[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft einen Lenkflugkörper. Außerdem betrifft die Erfindung
ein Verfahren zum Lenken eines Lenkflugkörpers. Der Lenkflugkörper ist insbesondere
ein Integral-Flugkörper.
In der Regel wird ein Integral-Flugkörper in der unteren Abfangschicht, das bedeutet
unterhalb von vorzugsweise 30 Kilometern Flughöhe, zur Bekämpfung von Zielen benutzt,
in der die Luftdichte groß genug ist, um den Flugkörper aerodynamisch zu steuern und
die geforderte Querbeschleunigung mit aerodynamischen Auftrieb zu gewährleisten.
In der oberen Abfangschicht werden zweistufige oder auch mehrstufige Flugkörper verwendet,
die eine Antriebsstufe und eine Wirkstufe, auch Kill Vehicle genannt, umfassen. Hierbei
wird nach dem Abwurf der Antriebsstufe das Kill Vehicle mit Querschubdüsen (DACS =
Divert Attitude Control System) in ein vorgegebenes Ziel gelenkt. Ein DACS setzt sich
zusammen aus vier Düsen im Schwerpunkt des Flugkörpers, die die geforderte Querbeschleunigung
aufbringen, und aus mindestens vier Düsen am Heck oder auch an der Spitze des Kill
Vehicles, die die Lage des Kill Vehicles kontrollieren.
Ein Integral-Flugkörper, der verzugsweise in der unteren Abfangschicht eingesetzt
wird, benutzt in der Regel die aerodynamischen Steuerflächen, um den Flugkörper relativ
zur Anströmung anzustellen und zu trimmen. Durch diese Anstellung des Flugkörpers
wird ein Auftrieb erzeugt, so dass der Flugkörper gelenkt werden kann. Ein anderer
Lenkflugkörper ist beispielsweise aus der
FR 2 684 723 A1 bekannt. Ein Lenkflugkörper gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 ist aus der
DE 199 49 640 und der
US 2,822,755 A bekannt.
Bei größeren Abfanghöhen nimmt mit abnehmender Luftdichte die aerodynamische Wirksamkeit
immer weiter ab, und der Flugkörper kann die geforderte Querbeschleunigung nicht mehr
aufbringen und trifft nicht mehr. Unter günstigen Bedingungen sind Treffer mit Querschubtrimmung
und aerodynamischem Auftrieb bis zu 30 km Höhe möglich, was somit auch den Einsatzbereich
für einen Integral-Flugkörper in der Höhe begrenzt.
Es ist daher Aufgabe der Erfindung, einen Lenkflugkörper bereitzustellen, der bei
einfacher und kostengünstiger Herstellung einen großen Einsatzbereich aufweist. Die
Lösung der Aufgabe erfolgt durch die Merkmale des unabhängigen Anspruchs 1.
[0002] Weiterhin betrifft die Erfindung gemäß unabhängigem Anspruch 7 ein Verfahren zum
Steuern eines Lenkflugkörpers nach einem der Ansprüche 1 - 6, wobei der Lenkflugkörper
eine Längsachse aufweist und einen ersten Antrieb sowie einen zweiten Antrieb umfasst.
Durch den ersten Antrieb ist ein erster Schub entlang der Längsachse und durch den
zweiten Antrieb ein zweiter Schub senkrecht zu der Längsachse erzeugbar. Das Verfahren
umfasst erfindungsgemäß die folgenden Schritte: Zunächst wird der erste Antrieb aktiviert.
Dabei ist insbesondere vorgesehen, dass der erste Antrieb ein Triebwerk ist, das mehrmals
aktivierbar ist. Besonders bevorzugt ist der erste Antrieb ein Doppelimpulstriebwerk.
Der erfindungsgemäße Schritt des Aktivierens des ersten Antriebs ist insbesondere
ein letztmaliges Aktivieren des Triebwerks oder des Doppelimpulstriebwerks. Anschließend
wird der Lenkflugkörper durch zumindest partielles Aktivieren des zweiten Antriebs
ausgerichtet. Das Ausrichten folgt bevorzugt einer vorgegebenen Lenkvorschrift, die
eine Richtung vorgibt, in die der Lenkflugkörper zu fliegen hat.
[0003] Durch das Ausrichten wird insbesondere eine Wirkrichtung des ersten Antriebs verändert,
so dass der Lenkflugkörper eine Richtungsänderung vollführt.
Die Unteransprüche haben vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung zum Inhalt. Bevorzugt
ist der Lenkflugkörper ausschließlich durch den ersten Antrieb und den zweiten Antrieb
lenkbar. Somit ist bevorzugt vorgesehen, dass der Lenkflugkörper lediglich mit dem
ersten Schub und dem zweiten Schub lenkbar ist. Dabei ist der zweite Schub insbesondere
für eine Rotation des Lenkflugkörpers um den Schwerpunkt des Lenkflugkörpers verwendbar.
