[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Aufkohlung eines Tiefziehartikels oder eines
Stanzbiegeartikets aus austenitischem nichtrostendem Edelstahl mit einer wenigstens
bereichsweise für solche Artikel üblichen geringen Wandstärke.
[0002] Bei Tiefziehtartikeln und Stanzbiegeartikeln im Sinne der Erfindung liegen übliche
geringe Wandstärken unterhalb von 2000 µm. Solche Edelstahlartikel werden aus sehr
dünnen Blechen durch Zugdruckumformen oder Stanzbiegen hergestellt und nehmen mitunter
sehr filigrane Strukturen an. Je nach verwendetem Verfahren können Artikel mit variierender
oder konstanter Wandstärke hergestellt werden, wodurch diese dann wenigstens bereichsweise
oder in Gänze eine Wandstärke von weniger als 2000 µm aufweisen.
[0003] Diese filigranen Artikel werden in den unterschiedlichsten Bereichen der Technik
wie z.B. als Lagerabdeckung in Getrieben, Ventilsitze in ABS-Systemen oder als Probenträger
für Gefahrstoffe bei Hochpräzisionsmessungen eingesetzt und sind dort extremen mechanischen,
thermischen und chemischen Belastungen ausgesetzt. Der Bedarf an korrosionsbeständigen
Materialien mit hoher Härte ist daher dementsprechend hoch.
[0004] Die Qualität solcher gehärteten Artikel, insbesondere bei solchen Teilen, die ein
hohes Verhältnis von Länge zu Durchmesser besitzen (Aspektverhältnis) und/oder die
Stickstoff enthalten, lässt allerdings bislang sowohl hinsichtlich der mechanischen
Beständigkeit, der Schweißeignung als auch der Korrosionsbeständigkeit zu wünschen
übrig. Abhilfe liefern hier Verfahren auf Kohlenstoffbasis. Diese eignen sich jedoch
nur eingeschränkt für schöpfende Tiefzieh- oder Stanzbiegeartikel. Es entstehen durch
das Randschichthärten mit Kohlenstoff Verschmutzungen, die sich gemäß dem aktuellen
industriellen Standard bei schöpfenden Teilen nicht mehr wirtschaftlich entfernen
lassen. Wendet man aus dem Stand der Technik bekannte und etablierte Verfahren zur
Randschichthärtung auf Artikel mit sehr dünner Wandstärke und hohem Apektverhältnis
an, so lassen sich keine industriell reproduzierbaren und den Qualitätsansprüchen
genügende Randschichten herstellen.
[0005] Der Grund für diese Ergebnisse ist vor allem in den zum Teil extremen Behandlungsbedingungen
der etablierten Verfahren zu suchen.
[0006] So zeigt zum Beispiel die
US 2012/111454 ein Hochtemperaturverfahren zur Aufkohlung von nichtrostenden Stahlbarren. In diesem
Verfahren werden Aufkohtungstemperaturen von 760 °C - 1200 °C verwendet. Verfahren
mit derart hohen Temperaturen sind für die Randschichthärtung dünnwandiger Tiefzieh-
und Stanzbiegeartikel nicht anwendbar, da sie eine thermische Deformation der zum
Teil sehr filigranen Strukturen bewirken und somit unbrauchbar machen.
[0007] Die
US 6,461,448 zeigt ein Verfahren zur Aufkohlung eines Stahlartikels, bei dem besagter Stahlartikel
in einem Schmelzalkalibad behandelt wird. Eine solch aggressive Art der Behandlung
führt bei filigranen Artikeln im Sinne der Erfindung aufgrund der geringen Wandstärke
zu zum Teil erheblichen Korrosionserscheinungen, was eine in hohem Maße inhomogene
Randschicht zur Folge hat. Darüber hinaus hat es sich gezeigt, dass Flüssigkeitsbehandlungen
bei filigranen Artikeln aufgrund einer unvollständigen Oberflächenbenetzung zu unbefriedigenden
Ergebnissen führen.
