzgutes z.B. an der Drahtspitze oder am vorderen Ende
eines Stahlbandes, entnommen werden können, und dass deren Auswertung einen hohen
zeitlichen Aufwand erfordert.
[0004] Eine weitere Möglichkeit besteht darin, mithilfe von Online-Messungen, also Messungen
während der Bearbeitung des Walzgutes, Korngrößen aus den magnetischen Eigenschaften
des Materials zu bestimmen und daraus Rückschlüsse auf die mechanischen Eigenschaften
des Materials zu ziehen. Dieses Verfahren ist zwar zerstörungsfrei und erfasst einen
Großteil des Walzgutes, jedoch lassen sich die Struktur des Walzgutes bzw. im Walzgut
vorhandene Phasen nicht oder nur sehr eingeschränkt detektieren. Des Weiteren stoßen
magnetische Messungen oberhalb der Curie-Temperatur an ihre Grenzen, sodass keine
zuverlässigen Aussagen mehr möglich sind.
[0005] Zusätzlich oder ergänzend zur Stichprobenentnahme ist es außerdem bekannt, unter
Verwendung eines Gefügemodells eine Abschätzung der Gefügebestandteile oder mechanischen
Eigenschaften des gesamten Walzgutes, also z.B. über die gesamte Länge des Drahtes
oder Stahlbandes, vorzunehmen. Hierfür ist es jedoch notwendig, die Stichproben zuvor
zu kalibrieren.
[0006] Aus der
DE 199 41 736 A1 ist beispielsweise bekannt, das Walzgut während der Bearbeitung mit Röntgenstrahlung
zu durchstrahlen und die Beugungsintensitäten der am Walzgut gebeugten Röntgenstrahlung
zu erfassen und analysieren. Dieses Verfahren hat jedoch den Nachteil, dass die vom
Walzgut ausgehende Röntgenstrahlung durch Absorption im Walzgut bereits deutlich geschwächt
wird und die gemessene Intensität von der Dicke des Walzgutes abhängig ist.
[0007] Es ist daher Aufgabe der Erfindung ein verbessertes Verfahren zur Bearbeitung von
Walzgut anzugeben, mit dem Eigenschaften des Walzgutes während des Walzprozesses zuverlässig
bestimmt werden können. Es ist außerdem Aufgabe der Erfindung eine Vorrichtung zur
Durchführung des Verfahrens anzugeben.
[0008] Die erstgenannte Aufgabe wird gelöst mit einem Verfahren gemäß den Merkmalen des
Patentanspruchs 1. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut
in einer Walzstraße wird das Walzgut während der Bearbeitung mit Röntgenstrahlung
bestrahlt. Mit zumindest einem Röntgendetektor wird die Intensität einer vom Walzgut
in zumindest eine vorgegebene Richtung gebeugten Röntgenstrahlung gemessen und anhand
der Intensität wird zumindest ein Ist-Wert eines Strukturparameters des Walzgutes
ermittelt. Der zumindest eine Röntgendetektor wird dabei in einer Position angeordnet,
in der das Auftreten eines Reflexes erwartet wird.
[0009] Mit anderen Worten: Die an einer bestimmten Gitterebene einer im Walzgut erwarteten
Phase gebeugte Röntgenstrahlung bzw. die Intensität eines für eine bestimmte Gitterebene
erwarteten Reflexes wird an einer voreingestellten Position gemessen. Dies hat den
Vorteil, dass z.B. durch Röntgenfluoreszenz verursachte Röntgenstrahlung die Messung
nicht oder kaum beeinflusst.
[0010] Während des Walzprozesses wird also am Walzgut eine online-Röntgendiffraktometrie
durchgeführt und aus der gemessenen Intensität der am Walzgut gebeugten Röntgenstrahlung
wird ein Strukturparameter des Walzgutes ermittelt, also quasi eine online-Zustandsbestimmung
durchgeführt. Ein solcher Ist-Wert des Strukturparameters ist z.B. eine im Walzgut
vorhandene bzw. erwartete Phase, die anhand der Lage bzw. Position eines Reflexes
identifiziert werden kann, ein Anteil einer im Walzgut vorhandenen bzw. erwarteten
Phase oder ein Mikrostrukturparameter, beispielsweise im Walzgut vorhandene Ausscheidungen
und deren Größe oder eine Korngröße in einer Phase, die z.B. anhand eines Intensitätsprofils
des Reflexes bzw. der Reflexschärfe ermittelt werden kann.
[0011] Bei einem Walzgut handelt es sich um ein polykristallines Material mit einzelnen
Kristalliten, die im Walzgut statistisch orientiert sind. Aufgrund der polykristallinen
Struktur des Walzgutes liegen ausreichend Kristallite vor, deren Gitterebenen in unterschiedlichem
Winkel zur Oberfläche des Walzgutes orientiert sind, sodass für jede Gitterebene ein
Reflex mit ausreichender Intensität erzeugt wird. Die einzelnen Kristallite liegen
in Abhängigkeit von Temperatur oder Verformungsgrad in verschiedenen Phasen, z.B.
Austenit mit einer kubisch flächenzentrierten Struktur (fcc) oder Ferrit mit einer
kubisch raumzentrierten Struktur (bcc), vor, die die mechanischen Eigenschaften des
Walzgutes beeinflussen. Durch die Ermittlung eines Strukturparameters des Walzgutes
während der Bearbeitung ist somit eine verbesserte Qualitätskontrolle möglich.
[0012] Die Erfindung beruht dabei auf der Idee, dass die Intensität der am Walzgut gebeugten
Röntgenstrahlung in zumindest einer vorgegebenen Richtung von einem Röntgendetektor
gemessen wird. Mit anderen Worten: Der Röntgendetektor wird in einer Position derart
angeordnet, dass er die an einer bestimmten Gitterebene des Walzgutes, z.B. an einer
(111)-Ebene eines austenitischen Kristallits, gebeugte bzw. reflektierte Röntgenstrahlung
detektieren kann. Die vorgegebene Position, an der der Röntgendetektor angeordnet
wird, wird also anhand des Auftretens eines bei einer zu untersuchenden bzw. im Walzgut
zu erwartenden oder gewünschten Phase erwarteten Reflexes gewählt. Dies hat den Vorteil,
dass der Röntgendetektor während der Messung nicht über einen bestimmten Winkelbereich
bewegt werden muss, sondern vom Walzgut ausgehende Reflexe gezielt detektiert werden
können. Zudem sind bei voreingestellten, also entsprechend der erwarteten Reflexe
positionierten Röntgendetektoren keine aufwendigen Verfahren zur Ermittlung des Strukturparameters,
wie z.B. die Rietveltmethode, notwendig, welche insbesondere in Echtzeit problematisch
sind.
