[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Hörgerätesystem, welches komplett oder teilweise
im Gehörgang angeordnet werden kann. Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung
ein Verfahren zum Ermitteln des Sitzzustandes eines Hörgeräts oder einer Hörgerätekomponente
an bzw. in einem Ohr.
[0002] Unter einem Hörgerätesystem wird hier jedes im oder am Ohr beziehungsweise am Kopf
tragbare, schallausgebende Gerät verstanden, wie beispielsweise ein Hörgerät, ein
Headset, Kopfhörer und dergleichen. Ferner fallen unter den Begriff Hörgerätesystem
auch zusätzliche Elemente wie beispielsweise eine Fernbedienung für ein Hörgerät.
[0003] Der Sitz oder der Sitzzustand eines Hörgerätes am Ohr bezeichnet ein Tragen bzw.
Benutzen des Hörgerätes. Im Speziellen kann ein Sitzzustand verschiedene qualitative
Abstufungen haben. Mit anderen Worten kann ein Hörgerät gut sitzen und somit ein gutes
Hörergebnis liefern oder andererseits schlechter sitzen und ein nicht ganz so gutes
Hörergebnis liefern.
[0004] Grundsätzlich ist es schwierig, den Sitz eines Hörgeräts oder einer Hörgerätekomponente
im Gehörgang des Nutzers von außen zu beurteilen. Aber auch die subjektive Beurteilung
des Hörgeräteträgers über den Sitz seines Hörgeräts ist nicht immer aussagekräftig.
Dabei spielt eine Rolle, ob der Hörgeräteträger ausreichende Erfahrung mit Hörgeräten
hat. Speziell bei Kleinkindern ergibt sich ferner das Problem, dass der Gehörgang
sehr rasch wächst, so dass hier der Sitz des Hörgeräts oder der entsprechenden Hörgerätekomponente
ständig kontrolliert werden muss.
[0005] Ein weiteres Szenario wäre beispielsweise, dass ein unerfahrener Hörgerätebenutzer
sein Hörgerät über einen Absatzkanal wie das Internet bezieht. Hierbei kann keine
individuelle Anpassung durch einen Hörgeräteakustiker erfolgen. Folglich ist es mangels
Erfahrung möglich, dass der Benutzer das Hörgerät nicht korrekt sitzend am Ohr platziert.
Somit steht ihm auch nicht die optimale Leistung des Hörgeräts zur Verfügung. Grundsätzlich
weiß er ohne Hilfe nicht, ob das Hörsystem korrekt sitzt.
[0006] Die Druckschrift
EP 1 746 860 A2 zeigt ein Verfahren zur korrekten Sitzermittlung eines Hörgeräts. Zunächst wird hierfür
eine erste Messung durchgeführt um einen ersten Referenzwert zu ermitteln. Dazu wird
beim ersten Tragen des Hörgeräts ein Testsignal von dessen Hörer abgegeben und anschließend
vom Mikrofon wieder empfangen. Es wird hierbei der Anteil des wieder empfangenen Signals
gemessen und als erste Referenz hinterlegt. Beim normalen Betrieb des Hörgeräts im
Ohr wird nun eine weitere derartige Messung durchgeführt. Im Weiteren wird dann der
neu ermittelte weitere Wert mit dem ersten Referenzwert der ersten Messung verglichen.
Das Ergebnis soll Angaben zum korrekten Sitz des Hörgeräts liefern.
[0007] Nachteilig hierbei ist, dass das Hörgerät möglicherweise schon bei der Referenzmessung
fehlerhaft im Ohr positioniert worden sein könnte. Somit wäre der Referenzwert nicht
zu gebrauchen. Um diesen Fehler zu vermeiden, müsste bei der ersten Messung des Referenzwerts
speziell geschultes Personal anwesend sein, beispielsweise ein erfahrener Hörgeräteakustiker,
und es müssten entsprechende Instrumente verwendet werden, um eine fehlerhafte Referenzmessung
zu vermeiden. Dies beschränkt deutlich die Anwendungsfreiheit des Hörgeräteträgers.
[0008] In der oben genannten Druckschrift wird darüber hinaus eine Mikrofoneinrichtung zur
Aufnahme des Messsignals in dem Gehörgang gefordert. Das normalerweise in Hörgeräten
verwendete Mikrofon muss hauptsächlich Schall von außerhalb des Ohrkanals empfangen.
Es ist demzufolge mit seiner Empfangscharakteristik nach außen gerichtet, selbst wenn
es wie bei einem komplett im Ohrkanal getragenen Hörgerät im Ohrkanal platziert ist.
