[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines zur wenigstens teilweise automatischen
Fahrzeugführung ausgebildeten Fahrerassistenzsystems eines Kraftfahrzeugs, welches
Fahrerassistenzsystem aus die Umgebung des Kraftfahrzeugs beschreibenden Umfelddaten
im Rahmen eines Auswertevorgangs automatische Fahreingriffe und/oder die Ausgabe von
Informationen an den Fahrer beschreibende Steuerdaten ermittelt. Daneben betrifft
die Erfindung ein Kraftfahrzeug.
[0002] Fahrerassistenzsysteme, die zur wenigstens teilweise automatischen Fahrzeugführung
ausgebildet sind, wurden im Stand der Technik bereits vorgeschlagen und sind bereits
in Serie in Kraftfahrzeugen erhältlich. Derartige Fahrerassistenzsysteme werden auch
als teilautonome bzw. vollautonome Fahrzeugsysteme bezeichnet. Beispiele für solche
bereits gängigen Fahrerassistenzsysteme sind längsführende und querführende Fahrerassistenzsysteme.
Ein ACC-System (ACC = Adaptive Cruise Control) regelt die Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs
auf eine bestimmte Wunschgeschwindigkeit und, falls ein anderes Kraftfahrzeug dem
eigenen Kraftfahrzeug vorwegfährt, den Abstand zu dem voranfahrenden Kraftfahrzeug
auf eine Wunschlücke, beispielsweise eine Wunschzeitlücke. Hierzu werden als automatische
Fahreingriffe Brems- und Beschleunigungsvorgänge durchgeführt. Spurhaltesysteme und
Spurwechselsysteme sind querführende Fahrerassistenzsysteme. Ein Spurhaltesystem ermittelt
den Verlauf der befahrenen Fahrspur beispielsweise aus Daten einer nach vorne gerichteten
Kamera des Kraftfahrzeugs und berechnet als Fahreingriffe Querführungseingriffe, die
das Kraftfahrzeug beispielsweise möglichst mittig oder anderweitig definiert in der
Spur halten. Spurwechselassistenten sind häufig auch ausgebildet, die weitere Umgebung
des Kraftfahrzeugs, was Nachbarspuren und auch sich von hinten annähernde Fahrzeuge
angeht, zu überwachen.
[0003] Schließlich wurden auch bereits Fahrerassistenzsysteme vorgeschlagen, die ein gänzlich
automatisches Fahren ermöglichen. Ein Beispiel hierfür ist der sogenannte Staupilot,
der eine automatische Fahrzeugführung in Stausituationen erlaubt. Dabei wird das Kraftfahrzeug
innerhalb bestimmter Systemgrenzen, in denen der Betrieb des Fahrerassistenzsystems
möglich ist, vollständig geführt, das bedeutet, derartige vollautomatische Fahrerassistenzsysteme
können als Fahreingriffe Längs- und Querführungseingriffe ermitteln.
[0004] Die von solchen zur Fahrzeugführung ausgebildeten Fahrzeugsystemen ermittelten, automatische
Fahreingriffe beschreibenden Steuerdaten basieren dabei auf Umfelddaten des Kraftfahrzeugs,
die dessen Umgebung beschreiben. Dabei ist üblicherweise nicht nur der Verlauf der
Fahrspur relevant, sondern es werden häufig auch weitere Daten zur aktuell befahrenen
Strecke berücksichtigt, beispielsweise der Straßentyp, Fahrspurbreiten, Geschwindigkeitsbegrenzungen,
Überholverbote und dergleichen. Derartige Umgebungsdaten können beispielsweise aus
digitalen Kartendaten eines Navigationssystems des Kraftfahrzeugs erhalten werden.
Des Weiteren wird die konkrete Auswertung der Umgebungsdaten durch weitere Kriterien
bestimmt. Beispielsweise sind Fahrspurmarkierungen in Deutschland üblicherweise in
weiß gehalten, so dass entsprechend weiße Markierungen in Kamerabildern gesucht werden,
wenn der Fahrspurverlauf aus ihnen abgeleitet werden soll. Weitere Kriterien bestimmen
auch die Art der automatischen Fahrzeugführung, beispielsweise, ob einem Vorderfahrzeug
gefolgt werden soll und dergleichen. Für Spurhaltesysteme wird beispielsweise vorgegeben,
dass einer bestimmten Position in Querrichtung der Spur, beispielsweise der Fahrspurmitte,
gefolgt werden soll.
