(19)
(11) EP 2 865 977 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.04.2015  Patentblatt  2015/18

(21) Anmeldenummer: 13005244.2

(22) Anmeldetag:  07.11.2013
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F25J 3/04(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 25.10.2013 EP 13005107

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
80331 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Moll, Anton
    82399 Raisting (DE)
  • Alekseev, Alexander
    82515 Wolfratshausen (DE)
  • Goloubev, Dimitri
    80804 München (DE)

(74) Vertreter: Imhof, Dietmar 
Linde AG Legal Services Intellectual Property Dr.-Carl-von-Linde-Straße 6-14
82049 Pullach
82049 Pullach (DE)

   


(54) Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft, Tieftemperatur- Luftzerlegungsanlage und Verfahren zur Herstellung einer Tieftemperatur- Luftzerlegungsanlage


(57) Das Verfahren und die Anlage dienen zur Tieftemperaturzerlegung von Luft in einem, Destillationssäulen-System das eine erste Hochdrucksäule (101), eine zweite Hochdrucksäule (201), eine erste Niederdrucksäule (102), eine zweite Niederdrucksäule (202) und einen Hauptkondensator (103) aufweist, der als Kondensator-Verdampfer ausgebildet ist und einen Verdampfungsraum und einen Verflüssigungsraum aufweist. Ein erster Stickstoffgasstrom (104, 114) aus der ersten Hochdrucksäule (101) wird in den Verflüssigungsraum des Hauptkondensators (103) eingeleitet. Ein erster Flüssigstickstoffstrom (105) aus dem Verflüssigungsraum des Hauptkondensators (103) wird in die erste Hochdrucksäule (101) eingeleitet. Ein erster Sauerstoffgasstrom (108) aus dem Verdampfungsraum des Hauptkondensators (103) wird in die erste Niederdrucksäule (102) eingeleitet. Ein zweiter Stickstoffgasstrom (204, 114) aus der zweiten Hochdrucksäule (201) wird in den Verflüssigungsraum des Hauptkondensators (103) eingeleitet. Ein zweiter Flüssigstickstoffstrom (205) aus dem Verflüssigungsraum des Hauptkondensators (103) wird in die zweite Hochdrucksäule (201) eingeleitet. Ein zweiter Sauerstoffgasstrom (208) aus dem Verdampfungsraum des Hauptkondensators (103) wird in die zweite Niederdrucksäule (202) eingeleitet.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.

[0002] Die Grundlagen der Tieftemperaturzerlegung von Luft im Allgemeinen sowie der Aufbau von Zwei-Säulen-Anlagen im Speziellen sind in der Monografie "Tieftemperaturtechnik" von Hausen/Linde (2. Auflage, 1985) und in einem Aufsatz von Latimer in Chemical Engineering Progress (Vol. 63, No.2, 1967, Seite 35) beschrieben. Die Wärmeaustauschbeziehung zwischen Hochdrucksäule und Niederdrucksäule einer Doppelsäule wird im Regelfall durch einen Hauptkondensator realisiert, in dem Kopfgas der Hochdrucksäule gegen verdampfende Sumpfflüssigkeit der Niederdrucksäule verflüssigt wird.

[0003] Das Destillationssäulen-System der Erfindung kann als klassisches Doppelsäulensystem ausgebildet sein, aber auch als Drei- oder Mehrsäulensystem. Es kann zusätzlich zu den Kolonnen zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung weitere Vorrichtungen zur Gewinnung anderer Luftkomponenten, insbesondere von Edelgasen aufweisen, beispielsweise eine Argongewinnung.

[0004] Der Hauptkondensator ist bei der Erfindung als Kondensator-Verdampfer ausgebildet. Als "Kondensator-Verdampfer " wird ein Wärmetauscher bezeichnet, in dem ein erster, kondensierender Fluidstrom in indirekten Wärmeaustausch mit einem zweiten, verdampfenden Fluidstrom tritt. Jeder Kondensator-Verdampfer weist einen Verflüssigungsraum und einen Verdampfungsraum auf, die aus Verflüssigungspassagen beziehungsweise Verdampfungspassagen bestehen. In dem Verflüssigungsraum wird die Kondensation (Verflüssigung) eines ersten Fluidstroms durchgeführt, in dem Verdampfungsraum die Verdampfung eines zweiten Fluidstroms. Verdampfungs- und Verflüssigungsraum werden durch Gruppen von Passagen gebildet, die untereinander in Wärmeaustauschbeziehung stehen.

