(19)
(11) EP 2 939 898 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.11.2015  Patentblatt  2015/45

(21) Anmeldenummer: 15162533.2

(22) Anmeldetag:  07.04.2015
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B61F 3/06(2006.01)
B61F 5/38(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA

(30) Priorität: 28.04.2014 DE 102014207907

(71) Anmelder: Voith Patent GmbH
89522 Heidenheim (DE)

(72) Erfinder:
  • Foedtke, Jost
    24214 Gettorf (DE)
  • Auer, Wolfgang
    34119 Kassel (DE)
  • Herbst, Andreas
    24223 Schwentinental (DE)
  • Herbst, Torsten
    24106 Kiel (DE)

   


(54) FAHRWERK FÜR SCHIENENFAHRZEUGE MIT DREI RADSÄTZEN


(57) Die Erfindung bezieht sich auf ein Fahrwerk für Schienenfahrzeuge mit drei Radsätzen, wobei die Radsätze, gebildet durch einen Mittelradsatz und zwei Endradsätze, in einem Fahrwerkrahmen angeordnet sind, jeweils ein Radsatzlagergehäuse umfassen, wobei zumindest die beiden Endradsätze bei Kurvenfahrt gegenüber der Längsrichtung des Fahrwerkrahmens ausdrehbar sind.
Die Grundidee der Lösung ist eine neuartige mechanische Kopplung der Bewegungen der drei Radsätze (3, 4, 5) bezüglich der Gleisebene. An den Radsatzlagergehäusen (9, 10, 11) werden dazu spezielle Führrahmen (12, 13, 14, 15) befestigt. Die Kopplung zweier einander benachbart im Fahrzeug eingebauter Radsätze (erster Endradsatz (3) mit Mittelradsatz (4) bzw. Mittelradsatz (4) mit zweitem Endradsatz (5)) erfolgt, indem deren einander zugewandte Führrahmen (12, 13, 14, 15) bezüglich der Fahrzeuglängsrichtung mittig zwischen beiden Radsätzen bzw. in unmittelbarer Nähe dazu mit einem oder mehreren Kopplungselementen (20, 21) verbunden werden.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Fahrwerk für Schienenfahrzeuge mit drei Radsätzen, wobei die Radsätze, gebildet durch einen Mittelradsatz und zwei Endradsätze, in einem Fahrwerkrahmen angeordnet sind, jeweils ein Radsatzlagergehäuse umfassen, wobei zumindest die beiden Endradsätze bei Kurvenfahrt gegenüber der Längsrichtung des Fahrwerkrahmen ausdrehbar sind.

[0002] An Drehgestelle für Schienenfahrzeuge wird oft die Anforderung gestellt, dass hohe Kurvengeschwindigkeiten in zumeist engen Kurven bewältigbar sind. Dazu ist ein einstellbares zweiachsiges Drehgestell bekannt, wie es in der CH 670 228 A5 beschrieben ist. Bei diesem zweiachsigen Drehgestell werden die Radsätze beim Durchfahren von Kurven jeweils selbsttätig, ohne Steuer- oder Regelaufwand, insbesondere ohne zusätzliche Verstelleinrichtungen, im Wesentlichen radial zu der zu durchfahrenden Kurve eingestellt. Dabei sind die Radsätze über den Antrieb mittels Schräglenker derart an dem Drehgestell angeordnet, dass eine Drehbewegung um eine vertikale Achse (Hochachse) um das Zentrum des Radsatzes möglich ist.

[0003] Ferner ist aus der DE 41 40 126 A1 ein dreiachsiges Drehgestell bekannt, das eine Radialsteuerung zur radialen Auslenkung der Radsätze des Drehgestells aufweist. Dabei sind die Radsätze elastisch am Fahrwerkrahmen gelagert, wobei mittels Lenkgestänge, Längslenker, Lenkerstangen, Koppelstangen und Winkelhebeln mit daran angeordneten Armen die radiale Auslenkung der Radsätze ermöglicht wird.

[0004] Bei diesem dreiachsigen Drehgestell ist die Radialeinstellung der Radsätze zwar möglich, jedoch besteht der Nachteil darin, dass das Steuergestänge neben den auftretenden Koppelkräften zusätzlich Kräfte aus der Traktion aufnehmen bzw. übertragen muss.

[0005] Aus der EP 0094 548 A2 ist ebenfalls ein Drehgestell mit drei Radsätzen bekannt, wobei die äußeren Radsätze (Endradsätze) über ein Führungselement als Übertrager mit dem Fahrwerkrahmen verbunden sind. Der mittlere Radsatz ist über seitliche Führungselemente mit dem Fahrwerkrahmen gekoppelt. Die Radsätze untereinander sind über Koppelelemente miteinander verbunden. Der mittlere Radsatz ist durch an jeder Seite in Fahrzeuglängsrichtung angeordnetes Führungselement mit dem Fahrwerkrahmen gekoppelt. Nachteilig wirkt sich aus, dass der Antrieb an Endradsatz und Mittelradsatz verschieden ist: An den Endradsätzen sind nach außen die Zugkraftanlenkungen und nach innen die Anschlüsse für die Querlenker angeordnet. Am Mittelradsatz befinden sich auf beiden Seiten Anschlüsse für Querlenker. Dadurch besteht keine Tauschbarkeit zwischen End- und Mittelradsatz. Ein Antrieb hat die Aufgabe, Drehmomente auf den Radsatz zu übertragen und Zugkräfte in Längsrichtung zu erzeugen. Steuerkräfte in Querrichtung sind eine Belastungsart, für die der Antrieb normalerweise nicht ausgelegt ist. Ein weiterer Nachteil besteht folglich darin, dass der Antrieb für diese ungewöhnliche Belastungsrichtung dimensioniert werden muss und insbesondere die Antriebslager diese Kräfte übertragen können müssen.

[0006] Die Gleiskräfte und der Verschleiß werden verringert, wenn sich die Radsätze radial einstellen, das heißt, wenn sie sich nach dem Bogenmittelpunkt ausrichten. Damit wird der Anlaufwinkel der Räder sehr klein oder zu null. Die Radsätze zeigen aufgrund der Geometrie von Radprofil und Schiene die Tendenz sich selbst radial einzustellen. Dieses Verhalten wird unterstützt, wenn die Radsätze miteinander gekoppelt sind. Das bedeutet, ihre Drehbewegungen hängen voneinander ab. Diese Kopplung kann beispielsweise über ein mechanisches Gestänge erfolgen. Wenn zwei Radsätze eines zweiachsigen Fahrzeuges oder Drehgestells in dieser Weise miteinander verbunden sind und sie sich ungehindert radial einstellen können, dann fahren sie allerdings instabil, und zwar schon bei kleinen Geschwindigkeiten. Um dennoch Stabilität zu erreichen, müssen die Radsätze durch bestimmte Steifigkeiten eingeschränkt werden, die aber dann wieder die radiale Einstellung im Bogen behindern. Damit ist also für zweiachsige Fahrwerke die Forderung nach stabiler Fahrt und idealer Einstellung im Bogen, zumindest mit Hilfe einer passiven Kopplung, nicht gleichzeitig optimal erfüllbar. Wenn dagegen drei Radsätze mit passiven Mitteln gekoppelt sind, dann sind beide Ziele, das zeigen Untersuchungen, miteinander vereinbar.

[0007] An Fahrwerken mit drei Radsätzen werden besondere Anforderungen gestellt. Hinsichtlich der Befahrbarkeit von Strecken wird erwartet, dass diese uneingeschränkt nutzbar sind. Dabei soll die zulässige Gleisbeanspruchung auch bei Fahrten in Bögen, insbesondere in Gleisquerrichtung, eingehalten werden, um hochwertige Fahrwegelemente, wie beispielsweise Weichenzungen durch Minimierung der auftretenden Querkräfte zu schonen. Da Drehgestelle mit drei Radsätzen insbesondere im Schwerlastbetrieb eingesetzt werden, ist bei der Auslegung dieser darauf zu achten, dass ein Einsatz auf Industrie- und Anschlussgleisen mit engen Bogenhalbmessern möglich ist. Zudem wird gefordert, dass eine hohe Stabilität auch bei höheren Geschwindigkeiten gegeben ist.

[0008] Aufgabe der Erfindung ist es deshalb, ein einstellbares Fahrwerk mit drei Radsätzen für ein Schienenfahrzeug anzugeben, welches eine Radialeinstellung der Radsätze ohne Steuer- oder Regelaufwand ermöglicht und bei dem die Anzahl der Teile reduziert und damit ein einfacher Aufbau des Fahrwerks möglich ist.

[0009] Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des unabhängigen Anspruchs 1 gelöst. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.

[0010] Die Erfindung bezieht sich auf ein Fahrwerk, welches in seinem Fahrwerksrahmen drei Radsätze aufnimmt. Der Fahrwerksrahmen kann Bestandteil eines Drehgestells (Drehgestellrahmen) oder Rahmen eines mit drei Radsätzen ausgestatteten Schienenfahrzeugs (Fahrzeugrahmen, insbesondere Lokrahmen) sein.

[0011] Die Grundidee der Lösung ist eine neuartige mechanische Kopplung der Bewegungen der drei Radsätze bezüglich der Gleisebene. An den Radsatzlagergehäusen werden dazu spezielle Führrahmen befestigt. Die Kopplung zweier einander benachbart im Fahrzeug eingebauter Radsätze (erster Endradsatz mit Mittelradsatz bzw. Mittelradsatz mit zweitem Endradsatz) erfolgt, indem deren einander zugewandte Führrahmen bezüglich der Fahrzeuglängsrichtung mittig zwischen beiden Radsätzen bzw. in unmittelbarer Nähe dazu mit einem oder mehreren Verbindungselementen verbunden werden. Die Verbindungselemente können Eigenschaften einer Feder (Steifigkeit) und bzw. oder eines Dämpfers (Dämpfungsglied) und bzw. oder eines Gelenks (Selektion in der Übertragung von Freiheitsgraden) aufweisen. Ihre geometrische Ausrichtung im Fahrzeug richtet sich nach dem Optimierungsziel der Fahrwerksauslegung. Das gesamte Kopplungssystem erzeugt eine zusätzliche gegenseitige Beeinflussbarkeit aller drei im Fahrwerksrahmen angeordneten Radsätze.

[0012] An den Radsatzlagergehäusen findet im Gegensatz zu konventionellen Radsatzführungen keine Längskraftübertragung zum Fahrwerksrahmen statt. Die Längskräfte aus Bremsen und im Falle eines angetriebenen Fahrzeugs aus Traktion werden je Radsatz von einer bezüglich der Radsatzquerrichtung mittig und tiefliegend am Radsatzantrieb befestigten Zug-Druck-Stange auf den Fahrwerksrahmen übertragen. Diese mittige Anordnung ist notwendig, damit sich ein Radsatz unter Längskraft nicht relativ zum Fahrwerksrahmen um seine Hochachse dreht. Als Einbaulage kann für die Zug-Druck-Stange die waagerechte oder eine in Fahrzeuglängsrichtung geneigte zur Anwendung kommen.
Vorteilhafterweise ist das Kopplungsprinzip gleichermaßen in angetriebenen oder nicht angetriebenen Fahrwerke integrierbar. Bei angetriebenen Fahrwerken besteht keine Beschränkung auf ein bestimmtes Antriebsprinzip. Denkbare Antriebsprinzipien sind beispielsweise eine hydromechanische Leistungsübertragung, bei welcher ein Radsatzgetriebe von außen über eine Antriebs- bzw. Gelenkwelle angetrieben wird, oder ein elektrischer Radsatzantrieb, bestehend aus Motor, Getriebe und etwaigen Zusatzelementen.

[0013] Vertikal zum Fahrwerksrahmen hin angeordnete Aufhängungen (z.B. Pendelstützen) sorgen dafür, dass die Führrahmen in ihrer Einbaulage gehalten werden und nicht ins Gleis fallen.

[0014] Konventionelle Fahrwerke mit drei Radsätzen weisen üblicherweise ungünstige Bogenfahreigenschaften auf, weil sie bei einem langen Endradsatzabstand nicht oder nur unzureichend über eine Radialeinstellbarkeit der Endradsätze zum Gleisbogenmittelpunkt verfügen. Die hier beschriebene Kopplung ermöglicht vorteilhafterweise in Gleisbögen ein Einlenken der Endradsätze entsprechend der Bogenkrümmung. Dadurch lassen sich die Anlaufwinkel der Endradsätze verringern. Geringe Anlaufwinkel reduzieren die Führungskräfte und den Verschleiß an Rad und Schiene. Im Sonderfall einer längskraftfreien und tangential zum Bogen stattfindenden Radsatzrollbewegung auf dessen sogenannter Rolllinie würde zusätzlich zum Querschlupf auch der Längsschlupf innerhalb des Rad-Schiene-Kontaktes eliminiert, so dass im Laufflächenbereich nur noch der verschleißtechnisch untergeordnet relevante Bohrschlupf in Erscheinung treten würde. Nimmt der Radsatz aufgrund der begrenzten Laufflächenneigung oder auf ihn wirkender Kräfte nicht mehr seine Rolllinie ein bzw. wirken auf den Radsatz Längskräfte aus Traktion oder Bremsen, so kann theoretisch aufgrund der Kopplung immer noch ein tangentialer Bogenlauf, d. h. eine vollradiale Einstellung der Radsätze im Gleisbogen erfolgen. Im Normalfall ist eine vollradiale Einstellung aufgrund der Gleichgewichtsbedingungen zwischen den drei Radsätzen nicht exakt erreichbar, kann jedoch über das beschriebene Kopplungssystem im Gegensatz zu konventionellen Fahrwerken mit drei Radsätzen sehr gut angenähert werden. Daraus ergeben sich erhebliche Vorteile in den Standzeiten der Radprofile.

[0015] Insbesondere Schienenfahrzeuge mit drei Radsätzen, die typischerweise als Rangierlokomotiven in Starrrahmenbauweise konzipiert werden, weisen ein bezogen auf ihre führende Länge (definiert durch den Abstand der Endradsätze voneinander) großes Massenträgheitsmoment um die Fahrzeughochachse auf. Dadurch geraten konventionelle Fahrzeuge dieses Typs mitunter schon bei relativ geringen Fahrgeschwindigkeiten in einen Grenzzyklus des Wellenlaufs, der bei steigender Fahrgeschwindigkeit eine ungewollt hohe Querkraftdynamik zwischen Rad und Schiene und negative Auswirkungen auf Fahrsicherheit und Schwingungsverhalten zur Folge hat. Das neuartige Kopplungsprinzip bietet vorteilhafterweise die Möglichkeit, die physikalischen Eigenschaften der zwischen den Führrahmen angeordneten Verbindungselemente so zu wählen, dass sich neben den guten Bogenfahreigenschaften auch die Fahrstabilität verbessert. In der Praxis hat das den Nutzen einer erhöhten zulässigen Fahrzeughöchstgeschwindigkeit. Dies führt vorteilhafterweise zu einem flexibleren Einsatz im Streckendienst.

[0016] Die neuartige Kopplungslösung stellt eine Fahrwerksoptimierung dar, mit welcher der klassische Zielkonflikt zwischen gutem Bogenfahrverhalten einerseits und Fahrstabilität bei höheren Geschwindigkeiten andererseits im betrieblich interessanten Umfang gelöst wird. Vorteilhafterweise zeichnet sich diese durch seine robuste, passiv wirkende und rein mechanische Funktionsweise aus und bedarf bei Montage und Instandhaltung keiner Feinjustierung infolge bestehender Bautoleranzen. Die Führrahmen werden nicht mit Brems- und im Falle eines angetriebenen Fahrzeugs mit Traktionskräften belastet.

[0017] Durch die konstruktive Auslegung des Fahrwerks wird ein zu kurzen Abstands der Endradsätze voneinander vermieden, wodurch eine bessere Verteilung der vertikalen Lasteinleitung in den Fahrweg eintritt. Dadurch werden beispielsweise kritische Bauwerke, wie Brückenbauwerke, geringer belastet und dadurch können Streckenzugangskriterien (sog. Streckenklassen) aufgrund der geringeren Radsatzentlastung unter Traktion erfüllt werden.

[0018] Die Vermeidung großer Anlaufwinkel der Endradsätze wird auch dadurch erreicht, dass sich die Endradsätze radial zum Gleisbogen einstellen können. Damit sind Bogenfahrten ohne Spurkranzanlauf möglich. Es stellt sich ein minimierter Spurkranzverschleiß an den Endradsätzen ein. Zudem wird ein einheitlicher gleichmäßiger Profilverschleiß zwischen End- und Mittelradsatz erzielt.

[0019] Die Vermeidung großer Anlaufwinkel der Endradsätze führt zu einer geringen Querkraft am führenden Rad. Dies reduziert die Gleisbeanspruchung in Bögen, schont hochwertige Fahrwegelemente wie Weichenzungen und Weichenherzstücke und trägt zur Erhöhung der Sicherheit gegen Entgleisen bei, insbesondere in engen Industriebögen.

[0020] Durch die Vermeidung einer Einbeziehung des Radsatzantriebes in die Radsatzkopplung entsteht keine Mehrbelastung des Antriebs durch auftretende Koppelkräfte. Gleichzeitig treten keine Belastungen der Radsatzkopplung durch Traktion auf. Dadurch wird auch erreicht, dass eine schwingungstechnische Entkopplung von Antrieb und Radsatzkopplung erzielt wird.

[0021] Eine komplexe und störungsanfällige Lösung wird dadurch vermieden, dass auf aktiv arbeitende Fahrwerkskomponenten sowie auf die Verwendung von elektrischen, hydraulischen, pneumatischen oder daraus kombiniert arbeitenden Elementen im Fahrwerk verzichtet wird. Überwiegend passive mechanische Bauteile erlauben einen robusten Einsatz. Dadurch sind die Wartungszyklen größer und können von einem normalen Werkstattpersonal ausgeführt werden.

[0022] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen gehen aus der nachfolgenden Beschreibung, den Ansprüchen sowie den Zeichnungen hervor.

[0023] Es zeigen:
Fig. 1
eine Prinzipdarstellung der erfindungsgemäßen Ausführung des Fahrwerks mit drei Radsätzen bei der Durchfahrt eines Gleisbogens;
Fig. 2
eine perspektivische Darstellung des Fahrwerks mit drei Radsätzen;
Fig. 3
eine Draufsicht auf das Fahrwerk gemäß Fig. 2;
Fig. 4
eine Seitenansicht auf das Fahrwerk gemäß Fig. 2 (dargestellt ohne Bremseinrichtungen);
Fig. 5
eine perspektivische Detailansicht auf ein Endradsatz des Fahrwerks gemäß Fig. 2 (dargestellt ohne Bremseinrichtungen);
Fig. 6
eine perspektivische Unteransicht auf das Fahrwerk gemäß Fig. 5 (dargestellt ohne Bremseinrichtungen).


[0024] In den Fig. 2 bis 6 ist ein Fahrwerk 1 dargestellt, das in seinem Fahrwerksrahmen 2 drei Radsätze 3, 4, 5 aufnimmt. Der Fahrwerksrahmen 2 kann Bestandteil eines in den Zeichnungen nicht näher dargestellten Drehgestells (Drehgestellrahmen) oder Rahmen eines mit drei Radsätzen ausgestatteten Schienenfahrzeugs (Fahrzeugrahmen, insbesondere Lokrahmen) sein.
Die drei Radsätze, einen ersten Endradsatz 3, einen Mittelradsatz 4 sowie einen zweiten Endradsatz 5 sind drehbeweglich bezüglich der Gleisebene angeordnet. Die Drehbewegung erfolgt über die Hochachse 6, 7, 8, die senkrecht zur Längserstreckung des Fahrwerkrahmens 2 gebildet ist- Die Radsätze weisen jeweils ein Radsatzlagergehäuse 9, 10, 11 auf.

[0025] An den Radsatzlagergehäusen 9, 10, 11 werden dazu spezielle Führrahmen 12, 13, 14, 15 angeordnet. In Draufsicht ist der Führrahmen 12, 13, 14, 15 U-förmig ausgestaltet und weist zwei Schenkelelemente 16, 17 auf, die über ein Verbindungselement 18 verbunden sind. Die freien Enden der Schenkelelemente 16, 17 greifen an dem jeweiligen Radsatzlagergehäuse 9, 10, 11 an. Dabei weisen der erste Endradsatz 3 und der zweite Endradsatz 5 einen Führrahmen 12, 15 auf, der zum Mittelradsatz 4 ausgerichtet ist. Der Mittelradsatz 4 weist einen ersten Führrahmen 13 auf, der zu dem ersten Endradsatz 3 und einen weiteren Führrahmen 14, der zu dem weiteren Endradsatz 5 ausgerichtet ist. Die jeweils einander zugewandte Führrahmen 12, 13, 14, 15 sind mit einem oder mehreren Kopplungselementen 20, 21 verbunden, derart dass jeder Radsatz 3, 4, 5 für sich um die Hochachse 7, 8 ausdrehen kann. Daher erfolgt die Kopplung zweier einander benachbart im Fahrzeug eingebauter Radsätze (Endradsatz 3 mit Mittelradsatz 4 bzw. Mittelradsatz 4 mit Endradsatz 5) dadurch, dass deren einander zugewandte Führrahmen 12, 13, 14, 15 bezüglich der Fahrzeuglängsrichtung mittig zwischen beiden Radsätzen bzw. in unmittelbarer Nähe dazu mit einem oder mehreren Kopplungselementen 20, 21 verbunden werden.

[0026] Die Kopplungselemente 20, 21 können die Eigenschaften einer Feder (Steifigkeit) und bzw. oder eines Dämpfers (Dämpfungsglied) und bzw. oder eines Gelenks (Selektion in der Übertragung von Freiheitsgraden) aufweisen. Ihre geometrische Ausrichtung im Fahrzeug richtet sich nach dem Optimierungsziel der Fahrwerksauslegung.
Bei dem in den Fig. 2 bis 6 dargestelltes Ausführungsbeispiel ist das erste Kopplungselement 20, das zwischen dem ersten Endradsatz 3 und dem Mittelradsatz 4 angeordnet ist als Querlenker ausgebildet. Das weitere Kopplungselement 21, das zwischen dem Mittelradsatz 4 und dem weiteren Endradsatz 5 angeordnet ist, weist Querdämpfer aus.

[0027] Das gesamte Kopplungssystem erzeugt eine zusätzliche gegenseitige Beeinflussbarkeit aller drei im Fahrwerksrahmen 2 angeordneten Radsätze 3, 4, 5 (schematisch in Fig. 1 dargestellt).

[0028] An den Radsatzlagergehäusen 9, 10, 11 finden dadurch im Gegensatz zu konventionellen Radsatzführungen keine Längskraftübertragung zum Fahrwerksrahmen 2 statt.

[0029] Die Bremsen 40, 41, 42 (nur in Fig. 3 exemplarisch dargestellt) sind jeweils an einem Radsatz 3, 4, 5 angeordnet und über Querträger 22, 23, 24 (nur in Fig. 3 exemplarisch dargestellt) miteinander verbunden und von dem übrigen Führrahmen 12, 13, 14, 15 losgekoppelt. Gleiches gilt für den Antrieb (hier in den Fig. 2 bis 6 als Getriebe 25, 26, 27 mit Antrieb 19 dargestellt). Die Längskräfte aus Bremsen und im Falle eines angetriebenen Fahrzeugs aus Traktion werden je Radsatz 3, 4, 5 von einer bezüglich der Radsatzquerrichtung mittig und tiefliegend am Radsatzantrieb befestigten Zug-Druck-Stange 28, 29, 30 auf den Fahrwerksrahmen 2 übertragen. Diese mittige Anordnung ist notwendig, damit sich ein Radsatz 3, 4, 5 unter Längskraft nicht relativ zum Fahrwerksrahmen 2 um die entsprechende Hochachse dreht. Als Einbaulage kann für die Zug-Druck-Stange 28, 29, 30 die waagerechte oder eine in Fahrzeuglängsrichtung geneigte zur Anwendung kommen.

[0030] Gleiches gilt auch für die sogenannte Drehmomentstütze 34, 35, 36, die mit ihrem einen Ende an dem Radsatz 3, 4, 5, vorzugsweise in mittiger Anordnung, beispielsweise im Bereich des Getriebes 25, 26, 27und mit den anderen Ende an dem Fahrzeugrahmen 2 angeordnet ist. In anderen Antriebsausführungen als im abgebildeten Beispielfall kann die Drehmomentstütze 34, 35, 36 des Radsatzes 3, 4, 5 anders angeordnet bzw. ausgerichtet werden (z. B. senkrecht bei einem klassischen elektrischen Radsatzantrieb).

[0031] Senkrecht zum Fahrwerksrahmen 2 hin sind angeordnete Aufhängungselemente 32, 33 (z.B. Pendelstützen) vorgesehen, die dafür Sorge tragen, dass die Führrahmen 12, 13, 14, 15 in ihrer Einbaulage gehalten werden und drehmomentfrei gelagert sind. Die Traktion erfolgt über einen Antrieb 19, der das Drehmoment über Gelenkwellen 37, 38, 39 über die Getriebe 25, 26, 27 auf die jeweiligen Radsätze 3, 4, 5 überträgt.

[0032] Das neuartige Kopplungsprinzip bietet die Möglichkeit, die physikalischen Eigenschaften der zwischen den Führrahmen angeordneten Verbindungselemente so zu wählen, dass sich neben den vorausgehend beschriebenen guten Bogenfahreigenschaften auch die Fahrstabilität verbessert. In der Praxis hat das den Nutzen einer erhöhten zulässigen Fahrzeughöchstgeschwindigkeit.

[0033] Die neuartige Kopplungslösung stellt eine Fahrwerksoptimierung dar, mit welcher der klassische Zielkonflikt zwischen gutem Bogenfahrverhalten einerseits und Fahrstabilität bei höheren Geschwindigkeiten andererseits im betrieblich interessanten Umfang lösbar ist. Es zeichnet sich durch seine robuste, passiv wirkende und rein mechanische Funktionsweise aus und bedarf bei Montage und Instandhaltung keiner Feinjustierung infolge bestehender Bautoleranzen. Die Führrahmen werden nicht mit Brems- und im Falle eines angetriebenen Fahrzeugs mit Traktionskräften belastet. Zudem stellt die vorgestellte Ausführung ein kostengünstiges Fahrwerk dar, da alle drei Radsätze im Fahrwerkrahmen, einschließlich dem Gehäuse, baulich identisch und daher auch untereinander im Rahmen der Instandsetzung tauschbar sind.

Bezugszeichenliste



[0034] 
1
Fahrwerk
2
Fahrwerkrahmen
3
erster Endradsatz
4
Mittelradsatz
5
zweiter Endradsatz
6
Hochachse
7
Hochachse
8
Hochachse
9, 10, 11
Radsatzlagergehäuse
12, 13, 14, 15
Führrahmen
16, 17
Schenkelelement
18
Verbindungselement
19
Antrieb
20, 21
Kopplungselemente
22, 23, 24
Querträger
25, 26, 27
Getriebe
28, 29, 30
Zug-Druck-Stange
32, 33
Aufhängungselemente
34, 35, 36
Drehmomentstütze
37, 38, 39
Gelenkwelle
40, 41, 42
Bremsen



Ansprüche

1. Fahrwerk für Schienenfahrzeuge mit drei Radsätzen, wobei die Radsätze, gebildet durch einen Mittelradsatz und zwei Endradsätze, in einem Fahrwerkrahmen angeordnet sind, jeweils ein Radsatzlagergehäuse umfassen, wobei zumindest die beiden Endradsätze bei Kurvenfahrt gegenüber der Längsrichtung des Fahrwerkrahmen ausdrehbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass der Fahrwerkrahmen (2) für die Radsätze (3, 4, 5) durch einzelne in Draufsicht U-förmig ausgestaltete Führrahmen (12, 13, 14, 15) gebildet ist,

- wobei der Führrahmen (12, 13 ,14, 15) zwei Schenkelelemente (16, 17) aufweist, die über ein Verbindungselement (18) verbunden sind und die freien Enden der Schenkelelemente (16, 17) an dem Radsatzlagergehäuse (9, 10, 11) angreifen,

- wobei der Endradsatz (3, 5) an seinem Radsatzlagergehäuse (9, 11) von einem Führrahmen (12, 15) aufgenommen ist und der Mittelradsatz (4) zu beiden Seiten der Endradsätze (3, 5) jeweils einen Führrahmen (13, 14) aufweist,

- wobei die jeweils einander zugewandten Führelemente (12 und 13; 14 und 15) mit einem oder mehreren Kopplungselementen (20, 21) verbunden sind, derart dass jeder Radsatz (3, 4, 5) für sich um eine Hochachse (6, 7, 8) ausdrehbar ist.


 
2. Fahrwerk nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zur Übertragung der Längskräfte je Radsatz (3, 4, 5) eine mittig ausgehende und tiefliegend an dem jeweiligen Radsatz (3, 4, 5) befestigte Zug-Druck-Stange (28, 29, 30) vorgesehen ist.
 
3. Fahrwerk nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass je Radsatz (3, 4, 5) eine von ausgehende und hochliegende an dem jeweiligen Radsatz (3, 4, 5) befestigte Drehmomentstütze (34, 35, 36) vorgesehen ist.
 
4. Fahrwerk nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass senkrecht zum Fahrwerksrahmen (2) hin angeordnete Aufhängungselemente (31, 32, 33) zur lagegerechten Anordnung der Führelemente (12, 13, 14, 15) vorgesehen sind.
 
5. Fahrwerk nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass jeder Radsatz (3, 4, 5) Bremsen (40, 41, 42) aufweist und diese über Querträger (22, 23, 24) miteinander verbunden und von dem übrigen Führrahmen (12, 13, 14, 15) losgekoppelt sind.
 
6. Fahrwerk nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kopplungselemente (20, 21) die Eigenschaften einer Feder (Steifigkeit) aufweisen.
 
7. Fahrwerk nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kopplungselemente (20, 21) die Eigenschaften eines Dämpfers (Dämpfungsglied) aufweisen.
 
8. Fahrwerk nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kopplungselemente (20, 21) die Eigenschaften eines Gelenks (Selektion in der Übertragung von Freiheitsgraden) aufweisen.
 




Zeichnung






















Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente