[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Fahrwerk für Schienenfahrzeuge mit drei Radsätzen,
wobei die Radsätze, gebildet durch einen Mittelradsatz und zwei Endradsätze, in einem
Fahrwerkrahmen angeordnet sind, jeweils ein Radsatzlagergehäuse umfassen, wobei zumindest
die beiden Endradsätze bei Kurvenfahrt gegenüber der Längsrichtung des Fahrwerkrahmen
ausdrehbar sind.
[0002] An Drehgestelle für Schienenfahrzeuge wird oft die Anforderung gestellt, dass hohe
Kurvengeschwindigkeiten in zumeist engen Kurven bewältigbar sind. Dazu ist ein einstellbares
zweiachsiges Drehgestell bekannt, wie es in der
CH 670 228 A5 beschrieben ist. Bei diesem zweiachsigen Drehgestell werden die Radsätze beim Durchfahren
von Kurven jeweils selbsttätig, ohne Steuer- oder Regelaufwand, insbesondere ohne
zusätzliche Verstelleinrichtungen, im Wesentlichen radial zu der zu durchfahrenden
Kurve eingestellt. Dabei sind die Radsätze über den Antrieb mittels Schräglenker derart
an dem Drehgestell angeordnet, dass eine Drehbewegung um eine vertikale Achse (Hochachse)
um das Zentrum des Radsatzes möglich ist.
[0003] Ferner ist aus der
DE 41 40 126 A1 ein dreiachsiges Drehgestell bekannt, das eine Radialsteuerung zur radialen Auslenkung
der Radsätze des Drehgestells aufweist. Dabei sind die Radsätze elastisch am Fahrwerkrahmen
gelagert, wobei mittels Lenkgestänge, Längslenker, Lenkerstangen, Koppelstangen und
Winkelhebeln mit daran angeordneten Armen die radiale Auslenkung der Radsätze ermöglicht
wird.
[0004] Bei diesem dreiachsigen Drehgestell ist die Radialeinstellung der Radsätze zwar möglich,
jedoch besteht der Nachteil darin, dass das Steuergestänge neben den auftretenden
Koppelkräften zusätzlich Kräfte aus der Traktion aufnehmen bzw. übertragen muss.
[0005] Aus der
EP 0094 548 A2 ist ebenfalls ein Drehgestell mit drei Radsätzen bekannt, wobei die äußeren Radsätze
(Endradsätze) über ein Führungselement als Übertrager mit dem Fahrwerkrahmen verbunden
sind. Der mittlere Radsatz ist über seitliche Führungselemente mit dem Fahrwerkrahmen
gekoppelt. Die Radsätze untereinander sind über Koppelelemente miteinander verbunden.
Der mittlere Radsatz ist durch an jeder Seite in Fahrzeuglängsrichtung angeordnetes
Führungselement mit dem Fahrwerkrahmen gekoppelt. Nachteilig wirkt sich aus, dass
der Antrieb an Endradsatz und Mittelradsatz verschieden ist: An den Endradsätzen sind
nach außen die Zugkraftanlenkungen und nach innen die Anschlüsse für die Querlenker
angeordnet. Am Mittelradsatz befinden sich auf beiden Seiten Anschlüsse für Querlenker.
Dadurch besteht keine Tauschbarkeit zwischen End- und Mittelradsatz. Ein Antrieb hat
die Aufgabe, Drehmomente auf den Radsatz zu übertragen und Zugkräfte in Längsrichtung
zu erzeugen. Steuerkräfte in Querrichtung sind eine Belastungsart, für die der Antrieb
normalerweise nicht ausgelegt ist. Ein weiterer Nachteil besteht folglich darin, dass
der Antrieb für diese ungewöhnliche Belastungsrichtung dimensioniert werden muss und
insbesondere die Antriebslager diese Kräfte übertragen können müssen.