Der erste Schub wiederum ist insbesondere für eine translatorische Beschleunigung
des Schwerpunktes des Lenkflugkörpers verwendbar.
Vorteilhafterweise weist der zweite Antrieb einen vordefinierten Abstand zu einem
Schwerpunkt des Lenkflugkörpers auf. Außerdem ist bevorzugt vorgesehen, dass der zweite
Antrieb eine Wirkrichtung innehat, die einen vordefinierten Winkel zu der Längsachse
des Lenkflugkörpers einnimmt, wobei der vordefinierte Winkel insbesondere 90° oder
im Wesentlichen 90° beträgt. Dies erlaubt, mit dem zweiten Antrieb eine Rotation des
Lenkflugkörpers um den Schwerpunkt auszuführen. Somit ist der Lenkflugkörper ausrichtbar.
Für eine optimale Lenkbarkeit des Lenkflugkörpers ist der vordefinierte Abstand möglichst
groß, insbesondere so groß wie möglich, zu wählen.
In einer bevorzugten Ausführungsform umfasst der zweite Antrieb Schubdüsen, die insbesondere
kartesisch angeordnet sind. Vorzugsweise umfasst der zweite Antrieb vier Schubdüsen,
die kranzförmig um die Längsachse orientiert sind. Besonders bevorzugt sind die Querschubdüsen
regelmäßig um den Umfang des Lenkflugkörpers angeordnet. Es ist vorgesehen, dass eine
minimale Betriebsdauer des zweiten Antriebs zumindest einer maximalen Betriebsdauer
des ersten Antriebs entspricht. Somit ist sichergestellt, dass der zweite Antrieb
während einer gesamten Betriebsdauer des ersten Antriebs aktivierbar ist. Da der zweite
Antrieb bevorzugt zum Ausrichten und damit Lenken des Lenkflugkörpers verwendet wird,
ist somit sichergestellt, dass der Lenkflugkörper während der Betriebsdauer des ersten
Antriebs lenkbar ist. Die Betriebsdauer des ersten Antriebs ist insbesondere eine
Betriebsdauer zwischen einem letztmaligen Aktivieren und einem letztmaligen Deaktivieren
des ersten Antriebs.
[0004] Der erste Antrieb ist insbesondere ein Doppelimpulstriebwerk. Die minimale Betriebsdauer
des zweiten Antriebs entspricht daher zumindest einer maximalen Betriebsdauer eines
zweiten Impulses des Doppelimpulstriebwerks.
[0005] Schließlich ist vorteilhafterweise vorgesehen, dass durch Ansteuerung des zweiten
Antriebs die Längsachse derart zu einem Geschwindigkeitsvektor des Lenkflugkörpers
ausrichtbar ist, dass der erste Schub des ersten Antriebs eine vordefinierte Querbeschleunigung
senkrecht zu dem Geschwindigkeitsvektor erzeugt. Da durch das Ausrichten des Lenkflugkörpers
eine Richtung des ersten Schubs von der Richtung einer aktuellen Geschwindigkeit des
Lenkflugkörpers abweicht, ist der erste Schub in eine Längsschubkomponente und in
eine Querschubkomponente zerlegbar.
[0006] Für das erfindungsgemäße Verfahren ist insbesondere vorgesehen, dass die folgenden
Schritte zusätzlich zu den bereits genannten Schritten ausgeführt werden. Zunächst
wird eine Querbeschleunigung senkrecht zu einem Geschwindigkeitsvektor des Lenkflugkörpers
festgelegt. Dabei ist vorgesehen, dass der Lenkflugkörper die festgelegte Querbeschleunigung
einnehmen soll. Die Querbeschleunigung wird bevorzugt von einem übergeordneten Navigationssystem
festgelegt, wobei das Navigationssystem den Lenkflugkörper insbesondere zu einem zu
bekämpfenden Ziel lenkt. Anschließend wird die Längsachse des Lenkflugkörpers relativ
zu dem Geschwindigkeitsvektor des Lenkflugkörpers ausgerichtete, indem der zweite
Antrieb zumindest partiell aktiviert wird. Als Ergebnis der Ausrichtung erzeugt der
erste Antrieb den ersten Schub derart, dass die festgelegte Querbeschleunigung erreicht
wird. Ob der erste Schub die festgelegte Querbeschleunigung erzeugt, ist insbesondere
durch Zerlegung eines den ersten Schub darstellenden Vektors in eine Längsschubbeschleunigung
und in eine Querschubbeschleunigung feststellbar.
