(19)
(11) EP 2 862 640 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.04.2015  Patentblatt  2015/17

(21) Anmeldenummer: 13189223.4

(22) Anmeldetag:  18.10.2013
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B21B 38/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(71) Anmelder: Siemens Aktiengesellschaft
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Dagner, Johannes, Dr.
    91052 Erlangen (DE)
  • Löffler, Hans-Ulrich, Dr.
    91054 Erlangen (DE)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zur Bearbeitung von Walzgut in einer Walzstraße


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut (6) in einer Walzstraße (2), bei dem das Walzgut (6) während der Bearbeitung mit Röntgenstrahlung (X) bestrahlt wird, mit zumindest einem Röntgendetektor (10) mit dem die Intensität (I) einer vom Walzgut (6) in zumindest eine vorgegebene Richtung (R) gebeugten Röntgenstrahlung (X') gemessen wird, wobei der zumindest eine Röntgendetektor (10) in einer Position angeordnet wird, in der das Auftreten eines Reflexes erwartet wird, und bei dem anhand der Intensität (I) zumindest ein Ist-Wert eines Strukturparameters (S) des Walzgutes (6) ermittelt wird.
Des Weiteren betrifft die Erfindung eine Vorrichtung mit zumindest einer Röntgenquelle (8) zum Erzeugen von Röntgenstrahlung (X), mit zumindest einem Röntgendetektor (10) zur Messung der vom Walzgut (6) in zumindest eine vorgegebene Richtung (R) gebeugten Röntgenstrahlung (X') und mit einer Steuer- und Auswerteeinheit (12) in der eine Software zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der vorhergehenden Ansprüche implementiert ist.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Bearbeitung von Walzgut in einer Walzstraße.

[0002] Bei der Bearbeitung von Walzgut in einer Walzstraße zu Platten, Drähten oder Bändern kommt es beispielsweise beim Aufheizen und Abkühlen in einem Warmwalzprozess zu Phasenumwandlungen und/oder Gefügeänderungen im Walzgut. Beispiele hierfür sind die Umwandlung von kubisch-flächenzentriertem zu raumzentriertem Eisen bei der Stahlherstellung, die Bildung von Mg2Si Ausscheidungen bei Aluminium-Legierungen oder die Rekristallisation nach Umformprozessen. Solche Phasenumwandlungen oder Gefügeänderungen haben einen entscheidenden Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften des Walzgutes, weshalb versucht wird solche Umwandlungsprozesse gezielt zu steuern, um am Ende des Walzprozesses Walzgut mit bestimmten Materialeigenschaften zu erhalten.

[0003] Die zerstörungsfreie Messung solcher Vorgänge bzw. der Materialeigenschaften während des Walzprozesses ist jedoch oftmals schwierig. Es ist beispielsweise bekannt, Stichproben des Walzgutes zu entnehmen und daraus die mechanischen Eigenschaften zu bestimmen. Nachteilig hierbei ist jedoch, dass solche Stichproben nur an bestimmten Stellen, z.B. am Anfang oder Ende des Walzgutes z.B. an der Drahtspitze oder am vorderen Ende eines Stahlbandes, entnommen werden können, und dass deren Auswertung einen hohen zeitlichen Aufwand erfordert.

[0004] Eine weitere Möglichkeit besteht darin, mithilfe von Online-Messungen, also Messungen während der Bearbeitung des Walzgutes, Korngrößen aus den magnetischen Eigenschaften des Materials zu bestimmen und daraus Rückschlüsse auf die mechanischen Eigenschaften des Materials zu ziehen. Dieses Verfahren ist zwar zerstörungsfrei und erfasst einen Großteil des Walzgutes, jedoch lassen sich die Struktur des Walzgutes bzw. im Walzgut vorhandene Phasen nicht oder nur sehr eingeschränkt detektieren. Des Weiteren stoßen magnetische Messungen oberhalb der Curie-Temperatur an ihre Grenzen, sodass keine zuverlässigen Aussagen mehr möglich sind.

[0005] Zusätzlich oder ergänzend zur Stichprobenentnahme ist es außerdem bekannt, unter Verwendung eines Gefügemodells eine Abschätzung der Gefügebestandteile oder mechanischen Eigenschaften des gesamten Walzgutes, also z.B. über die gesamte Länge des Drahtes oder Stahlbandes, vorzunehmen. Hierfür ist es jedoch notwendig, die Stichproben zuvor zu kalibrieren.

[0006] Aus der DE 199 41 736 A1 ist beispielsweise bekannt, das Walzgut während der Bearbeitung mit Röntgenstrahlung zu durchstrahlen und die Beugungsintensitäten der am Walzgut gebeugten Röntgenstrahlung zu erfassen und analysieren. Dieses Verfahren hat jedoch den Nachteil, dass die vom Walzgut ausgehende Röntgenstrahlung durch Absorption im Walzgut bereits deutlich geschwächt wird und die gemessene Intensität von der Dicke des Walzgutes abhängig ist.

[0007] Es ist daher Aufgabe der Erfindung ein verbessertes Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut anzugeben, mit dem Eigenschaften des Walzgutes während des Walzprozesses zuverlässig bestimmt werden können. Es ist außerdem Aufgabe der Erfindung eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens anzugeben.

[0008] Die erstgenannte Aufgabe wird gelöst mit einem Verfahren gemäß den Merkmalen des Patentanspruchs 1. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut in einer Walzstraße wird das Walzgut während der Bearbeitung mit Röntgenstrahlung bestrahlt. Mit zumindest einem Röntgendetektor wird die Intensität einer vom Walzgut in zumindest eine vorgegebene Richtung gebeugten Röntgenstrahlung gemessen und anhand der Intensität wird zumindest ein Ist-Wert eines Strukturparameters des Walzgutes ermittelt. Der zumindest eine Röntgendetektor wird dabei in einer Position angeordnet, in der das Auftreten eines Reflexes erwartet wird.

[0009] Mit anderen Worten: Die an einer bestimmten Gitterebene einer im Walzgut erwarteten Phase gebeugte Röntgenstrahlung bzw. die Intensität eines für eine bestimmte Gitterebene erwarteten Reflexes wird an einer voreingestellten Position gemessen. Dies hat den Vorteil, dass z.B. durch Röntgenfluoreszenz verursachte Röntgenstrahlung die Messung nicht oder kaum beeinflusst.