[0008] Die
EP 0 678 589 B1 offenbart in diesem Zusammenhang ein Verfahren zum Aufkohlen eines austenitischen
Metalls. Hier wird das Metall mit einem fluorhaltigen Gas beaufschlagt. Fluorhaltige
Gase sind aufgrund ihrer Reaktionsfreudigkeit hochkorrosiv und wirken infolgedessen
aggressiv auf die Oberfläche des Metalls ein. Während der damit bewirkte Oberflächenabtrag
bei Artikeln mit hoher Wandstärke infolge eines entsprechenden Materialreichtums sogar
erwünscht ist, kann er bei dünnwandigen Tiefzieh- und Stanzbiegeartikeln nicht kompensiert
werden und führt zur irreversiblen Zerstörung des Artikels. Darüber hinaus stellen
die dort eingesetzten Gase aufgrund ihrer hohen Giftigkeit, ihrer hohen Korrosivität
und ihrer stark umweltgefährdenden Eigenschaften enorme Ansprüche an den zu verwendenden
Reaktor, die Lagerung und die Arbeitssicherheit.
[0009] Es ist daher die
Aufgabe der Erfindung ein wirksames Verfahren zur Aufkohlung von dünnwandigen tiefgezogenen
oder stanzgebogenen Edelstahlartikeln bereitzustellen.
[0010] Zur
Lösung dieser Aufgabe wird eine Erfindung mit den Merkmalen gemäß Anspruch 1 vorgeschlagen.
Weitere Vorteile und Merkmale ergeben sich aus den Unteransprüchen.
[0011] Mit der Erfindung wird in vorteilhafterweise ein Verfahren mit milden Bedingungen
vorgeschlagen, weiche auf die Besonderheiten von dünnwandigen Tiefzieh- und Stanzbiegeartikeln
abgestimmt sind.
[0012] In erfindungsgemäßer Weise wird der Artikel zur Durchführung des Verfahrens in einen
Ofen eingebracht. Es hat sich gezeigt, dass insbesondere Sauerstoff- und Wasserreste
die Randschichthärtung stören. Zum Ausschluss dieser Störfaktoren wird der Artikel
auf eine Temperatur erwärmt, die Oberhalb des Siedepunktes von Wasser liegt. Bevorzugt
ist hierbei eine Temperatur von 110 °C bis 140 °C, besonders bevorzugt 120 °C.
[0013] Darüber hinaus wird die sich im Ofen befindliche sauerstoffhaltige Atmosphäre in
erfindungsgemäßer Weise durch ein erstes Gasgemisch ersetzt. Der Ofen verfügt daher
vorteilhafterweise über Gaseinlässe und Gasauslässe.
[0014] Gemäß einer bevorzugten Verfahrensführung kann es vorgesehen sein, den Ofen vor der
Einleitung des ersten Gasgemisches mit einem Inertgas zu fluten. Die Sauerstoffverdrängung
wird hierbei in vorteilhafter Weise beschleunigt und ein möglicherweise bestehendes
Gefahrenpotential, resultierend aus dem Kontakt der sauerstoffhaltigen Normalatmosphäre
mit dem ersten Gasgemisch gesenkt. Als Inertgas werden bevorzugterweise bekannte chemisch
unreaktive Gase wie insbesondere Stickstoff oder Argon verwendet.
[0015] Nichtrostende Edelstähle beinhalten unter anderem Chrom als Legierungsbestandteil.
An der Materialoberfläche bildet sich durch den Kontakt mit Luftsauerstoff eine passivierende
und korrosionsbeständige Chrom-(III)-Oxidschicht aus.
[0016] Bei der Aufkohlung ist es von enormer Bedeutung, diese passivierende Chrom-Oxidschicht
zu entfernen bzw. zu depassivieren, um eine homogene Diffusion des Kohlenstoffs in
den Randbereich des Edelstahls zu ermöglichen. Ist dies durch mangelnde Depassivierung
nicht gewährleistet, ist die Eindiffusion in Bereichen mit intakter Chrom-Oxidschicht
gehemmt und es kommt in der Konsequenz zu einer inhomogenen Härteverteilung der resultierenden
Randschicht. Darüber hinaus fördert eine mangelnde Depassivierung in Bereichen mit
intakter Chrom-Oxidschicht die Ausbildung von Defektstellen im Randbereich. Diese
Defektstellen führen in der Konsequenz zu einer unerwünschten, verminderten Korrosionsbeständigkeit
des Stahls.
[0017] Das erste Gasgemisch hat daher gemäß einem bevorzugten Merkmal der Erfindung reduzierende
Eigenschaften, um eine weitere Oxidation des Chroms zu vermeiden. Darüber hinaus wird
mit dieser Gasmischung bereits die Depassivierung der Oberfläche eingeleitet. Gemäß
einem weiter bevorzugten Merkmal der Erfindung besteht das erste Gasgemisch wenigstens
aus einem wasserstoffhaltigen Gas und einem stickstoffhaltigen Gas und besonders bevorzugt
aus H
2 und N
2. Es hat sich gezeigt, dass dieses Gasgemisch insbesondere in Verbindung mit der milden
Temperatur des ersten Verfahrensschrittes eine besonders milde und vorteilhafte Wirkung
auf die Chromoxidschicht ausübt, ohne die Morphologie der Oberfläche der filigranen
Artikel nachteilig zu verändern.
[0018] Gemäß einem bevorzugten Merkmal der Erfindung wird die Sauerstoffkonzentration mittels
eines Sensors stetig oder intervallweise gemessen. Eine mit dem Sensor verbundene
Steuerungseinheit überprüft den Ist-Wert hierbei stetig oder intervallweise mit einem
frei wählbaren Soll-Wert und gibt den Ofen im Falle einer Identität zwischen Istund
Soll-Wert für einen zweiten Verfahrensschritt frei. Das erfindungsgemäße Verfahren
ist hierdurch in vorteilhafterweise stark vereinfacht und minimiert auf diese Weise
mögliche benutzerseitige Fehlerquellen.
[0019] Erfindungsgemäß ist ein zweiter Verfahrensschritt vorgesehen, in welchem der Artikel
auf die Zieltemperatur, die zweite Temperatur, für die Aufkohlung erwärmt wird. Die
zweite Temperatur ist bevorzugterweise so gewählt, dass diese deutlich unterhalb der
Rekristallisationstemperatur von stark kaltverformten Eisenlegierungen (680 °C) liegt.
Eine mögliche Änderung der Morphologie der Oberfläche ist hierbei wirkungsvoll unterbunden,
wodurch die Ausbildung einer homogenen Randschicht gefördert wird. Bevorzugt liegt
die zweite Temperatur bei 450 °C bis 550 °C und besonders bevorzugt bei 500 °C. Die
Aufheizphase dient hierbei insbesondere der behutsamen und vollständigen Depassivierung
der Chromoxidschicht.
[0020] Es ist vorteilhaft, die Aufheizrate wenigstens in bestimmten Temperaturbereichen
möglichst niedrig zu wählen, um eine gleichmäßige Depassivierung zur gewährleisten.
Der Anmelder hat in diesem Zusammenhang herausgefunden, dass die Qualität der resultierenden
Randschicht von dünnwandigen Tiefziehteilen in besonderer Weise unter einer hohen
Aufheizrate leidet. Bevorzugterweise beträgt die Aufheizrate in einem bestimmten Temperaturbereich
zwischen 0,5 und 1 °C/min, weiter bevorzugt zwischen 0,5 und 0,7 °C/min und besonders
bevorzugt 0,5 °C/min. Der Temperaturbereich in dem diese niedrige Aufheizrate gewählt
wird, beträgt bevorzugterweise 420 °C bis 550 °C, weiter bevorzugt 450 °C bis 500
°C und besonders bevorzugt 480 °C bis 500 °C.
[0021] Gemäß einem Merkmal der Erfindung wird das erste Gasgemisch im zweiten Verfahrensschritt
durch ein zweites Gasgemisch ersetzt. Es hat sich hierbei herausgestellt, dass eine
milde Depassivierung der dünnwandigen Tiefziehteile während der Aufheizphase auf die
zweite Temperatur bevorzugt durch ein Gasgemisch wenigstens bestehend aus einem wasserstoffhaltigen
Gas, einem stickstoffhaltigen Gas sowie einem kohlenstoffhaltigen Gas erfolgt. Insbesondere
in Verbindung mit der niedrigen Aufheizrate kann bevorzugterweise eine besonders langsame
und daher milde und gut steuerbare Depassivierung der Chromoxidschicht erreicht werden.
[0022] Gemäß einem bevorzugten Merkmal der Erfindung wird der Artikel mit Zusätzen behandelt,
die die Passivschicht selektiv oder in Gänze auflösen. Insbesondere sind damit Salzverbindungen
und/oder organische Stoffe und Säurebildner gemeint, die in fester oder flüssiger
Form auf der Ware oder im Ofen appliziert werden. Die Applikation erfolgt hierbei
bevorzugt vor der Verbringung des Artikels in den Ofen oder während des zweiten Verfahrensschritts.