[0007] Außerdem ist besonders bevorzugt vorgesehen, dass das Verfahren mit folgenden zusätzlichen
Schritten ausgeführt wird: Zunächst wird ein Anstellwinkel zwischen Längsachse und
Geschwindigkeitsvektor bestimmt, der notwendig ist, damit der erste Schub des ersten
Antriebs die festgelegte Querbeschleunigung erzeugt. Dies ist insbesondere durch trigonometrische
Berechnung möglich, da der erste Schub des ersten Antriebs und die Querbeschleunigung
bekannt sind. Anschließend wird der zweite Antrieb zumindest partiell aktiviert, so
dass der Lenkflugkörper den bestimmten Anstellwinkel einnimmt. Dies erfolgt insbesondere
durch eine passende Regelung des zweiten Antriebs.
Der Lenkflugkörper ist insbesondere zusätzlich derart ausgestaltet, dass dieser eine
aerodynamische Steuereinheit aufweist. Daher ist es dem Lenkflugkörper insbesondere
möglich, zwischen aerodynamischer Lenkung und Lenkung durch Zusammenspiel von erstem
Antrieb und zweitem Antrieb zu wechseln.
Bei der Bekämpfung von TBMs (Tactical Ballistic Missiles) versucht man das Ziel mit
einem Direkttreffer zu zerstören, um die notwendige Zerstörungsenergie aufzubringen.
Ein Direkttreffer gegen schnelle und/oder manövrierende TBMs setzt eine hohe Agilität
des Flugkörpers voraus. Diese wird erreicht durch die Verwendung einer Querschubeinheit
vor dem Schwerpunkt (ACS = Attitude Control System) - für das neue Lenkkonzept vorzugsweise
4 kartesisch angeordnete Querschubdüsen. Durch die hohe Dynamik der Querschubdüsen
und die Vermeidung des Allpassverhaltens (Einbau der Düsen vor dem Schwerpunkt) kann
die Zeitkonstante des Flugkörpers soweit verbessert werden, dass ein Direkttreffer
möglich ist. Die notwendige Querbeschleunigung, um den Flugkörper zum Direkttreffer
zu führen, wird jedoch auch beim Einsatz der Querschubdüsen (ACS) größtenteils durch
den aerodynamischen Auftrieb des Flugköpers erzielt (im Gegensatz zu einem Kill Vehicle
mit einem DACS).
[0008] Die Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen detailliert beschrieben.
In den Zeichnungen ist:
- Figur 1
- eine schematische Darstellung eines Lenkflugkörpers gemäß einem Ausführungsbeispiel
der Erfindung,
- Figur 2
- eine schematische Darstellung des Lenkflugkörpers gemäß dem Ausführungsbeispiel der
Erfindung während eines ersten Lenkvorgangs,
- Figur 3
- eine schematische Darstellung des Lenkflugkörpers gemäß dem Ausführungsbeispiel der
Erfindung während eines zweiten Lenkvorgangs, und
- Figur 4
- eine schematische Darstellung wirkenden Kräfte bei Ausführen des zweiten Lenkvorgangs.
[0009] Figur 1 zeigt schematisch einen Lenkflugkörper 1 gemäß der Erfindung. Der Lenkflugkörper
1 weist eine Längsachse 2 auf, um die sich der Lenkflugkörper zylinderförmig erstreckt.
Durch einen ersten Antrieb 3 und einen zweiten Antrieb 4 ist der Lenkflugkörper 1
antreibbar und/oder lenkbar.
Der erste Antrieb 3 ist bevorzugt ein Triebwerk, insbesondere ein Raketentriebwerk.
Auch ist vorgesehen, dass der erste Antrieb 3 ein Doppelimpulstriebwerk ist, das mehrmals
aktivierbar und deaktivierbar ist. Der zweite Antrieb 4 umfasst eine Vielzahl von
Querschubdüsen, die kranzförmig um die Längsachse 2 angeordnet sind. Dabei weisen
die Querschubdüsen des zweiten Antriebs 4 einen vordefinierten Abstand zu dem Schwerpunkt
5 des Lenkflugkörpers 1 auf. Eine Wirkrichtung der Querschubdüsen ist jeweils senkrecht
zu der Längsachse 2 orientiert, wobei die Wirkrichtung insbesondere von der Längsachse
2 weg weist. Dadurch ist mit dem zweiten Antrieb 4 eine Rotationsbewegung des Lenkflugkörpers
1 um den Schwerpunkt 5 erzeugbar.
Insbesondere ist der erste Antrieb 3 an einem Ende des Lenkflugkörpers 1 angebracht.