Die in der oben genannten Druckschrift ausgeführten Messverfahren funktionieren jedoch
nur in dem Bereich des Ohrkanals, der durch das Hörgerät bzw. die Otoplastik einerseits
und das Trommelfell andererseits eingeschlossen ist. Demzufolge erfordert das Verfahren
der oben genannten Druckschrift implizit ein zusätzliches in den Ohrkanal gerichtetes
Mikrofon. Der Sitz wird dann anhand des Verlustes der mit dem Hörer in den Ohrkanal
abgegebenen und dort wieder reflektiert aufgefangenen Signalstärke ermittelt. Folglich
muss hierzu ein zusätzliches, in den Ohrkanal gerichtetes Mikrofon verbaut werden.
[0009] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Hörgerät und ein Verfahren zur Ermittlung des Sitzes
eines Hörgeräts zu schaffen, bei dem der Hörgeräteträger nicht auf speziell geschultes
Personal und dessen Instrumente angewiesen ist.
[0010] Dieses Problem wird gelöst durch ein Verfahren zum Erfassen des Sitzes eines Hörgeräts
oder einer Hörgerätekomponente am Ohr, umfassend die Schritte:
- Aussenden eines Testsignals als Sende-Testsignal aus einer Ausgabeeinrichtung des
Hörgeräts,
- empfangen mindestens eines Teils des Sende-Testsignals als Empfangs-Testsignal mittels
einer Aufnahmeeinrichtung des Hörgeräts für Schall,
- vergleichen des Empfangs-Testsignals durch eine Signalverarbeitungseinrichtung mit
mindestens einem Referenzwert eines Referenzkriteriums, welches in der Signalverarbeitungseinrichtung
gespeichert ist,
- erzeugen eines Statussignals abhängig von dem Ergebnis des Vergleichs zwischen Empfangs-Testsignal
und dem mindestens einen Referenzwert,
- wobei das Statussignal eine Information über den Sitzzustand des Hörgeräts beinhaltet,
und
- wobei der mindestens eine Referenzwert voreingestellt und von einem Hörgeräteträger
unveränderlich ist.
[0011] Beim Testsignal handelt es sich beispielsweise ein Sinussignal oder ein Breitbandsignal.
Das Statussignal ist beispielsweise, je nach Verwendungszweck und Ausführungsform,
ein elektronisches Signal oder ein akustisches Signal. Dies wird in den Ausführungsbeispielen
weiter unten genauer erläutert. Dass der Referenzwert von Hörgeräteträger unveränderlich
ist bedeutet, dass er diesen Wert nicht von sich aus frei wählen oder abändern kann.
Er ist fest in einer entsprechenden Speichereinheit der Signalverarbeitungseinrichtung
gespeichert. Der Referenzwert kann somit nur von Personal mit Zugriff auf diese Speichereinheit
geändert werden, wie z.B. einem Hörgeräteakustiker.
[0012] In einer Ausführungsform übernimmt die Aufnahmeeinrichtung in Form eines Hörgerätemikrofons
zwei Aufgaben. Zum einen wird der Schall aufgenommen und einer Signalverarbeitungseinheit
zugeführt, zum anderen wird das Signal aus dem Ohr aufgefangen, das an dem Hörgerät,
oder einer Otoplastik als Hörgerätekomponente, vorbei nach außen gelangt. Dort wird
es mit einem voreingestellten, unveränderlichen Referenzwert eines Referenzkriteriums
verglichen, welcher vorzugsweise werksseitig vorgegeben und beispielsweise bauartbedingt
oder ankopplungsbedingt ist. Vorzugsweise richtet sich der werksseitig voreingestellte
Referenzwert nach Messungen an typischen Kopf und/oder Ohrformen (z. B. dem KEMAR
Kunstkopf) oder einem geeigneten Mittelwert aus Messungen an unterschiedlichen Probanden.
[0013] Je nach Ausführungsform ist es möglich, auch mehr als eine Aufnahmeeinrichtung zu
verwenden.
[0014] Es ist sowohl möglich, dass sich die Aufnahmeeinrichtung im als auch außerhalb des
Gehörgangs befindet und nach innen oder außen gerichtet ist.
[0015] In einer Ausführung handelt es sich beim Referenzkriterium um ein Referenzsignal
und beim Referenzwert um einen Signalwert. In einer anderen Ausführung handelt es
sich beim Referenzkriterium um eine Dämpfung und beim Referenzwert um einen Dämpfungswert.
[0016] In einer weiteren Ausführung kann es sich beim Referenzkriterium bzw. Beim Referenzwert
auch um die Höhe einer vorgegebenen Abweichung handeln.