[0010] Während des Walzprozesses wird also am Walzgut eine online-Röntgendiffraktometrie durchgeführt und aus der gemessenen Intensität der am Walzgut gebeugten Röntgenstrahlung wird ein Strukturparameter des Walzgutes ermittelt, also quasi eine online-Zustandsbestimmung durchgeführt. Ein solcher Ist-Wert des Strukturparameters ist z.B. eine im Walzgut vorhandene bzw. erwartete Phase, die anhand der Lage bzw. Position eines Reflexes identifiziert werden kann, ein Anteil einer im Walzgut vorhandenen bzw. erwarteten Phase oder ein Mikrostrukturparameter, beispielsweise im Walzgut vorhandene Ausscheidungen und deren Größe oder eine Korngröße in einer Phase, die z.B. anhand eines Intensitätsprofils des Reflexes bzw. der Reflexschärfe ermittelt werden kann.

[0011] Bei einem Walzgut handelt es sich um ein polykristallines Material mit einzelnen Kristalliten, die im Walzgut statistisch orientiert sind. Aufgrund der polykristallinen Struktur des Walzgutes liegen ausreichend Kristallite vor, deren Gitterebenen in unterschiedlichem Winkel zur Oberfläche des Walzgutes orientiert sind, sodass für jede Gitterebene ein Reflex mit ausreichender Intensität erzeugt wird. Die einzelnen Kristallite liegen in Abhängigkeit von Temperatur oder Verformungsgrad in verschiedenen Phasen, z.B. Austenit mit einer kubisch flächenzentrierten Struktur (fcc) oder Ferrit mit einer kubisch raumzentrierten Struktur (bcc), vor, die die mechanischen Eigenschaften des Walzgutes beeinflussen. Durch die Ermittlung eines Strukturparameters des Walzgutes während der Bearbeitung ist somit eine verbesserte Qualitätskontrolle möglich.

[0012] Die Erfindung beruht dabei auf der Idee, dass die Intensität der am Walzgut gebeugten Röntgenstrahlung in zumindest einer vorgegebenen Richtung von einem Röntgendetektor gemessen wird. Mit anderen Worten: Der Röntgendetektor wird in einer Position derart angeordnet, dass er die an einer bestimmten Gitterebene des Walzgutes, z.B. an einer (111)-Ebene eines austenitischen Kristallits, gebeugte bzw. reflektierte Röntgenstrahlung detektieren kann. Die vorgegebene Position, an der der Röntgendetektor angeordnet wird, wird also anhand des Auftretens eines bei einer zu untersuchenden bzw. im Walzgut zu erwartenden oder gewünschten Phase erwarteten Reflexes gewählt. Dies hat den Vorteil, dass der Röntgendetektor während der Messung nicht über einen bestimmten Winkelbereich bewegt werden muss, sondern vom Walzgut ausgehende Reflexe gezielt detektiert werden können. Zudem sind bei voreingestellten, also entsprechend der erwarteten Reflexe positionierten Röntgendetektoren keine aufwendigen Verfahren zur Ermittlung des Strukturparameters, wie z.B. die Rietveltmethode, notwendig, welche insbesondere in Echtzeit problematisch sind.

[0013] Die Lage bzw. Position der für die zu untersuchende Phase erwarteten Reflexe, bzw. der Beugungswinkel θ unter dem eine Gitterebene der Phase die Röntgenstrahlung beugt, kann mit Hilfe der Bragg-Bedingung - nλ=2dsinθ - ermittelt werden. Der Beugungswinkel θ ist dabei derjenige Winkel, den der einfallende Röntgenstrahl und die die Bragg-Bedingung erfüllende Gitterebene zwischen sich einschließen. Da die Reflexionsbedingung Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel gilt, werden Röntgendetektor und Röntgenquelle derart positioniert, dass der Winkel zwischen beiden 180°-2θ beträgt. Unter vorgegebener Richtung ist also diejenige Richtung zu verstehen, in die eine bestimmte Gitterebene einer bestimmten Phase die einfallende Röntgenstrahlung beugt. Für welche Gitterebenen einer Phase Reflexe erwartet werden und für welche diese ausgelöscht werden, kann mithilfe eines Strukturmodells bzw. des Strukturfaktors ermittelt werden.

[0014] Die im Walzgut vorhandenen bzw. aufgrund vorhergehender Bearbeitungsschritte erwarteten Phasen können prinzipiell anhand von Tabellen oder Erfahrungswerten ermittelt werden. Wie bereits erwähnt, kann die Lage bzw. Position eines Reflexes einer Gitterebene einer erwarteten Phase über die Bragg-Bedingung und anhand eines Strukturmodells ermittelt werden. Bei einer bevorzugten Ausführungsform wird eine im Walzgut erwartete Phase und somit die Position, in der das Auftreten eines Reflexes erwartet wird anhand eines Gefügemodells ermittelt. Mit dem Gefügemodell werden anhand von Verformungsgrad, Temperatur, Abkühlungszeit und Zusammensetzung des Walzgutes die im Walzgut vorhandenen bzw. die an einer bestimmten Position in der Walzstraße erwarteten Phasen, während der Bearbeitung stattfindende Phasenumwandlungen oder Rekristallisationsprozesse im Walzgut ermittelt. Aus den anhand des Gefügemodells erwarteten Phasen, werden die für diese Phasen erwarteten Reflexe ermittelt und der zumindest eine Röntgendetektor entsprechend positioniert.

[0015] Eine erste Möglichkeit des Verfahrens besteht darin, als Ist-Wert des Strukturparameters zu ermitteln, ob eine im Walzgut erwartete Phase zu einer gegebenen Zeit bereits vorhanden ist und den Anteil der im Walzgut vorhandenen Phase zu ermitteln. Wird in die vorgegebene Richtung Röntgenstrahlung gebeugt, wird also ein Reflex gemessen, lässt sich daraus schließen, dass die Phase bzw. die Gitterebene, von der der Reflex erzeugt wurde, im Walzgut vorhanden ist. Eine Phase, die im Walzgut vorhanden ist, wird somit anhand des Auftretens eines Reflexes an einer bestimmten Position bzw. einer absoluten Intensität der in eine vorgegebene Richtung gebeugten Röntgenstrahlung, identifiziert. Durch vorherige Kalibrierung lässt sich zudem der Anteil der im Walzgut vorhandenen Phase ermitteln.