An einem gegenüberliegenden Ende ist bevorzugt eine Wirkeinheit 7 des Lenkflugkörpers
1 vorgesehen. Der Schwerpunkt 5 liegt insbesondere zwischen dem zweiten Antrieb 4
und dem ersten Antrieb 3.
[0010] Zur aerodynamischen Steuerung weist der Lenkflugkörper 1 aerodynamische Steuereinheiten
6 auf, die ebenfalls bevorzugt kranzförmig um die Längsachse 2 orientiert sind. Die
aerodynamischen Steuereinheiten 6 sind vorteilhafterweise Steuerflächen, die an dem
Ende des Lenkflugkörpers 1 angebracht sind, an dem auch der erste Antrieb 3 vorgesehen
ist.
[0011] Insgesamt ist der Lenkflugkörper 1 daher auf unterschiedliche Arten steuerbar. Dabei
ist vorgesehen, dass ein Steuerkonzept ab Erreichen einer vordefinierten Flughöhe
geändert wird. So ist insbesondere vorgesehen, den Lenkflugkörper 1 unterhalb der
vordefinierten Flughöhe aerodynamisch zu steuern, wie dies in Figur 2 gezeigt ist.
Oberhalb der vordefinierten Flughöhe wird der Lenkflugkörper 1 insbesondere durch
ein Zusammenspiel von erstem Antrieb 3 und zweitem Antrieb 4 gesteuert. Dies ist in
den Figuren 3 und 4 gezeigt.
[0012] Figur 2 zeigt den Lenkflugkörper 1 aus Figur 1 während eines Fluges mit aerodynamischer
Lenkung. Durch die aerodynamischen Steuereinheiten 6 ist der Lenkflugkörper 1 derart
steuerbar, dass die Längsachse 2 um einen Anstellwinkel 10 aus der horizontalen Ebene
verdrehbar ist. Auf diese Weise wird eine Auftriebskraft 20 erzeugt, die eine Lenkung
des Lenkflugkörpers 1 erlaubt. Der Auftriebskraft 20 wirkt eine Gewichtskraft 30 des
Lenkflugkörpers 1 entgegen. Weiterhin wirkt eine Vortriebskraft 40 auf den Schwerpunkt
5 des Lenkflugkörpers 1 ein, der eine Widerstandskraft 50 entgegenwirkt. Solange der
erste Antrieb 3 abgeschaltet ist, sind alle genannten Kräfte nahezu gleich groß, so
dass sich der Lenkflugkörper 1 in einem nahezu stationären Flug befindet. Der stationäre
Flug wird dabei lediglich durch den Luftwiderstand abgebremst. Jedoch ist der Lenkflugkörper
auch ohne aktiven ersten Antrieb 3 lenkbar.
[0013] Figur 3 zeigt den Lenkflugkörper 1 aus Figur 1 während eines Fluges mit Lenkung durch
Aktivierung des ersten Antriebs 3 und des zweiten Antriebs 4. Eine solche Lenkung
erfolgt insbesondere dann, wenn die aerodynamische Wirkung der aerodynamischen Steuereinheiten
6 für eine Lenkung des Lenkflugkörpers 1 nicht mehr ausreicht. Zur Lenkung wird der
Anstellwinkel 10 durch Aktivieren des zweiten Antriebs 4 erzeugt. Dies geschieht dadurch,
dass der durch den zweiten Antrieb 4 erzeugte zweite Schub 200 eine Rotationsbewegung
des Lenkflugkörpers 1 um den Schwerpunkt 5 bewirkt. Die Rotation bedingt daher eine
Verdrehung der Längsachse 2 des Lenkflugkörpers 1 gegenüber einem aktuellen Geschwindigkeitsvektor
300 des Lenkflugkörpers 1 um den Anstellwinkel 10.
Gleichzeigt ist vorgesehen, dass der erste Antrieb 3 einen ersten Schub 100 erzeugt.
Da der erste Schub 100 durch das beschriebene Ausrichten des Lenkflugkörpers 1 mittels
des zweiten Antriebs 4 nun von der Richtung des Geschwindigkeitsvektors 300 abweicht,
wird eine auf den Schwerpunkt 5 wirkende Querbeschleunigung 400 erzeugt, die den Lenkflugkörper
1 lenkt. Die Querbeschleunigung 400 wird insbesondere derart erzeugt, dass diese gleich
groß wie eine Soll-Querbeschleunigung ist. Die Soll-Querbeschleunigung ist eine Querbeschleunigung,
die der Lenkflugkörper 1 einnehmen soll und wird insbesondere von einem Navigationssystem
vorgegeben, das den Lenkflugkörper 1 zu einem Ziel lenkt. Ein beispielhafter Lenkvorgang
ist in Figur 4 gezeigt.