[0005] Dabei kann der Hauptkondensator als Badverdampfer, insbesondere als Kaskadenverdampfer (beispielsweise wie in EP 1287302 B1 = US 6748763 B2 beschrieben), oder aber als Fallfilmverdampfer ausgebildet sein. Er kann durch einen einzigen Wärmetauscherblock gebildet werden oder auch durch mehrere Wärmetauscherblöcke, die in einem gemeinsamen Druckbehälter angeordnet sind.

[0006] Das Destillationssäulen-System einer Luftzerlegungsanlage ist in einer oder mehreren Coldboxen angeordnet. Unter einer "Coldbox" wird hier eine isolierende Umhüllung verstanden, die einen wärmeisolierten Innenraum vollständig mit Außenwänden umfasst; in dem Innenraum sind zu isolierenden Anlagenteile angeordnet, zum Beispiel ein oder mehrere Trennsäulen und/oder Wärmetauscher. Die isolierende Wirkung kann durch entsprechende Ausgestaltung der Außenwände und/oder durch die Füllung des Zwischenraums zwischen Anlagenteilen und Außenwänden mit einem Isoliermaterial bewirkt werden. Bei der letzteren Variante wird vorzugsweise ein pulverförmiges Material wie zum Beispiel Perlite verwendet. Sowohl das Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung einer Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage als auch der Hauptwärmetauscher und weitere kalte Anlagenteile müssen von einer oder mehreren Coldboxen umschlossen sein. Die Außenmaße der Coldbox bestimmen üblicherweise die Transportmaße des Pakets bei vorgefertigten Anlagen.

[0007] Ein Verfahren der eingangs genannten Art und eine entsprechende Vorrichtung sind aus US 6128921 bekannt. Hier werden zwei klassische Doppelsäulen nebeneinander in einer gemeinsamen Coldbox angeordnet und praktisch unabhängig voneinander betrieben.

[0008] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein derartiges Verfahren, eine entsprechende Vorrichtung und ein passendes Herstellungsverfahren anzugeben, die hohe Kapazität, relativ niedrige Investitionskosten und einen vergleichsweise geringem Flächenbedarf aufweisen.

[0009] Diese Aufgabe wird durch die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 1 gelöst.

[0010] Bei der Erfindung versorgt ein einziger Hauptkondensator alle vier Säulen mit Rücklaufflüssigkeit. Auf diese Weise ergeben sich eine Verminderung des apparativen Aufwands und eine besonders hohe Flexibilität bei der Aufstellung der einzelnen Säule, die für eine Platz sparende Anordnung der Säulen genutzt werden kann. Die Säulen sind paarweise parallelgeschaltet, sodass sich eine besonders hohe Kapazität bei begrenztem Säulendurchmesser ergibt.

[0011] Natürlich muss der Verdampfungsraum des Hauptkondenstors auch mit Flüssigkeit beaufschlagt werden. Dies geschieht bei der Erfindung beispielsweise dadurch, dass sowohl ein erster Flüssigsauerstoffstrom aus der ersten Niederdrucksäule als auch ein zweiter Flüssigsauerstoffstrom aus der zweiten Niederdrucksäule in den Verdampfungsraum des Hauptkondensators eingeleitet werden.