[0016] Vorteilhafterweise wird an zumindest zwei unterschiedlichen Positionen jeweils die Intensität der vom Walzgut gebeugten Röntgenstrahlung gemessen und durch Vergleich der gemessenen Intensitäten als Ist-Wert des Strukturparameters zumindest der Anteil einer im Walzgut vorhandenen Phase bestimmt. Wird ein Röntgendetektor, der einen ausreichend großen Winkelbereich detektieren kann, verwendet oder liegen die Reflexe bzw. die in die zumindest zwei Richtungen gebeugte Röntgenstrahlung in einem hinreichend kleinen Winkelbereich, ist es ausreichend einen Röntgendetektor mit einer entsprechend großen Empfangsfläche zu verwenden. Es bietet sich jedoch an, zwei oder mehr Röntgendetektoren einzusetzen, die an den unterschiedlichen Positionen angeordnet werden. Der Vergleich der gemessenen Intensitäten kann dabei beispielsweise durch eine Differenzbildung oder durch Ermittlung eines Verhältnisses der maximalen Intensitäten erfolgen. Sind z.B. zwei unterschiedliche Phasen im Walzgut vorhanden, werden die zwei Röntgendetektoren an zwei Positionen, an denen das Auftreten eines Reflexes für jeweils eine Phase erwartet wird angeordnet. Aus dem Verhältnis der maximalen Intensitäten der beiden Reflexe zueinander kann eine Aussage über das Verhältnis der Phasen zueinander und somit der Anteil der jeweiligen Phase im Walzgut ermittelt werden. Der Anteil einer Phase wird also anhand einer relativen Intensität der gebeugten Röntgenstrahlung bestimmt. Dadurch ist es möglich mehrere Phasen simultan zu ermitteln und somit das Gefüge des Walzgutes, nach vorheriger Kalibrierung, quantitativ zu erfassen.

[0017] Bei einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des Verfahrens wird der Ist-Wert des Strukturparameters durch Vergleich eines Intensitätsprofils der vom Walzgut in die zumindest eine vorgegebene Richtung gebeugten Röntgenstrahlung mit einem erwarteten Intensitätsprofil ermittelt. Aufgrund der Bewegung des Walzgutes während der Messung, Temperatur- und Mikrostrukturschwankungen sowie der polykristallinen Eigenschaft des Walzgutes ergibt sich für einen Reflex kein einzelner Peak der Intensität, sondern ein über einen kleinen Winkelbereich ausgedehntes Intensitätsprofil. Beispielsweise bewirkt eine kleinere Korngröße eine geringere Kohärenzlänge und damit eine Aufweitung, also eine Verbreiterung des Reflexes. Das erwartete Intensitätsprofil kann dabei z.B. anhand der erwarteten Phasen und Korngrößen, sowie der Temperatur bestimmt und mithilfe der Messbedingungen, z.B. Fokusbedingungen, kalibriert werden. Durch anschließenden Vergleich mit dem gemessenen Intensitätsprofil lassen sich daraus z.B. aus der maximalen Intensität der Anteil einer Phase oder für Korngrößen kleiner als 0,2µm aus der Halbwertsbreite des Intensitätsprofils mithilfe der Scherrer-Gleichung die Korngröße ermitteln.

[0018] In einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung des Verfahrens wird ein zeitlicher Verlauf der Intensität der in die zumindest eine vorgegebene Richtung gebeugten Röntgenstrahlung gemessen und daraus eine Änderung des Ist-Wertes des Strukturparameters in Abhängigkeit von einer Position im Walzgut ermittelt. Mit anderen Worten: Während der Bearbeitung des Walzgutes wird zumindest über eine Teillänge des Walzgutes in zeitlichen Abständen, z.B. alle 0,1 bis 15s, die Intensität desselben Reflexes gemessen und daraus jeweils der Ist-Wert des Strukturparameters, z.B. der Anteil einer Phase ermittelt. So ist es möglich zu überprüfen, ob der Ist-Wert des Strukturparameters über die Länge des Walzgutes konstant ist oder ob Abweichungen bzw. Schwankungen auftreten.

[0019] Wenn außerdem eine Temperatur des Walzgutes gemessen und bei der Ermittlung des Ist-Wertes des Strukturparameters eine Abhängigkeit der Intensität von der Temperatur berücksichtigt wird, ist die Genauigkeit des Verfahrens erhöht. Die Temperatur wird dabei möglichst im Brennfleck gemessen. Die Gitterkonstanten der einzelnen Phasen sind temperaturabhängig, sodass bei der online-Röntgendiffraktometrie zwei Effekte auftreten können. Zum Einen nehmen die Kristallschwingungen mit steigender Temperatur zu, was zu einer geringeren Intensität der Reflexe führt. Zum Anderen ergeben sich bei einer höheren Temperatur durch die thermische Ausdehnung größere Gitterkonstanten, sodass sich die Beugungsmaxima der Intensitäten der Reflexe zu kleineren Winkeln verschieben. Bei geringeren Temperaturen tritt entsprechend eine Verschiebung zu größeren Winkeln auf. Um den Temperatureinfluss weitgehend zu eliminieren wird die gemessene Intensität anhand einer bekannten Beziehung des Einflusses der Temperatur korrigiert, der Temperatureinfluss also herausgerechnet. In Abhängigkeit der Temperatur kann ebenso die Position, in der das Auftreten des Reflexes erwartet wird, korrigiert werden und der Röntgendetektor somit an dieser korrigierten Position angeordnet werden.

[0020] Während der Bearbeitung von Walzgut kann sich dessen Lage verändern, d.h. das Walzgut in Bezug auf seine Höhe leicht schwanken, und sich dadurch aus einem Fokus der Röntgenquelle bzw. des Röntgendetektors heraus bewegen. Bei einer bevorzugten Ausgestaltung des Verfahrens, wird jedoch eine Lage des Walzgutes während der Bearbeitung ermittelt und der Abstand zumindest einer zur Erzeugung der Röntgenstrahlung verwendeten Röntgenquelle und des zumindest einen Röntgendetektors zu dem Walzgut während der Bearbeitung des Walzgutes konstant gehalten. Mit anderen Worten: Eine Höhenposition des Walzgutes wird, z.B. mittels Laser-Messung, erfasst und die Röntgenquelle und der Röntgendetektor werden nachgeführt, um eine Korrektur des Fokus zu erreichen bzw. diesen über die Bearbeitungszeit konstant zu halten.