Figur 4 zeigt schematisch das Zustandekommen der Lenkung aus Figur 3. Durch das Aufbringen
des Anstellwinkels 10 wird ein Vektor des ersten Schubs 100 um den Anstellwinkel 10
relativ zu dem Geschwindigkeitsvektor 300 gedreht. Daher lässt sich der erste Schub
100 in die Querbeschleunigung 400 und in eine Längsbeschleunigung 500 zerlegen. Die
Längsbeschleunigung 500 erfolgt in Richtung des Geschwindigkeitsvektors 300, dient
also dazu, die Fluggeschwindigkeit des Lenkflugkörpers 1 zu erhöhen. Die Querbeschleunigung
400 hingegen erfolgt senkrecht zu dem Geschwindigkeitsvektor 300 und dient daher zur
Richtungsänderung des Lenkflugkörpers 1. Somit ist der Lenkflugkörper 1 auch ohne
aerodynamische Steuereinheiten 6 vollständig lenkbar. Gemäß der Erfindung ist der
Lenkflugkörper 1 ein Integral-Flugkörper der durch ein Triebwerk als erster Antrieb
3 und eine Querschubeinheit als zweiter Antrieb 4 angetrieben wird. Durch die Verwendung
eines neuen Lenkkonzepts kombiniert mit Auslegungsanpassungen für das Triebwerk, d.h.
den ersten Antrieb 3, und die Querschubeinheit, d.h. den zweiten Antrieb 4, kann die
Abfanghöhe erheblich gesteigert werden. Die technischen Voraussetzungen, die der Lenkflugkörper
1 für das neue Lenkkonzept erfüllen muss, sind:
- Der Lenkflugkörper 1 muss im Endgame, d.h. im Endanflug auf das Ziel, bis zum Treffer
angetrieben fliegen. Der Antrieb erfolgt insbesondere durch das Triebwerk, d.h. durch
den ersten Antrieb 3.
- Die Querschubeinheit, d.h. der zweite Antrieb 4, muss eine Betriebsdauer haben, die
der Antriebsdauer des Triebwerks im Endgame entspricht. Bekannte Integral-Flugkörper
der unteren Abfangschicht besitzen in der Regel ein Doppelimpulstriebwerk, dessen
zweiter Impuls variabel gezündet werden kann. Ein derartiges Doppelimpulstriebwerk
ist auch in dem Lenkflugkörper 1 als erster Antrieb 3 vorhanden. Simulationstechnische
Untersuchungen haben ergeben, dass der zweite Impuls mindestens fünf Sekunden lang
sein soll, und auch die Querschubeinheit eine entsprechende Betriebsdauer haben soll.
Mit diesen Voraussetzungen kann der Integral-Flugkörper auch in großer Höhe, in denen
die aerodynamische Wirksamkeit verschwindend gering ist, noch gelenkt und gesteuert
werden.
[0014] Für den als Integral-Flugkörper ausgebildeten Lenkflugkörper 1 ist vorgesehen, dass
dieser mittels der aerodynamischen Steuereinheiten 6 lenkbar ist. Dabei wird bevorzugt
eine aerodynamische Wirksamkeit der aerodynamischen Steuereinheiten 6 wiederholend
überprüft. Die Überprüfung ist beispielsweise eine Abschätzung der Luftdichte anhand
einer erfassten Flughöhe des Integral-Flugkörpers.
Wird im Endgame die aerodynamische Wirksamkeit zu klein, so wird die Regelung, insbesondere
die der Lenkung des Integral-Flugkörpers, dahin gehend geändert, dass mit den Querschubdüsen
nur noch die Lage des Flugkörpers geregelt wird.
[0015] Dadurch, dass der Flugkörper angetrieben fliegt, kann er gegenüber dem Geschwindigkeitsvektor
so ausgerichtet werden, dass die Schubkomponente senkrecht zu dem Geschwindigkeitsvektor
der geforderten Querbeschleunigung entspricht.
[0016] Für dieses neue Lenkkonzept muss das eigentliche Lenkgesetz nicht geändert werden,
solange es eine Soll-Querbeschleunigung, d.h. insbesondere eine vom Integral-Flugkörper
einzunehmende Querbeschleunigung, liefert. Aus der geforderten Soll-Querbeschleunigung
asoll, der Masse des Integral-Flugkörpers und des Schubs des Triebwerks wird im Geschwindigkeitskoordinatensystem
der notwendige Anstellwinkel beispielsweise wie folgt bestimmt:

[0017] Mit einer Lageregelung mit entsprechender Dynamik wird der Schubbedarf der Querschubeinheit,
d.h. insbesondere der Querschubdüsen, bestimmt. Durch die erzeugte Kraft der Querschubdüsen
wird der Flugkörper so ausgerichtet, dass die Querkomponente des Schubes der geforderten
Querbeschleunigung entspricht.