[0013] Die Lage bzw. Position der für die zu untersuchende Phase erwarteten Reflexe, bzw.
der Beugungswinkel θ unter dem eine Gitterebene der Phase die Röntgenstrahlung beugt,
kann mit Hilfe der Bragg-Bedingung - nλ=2dsinθ - ermittelt werden. Der Beugungswinkel
θ ist dabei derjenige Winkel, den der einfallende Röntgenstrahl und die die Bragg-Bedingung
erfüllende Gitterebene zwischen sich einschließen. Da die Reflexionsbedingung Einfallswinkel
gleich Ausfallswinkel gilt, werden Röntgendetektor und Röntgenquelle derart positioniert,
dass der Winkel zwischen beiden 180°-2θ beträgt. Unter vorgegebener Richtung ist also
diejenige Richtung zu verstehen, in die eine bestimmte Gitterebene einer bestimmten
Phase die einfallende Röntgenstrahlung beugt. Für welche Gitterebenen einer Phase
Reflexe erwartet werden und für welche diese ausgelöscht werden, kann mithilfe eines
Strukturmodells bzw. des Strukturfaktors ermittelt werden.
[0014] Die im Walzgut vorhandenen bzw. aufgrund vorhergehender Bearbeitungsschritte erwarteten
Phasen können prinzipiell anhand von Tabellen oder Erfahrungswerten ermittelt werden.
Wie bereits erwähnt, kann die Lage bzw. Position eines Reflexes einer Gitterebene
einer erwarteten Phase über die Bragg-Bedingung und anhand eines Strukturmodells ermittelt
werden. Bei einer bevorzugten Ausführungsform wird eine im Walzgut erwartete Phase
und somit die Position, in der das Auftreten eines Reflexes erwartet wird anhand eines
Gefügemodells ermittelt. Mit dem Gefügemodell werden anhand von Verformungsgrad, Temperatur,
Abkühlungszeit und Zusammensetzung des Walzgutes die im Walzgut vorhandenen bzw. die
an einer bestimmten Position in der Walzstraße erwarteten Phasen, während der Bearbeitung
stattfindende Phasenumwandlungen oder Rekristallisationsprozesse im Walzgut ermittelt.
Aus den anhand des Gefügemodells erwarteten Phasen, werden die für diese Phasen erwarteten
Reflexe ermittelt und der zumindest eine Röntgendetektor entsprechend positioniert.
[0015] Eine erste Möglichkeit des Verfahrens besteht darin, als Ist-Wert des Strukturparameters
zu ermitteln, ob eine im Walzgut erwartete Phase zu einer gegebenen Zeit bereits vorhanden
ist und den Anteil der im Walzgut vorhandenen Phase zu ermitteln. Wird in die vorgegebene
Richtung Röntgenstrahlung gebeugt, wird also ein Reflex gemessen, lässt sich daraus
schließen, dass die Phase bzw. die Gitterebene, von der der Reflex erzeugt wurde,
im Walzgut vorhanden ist. Eine Phase, die im Walzgut vorhanden ist, wird somit anhand
des Auftretens eines Reflexes an einer bestimmten Position bzw. einer absoluten Intensität
der in eine vorgegebene Richtung gebeugten Röntgenstrahlung, identifiziert. Durch
vorherige Kalibrierung lässt sich zudem der Anteil der im Walzgut vorhandenen Phase
ermitteln.
[0016] Vorteilhafterweise wird an zumindest zwei unterschiedlichen Positionen jeweils die
Intensität der vom Walzgut gebeugten Röntgenstrahlung gemessen und durch Vergleich
der gemessenen Intensitäten als Ist-Wert des Strukturparameters zumindest der Anteil
einer im Walzgut vorhandenen Phase bestimmt. Wird ein Röntgendetektor, der einen ausreichend
großen Winkelbereich detektieren kann, verwendet oder liegen die Reflexe bzw. die
in die zumindest zwei Richtungen gebeugte Röntgenstrahlung in einem hinreichend kleinen
Winkelbereich, ist es ausreichend einen Röntgendetektor mit einer entsprechend großen
Empfangsfläche zu verwenden. Es bietet sich jedoch an, zwei oder mehr Röntgendetektoren
einzusetzen, die an den unterschiedlichen Positionen angeordnet werden. Der Vergleich
der gemessenen Intensitäten kann dabei beispielsweise durch eine Differenzbildung
oder durch Ermittlung eines Verhältnisses der maximalen Intensitäten erfolgen. Sind
z.B. zwei unterschiedliche Phasen im Walzgut vorhanden, werden die zwei Röntgendetektoren
an zwei Positionen, an denen das Auftreten eines Reflexes für jeweils eine Phase erwartet
wird angeordnet. Aus dem Verhältnis der maximalen Intensitäten der beiden Reflexe
zueinander kann eine Aussage über das Verhältnis der Phasen zueinander und somit der
Anteil der jeweiligen Phase im Walzgut ermittelt werden. Der Anteil einer Phase wird
also anhand einer relativen Intensität der gebeugten Röntgenstrahlung bestimmt. Dadurch
ist es möglich mehrere Phasen simultan zu ermitteln und somit das Gefüge des Walzgutes,
nach vorheriger Kalibrierung, quantitativ zu erfassen.