[0012] Wenn der Hauptkondensator aus mehreren parallelen Blöcken besteht, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Verbindung zwischen den Ein- und Austritten der Verdampfungs- und Verflüssigungsteilräume der Blöcke, die untereinander grundsätzlich beliebig kombiniert werden können:
  • Eintritt des Verdampfungsteilraums eines Blocks verbunden mit nur einer der beiden Niederdrucksäulen oder mit beiden Niederdrucksäulen
  • Austritt des Verdampfungsteilraums eines Blocks verbunden mit nur einer der beiden Niederdrucksäulen oder mit beiden Niederdrucksäulen
  • Eintritt des Verflüssigungsteilraums eines Blocks verbunden mit nur einer der beiden Hochdrucksäulen oder mit beiden Hochdrucksäulen
  • Austritt des Verflüssigungsteilraums eines Blocks verbunden mit nur einer der beiden Hochdrucksäulen oder mit beiden Hochdrucksäulen


[0013] Die Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens kommen insbesondere bei besonders großen Anlagen zum Tragen, die mehrsträngig ausgebildet sind, wobei ein Strang (train), mehrere Stränge, oder alle Stränge der Gesamtanlage gemäß der Erfindung ausgebildet sind.

[0014] Im Falle einer Transportbegrenzung (üblicherweise 4,8 m im Säulendurchmesser) wird die pro Anlage (Strang) gewonnene Produktmenge stark limitiert. Daher werden oftmals viele Anlagen-Stränge (trains) benötigt um die geforderte Produktmenge beispielsweise an Sauerstoff an Kunden zu liefern. Die Begrenzung des Säulendurchmessers führt außerdem dazu, dass die Säulen mehrsträngiger Anlagen in der Coldbox mit Packungen mit sehr niedriger spezifischen Oberfläche (zum Beispiel 350 m2/m2) ausgerüstet werden; Entsprechendes gilt für einsträngige Anlagen sehr großer Kapazität. Dadurch werden die Säulen ziemlich hoch und es besteht auch die Notwendigkeit für den Einsatz kryogener Transferpumpen (entweder eine Flüssigstickstoff-Pumpe für eine Anordnung der Säulen übereinander oder eine Flüssigsauerstoff-Transferpumpe für nebeneinander stehende Säulen). Neben einer Erhöhung der Gesamtkosten werden dadurch auch die Anlagen-Komplexität und - Energiebedarf negativ beeinflusst.

[0015] In einer speziellen Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden entgegengesetzt zu der bisherigen Praxis auch bei Beschränkungen des Kolonnendurchmessers, beispielsweise aufgrund von Transportmöglichkeiten, Packungen besonders großer Dichte in den Niederdrucksäulen eingesetzt, wie es in Patentanspruch 2 beschrieben ist. Aufgrund der erfindungsgemäßen paarweisen Parallelschaltung von Säulen kann trotz eines beschränkten Kolonnendurchmessers eine besonders hohe Produktkapazität (pro Strang) erzielt werden; die dafür benötigte Grundfläche bleibt dabei sehr klein.

[0016] In den beiden Hochdrucksäulen kann ebenfalls eine derartige besonders dichte Packung eingesetzt werden; alternativ werden die Stoffaustauschelemente der Hochdrucksäulen durch klassische Siebböden gebildet.

[0017] Vorzugsweise werden mindestens vier, insbesondere alle fünf, der genannten Elemente des Destillationssäulen-Systems übereinander angeordnet, wie es in den Patentansprüchen 3 und 4 dargestellt ist. Unter einer Anordnung zweier Elemente "übereinander" wird hier verstanden, dass das obere Ende des unteren der beiden Elemente sich auf niedrigerer geodätischer Höhe befindet als das untere Ende der oberen der beiden Elemente und sich die Projektionen der beiden Elemente in eine horizontale Ebene überschneiden. Beispielsweise sind die beiden Elemente genau übereinander angeordnet, das heißt die Achsen der beiden Säulen verlaufen auf derselben vertikalen Geraden. Vorzugsweise weisen alle übereinander angeordneten Elemente dieselbe vertikale Achse auf.

[0018] In einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung ist der Hauptkondensator im Sumpfbereich der ersten Niederdrucksäule angeordnet. Damit ist gemeint, dass sich der Hauptkondensator unterhalb der Stoffaustauschelemente der ersten Niederdrucksäule im selben Behälter wie diese befindet.