[0021] Bei einer vorteilhaften Ausgestaltung des Verfahrens wird der Ist-Wert des Strukturparameters des Walzgutes mit einem Soll-Wert des Strukturparameters verglichen und in Abhängigkeit von einer Differenz zwischen dem Ist-Wert und dem Soll-Wert des Strukturparameters zumindest ein Prozessparameter zur Bearbeitung des Walzgutes beeinflusst bzw. variiert. Der zumindest eine Prozessparameter wird dabei insbesondere anhand eines den Walzprozess abbildenden Modells adaptiert. Alternative oder zusätzliche Möglichkeiten bestehen darin, dass der Prozessparameter gesteuert und/oder geregelt wird. Ein solcher Soll-Wert des Strukturparameters wird beispielsweise anhand des Gefügemodells ermittelt oder direkt vorgegeben, damit das Walzgut am Ende des Walzprozesses gewünschte mechanische Eigenschaften aufweist. Besteht eine Differenz zwischen Ist-Wert und Soll-Wert des Strukturparameters wird beispielsweise anhand des den Walzprozess abbildenden Modells zumindest ein zu verändernder Prozessparameter ermittelt, um den Ist-Wert an den Soll-Wert anzugleichen. Beispielsweise kann als Prozessparameter eine Temperatur oder Abkühlrate herangezogen werden und z.B. die Steuerung der Kühlstrecke der Walzstraße adaptiert werden. Ein weiterer Prozessparameter wäre z.B. die Geschwindigkeit mit der das Walzgut die Walzstraße durchläuft.

[0022] Vorzugsweise wird der Ist-Wert des Strukturparameters, insbesondere eine im Walzgut vorhandene Phase, zur Adaption des Gefügemodells verwendet. Anhand der eingestellten Prozessparameter und deren Einfluss auf die Struktur des Walzgutes können wiederum Rückschlüsse auf auftretende Phasenumwandlungen gezogen und das Gefügemodell verbessert werden.

[0023] Bei einer ersten Alternative des Verfahrens wird monochromatische Röntgenstrahlung verwendet. Hierfür ist vor der Röntgenquelle ein Monochromator angeordnet, um beispielsweise lediglich Kα-Strahlung mit hoher Intensität zu verwenden. Als Anodenmaterial wird, um störende Röntgenfluoreszenz zu vermeiden, ein an das Walzgut angepasstes Material, z.B. Fe oder Cr für Stahl, verwendet.

[0024] Eine zweite Alternative besteht darin, weiße Röntgenstrahlung zu verwenden und eine energiedispersive Messung der Intensität durchzuführen. Hierfür wird als Röntgendetektor ein Röntgenspektrometer verwendet.

[0025] Die zweitgenannte Aufgabe wird gelöst mit einer Vorrichtung gemäß den Merkmalen des Patentanspruches 16 mit zumindest einer Röntgenquelle zum Erzeugen von Röntgenstrahlung, mit zumindest einem Röntgendetektor zur Messung der vom Walzgut in zumindest eine vorgegebene Richtung gebeugten Röntgenstrahlung und mit einer Steuer- und Auswerteeinheit in der eine Software zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der vorhergehenden Ansprüche implementiert ist.

[0026] Die zumindest eine Röntgenquelle und der zumindest eine Röntgendetektor werden in einem Abstand von 0,1-3m, etwa 2m, zum Walzgut angeordnet. Dies stellt hohe Anforderungen an die Kollimation und die Kohärenz des Röntgenstrahls, weshalb vorteilhafterweise eine um etwa das 10-fache leistungsfähigere Röntgenröhre als in Laborgeräten verwendet wird.

[0027] Bei einer bevorzugten Ausgestaltung der Vorrichtung ist die Röntgenquelle eine zur Dickenmessung des Walzgutes eingesetzte, bereits vorhandene Röntgenquelle, sodass keine zusätzliche Röntgenquelle in der Walzstraße angeordnet werden muss.

[0028] Prinzipiell ist es möglich als Röntgendetektor einen Punktdetektor, z.B. ein Zählrohr bzw. Szintillationszähler, zu verwenden und diesen während der Messung der Intensität in einem Winkelbereich zu verfahren. Es ist jedoch von Vorteil, wenn der Röntgendetektor ein Flächendetektor ist. Da die Gitterkonstante temperaturabhängig ist, kommt es zu einer leichten Verschiebung der Intensitätsmaxima, eine geringere Korngröße führt zu einer Aufweitung der Reflexe. Mit einem Flächendetektor, der vorteilhafterweise eine Auflösung größer als 0,1° aufweist, kann eine solche Verschiebung erfasst und eine Aufweitung der Reflexe, also eine Verteilung der Intensität über einen Winkelbereich zuverlässig erfasst werden.

[0029] Des Weiteren umfasst die Vorrichtung vorteilhafterweise eine erste Messeinrichtung zur Ermittlung der Lage des Walzgutes während der Bearbeitung. Eine solche Messeinrichtung kann beispielsweise eine optische Abstandsmesseinrichtung mit einem Laser als Lichtquelle sein.

[0030] Außerdem ist bei einer bevorzugten Ausführungsform eine zweite Messeinrichtung zur Ermittlung der Temperatur des Walzgutes vorgesehen. Die Messeinrichtung ist dabei insbesondere an einer Position angeordnet, in der die Temperatur im Brennfleck gemessen werden kann. Hierfür kann sowohl eine separate als auch eine bereits in der Walzstraße vorhandene Temperaturmesseinrichtung verwendet werden.

[0031] Des Weiteren ist es von Vorteil, wenn die zumindest eine Röntgenquelle eine Blende, die zumindest zwei Bereiche mit voneinander verschiedenen Aperturen aufweist, umfasst. Aufgrund unterschiedlicher Beugungswinkel der einzelnen Gitterebenen der erwarteten Phasen, liegen die Foki der jeweiligen erwarteten Reflexe nicht alle auf dem Goniometerkreis, d.h. dem Kreis auf dem die Röntgenquelle und der Röntgendetektor in gleichem Abstand zum Walzgut angeordnet sind, sondern auf verschiedenen Fokuskreisen, die einen unterschiedlichen Abstand zum Walzgut aufweisen. Durch die Verwendung einer Blende mit unterschiedlichen Aperturen bzw. Öffnungsweiten, die auf jeden Fokuskreis anpassbar ist, ist somit eine verbesserte Fokussierung möglich.