[0017] Bei einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des Verfahrens wird der Ist-Wert des
Strukturparameters durch Vergleich eines Intensitätsprofils der vom Walzgut in die
zumindest eine vorgegebene Richtung gebeugten Röntgenstrahlung mit einem erwarteten
Intensitätsprofil ermittelt. Aufgrund der Bewegung des Walzgutes während der Messung,
Temperatur- und Mikrostrukturschwankungen sowie der polykristallinen Eigenschaft des
Walzgutes ergibt sich für einen Reflex kein einzelner Peak der Intensität, sondern
ein über einen kleinen Winkelbereich ausgedehntes Intensitätsprofil. Beispielsweise
bewirkt eine kleinere Korngröße eine geringere Kohärenzlänge und damit eine Aufweitung,
also eine Verbreiterung des Reflexes. Das erwartete Intensitätsprofil kann dabei z.B.
anhand der erwarteten Phasen und Korngrößen, sowie der Temperatur bestimmt und mithilfe
der Messbedingungen, z.B. Fokusbedingungen, kalibriert werden. Durch anschließenden
Vergleich mit dem gemessenen Intensitätsprofil lassen sich daraus z.B. aus der maximalen
Intensität der Anteil einer Phase oder für Korngrößen kleiner als 0,2µm aus der Halbwertsbreite
des Intensitätsprofils mithilfe der Scherrer-Gleichung die Korngröße ermitteln.
[0018] In einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung des Verfahrens wird ein zeitlicher Verlauf
der Intensität der in die zumindest eine vorgegebene Richtung gebeugten Röntgenstrahlung
gemessen und daraus eine Änderung des Ist-Wertes des Strukturparameters in Abhängigkeit
von einer Position im Walzgut ermittelt. Mit anderen Worten: Während der Bearbeitung
des Walzgutes wird zumindest über eine Teillänge des Walzgutes in zeitlichen Abständen,
z.B. alle 0,1 bis 15s, die Intensität desselben Reflexes gemessen und daraus jeweils
der Ist-Wert des Strukturparameters, z.B. der Anteil einer Phase ermittelt. So ist
es möglich zu überprüfen, ob der Ist-Wert des Strukturparameters über die Länge des
Walzgutes konstant ist oder ob Abweichungen bzw. Schwankungen auftreten.
[0019] Wenn außerdem eine Temperatur des Walzgutes gemessen und bei der Ermittlung des Ist-Wertes
des Strukturparameters eine Abhängigkeit der Intensität von der Temperatur berücksichtigt
wird, ist die Genauigkeit des Verfahrens erhöht. Die Temperatur wird dabei möglichst
im Brennfleck gemessen. Die Gitterkonstanten der einzelnen Phasen sind temperaturabhängig,
sodass bei der online-Röntgendiffraktometrie zwei Effekte auftreten können. Zum Einen
nehmen die Kristallschwingungen mit steigender Temperatur zu, was zu einer geringeren
Intensität der Reflexe führt. Zum Anderen ergeben sich bei einer höheren Temperatur
durch die thermische Ausdehnung größere Gitterkonstanten, sodass sich die Beugungsmaxima
der Intensitäten der Reflexe zu kleineren Winkeln verschieben. Bei geringeren Temperaturen
tritt entsprechend eine Verschiebung zu größeren Winkeln auf. Um den Temperatureinfluss
weitgehend zu eliminieren wird die gemessene Intensität anhand einer bekannten Beziehung
des Einflusses der Temperatur korrigiert, der Temperatureinfluss also herausgerechnet.
In Abhängigkeit der Temperatur kann ebenso die Position, in der das Auftreten des
Reflexes erwartet wird, korrigiert werden und der Röntgendetektor somit an dieser
korrigierten Position angeordnet werden.
[0020] Während der Bearbeitung von Walzgut kann sich dessen Lage verändern, d.h. das Walzgut
in Bezug auf seine Höhe leicht schwanken, und sich dadurch aus einem Fokus der Röntgenquelle
bzw. des Röntgendetektors heraus bewegen. Bei einer bevorzugten Ausgestaltung des
Verfahrens, wird jedoch eine Lage des Walzgutes während der Bearbeitung ermittelt
und der Abstand zumindest einer zur Erzeugung der Röntgenstrahlung verwendeten Röntgenquelle
und des zumindest einen Röntgendetektors zu dem Walzgut während der Bearbeitung des
Walzgutes konstant gehalten. Mit anderen Worten: Eine Höhenposition des Walzgutes
wird, z.B. mittels Laser-Messung, erfasst und die Röntgenquelle und der Röntgendetektor
werden nachgeführt, um eine Korrektur des Fokus zu erreichen bzw. diesen über die
Bearbeitungszeit konstant zu halten.
[0021] Bei einer vorteilhaften Ausgestaltung des Verfahrens wird der Ist-Wert des Strukturparameters
des Walzgutes mit einem Soll-Wert des Strukturparameters verglichen und in Abhängigkeit
von einer Differenz zwischen dem Ist-Wert und dem Soll-Wert des Strukturparameters
zumindest ein Prozessparameter zur Bearbeitung des Walzgutes beeinflusst bzw. variiert.
Der zumindest eine Prozessparameter wird dabei insbesondere anhand eines den Walzprozess
abbildenden Modells adaptiert. Alternative oder zusätzliche Möglichkeiten bestehen
darin, dass der Prozessparameter gesteuert und/oder geregelt wird. Ein solcher Soll-Wert
des Strukturparameters wird beispielsweise anhand des Gefügemodells ermittelt oder
direkt vorgegeben, damit das Walzgut am Ende des Walzprozesses gewünschte mechanische
Eigenschaften aufweist. Besteht eine Differenz zwischen Ist-Wert und Soll-Wert des
Strukturparameters wird beispielsweise anhand des den Walzprozess abbildenden Modells
zumindest ein zu verändernder Prozessparameter ermittelt, um den Ist-Wert an den Soll-Wert
anzugleichen. Beispielsweise kann als Prozessparameter eine Temperatur oder Abkühlrate
herangezogen werden und z.B. die Steuerung der Kühlstrecke der Walzstraße adaptiert
werden. Ein weiterer Prozessparameter wäre z.B. die Geschwindigkeit mit der das Walzgut
die Walzstraße durchläuft.
[0022] Vorzugsweise wird der Ist-Wert des Strukturparameters, insbesondere eine im Walzgut
vorhandene Phase, zur Adaption des Gefügemodells verwendet. Anhand der eingestellten
Prozessparameter und deren Einfluss auf die Struktur des Walzgutes können wiederum
Rückschlüsse auf auftretende Phasenumwandlungen gezogen und das Gefügemodell verbessert
werden.