[0019] Alternativ ist der Hauptkondensator in einem von der ersten Niederdrucksäule getrennten Behälter angeordnet, der sich beispielsweise zwischen der ersten Niederdrucksäule und der ersten Hochdrucksäule oder neben diesen beiden Säulen befindet.

[0020] Grundsätzlich können die erste und die zweite Hochdrucksäule über zwei Stränge separat mit Luft versorgt werden. Vorzugsweise werden beide jedoch über eine gemeinsame Luftleitung versorgt, die einen Gesamtdruckluftstrom liefert, der in mindestens zwei Druckluftteilströme verzweigt wird, wobei der erste Druckluftteilstrom in die erste Hochdrucksäule und der zweite Druckluftteilstrom in die zweite Hochdrucksäule eingeleitet wird. Die vier Säulen des Destillationssäulen-Systems weisen dann nur einen einzigen Strang für die Luftverdichtung, -reinigung und - abkühlung auf.

[0021] Es ist außerdem günstig, wenn die zweite Niederdrucksäule, die erste Niederdrucksäule, der Hauptkondensator, die erste Hochdrucksäule und die zweite Hochdrucksäule in einer gemeinsamen Coldbox angeordnet sind.

[0022] Die Erfindung betrifft außerdem eine Vorrichtung gemäß Patentanspruch 8 sowie ein Verfahren zur Herstellung einer Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage gemäß Patentanspruch 9. Die erfindungsgemäße Vorrichtung kann durch Vorrichtungsmerkmale ergänzt werden, die den Merkmalen der abhängigen Verfahrensansprüche entsprechen.

[0023] Die Erfindung sowie weitere Einzelheiten der Erfindung werden im Folgenden anhand eines in den Zeichnungen schematisch dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. In den Zeichnungen sind nur die wichtigsten Elemente dargestellt, insbesondere solche, mit denen sich das System der Erfindung von üblichen Luftzerlegungssystemen unterscheidet.

[0024] Das Destillationssäulen-System des Ausführungsbeispiels ist in Figur 1 gezeigt. Es weist eine erste Hochdrucksäule 101, eine zweite Hochdrucksäule 201, eine erste Niederdrucksäule 102, eine zweite Niederdrucksäule 202 und einen Hauptkondensator 103 auf, der durch einen sechsstufigen Kaskadenverdampfer gebildet wird.

[0025] Über eine gemeinsame Luftleitung wird ein Gesamtdruckluftstrom 1 herangeführt. Dieser wurde, wie in der Luftzerlegung üblich, in einem Hauptluftverdichter verdichtet, in einer Reinigungseinrichtung gereinigt und in einem Hauptwärmetauscher auf etwa Taupunkt abgekühlt. (Diese Schritte sind in der Zeichnung nicht dargestellt.) Der Gesamtdruckluftstrom 1 wird in einen ersten Druckluftteilstrom 100 und einen zweiten Druckluftteilstrom 200 verzweigt. Der erste Druckluftteilstrom 100 wird in die erste Hochdrucksäule 101, der zweite Druckluftteilstrom 200 in die zweite Hochdrucksäule 201 eingeleitet.

[0026] Der Hauptkondensator weist hier einen einheitlichen Verflüssigungsraum und einen einheitlichen Verdampfungsraum auf, das heißt diese Räume sind nicht - wie bei anderen Ausführungsbeispielen der Erfindung - in einen oder mehrere Verflüssigungsteilräumen und/oder Verdampfungsteilräume unterteilt.

[0027] Ein erster Stickstoffgasstrom 104 aus der ersten Hochdrucksäule 101 und ein zweiter Stickstoffgasstrom 204 aus der zweiten Hochdrucksäule 201 werden über Leitung 114 in den Verflüssigungsraum des Hauptkondensators 103 eingeleitet. In dem Verflüssigungsraum des Hauptkondensators 103 wird Flüssigstickstoff 115 erzeugt. Aus dem Flüssigstickstoff 115 werden ein erster Flüssigstickstoffstrom 105 zur ersten Hochdrucksäule 101 und ein zweiter Flüssigstickstoffstrom 205 zur zweiten Hochdrucksäule 201 abgezweigt.