[0006] Die Gleiskräfte und der Verschleiß werden verringert, wenn sich die Radsätze radial
einstellen, das heißt, wenn sie sich nach dem Bogenmittelpunkt ausrichten. Damit wird
der Anlaufwinkel der Räder sehr klein oder zu null. Die Radsätze zeigen aufgrund der
Geometrie von Radprofil und Schiene die Tendenz sich selbst radial einzustellen. Dieses
Verhalten wird unterstützt, wenn die Radsätze miteinander gekoppelt sind. Das bedeutet,
ihre Drehbewegungen hängen voneinander ab. Diese Kopplung kann beispielsweise über
ein mechanisches Gestänge erfolgen. Wenn zwei Radsätze eines zweiachsigen Fahrzeuges
oder Drehgestells in dieser Weise miteinander verbunden sind und sie sich ungehindert
radial einstellen können, dann fahren sie allerdings instabil, und zwar schon bei
kleinen Geschwindigkeiten. Um dennoch Stabilität zu erreichen, müssen die Radsätze
durch bestimmte Steifigkeiten eingeschränkt werden, die aber dann wieder die radiale
Einstellung im Bogen behindern. Damit ist also für zweiachsige Fahrwerke die Forderung
nach stabiler Fahrt und idealer Einstellung im Bogen, zumindest mit Hilfe einer passiven
Kopplung, nicht gleichzeitig optimal erfüllbar. Wenn dagegen drei Radsätze mit passiven
Mitteln gekoppelt sind, dann sind beide Ziele, das zeigen Untersuchungen, miteinander
vereinbar.
[0007] An Fahrwerken mit drei Radsätzen werden besondere Anforderungen gestellt. Hinsichtlich
der Befahrbarkeit von Strecken wird erwartet, dass diese uneingeschränkt nutzbar sind.
Dabei soll die zulässige Gleisbeanspruchung auch bei Fahrten in Bögen, insbesondere
in Gleisquerrichtung, eingehalten werden, um hochwertige Fahrwegelemente, wie beispielsweise
Weichenzungen durch Minimierung der auftretenden Querkräfte zu schonen. Da Drehgestelle
mit drei Radsätzen insbesondere im Schwerlastbetrieb eingesetzt werden, ist bei der
Auslegung dieser darauf zu achten, dass ein Einsatz auf Industrie- und Anschlussgleisen
mit engen Bogenhalbmessern möglich ist. Zudem wird gefordert, dass eine hohe Stabilität
auch bei höheren Geschwindigkeiten gegeben ist.
[0008] Aufgabe der Erfindung ist es deshalb, ein einstellbares Fahrwerk mit drei Radsätzen
für ein Schienenfahrzeug anzugeben, welches eine Radialeinstellung der Radsätze ohne
Steuer- oder Regelaufwand ermöglicht und bei dem die Anzahl der Teile reduziert und
damit ein einfacher Aufbau des Fahrwerks möglich ist.
[0009] Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des unabhängigen Anspruchs 1 gelöst. Weitere
vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
[0010] Die Erfindung bezieht sich auf ein Fahrwerk, welches in seinem Fahrwerksrahmen drei
Radsätze aufnimmt. Der Fahrwerksrahmen kann Bestandteil eines Drehgestells (Drehgestellrahmen)
oder Rahmen eines mit drei Radsätzen ausgestatteten Schienenfahrzeugs (Fahrzeugrahmen,
insbesondere Lokrahmen) sein.
[0011] Die Grundidee der Lösung ist eine neuartige mechanische Kopplung der Bewegungen der
drei Radsätze bezüglich der Gleisebene. An den Radsatzlagergehäusen werden dazu spezielle
Führrahmen befestigt. Die Kopplung zweier einander benachbart im Fahrzeug eingebauter
Radsätze (erster Endradsatz mit Mittelradsatz bzw. Mittelradsatz mit zweitem Endradsatz)
erfolgt, indem deren einander zugewandte Führrahmen bezüglich der Fahrzeuglängsrichtung
mittig zwischen beiden Radsätzen bzw. in unmittelbarer Nähe dazu mit einem oder mehreren
Verbindungselementen verbunden werden. Die Verbindungselemente können Eigenschaften
einer Feder (Steifigkeit) und bzw. oder eines Dämpfers (Dämpfungsglied) und bzw. oder
eines Gelenks (Selektion in der Übertragung von Freiheitsgraden) aufweisen. Ihre geometrische
Ausrichtung im Fahrzeug richtet sich nach dem Optimierungsziel der Fahrwerksauslegung.
Das gesamte Kopplungssystem erzeugt eine zusätzliche gegenseitige Beeinflussbarkeit
aller drei im Fahrwerksrahmen angeordneten Radsätze.