[0023] Bei einer ersten Alternative des Verfahrens wird monochromatische Röntgenstrahlung
verwendet. Hierfür ist vor der Röntgenquelle ein Monochromator angeordnet, um beispielsweise
lediglich K
α-Strahlung mit hoher Intensität zu verwenden. Als Anodenmaterial wird, um störende
Röntgenfluoreszenz zu vermeiden, ein an das Walzgut angepasstes Material, z.B. Fe
oder Cr für Stahl, verwendet.
[0024] Eine zweite Alternative besteht darin, weiße Röntgenstrahlung zu verwenden und eine
energiedispersive Messung der Intensität durchzuführen. Hierfür wird als Röntgendetektor
ein Röntgenspektrometer verwendet.
[0025] Die zweitgenannte Aufgabe wird gelöst mit einer Vorrichtung gemäß den Merkmalen des
Patentanspruches 16 mit zumindest einer Röntgenquelle zum Erzeugen von Röntgenstrahlung,
mit zumindest einem Röntgendetektor zur Messung der vom Walzgut in zumindest eine
vorgegebene Richtung gebeugten Röntgenstrahlung und mit einer Steuer- und Auswerteeinheit
in der eine Software zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der vorhergehenden
Ansprüche implementiert ist.
[0026] Die zumindest eine Röntgenquelle und der zumindest eine Röntgendetektor werden in
einem Abstand von 0,1-3m, etwa 2m, zum Walzgut angeordnet. Dies stellt hohe Anforderungen
an die Kollimation und die Kohärenz des Röntgenstrahls, weshalb vorteilhafterweise
eine um etwa das 10-fache leistungsfähigere Röntgenröhre als in Laborgeräten verwendet
wird.
[0027] Bei einer bevorzugten Ausgestaltung der Vorrichtung ist die Röntgenquelle eine zur
Dickenmessung des Walzgutes eingesetzte, bereits vorhandene Röntgenquelle, sodass
keine zusätzliche Röntgenquelle in der Walzstraße angeordnet werden muss.
[0028] Prinzipiell ist es möglich als Röntgendetektor einen Punktdetektor, z.B. ein Zählrohr
bzw. Szintillationszähler, zu verwenden und diesen während der Messung der Intensität
in einem Winkelbereich zu verfahren. Es ist jedoch von Vorteil, wenn der Röntgendetektor
ein Flächendetektor ist. Da die Gitterkonstante temperaturabhängig ist, kommt es zu
einer leichten Verschiebung der Intensitätsmaxima, eine geringere Korngröße führt
zu einer Aufweitung der Reflexe. Mit einem Flächendetektor, der vorteilhafterweise
eine Auflösung größer als 0,1° aufweist, kann eine solche Verschiebung erfasst und
eine Aufweitung der Reflexe, also eine Verteilung der Intensität über einen Winkelbereich
zuverlässig erfasst werden.
[0029] Des Weiteren umfasst die Vorrichtung vorteilhafterweise eine erste Messeinrichtung
zur Ermittlung der Lage des Walzgutes während der Bearbeitung. Eine solche Messeinrichtung
kann beispielsweise eine optische Abstandsmesseinrichtung mit einem Laser als Lichtquelle
sein.
[0030] Außerdem ist bei einer bevorzugten Ausführungsform eine zweite Messeinrichtung zur
Ermittlung der Temperatur des Walzgutes vorgesehen. Die Messeinrichtung ist dabei
insbesondere an einer Position angeordnet, in der die Temperatur im Brennfleck gemessen
werden kann. Hierfür kann sowohl eine separate als auch eine bereits in der Walzstraße
vorhandene Temperaturmesseinrichtung verwendet werden.
[0031] Des Weiteren ist es von Vorteil, wenn die zumindest eine Röntgenquelle eine Blende,
die zumindest zwei Bereiche mit voneinander verschiedenen Aperturen aufweist, umfasst.
Aufgrund unterschiedlicher Beugungswinkel der einzelnen Gitterebenen der erwarteten
Phasen, liegen die Foki der jeweiligen erwarteten Reflexe nicht alle auf dem Goniometerkreis,
d.h. dem Kreis auf dem die Röntgenquelle und der Röntgendetektor in gleichem Abstand
zum Walzgut angeordnet sind, sondern auf verschiedenen Fokuskreisen, die einen unterschiedlichen
Abstand zum Walzgut aufweisen. Durch die Verwendung einer Blende mit unterschiedlichen
Aperturen bzw. Öffnungsweiten, die auf jeden Fokuskreis anpassbar ist, ist somit eine
verbesserte Fokussierung möglich.
[0032] Für eine verbesserte Fokussierung ist es zudem vorteilhaft, wenn der zumindest eine
Röntgendetektor radial verschiebbar und auf den verschiedenen Fokuskreisen positionierbar
ist. Mit anderen Worten: Der zumindest eine Röntgendetektor wird im Fokus des erwarteten
Reflexes angeordnet. Der Fokuskreis lässt sich für die erwarteten Reflexe mithilfe
des Umfangswinkelsatzes aus deren Beugungswinkel bestimmen.
[0033] Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie
die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich
im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung der Ausführungsbeispiele, die im Zusammenhang
mit den Zeichnungen näher erläutert werden.