[0028] Ein erster Flüssigsauerstoffstrom 106 aus der ersten Niederdrucksäule 102 fließt vom unteren Ende der untersten Stoffaustauschschicht 107 der ersten Niederdrucksäule 102 ab und wird dadurch in den Verdampfungsraum des Hauptkondensators 103 eingeleitet. Zusätzlich wird über eine nicht dargestellte Leitung ein zweiter Flüssigsauerstoffstrom aus dem Sumpf der zweiten Niederdrucksäule 202 in den Verdampfungsraum des Hauptkondensators 103 eingeführt. In dem Verdampfungsraum des Hauptkondensators 103 wird gasförmiger Sauerstoff gebildet. Er wird zu einem ersten Teil als erster Sauerstoffgasstrom 108 in die erste Niederdrucksäule 102 eingeleitet, indem er von unten in die unterste Stoffaustauschschicht 107 der ersten Niederdrucksäule 102 einströmt. Ein zweiter Teil wird über eine Leitung als zweiter Sauerstoffgasstrom 208 in die zweite Niederdrucksäule 202 eingeführt.

[0029] Die Rücklaufflüssigkeiten 109, 209 für die beiden Niederdrucksäulen 102, 202 werden durch eine stickstoffangereicherte Flüssigkeit 20 gebildet, die mittels einer Pumpe 21 durch einen Unterkühlungs-Gegenströmer 22 und eine Leitung 23 gedrückt wird. Die stickstoffreiche Flüssigkeit 20 kann an beiden Hochdrucksäulen 101, 201 von einer Zwischenstelle oder direkt vom Kopf abgezogen und dann zusammengeführt werden (nicht dargestellt). Vom Kopf beider Niederdrucksäulen 102, 202 wird unreiner Stickstoff 110, 210 abgezogen und über die Restgasleitungen 31, 32 durch den Unterkühlungs-Gegenströmer 22 zum nicht dargestellten Hauptwärmetauscher geführt.

[0030] Ebenfalls nicht dargestellt ist, wie von beiden Hochdrucksäulen 101, 201 je ein sauerstoffangereicherter Sumpfflüssigkeitstrom abgezogen, im Unterkühlungs-Gegenströmer 23 abgekühlt und in den Verdampfungsraum des Kopfkondensators oder der Kopfkondensatoren mindestens einer Rohargonsäule eingeleitet wird. Die Sumpfflüssigkeiten können dabei entweder separat geführt oder vor dem Unterkühlungs-Gegenströmer vermischt und anschließend aufgeteilt werden. Über die Leitungen 111, 211 wird den Niederdrucksäulen 102, 202 Flüssigluft an einer Zwischenstelle zugespeist. Diese Flüssigkluft stammt aus dem Hauptwärmetauscher, in dem flüssig auf Druck gebrachter Sauerstoff 41 aus den Niederdrucksäulen verdampft oder (falls der Sauerstoffdruck überkritisch ist) pseudo-verdampft wird.

[0031] Als Hauptprodukt des Destillationssäulen-Systems wird flüssiger Sauerstoff 41 vom Verdampfungsraum des Hauptkondensators 103 abgezogen und einer nicht dargestellten Innenverdichtung zugeführt. Dabei wird der flüssige Sauerstoff auf einen hohen Produktdruck gepumpt, unter diesem hohen Produktdruck verdampft oder pseudo-verdampft, auf etwa Umgebungstemperatur angewärmt und schließlich als gasförmiges Drucksauerstoffprodukt abgezogen.

[0032] Als weiteres Produkt des Destillationssäulen-System wird Druckstickstoff über Leitung 42 direkt vom Kopf der Hochdrucksäulen 101, 201 abgezogen, im Hauptwärmetauscher angewärmt und als gasförmiges Druckstickstoffprodukt gewonnen. Zusätzlich kann ein Teil 43 des im Hauptkondensator 103 erzeugten Flüssigstickstoffs einer Innenverdichtung zugeführt und als gasförmiges Hochdruck-Stickstoffprodukt gewonnen werden.