[0012] An den Radsatzlagergehäusen findet im Gegensatz zu konventionellen Radsatzführungen
keine Längskraftübertragung zum Fahrwerksrahmen statt. Die Längskräfte aus Bremsen
und im Falle eines angetriebenen Fahrzeugs aus Traktion werden je Radsatz von einer
bezüglich der Radsatzquerrichtung mittig und tiefliegend am Radsatzantrieb befestigten
Zug-Druck-Stange auf den Fahrwerksrahmen übertragen. Diese mittige Anordnung ist notwendig,
damit sich ein Radsatz unter Längskraft nicht relativ zum Fahrwerksrahmen um seine
Hochachse dreht. Als Einbaulage kann für die Zug-Druck-Stange die waagerechte oder
eine in Fahrzeuglängsrichtung geneigte zur Anwendung kommen.
Vorteilhafterweise ist das Kopplungsprinzip gleichermaßen in angetriebenen oder nicht
angetriebenen Fahrwerke integrierbar. Bei angetriebenen Fahrwerken besteht keine Beschränkung
auf ein bestimmtes Antriebsprinzip. Denkbare Antriebsprinzipien sind beispielsweise
eine hydromechanische Leistungsübertragung, bei welcher ein Radsatzgetriebe von außen
über eine Antriebs- bzw. Gelenkwelle angetrieben wird, oder ein elektrischer Radsatzantrieb,
bestehend aus Motor, Getriebe und etwaigen Zusatzelementen.
[0013] Vertikal zum Fahrwerksrahmen hin angeordnete Aufhängungen (z.B. Pendelstützen) sorgen
dafür, dass die Führrahmen in ihrer Einbaulage gehalten werden und nicht ins Gleis
fallen.
[0014] Konventionelle Fahrwerke mit drei Radsätzen weisen üblicherweise ungünstige Bogenfahreigenschaften
auf, weil sie bei einem langen Endradsatzabstand nicht oder nur unzureichend über
eine Radialeinstellbarkeit der Endradsätze zum Gleisbogenmittelpunkt verfügen. Die
hier beschriebene Kopplung ermöglicht vorteilhafterweise in Gleisbögen ein Einlenken
der Endradsätze entsprechend der Bogenkrümmung. Dadurch lassen sich die Anlaufwinkel
der Endradsätze verringern. Geringe Anlaufwinkel reduzieren die Führungskräfte und
den Verschleiß an Rad und Schiene. Im Sonderfall einer längskraftfreien und tangential
zum Bogen stattfindenden Radsatzrollbewegung auf dessen sogenannter Rolllinie würde
zusätzlich zum Querschlupf auch der Längsschlupf innerhalb des Rad-Schiene-Kontaktes
eliminiert, so dass im Laufflächenbereich nur noch der verschleißtechnisch untergeordnet
relevante Bohrschlupf in Erscheinung treten würde. Nimmt der Radsatz aufgrund der
begrenzten Laufflächenneigung oder auf ihn wirkender Kräfte nicht mehr seine Rolllinie
ein bzw. wirken auf den Radsatz Längskräfte aus Traktion oder Bremsen, so kann theoretisch
aufgrund der Kopplung immer noch ein tangentialer Bogenlauf, d. h. eine vollradiale
Einstellung der Radsätze im Gleisbogen erfolgen. Im Normalfall ist eine vollradiale
Einstellung aufgrund der Gleichgewichtsbedingungen zwischen den drei Radsätzen nicht
exakt erreichbar, kann jedoch über das beschriebene Kopplungssystem im Gegensatz zu
konventionellen Fahrwerken mit drei Radsätzen sehr gut angenähert werden. Daraus ergeben
sich erhebliche Vorteile in den Standzeiten der Radprofile.