[0017] Zudem ist es möglich, verschiedene Abstufungen dieser Abweichungen zu setzen. Es
wird dann die Höhe der Abweichung des Empfangs-Testsignals vom ursprünglichen Referenzwert
gemessen und verglichen. Beispielsweise könnte eine Abweichung von 1dB ohne Probleme
möglich sein, 3dB könnten als noch in Ordnung und 5dB als zu starke Abweichung angesehen
werden. Diese graduellen Abstufungen erlauben es, den Sitz des Hörgeräts in qualitativ
verschieden gute Positionen zu unterteilen.
[0018] Bevorzugt handelt es sich bei Referenzkriterium und/oder Referenzwert um eine statistisch
ermittelte Größe oder ein Signal. Dazu werden an mehreren Testpersonen Hörgeräte bestmöglich
ans Ohr angepasst und eine Rückkopplungsmessung(engl.: open-loop-gain measurement)
durchgeführt. Mit anderen Worten handelt es sich um die erste Messung welche bereits
weiter oben beschrieben ist. Anschließend wird beispielsweise ein Mittelwert aus den
Messungen mit den Testpersonen gebildet. Dieser Mittelwert dient als Referenzwert.
Dieser Referenzwert wiederum wird im Hörgerät gespeichert und ist nicht veränderlich.
Weitere, wie oben beschriebene Rückkopplungsmessungen während des Hörgerätebetriebs
werden zum Erfassen des Sitzes durchgeführt und mit dem feststehenden, nichtveränderlichen
Referenzwert verglichen. Anstatt der Bildung eines Mittelwerts als Referenzwert kann
hierfür auch ein Median, Maxima- oder Minima-Werte, Differenzwerte oder Verhältniswerte
verwendet werden.
[0019] Diese Methode eignet sich vor allem dann, wenn das Hörgerät nicht traditionell bei
einem Hörgeräteakustiker mit Anpassprozess erworben wurde, sondern bei alternativen
Absatzkanälen wie beispielsweise dem Internet, wo keine individuelle Anpassung möglich
ist.
[0020] Die hier als Referenzkriterium und Referenzwert bezeichneten Entitäten können auch
als Kurve und dazugehörige Werte interpretiert und dargestellt werden. Beispielsweise
kann das Referenzkriterium auch als Referenzsignal oder als Referenzkurve angesehen
werden.
[0021] In einer Ausführung erfolgt die Ausgabe des Statussignals mittels der Ausgabeeinrichtung.
Bevorzugt handelt es sich hierbei bei der Ausgabeeinrichtung um einen Schallwandler
und beim Statussignal somit um ein akustisches Statussignal. Zudem handelt es sich
bei der Ausgabeeinrichtung bevorzugt um einen sogenannten Hörer, einen Hörgerätelautsprecher.
Dem Hörgeräteträger kann damit beispielsweise mittels Sprachausgabe oder eines bestimmten
Tonsignals mitgeteilt werden, ob sein Hörgerät korrekt sitzt.
[0022] In einer weiteren Ausführung wird das Statussignal an eine externe Sende- und Empfangseinheit
gesendet. Beispielsweise kann das Statussignal mittels einer kabellosen Verbindung
an eine Fernbedienung oder ein mobiles Telefon bzw. ein Smartphone gesendet werden.
Als kabellose Verbindungen kommen beispielsweise Funkverbindungen oder magnetisch
induzierte Verbindungen in Frage. An der externen Empfangseinheit kann das Statussignal
anschließend auf einem Bildschirm, per Sprachausgabe, mittels einer farbigen Leuchtdiode,
etc. ausgegeben werden.
[0023] In einer vorteilhaften Weiterbildung ist das Statussignal ein Positiv-Signal, wenn
das Empfangs-Testsignal nur innerhalb vorgegebener Grenzen vom Referenzwert abweicht.
Umgekehrt ist das Statussignal ein Negativ-Signal, wenn das Empfangs-Testsignal stärker
als innerhalb vorgegebener Grenzen vom Referenzwert abweicht. Unter Positiv- oder
Negativ-Signal wird hier eine Statusmeldung bezüglich eines guten oder schlechten
Sitzes des Hörgeräts im Ohr verstanden.
[0024] In einer Ausführung wird das Statussignal in voreinstellbaren zeitlichen Abständen
neu ermittelt. Mit anderen Worten sind regelmäßige zeitliche Abstände einstellbar,
in denen das Verfahren wiederholt wird. Damit kann ein korrekter Sitz des Hörgeräts
in diesen regelmäßigen Intervallen überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden.