[0033] Über die Leitungspaare 113, 114, 213, 214 können eine gemeinsame klassische Argongewinnung oder je eine separate erste und eine zweite Argongewinnung angeschlossen sein, wobei die Leitungspaare 113, 213 mit dem unteren Bereich einer Rohargonsäule oder jeweils einer von zwei parallelen Rohargonsäulen verbunden sind. Der innere Aufbau und die Funktionsweise einer solchen klassischen Argongewinnung sind beispielweise in DE 2325422 A, EP 171711 A2, EP 377117 B2 (= US 5019145), DE 4030749 A1, EP 628777 B1 (= US 5426946), EP 669508 A1 (= US 5592833), EP 669509 B1 (= US 5590544), EP 942246 A2, EP 1103772 A1 , DE 19609490 (= US 5669237), Figur 8, EP 1243882 A1 (= US 2002178747 A1) und EP 1243881 A1 (= US 2002189281 A1) beschrieben.

[0034] In einem konkreten Beispiel werden die Stoffaustauschelemente in den beiden Niederdrucksäulen 102, 202 ausschließlich durch geordnete Packung gebildet. Die Sauerstoffabschnitte der beiden Niederdrucksäulen 102, 202 (Bereich unterhalb der Leitungen 113/213) sind mit einer geordneten Packung mit einer spezifischen Oberfläche von 750 m2/m3 oder alternativ 1200 m2/m3 ausgestattet, in den übrigen Abschnitten weist die Packung eine spezifische Oberfläche von 500 m2/m3 auf. Zusätzlich können die beiden Niederdrucksäulen 10, 202 einen Stickstoffabschnitt oberhalb der in der Zeichnung dargestellten Stoffaustauschabschnitte aufweisen; dieser ist dann mit einer Packung mit einer spezifischen Oberfläche von 500 m2/m3 oder alternativ von 1200 m2/m3 gefüllt. Abweichend hiervon ist es möglich, innerhalb jedes der genannten Abschnitte geordnete Packung unterschiedlicher spezifischer Oberfläche zu kombinieren.

[0035] In den Hochdrucksäulen 101, 201 werden die Stoffaustauschelemente in dem konkreten Beispiel ausschließlich durch geordnete Packung mit einer spezifischen Oberfläche von 1200 m2/m3 gebildet. Alternativ wird ein Teil oder die Gesamtheit der Stoffaustauschelemente in einer oder beiden Hochdrucksäulen 101, 201 durch konventionelle Destillationsböden gebildet, zum Beispiel durch Siebböden.

[0036] Grundsätzlich kann das Destillationssäulen-System der Figur 1 alleine eine erfindungsgemäße Luftzerlegungsanlage bilden. In einem abgewandelten Ausführungsbeispiel für die Erfindung gemäß Figur 2 wird eine mehrsträngige Anlage durch zwei oder mehr Destillationssäulen-Systeme nach Figur 1 gebildet. In dem Beispiel sind es vier Stränge (Trains) Tr1 bis Tr4. Jedes Destillationssäulen-System ist von einer eigenen Coldbox 301 umschlossen und bildet einen Strang eines Destillationssäulen-Systems. In dem Beispiel sind alle vier Stränge identisch aufgebaut; alternativ könnten einzelne oder alle Stränge verschieden ausgebildet sein. Jedes Destillationssäulen-System ist so ausgebildet, wie es in Figur 1 dargestellt ist. Jeder Strang weist ein Eintrittsfilter 302 für atmosphärische Luft (AIR), einen Hauptluftverdichter 303, eine Luftvorkühlung 304 eine Luftreinigung 305 (üblicherweise gebildet durch ein Paar von Molekularsieb-Adsorbern), einen Luftnachverdichter 306 (Booster Air Compressor - BAC) mit Nachkühler 307 und einen Hauptwärmetauscher 308 in einer eigenen Coldbox 309 auf; diese Apparate sind jeweils unabhängig von den anderen Strängen. Die in dem Nachverdichter 306 nachverdichtete Luft wird in dem Hauptwärmetauscher 308 verflüssigt (oder - falls ihr Druck überkritisch ist - pseudoverflüssigt) und über Leitung 311 dem Destillationssäulen-System in der Coldbox 300 zugeleitet und dort in die Ströme 111 und 112 von Figur 1 verzweigt. Der weitere aus dem Hauptwärmetauscher 308 austretende Strom 1 und die dem warmen Ende des Hauptwärmetauschers 308 zuströmenden Fluide 41, 42, 32 sind wie in Figur 1 nummeriert. Der flüssige Sauerstoff 32 wird in dem Hauptwärmetauscher unter hohem Druck verdampft oder pseudo-verdampft (Innenverdichtung). Alle Rückströme werden in dem Hauptwärmetauscher auf etwa Umgebungstemperatur angewärmt und über die Produktleitungen P abgezogen.

