1. Stand der Technik
[0002] Aufbauend auf diesen EMs werden neuartige Ideen und Konzepte vorgestellt, die in
erweiterten Wirkladungen Eingang finden.
2. Problemstellung
[0003] Die bereits bekannten Methoden zur zielangepassten Umschaltbarkeit der Splitterwirkungen
sollen erweitert werden, bzgl.:
- "Pellet-Methode" mit vereinfachter Technologie
- "Pellet-Methode" zur Splitter-Subzerlegung
- Einbeziehung Reaktiver Struktur-Materialien (RSM)
- Kombination: Umschaltbarkeit mit Skalierbarkeit
[0004] Diese neuen Möglichkeiten und Technologien eröffneten sich nicht durch "Nachdenken
am Schreibtisch", sondern erforderten zusätzliche numerische Simulationen bzw. erneute
Versuche zur Validation dieser Ideen.
3. Lösung
[0005] Die genannten Erweiterungen und Neuerungen werden im Folgenden vorgestellt und beschrieben.
3.1 "Luft-Pellet-Methode" zur kontrollierten Splitterbildung
[0006] Die oben in Punkt (1) erläuterte Pellet-Methode (sh. Abbildung 1) erfordert einen
Kunststoff-Hohlzylinder mit Bohrungen (Löcher), welche mit Sprengladungs- (HE = High
Explosive) Pellets gefüllt sind ("Standard-Technologie"). Wird eine mittige Zündkette
gezündet (Abb. 1, nicht skizziert), so läuft die Detonationsfront durch diese HE-Pellets
ungehindert hindurch. Im Kunststoffzylinder selbst, wird die Detonationswelle in eine
langsamere Stoßwelle transformiert. Dies führt dazu, dass sich nach dem zylinderförmigen
Pellethalter zahlreiche Detonationsquellen (in gleicher Anzahl der vorhandenen Pellets)
erzeugt werden (Multi-Punkt-Initiierung, MPI). Diese multiplen Detonationsfronten
überlagern sich und führen so zu hohen Spannungsspitzen, extrem lokalisiert am Ort
der Überlagerungen. Auf diese Weise ergeben sich bestimmte Muster von Spannungskonzentrationen,
durch die schließlich die äußere Ladungshülle gekerbt wird. Die Kerben wiederum wirken
als Sollbruchstellen bei der nachfolgenden Expansion der metallischen Ladungshülle.
Diese zerlegt infolgedessen in kontrollierte Splitter.
[0007] Numerische Simulationen und Versuche zeigten nun aber, das die Sprengladungsfüllung
der Pellet alternativ auch weggelassen, d.h. stattdessen mit "Luft aufgefüllt" werden
kann ("Neue Technologie"). Es war nicht von vorne herein klar, dass dies möglich ist.
Die Funktionsweise ändert sich "global", also im Endeffekt nicht, "lokal" jedoch schon:
Nun kann nämlich
keine Detonationsfront mehr durch die HE-Pellets laufen. Stattdessen bilden sich am Ort der Löcher
schnelle dichte Partikel-Strahlen aus den Sprengladungsschwaden, deren Geschwindigkeit in der gleichen Größenordnung
wie die der Detonationsgeschwindigkeit liegt. Auf diese Weise gelingt es, die Sprengladung
auf der gegenüber liegenden Seite des Loches zu initiieren. Es ergibt sich also ebenfalls
eine Multi-Punkt-Initiierung mit den gleichen Folgen, als wären die Löcher mit HE
gefüllt.
[0008] Natürlich müssen die Auslegungsparameter der neuen Situation angepasst werden. So
geht die Funktionalität zurück, wenn die Lochgröße eine bestimmte kritische Schwelle
unterschritten hat. Typische Lochgrößen liegen bei etwa 5 mm, dies hängt jedoch auch
ab von der äußeren Sprengladung: Initiier-Empfindlichkeit und mechanische Festigkeit.
Allgemein kann gesagt werden, dass, (wie bei den HE-Pellets) nun auch für die "Luft-Pellets"
das ganze Initiier-System parametrisch aufeinander abgestimmt werden muss.
[0009] Der große Vorteil der neuen Methode ist nun, dass man die Löcher nicht mehr mit Sprengladung
auffüllen muss, was Zeit und Kosten spart.