Bezugszeichenliste
[0018]
- 1
- Lenkflugkörper
- 2
- Längsachse des Lenkflugkörpers
- 3
- erster Antrieb
- 4
- zweiter Antrieb
- 5
- Schwerpunkt des Lenkflugkörpers
- 6
- aerodynamische Steuereinheit
- 7
- Wirkeinheit
- 10
- Anstellwinkel
- 20
- Auftriebskraft
- 30
- Gewichtskraft
- 40
- Vortriebskraft
- 50
- Widerstandskraft
- 100
- erster Schub des ersten Antriebs
- 200
- zweiter Schub des zweiten Antriebs
- 300
- Geschwindigkeitsvektor des Lenkflugkörpers
- 400
- Querbeschleunigung
- 500
- Längsbeschleunigung
1. Lenkflugkörper (1), aufweisend eine Längsachse (2) und umfassend zumindest einen ersten
Antrieb (3), mit dem ein erster Schub (100) entlang der Längsachse (2) erzeugbar ist,
und einen zweiten Antrieb (4), mit dem ein zweiter Schub (200) senkrecht zu der Längsachse
(2) erzeugbar ist, wobei der Lenkflugkörper (1) eingerichtet ist, den zweiten Antrieb
(4) bei aktiviertem ersten Antrieb (3) derart anzusteuern, dass der Lenkflugkörper
(1) lenkbar ist, wobei der Schwerpunkt (5) des Lenkflugkörpers (1) zwischen dem ersten
Antrieb (3) und dem zweiten Antrieb (4) liegt und dass durch Ansteuerung des zweiten
Antriebs (4) die Längsachse (2) derart zu einem Geschwindigkeitsvektor (300) des Lenkflugkörpers
(1) ausrichtbar ist, dass der erste Schub (100) des ersten Antriebs (3) eine vordefinierte
Querbeschleunigung (400) senkrecht zu dem Geschwindigkeitsvektor (300) erzeugt, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Antrieb (3) ein Doppelimpulstriebwerk ist, wobei eine minimale Betriebsdauer
des zweiten Antriebs (4) zumindest einer maximalen Betriebsdauer eines zweiten Impulses
des Doppelimpulstriebwerks entspricht, und dass das Doppelimpulstriebwerk mehrmals
aktivierbar und deaktivierbar ist.
2. Lenkflugkörper (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Lenkflugkörper (1) allein durch den ersten Antrieb (3) und den zweiten Antrieb
(4) lenkbar ist.
3. Lenkflugkörper (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der zweite Antrieb (3) einen vordefinierten Abstand zu dem Schwerpunkt (5) des Lenkflugkörpers
aufweist.
4. Lenkflugkörper (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der zweite Antrieb (4) Schubdüsen umfasst, die bevorzugt kartesisch angeordnet sind.
5. Lenkflugkörper (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine minimale Betriebsdauer des zweiten Antriebs (4) zumindest einer maximalen Betriebsdauer
des ersten Antriebs (3) entspricht, insbesondere entspricht die Betriebsdauer des
zweiten Antriebs (4) der des ersten Antriebs (3).
6. Lenkflugkörper (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Betriebsdauer des zweiten Antriebs (4) der Betriebsdauer des zweiten Impulses
des Doppelimpulstriebwerks entspricht.
7. Verfahren zum Steuern eines Lenkflugkörpers (1) nach einem der Ansprüche 1 - 6, wobei
der Lenkflugkörper eine Längsachse (2) aufweist und einen ersten Antrieb (3) umfasst,
durch den eine erster Schub (100) entlang der Längsachse (2) erzeugbar ist und einen
zweiten Antrieb (4) umfasst, durch den ein zweiter Schub (200) senkrecht zu der Längsachse
(2) erzeugbar ist, wobei der Schwerpunkt (5) des Lenkflugkörpers (1) zwischen dem
ersten Antrieb (3) und dem zweiten Antrieb (4) liegt, wobei der erste Antrieb (3)
ein Doppelimpulstriebwerk ist, wobei eine minimale Betriebsdauer des zweiten Antriebs
(4) zumindest einer maximalen Betriebsdauer eines zweiten Impulses des Doppelimpulstriebwerks
entspricht, und wobei das Doppelimpulstriebwerk mehrmals aktivierbar und deaktivierbar
ist, umfassend die Schritte:
- Aktivieren des ersten Antriebs (3),
- Ausrichten des Lenkflugkörpers (1) durch zumindest partielles Aktivieren des zweiten
Antriebs (4), insbesondere parallel zum Betrieb des ersten Antriebs (3)
- Festlegen einer Querbeschleunigung (400) senkrecht zu einem Geschwindigkeitsvektor
(300) des Lenkflugkörpers (1), die der Lenkflugkörper (1) einnehmen soll, und
- Ausrichten der Längsachse (2) des Lenkflugkörpers (1) relativ zu dem Geschwindigkeitsvektor
(300) des Lenkflugkörpers (1) durch zumindest partielles Aktivieren des zweiten Antriebs
(4), insbesondere parallel zum Betrieb des ersten Antriebs (3), so dass der erste
Schub (100) des ersten Antriebs die festgelegte Querbeschleunigung (400) erzeugt.