Hierfür werden Feststoff und/oder Flüssigkeiten verwendet, die in Verbindung mit den
Reaktionsgasen saure Reaktionsprodukte bilden, die bei Einleitung in Wasser einen
pH-Wert < 7 ergeben würden, als besonders vorteilhaft hat sich dabei die Applizierung
der Stoffe direkt auf oder in der Artikeloberfläche erwiesen. Hierdurch entstehen
bereits bei niedrigen Temperaturen lokale Depassivierungsvorgänge, die eine gleichmäßige
Depassivierung früher einleiten und fördern.
[0023] Als kohlenstoffhaltige Komponente können dem zweiten Gasgemisch bevorzugterweise
Kohlenstoffoxide, gesättigte, ungesättigte, aliphatische, cyclische, heterocyclische
und/oder aromatische Kohlenwasserstoffe beigefügt werden. Besonders bevorzugt ist
hierbei der Einsatz von ungesättigten Kohlenwasserstoffen, wie insbesondere Ethin.
[0024] Als stickstoffhaltige Komponente können dem zweiten Gasgemisch bevorzugterweise elementarer
Stickstoff, Ammoniak, Amine, Amide, Imine, Nitrile und/oder Stickoxide beigefügt werden.
Besonders bevorzugt ist hierbei der Einsatz von elementarem Stickstoff.
[0025] Es hat sich darüber hinaus herausgestellt, dass der Einsatz von elementarem Wasserstoff
als Bestandteil des zweiten Gasgemisches, insbesondere in Verbindung mit den Depassivierungszusätzen,
zur Ausbildung besonders homogener Randschichten führt.
[0026] Gemäß einem bevorzugten Merkmal der Erfindung wird die Temperatur mittels eines Sensors
stetig oder intervallweise gemessen. Die mit dem Sensor verbundene Steuerungseinheit
überprüft den Ist-Wert hierbei stetig oder intervallweise mit einem frei wählbaren
Soll-Wert für die zweite Temperatur und gibt den Ofen im Falle einer Identität zwischen
Ist- und Soll-Wert für einen dritten Verfahrensschritt frei. Das erfindungsgemäße
Verfahren ist hierdurch in vorteilhafterweise stark vereinfacht und minimiert auf
diese Weise mögliche benutzerseitige Fehlerquellen.
[0027] Erfindungsgemäß ist ein dritter Verfahrensschritt vorgesehen, bei dem das Tiefziehteil
konstant auf der zweiten Temperatur gehalten wird. Der dritte Verfahrensschritt dient
in diesem Zusammenhang der Aufkohlung des dünnwandigen Tiefziehteils. Es hat sich
gezeigt, dass die zweite Temperatur in vorteilhafterweise einen behutsamen Aufbau
der zu härtenden Randschicht ermöglicht. Die Diffusion des Kohlenstoffes in den Randbereich
des Tiefziehteils erfolgt bei diesen Temperaturen langsam, ist infolgedessen gut steuerbar
und bewirkt den Aufbau einer homogenen kohlenstoffreichen Randschicht. Eine zu hohe
Temperatur ist in jedem Fall zu vermeiden, da es infolge der hohen Diffusionsgeschwindigkeit
und der hohen kinetischen Energie der beteiligten Moleküle zur Ausbildung unregelmäßiger
Schichten und zur Bildung von Carbid-Partikeln kommt.
[0028] In erfindungsgemäße Weise wird das zweite Gasgemisch durch ein drittes Gasgemisch
ersetzt, welches sich insbesondere für eine behutsame Aufkohlung unter milden Bedingungen
eignet. Als besonders Vorteilhaft hat sich in diesem Zusammenhang die Verwendung eines
Gasgemisches bewährt, welches wenigstens aus einem wasserstoffhaltigen Gas, einem
stickstoffhaltigen Gas sowie einem kohlenstoffhaltigen Gas zusammengesetzt ist. Es
kann weiterhin bevorzugt vorgesehen sein, dieser Gasmischung noch eine weitere kohlenstoffhaltige
Komponente beizufügen, wodurch die Ausbildung einer homogenen kohlenstoffreichen Randschicht
durch die beiden verschiedenen Kohlenstoffkomponenten in synergetischer Weise gefördert
wird.