[0034] Für eine weitere Beschreibung der Erfindung wird auf die Ausführungsbeispiele der
Zeichnungen verwiesen. Es zeigen jeweils in einer schematischen Prinzipskizze:
- FIG 1
- einen Ausschnitt einer Walzstraße zur Bearbeitung von Walzgut mit einer Vorrichtung
zur Ermittlung eines Ist-Wertes eines Strukturparameters des Walzgutes mit einer Röntgenquelle
und einem Röntgendetektor,
- FIG 2
- eine mit einer Vorrichtung gemäß FIG 1 gemessene Intensität sowie eine korrigierte
gemessene und eine erwartete Intensität,
- FIG 3
- eine Vorrichtung zur Ermittlung eines Ist-Wertes eines Strukturparameters des Walzgutes
mit einer Röntgenquelle und zwei in unterschiedlichen Positionen angeordneten Röntgendetektoren,
- FIG 4
- mit einer Vorrichtung gemäß FIG 3 gemessene Intensitäten,
- FIG 5
- eine Vorrichtung zur Ermittlung eines Ist-Wertes eines Strukturparameters des Walzgutes
mit einer Röntgenquelle und zwei auf unterschiedlichen Fokuskreisen angeordneten Röntgendetektoren,
- FIG 6
- eine Blende mit zwei Bereichen mit voneinander verschiedenen Aperturen,
- FIG 7
- eine Vorrichtung zur Ermittlung eines Ist-Wertes eines Strukturparameters des Walzgutes
mit zwei Röntgenquellen und zwei in unterschiedlichen Positionen angeordneten Röntgendetektoren,
- FIG 8
- einen zeitlichen Verlauf der gemessenen Intensität und eine daraus ermittelte Änderung
des Ist-Wertes des Strukturparameters in Abhängigkeit von einer Position im Walzgut,
- FIG 9
- eine Vorrichtung zur Ermittlung eines Ist-Wertes eines Strukturparameters des Walzgutes
mit einer Röntgenquelle und einem als Röntgenspektrometer ausgebildeten Röntgendetektor.
[0035] In FIG 1 ist ein Ausschnitt einer Walzstraße 2 mit beispielhaft zwei Walzen 4 zur
Bearbeitung von Walzgut 6, hier eines Stahlbandes dargestellt. In der Walzstraße 2
ist eine Röntgenquelle 8 zur Bestrahlung des Walzgutes 6 mit Röntgenstrahlung X angeordnet.
Die Röntgenquelle 8 ist dabei die zur Dickenmessung des Walzgutes 6 verwendete Röntgenquelle
8. Des Weiteren ist in der Walzstraße 2 im Fokus der Röntgenstrahlung X' ein Röntgendetektor
10 angeordnet, mit dem die Intensität I einer vom Walzgut 6 in eine vorgegebene Richtung
R gebeugten Röntgenstrahlung X' gemessen wird. Der Röntgendetektor 10 ist als Flächendetektor
ausgebildet. Die Röntgenquelle 8 und der Röntgendetektor 10 sind gemäß FIG 1 derart
angeordnet, dass sie eine Ebene aufspannen, die parallel zur Walzrichtung des Walzgutes
6 liegt. Prinzipiell können Röntgenquelle 8 und Röntgendetektor 10 jedoch in beliebiger
Relativposition zur Walzstraße 2 bzw. zum Walzgut 6 angeordnet werden, z.B. auch derart,
dass die von ihnen aufgespannte Ebene senkrecht bzw. quer zur Walzrichtung liegt.
Die Röntgenmessung kann dabei zudem an mehreren, frei wählbaren Positionen x des Walzgutes
6 quer zur Walzrichtung, also beispielsweise am Rand und in der Mitte des Walzgutes
6 sowohl gleichzeitig, als auch nacheinander durchgeführt werden. Zur Steuerung der
Röntgenquelle 8 und des Röntgendetektors 10 sowie zur Auswertung der vom Röntgendetektor
10 übermittelten Messsignale ist eine Steuer- und Auswerteeinheit 12 vorhanden.
[0036] Gemäß FIG 1 sind in der Walzstraße 2 außerdem eine erste Messeinrichtung 14 zur Ermittlung
einer Lage des Walzgutes 6 während der Bearbeitung des Walzgutes 6 vorgesehen. Während
der Bearbeitung des Walzgutes 6 schwankt dieses in Richtung des Pfeils H in seiner
Höhe. Mit der ersten Messeinrichtung 14 wird die Lage des Walzgutes 6 ermittelt, und
die Röntgenquelle 8 sowie der Röntgendetektor 10 werden in Richtung des Pfeils H höhenverschoben,
um einen konstanten Abstand d, d' zwischen diesen und dem Walzgut 6 zu gewährleisten,
um auf diese Weise auch bei schwankender Höhe des Walzgutes 6 Reflexe mit hoher und
vergleichbarer Intensität I zu erhalten. Des Weiteren ist eine zweite Messeinrichtung
16 vorgesehen, mit der die Temperatur des Walzgutes 6, möglichst nahe bzw. im Bereich
des Brennflecks der Röntgenstrahlung, ermittelt wird. Gemäß FIG 1 wird das Walzgut
6 während der Bearbeitung mit von einer Röntgenquelle 8 erzeugter Röntgenstrahlung
X bestrahlt. Mit einem Röntgendetektor 10 wird die Intensität I der vom Walzgut 6
in die vorgegebene Richtung R gebeugten Röntgenstrahlung X' gemessen. Der Röntgendetektor
10 ist derart positioniert, dass die Intensität I der von einem Kristallit 18 einer
Phase des Walzgutes 6 an diesem gebeugten bzw. von diesem in Richtung R ausgehenden
Röntgenstrahlung X' detektiert wird. Die im Walzgut 6 vorhandenen bzw. erwarteten
Phasen und die für die Phase erwarteten Reflexe werden dabei z.B. anhand eines Gefügemodells
, welches z.B. Temperatur und Verformungsgrad des Walzgutes 6 berücksichtigt, und
über die Bragg-Bedingung bestimmt und der Röntgendetektor 10 wird in einer Position
angeordnet, in der das Auftreten eines bestimmten Reflexes erwartet wird. Der Kristallit
18 einer ersten Phase liegt z.B. als Austenit mit kubischflächenzentrierter Struktur
vor. Der Röntgendetektor 10 wird folglich in einer Position angeordnet, in der das
Auftreten eines Reflexes mit einem bestimmten Beugungswinkel θ
i, hier z.B. für eine (111)-Gitterebene des austenitischen Kristallits 18, erwartet
wird.