[0032] Für eine verbesserte Fokussierung ist es zudem vorteilhaft, wenn der zumindest eine Röntgendetektor radial verschiebbar und auf den verschiedenen Fokuskreisen positionierbar ist. Mit anderen Worten: Der zumindest eine Röntgendetektor wird im Fokus des erwarteten Reflexes angeordnet. Der Fokuskreis lässt sich für die erwarteten Reflexe mithilfe des Umfangswinkelsatzes aus deren Beugungswinkel bestimmen.

[0033] Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung der Ausführungsbeispiele, die im Zusammenhang mit den Zeichnungen näher erläutert werden.

[0034] Für eine weitere Beschreibung der Erfindung wird auf die Ausführungsbeispiele der Zeichnungen verwiesen. Es zeigen jeweils in einer schematischen Prinzipskizze:
FIG 1
einen Ausschnitt einer Walzstraße zur Bearbeitung von Walzgut mit einer Vorrichtung zur Ermittlung eines Ist-Wertes eines Strukturparameters des Walzgutes mit einer Röntgenquelle und einem Röntgendetektor,
FIG 2
eine mit einer Vorrichtung gemäß FIG 1 gemessene Intensität sowie eine korrigierte gemessene und eine erwartete Intensität,
FIG 3
eine Vorrichtung zur Ermittlung eines Ist-Wertes eines Strukturparameters des Walzgutes mit einer Röntgenquelle und zwei in unterschiedlichen Positionen angeordneten Röntgendetektoren,
FIG 4
mit einer Vorrichtung gemäß FIG 3 gemessene Intensitäten,
FIG 5
eine Vorrichtung zur Ermittlung eines Ist-Wertes eines Strukturparameters des Walzgutes mit einer Röntgenquelle und zwei auf unterschiedlichen Fokuskreisen angeordneten Röntgendetektoren,
FIG 6
eine Blende mit zwei Bereichen mit voneinander verschiedenen Aperturen,
FIG 7
eine Vorrichtung zur Ermittlung eines Ist-Wertes eines Strukturparameters des Walzgutes mit zwei Röntgenquellen und zwei in unterschiedlichen Positionen angeordneten Röntgendetektoren,
FIG 8
einen zeitlichen Verlauf der gemessenen Intensität und eine daraus ermittelte Änderung des Ist-Wertes des Strukturparameters in Abhängigkeit von einer Position im Walzgut,
FIG 9
eine Vorrichtung zur Ermittlung eines Ist-Wertes eines Strukturparameters des Walzgutes mit einer Röntgenquelle und einem als Röntgenspektrometer ausgebildeten Röntgendetektor.


[0035] In FIG 1 ist ein Ausschnitt einer Walzstraße 2 mit beispielhaft zwei Walzen 4 zur Bearbeitung von Walzgut 6, hier eines Stahlbandes dargestellt. In der Walzstraße 2 ist eine Röntgenquelle 8 zur Bestrahlung des Walzgutes 6 mit Röntgenstrahlung X angeordnet. Die Röntgenquelle 8 ist dabei die zur Dickenmessung des Walzgutes 6 verwendete Röntgenquelle 8. Des Weiteren ist in der Walzstraße 2 im Fokus der Röntgenstrahlung X' ein Röntgendetektor 10 angeordnet, mit dem die Intensität I einer vom Walzgut 6 in eine vorgegebene Richtung R gebeugten Röntgenstrahlung X' gemessen wird. Der Röntgendetektor 10 ist als Flächendetektor ausgebildet. Die Röntgenquelle 8 und der Röntgendetektor 10 sind gemäß FIG 1 derart angeordnet, dass sie eine Ebene aufspannen, die parallel zur Walzrichtung des Walzgutes 6 liegt. Prinzipiell können Röntgenquelle 8 und Röntgendetektor 10 jedoch in beliebiger Relativposition zur Walzstraße 2 bzw. zum Walzgut 6 angeordnet werden, z.B. auch derart, dass die von ihnen aufgespannte Ebene senkrecht bzw. quer zur Walzrichtung liegt. Die Röntgenmessung kann dabei zudem an mehreren, frei wählbaren Positionen x des Walzgutes 6 quer zur Walzrichtung, also beispielsweise am Rand und in der Mitte des Walzgutes 6 sowohl gleichzeitig, als auch nacheinander durchgeführt werden. Zur Steuerung der Röntgenquelle 8 und des Röntgendetektors 10 sowie zur Auswertung der vom Röntgendetektor 10 übermittelten Messsignale ist eine Steuer- und Auswerteeinheit 12 vorhanden.

[0036] Gemäß FIG 1 sind in der Walzstraße 2 außerdem eine erste Messeinrichtung 14 zur Ermittlung einer Lage des Walzgutes 6 während der Bearbeitung des Walzgutes 6 vorgesehen. Während der Bearbeitung des Walzgutes 6 schwankt dieses in Richtung des Pfeils H in seiner Höhe. Mit der ersten Messeinrichtung 14 wird die Lage des Walzgutes 6 ermittelt, und die Röntgenquelle 8 sowie der Röntgendetektor 10 werden in Richtung des Pfeils H höhenverschoben, um einen konstanten Abstand d, d' zwischen diesen und dem Walzgut 6 zu gewährleisten, um auf diese Weise auch bei schwankender Höhe des Walzgutes 6 Reflexe mit hoher und vergleichbarer Intensität I zu erhalten. Des Weiteren ist eine zweite Messeinrichtung 16 vorgesehen, mit der die Temperatur des Walzgutes 6, möglichst nahe bzw. im Bereich des Brennflecks der Röntgenstrahlung, ermittelt wird. Gemäß FIG 1 wird das Walzgut 6 während der Bearbeitung mit von einer Röntgenquelle 8 erzeugter Röntgenstrahlung X bestrahlt. Mit einem Röntgendetektor 10 wird die Intensität I der vom Walzgut 6 in die vorgegebene Richtung R gebeugten Röntgenstrahlung X' gemessen. Der Röntgendetektor 10 ist derart positioniert, dass die Intensität I der von einem Kristallit 18 einer Phase des Walzgutes 6 an diesem gebeugten bzw. von diesem in Richtung R ausgehenden Röntgenstrahlung X' detektiert wird. Die im Walzgut 6 vorhandenen bzw. erwarteten Phasen und die für die Phase erwarteten Reflexe werden dabei z.B. anhand eines Gefügemodells , welches z.B. Temperatur und Verformungsgrad des Walzgutes 6 berücksichtigt, und über die Bragg-Bedingung bestimmt und der Röntgendetektor 10 wird in einer Position angeordnet, in der das Auftreten eines bestimmten Reflexes erwartet wird. Der Kristallit 18 einer ersten Phase liegt z.B. als Austenit mit kubischflächenzentrierter Struktur vor. Der Röntgendetektor 10 wird folglich in einer Position angeordnet, in der das Auftreten eines Reflexes mit einem bestimmten Beugungswinkel θi, hier z.B. für eine (111)-Gitterebene des austenitischen Kristallits 18, erwartet wird.