[0015] Insbesondere Schienenfahrzeuge mit drei Radsätzen, die typischerweise als Rangierlokomotiven
in Starrrahmenbauweise konzipiert werden, weisen ein bezogen auf ihre führende Länge
(definiert durch den Abstand der Endradsätze voneinander) großes Massenträgheitsmoment
um die Fahrzeughochachse auf. Dadurch geraten konventionelle Fahrzeuge dieses Typs
mitunter schon bei relativ geringen Fahrgeschwindigkeiten in einen Grenzzyklus des
Wellenlaufs, der bei steigender Fahrgeschwindigkeit eine ungewollt hohe Querkraftdynamik
zwischen Rad und Schiene und negative Auswirkungen auf Fahrsicherheit und Schwingungsverhalten
zur Folge hat. Das neuartige Kopplungsprinzip bietet vorteilhafterweise die Möglichkeit,
die physikalischen Eigenschaften der zwischen den Führrahmen angeordneten Verbindungselemente
so zu wählen, dass sich neben den guten Bogenfahreigenschaften auch die Fahrstabilität
verbessert. In der Praxis hat das den Nutzen einer erhöhten zulässigen Fahrzeughöchstgeschwindigkeit.
Dies führt vorteilhafterweise zu einem flexibleren Einsatz im Streckendienst.
[0016] Die neuartige Kopplungslösung stellt eine Fahrwerksoptimierung dar, mit welcher der
klassische Zielkonflikt zwischen gutem Bogenfahrverhalten einerseits und Fahrstabilität
bei höheren Geschwindigkeiten andererseits im betrieblich interessanten Umfang gelöst
wird. Vorteilhafterweise zeichnet sich diese durch seine robuste, passiv wirkende
und rein mechanische Funktionsweise aus und bedarf bei Montage und Instandhaltung
keiner Feinjustierung infolge bestehender Bautoleranzen. Die Führrahmen werden nicht
mit Brems- und im Falle eines angetriebenen Fahrzeugs mit Traktionskräften belastet.
[0017] Durch die konstruktive Auslegung des Fahrwerks wird ein zu kurzen Abstands der Endradsätze
voneinander vermieden, wodurch eine bessere Verteilung der vertikalen Lasteinleitung
in den Fahrweg eintritt. Dadurch werden beispielsweise kritische Bauwerke, wie Brückenbauwerke,
geringer belastet und dadurch können Streckenzugangskriterien (sog. Streckenklassen)
aufgrund der geringeren Radsatzentlastung unter Traktion erfüllt werden.
[0018] Die Vermeidung großer Anlaufwinkel der Endradsätze wird auch dadurch erreicht, dass
sich die Endradsätze radial zum Gleisbogen einstellen können. Damit sind Bogenfahrten
ohne Spurkranzanlauf möglich. Es stellt sich ein minimierter Spurkranzverschleiß an
den Endradsätzen ein. Zudem wird ein einheitlicher gleichmäßiger Profilverschleiß
zwischen End- und Mittelradsatz erzielt.
[0019] Die Vermeidung großer Anlaufwinkel der Endradsätze führt zu einer geringen Querkraft
am führenden Rad. Dies reduziert die Gleisbeanspruchung in Bögen, schont hochwertige
Fahrwegelemente wie Weichenzungen und Weichenherzstücke und trägt zur Erhöhung der
Sicherheit gegen Entgleisen bei, insbesondere in engen Industriebögen.
[0020] Durch die Vermeidung einer Einbeziehung des Radsatzantriebes in die Radsatzkopplung
entsteht keine Mehrbelastung des Antriebs durch auftretende Koppelkräfte. Gleichzeitig
treten keine Belastungen der Radsatzkopplung durch Traktion auf. Dadurch wird auch
erreicht, dass eine schwingungstechnische Entkopplung von Antrieb und Radsatzkopplung
erzielt wird.
[0021] Eine komplexe und störungsanfällige Lösung wird dadurch vermieden, dass auf aktiv
arbeitende Fahrwerkskomponenten sowie auf die Verwendung von elektrischen, hydraulischen,
pneumatischen oder daraus kombiniert arbeitenden Elementen im Fahrwerk verzichtet
wird. Überwiegend passive mechanische Bauteile erlauben einen robusten Einsatz. Dadurch
sind die Wartungszyklen größer und können von einem normalen Werkstattpersonal ausgeführt
werden.
[0022] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen gehen aus der nachfolgenden Beschreibung, den
Ansprüchen sowie den Zeichnungen hervor.