[0037] FIG 2 zeigt die mit einer Vorrichtung gemäß FIG 1 gemessene Intensität I, anhand
der ein Ist-Wert eines Strukturparameters S
Ist des Walzgutes 6 ermittelt wird. Die gemessene Intensität I ist bei einem Beugungswinkel
θ
i maximal, für den eine Gitterebene des Kristallits 18, hier die (111)-Gitterebene,
die Bragg-Bedingung erfüllt. Tritt also bei dem Beugungswinkel θ
i ein Reflex auf, ist eine zu dem Beugungswinkel θ
i gehörende Phase, hier z.B. Austenit, im Walzgut 6 vorhanden, die somit als Ist-Wert
des Strukturparameters S
Ist identifiziert wird. Der Ist-Wert des Strukturparameters S
Ist kann wiederum zur Adaption des Gefügemodells verwendet werden.
[0038] In FIG 2 ist neben der gemessenen Intensität I gestrichelt eine anhand der gemessenen
Temperatur des Walzgutes 6 korrigierte Intensität I
K dargestellt. Eine hohe Temperatur des Walzgutes 6 führt aufgrund von Gitterschwingungen
zu einer Verringerung der maximalen Intensität I
max. Mittels einer bekannten Beziehung, wird der Temperatureinfluss aus dem Intensitätsprofil
herausgerechnet und der Ist-Wert des Strukturparameters S
Ist anhand der korrigierten, gemessenen Intensität ermittelt. Die korrigierte Intensität
I
K weist folglich eine höhere maximale Intensität I
max auf als die gemessene Intensität I. Eine hohe Temperatur kann außerdem eine Verschiebung
des Beugungswinkels θ
i, bei dem ein Reflex einer bestimmten Gitterebene auftritt, zu kleineren Winkeln verursachen.
Auch eine solche Verschiebung kann mit Hilfe des Temperatureinflusses ermittelt und
beispielsweise bei der Positionierung des Röntgendetektors 10 berücksichtigt werden.
[0039] Anhand des in FIG 2 gezeigten Intensitätsprofils kann für Korngrößen kleiner 0,2µm
mit Hilfe der Scherrer-Gleichung aus der Halbwertsbreite FWHM, also der Breite des
Intensitätsprofils bei der Hälfte der maximalen Intensität I
max, insbesondere aus der Halbwertsbreite FWHM des korrigierten Intensitätsprofils, als
Ist-Wert des Strukturparameters S
Ist eine Korngröße einer Phase des Walzgutes 6 ermittelt werden. Auch durch einen Vergleich
des gemessenen Intensitätsprofils mit einem erwarteten Intensitätsprofil I
E (gepunktet dargestellt), kann ein Ist-Wert des Strukturparameters S
Ist, z.B. der Anteil einer Phase im Walzgut 6 ermittelt werden. Das Intensitätsprofil
der gemessenen, korrigierten Intensität I
K weist hier eine geringere maximale Intensität I
max auf, als das erwartete Intensitätsprofil, der tatsächlich vorhandene Anteil der erwarteten
Phase ist also geringer. Durch einen solchen Vergleich ist auch eine quantitative
Bestimmung eines Phasenanteils oder der Korngröße möglich.
[0040] Gemäß FIG 3 wird die Intensität I der vom Walzgut 6 gebeugten Röntgenstrahlung an
zwei unterschiedlichen Positionen mit zwei Röntgendetektoren 10 gemessen. Die zwei
Röntgendetektoren 10 werden dabei in zwei Positionen angeordnet, in denen das Auftreten
zweier unterschiedlicher, bestimmter Reflexe erwartet wird. FIG 4 zeigt ein mit einer
solchen Vorrichtung gemessenes Intensitätsprofil. Das Walzgut 6 weist zwei unterschiedliche,
durch die zwei Kristallite 18 dargestellte Phasen auf. In beiden Kristalliten 18 liegen
Gitterebenen vor, welche bei dem eingestellten Einfallswinkel der Röntgenstrahlung
X die Bragg-Bedingung erfüllen. Die von den beiden Kristalliten 18 gebeugte Röntgenstrahlung
X' wird dabei in zwei unterschiedliche, vorgegebene Richtungen R gebeugt, in denen
jeweils ein Röntgendetektor 10 angeordnet ist. Ein Kristallit 18 liegt z.B. als Austenit,
der andere Kristallit als Ferrit vor, sodass die Bragg-Bedingung für unterschiedliche
Beugungswinkel θ
1, θ
2 erfüllt ist, und die vom Walzgut 6 gebeugte Röntgenstrahlung X' in zwei unterschiedliche
vorgegebene Richtungen R gebeugt wird.
[0041] Durch Vergleich der beiden Intensitäten, z.B. durch Bildung des Verhältnisses I
1/I
2 kann der Anteil zumindest einer der Phasen bestimmt werden. Gemäß FIG4 zeigt die
Intensität I
1 der ersten Phase die 2-fache maximale Intensität I
max gegenüber der Intensität I
2 der zweiten Phase. Das Verhältnis der ersten Phase gegenüber der zweiten Phase ist
somit 2:1. Mit dieser Methode können Phasenumwandlungen im Walzgut quantitativ erfasst
und überprüft sowie Anteile der im Walzgut vorhandenen Phasen bestimmt werden. Als
Ist-Wert des Strukturparameters S
Ist wird somit der Anteil einer Phase im Walzgut ermittelt.
[0042] Wird an mehreren unterschiedlichen Positionen mit mehreren Röntgendetektoren 10 die
jeweils gebeugte Röntgenstrahlung X' gemessen, müssen die an diesen Positionen erwarteten
Reflexe nicht zwingend von verschiedenen, im Walzgut 6 vorliegenden Phasen stammen.
Ebenso denkbar ist es, die Intensitäten mehrerer Reflexe derselben Phase, aber von
verschiedenen Gitterebenen, z.B. die an einer (111)- und an einer (200)-Gitterebene
der austenitischen Phase gebeugte Röntgenstrahlung X' simultan zu messen, um die Genauigkeit
zu erhöhen. Ein so erhaltenes Intensitätsprofil kann wiederum mit einem erwarteten
Intensitätsprofil verglichen werden.
[0043] In FIG 5 ist eine Vorrichtung mit einer Röntgenquelle 8 und zwei Röntgendetektoren
10 gezeigt, wobei die Röntgenquelle 8 auf einem Goniometerkreis G und die Röntgendetektoren
10 entlang der dargestellten Pfeile auf dem Goniometerkreis G sowie in Richtung des
Walzgutes 6 und von diesem weg beweglich bzw. frei positionierbar sind. Die Röntgendetektoren
10 sind also radial verschiebbar und auf verschiedenen Fokuskreisen positionierbar.