[0010] Abbildung 2 zeigt als Skizze (Querschnitt) eine mögliche Ladungsauslegung mit einer
integrierten Lochmaske. Die zwei angedeuteten Zündketten (ZK1 und ZK2) erlauben die
oben angesprochene Umschaltbarkeit. Die verschiedenen Sprengladungen (HE für Booster,
Übertragerplatte, äußere Sprengladungsschicht und innere Hauptladung) können je nach
Anforderung und Wahl der AuslegungsParameter identisch, oder aber auch (wie angedeutet)
unterschiedlich sein.
[0011] Die prinzipielle Funktionalität mit den beiden Zündketten ist in Abbildung 3 skizziert.
Wird die mittige Zündkette ZK2 initiiert (Abb. 3 links) läuft die Detonationsfront
auf die Lochmaske zu. Es ergeben sich Partikelströmungen in den Löchern, mit einer
nachfolgenden Multi-Punkt-Initiierung. Bei Zündung der stirnseitigen Zündkette ZK1
(Abb. 3 rechts) wird die Detonationsfront gezwungen, um den integrierten Detonationswellenlenker
herum zu laufen. Es ergibt sich relativ zur Lochmaske eine streifende Detonationsfront.
Diese ist nicht in der Lage, Partikelstrahlen aus zu bilden. Es kommt zu keiner Multi-Punkt-Initiierung.
Man kann also mit dieser Lochmasken-Methode hin- und herschalten zwischen einer strukturieren
Detonationsfront, mit einem Muster aus Spannungsspitzen, und einer glatten Detonationsfront,
ohne solche Spannungsspitzen (in den Abbildungen strichliert angedeutet). Entsprechend
lässt sich diese Splitter-Ladung zielangepasst umschalten zwischen den Splitter-Modi:
- Kontrollierte vs. natürliche Splitter, bei einer kontinuierlichen Ladungs-Metallhülle
- Große vs. kleine (zerlegte) Splitter, bei einer Ladungs-Belegung mit großen vorgeformten
Splittern (Konstruktionssplitter)
[0012] Die Umschaltbarkeit lässt sich aber noch durch eine weitere Möglichkeit realisieren.
Abbildung 4 zeigt Ausschnitte der Lochmaske und deutet gleichzeitig skizzenhaft die
Rotation bzw. Verschiebung der beiden Hohlzylinder relativ zueinander an, deren Funktionalität
nun beschrieben wird.
[0013] Der oben beschriebene Hohlzylinder mit den gebohrten Löchern wurde durch eine weiteren
ergänzt. Einer der beiden Hohlzylinder ist mit einem Dreh- und/oder Schiebemechanismus
versehen, so dass beide Zylinder relativ zueinander peripher verdreht bzw. axial verschoben
werden können.
[0014] Die Lochmuster in den beiden Hohlzylindern bestimmen das spätere Muster der kontrollierten
Splitterbildung. Diese Lochmuster können nun zwar beliebig ausgestaltet sein, sollen
aber relativ zueinander dergestalt harmonisiert werden, dass (durch Rotation / Verschiebung)
entweder
alle Löcher geöffnet bzw. verschlossen werden können, oder
nur ein Teil davon geschlossen werden kann, der Rest bleibt offen. Auf diese Weise lässt sich also (mechanisch)
umschalten zwischen den Splitter-Modi:
- Kontrollierte vs. natürliche Splitter, bei einer kontinuierlichen Ladungs-Metallhülle
- Große vs. kleine kontrollierte Splitter, bei einer kontinuierlichen Ladungs-Metallhülle
- Große vs. kleine (zerlegte) Splitter bei einer Ladungs-Belegung mit großen vorgeformten
Konstruktions-Splitter
[0015] Versuche mit der Methode der "Luft-Pellets" haben gezeigt, dass je nach Wahl der
Parameter für die äußere Sprengladung wie: Initiier-Empfindlichkeit / Festigkeit /
mechanische Beschaffenheit etc., diese Sprengladung von der Schwadenströmung auch
rein mechanisch perforiert werden kann, ohne das es zu einer unmittelbaren punktförmigen
Initiierung kommt. Diese findet dann erst zu einem etwas späteren Zeitpunkt statt
(möglicherweise aber zu spät). Eine solche punktförmige initiierung ist in etwa vergleichbar
mit der Initiierung durch einen Hohlladungsstachel. Man kann in einer solchen Situation
dann entweder diese HE-Parameter anpassen (wenn nicht andere Anforderungen das verbieten),
oder alternativ die Lochauslegung in der Lochmaske.