[0037] FIG 2 zeigt die mit einer Vorrichtung gemäß FIG 1 gemessene Intensität I, anhand der ein Ist-Wert eines Strukturparameters SIst des Walzgutes 6 ermittelt wird. Die gemessene Intensität I ist bei einem Beugungswinkel θi maximal, für den eine Gitterebene des Kristallits 18, hier die (111)-Gitterebene, die Bragg-Bedingung erfüllt. Tritt also bei dem Beugungswinkel θi ein Reflex auf, ist eine zu dem Beugungswinkel θi gehörende Phase, hier z.B. Austenit, im Walzgut 6 vorhanden, die somit als Ist-Wert des Strukturparameters SIst identifiziert wird. Der Ist-Wert des Strukturparameters SIst kann wiederum zur Adaption des Gefügemodells verwendet werden.

[0038] In FIG 2 ist neben der gemessenen Intensität I gestrichelt eine anhand der gemessenen Temperatur des Walzgutes 6 korrigierte Intensität IK dargestellt. Eine hohe Temperatur des Walzgutes 6 führt aufgrund von Gitterschwingungen zu einer Verringerung der maximalen Intensität Imax. Mittels einer bekannten Beziehung, wird der Temperatureinfluss aus dem Intensitätsprofil herausgerechnet und der Ist-Wert des Strukturparameters SIst anhand der korrigierten, gemessenen Intensität ermittelt. Die korrigierte Intensität IK weist folglich eine höhere maximale Intensität Imax auf als die gemessene Intensität I. Eine hohe Temperatur kann außerdem eine Verschiebung des Beugungswinkels θi, bei dem ein Reflex einer bestimmten Gitterebene auftritt, zu kleineren Winkeln verursachen. Auch eine solche Verschiebung kann mit Hilfe des Temperatureinflusses ermittelt und beispielsweise bei der Positionierung des Röntgendetektors 10 berücksichtigt werden.

[0039] Anhand des in FIG 2 gezeigten Intensitätsprofils kann für Korngrößen kleiner 0,2µm mit Hilfe der Scherrer-Gleichung aus der Halbwertsbreite FWHM, also der Breite des Intensitätsprofils bei der Hälfte der maximalen Intensität Imax, insbesondere aus der Halbwertsbreite FWHM des korrigierten Intensitätsprofils, als Ist-Wert des Strukturparameters SIst eine Korngröße einer Phase des Walzgutes 6 ermittelt werden. Auch durch einen Vergleich des gemessenen Intensitätsprofils mit einem erwarteten Intensitätsprofil IE (gepunktet dargestellt), kann ein Ist-Wert des Strukturparameters SIst, z.B. der Anteil einer Phase im Walzgut 6 ermittelt werden. Das Intensitätsprofil der gemessenen, korrigierten Intensität IK weist hier eine geringere maximale Intensität Imax auf, als das erwartete Intensitätsprofil, der tatsächlich vorhandene Anteil der erwarteten Phase ist also geringer. Durch einen solchen Vergleich ist auch eine quantitative Bestimmung eines Phasenanteils oder der Korngröße möglich.

[0040] Gemäß FIG 3 wird die Intensität I der vom Walzgut 6 gebeugten Röntgenstrahlung an zwei unterschiedlichen Positionen mit zwei Röntgendetektoren 10 gemessen. Die zwei Röntgendetektoren 10 werden dabei in zwei Positionen angeordnet, in denen das Auftreten zweier unterschiedlicher, bestimmter Reflexe erwartet wird. FIG 4 zeigt ein mit einer solchen Vorrichtung gemessenes Intensitätsprofil. Das Walzgut 6 weist zwei unterschiedliche, durch die zwei Kristallite 18 dargestellte Phasen auf. In beiden Kristalliten 18 liegen Gitterebenen vor, welche bei dem eingestellten Einfallswinkel der Röntgenstrahlung X die Bragg-Bedingung erfüllen. Die von den beiden Kristalliten 18 gebeugte Röntgenstrahlung X' wird dabei in zwei unterschiedliche, vorgegebene Richtungen R gebeugt, in denen jeweils ein Röntgendetektor 10 angeordnet ist. Ein Kristallit 18 liegt z.B. als Austenit, der andere Kristallit als Ferrit vor, sodass die Bragg-Bedingung für unterschiedliche Beugungswinkel θ1, θ2 erfüllt ist, und die vom Walzgut 6 gebeugte Röntgenstrahlung X' in zwei unterschiedliche vorgegebene Richtungen R gebeugt wird.

[0041] Durch Vergleich der beiden Intensitäten, z.B. durch Bildung des Verhältnisses I1/I2 kann der Anteil zumindest einer der Phasen bestimmt werden. Gemäß FIG4 zeigt die Intensität I1 der ersten Phase die 2-fache maximale Intensität Imax gegenüber der Intensität I2 der zweiten Phase. Das Verhältnis der ersten Phase gegenüber der zweiten Phase ist somit 2:1. Mit dieser Methode können Phasenumwandlungen im Walzgut quantitativ erfasst und überprüft sowie Anteile der im Walzgut vorhandenen Phasen bestimmt werden. Als Ist-Wert des Strukturparameters SIst wird somit der Anteil einer Phase im Walzgut ermittelt.

[0042] Wird an mehreren unterschiedlichen Positionen mit mehreren Röntgendetektoren 10 die jeweils gebeugte Röntgenstrahlung X' gemessen, müssen die an diesen Positionen erwarteten Reflexe nicht zwingend von verschiedenen, im Walzgut 6 vorliegenden Phasen stammen. Ebenso denkbar ist es, die Intensitäten mehrerer Reflexe derselben Phase, aber von verschiedenen Gitterebenen, z.B. die an einer (111)- und an einer (200)-Gitterebene der austenitischen Phase gebeugte Röntgenstrahlung X' simultan zu messen, um die Genauigkeit zu erhöhen. Ein so erhaltenes Intensitätsprofil kann wiederum mit einem erwarteten Intensitätsprofil verglichen werden.