[0005] Nachteilhafterweise können jedoch Streckenabschnitte existieren, in denen sich kurzfristig
Eigenschaften der Strecke, vorliegend also Abschnittseigenschaften, verändert haben,
so dass im Kraftfahrzeug vorliegende Umgebungsinformationen nicht zutreffen und/oder
die Kriterien zur Steuerung des Kraftfahrzeugs von den üblichen Kriterien abweichen.
Dies gilt insbesondere für Baustellen bzw. Baustellenbereiche als Streckenabschnitte.
Dort kann es beispielsweise vorkommen, dass ein Spurhalteassistenzsystem die (alten)
weißen Fahrspurmarkierungen für gültig hält, obwohl die aufgeklebten gelben Fahrspurmarkierungen
gültig sind. Hierdurch kann es in solchen Abschnitten zu einem ungewollten Verhalten
des Kraftfahrzeugs kommen.
[0006] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben, das eine
verlässliche wenigstens teilweise automatische Fahrzeugführung auch in Streckenabschnitten
mit von den üblichen oder bekannten Eigenschaften abweichenden Abschnittseigenschaften
ermöglicht.
[0007] Zur Lösung dieser Aufgabe ist bei einem Verfahren der eingangs genannten Art erfindungsgemäß
vorgesehen, dass für wenigstens einen Abschnitt einer durch das Kraftfahrzeug befahrenen
Stecke, der sich im Hinblick auf wenigstens eine im Auswertevorgang relevante Abschnittseigenschaft
von der sonstigen Strecke und/oder von für den Abschnitt bereits vorliegenden Umgebungsdaten
unterscheidet, über Kraftfahrzeug-zu-Infrastruktur-Kommunikation eine abschnittsspezifische
Anpassungsinformation empfangen und zur Anpassung der Umgebungsdaten und/oder des
Auswertevorgangs auf die Abschnittseigenschaft für den Abschnitt verwendet werden.
[0008] Die Kraftfahrzeug-zu-X-Kommunikation (Car2X-Kommunikation) wurde im Stand der Technik
bereits vorgeschlagen, um einen zielgerichteten Austausch zwischen dem Kraftfahrzeug
und anderen Objekten, insbesondere anderen Kraftfahrzeugen und/oder Infrastruktureinrichtungen,
zu ermöglichen. Die Car2X-Kommunikationstechnologie wird im Rahmen der vorliegenden
Erfindung also genutzt, um das Kraftfahrzeug mittels der Anpassungsinformation über
die geänderten Umstände in dem Abschnitt zu informieren. Auf diese Weise kann die
Fahrzeugführung so angepasst werden, dass auf die speziellen Abschnittseigenschaften
innerhalb des Abschnitts Rücksicht genommen wird. Mithin erfährt das Kraftfahrzeug
insbesondere die aktuell gültigen Kriterien für die wenigstens teilweise automatische
Fahrzeug-führung, so dass das Fahrerassistenzsystem auf Basis der Eigenschaften des
eigenen Kraftfahrzeugs die anzuwendenden Steuerkriterien bzw. die zugrunde liegenden
Umgebungsdaten an die aktuelle Situation, beispielsweise eine Baustelle, anpassen
kann. Dies ermöglicht es auch in Abschnitten, in denen Abschnittseigenschaften von
den üblichen Streckeneigenschaften abweichen bzw. kurzfristige Änderungen gegeben
sind, eine verlässliche wenigstens teilweise automatische Fahrzeugführung zu realisieren.
[0009] Wie bereits erwähnt, kann der Abschnitt ein Baustellenbereich sein. Baustellenbereiche
stellen häufig Streckenabschnitte dar, für die temporär andere Bedingungen gelten
als sie beispielsweise in den digitalen Kartendaten eines Navigationssystems oder
dergleichen abgelegt sind und die eine unterschiedliche wenigstens teilweise automatische
Fahrzeugführung einfordern, beispielsweise durch geringere Fahrspurbreiten, Fahrspursperrungen,
Geschwindigkeitsbegrenzungen oder dergleichen. Selbstverständlich sind jedoch auch
andere Abschnitte einer Strecke denkbar, in denen Änderungen auftreten, beispielsweise,
wenn wegen einer Veranstaltung Spuren gesperrt/ verengt werden und dergleichen.