[0029] Als erste kohlenstoffhaltige Komponente können dem zweiten Gasgemisch bevorzugterweise
Kohlenstoffoxide, gesättigte, ungesättigte, aliphatische, cyclische, heterocyclische
und/oder aromatische Kohlenwasserstoffe beigefügt werden. Besonders bevorzugt ist
hierbei der Einsatz von ungesättigten Kohlenwasserstoffen, wie insbesondere Ethin.
[0030] Als zweite kohlenstoffhaltige Komponente können dem zweiten Gasgemisch bevorzugterweise
Kohlenstoffoxide, gesättigte, ungesättigte, aliphatische, cyclische, heterocyclische
und/oder aromatische Kohlenwasserstoffe beigefügt werden. Besonders bevorzugt ist
hierbei der Einsatz von Kohlenstoffoxiden, wie insbesondere Kohlenstoffmonoxid.
[0031] Als stickstoffhaltige Komponente können dem zweiten Gasgemisch bevorzugterweise elementarer
Stickstoff, Ammoniak, Amine, Amide, Imine, Nitrile und/oder Stickoxide beigefügt werden.
[0032] Gemäß einem bevorzugten Merkmal der Erfindung werden die einzelnen Konzentrationen
der Gaskomponenten mittels jeweiliger Sensoren stetig oder intervallweise gemessen.
Die mit den Sensoren verbundene Steuerungseinheit überprüft die jeweiligen Ist-Werte
hierbei stetig oder intervallweise mit frei wählbaren Soll-Werten für die jeweilige
Konzentration der Gaskomponente und gleicht Änderungen innerhalb einer Fehlertoleranz
stetig oder intervallweise aus. Auf diese Weise ist die Verfahrensführung in vorteilhafter
Weise vereinfacht und erlaubt die Bereitstellung konstanter Verfahrensbedingungen,
was für den Aufbau einer homogenen kohlenstoffreichen Randschicht von entscheidender
Bedeutung ist.
[0033] Die Schichtdicke der kohlenstoffreichen Randschicht ist hierbei über die Begasungsdauer
einstellbar. In vorteilhafter Weise wird zur Generierung einer 10-40 µm dicken Randschicht
ein Zeitraum von 2 bis 10 Stunden benötigt.
[0034] Gemäß einem bevorzugten Merkmal der Erfindung gibt die Steuereinheit, welche zur
Zeiterfassung über eine entsprechende Vorrichtung verfügt, nach Ablauf einer frei
wählbaren Aufkohlungszeit den Ofen für den vierten Verfahrensschritt frei. Das erfindungsgemäße
Verfahren ist hierdurch in vorteilhafterweise stark vereinfacht und minimiert auf
diese Weise mögliche benutzerseitige Fehlerquellen.
[0035] Erfindungsgemäß ist ein vierter Verfahrensschritt vorgesehen, bei dem das Tiefziehteil
auf eine dritte Temperatur abgekühlt wird. Es ist hierbei bevorzugt vorgesehen, das
Tiefziehteil auf eine Temperatur von 50 °C bis 80 °C und besonders bevorzugt 60 °C
abzukühlen.
[0036] Es hat sich hierbei herausgestellt, dass die Wahl der Atmosphäre in der abgekühlt
wird für die Ausbildung einer homogenen Randschicht von entscheidender Bedeutung ist.
Es ist daher gemäß der Erfindung vorgesehen, das dritte Gasgemisch durch ein viertes
Gasgemisch zu ersetzen. Insbesondere die Wahl eines leicht reduzierend wirkenden Gasgemisches
wird als vorteilhaft angesehen. Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung
besteht das vierte Gasgemisch wenigstens aus einem wasserstoffhaltigen Gas und einem
stickstoffhaltigen Gas. Besonders bevorzugt ist hierbei, dass das vierte Gasgemisch
aus H
2 und N
2 gebildet ist. Um eine schwaches Reduktionspotential zu gewährleisten, besteht die
Zusammensetzung des vierten Gasgemisches vorteilhafterweise aus 5 % bis 25 % H
2 und 75 % bis 95 % N
2, weiter bevorzugt 5 % bis 10 % H
2 und 90 % bis 95 % N
2 und besonders bevorzugt 5 % H
2 und 95 % N
2. Es hat sich gezeigt, dass das erfindungsgemäße Abkühlen des dünnwandigen Tiefziehteils
ein Entweichen des Kohlenstoffs aus der gehärteten Randschicht wirkungsvoll unterbindet.
[0037] Des Weiteren betrifft die Erfindung einen randgehärteten Tiefziehartikel mit sehr
geringen Wandstärken.
[0038] Mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es nun erstmals möglich, dünnwandige
Edelstahlartikel, insbesondere Tiefziehartikel, mit einem hohen Längen-Durchmesserverhältnis
mit dünner Wandstärke industriell reproduzierbar und in exzellenter Qualität zu härten.
[0039] Der erfindungsgemäße Tiefziehartikel weist einen weichen, elastischen Kern mit einer
Härte von 350 bis 400 HV1 und eine harte kohlenstoffreiche Randschicht auf.
[0040] Gemäß einem erfindungswesentlichen Merkmal ist die Randschicht frei von Defektstellen
und/oder Partikeln, umlaufend vollständig geschlossen und weist eine im Wesentlichen
plan ausgebildete Oberfläche auf.
[0041] Der erfindungsgemäße dünnwandige Tiefziehartikel weist infolgedessen mechanische
Eigenschaften bisher unerreichter Qualität auf.
[0042] So weist der erfindungsgemäße Tiefziehartikel in seinem Randbereich eine kohlenstoffreiche
Schicht mit einer Härte von 700 bis 1000 HV0,01 und mit einer Schichtdicke von 10
bis 40 µm auf.
[0043] Gemäß einem weiteren erfindungswesentlichen Merkmal sind die Korrosions- und die
Abriebbeständigkeit des Tiefziehartikels besser als die des Ausgangsproduktes. Insbesondere
Ersteres ist insofern überraschend, da eine Aufkohlung die Korrosionseigenschaften
eines Stahlproduktes in der Regel verschlechtert.
1. Verfahren zur Aufkohlung eines Tiefziehartikels oder eines Stanzbiegeartikels aus
austenitischem nichtrostendem Edelstahl mit einer wenigstens bereichsweise für solche
Artikel üblichen geringen Wandstärke,
bei dem der Artikel in einem ersten Verfahrensschritt in einen Ofen eingebracht und
auf eine erste Temperatur erwärmt wird,
wobei eine im Ofen vorliegende sauerstoffhaltige Normalatmosphäre durch ein erstes
Gasgemisch ersetzt wird,
und bei dem der Artikel in einem zweiten Verfahrensschritt auf eine zweite Temperatur
erwärmt wird,
wobei das erste Gasgemisch durch ein zweites Gasgemisch ersetzt wird,
und bei dem der Artikel in einem dritten Verfahrensschritt auf der zweiten Temperatur
gehalten wird,
wobei das zweite Gasgemisch durch ein drittes Gasgemisch ersetzt wird,
und bei dem der Artikel in einem vierten Verfahrensschritt auf eine dritte Temperatur
abgekühlt wird,
wobei das dritte Gasgemisch durch ein viertes Gasgemisch ersetzt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Temperatur 100 °C bis 140 °C beträgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Restsauerstoffgehalt während des ersten Verfahrensschrittes mittels eines Sensors
gemessen wird, und dass bei Erreichen eines frei wählbaren Restsauerstoffwertes der
zweite Verfahrensschritt eingeleitet wird.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Temperatur 450 °C bis 550 °C beträgt.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass bei Erreichen der zweiten Temperatur der dritte Verfahrensschritt automatisch eingeleitet
wird.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das erste Gasgemisch wenigstens aus einem wasserstoffhaltigen Gas und einem stickstoffhaltigen
Gas besteht.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Artikeln mit wenigstens einer depassivierenden Salzverbindung behandelt wird.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das zweite Gasgemisch wenigstens aus einem wasserstoffhaltigen Gas, einem stickstoffhaltigen
Gas und einem kohlenstoffhaltigen Gas besteht.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das dritte Gasgemisch wenigstens aus einem wasserstoffhaltigen Gas, einem stickstoffhaltigen
Gas und wenigstens zwei kohlenstoffhaltigen Gasen besteht.
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass nach Ablauf einer frei wählbaren Behandlungsdauer der vierte Verfahrensschritt eingeleitet
wird.