8. Verfahren nach Anspruch 7, umfassend die zusätzlichen Schritte:
- Bestimmen eines Anstellwinkels (10) zwischen Längsachse (2) und Geschwindigkeitsvektor
(300), der notwendig ist, damit der erste Schub (100) des ersten Antriebs (3) die
festgelegte Querbeschleunigung (400) erzeugt, und
- zumindest partielles Aktivieren des zweiten Antriebs (4), insbesondere parallel
zum Betrieb des ersten Antriebs (3), derart, dass der Lenkflugkörper (1) den bestimmten
Anstellwinkel (10) einnimmt.
1. Guided missile (1), having a longitudinal axis (2) and comprising at least a first
drive (3), by means of which a first thrust (100) can be generated along the longitudinal
axis (2), and a second drive (4), by means of which a second thrust (200) can be generated
perpendicular to the longitudinal axis (2), the guided missile (1) being set up to
actuate the second drive (4) when the first drive (3) is activated in such a way that
the guided missile (1) can be guided, the centre of gravity (5) of the guided missile
(1) being positioned between the first drive (3) and the second drive (4), and in
such a way that by actuating the second drive (4) the longitudinal axis (2) can be
orientated with respect to a velocity vector (300) of the guided missile (1) in such
a way that the first thrust (100) of the first drive (3) generates a predefined transverse
acceleration (400) perpendicular to the velocity vector (300), characterised in that the first drive (3) is a double pulse engine, a minimum operating duration of the
second drive (4) corresponding to at least a maximum operating duration of the second
pulse of the double pulse engine, and in that the double pulse engine can be activated and deactivated repeatedly.
2. Guided missile (1) according to claim 1, characterised in that the guided missile (1) can be guided purely by the first drive (3) and the second
drive (4).
3. Guided missile (1) according to either of the preceding claims, characterised in that the second drive (4) is at a predefined distance from the centre of gravity (5) of the guided missile.
4. Guided missile (1) according to any of the preceding claims, characterised in that the second drive (4) comprises thrust nozzles, which are preferably arranged in a
Cartesian manner.
5. Guided missile (1) according to any of the preceding claims, characterised in that a minimum operating duration of the second drive (4) corresponds to at least a maximum
operating duration of the first drive (3), the operating duration of the second drive
(4) in particular corresponding to that of the first drive (3).
6. Guided missile (1) according to any of the preceding claims, characterised in that the operating duration of the second drive (4) corresponds to the operating duration
of the second pulse of the double pulse engine.
7. Method for controlling a guided missile (1) according to any of claims 1 - 6, wherein
the guided missile has a longitudinal axis (2) and comprises a first drive (3), by
means of which a first thrust (100) can be generated along the longitudinal axis (2),
and a second drive (4), by means of which a second thrust (200) can be generated perpendicular
to the longitudinal axis (2), the centre of gravity (5) of the guided missile (1)
being positioned between the first drive (3) and the second drive (4), the first drive
(3) being a double pulse engine, a minimum operating duration of the second drive
(4) corresponding to at least a maximum operating duration of the second pulse of
the double pulse engine, and the double pulse engine being able to be activated and
deactivated repeatedly, comprising the steps of:
- activating the first drive (3),
- orientating the guided missile (1) by at least partially activating the second drive
(4), in particular in parallel with operating the first drive (3) ,
- establishing a transverse acceleration (400), perpendicular to a velocity vector
(300) of the guided missile (1), to be adopted by the guided missile (1), and
- orientating the longitudinal axis (2) of the guided missile (1) relative to the
velocity vector (300) of the guided missile (1) by at least partially activating the
second drive (4), in particular in parallel with operating the first drive (3), in
such a way that the first thrust (100) of the first drive generates the established
transverse acceleration (400) .
8. Method according to claim 7, comprising the additional steps of:
- determining an angle of attack (10), between the longitudinal axis (2) and the velocity
vector (300), which is required for the first thrust (100) of the first drive (3)
to generate the established transverse acceleration (400), and
- at least partially activating the second drive (4), in particular in parallel with
operating the first drive (3), in such a way that the guided missile (1) adopts the
determined angle of attack (10).