[0010] Zweckmäßigerweise kann die Anpassungsinformation auch eine Ortsinformation des Abschnitts
umfassen. Grundsätzlich mag es, insbesondere bei kurzen Abschnitten, zwar denkbar
sein, die Ausdehnung des Abschnitts, für den die Anpassungsinformation gilt, durch
die Empfangsdauer hinreichend genau zu definieren; gerade bei längeren Baustellen
oder dergleichen kann es jedoch zweckmäßig sein, wenn die Anpassungsinformation auch
eine Ortsinformation enthält, die es ermöglicht, den Abschnitt hinreichend genau zu
lokalisieren und/oder seine Ausdehnung zu bestimmen. So ist es beispielsweise zweckmäßig,
am Beginn eines Abschnitts, beispielsweise eines Baustellenbereichs, eine Infrastruktureinrichtung
vorzusehen, die die Anpassungsinformation über Car2X-Kommunikation aussendet, insbesondere
als Broadcast. Diese Anpassungsinformation kann als Ortsinformation dann insbesondere
eine Länge des Abschnitts, hier des Baustellenbereichs, enthalten, so dass im empfangenden
Kraftfahrzeug bewusst ist, in welchem örtlichen Rahmen die Anpassungsinformation zu
berücksichtigen ist.
[0011] Konkret sind unterschiedlichste Abschnittseigenschaften denkbar, die durch die Anpassungsinformation
geeignet beschrieben werden können. So kann als Abschnittseigenschaft eine Breite
wenigstens einer Fahrspur und/oder eine zulässige Fahrzeugbreite und/oder eine geltende
Überholverbotsregelung und/oder eine Vorgabe zum versetzten Fahren und/oder eine Markierungsfarbe
für Fahrspurmarkierungen und/oder eine gesperrte Abzweigung, insbesondere eine Ausfahrt,
und/oder eine gesperrte Fahrspur und/oder eine Geschwindigkeitsbegrenzung verwendet
werden. Gerade in Baustellenbereichen kommt es beispielsweise häufig vor, dass Fahrspuren
verengt sind. Daher kann die Anpassungsinformation Breiten der jeweiligen verfügbaren
Fahrspuren bzw. zulässige Fahrzeugbreiten für diese Fahrspuren enthalten. Auch Überholverbote
können relevante Abschnittseigenschaften sein, beispielsweise Überholverbote für Kraftfahrzeuge
mit Anhänger, Kraftfahrzeuge oberhalb eines bestimmten Fahrzeuggewichts und dergleichen.
Liegt ein solches Überholverbot vor, sollten keine Überholvorgänge durch das Fahrerassistenzsystem
angestoßen werden. In manchen Baustellenbereichen ist auch eine Vorgabe zum versetzten
Fahren gegeben. In Baustellenbereichen werden häufig gelbe Fahrspurmarkierungen statt
der üblichen weißen Fahrspurmarkierungen verwendet, so dass auch die gültige Markierungsfarbe
eine wichtige Anpassungsinformation sein kann. Selbstverständlich sind jedoch auch
weitere relevante Abschnittseigenschaften und ihre Abbildung in Anpassungsinformationen
denkbar.
[0012] Die Anpassungsinformationen, die über die Car2X-Kommunikation empfangen wurden, werden
im Kraftfahrzeug, konkret durch ein Steuergerät des Fahrerassistenzsystems, verwendet,
um Umgebungsdaten und/oder den Auswertevorgang, beispielsweise also bestimmte Auswerteparameter,
anzupassen, so dass die Abschnittseigenschaften korrekt verwendet werden, wobei es
in einigen Fällen auch denkbar ist, Egodaten über das eigene Kraftfahrzeug mit zu
berücksichtigen, um die Relevanz von Anpassungsinformationen für das eigene Kraftfahrzeug
zu bestimmen.
[0013] Konkret kann beispielsweise vorgesehen sein, dass bei Empfang einer eine Markierungsfarbe
enthaltenden Anpassungsinformation eine Bildauswertung eines Kamerabildes in dem Abschnitt
auf die Markierungsfarbe angepasst wird. Enthält die Anpassungsinformation beispielsweise
den Hinweis, dass die gelben Fahrspurmarkierungen gültig sind, so werden innerhalb
des Kamerabildes gelbe Fahrspurmarkierungen aufgesucht und ausgewertet.