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die dritte Temperatur 50 °C bis 80 °C beträgt.
12. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das vierte Gasgemisch wenigstens aus einem wasserstoffhaltigen Gas und einem stickstoffhaltigen
Gas besteht.
13. Randgehärteter Tiefziehartikel aus austenitischem nichtrostendem Edelstahl mit einer
für Tiefziehartikel üblichen wenigstens bereichsweise geringen Wandstärke,
einem Kern,
sowie einer, kohlenstoffreichen Randschicht,
wobei die Randschicht härter ist als der Kern
wobei die Randschicht frei von Defektstellen und/oder Partikeln ist, umlaufend geschlossen
ist und eine im Wesentlichen plane Oberfläche ausweist,
wobei die Randschicht eine Härte von 700-1000 HV0,01 und eine Schichtdicke von 10-40
µm aufweist,
und wobei die Korrosions- und die Abriebbeständigkeit der Randschicht die des Ausgangsmaterials
übersteigen.
Geänderte Patentansprüche gemäss Regel 137(2) EPÜ.
1. Verfahren zur Aufkohlung eines Tiefziehartikels oder eines Stanzbiegeartikels aus
austenitischem nichtrostendem Edelstahl mit einer wenigstens bereichsweise für solche
Artikel üblichen geringen Wandstärke von weniger als 2000 µm,
bei dem der Artikel in einem ersten Verfahrensschritt in einen Ofen eingebracht und
auf eine erste Temperatur zwischen 100 °C und 140 °C erwärmt wird,
wobei eine im Ofen vorliegende sauerstoffhaltige Atmosphäre durch ein erstes Gasgemisch
ersetzt wird, wobei das erste Gasgemisch aus N2 und H2 besteht,
und bei dem der Artikel in einem zweiten Verfahrensschritt auf eine zweite Temperatur
zwischen einer oberhalb der ersten Temperatur liegenden Temperatur und 550 °C erwärmt
wird,
wobei das erste Gasgemisch durch ein zweites Gasgemisch ersetzt wird, wobei das zweite
Gasgemisch aus einem wasserstoffhaltigen Gas, einem stickstoffhaltigen Gas und einem
kohlenstoffhaltigen Gas besteht,
und bei dem der Artikel in einem dritten Verfahrensschritt auf der zweiten Temperatur
gehalten wird,
wobei das zweite Gasgemisch durch ein drittes Gasgemisch ersetzt wird, wobei das dritte
Gasgemisch aus einem wasserstoffhaltigen Gas, einem stickstoffhaltigen Gas und wenigstens
zwei kohlenstoffhaltigen Gasen besteht,
und bei dem der Artikel in einem vierten Verfahrensschritt auf eine dritte Temperatur
zwischen 50 °C und 80 °C abgekühlt wird,
wobei das dritte Gasgemisch durch ein viertes Gasgemisch ersetzt wird, wobei das vierte
Gasgemisch aus N2 und H2 besteht.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Restsauerstoffgehaft während des ersten Verfahrensschrittes mittels eines Sensors
gemessen wird, und dass bei Erreichen eines frei wählbaren Restsauerstoffwertes der
zweite Verfahrensschritt eingeleitet wird.
3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Temperatur 450 °C bis 550 °C beträgt.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass bei Erreichen der zweiten Temperatur der dritte Verfahrensschritt automatisch eingeleitet
wird.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Artikel mit wenigstens einer depassivierenden Salzverbindung behandelt wird.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass nach Ablauf einer frei wählbaren Behandlungsdauer der vierte Verfahrensschritt eingeleitet
wird.
7. Randgehärteter Tiefziehartikel aus austenitischem nichtrostendem Edelstahl
randgehärtet durch ein Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 5 mit einer für Tiefziehartikel
üblichen wenigstens bereichsweise geringen Wandstärke von weniger als 2000 µm,
einem Kern,
sowie einer, kohlenstoffreichen Randschicht,
wobei die Randschicht härter ist als der Kern
wobei die Randschicht frei von Defektstellen und/oder Partikeln ist, umlaufend geschlossen
ist und eine im Wesentlichen plane Oberfläche ausweist,
wobei die Randschicht eine Härte von 700-1000 HV0,01 und eine Schichtdicke von 10-40
µm aufweist,
und wobei die Abriebbeständigkeit der Randschicht die des Ausgangsmaterials übersteigen.