[0043] In FIG 5 ist eine Vorrichtung mit einer Röntgenquelle 8 und zwei Röntgendetektoren 10 gezeigt, wobei die Röntgenquelle 8 auf einem Goniometerkreis G und die Röntgendetektoren 10 entlang der dargestellten Pfeile auf dem Goniometerkreis G sowie in Richtung des Walzgutes 6 und von diesem weg beweglich bzw. frei positionierbar sind. Die Röntgendetektoren 10 sind also radial verschiebbar und auf verschiedenen Fokuskreisen positionierbar. Dies bietet gegenüber einer fest installierten Vorrichtung, also ohne bewegliche Röntgenquelle 8 und Röntgendetektor 10, den Vorteil, dass bei gleicher Leistungsfähigkeit der Röntgenquelle 8 höhere Intensitäten im Röntgendetektor 10 detektiert werden können, da stets unter fokussierenden Bedingungen gemessen wird.

[0044] Bei hinreichend texturarmem Walzgut 6, also einer regellosen Verteilung der Kristallite 18, weisen diese Gitterebenen auf, die in unterschiedlichen Winkeln zur Oberfläche des Walzguts 6 orientiert sind. Für die einfallende Röntgenstrahlung X erhält man somit eine Vielzahl von Reflexen, der an den einzelnen Gitterebenen gebeugten und vom Walzgut 6 ausgehenden Röntgenstrahlung X', da verschiedene Gitterebenen die Bragg-Bedingung erfüllen. Mit anderen Worten: Jede im Walzgut 6 vorhandene Phase bzw. eine Gitterebene einer Phase weist einen unterschiedlichen Beugungswinkel θi auf, und erzeugt somit in unterschiedliche, vorgegebene Richtungen R gebeugte Röntgenstrahlung X'. Aufgrund des unterschiedlichen Beugungs- bzw. Bragg-Winkels θi liegen die Foki der einzelnen Reflexe dabei jedoch nicht auf einem Goniometerkreis G, sondern jeweils auf einem Fokuskreis Fi des jeweiligen Beugungswinkels θi. Gemäß FIG 5 ist der Fokuskreis F2 bei kleinerem Beugungswinkel θi nach außen verschoben. Durch eine Anordnung der Röntgendetektoren 10 auf dem jeweiligen Fokuskreis Fi erhält man für jeden Reflex maximale Intensität I. Der sich für einen Beugungswinkel θi ergebende Fokuskreis Fi kann dabei aus dem Umfangswinkelsatz bestimmt werden.

[0045] Um die Fokussierung weiter zu verbessern, wird eine Blende 22 verwendet, die zumindest zwei Bereich mit voneinander verschiedenen Aperturen aufweist. Gemäß FIG 6 ist die Blende 22 hier als Schlitzblende ausgestaltet, deren Schlitze unterschiedliche Öffnungsweiten W1, W2 aufweisen, sodass die Blende 22 auf jeden Fokuskreis anpassbar.

[0046] Weist die gebeugte Röntgenstrahlung X' eine geringe Intensität auf, bietet es sich an, neben mehreren Röntgendetektoren 10 auch mit mehreren Röntgenquellen 8 zu messen, wie in FIG 7 gezeigt ist. Eine geringe Intensität tritt beispielsweise auf, wenn nicht genügend statistisch orientierte Kristallite 18 im Walzgut 6 vorliegen oder für einen einzelnen Messwert eine lange Integrationszeit benötigt wird. Durch eine Verschiebung der Röntgenquellen 8 entlang der Pfeile auf dem Goniometerkreis G lässt sich für jede vorhandene Gitterebene bzw. Phase ein Einfallswinkel einstellen, unter dem die Bragg-Bedingung erfüllt und somit eine hohe Intensität I messbar ist. Die Röntgendetektoren 10 werden entsprechend der vorgegebenen Richtung R, in der das Auftreten der einzelnen Reflexe unter dem eingestellten Einfallswinkel erwartet wird, ebenfalls durch Verschieben auf dem Goniometerkreis G positioniert. Auch konstruktiv ist eine solche Anordnung vorteilhaft, da es ausreicht die Röntgendetektoren 10 auf dem Goniometerkreis G zu verfahren und diese nicht frei auf ihrem jeweiligen Fokuskreis Fi positionieren zu müssen. Alternativ können, um die Fokuskreise genauer einzustellen und damit eine höhere Intensität zu erhalten, die mehreren Röntgenquellen 8 und mehreren Röntgendetektoren 10 auch jeweils paarweise auf jeweils einem Fokuskreis positioniert werden. Vor dem Röntgendetektor 10 ist jeweils ein Monochromator 20 angeordnet, um die gebeugte Röntgenstrahlung X' zu fokussieren.

[0047] In FIG 8 ist ein zeitlicher Verlauf der Intensität I eines erwarteten Reflexes, hier ein erwarteter Reflex der austenitischen Phase im Walzgut 6, und der daraus ermittelte Verlauf des Ist-Wertes des Strukturparameters SIst, hier der Anteil der austenitischen Phase, in Abhängigkeit von einer Position x des Walzgutes 6, also z.B. eines Teilbereichs des Stahlbandes, dargestellt. Zu einem Zeitpunkt t0 weicht die Intensität I von einem konstanten Verlauf ab. Der anhand der Intensität I ermittelte Ist-Wert des Strukturparameters SIst zeigt eine gleichförmige Abweichung, die einer Position x0 des Walzgutes 6 zugeordnet werden kann. Im Rahmen der Qualitätssicherung kann beispielsweise ein solcher Teilbereich des Walzgutes 6 aussortiert werden. Zur weiteren Bearbeitung des Walzgutes 6 kann außerdem anhand eines Vergleichs des Ist-Wertes des Strukturparameters SIst mit einem Soll-Wert des Strukturparameters SSoll in Abhängigkeit der Differenz ein Prozessparameter zur Bearbeitung des Walzgutes 6 beeinflusst werden, sodass der Ist-Wert des Strukturparameters SIst zu einem Zeitpunkt t1 und an einer Position x1 wieder dem Soll-Wert des Strukturparameters SSoll entspricht (gestrichelt dargestellt). Der Prozessparameter, z.B. Temperatur oder Geschwindigkeit des Walzgutes 6, wird dabei insbesondere anhand eines den Walzprozess abbildenden Modells adaptiert. Alternativ hierzu oder zusätzlich kann der Prozessparameter gesteuert oder geregelt werden.