[0016] Abbildung 5 deutet eine solche Möglichkeit an. Die Löcher verjüngen sich vom größeren
Durchmesser D in Richtung der äußeren Sprengladung, auf den geringeren Durchmesser
d. Die Schwadenströmung wird nun abgebremst und gemildert. Je nach Durchmesserverhältnis
D/d ist diese Reduzierung unterschiedlich und kann so auf die Empfindlichkeit der
Sprengladung angepasst werden.
[0017] Eine weitere mögliche Ausgestaltung ist, wenn man die Löcher mit Stegen / "Pfropfen"
am Ende des Kanals abschließt, wie in Abbildung 6 beispielhaft skizziert. Dann wird
die Schwadenströmung gestoppt und in eine Stoßwelle durch diesen Steg transferiert.
Auf der anderen Seite wird dann der Sprengstoff durch diese Stoßwelle initiiert. Der
Steg kann direkt in den Pellethalter integriert sein und aus dem gleichen Material
bestehen. Er kann aber auch aus dichterem Material (z.B. Metalle wie Stahl) ausgestaltet
sein und dann durch die höhere Impedanz (Dichte multipliziert mit Stoßwellengeschwindigkeit)
die punktförmige Initiierung erleichtern. Der "Pfropfen" kann auch als fliegende Platte
ausgestaltet sein, wobei das Loch dann quasi als Beschleunigungsrohr dient. Weitere
Ausgestaltungen dieser Methode sind denkbar, sollen aber hier nicht weiter ausgeführt
werden.
[0018] Abbildung 7 zeigt schließlich eine Skizze (Querschnitt) einer weiteren Ladungsauslegung
mit einer integrierten Lochmaske, diesmal aber mit asymmetrischen Löchern relativ
zur Detonationsfront. Die zweite mittlere Zündkette wurde ersetzt durch eine zweite
stirnseitige Zündkette. Die Richtung der Detonationsfront kann also nun über die Zündung
von ZK1 bzw. ZK2 gewählt werden. Die unterschiedliche Funktionalität der Löcher je
nach Richtung der Detonationsfront ist in Abbildung 8 diskutiert.
[0019] In Abbildung 8 links kommt die Detonationsfront von oben. Die Schwaden strömen in
die asymmetrischen Löcher und initiieren punktförmig die äußere Sprengladung. Es bildet
sich eine strukturierte Detonationsfront aus. Zündet man nun die andere ZK, so kommt
die Detonationsfront von unten. Die Schwaden müssten nun um nahezu 180° um die Lochkanten
strömen. Das Lochmaskenmaterial ist aber so gewählt, dass die Löcher durch die Druckfronten
plastisch verformt (Pfeile) und dadurch verschlossen werden. Die Schwadenströmung
wird also unterbunden und nur die Stoßwelle, die durch das Lochmaskenmaterial propagiert,
initiiert eine unstrukturierte Detonationsfront in der äußeren Sprengladung.
[0020] Natürlich kann diese Methode mit den asymmetrischen Löchern auch kombiniert werden
mit der oben diskutierten Verjüngung der Löcher bzw. mit der Steg-Methode.
[0021] Die Methoden mit den Lochmasken sind hier in
radialen Ladungskonfigurationen mit zylindrischen Metallhüllen beschrieben. Sie können aber
ebenfalls in
axialen Ladungskonfigurationen mit Metallbelegungen (scheibenförmig) angewandt werden. Die
Vorgehensweise bei den Auslegungen zur
axialen Anwendung ist analog zur hier umfassend diskutierten
radialen Anwendung und soll daher nicht weiter diskutiert werden.
3.2 "Luft-Pellet-Methode" zur Splitter-Subzerlegung
[0022] Statt, wie oben erläutert, die schnellen Partikelstrahlen zur Sprengladungsinitiierung
zu nutzen, können sie auch zur Splitter-Subzerlegung eingesetzt werden. Zu diesem
Zweck wird der Lochzylinder im Durchmesser vergrößert und direkt in Kontakt zur äußeren
Metallhülle gebracht (Abbildung 9). Diese besteht nun nicht aus einem kontinuierlichen
Metallmantel, sondern vielmehr aus einzelnen vorgeformten Splittern. Anzahl und Muster
der vorgeformten Konstruktions-Splitter (K-Splitter) des Ladungsmantels harmonieren
mit denjenigen der Löcher in der Lochmaske, so dass jeder einzelne Splitter von einem
Partikelstrahl beaufschlagt wird.
[0023] Die Material-Qualität dieser K-Splitter ist auf die Intensität der Partikelstrahlen
dergestalt abgestimmt, so dass eine direkte Beaufschlagung mit dem "harten" Partikelstrahl
die K-Splitter völlig subzerlegt. Versuche haben gezeigt, dass dazu Sintermetalle
besonders gut geeignet sind. Die Sinterung kann so ("schwach") eingestellt werden,
dass der Zusammenhalt der Sinterteilchen nicht ausreicht, solch aggressive Strahlen
zu überstehen (sh. Abb. 10 links: bei mittiger Initiierung mit ZK2).
[0024] Kommt die Detonationsfront allerdings nicht frontal, sondern streifend (sh. Abb.
10 rechts: bei stirnseitiger Zündung mit ZK1), so bilden sich keine Partikelstrahlen
(oder zumindest nur solche, von geringerer Intensität) aus, die nicht ausreichen,
die K-Splitter in ihrer Integrität zu verändern, sprich sie fliegen als ganze unzerlegte
Splitter weg. Man kann also wieder zwei Splitter-Modi hin- und herschalten:
- Intakte vs. subzerlegte vorgeformte Konstruktions-Splitter
[0025] Sehr kleine Splitter haben ein großes Oberflächen- / Volumenverhältnis und werden
deshalb in der Luft sehr schnell abgebremst, wohingegen große K-Splitter weitgehend
ungebremst und damit sehr weit fliegen. D.h. man kann den Wirkradius in großen Grenzen
(z.B. 100 m vs. 2000 m) hin- und herschalten.
[0026] Eine weitere Ausgestaltung dieser Auslegung ist in Abbildung 11 skizziert. Diesmal
ist die Gestaltung der Löcher in der Lochmaske nicht symmetrisch, sondern asymmetrisch
bzgl. der Richtungen der beiden Detonationsfronten. Die mittige Zündkette wurde durch
eine gegenüberliegende stirnseitige Zündkette ersetzt.
[0027] Abbildung 12 zeigt Ausschnitte der Lochmaske von Abbildung 11 und skizziert die unterschiedliche
Wirkungsweise der Löcher, je nachdem welche ZK gezündet wurde, d.h. von welcher Richtung
die Detonationsfronten kommen (strichliert, deren Propagation ist mit Zahlen angedeutet).
[0028] Wird ZK1 gezündet, können die Partikelstrahlen aus der Detonationsfront in die der
Front zugewandten Löcher einströmen (Abb. 12 links). Das spröde und poröse Splittermaterial
hält dieser Belastung nicht stand, es zerlegt. Bei Zündung von ZK2 hingegen (Abb.
12 rechts), müsste der Partikelstrahl um Ecken von fast 180° strömen, was nicht möglich
ist. Vielmehr ist die Druckbelastung auf die Lochmaske im Bereich der Löcher so groß,
dass das Maskenmaterial (Kunststoffe bzw. niederfeste Metalle) wegfließt und die Löcher
verschließt. Es kommt zu keiner hohen Strahlungsbelastung durch die Schwaden-Partikel
und der Splitter bleibt integer und fliegt als Ganzes weg.
[0029] Eine weitere Möglichkeit eine Umschaltung zu realisieren, besteht in der Anwendung
der oben bereits erwähnten doppelten Lochmaske, bestehend aus relativ zueinander beweglichen
Doppelzylindern (Ausschnitte der Doppel-Lochmaske und ihre Funktionalität in Abb.
13). Auch hier kann man durch relative Rotation und/oder Verschiebung der beiden Lochmasken
zueinander (vorteilhafterweise die innere relativ zur äußeren), entweder
alle, oder
nur einen Teil der Löcher verschließen bzw. offen lassen, je nach Auslegung und Harmonisierung der
beiden Lochmuster.
[0030] Man kann mit dieser Methode hin- und herschalten zwischen den Splitter-Modi:
- Intakte vs. subzerlegte vorgeformte Konstruktions-Splitter
- Teilweise intakte vs. teilweise subzerlegte vorgeformte Konstruktions-Splitter
3.3 "Luft-Pellet-Methode" mit Reaktiven Struktur-Materialien (RSM)
[0031] Neben Sprengladungen als schnelle Energielieferanten, haben zwar metallischinerte,
aber chemisch reaktive Materialien zunehmend an Bedeutung für den Einsatz in Wirksystemen
gewonnen. Diese Materialien können wegen ihrer zumeist hohen Festigkeit und Dichte
auch als (reaktive) Strukturmaterialien (RSM, z.B. als Ladungshüllen) eingesetzt werden.
[0032] Man kann folgende Reaktive Materialien unterscheiden:
- Inter-Metalle (z.B. Ni/Al)
- Metastabile Intermolekulare Verbindungen oder Thermite (z.B. FeO2/Al)
- Verbindungen von Metall-Halogeniden (z.B. Mo/Ti & Teflon)
- Poröse, reaktive Sintermetalle (z.B. Mo, WSM)
[0033] Es handelt sich also zumeist um Metallverbindungen, die entweder, wie Sprengladungen,
ihren Sauerstoff (allg. Oxidator) mittragen (zumindest Teile davon), oder aber um
solche, die den Sauerstoff der Luft benötigen. Erstere müssen durch die Stoßwelle,
die die Detonationsfront erzeugt, zur Reaktion getriggert werden (so genannte Schock-induzierte
Reaktion). Letztere werden durch die Stoßwelle nur aufgeheizt und subzerlegt, um dann
mit dem Sauerstoff der Luft zu reagieren.
[0034] Dies bietet mit den oben vorgestellten Technologien weitere VariationsMöglichkeiten:
Schock-induzierte Reaktion
[0035] Die oben genannten vielfältigen Technologien zur Umschaltbarkeit stellen Möglichkeiten
zur Verfügung (sh. insbesondere Abschnitt 3.2), zwischen zwei Detonationsfronten hin
und her zuschalten:
- Streifende, unstrukturierte Detonationsfront, die Stoßwellen geringerer Amplituden
erzeugt
- Frontale, strukturierte und aggressive Detonationsfront, die entsprechend harte (zumeist
lokal wirkende) Stoßwellen mit Spannungsspitzen hoher Amplituden erzeugt
[0036] Harmonisiert man nun das Reaktive Material entsprechend so, dass eine harte Stoßwelle
die Reaktion triggert (stoßwellen-induziert), eine schwache streifende hingegen nicht,
so kann man hin- und herschalten zwischen den Splitter-Modi:
- Stoßwellen-induziert reagierender Splitter, der im Nahabstand Blast-Energie liefert,
im Fernabstand keine Wirkung hat, da er abreagiert ist.
- Nicht zur Reaktion getriggerter Splitter, der im Nah- und Fernabstand wie ein normaler
mechanischer Splitter wirkt.
Subzerlegung und anschließende Nachreaktion mit Luftsauerstoff
[0037] Die oben genannten vielfältigen Technologien zur Umschaltbarkeit (sh. insbesondere
Abschnitt 3.2) stellen Möglichkeiten zur Verfügung, gesinterte Splitter intakt zu
lassen bzw. zu subzerlegen. Hier ist beispielsweise die oben diskutierte Möglichkeit
mit Partikelstrahlen zu nennen. Der Splitter wird nun aus Reaktivem Material derart
gesintert, dass er durch den aufgeschalteten Partikelstrahl subzerlegt, bzw. bei geschlossenem
Lochmuster, diesem Partikelstrahl nicht ausgesetzt wird und daher intakt bleibt. Eine
gründliche Subzerlegung ist notwendig, wen man die dabei erzeugten reaktiven Metallpartikel
mit dem Luftsaurestoff abreagieren lassen möchte. Die Stoßwelle heizt das Material
soweit auf, dass die Reaktion mit dem Sauerstoff getriggert wird.
[0038] Man kann also hin- und herschalten zwischen den Splitter-Modi:
- Subzerlegung des Splitters mit anschließender Nachverbrennung mit Luftsauerstoff
- Keine Subzerlegung; Splitter wirkt wie normaler inerter vorgeformter Splitter.