1. Missile guidé (1), présentant un axe longitudinal (2) et comprenant au moins un premier
propulseur (3), au moyen duquel une première poussée (100) peut être générée le long
de l'axe longitudinal (2), et un second propulseur (2), au moyen duquel une seconde
poussée (200) peut être générée perpendiculairement à l'axe longitudinal (2), le missile
guidé (1) étant configuré pour commander le second propulseur (4), lorsque le premier
propulseur (3) est activé, de telle manière que le missile guidé (1) peut être guidé,
le centre de gravité (5) du missile guidé (1) se trouvant entre le premier propulseur
(3) et le second propulseur (4) et que la commande du second propulseur (4) permet
d'orienter l'axe longitudinal (2) par rapport à un vecteur de vitesse (300) du missile
guidé (1) de telle manière que la première poussée (100) du premier propulseur (3)
génère une accélération transversale (400) prédéfinie perpendiculairement au vecteur
de vitesse (300), caractérisé en ce que le premier propulseur (3) est un groupe moteur à double impulsion, une durée de fonctionnement
minimale du second propulseur (4) correspondant au moins à une durée de fonctionnement
maximale d'une seconde impulsion du groupe moteur à double impulsion, et en ce que le groupe moteur à double impulsion peut être activé et désactivé plusieurs fois.
2. Missile guidé (1) selon la revendication 1, caractérisé en ce que le missile guidé (1) peut être guidé uniquement par le premier propulseur (3) et
le second propulseur (4) .
3. Missile guidé (1) selon l'une des revendications précédentes, caractérisé en ce que le second propulseur (4) présente un écart prédéfini par rapport au centre de gravité (5) du missile guidé.
4. Missile guidé (1) selon l'une des revendications précédentes, caractérisé en ce que le second propulseur (4) comprend des tuyères de poussée, qui sont disposées de préférence
de manière cartésienne.
5. Missile guidé (1) selon l'une des revendications précédentes, caractérisé en ce qu'une durée de fonctionnement minimale du second propulseur (4) correspond au moins
à une durée de fonctionnement maximale du premier propulseur (3), la durée de fonctionnement
du second propulseur (4) correspondant en particulier à celle du premier propulseur
(3).
6. Missile guidé (1) selon l'une des revendications précédentes, caractérisé en ce que la durée de fonctionnement du second propulseur (4) correspond à la durée de fonctionnement
de la seconde impulsion du groupe moteur à double impulsion.
7. Procédé de commande d'un missile guidé (1) selon l'une des revendications 1 à 6, dans
lequel le missile guidé présente un axe longitudinal (2) et comprend un premier propulseur
(3), au moyen duquel une première poussée (100) peut être générée le long de l'axe
longitudinal (2) et comprend un second propulseur (4), au moyen duquel une seconde
poussée (200) peut être générée perpendiculairement à l'axe longitudinal (2), le centre
de gravité (5) du missile guidé (1) se trouvant entre le premier propulseur (3) et
le second propulseur (4), le premier propulseur (3) étant un groupe moteur à double
impulsion, une durée de fonctionnement minimale du second propulseur (4) correspondant
au moins à une durée de fonctionnement maximale d'une seconde impulsion du groupe
moteur à double impulsion, et le groupe moteur à double impulsion pouvant être activé
et désactivé plusieurs fois, comprenant les étapes consistant à :
- activer le premier propulseur (3),
- orienter le missile guidé (1) au moyen de l'activation au moins partielle du second
propulseur (4), en particulier parallèlement au fonctionnement du premier propulseur
(3)
- définir une accélération transversale (400) perpendiculaire à un vecteur de vitesse
(300) du missile guidé (1), que le missile guidé (1) doit adopter, et
- orienter l'axe longitudinal (2) du missile guidé (1) par rapport au vecteur de vitesse
(300) du missile guidé (1) au moyen de l'activation au moins partielle du second propulseur
(4), en particulier parallèlement au fonctionnement du premier propulseur (3), de
sorte que la première poussée (100) du premier propulseur génère l'accélération transversale
(400) définie.
8. Procédé selon la revendication 7, comprenant les étapes supplémentaires consistant
à :
- déterminer un angle d'incidence (10) entre l'axe longitudinal (2) et le vecteur
de vitesse (300), ledit angle d'incidence étant nécessaire pour que la première poussée
(100) du premier propulseur (3) génère l'accélération transversale (400) définie,
et
- activer au moins partiellement le second propulseur (4), en particulier parallèlement
au fonctionnement du premier propulseur (3), de telle manière que le missile guidé
(1) adopte l'angle d'incidence (10) déterminé.