Dies bietet gegenüber einer fest installierten Vorrichtung, also ohne bewegliche Röntgenquelle
8 und Röntgendetektor 10, den Vorteil, dass bei gleicher Leistungsfähigkeit der Röntgenquelle
8 höhere Intensitäten im Röntgendetektor 10 detektiert werden können, da stets unter
fokussierenden Bedingungen gemessen wird.
[0044] Bei hinreichend texturarmem Walzgut 6, also einer regellosen Verteilung der Kristallite
18, weisen diese Gitterebenen auf, die in unterschiedlichen Winkeln zur Oberfläche
des Walzguts 6 orientiert sind. Für die einfallende Röntgenstrahlung X erhält man
somit eine Vielzahl von Reflexen, der an den einzelnen Gitterebenen gebeugten und
vom Walzgut 6 ausgehenden Röntgenstrahlung X', da verschiedene Gitterebenen die Bragg-Bedingung
erfüllen. Mit anderen Worten: Jede im Walzgut 6 vorhandene Phase bzw. eine Gitterebene
einer Phase weist einen unterschiedlichen Beugungswinkel θ
i auf, und erzeugt somit in unterschiedliche, vorgegebene Richtungen R gebeugte Röntgenstrahlung
X'. Aufgrund des unterschiedlichen Beugungs- bzw. Bragg-Winkels θ
i liegen die Foki der einzelnen Reflexe dabei jedoch nicht auf einem Goniometerkreis
G, sondern jeweils auf einem Fokuskreis F
i des jeweiligen Beugungswinkels θ
i. Gemäß FIG 5 ist der Fokuskreis F
2 bei kleinerem Beugungswinkel θ
i nach außen verschoben. Durch eine Anordnung der Röntgendetektoren 10 auf dem jeweiligen
Fokuskreis F
i erhält man für jeden Reflex maximale Intensität I. Der sich für einen Beugungswinkel
θ
i ergebende Fokuskreis F
i kann dabei aus dem Umfangswinkelsatz bestimmt werden.
[0045] Um die Fokussierung weiter zu verbessern, wird eine Blende 22 verwendet, die zumindest
zwei Bereich mit voneinander verschiedenen Aperturen aufweist. Gemäß FIG 6 ist die
Blende 22 hier als Schlitzblende ausgestaltet, deren Schlitze unterschiedliche Öffnungsweiten
W
1, W
2 aufweisen, sodass die Blende 22 auf jeden Fokuskreis anpassbar.
[0046] Weist die gebeugte Röntgenstrahlung X' eine geringe Intensität auf, bietet es sich
an, neben mehreren Röntgendetektoren 10 auch mit mehreren Röntgenquellen 8 zu messen,
wie in FIG 7 gezeigt ist. Eine geringe Intensität tritt beispielsweise auf, wenn nicht
genügend statistisch orientierte Kristallite 18 im Walzgut 6 vorliegen oder für einen
einzelnen Messwert eine lange Integrationszeit benötigt wird. Durch eine Verschiebung
der Röntgenquellen 8 entlang der Pfeile auf dem Goniometerkreis G lässt sich für jede
vorhandene Gitterebene bzw. Phase ein Einfallswinkel einstellen, unter dem die Bragg-Bedingung
erfüllt und somit eine hohe Intensität I messbar ist. Die Röntgendetektoren 10 werden
entsprechend der vorgegebenen Richtung R, in der das Auftreten der einzelnen Reflexe
unter dem eingestellten Einfallswinkel erwartet wird, ebenfalls durch Verschieben
auf dem Goniometerkreis G positioniert. Auch konstruktiv ist eine solche Anordnung
vorteilhaft, da es ausreicht die Röntgendetektoren 10 auf dem Goniometerkreis G zu
verfahren und diese nicht frei auf ihrem jeweiligen Fokuskreis F
i positionieren zu müssen. Alternativ können, um die Fokuskreise genauer einzustellen
und damit eine höhere Intensität zu erhalten, die mehreren Röntgenquellen 8 und mehreren
Röntgendetektoren 10 auch jeweils paarweise auf jeweils einem Fokuskreis positioniert
werden. Vor dem Röntgendetektor 10 ist jeweils ein Monochromator 20 angeordnet, um
die gebeugte Röntgenstrahlung X' zu fokussieren.
[0047] In FIG 8 ist ein zeitlicher Verlauf der Intensität I eines erwarteten Reflexes, hier
ein erwarteter Reflex der austenitischen Phase im Walzgut 6, und der daraus ermittelte
Verlauf des Ist-Wertes des Strukturparameters S
Ist, hier der Anteil der austenitischen Phase, in Abhängigkeit von einer Position x des
Walzgutes 6, also z.B. eines Teilbereichs des Stahlbandes, dargestellt. Zu einem Zeitpunkt
t
0 weicht die Intensität I von einem konstanten Verlauf ab. Der anhand der Intensität
I ermittelte Ist-Wert des Strukturparameters S
Ist zeigt eine gleichförmige Abweichung, die einer Position x
0 des Walzgutes 6 zugeordnet werden kann. Im Rahmen der Qualitätssicherung kann beispielsweise
ein solcher Teilbereich des Walzgutes 6 aussortiert werden. Zur weiteren Bearbeitung
des Walzgutes 6 kann außerdem anhand eines Vergleichs des Ist-Wertes des Strukturparameters
S
Ist mit einem Soll-Wert des Strukturparameters S
Soll in Abhängigkeit der Differenz ein Prozessparameter zur Bearbeitung des Walzgutes
6 beeinflusst werden, sodass der Ist-Wert des Strukturparameters S
Ist zu einem Zeitpunkt t
1 und an einer Position x
1 wieder dem Soll-Wert des Strukturparameters S
Soll entspricht (gestrichelt dargestellt). Der Prozessparameter, z.B. Temperatur oder
Geschwindigkeit des Walzgutes 6, wird dabei insbesondere anhand eines den Walzprozess
abbildenden Modells adaptiert. Alternativ hierzu oder zusätzlich kann der Prozessparameter
gesteuert oder geregelt werden.