[0048] Die oben beschriebenen Verfahren werden insbesondere mit monochromatischer Röntgenstrahlung durchgeführt. FIG 9 zeigt eine alternative Vorrichtung mit einer festen Röntgenquelle 8 und einem festen Röntgendetektor 10, bei der weiße Röntgenstrahlung verwendet wird. Hierbei ist der Röntgendetektor 10 als Röntgenspektrometer 24 ausgebildet und es wird eine energiedispersive Messung der Intensität I der am Walzgut 6 gebeugten Röntgenstrahlung X' durchgeführt. Hier wird somit anstelle der Position an der der Röntgendetektor 10 angeordnet ist, und somit anstelle der Beugungswinkel θi die Wellenlänge der einfallenden Röntgenstrahlung X variiert.

[0049] Obwohl die Erfindung im Detail durch das bevorzugte Ausführungsbeispiel näher illustriert und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.


Ansprüche

1. Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut (6) in einer Walzstraße (2), bei dem das Walzgut (6) während der Bearbeitung mit Röntgenstrahlung (X) bestrahlt wird, mit zumindest einem Röntgendetektor (10) mit dem die Intensität (I) einer vom Walzgut (6) in zumindest eine vorgegebene Richtung (R) gebeugten Röntgenstrahlung (X') gemessen wird, wobei der zumindest eine Röntgendetektor (10) in einer Position angeordnet wird, in der das Auftreten eines Reflexes erwartet wird, und bei dem anhand der Intensität (I) zumindest ein Ist-Wert eines Strukturparameters (SIst) des Walzgutes (6) ermittelt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Position, in der das Auftreten eines Reflexes erwartet wird, anhand eines Gefügemodells des Walzgutes (6) ermittelt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem als Ist-Wert des Strukturparameters (SIst) ein Anteil einer im Walzgut (6) vorhandenen Phase ermittelt wird.
 
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem an zumindest zwei unterschiedlichen Positionen jeweils die Intensität (I) der vom Walzgut (6) gebeugten Röntgenstrahlung (X') gemessen wird und durch Vergleich der gemessenen Intensitäten (I) als Ist-Wert des Strukturparameters (SIst) zumindest ein Anteil der im Walzgut (6) vorhandenen Phase bestimmt wird.
 
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem der Ist-Wert des Strukturparameters (SIst) durch Vergleich eines gemessenen Intensitätsprofils der vom Walzgut (6) in die zumindest eine vorgegebene Richtung (R) gebeugten Röntgenstrahlung (X') mit einem erwarteten Intensitätsprofil ermittelt wird.
 
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem ein zeitlicher Verlauf der Intensität (I) der in die zumindest eine vorgegebene Richtung (R) gebeugten Röntgenstrahlung (X') gemessen und daraus eine Änderung des Ist-Wertes des Strukturparameters (SIst) in Abhängigkeit von einer Position (x) im Walzgut (6) ermittelt wird.
 
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem eine Temperatur des Walzgutes (6) gemessen wird und bei der Ermittlung des Ist-Wertes des Strukturparameters (SIst) eine Abhängigkeit der gemessenen Intensität (I) von der Temperatur berücksichtigt wird.
 
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem eine Lage des Walzgutes (6) während der Bearbeitung ermittelt wird und der Abstand (d, d') zumindest einer zur Erzeugung der Röntgenstrahlung verwendeten Röntgenquelle (8) und des zumindest einen Röntgendetektors (10) zu dem Walzgut (6) während der Bearbeitung des Walzgutes (6) konstant gehalten wird.
 
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem der Ist-Wert des Strukturparameters (SIst) des Walzgutes (6) mit einem Soll-Wert des Strukturparameters (SSoll) verglichen wird und in Abhängigkeit von einer Differenz zwischen dem Ist-Wert (SIst) und dem Soll-Wert des Strukturparameters (SSoll) zumindest ein Prozessparameter zur Bearbeitung des Walzgutes (6) beeinflusst wird.
 
10. Verfahren nach Anspruch 9, bei dem der zumindest eine Prozessparameter anhand eines den Walzprozess abbildenden Modells adaptiert wird.
 
11. Verfahren nach Anspruch 9 oder 10, bei dem der zumindest eine Prozessparameter gesteuert wird.
 
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 11, bei dem der zumindest eine Prozessparameter geregelt wird.
 
13. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem der Ist-Wert des Strukturparameters (SIst) zur Adaption des Gefügemodells verwendet wird.
 
14. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem monochromatische Röntgenstrahlung (X) verwendet wird.
 
15. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem weiße Röntgenstrahlung (X) verwendet wird und eine energiedispersive Messung der Intensität (I) durchgeführt wird.
 
16. Vorrichtung mit zumindest einer Röntgenquelle (8) zum Erzeugen von Röntgenstrahlung (X), mit zumindest einem Röntgendetektor (10) zur Messung der vom Walzgut (6) in zumindest eine vorgegebene Richtung (R) gebeugten Röntgenstrahlung (X') und mit einer Steuer- und Auswerteeinheit (12) in der eine Software zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der vorhergehenden Ansprüche implementiert ist.
 
17. Vorrichtung nach Anspruch 16, bei der die Röntgenquelle (8) eine zur Dickenmessung des Walzgutes (6) eingesetzte, bereits vorhandene Röntgenquelle (8) ist.
 
18. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 16 oder 17, bei der der Röntgendetektor (10) ein Flächendetektor ist.
 
19. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 18, mit einer ersten Messeinrichtung (14) zur Ermittlung der Lage des Walzgutes (6) während der Bearbeitung.
 
20. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 19, mit einer zweiten Messeinrichtung (16) zur Ermittlung der Temperatur des Walzgutes (6).
 
21. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 20, bei der die zumindest eine Röntgenquelle (8) eine Blende (22), die zumindest zwei Bereiche mit voneinander verschiedenen Aperturen aufweist, umfasst.
 
22. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 21, bei der der zumindest eine Röntgendetektor (10) radial verschiebbar und auf verschiedenen Fokuskreisen positionierbar ist.
 




Zeichnung



















Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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