Diese Intervalle können je nach Ausführung entweder von einem Hörgeräteträger und/oder
einem Hörgeräteakustiker eingestellt werden.
[0025] In einer Ausführung wird das Statussignal nach dem Einschalten und/oder Einsetzen
des Hörgeräts im Ohr neu ermittelt. Je nach Benutzer wird das Hörgerät mehrmals aus
und wieder eingeschaltet. Häufig wird das Hörgerät dazu aus dem Ohr genommen und danach
wieder eingesetzt. Somit sollte bei jedem Einschalten des Hörgeräts das Verfahren
zur korrekten Sitzermittlung im Ohr erneut durchgeführt werden. In manchen Fällen
wird das Hörgerät erst eingeschaltet und erst danach im bzw. am Ohr platziert. An
diesem Fall macht eine Messung erst Sinn, sobald das Gerät auch am Ohr eingesetzt
wurde. Beispielsweise ist dies erst 30 Sekunden nach dem Einschalten der Fall. Somit
kann eine Verzögerung des ersten Verfahrensdurchlaufs auf beispielsweise 40 Sekunden
nach dem Einschalten eingestellt werden.
[0026] In einer vorteilhaften Weiterbildung dieser Ausführung wird das Verfahren sofort
oder zeitversetzt nach dem Einschalten des Hörgerätes gestartet und so oft wiederholt,
bis ein korrekter oder akzeptabler Sitz im Ihr erkannt wird. Dies wird dem Benutzer
mittels des Statussignals mitgeteilt und das Verfahren wird ab diesem Zeitpunkt nur
noch in größeren zeitlichen Abständen durchgeführt. Beispielsweise alle 5 Minuten.
Alternativ kann das Verfahren danach, also nach der korrekten Sitzermittlung wahlweise
wieder gestoppt werden, so dass es nicht mehr durchgeführt wird.
[0027] In einer Ausführung wird die Aufnahmeeinrichtung in Richtung eines Außenbereichs
außerhalb des Ohrkanals eines Benutzers gerichtet. Für diese Variante kann das gleiche
Mikrofon als Aufnahmeeinrichtung für das Verfahren verwendet werden, welches auch
den Schall von Außerhalb des Ohrkanals aufnimmt.
[0028] In einer Ausführung wird die Aufnahmeeinrichtung in Richtung eines Innenbereichs
innerhalb des Ohrkanals eines Benutzers gerichtet. Für diese Variante benötigt man
eine zusätzliche Aufnahmeeinrichtung, welche den Schall innerhalb des Ohrkanals aufnimmt.
Der Vorteil ist, dass so die Messgenauigkeit für das Verfahren erhöht wird.
[0029] Des Weiteren wird die Aufgabe gelöst durch ein Hörgerät oder ein Hörgerätesystem
mit einer Aufnahmeeinrichtung zum Aufnehmen von Schall und wandeln in ein Signal,
einer Signalverarbeitungseinrichtung zum Verarbeiten des Signals, und einer Ausgabeeinrichtung
zum wandeln des verarbeiteten Signals in ein Schallsignal und zur Ausgabe des Schallsignals.
Die Signalverarbeitungseinrichtung ist geeignet ist zum Vergleichen eines Testsignals
mit mindestens einem Referenzwert eines Referenzkriteriums und daraus resultierend
dem Erzeugen eines Statussignals. Das Statussignal beinhaltet eine Information über
den Sitzzustand des Hörgeräts. Die Ausgabeeinrichtung ist geeignet zum Ausgeben von
Testsignalen. Die Aufnahmeeinrichtung ist zum Aufnehmen von Schall und zum Aufnehmen
mindestens eines Teils des Testsignals geeignet. Der mindestens eine Referenzwert
ist ein voreingestellter und von einem Hörgeräteträger unveränderlicher Wert.
[0030] Bei der Aufnahmeeinrichtung handelt es sich bevorzugt um das Mikrofon des Hörgerätesystems.
Üblicherweise werden Hörgeräte mit einem oder zwei Mikrofonen ausgestattet. Bei der
Ausgabeeinrichtung handelt es sich um den Hörer, den Lautsprecher des Hörgerätesystems.
Bevorzugt sind bei der Nutzung des Hörgerätesystems das oder die Mikrofone nach außerhalb
eines Ohrkanals gerichtet. Sie sind hauptsächlich dazu gedacht den Schall aufzunehmen.
Zusätzlich kann ein Mikrofon wie hier aber auch als Empfangseinrichtung für Testsignale
genutzt werden. Somit muss kein zusätzliches Mikrofon für derartige Testsignale am
Hörgerät angeordnet werden und dieses ist somit günstiger herzustellen.
[0031] In anderen Ausführungen ist eine zusätzliche, in den Ohrkanal gerichtete Aufnahmeeinrichtung
möglich. Diese üblicherweise als Mikrofon ausgebildete Aufnahmeeinrichtung hat den
Vorteil, dass die Messgenauigkeit höher ist, wenn dieses zum Empfangen des Testsignals
verwendet wird.
[0032] In einer vorteilhaften Weiterbildung wird das Statussignal mittels einer Auslösefunktion
einer externe Sende- und/oder Empfangseinheit neu ermittelt. Dabei kann das Statussignal
beispielsweise an eine Fernbedienung mit Empfangsfunktion weitergeleitet werden. Diese
könnte das Statussignal beispielsweise akustisch oder visuell ausgeben. Möglich ist
auch, dass die Fernbedienung eine Sendefunktionalität aufweist. Dadurch könnte sie
eine Messung des Statussignals mittels eines Auslösefunksignals auslösen.
[0033] In einer vorteilhaften Weiterbildung ist die Signalverarbeitungseinrichtung in einer
externen Sende- und/oder Empfangseinheit angeordnet. Das Statussignal wird dann dort,
in der externen Sende- und Empfangseinheit erzeugt. Dies hat den Vorteil, dass Teile
der Signalverarbeitung ausgelagert sind und somit das Hörgerät des Hörgerätesystems
mehr Ressourcen für andere Berechnungen zur Verfügung hat.
[0034] Weitere vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen und
der nachfolgenden Erläuterung von Ausführungsbeispielen in den beigefügten Zeichnungen.
Die Zeichnungen zeigen:
- Fig. 1
- eine skizzierte Darstellung eines Hörgeräts in einem Ohrkanal;
- Fig. 2
- eine graphische Darstellung einer Rückkopplungsmessung mit gutem Sitz eines Hörgeräts;
und
- Fig. 3
- eine graphische Darstellung einer Rückkopplungsmessung mit schlechtem Sitz eines Hörgeräts.
[0035] Im Folgenden werden verschiedene Ausführungsformen beschrieben. Dies stellt ausdrücklich
keine abschließende Begrenzung der Erfindung auf die beschriebenen Ausführungsformen
dar. Es sind noch weitere im Rahmen der Erfindung liegende verschiedene Ausführungsformen
möglich.
[0036] In der Fig. 1 ist ein Hörgerät 2 mit Ausgabeeinrichtung 4, Aufnahmeeinrichtung 6
und Signalverarbeitungseinheit 8 gezeigt. Beim Hörgerät 2 handelt es sich um ein In-dem-Ohr-Hörgerät
(IdO), welches im Ohrkanal 10 des Ohres 12 eines Benutzers sitzt. Mittels der gestrichelten
Pfeillinien ist die Ausbreitung eines Testsignals 14 dargestellt. Beim Einsetzen des
Hörgeräts 2 in den Ohrkanal 10 ergibt es sich, dass Luftspalte 16 zwischen dem Hörgerät
2 und einer Wandung des Ohrkanals 10 vorhanden sind. Üblicherweise wird der korrekte
Sitz eines Hörgeräts 2 als umso besser bezeichnet, je geringer die Ausmaße der Luftspalte
16 sind. Der Grund ist, dass bei größeren Luftspalten 16 mehr Dämpfung auftritt. Es
geht sozusagen ein Teil des Schalls "verloren". Der Sitz des Hörgeräts 2 ist in der
Fig. 1 nur skizziert, die Größe eines Luftspalts 16 deshalb nichts maßstabsgetreu.
[0037] Es wird eine sogenannte Rückkopplungsmessung (engl.: open-loop-gain measurement)
durchgeführt. Dabei gibt eine in den Ohrkanal 10 gerichtete Ausgabeeinrichtung 4 ein
Testsignal 14 aus. Ein Teil dieses Testsignals 14 wird auf ein Trommelfell 18 gerichtet,
ein anderer bzw. ein vom Trommelfell 18 reflektierter Teil gelangt durch die Luftspalte
16 zu einem Außenbereich 20 außerhalb des Ohrkanals 10. Dort wird das Testsignal 14
zumindest teilweise von der Aufnahmeeinrichtung 6 empfangen. In dieser Ausführung
handelt es sich bei der Ausgabeeinrichtung 4 um einen Hörer und bei der Aufnahmeeinrichtung
6 um ein Mikrofon. Folglich ist das Testsignal 14 ein Schallsignal. Genauer handelt
es sich beim empfangenen Testsignal 14 nur um einen Teil des ursprünglich ausgesendeten
Testsignals 14, welcher bei der Aufnahmeeinrichtung 6 ankommt.
[0038] Der wiederaufgenommene Teil des Testsignals 14 wird nun in der Signalverarbeitungseinheit
8 mit mindestens einem Referenzwert eines Referenzkriteriums verglichen. Beim Referenzwert
handelt es sich um einen passenden Wert, welcher mit vorher bestimmten Werten des
Testsignals 14 verglichen werden kann. Je nach Ausführung kann es sich beim Referenzkriterium
beispielsweise um eine Dämpfung oder ein Signal handeln. Entsprechend handelt es beim
Referenzwert um einen Dämpfungswert oder einen Signalwert.
[0039] Der Referenzwert ist bereits im Auslieferungszustand des Hörgeräts 2 eingespeichert.
Beispielsweise sind diese Daten in einem Speicherbereich der Signalverarbeitungseinheit
8 gespeichert. An mehrere Testpersonen wurden von Spezialisten, im Allgemeinen Hörgeräteakustiker,
Hörgeräte bestmöglich angepasst. Anschließend wurde an den Hörgeräten eine Rückkopplungsmessung
durchgeführt. Daraufhin wurde ein statistischer Mittelwert aus allen Testergebnissen
berechnet. Als Ergebnis erhielt man jeweils die hier als Referenzkriterien oder Referenzwerte
bezeichneten Daten. Diese Referenzen können somit als Näherungswert für einen idealen
Sitz des Hörgeräts 2 im Ohrkanal 10 betrachtet werden. Anstatt der Bildung eines Mittelwerts
als Referenzwert kann auch ein Median, Maxima- oder Minima-Werte, Differenzwerte oder
Verhältniswerte verwendet werden.
[0040] Ein Ergebnis des Vergleichs zwischen wiederempfangenen Testsignal 14 und dem Referenzwert
kann beispielsweise die Höhe einer Abweichung des Testsignals 14 vom Referenzwert
sein. Je kleiner diese Abweichung, desto besser ist der Sitz des Hörgeräts 4 im Ohrkanal
10. Ein guter Sitz steigert die Effektivität des Hörgeräts 4.
[0041] Diese erläuterte Messung, der Vergleich des Testsignals mit dem dazugehörigen Referenzwerte,
wird im Folgenden als Test-Verfahren bezeichnet.
[0042] Um den Benutzer den Status des Hörgeräte-Sitzes mitzuteilen kann dazu ein Statussignal
ausgegeben werden. Ein solches Statussignal kann beispielsweise als synthetisches
Sprachsignal mittels der Ausgabeeinrichtung 4 ausgegeben werden. Mit anderen Worten
sagt das Hörgerät dem Benutzer, ob es gut sitzt oder nicht. Eine andere Möglichkeit
ist, das Statussignal mittels einer kabellosen Funkverbindung an ein Endgerät wie
beispielsweise eine Hörgeräte-Fernbedienung zu senden.
[0043] Ein Einsetz- und Anpassvorgang des Hörgeräts 2 läuft wie folgend beschrieben ab.
Zunächst schiebt ein Benutzer das Hörgerät 2 in den Ohrkanal 10. Das bereits oben
beschriebene Test-Verfahren testet nun sozusagen den Sitz des Hörgeräts 2 im Ohrkanal
10. Falls der Sitz des Hörgeräts verbesserungswürdig ist, dann wird das Test-Verfahren
dies feststellen und es wird beispielsweise das Statussignal "schlechter Sitz" mittels
der Ausgabeeinrichtung 4 ausgeben. Der Benutzer hört dieses ausgegebene künstliche
Schallsignal und erkennt dadurch, dass er den Sitz verändern sollte. Nach einer entsprechenden
Anpassung des Sitzes durch den Benutzer wird das Test-Verfahren erneut ausgeführt.
Falls nun der Sitz des Hörgeräts 2 ausgehend von Ergebnis des Test-Verfahrens als
gut bewertet wird, dann wird das Statussignal "guter Sitz" ausgegeben. Der Benutzer
weiß nun, dass er den Sitz des Hörgeräts 2 nicht mehr verändern muss.
[0044] Als Auslöser des Test-Verfahrens könnten verschiedene Aktivitäten oder Automatismen
dienen. Beispielsweise kann es durch Anschalten des Hörgeräts 2 ausgelöst werden.
Möglich ist zudem ein zeitversetzter Start des Test-Verfahrens nach dem Anschalten,
um dem Benutzer Zeit zum Einsetzen in den Ohrkanal 10 zu geben. Auch könnte ein automatisches
Intervall in regelmäßigen Abständen das Test-Verfahren erneut starten lassen und so
den Benutzer auch regelmäßig über die Korrektheit des Hörgerätesitzes informieren.
In dieser Variante ist es sinnvoll, das Statussignal nur bei einem schlechten Sitz
auszugeben. Auf einen guten Sitz muss der Benutzer zumindest nicht regelmäßig hingewiesen
werden. Bevorzugt kann dieses Intervall vom Benutzer selbst eingestellt werden. Beispielsweise
könnte dies mittels einer Hörgerätefernbedienung erfolgen.
[0045] Statt dem in dieser Ausführungsform verwendeten In-dem-Ohr Gerät können auch andere
Bauformen von Hörgeräten verwendet werden. Beispielsweise auch Hinter-dem-Ohr Geräte
oder sogenannte Receiver-in-canal Geräte.
[0046] Wahlweise kann das Statussignal an eine externe Sende- und/oder Empfangseinrichtung
28 gesendet werden. Zudem ist die externe Sende- und/oder Empfangseinrichtung 28 auch
geeignet um mittels einer Auslösefunktion die Ermittlung des Statussignals auszulösen.
Bei der externe Sende- und/oder Empfangseinrichtung 28 kann es sich beispielsweise
um eine Fernbedienung mit Sende- und/oder Empfangsfunktion handeln.
[0047] In Fig. 2 und Fig. 3 ist die Messung verschiedener Kurven graphisch dargestellt.
Mit der x-Achse wird ein logarithmischer Frequenzbereich von ca. 125 Hertz bis ca.
12.000 Hertz angegeben. Die y-Achse zeigt eine Dämpfung bzw. Verstärkung in der logarithmischen
Einheit Dezibel.
[0048] Die Verstärkungskurve 22 stellt die maximal mögliche Verstärkung eines Hörgeräts
dar. Die Testkurven 24 und 26 werden ermittelt, indem das Test-Verfahren durchgeführt
wird. Die Testkurve 24 weist auf einen guten Sitz eines Hörgeräts im Ohr hin. Die
Testkurve 26 dagegen auf einen schlechten Sitz.
[0049] Bei Betrachtung der Testkurven 24 und 26 fallen unterschiedliche Verstärkungen in
verschiedenen Frequenzbereichen auf. Beispielsweise hat die Testkurve 26 bei der Messung
mittels des Test-Verfahrens für den Frequenzwert 1 kHz den Verstärkungswert von etwa
25 dB ergeben. Analog dazu wurde bei der Testkurve 24 ein Wert von etwa 30 dB gemessen.
Bei einigen Frequenzbereichen sind die Werte der Testkurve 24 höher als bei der Testkurve
26. Aber nicht bei allen.
[0050] Um nun eine Messung als gut oder weniger gut zu bewerten können werden beispielsweise
zunächst wichtige Frequenzbereiche gewählt werden. Diesen wird anschließend ein Schwellwert
zugeordnet. Diese unterschiedlichen Schwellwerte für die verschiedenen Frequenzbereiche
können als Referenzwerte betrachtet werden. Nun wird eine Messung durch das Test-Verfahren
durchgeführt. Nach der Messung erhält man eine Testkurve wie beispielsweise die Testkurven
24 oder 26. Danach kann verglichen werden ob und wie oft die Referenzwerte anhand
der Messung über- oder unterschritten wurden. Anhand der Anzahl der Über- oder Unterschreitungen
kann dann von einem guten oder schlechten Sitz des Hörgeräts ausgegangen werden. Zudem
können bei diesem Vorgehen als wichtiger betrachtete Frequenzbereiche bzw. entsprechende
Schwellwerte stärker gewichtet werden. Somit können beim Verfahren zur Bestimmung
des Sitzes des Hörgeräts im Ohr bestimmte Frequenzen priorisiert werden.
[0051] Möglich ist, dass statt nur einer reinen Unterscheidung zwischen Über- oder Unterschreiten
der Schwellwerte auch die Höhe einer Abweichung der gemessenen Werte berücksichtigt
wird.
[0052] Alternativ können als Referenzwerte nicht einzelne Schwellwerte, sondern eine aufsummierte
Abweichung einer Signalkurve verwendet werden.
[0053] Konkret kann beispielsweise für die Frequenzen 1 kHz und 7 kHz jeweils ein Schwellwert
von mindestens 30 dB festgelegt werden. Die Testkurve 24 überschreitet diese Werte,
die Testkurve 26 dagegen erreicht diese Schwellwerte nicht. Somit kann bei der Testkurve
24 ein "guter Sitz" und bei der Testkurve 26 ein "schlechter Sitz" des Hörgeräts angegeben
werden.
1. Verfahren zum Erfassen des Sitzes eines Hörgeräts (2) oder einer Hörgerätekomponente
am und im Ohr,
umfassend die Schritte
aussenden eines Testsignals (14) als Sende-Testsignal aus einer Ausgabeeinrichtung
(4) des Hörgeräts (2);
empfangen mindestens eines Teils des Sende-Testsignals als Empfangs-Testsignal mittels
einer Aufnahmeeinrichtung (6) des Hörgeräts (2) für Schall;
vergleichen des Empfangs-Testsignals durch eine Signalverarbeitungseinrichtung (8)
mit mindestens einem Referenzwert eines Referenzkriteriums, welches in der Signalverarbeitungseinrichtung
(8) gespeichert ist;
erzeugen eines Statussignals abhängig von dem Ergebnis des Vergleichs zwischen Empfangs-Testsignal
und dem mindestens einen Referenzwert;
wobei das Statussignal eine Information über den Sitzzustand des Hörgeräts (2) beinhaltet;
und
wobei der mindestens eine Referenzwert voreingestellt und von einem Hörgeräteträger
unveränderlich ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Referenzkriterium ein Referenzsignal und der Referenzwert ein Signalwert ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Referenzkriterium eine Dämpfung ist und der Referenzwert ein Dämpfungswert ist.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass
eine Ausgabe des Statussignals mittels der Ausgabeeinrichtung (4) erfolgt.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Ausgabeeinrichtung (4) ein Schallwandler ist und dieser das Statussignal als
akustisches Signal ausgibt.
6. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass
das Statussignal an eine externe Sende- und/oder Empfangseinheit (28) gesendet wird.
7. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass
dass das Verfahren in voreinstellbaren zeitlichen Abständen erneut durchgeführt wird.
8. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass
das Verfahren nach dem Einschalten und/oder Einsetzen des Hörgeräts (2) im Ohr (12)
erneut durchgeführt wird.
9. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass
die Aufnahmeeinrichtung (6)) in Richtung eines Außenbereichs (20) außerhalb des Ohrkanals
(10) eines Benutzers gerichtet ist.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass
die Aufnahmeeinrichtung (6)) in Richtung eines Innenbereichs innerhalb des Ohrkanals
(10) eines Benutzers gerichtet ist.
11. Hörgerätesystem
mit einer an oder in einem Hörgerät (2) angeordneten Aufnahmeeinrichtung (6) zum Aufnehmen
von Schall und wandeln in ein Signal,
einer Signalverarbeitungseinrichtung (8) zum Verarbeiten des Signals,
einer an oder in dem Hörgerät (2) angeordneten Ausgabeeinrichtung (4) zum wandeln
des verarbeiteten Signals in ein Schallsignal und Ausgabe des Schallsignals,
wobei die Signalverarbeitungseinrichtung (8) geeignet ist zum Vergleichen eines Testsignals
(14) mit mindestens einem Referenzwert eines Referenzkriteriums und daraus resultierend
dem Erzeugen eines Statussignals,
wobei das Statussignal eine Information über den Sitzzustand des Hörgeräts (2) beinhaltet,
wobei die Ausgabeeinrichtung (4) geeignet ist zum Ausgeben eines Testsignals (14),
dadurch gekennzeichnet, dass
die Aufnahmeeinrichtung (6) zum Aufnehmen von Schall und zum Aufnehmen mindestens
eines Teils des Testsignals (14) geeignet ist, und
dass der mindestens eine Referenzwert ein voreingestellter und von einem Hörgeräteträger
unveränderlicher Wert ist.
12. Hörgerätesystem nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass
das Statussignal in voreinstellbaren zeitlichen Abständen neu ermittelt wird.
13. Hörgerätesystem nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass
das Statussignal nach dem Einschalten und/oder Einsetzen des Hörgeräts (2) im Ohr
(12) neu ermittelt wird.
14. Hörgerätesystem nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass
das Statussignal mittels einer Auslösefunktion einer externen Sende- und/oder Empfangseinheit
(28) neu ermittelt wird.
15. Hörgerätesystem nach Anspruch 11,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Signalverarbeitungseinrichtung (8) in einer externen Sende- und/oder Empfangseinheit
(28) angeordnet ist und das Statussignal dort erzeugt wird.