[0037] Alternativ zu Figur 2 können der warme Teil (Luftverdichtung, Vorkühlung und Luftreinigung) und/oder der Hauptwärmetauscher eine andere Zahl von Strängen als das Destillationssäulen-System aufweisen. Beispielsweise könnten ein Destillationssäulen-System-Strang von zwei Hauptluftverdichter-Strängen oder zwei Destillationssäulen-System-Stränge von vier Hauptluftverdichter-Strängen versorgt werden. Das Konzept der Erfindung kann auch bei einem Verfahren ohne Luftnachverdichtung 306/307 (zum Beispiel mit Verdichtung der Gesamtluft auf mehr als 5 bar über den höchsten der Betriebsdrücke der beiden Hochdrucksäulen) oder bei Prozessen mit weiteren Elementen wie zum Beispiel einem Stickstoffkreislauf angewendet werden.

[0038] Die Kältegewinnung ist in Figur 2 nicht dargestellt. Es kann jede bekannte Art einer Turbinenschaltung gewählt werden, mit einer, zwei oder mehr Turbinen.

[0039] Im Vergleich zu einem klassischen System kann bei vorgegebener Produktkapazität, beispielsweise an gasförmigem Drucksauerstoff, die Zahl der Destillationssäulen-System-Stränge durch die Erfindung verringert werden, beispielsweise von sechs auf fünf oder von fünf auf vier.


Ansprüche

1. Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft in einem Destillationssäulen-System, das eine erste Hochdrucksäule (101), eine zweite Hochdrucksäule (201), eine erste Niederdrucksäule (102), eine zweite Niederdrucksäule (202) und einen Hauptkondensator (103) aufweist, der als Kondensator-Verdampfer ausgebildet ist und einen Verdampfungsraum und einen Verflüssigungsraum aufweist, wobei

- ein erster Stickstoffgasstrom (104, 114) aus der ersten Hochdrucksäule (101) in den Verflüssigungsraum des Hauptkondensators (103) eingeleitet wird,

- ein erster Flüssigstickstoffstrom (105) aus dem Verflüssigungsraum des Hauptkondensators (103) in die erste Hochdrucksäule (101) eingeleitet wird und

- ein erster Sauerstoffgasstrom (108) aus dem Verdampfungsraum des Hauptkondensators (103) in die erste Niederdrucksäule (102) eingeleitet wird,

dadurch gekennzeichnet, dass

- ein zweiter Stickstoffgasstrom (204, 114) aus der zweiten Hochdrucksäule (201) in den Verflüssigungsraum des Hauptkondensators (103) eingeleitet wird,

- ein zweiter Flüssigstickstoffstrom (205) aus dem Verflüssigungsraum des Hauptkondensators (103) in die zweite Hochdrucksäule (201) eingeleitet wird und

- ein zweiter Sauerstoffgasstrom (208) aus dem Verdampfungsraum des Hauptkondensators (103) in die zweite Niederdrucksäule (202) eingeleitet wird.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die erste und die zweite Niederdrucksäule (102, 202) Stoffaustauschelemente enthalten, die in mindestens einem Teilbereich der jeweiligen Niederdrucksäule (102, 202) durch eine geordnete Packung gebildet werden, die aus gefalteten Metallblechen gefertigt ist, wobei die geordnete Packung eine spezifische Oberfläche von mehr als 1000 m2/m3, insbesondere von 1200 m2/m3 oder mehr, aufweist.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die folgenden Elemente des Destillationssäulen-Systems in folgender Reihenfolge von oben nach unten übereinander angeordnet sind:

- zweite Niederdrucksäule (202)

- erste Niederdrucksäule (102)

- Hauptkondensator (103)

- erste Hochdrucksäule (101)


 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die folgenden Elemente des Destillationssäulen-Systems in folgender Reihenfolge von oben nach unten übereinander angeordnet sind:

- erste Niederdrucksäule (102)

- Hauptkondensator (103)

- erste Hochdrucksäule (101)

- zweite Hochdrucksäule (201)


 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Hauptkondensator (103) im Sumpfbereich der ersten Niederdrucksäule (102) angeordnet ist.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5 dadurch gekennzeichnet, dass über eine gemeinsame Luftleitung ein Gesamtdruckluftstrom (1) geliefert wird, der in mindestens zwei Druckluftteilströme (200, 200) verzweigt wird, wobei der erste Druckluftteilstrom (100) in die erste Hochdrucksäule (101) und der zweite Druckluftteilstrom (200) in die zweite Hochdrucksäule (201) eingeleitet wird.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Niederdrucksäule (202), die erste Niederdrucksäule (102), der Hauptkondensator (103), die erste Hochdrucksäule (101) und die zweite Hochdrucksäule (201) in einer gemeinsamen Coldbox angeordnet sind.
 
8. Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage mit

- einem Destillationssäulen-System, das eine erste Hochdrucksäule (101), eine zweite Hochdrucksäule (201), eine erste Niederdrucksäule (102), eine zweite Niederdrucksäule (202) und einen Hauptkondensator (103) aufweist, der als Kondensator-Verdampfer ausgebildet ist und einen Verdampfungsraum und einen Verflüssigungsraum aufweist,

- mit Mitteln zum Einleiten eines ersten Stickstoffgasstroms (104, 114) aus der ersten Hochdrucksäule (101) in den Verflüssigungsraum des Hauptkondensators (103),

- mit Mitteln zum Einleiten eines ersten Flüssigstickstoffstroms (105) aus dem Verflüssigungsraum des Hauptkondensators (103) in die erste Hochdrucksäule (101) und

- mit Mitteln zum Einleiten eines ersten Sauerstoffgasstroms (108) aus dem Verdampfungsraum des Hauptkondensators (103) in die erste Niederdrucksäule (102),

gekennzeichnet durch

- Mittel zum Einleiten eines zweiten Stickstoffgasstroms (204, 114) aus der zweiten Hochdrucksäule (201) in den Verflüssigungsraum des Hauptkondensators (103),

- Mittel zum Einleiten eines zweiten Flüssigstickstoffstroms (205) aus dem Verflüssigungsraum des Hauptkondensators (103) in die zweite Hochdrucksäule (201) und

- Mittel zum Einleiten eines zweiten Sauerstoffgasstroms (208) aus dem Verdampfungsraum des Hauptkondensators (103) in die zweite Niederdrucksäule (202).


 
9. Verfahren zur Herstellung einer Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage gemäß Anspruch 8, bei dem

- in einem ersten Schritt drei Behälter vorgefertigt werden, von denen

- ein erster Behälter die zweite Niederdrucksäule (202) enthält,

- ein zweiter Behälter die erste Niederdrucksäule (102), den Hauptkondensator und die erste Hochdrucksäule (101) enthält und

- ein dritter Behälter die zweite Hochdrucksäule (201) enthält,

- in einem zweiten Schritt die drei Behälter zum Aufstellungsort der Anlage transportiert werden und

- in einem dritten Schritt die drei Behälter mit noch fehlenden Verbindungsleitungen gemäß Anspruch 8 verbunden werden.


 




Zeichnung










Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur