[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur papierlosen Inbetriebnahme einer
Steuerungseinheit, insbesondere einer MiniLEU S11, einer LEU S21 und eines MSTT Signal,
für eine Zugsicherungskomponente, insbesondere eine ETCS Balise, ein Signal, eine
Weiche.
[0002] Im Besonderen im Wege der Nach- und Aufrüstung sowie des Neubaus von Eisenbahnstrecken
gemäss dem neuen europaweit gültigen Zugsicherungssystem ETCS (European Train Control
System) besteht ein hoher Bedarf, die entsprechenden Zugsicherungseinheiten, wie ETCS-Balisen,
Signale, Bahnübergänge, Achszähler und Weichen, und ihre zugehörigen Steuerungseinheiten,
wie z.B. von der Siemens AG unter den Namen MiniLEU S11, LEU S21 und MSTT Signal angeboten,
in den Strecken zu verbauen und gemäss der Projektierung mit den entsprechenden Steuerungsdaten
zu programmieren. Bei der nachfolgenden Abnahme dieser Steuerungseinheiten ist ein
hoher Sicherheitslevel gemäss SIL4 zu erreichen, damit der Infrastrukturbetreiber
von einer entsprechend hohen Zuverlässigkeit und hohen geforderten Sicherheit der
abzunehmenden Steuerungseinheiten ausgehen kann.
[0003] Der Prozess zur Inbetriebnahme/Abnahme einer gleisseitigen Steuerungseinheit sah
es bisher vor, dass das Inbetriebsetzungspersonal ausgedrückte Prüfblätter, auf denen
die erwarteten Prüfsummen zur Kontrolle der auf die Steuerungseinheit geladenen Projektierungsdaten
vorgedruckt waren, mit hinaus zu dem zugehörigen Streckenpunkt (Streckenpunkt ist
dabei die Gesamtheit aus der Steuerungseinheit und der Zugsicherungseinheit) nehmen
und nach erfolgreicher Konfiguration der Steuerungseinheit (des Zielgeräts) unterschreiben
und dann archivieren musste. Angesichts der Vielzahl von in Betrieb zunehmenden Streckenpunkten
und angesichts des dem Wetter mehr oder weniger schutzlos ausgesetzten Inbetriebsetzungspersonal
ist es leicht vorstellbar, dass der Einsatz der papiernen Prüfblätter zu Verwechslungen
und/oder Verschmutzungen und/oder Aufweichungen durch Schnee/Regen führen konnte.
[0004] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur papierlosen
Inbetriebnahme einer Steuerungseinheit für eine Zugsicherungskomponente anzugeben,
die dem Inbetriebnahme die Vornahme der Inbetriebnahme erleichert und dabei gleichzeitig
den geforderten Sicherheitslevel gemäss SIL4 einhält. Die Steuerungseinheit wird im
Sinne dieser Anmeldung auch synonym als Zielsystem angesehen.
[0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss durch ein Verfahren zur papierlosen Inbetriebnahme
einer Steuerungseinheit, insbesondere einer MiniLEU S11, einer LEU S21 und eines MSTT
Signal, für eine Zugsicherungskomponente, insbesondere eine ETCS Balise, ein Signal,
eine Weiche, einen Bahnübergang, einen Achszähler, gelöst, welches die folgenden Schritte
umfasst:
a) Bereitstellen von prüfungsrelevanten Daten mittels eines Projektierungswerkzeugs
für ein Programmierwerkzeug, wobei die prüfungsrelevanten Daten die Steuerungsdaten
für die Zugbeeinflussungseinheit, eine Vorlage für ein zweites Prüfprotokoll und verschlüsselte
Sollwerte von Prüfsummen zur Kontrolle des korrekten Ladens der Steuerungsdaten auf
die Steuerungseinheit;
b) Programmieren der Steuerungseinheit durch das Programmierwerkzeug mit den vom Projektierungswerkszeug
bereitgestellten Steuerungsdaten;
c) Berechnen von Prüfsummen für die programmierten Steuerungsdaten auf der Steuerungseinheit
anhand eines dem Programmierwerkzeug unbekannten Schlüssels und Übertragen dieser
berechneten Prüfsummen auf das Programmierwerkzeug;
d) Vergleichen der berechneten Prüfsummen mit den verschlüsselten Sollwerten für die
Prüfsummen im Rahmen eines ersten Prüfprotokolls zur Bereitstellung eines zweiten
Prüfprotokolls auf dem Programmierwerkzeug;
e) Darstellen des Ergebnisses des ersten Prüfprotokolls auf dem Programmierwerkzeug
und Quittieren einer Übereinstimmung der berechneten Prüfsummen und des verschlüsselten
Sollwerts für die Prüfsummen durch einen Prüfer,
f) Erstellen des zweiten Prüfprotokolls anhand der vom Projektierungswerkzeug gelieferten
Vorlage für das zweite Prüfprotokoll unter Hinzufügen der Identität des Prüfers sowie
der berechneten Prüfsummen und der verschlüsselten Sollwerte für die Prüfsummen isoliert
auf dem Programmierwerkzeug; und
g) Übertragen des zweiten Prüfprotokolls vom Programmierwerkzeug an eine Datenbank
und Archivieren des zweiten Prüfprotokolls in der Datenbank.
[0006] Auf diese Weise gelingt es mit diesem Verfahren unter Einsatz des Programmiergeräts
den Streckenpunkt papierlos in Betrieb nehmen zu können bzw. mit anderen Wort gesprochen
seine fehlerfreie Programmierung garantieren zu können. Das Inbetriebsetzungspersonal
ist nur noch einmal aufgefordert, im Rahmen des bereitgestellten zweiten Prüfprotokolls
die Übereinstimmung der berechneten Prüfsummen mit den verschlüsselten Sollwerten
für die Prüfsummen zu quittieren. Das erste Prüfprotokoll kann dabei in sehr einfacher
Form auf dem Programmierwerkzeug angezeigt werden, z.B. "Prüfsummenvergleich OKAY".
[0007] Ein besonders vorteilhafte Ausgestaltung des vorliegenden Verfahrens kann erzielt
werden, wenn die verschlüsselten Sollwerte für die Prüfsummen in nicht maschinell
les- und auswertbarer an das Programmierwerkzeug übertragen werden. Auf diese Weise
ist es sichergestellt, dass die berechnete IST-Prüfsumme auch tatsächlich von der
Steuerungseinheit ermittelt wurde und nicht über einen wie auch immer gearteten Fehler
irrtümlich die als Vorgabe im Programmierwerkzeug enthaltene verschlüsselten Sollwerte
für die Prüfsummen auch als ISTWerte ausgegeben werden. Dieses Vorgehen ist besonders
darum relevant, weil die Steuerungsdaten und die damit implementierten Steuerungseinheiten
dem höchsten Sicherheitslevel im Eisenbahnbereich, SIL4, entsprechen müssen, wobei
das eingesetzte Programmierwerkzeug und die Software für die Konfiguration der Steuerungseinheit
aber keinerlei Sicherheitslevel im Sinne eine SIL-Levels erfüllen müssen.
[0008] In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung dieser Varianten kann es dann vorgesehen
sein, dass die verschlüsselten Sollwerte für die Prüfsummen in Form eines eingebundenen
Bildes übertragen werden. Derartige Bilder sind für das Programmierwerkzeug elektronisch
weder les- noch auswertbar.
[0009] Zur Übermittlung des Prüfprotokolls kann es in vorteilhafter Weise vorgesehen sein,
dass das zweite Prüfprotokoll in Form einer vektorbasierten Seitenbeschreibungssprache,
vorzugsweise im pdf-Format, erstellt wird.
[0010] Bevorzugte Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung werden nachfolgend anhand
der Zeichnung näher erläutert. Dabei zeigt die Figur in schematischer Weise den Ablauf
des erfindungsgemässen Verfahrens.
[0011] Die Figur zeigt in schematischer Weise den Ablauf des Verfahrens zur papierlosen
Inbetriebnahme eines Streckenpunktes, wie z.B. einer Transparentdaten-ETCS-Balise
als Zugbeeinflussungseinheit mit ihrer zugehörigen Steuerungseinheit 20 - auch Zielsystem
genannt.
[0012] In einem ersten Schritt 1 stellt ein Projektierungswerkzeug 10 prüfungsrelevante
Daten für ein Programmierwerkzeug 12 bereit. Das Projektierungswerkzeug 10 kann dabei
beispielsweise an ein Stellwerk oder ein Leitsystem ankoppeln, von dem es die entsprechenden
prüfungsrelevanten Daten erhält. Alternativ kann aber die Projektierungswerkszeug
10 auch dazu ertüchtigt sein, dass mit diesem Werkzeug die prüfungsrelevanten Daten
generiert werden können. Unter den prüfungsrelevanten Daten werden im Sinne der vorliegenden
Erfindung Steuerungsdaten 14 für die Zugbeeinflussungseinheit (auch als Zielsystem
bezeichnet), eine Vorlage 16 für ein zweites Prüfprotokoll und verschlüsselte Sollwerte
18 von Prüfsummen zur Kontrolle des korrekten Ladens der Steuerungsdaten 14 auf die
Steuerungseinheit 20.
[0013] In einem zweiten Schritt 2 wird die Steuerungseinheit 20 durch das Programmierwerkzeug
12 mit den vom Projektierungswerkzeug 10 bereitgestellten Steuerungsdaten 14 programmiert.
Hierzu kann es vorgesehen sein, dass das Inbetriebnahmepersonal das Programmierwerkzeug
12 drahtgestützt oder auch wireless vor Ort an die Steuerungseinheit 20 ankoppelt
und die Daten über die entsprechende Schnittstelle überträgt.
[0014] In einem dritten Schritt berechnet nun die Steuerungseinheit Ist-Prüfsummen 22 für
die programmierten Steuerungsdaten 14 auf der Steuerungseinheit 20 anhand eines dem
Programmierwerkzeug 12 unbekannten Schlüssels 24. Auf diese Weise ist mit dem geforderten
Sicherheitslevel von SIL4 sichergestellt, dass das nicht sichere Programmierwerkzeug
12 nicht in der Lage ist, die korrekten Ist-Prüfungsummen 22 selber zu ermitteln.
Die von der Steuerungseinheit 20 berechneten Ist-Prüfungsummen (es kann auch nur eine
einzige Prüfsumme sein) werden dann auf das Programmierwerkzeug 12 übertragen.
[0015] In einem vierten Schritt 4 stellt das Programmierwerkzeug 12 ein erstes Prüfprotokoll
28 zusammen, indem es die ermittelten Ist-Prüfsummen 22 mit den Sollwerten 18 für
die Prüfsummen automatisch vergleicht. Wichtig für die Erreichung des Sicherheitsziels
SIL4 ist dabei, dass das Programmierwerkzeug 12 die Sollwerte 18 nie im Klartext (im
Sinne von maschinenles- und auswertbar) zur Verfügung hat, sondern durch eine vorgebbare
Verknüpfung der von der Steuerungseinheit 20 ermittelten IST-Prüfsummen 22 mit den
von dem Projektierungswerkzeug gelieferten und mit einem dem Programmierwerkzeug 12
nicht bekannten Schlüssel 26 verschlüsselten Sollwerte 18 für die Prüfsummen im Falle
einer korrekten Programmierung der Steuerungseinheit 20 auf einen vordefinierten konstanten
Wert kommt. Die Prüfung ist dann abgeschlossen, wenn dieser vordefinierte konstante
Wert erreicht worden ist.
[0016] In einem fünften Schritt 5 werden die berechneten Prüfsummen 22 und die verschlüsselten
Sollwerte 18 für die Prüfsummen auf dem Programmierwerkzeug 12 für das Inbetriebnahmepersonal/Prüfer
29 angezeigt. Dies kann zum Beispiel auch nur in der vereinfachten Form erfolgen,
dass das Programmiergerät anzeigt "Prüfsumme(n) OKAY". Dabei sind die Sollwerte 18
für die Prüfsummen von dem Projektierungswerkzeug 10 so an das Programmierwerkzeug
12 geliefert worden, dass die Sollwerte 18 nicht direkt maschinell les- und auswertbar
ist, aber für das Inbetriebnahmepersonal trotzdem dargestellt werden kann, z.B. in
Form eines eingebundenen Bildes. Das Inbetriebnahmepersonal hat dieses zweite Prüfprotokoll
dann zu quittieren, wobei es im vorliegenden Ausführungsbeispiel überhaupt nur zu
einer Anzeige des zweiten Prüfprotokolls kommt, wenn die Übereinstimmung der berechneten
Prüfsummen 22 und der verschlüsselten Sollwerte 18 für die Prüfsummen gegeben ist.
Im Rahmen dieser Quittierung wird mit Bezug auf das zweite Prüfprotokoll auch der
Name 30 des quittierenden Prüfers hinterlegt.
[0017] Mit diesen Angaben erstellt das Programmierwerkzeug 12 in einem sechsten Schritt
67 unter Rückgriff auf die bereits übermittelte Vorlage 16 ein zweites Prüfprotokoll
32 in Form einer pdf-Datei unter Hinzufügen der Identität/Namen 30 des Prüfers sowie
der berechneten Prüfsummen 22 und der verschlüsselten Sollwerte 18 für die Prüfsummen.
Auch hierbei wird wie schon weiter oben beschrieben ein besonderes Verfahren angewendet,
um sicherzustellen, dass die im zweiten Prüfprotokoll 32 enthaltene Soll-Prüfsumme
18 nicht direkt von dem nicht-sicheren Programmierwerkzeug 12 verwendet werden kann.
Die Soll-Prüfsumme 18 kann diesbezüglich also beispielsweise als nicht direkt maschinell
les- und auswertbares Bild bereitgestellt werden. Die Erzeugung der pdf-Datei für
das zweite Prüfprotokoll 32 kann daher auf dem Programmierwerkzeug 12 als eigener
Prozess implementiert, der abgeschottet von der übrigen Datenverarbeitung ausgeführt
wird.
[0018] In einem weiteren Schritt 7 kann das erzeugte zweite Prüfprotokoll 32 optional noch
mit einer elektronischen Signatur signiert werden. Wird dies mit einer entsprechenden
vertrauenswürdigen PKI-Infrastruktur ausgeführt, wird hiermit dieselbe Verbindlichkeit
wie die einer händischen Unterschrift auf Papier erreicht. Ausserdem wird das zweiten
Prüfprotokoll 32 in diesem Schritt vom Programmierwerkzeug 12 an eine Datenbank 36
übertragen und dort archiviert.
1. Verfahren zur papierlosen Inbetriebnahme einer Steuerungseinheit (20), insbesondere
einer MiniLEU S11, einer LEU S21 und eines MSTT Signal, für eine Zugsicherungskomponente,
insbesondere eine ETCS Balise, ein Signal, eine Weiche, umfassend die folgenden Schritte:
a) Bereitstellen von prüfungsrelevanten Daten mittels eines Projektierungswerkzeugs
(10) für ein Programmierwerkzeug (12), wobei die prüfungsrelevanten Daten die Steuerungsdaten
(14) für die Zugbeeinflussungseinheit, eine Vorlage (16) für ein zweites Prüfprotokoll
(32) und verschlüsselte Sollwerte (18) von Prüfsummen zur Kontrolle des korrekten
Ladens der Steuerungsdaten (14) auf die Steuerungseinheit (20);
b) Programmieren der Steuerungseinheit (20) durch das Programmierwerkzeug (12) mit
den vom Projektierungswerkszeug (10) bereitgestellten Steuerungsdaten (14);
c) Berechnen von Ist-Prüfsummen (22) für die programmierten Steuerungsdaten (14) auf
der Steuerungseinheit (20) anhand eines dem Programmierwerkzeug (12) unbekannten Schlüssels
(24) und Übertragen dieser berechneten Prüfsummen (22) auf das Programmierwerkzeug
(12);
d) Vergleichen der berechneten Prüfsummen (22) mit den verschlüsselten Sollwerten
(18) für die Prüfsummen im Rahmen eines ersten Prüfprotokolls zur Bereitstellung eines
zweiten Prüfprotokolls (28) auf dem Programmierwerkzeug (12);
e) Darstellen des Ergebnisses des ersten Prüfprotokolls auf dem Programmierwerkzeug
(12) und Quittieren einer Übereinstimmung der berechneten Prüfsummen (22) und des
verschlüsselten Sollwerts (18) für die Prüfsummen durch einen Prüfer (29),
f) Erstellen des zweiten Prüfprotokolls (32) anhand der vom Projektierungswerkzeug
(10) gelieferten Vorlage (16) für das zweite Prüfprotokoll (32) unter Hinzufügen der
Identität (30) des Prüfers (29) sowie der berechneten Prüfsummen (22) und der verschlüsselten
Sollwerte (18) für die Prüfsummen isoliert auf dem Programmierwerkzeug (12); und
g) ggfs. Übertragen des zweiten Prüfprotokolls (32) vom Programmierwerkzeug (12) an
eine Datenbank (36) und Archivieren des zweiten Prüfprotokolls (32) in der Datenbank
(36).
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
die verschlüsselten Sollwerte (18) für die Prüfsummen in nicht maschinell les- und
auswertbarer an das Programmierwerkzeug (12) übertragen werden.
3. Verfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
die verschlüsselten Sollwerte (18) für die Prüfsummen in Form eines eingebundenen
Bildes übertragen werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, dass
das zweite Prüfprotokoll (32) in Form einer vektorbasierten Seitenbeschreibungssprache,
vorzugsweise im pdf-Format, erstellt wird.