[0039] Zusammenfassend bieten also die Möglichkeiten der Kombination von Material einerseits:
- Splitterhülle von ausschließlich inertem, ausschließlich reaktivem bzw. Mischungen
zwischen beiden. Vorgeformte Splitter bzw. kontinuierliche Metallhülle
mit den Möglichkeiten der Sprengladungs-Beeinflussungen andererseits:
- Detonationsfronten / Stoßwellenfronten mit oben genannten Technologien
eine enorme Erweiterung des Spektrums der Umschaltbarkeit der Splitterwirkungen.
[0040] Eine weitere Kombinationsmöglichkeit soll nun im letzten Punkt genannt werden.
3.4 Kombination von Umschaltbarkeit und Skalierbarkeit
[0041] Abbildung 14 skizziert (exemplarisch für alle weiteren möglichen Kombinationen) ein
Wirksystem, das die Umschaltbarkeit mit der Lochmasken-Methode (wie unter Abschnitt
3.2 beschrieben), mit der aus der Technik bereits bekannten Skalierbarkeit, mit Hilfe
einer integrierten Detonationsschnur, kombiniert.
[0042] Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass eine integrierte, beispielsweise mittige
Detonationsschnur wie in Abbildung 14 angedeutet, eine Sprengladung deflagrativ mit
geringer Energiefreisetzungsrate umsetzen kann, ohne dass es zu einer Detonation kommt.
Die zweite hier skizzierte Technologie ist die umschaltbare Subzerlegung durch Partikelstrahlen.
[0043] Es kann aber genauso gut die oben beschriebene Lochmaske zur Multi-Punkt-Initiierung
herangezogen werden, um so eine Überlagerung von Detonationsfronten mit kontrollierter
Zerlegung der Hülle herbeizuführen. Dem findigen Konstrukteur bleibt es überlassen,
jedwede weitere Kombinationen der vorgestellten Technologien zu benutzen, um so das
Spektrum der Anpassbarkeit und Umschaltbarkeit zu erweitern.
[0044] An dieser Stelle sei nur
eine Möglichkeit beschrieben, wie exemplarisch in Abbildung 14 gezeigt.
[0045] Man hat hier insgesamt drei Zündketten (ZK):
- Die stirnseitige ZK1 initiiert eine streifende Detonationsfront. Sie bildet keine
Partikelströmung in den Löchern und beschleunigt nur die vorgeformten Splitter
- Die mittige ZK2 initiiert eine mittige Detonationsfront, die frontal zur Außenhülle
läuft. In den Löchern entstehen Partikelströmungen, die die entsprechend schwach gesinterten
vorgeformten Splitter subzerlegen.
- Alternativ: Bei Einsatz einer inneren Lochmaske entsteht eine Multi-Punkt-Initiierung,
welche eine kontinuierliche Metallhülle kontrolliert zerlegen würde.
- Die gegenüberliegende ZK3 initiiert schließlich die Detonationsschnur, die die Sprengladung
deflagrativ umsetzt, die vorgeformten Splitter integer lässt, und sie auf weitaus
geringere Geschwindigkeit beschleunigt.
- Weitere Kombinationsmöglichkeiten bieten sich durch den (optional gemischten) Einsatz
von vorgeformten Splittern aus Reaktivem Material (optional gemischt mit Inertem Material).
[0046] Weitere Möglichkeiten ergeben sich bei Zündung zweier (oder aller) Zündketten mit
entsprechenden
relativen Zeitverzögerungen.
[0047] Beispiele:
- Zündung von ZK3 und nach einer Zeitverzögerung von ZK1: Ein unterer Teil der Ladung
deflagriert und der obere detoniert: Kombination von langsamen und schnellen vorgeformten
Splittern. Die Zeitverzögerung bestimmt das Mischungsverhältnis.
- Zündung von ZK3 und nach einer Zeitverzögerung von ZK2: Ein unterer Teil der Ladung
deflagriert und der obere detoniert: Kombination von langsamen vorgeformten Splittern
und schnellen subzerlegten Splittern (die nachreagieren könnten, bei Einsatz von RSM).
Die Zeitverzögerung bestimmt das Mischungsverhältnis.
Bezugszeichen
[0048]
- A
- Ausnehmung, Durchbruch
- d, D
- Querabmessung von A
- H
- Halterung
- HE1, HE2
- Teile der Sprengladung
- HE3
- Verteilerladung
- HU
- Hülle
- L
- Längsachse
- O
- Oberfläche der Halterung
- T
- Quersteg(e)
- T1, T2
- Teile der Halterung
- ZK1, ZK2, ZK3
- Zündeinrichtungen
- α
- Neigungswinkel der Durchbrüche
1. Umschaltbare zylindrische Wirkladung eines Gefechtskopfes umfassend eine rohrförmige
und zumindest aus einem Teil bestehende Halterung (H) mit einer Vielzahl von Ausnehmungen
(A), wobei Halterung (H) innerhalb einer splitterbildenden Hülle (HU) des Gefechtskopfes
angeordnet ist, wobei die Halterung aus einem die Detonationsfront stark dämpfenden
Material besteht, und wobei in der Wirkladung wenigstens zwei Zündeinrichtungen (ZK1,
ZK2) im Bereich der Längsachse (L) der Wirkladung angeordnet sind,
dadurch gekennzeichnet, dass die Ausnehmungen (A) als Durchbrüche durch die Halterung (H) ausgeführt sind, deren
Vorzugsrichtung etwa senkrecht zur inneren oder äußeren Oberfläche (O) der Halterung
verläuft, und die eine Öffnungsweite im Bereich von 3 mm bis 10 mm aufweisen, und
wobei die Halterung (H) zwischen einem inneren Teil (HE1) und einem äußeren Teil (HE2)
der Sprengladung angeordnet ist.
2. Umschaltbare zylindrische Wirkladung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Durchbrüche (A) eine sich von der inneren zur äußeren Oberfläche der Halterung
hin verjüngende Querabmessung (D, d)) aufweisen.
3. Umschaltbare zylindrische Wirkladung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Durchbrüche (A) im Bereich der äußeren Oberfläche (O) der Halterung (H) angeordnete
Querstege (T) aufweisen.
4. Umschaltbare zylindrische Wirkladung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Querstege (T) aus Metall bestehen.
5. Umschaltbare zylindrische Wirkladung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorzugsrichtung der Durchbrüche (A) bezüglich der Senkrechten auf die innere
oder äußere Oberfläche (O) der Halterung (H) einen spitzen Winkel (α) aufweist.
6. Umschaltbare zylindrische Wirkladung eines Gefechtskopfes umfassend eine rohrförmige
und zumindest aus einem Teil bestehende Halterung (H) mit einer Vielzahl von Ausnehmungen
(A), wobei Halterung (H) innerhalb einer splitterbildenden Hülle (HU) des Gefechtskopfes
angeordnet ist, wobei die Halterung (H) aus einem die Detonationsfront stark dämpfenden
Material besteht, und wobei in der Wirkladung wenigstens zwei Zündeinrichtungen (ZK1,
ZK2) im Bereich der Längsachse (L) der Wirkladung angeordnet sind,
dadurch gekennzeichnet, dass die Ausnehmungen (A) als Durchbrüche (A) durch die Halterung (H) ausgeführt sind,
deren Vorzugsrichtung etwa senkrecht zur inneren oder äußeren Oberfläche (O) der Halterung
verläuft, und die eine Öffnungsweite im Bereich von 3 mm bis 10 mm aufweisen, und
wobei die Halterung (H) an der Innenseite der Hülle (HU) formschlüssig anliegt.
7. Umschaltbare zylindrische Wirkladung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülle (HU) aus Sintermaterial besteht.
8. Umschaltbare zylindrische Wirkladung nach Anspruch 1 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Halterung (H) aus zwei ineinander liegenden und gegeneinander umpositionierbaren
Teilen (T1, T2) besteht und jedes der Teile (T1, T2) eine Vielzahl von Durchbrüchen
(A) aufweist.
9. Umschaltbare zylindrische Wirkladung nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass in zumindest einem Teil (T1, T2) der Halterung (H) die Durchbrüche (A) eine sich
von der inneren zur äußeren Oberfläche der Halterung hin verjüngende Querabmessung
(d, D) aufweisen.
10. Umschaltbare zylindrische Wirkladung nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die örtliche Verteilung der Durchbrüche (A) auf den umpositionierbaren Teilen (T1,
T2) der Halterung (H) gleich oder unterschiedlich ist.