[0048] Die oben beschriebenen Verfahren werden insbesondere mit monochromatischer Röntgenstrahlung
durchgeführt. FIG 9 zeigt eine alternative Vorrichtung mit einer festen Röntgenquelle
8 und einem festen Röntgendetektor 10, bei der weiße Röntgenstrahlung verwendet wird.
Hierbei ist der Röntgendetektor 10 als Röntgenspektrometer 24 ausgebildet und es wird
eine energiedispersive Messung der Intensität I der am Walzgut 6 gebeugten Röntgenstrahlung
X' durchgeführt. Hier wird somit anstelle der Position an der der Röntgendetektor
10 angeordnet ist, und somit anstelle der Beugungswinkel θ
i die Wellenlänge der einfallenden Röntgenstrahlung X variiert.
[0049] Obwohl die Erfindung im Detail durch das bevorzugte Ausführungsbeispiel näher illustriert
und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele
eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden,
ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.
1. Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut (6) in einer Walzstraße (2), bei dem das Walzgut
(6) während der Bearbeitung mit Röntgenstrahlung (X) bestrahlt wird, mit zumindest
einem Röntgendetektor (10) mit dem die Intensität (I) einer vom Walzgut (6) in zumindest
eine vorgegebene Richtung (R) gebeugten Röntgenstrahlung (X') gemessen wird, wobei
der zumindest eine Röntgendetektor (10) in einer Position angeordnet wird, in der
das Auftreten eines Reflexes erwartet wird, und bei dem anhand der Intensität (I)
zumindest ein Ist-Wert eines Strukturparameters (SIst) des Walzgutes (6) ermittelt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Position, in der das Auftreten eines Reflexes
erwartet wird, anhand eines Gefügemodells des Walzgutes (6) ermittelt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem als Ist-Wert des Strukturparameters (SIst) ein Anteil einer im Walzgut (6) vorhandenen Phase ermittelt wird.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem an zumindest zwei unterschiedlichen
Positionen jeweils die Intensität (I) der vom Walzgut (6) gebeugten Röntgenstrahlung
(X') gemessen wird und durch Vergleich der gemessenen Intensitäten (I) als Ist-Wert
des Strukturparameters (SIst) zumindest ein Anteil der im Walzgut (6) vorhandenen Phase bestimmt wird.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem der Ist-Wert des Strukturparameters
(SIst) durch Vergleich eines gemessenen Intensitätsprofils der vom Walzgut (6) in die zumindest
eine vorgegebene Richtung (R) gebeugten Röntgenstrahlung (X') mit einem erwarteten
Intensitätsprofil ermittelt wird.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem ein zeitlicher Verlauf
der Intensität (I) der in die zumindest eine vorgegebene Richtung (R) gebeugten Röntgenstrahlung
(X') gemessen und daraus eine Änderung des Ist-Wertes des Strukturparameters (SIst) in Abhängigkeit von einer Position (x) im Walzgut (6) ermittelt wird.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem eine Temperatur des Walzgutes
(6) gemessen wird und bei der Ermittlung des Ist-Wertes des Strukturparameters (SIst) eine Abhängigkeit der gemessenen Intensität (I) von der Temperatur berücksichtigt
wird.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem eine Lage des Walzgutes
(6) während der Bearbeitung ermittelt wird und der Abstand (d, d') zumindest einer
zur Erzeugung der Röntgenstrahlung verwendeten Röntgenquelle (8) und des zumindest
einen Röntgendetektors (10) zu dem Walzgut (6) während der Bearbeitung des Walzgutes
(6) konstant gehalten wird.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem der Ist-Wert des Strukturparameters
(SIst) des Walzgutes (6) mit einem Soll-Wert des Strukturparameters (SSoll) verglichen wird und in Abhängigkeit von einer Differenz zwischen dem Ist-Wert (SIst) und dem Soll-Wert des Strukturparameters (SSoll) zumindest ein Prozessparameter zur Bearbeitung des Walzgutes (6) beeinflusst wird.
10. Verfahren nach Anspruch 9, bei dem der zumindest eine Prozessparameter anhand eines
den Walzprozess abbildenden Modells adaptiert wird.
11. Verfahren nach Anspruch 9 oder 10, bei dem der zumindest eine Prozessparameter gesteuert
wird.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 11, bei dem der zumindest eine Prozessparameter
geregelt wird.
13. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem der Ist-Wert des Strukturparameters
(SIst) zur Adaption des Gefügemodells verwendet wird.
14. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem monochromatische Röntgenstrahlung
(X) verwendet wird.
15. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem weiße Röntgenstrahlung
(X) verwendet wird und eine energiedispersive Messung der Intensität (I) durchgeführt
wird.
16. Vorrichtung mit zumindest einer Röntgenquelle (8) zum Erzeugen von Röntgenstrahlung
(X), mit zumindest einem Röntgendetektor (10) zur Messung der vom Walzgut (6) in zumindest
eine vorgegebene Richtung (R) gebeugten Röntgenstrahlung (X') und mit einer Steuer-
und Auswerteeinheit (12) in der eine Software zur Durchführung eines Verfahrens nach
einem der vorhergehenden Ansprüche implementiert ist.
17. Vorrichtung nach Anspruch 16, bei der die Röntgenquelle (8) eine zur Dickenmessung
des Walzgutes (6) eingesetzte, bereits vorhandene Röntgenquelle (8) ist.
18. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 16 oder 17, bei der der Röntgendetektor (10)
ein Flächendetektor ist.
19. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 18, mit einer ersten Messeinrichtung (14)
zur Ermittlung der Lage des Walzgutes (6) während der Bearbeitung.
20. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 19, mit einer zweiten Messeinrichtung
(16) zur Ermittlung der Temperatur des Walzgutes (6).
21. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 20, bei der die zumindest eine Röntgenquelle
(8) eine Blende (22), die zumindest zwei Bereiche mit voneinander verschiedenen Aperturen
aufweist, umfasst.
22. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 21, bei der der zumindest eine Röntgendetektor
(10) radial verschiebbar und auf verschiedenen Fokuskreisen positionierbar ist.