[0014] Bei Empfang einer ein Überholverbot beschreibenden Anpassungsinformation kann vorgesehen
sein, dass aufgrund von über das Kraftfahrzeug vorliegenden Egodaten bestimmt wird,
ob das Überholverbot für das Kraftfahrzeug gilt. Beispielsweise kann sich das Überholverbot
auf Kraftfahrzeuge oberhalb eines bestimmten Fahrzeuggewichts beziehen, so dass unter
Kenntnis des eigenen Fahrzeuggewichts festgestellt werden kann, ob das Überholverbot
für das eigene Kraftfahrzeug überhaupt gilt. Trifft dies zu, gilt das Überholverbot
also für das eigene Kraftfahrzeug, wird das Überholverbot entsprechend umgesetzt,
indem durch das wenigstens teilweise automatisch führende Fahrerassistenzsystem keine
Überholvorgänge mehr angestoßen werden.
[0015] Wird durch die Anpassungsinformation übermittelt, dass ein versetztes Fahren notwendig
oder vorgeschrieben ist, wird das durch die Anpassungsinformation beschriebene versetzte
Fahren entsprechend umgesetzt.
[0016] Enthält die Anpassungsinformation eine Fahrspurbreite und/oder eine zulässige Fahrzeugbreite,
so kann in den Egodaten über das Kraftfahrzeug auch eine Breite des eigenen Kraftfahrzeugs
enthalten sein. Ist die in der Anpassungsinformation enthaltene Fahrspurbreite und/oder
zulässige Fahrzeugbreite kleiner als die Fahrzeugbreite des eigenen Kraftfahrzeugs,
wird zweckmäßigerweise die entsprechende Fahrspur als nicht befahrbar markiert.
[0017] Ferner kann vorgesehen sein, dass eine in der Anpassungsinformation enthaltene Geschwindigkeitsbegrenzung
eingehalten wird und/oder bei Sperrung einer Abzweigung, die aufgrund einer aktuellen
Routenplanung genutzt werden sollte, eine neue Route ermittelt und verwendet wird.
[0018] Schließlich ist es in einem konkreten Beispiel auch denkbar, dass wenigstens eine
auf wenigstens einen Teil der Anpassungsinformation bezogene Anzeigeinformation aus
dieser ermittelt und angezeigt wird. Beispielsweise können Überholverbote dem Fahrer
auch entsprechend durch eine Anzeige zur Kenntnis gebracht werden, was analog für
Geschwindigkeitsbegrenzungen und dergleichen gilt. Eine solche Ermittlung einer Anzeigeinformation
ist besonders zweckmäßig im Hinblick auf die Verwendung von Zusatzdaten in der Anpassungsinformation,
worauf im Folgenden noch näher eingegangen werden wird.
[0019] Eine vorteilhafte Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor, dass
die Anpassungsinformation neben auf die Abschnittseigenschaft bezogenen Daten wenigstens
ein auf den Abschnitt bezogenes Zusatzinformationsdatum enthält, welche zur Ermittlung
und Anzeige einer Anzeigeinformation verwendet wird. Mithin kann ein Zusatzinformationsdatum
als Teil der Anpassungsinformation an das Kraftfahrzeug übermittelt werden, welches
anzuzeigende Informationen über den Abschnitt enthält. Beispielsweise kann bei einem
Baustellenbereich als Zusatzinformationsdatum eine Bauzeit und/oder eine Information
zur Notwendigkeit der Bauarbeiten und/oder eine Länge der Baustelle verwendet werden
und/oder bei einer gesperrten Abzweigung als Anpassungsinformation als Zusatzinformationsdatum
wenigstens eine alternative Abzweigung der gesperrten Abzweigung zugeordnet werden.
Eine Baustelle kann mithin näher beschrieben werden durch ihre Länge (die auch zur
Ortsbestimmung des Abschnitts verwendet werden kann), eine geplante Bauzeit und dergleichen,
was auch mit Hintergrundinformation zur Notwendigkeit der Bautätigkeit ergänzt werden
kann. Sind Ausfahrten oder sonstige Abzweigungen gesperrt, können alternative Ausfahrten
zu den gesperrten Ausfahrten bzw. Abzweigungen ebenso mit übersandt werden. Dies ermöglicht
es dem Fahrerassistenzsystem, dem Fahrer nützliche zusätzliche Informationen zur Baustelle
anzuzeigen, welche bei einer nicht vollständig automatischen Fahrzeugführung dem Fahrer
die Routenführung (richtige Wahl des Fahrstreifens, richtige Wahl der Ausfahrt, etc.)
durch die Baustelle erleichtert und in jedem Fall die Akzeptanz für die Bautätigkeit
steigern kann. Dies kann vorteilhaft ergänzt werden, wie bereits beschrieben wurde,
durch angezeigte Anpassungsinformation, beispielsweise Geschwindigkeitsbegrenzungen.