[0023] Es zeigen:
- Fig. 1
- eine Prinzipdarstellung der erfindungsgemäßen Ausführung des Fahrwerks mit drei Radsätzen
bei der Durchfahrt eines Gleisbogens;
- Fig. 2
- eine perspektivische Darstellung des Fahrwerks mit drei Radsätzen;
- Fig. 3
- eine Draufsicht auf das Fahrwerk gemäß Fig. 2;
- Fig. 4
- eine Seitenansicht auf das Fahrwerk gemäß Fig. 2 (dargestellt ohne Bremseinrichtungen);
- Fig. 5
- eine perspektivische Detailansicht auf ein Endradsatz des Fahrwerks gemäß Fig. 2 (dargestellt
ohne Bremseinrichtungen);
- Fig. 6
- eine perspektivische Unteransicht auf das Fahrwerk gemäß Fig. 5 (dargestellt ohne
Bremseinrichtungen).
[0024] In den Fig. 2 bis 6 ist ein Fahrwerk 1 dargestellt, das in seinem Fahrwerksrahmen
2 drei Radsätze 3, 4, 5 aufnimmt. Der Fahrwerksrahmen 2 kann Bestandteil eines in
den Zeichnungen nicht näher dargestellten Drehgestells (Drehgestellrahmen) oder Rahmen
eines mit drei Radsätzen ausgestatteten Schienenfahrzeugs (Fahrzeugrahmen, insbesondere
Lokrahmen) sein.
Die drei Radsätze, einen ersten Endradsatz 3, einen Mittelradsatz 4 sowie einen zweiten
Endradsatz 5 sind drehbeweglich bezüglich der Gleisebene angeordnet. Die Drehbewegung
erfolgt über die Hochachse 6, 7, 8, die senkrecht zur Längserstreckung des Fahrwerkrahmens
2 gebildet ist- Die Radsätze weisen jeweils ein Radsatzlagergehäuse 9, 10, 11 auf.
[0025] An den Radsatzlagergehäusen 9, 10, 11 werden dazu spezielle Führrahmen 12, 13, 14,
15 angeordnet. In Draufsicht ist der Führrahmen 12, 13, 14, 15 U-förmig ausgestaltet
und weist zwei Schenkelelemente 16, 17 auf, die über ein Verbindungselement 18 verbunden
sind. Die freien Enden der Schenkelelemente 16, 17 greifen an dem jeweiligen Radsatzlagergehäuse
9, 10, 11 an. Dabei weisen der erste Endradsatz 3 und der zweite Endradsatz 5 einen
Führrahmen 12, 15 auf, der zum Mittelradsatz 4 ausgerichtet ist. Der Mittelradsatz
4 weist einen ersten Führrahmen 13 auf, der zu dem ersten Endradsatz 3 und einen weiteren
Führrahmen 14, der zu dem weiteren Endradsatz 5 ausgerichtet ist. Die jeweils einander
zugewandte Führrahmen 12, 13, 14, 15 sind mit einem oder mehreren Kopplungselementen
20, 21 verbunden, derart dass jeder Radsatz 3, 4, 5 für sich um die Hochachse 7, 8
ausdrehen kann. Daher erfolgt die Kopplung zweier einander benachbart im Fahrzeug
eingebauter Radsätze (Endradsatz 3 mit Mittelradsatz 4 bzw. Mittelradsatz 4 mit Endradsatz
5) dadurch, dass deren einander zugewandte Führrahmen 12, 13, 14, 15 bezüglich der
Fahrzeuglängsrichtung mittig zwischen beiden Radsätzen bzw. in unmittelbarer Nähe
dazu mit einem oder mehreren Kopplungselementen 20, 21 verbunden werden.
[0026] Die Kopplungselemente 20, 21 können die Eigenschaften einer Feder (Steifigkeit) und
bzw. oder eines Dämpfers (Dämpfungsglied) und bzw. oder eines Gelenks (Selektion in
der Übertragung von Freiheitsgraden) aufweisen. Ihre geometrische Ausrichtung im Fahrzeug
richtet sich nach dem Optimierungsziel der Fahrwerksauslegung.
Bei dem in den Fig. 2 bis 6 dargestelltes Ausführungsbeispiel ist das erste Kopplungselement
20, das zwischen dem ersten Endradsatz 3 und dem Mittelradsatz 4 angeordnet ist als
Querlenker ausgebildet. Das weitere Kopplungselement 21, das zwischen dem Mittelradsatz
4 und dem weiteren Endradsatz 5 angeordnet ist, weist Querdämpfer aus.
[0027] Das gesamte Kopplungssystem erzeugt eine zusätzliche gegenseitige Beeinflussbarkeit
aller drei im Fahrwerksrahmen 2 angeordneten Radsätze 3, 4, 5 (schematisch in Fig.
1 dargestellt).
[0028] An den Radsatzlagergehäusen 9, 10, 11 finden dadurch im Gegensatz zu konventionellen
Radsatzführungen keine Längskraftübertragung zum Fahrwerksrahmen 2 statt.
[0029] Die Bremsen 40, 41, 42 (nur in Fig. 3 exemplarisch dargestellt) sind jeweils an einem
Radsatz 3, 4, 5 angeordnet und über Querträger 22, 23, 24 (nur in Fig. 3 exemplarisch
dargestellt) miteinander verbunden und von dem übrigen Führrahmen 12, 13, 14, 15 losgekoppelt.
Gleiches gilt für den Antrieb (hier in den Fig. 2 bis 6 als Getriebe 25, 26, 27 mit
Antrieb 19 dargestellt). Die Längskräfte aus Bremsen und im Falle eines angetriebenen
Fahrzeugs aus Traktion werden je Radsatz 3, 4, 5 von einer bezüglich der Radsatzquerrichtung
mittig und tiefliegend am Radsatzantrieb befestigten Zug-Druck-Stange 28, 29, 30 auf
den Fahrwerksrahmen 2 übertragen. Diese mittige Anordnung ist notwendig, damit sich
ein Radsatz 3, 4, 5 unter Längskraft nicht relativ zum Fahrwerksrahmen 2 um die entsprechende
Hochachse dreht. Als Einbaulage kann für die Zug-Druck-Stange 28, 29, 30 die waagerechte
oder eine in Fahrzeuglängsrichtung geneigte zur Anwendung kommen.
[0030] Gleiches gilt auch für die sogenannte Drehmomentstütze 34, 35, 36, die mit ihrem
einen Ende an dem Radsatz 3, 4, 5, vorzugsweise in mittiger Anordnung, beispielsweise
im Bereich des Getriebes 25, 26, 27und mit den anderen Ende an dem Fahrzeugrahmen
2 angeordnet ist. In anderen Antriebsausführungen als im abgebildeten Beispielfall
kann die Drehmomentstütze 34, 35, 36 des Radsatzes 3, 4, 5 anders angeordnet bzw.
ausgerichtet werden (z. B. senkrecht bei einem klassischen elektrischen Radsatzantrieb).
[0031] Senkrecht zum Fahrwerksrahmen 2 hin sind angeordnete Aufhängungselemente 32, 33 (z.B.
Pendelstützen) vorgesehen, die dafür Sorge tragen, dass die Führrahmen 12, 13, 14,
15 in ihrer Einbaulage gehalten werden und drehmomentfrei gelagert sind. Die Traktion
erfolgt über einen Antrieb 19, der das Drehmoment über Gelenkwellen 37, 38, 39 über
die Getriebe 25, 26, 27 auf die jeweiligen Radsätze 3, 4, 5 überträgt.
[0032] Das neuartige Kopplungsprinzip bietet die Möglichkeit, die physikalischen Eigenschaften
der zwischen den Führrahmen angeordneten Verbindungselemente so zu wählen, dass sich
neben den vorausgehend beschriebenen guten Bogenfahreigenschaften auch die Fahrstabilität
verbessert. In der Praxis hat das den Nutzen einer erhöhten zulässigen Fahrzeughöchstgeschwindigkeit.
[0033] Die neuartige Kopplungslösung stellt eine Fahrwerksoptimierung dar, mit welcher der
klassische Zielkonflikt zwischen gutem Bogenfahrverhalten einerseits und Fahrstabilität
bei höheren Geschwindigkeiten andererseits im betrieblich interessanten Umfang lösbar
ist. Es zeichnet sich durch seine robuste, passiv wirkende und rein mechanische Funktionsweise
aus und bedarf bei Montage und Instandhaltung keiner Feinjustierung infolge bestehender
Bautoleranzen. Die Führrahmen werden nicht mit Brems- und im Falle eines angetriebenen
Fahrzeugs mit Traktionskräften belastet. Zudem stellt die vorgestellte Ausführung
ein kostengünstiges Fahrwerk dar, da alle drei Radsätze im Fahrwerkrahmen, einschließlich
dem Gehäuse, baulich identisch und daher auch untereinander im Rahmen der Instandsetzung
tauschbar sind.
Bezugszeichenliste
[0034]
- 1
- Fahrwerk
- 2
- Fahrwerkrahmen
- 3
- erster Endradsatz
- 4
- Mittelradsatz
- 5
- zweiter Endradsatz
- 6
- Hochachse
- 7
- Hochachse
- 8
- Hochachse
- 9, 10, 11
- Radsatzlagergehäuse
- 12, 13, 14, 15
- Führrahmen
- 16, 17
- Schenkelelement
- 18
- Verbindungselement
- 19
- Antrieb
- 20, 21
- Kopplungselemente
- 22, 23, 24
- Querträger
- 25, 26, 27
- Getriebe
- 28, 29, 30
- Zug-Druck-Stange
- 32, 33
- Aufhängungselemente
- 34, 35, 36
- Drehmomentstütze
- 37, 38, 39
- Gelenkwelle
- 40, 41, 42
- Bremsen
1. Fahrwerk für Schienenfahrzeuge mit drei Radsätzen, wobei die Radsätze, gebildet durch
einen Mittelradsatz und zwei Endradsätze, in einem Fahrwerkrahmen angeordnet sind,
jeweils ein Radsatzlagergehäuse umfassen, wobei zumindest die beiden Endradsätze bei
Kurvenfahrt gegenüber der Längsrichtung des Fahrwerkrahmen ausdrehbar sind,
dadurch gekennzeichnet, dass der Fahrwerkrahmen (2) für die Radsätze (3, 4, 5) durch einzelne in Draufsicht U-förmig
ausgestaltete Führrahmen (12, 13, 14, 15) gebildet ist,
- wobei der Führrahmen (12, 13 ,14, 15) zwei Schenkelelemente (16, 17) aufweist, die
über ein Verbindungselement (18) verbunden sind und die freien Enden der Schenkelelemente
(16, 17) an dem Radsatzlagergehäuse (9, 10, 11) angreifen,
- wobei der Endradsatz (3, 5) an seinem Radsatzlagergehäuse (9, 11) von einem Führrahmen
(12, 15) aufgenommen ist und der Mittelradsatz (4) zu beiden Seiten der Endradsätze
(3, 5) jeweils einen Führrahmen (13, 14) aufweist,
- wobei die jeweils einander zugewandten Führelemente (12 und 13; 14 und 15) mit einem
oder mehreren Kopplungselementen (20, 21) verbunden sind, derart dass jeder Radsatz
(3, 4, 5) für sich um eine Hochachse (6, 7, 8) ausdrehbar ist.
2. Fahrwerk nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zur Übertragung der Längskräfte je Radsatz (3, 4, 5) eine mittig ausgehende und tiefliegend
an dem jeweiligen Radsatz (3, 4, 5) befestigte Zug-Druck-Stange (28, 29, 30) vorgesehen
ist.
3. Fahrwerk nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass je Radsatz (3, 4, 5) eine von ausgehende und hochliegende an dem jeweiligen Radsatz
(3, 4, 5) befestigte Drehmomentstütze (34, 35, 36) vorgesehen ist.
4. Fahrwerk nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass senkrecht zum Fahrwerksrahmen (2) hin angeordnete Aufhängungselemente (31, 32, 33)
zur lagegerechten Anordnung der Führelemente (12, 13, 14, 15) vorgesehen sind.
5. Fahrwerk nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass jeder Radsatz (3, 4, 5) Bremsen (40, 41, 42) aufweist und diese über Querträger (22,
23, 24) miteinander verbunden und von dem übrigen Führrahmen (12, 13, 14, 15) losgekoppelt
sind.
6. Fahrwerk nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kopplungselemente (20, 21) die Eigenschaften einer Feder (Steifigkeit) aufweisen.
7. Fahrwerk nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kopplungselemente (20, 21) die Eigenschaften eines Dämpfers (Dämpfungsglied)
aufweisen.
8. Fahrwerk nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kopplungselemente (20, 21) die Eigenschaften eines Gelenks (Selektion in der
Übertragung von Freiheitsgraden) aufweisen.