Der Fahrer erhält also informatives Hintergrundwissen zur Baustelle, beispielsweise
die Länge, die Bauzeit, die Notwendigkeit, sowie weitere nützliche Informationen,
beispielsweise auch alternative Abzweigungen, insbesondere Ausfahrten.
[0020] Eine besonders vorteilhafte Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung sieht vor, dass
bei Empfang einer Anpassungsinformation überprüft wird, ob das Fahrerassistenzsystem
zur Durchführung der Fahrzeugführung innerhalb seiner Systemgrenzen auch unter Berücksichtigung
der Abschnittseigenschaft ausgebildet ist, wobei bei Nichtdurchführbarkeit der Fahrzeugführung
eine Fahrübernahmeaufforderung ausgegeben wird und/oder das Fahrerassistenzsystem
deaktiviert wird. Mithin kann innerhalb des Fahrerassistenzsystems eine Entscheidung
getroffen werden, ob es auch unter den vorliegenden Umgebungsbedingungen im Abschnitt
noch in der Lage ist, seine hauptsächliche Funktion, nämlich die wenigstens teilweise
automatische Fahrzeugführung, zu erfüllen. Liegen die Umgebungsbedingungen im Abschnitt
außerhalb des für das Fahrerassistenzsystem zulässigen Bereichs, mithin außerhalb
der Systemgrenzen, so kann die wenigstens teilweise automatisierte Fahrzeugführung
nicht aufrecht erhalten werden und es ist eine Übernahme durch den Fahrer erforderlich.
Hierzu kann eine Fahrübernahmeaufforderung, wie sie im Stand der Technik grundsätzlich
bekannt ist, ausgegeben werden, die zu einer Deaktivierung des Fahrerassistenzsystems
, bzw. zumindest seiner Fahrzeugführungsfunktion führt.
[0021] Wie bereits erwähnt wurde, kann zweckmäßigerweise die Anpassungsinformation von einer
an dem Abschnitt, insbesondere zu Beginn des Abschnitts, angeordneten Infrastruktureinrichtung
ausgesendet werden. Die Infrastruktureinrichtung, welche bei einer Baustelle beispielsweise
zu Beginn der Bauarbeiten am Beginn des Baustellenbereichs angeordnet werden kann,
weist eine Sendeeinrichtung für die Kraftfahrzeug-zu-Infrastruktur-Kommunikation auf,
so dass die Anpassungsinformationen an im Sendebereich der Infrastruktureinrichtung
angeordnete Kraftfahrzeuge übermittelt werden kann. Die Anpassungsinformation wird
bevorzugt als ein "Broadcast" ausgesendet. Handelt es sich um einen längeren Baustellenbereich
bzw. allgemeinen Abschnitt, enthält die Anpassungsinformation zweckmäßigerweise auch
eine Länge des Abschnitts, so dass die Abschnittseigenschaften für eine hinreichende
Fahrdauer berücksichtigt werden können. Denkbar ist es jedoch auch, Infrastruktureinrichtungen,
die zum Senden der Anpassungsinformation ausgebildet sind, entlang des gesamten Abschnitts
anzuordnen, so dass die Dauer des Empfangs der Anpassungsinformation deren Gültigkeit
mitdefiniert.
[0022] Neben dem Verfahren betrifft die Erfindung auch ein Kraftfahrzeug, umfassend ein
zur wenigstens teilweise automatischen Fahrzeugführung ausgebildetes Fahrerassistenzsystem
mit einem zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgebildeten Steuergerät.
Sämtliche Ausführungen bezüglich des erfindungsgemäßen Verfahrens lassen sich analog
auf das erfindungsgemäße Kraftfahrzeug übertragen, mit welchem mithin dieselben Vorteile
erhalten werden können. Das Kraftfahrzeug weist mithin eine für die Kraftfahrzeug-zu-Infrastruktur-Kommunikation
ausgebildete Empfangseinrichtung auf, die die Anpassungsinformation empfängt und an
das Steuergerät weiterleitet, wo sie entsprechend ausgewertet und verwendet wird.
[0023] Weitere Vorteile und Einzelheiten der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus den
im Folgenden beschriebenen Ausführungsbeispielen sowie anhand der Zeichnung. Dabei
zeigen:
- Fig. 1
- eine Skizze zur Erläuterung des erfindungsgemäßen Verfahrens, und
- Fig. 2
- ein erfindungsgemäßes Kraftfahrzeug.
[0024] Fig.1 zeigt eine Verkehrssituation, mit deren Hilfe das erfindungsgemäße Verfahren
näher erläutert werden soll. Ein erfindungsgemäßes Kraftfahrzeug 1 fährt dabei auf
einer Straße 2. Die Straße 2 weist zwei Fahrspuren 3, 4 auf, die durch übliche weiße
Fahrspurmarkierungen 5 gekennzeichnet sind.
[0025] In einem Abschnitt 6, hier einem Baustellenbereich, liegt jedoch eine Baustelle mit
einer geänderten Verkehrsführung vor. Ersichtlich wird die verfügbare Fahrbahn der
Straße 2, wie durch die Baken 7 angedeutet, verringert. Gelbe Fahrspurmarkierungen
8 zeigen die neu gebildeten, schmaleren Fahrspuren 3' und 4' an.
[0026] Das Kraftfahrzeug 1 weist ein Fahrerassistenzsystem 9 auf, das zur wenigstens teilweise
automatischen Fahrzeugführung ausgebildet ist. Diese richtet sich nach den aktuellen
Gegebenheiten in der Umgebung des Kraftfahrzeugs 1, mithin Umfelddaten, die beispielsweise
von Umfeldsensoren des Kraftfahrzeugs, digitalen Kartendaten eines Navigationssystems
des Kraftfahrzeugs 1, Kraftfahrzeug-zu-Kraftfahrzeug-Informationsquellen und dergleichen
stammen können. Nachdem die Baustelle im Abschnitt 6 nur temporär vorhanden ist, liegen
diesbezüglich und über die veränderten Bedingungen und Kriterien, nach denen die automatische
Fahrzeugführung erfolgen soll, keinerlei Informationen im Kraftfahrzeug 1 vor. Mithin
ist zu Beginn des Abschnitts 6 seitlich der Straße 2 eine Infrastruktureinrichtung
10 aufgestellt, die eine Anpassungsinformation an alle Kraftfahrzeuge 1 über Kraftfahrzeug-zu-Infrastruktur-Kommunikation
broadcastet, die mithin auch vom Kraftfahrzeug 1, wenn es in den Sendebereich der
Infrastruktureinrichtung 10 eintritt, empfangen werden können.
[0027] Die Anpassungsinformation enthält vorliegend Breiten der Fahrspuren 3', 4' und kann,
zusätzlich oder alternativ, auch maximal zulässige Fahrzeugbreiten für die Fahrspuren
3', 4' enthalten. Ferner enthält die Anpassungsinformation eine im Abschnitt 6 geltende
Überholverbotsregelung, nachdem ein Grenzgewicht überschreitende Kraftfahrzeuge nicht
mehr überholen dürfen. Die Anpassungsinformation enthält ferner die Markierungsfarbe
"gelb" für die gültigen Fahrspurmarkierungen 8 und eine Geschwindigkeitsbegrenzung
innerhalb des Abschnitts 6. Ist innerhalb des Abschnitts 6 eine Ausfahrt gesperrt,
kann auch diesbezüglich ein Datum in der Anpassungsinformation enthalten sein.
[0028] Neben den bislang genannten Daten enthält die Anpassungsinformation auch eine Ortsinformation
des Abschnitts 6, hier eine Länge der Baustelle und somit des Abschnitts 6, nachdem
eine Infrastruktureinrichtung 10 nur zu Beginn des Abschnitts 6 vorgesehen ist.
[0029] Die Anpassungsinformation enthält ferner Zusatzinformationsdaten, vorliegend eine
an der Baustelle vorgesehene Bauzeit, eine Information zur Notwendigkeit der Bauarbeiten
und bei einer gesperrten Ausfahrt alternative Ausfahrten.
[0030] Die empfangene Anpassungsinformation wird an das Fahrerassistenzsystem 9 weitergeleitet
und dort ausgewertet. Die gültige Markierungsfarbe "gelb" wird innerhalb des Abschnitts
6 für die Auswertung von Kamerabildern nach den Begrenzungen der Fahrspuren 3' und
4' verwendet. Bezüglich des Überholverbots wird überprüft, ob dieses überhaupt für
das Kraftfahrzeug 1 gilt, indem mit dessen Fahrzeuggewicht verglichen wird. Eine ähnliche
Überprüfung findet bezüglich der zulässigen Fahrzeugbreiten bzw. der Breite der Fahrspuren
3', 4' statt. Überschreitet die Breite des Kraftfahrzeugs 1 eine der dortigen Breiten,
wird die entsprechende Fahrspur 3', 4' als nicht befahrbar markiert. Die Geschwindigkeitsbegrenzung
wird entsprechend für den Abschnitt 6 verwendet.
[0031] Es werden jedoch nicht nur die Umgebungsdaten und der Auswertevorgang für die automatisierte
Fahrzeugführung angepasst, sondern auch Informationen an den Fahrer generiert und
ausgegeben. So wird eine Anzeigeinformation generiert, die gesperrte Ausfahrten und
Alternativen hierzu anzeigt, Geschwindigkeitsbegrenzungen widergibt und auch informatives
Hintergrundwissen zur Baustelle vermittelt, insbesondere deren Länge, deren Bauzeit
und Hintergrundinformationen zur Notwendigkeit der Bautätigkeit. Hierfür sind im Kraftfahrzeug
1 geeignete Anzeigevorrichtungen vorgesehen.
[0032] Eine besonders bevorzugte Ausgestaltung des Verfahrens sieht zudem vor, dass bei
Empfang der Anpassungsinformation durch das Fahrerassistenzsystem 9 dieses zunächst
überprüft, ob es innerhalb der durch die Anpassungsinformation beschriebenen Umgebungsbedingungen
überhaupt in der Lage ist, seine wenigstens teilweise automatische Fahrzeugführungsfunktion
zu realisieren, mithin ob alle Systemgrenzen, innerhalb derer das Fahrerassistenzsystem
9 betrieben werden kann, eingehalten werden. Ist dies nicht der Fall, so wird eine
Fahrübernahmeaufforderung ausgegeben, so dass der Fahrer die Steuerung des Kraftfahrzeugs
1 vollständig selber übernehmen kann. Sobald der Fahrer die Kontrolle über das Kraftfahrzeug
1 wieder übernommen hat, wird das Fahrerassistenzsystem 9 deaktiviert.
[0033] Fig. 2 zeigt eine Prinzipskizze des erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs 1. Dieses umfasst,
wie bereits dargelegt, das Fahrerassistenzsystem 9, welches ein zur Durchführung des
erfindungsgemäßen Verfahrens ausgebildetes Steuergerät 11 aufweist. Dieses steht in
Kommunikationsverbindung mit einer Empfangseinrichtung 12, die zum Empfangen von Daten
über Kraftfahrzeug-zu-Infrastruktur-Kommunikation ausgebildet ist. Das Steuergerät
11 ist ferner mit hier nicht näher dargestellten weiteren Fahrzeugsystemen 13 verbunden,
beispielsweise Umfeldsensoren, einem Navigationssystem, Aktoren zur Durchführung der
Fahreingriffe sowie einer Anzeigevorrichtung zur Darstellung von Anzeigeinformationen,
die aus empfangenen Anpassungsinformationen abgeleitet werden können.
1. Verfahren zum Betrieb eines zur wenigstens teilweise automatischen Fahrzeugführung
ausgebildeten Fahrerassistenzsystems (9) eines Kraftfahrzeugs (1), welches Fahrerassistenzsystem
(9) aus die Umgebung des Kraftfahrzeugs (1) beschreibenden Umfelddaten im Rahmen eines
Auswertevorgangs automatische Fahreingriffe und/oder die Ausgabe von Informationen
an den Fahrer beschreibende Steuerdaten ermittelt,
dadurch gekennzeichnet,
dass für wenigstens einen Abschnitt (6) einer durch das Kraftfahrzeug (1) befahrenen Strecke,
der sich im Hinblick auf wenigstens eine im Auswertevorgang relevante Abschnittseigenschaft
von der sonstigen Strecke und/oder von für den Abschnitt (6) bereits vorliegenden
Umgebungsdaten unterscheidet, über Kraftfahrzeug-zu-Infrastruktur-Kommunikation eine
abschnittsspezifische Anpassungsinformation empfangen und zur Anpassung der Umgebungsdaten
und/oder des Auswertevorgangs auf die Abschnittseigenschaft für den Abschnitt (6)
verwendet werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Abschnitt (6) ein Baustellenbereich ist und/oder die Anpassungsinformation auch
eine Ortsinformation des Abschnitts (6) enthält und/oder als Abschnittseigenschaft
eine Breite wenigstens einer Fahrspur (3', 4') und/oder eine zulässige Fahrzeugbreite
und/oder eine geltende Überholverbotsregelung und/oder eine Vorgabe zum versetzten
Fahren und/oder eine Markierungsfarbe für Fahrspurmarkierungen (8) und/oder eine gesperrte
Abzweigung, insbesondere eine Ausfahrt, und/oder eine gesperrte Fahrspur und/oder
eine Geschwindigkeitsbegrenzung verwendet werden.
3. Verfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass bei Empfang einer eine Markierungsfarbe enthaltenden Anpassungsinformation eine Bildauswertung
eines Kamerabildes in dem Abschnitt (6) auf die Markierungsfarbe angepasst wird und/oder
bei Empfang einer ein Überholverbot beschreibenden Anpassungsinformation aufgrund
von über das Kraftfahrzeug (1) vorliegenden Egodaten bestimmt wird, ob das Überholverbot
für das Kraftfahrzeug (1) gilt, wonach es bei Geltung für das Kraftfahrzeug (1) umgesetzt
wird, und/oder ein durch die Anpassungsinformation beschriebenes versetztes Fahren
umgesetzt wird und/oder eine Fahrspur (3', 4') als nicht befahrbar markiert wird,
falls eine in der Anpassungsinformation enthaltene Fahrspurbreite und/oder zulässige
Fahrzeugbreite kleiner als die Fahrzeugbreite des eigenen Kraftfahrzeugs (1) ist,
und/oder eine in der Anpassungsinformation enthaltene Geschwindigkeitsbegrenzung eingehalten
wird und/oder bei Sperrung einer Abzweigung, die aufgrund einer aktuellen Routenplanung
genutzt werden sollte, eine neue Route ermittelt wird und/oder wenigstens eine auf
wenigstens einen Teil der Anpassungsinformation bezogene Anzeigeinformation aus dieser
ermittelt und angezeigt wird.
4. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Anpassungsinformation neben auf die Abschnittseigenschaft bezogenen Daten wenigstens
ein auf den Abschnitt (6) bezogenes Zusatzinformationsdatum enthält, welches zur Ermittlung
und Anzeige einer Anzeigeinformation verwendet wird.
5. Verfahren nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet,
dass bei einem Baustellenbereich als Zusatzinformationsdatum eine Bauzeit und/oder eine
Information zur Notwendigkeit der Bauarbeiten und/oder eine Länge der Baustelle verwendet
wird und/oder bei einer gesperrten Abzweigung als Anpassungsinformation als Zusatzinformationsdatum
wenigstens eine alternative Abzweigung der gesperrten Abzweigung zugeordnet wird.
6. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass bei Empfang einer Anpassungsinformation überprüft wird, ob das Fahrerassistenzsystem
(9) zur Durchführung der Fahrzeugführung innerhalb seiner Systemgrenzen auch unter
Berücksichtigung der Abschnittseigenschaft ausgebildet ist, wobei bei Nichtdurchführbarkeit
der Fahrzeugführung eine Fahrübernahmeaufforderung ausgegeben wird und/oder das Fahrerassistenzsystem
(9) deaktiviert wird.
7. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Anpassungsinformation von einer an dem Abschnitt (6), insbesondere zu Beginn
des Abschnitts (6), angeordneten Infrastruktureinrichtung (10) ausgesendet wird.
8. Kraftfahrzeug (1), umfassend ein zur wenigstens teilweise automatischen Fahrzeugführung
ausgebildetes Fahrerassistenzsystem (9) mit einem zur Durchführung eines Verfahrens
nach einem der Ansprüche 1 bis 6 ausgebildeten Steuergerät (11).