[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Ventils für
eine Brennkraftmaschine. Die Erfindung betrifft außerdem ein nach diesem Verfahren
hergestelltes Ventil sowie eine Brennkraftmaschine, die mindestens ein solches Ventil
enthält.
[0002] Ventile für Brennkraftmaschinen werden üblicherweise aus hochlegierten austenitischen
Stählen, wie z.B. aus Stählen mit den Werkstoffbezeichnungen X45, X80, X85 und 1.4344,
hergestellt. Dabei wird bei dem herkömmlichen Herstellungsverfahren zunächst ein Ventilrohling
aus den genannten Stählen einem Warmumformen unterzogen, so dass ein Rohventil erhalten
wird. Das Rohventil wird anschließend einem Härten in einem Vakuumofen und dann einem
Anlassen unterzogen. Anschließend wird das derart wärmebehandelte Rohventil in an
sich bekannter Weise weiteren Bearbeitungsschritten unterzogen, bis das fertige Ventil
erhalten wird.
[0003] Durch den Wärmeeintrag in den Ventilrohling während der Warmumformung wird eine Gefügeänderung
zu einem härteren Gefüge erreicht, das jedoch noch eine große Menge an Restaustenit
enthält. Da Ventile eine gleichmäßige Gefügestruktur aufweisen sollen und auf einen
bestimmten Härtewert eingestellt werden sollen, werden in dem herkömmlichen Herstellungsverfahren
die vorstehend genannten Schritte des Härtens in einem Vakuumofen und des Anlassens
durchgeführt, wodurch der Restaustenitgehalt vermindert wird und die Härte des Ventils
eingestellt wird.
[0004] Die Härtung in einem Vakuumofen ist jedoch zeitaufwändig und sowohl die Anschaffung
als auch der Betrieb eines Vakuumofens sind teuer.
[0005] Ferner ist die Durchführung einer Kältebehandlung von legierten Stählen bekannt.
Dabei werden insbesondere hochlegierte Werkzeugstähle einer Kältebehandlung unterzogen,
um die Standzeit von Werkzeugen, wie z.B. Fräsern, Stanzeinsätzen, Räumwerkzeugen,
zu erhöhen.
[0006] Die vorliegende Erfindung beschäftigt sich mit dem Problem, ein Verfahren zum Herstellen
eines Ventils für eine Brennkraftmaschine zu schaffen, das kostengünstiger ist als
das herkömmliche Verfahren und mit dem die Verminderung des Restaustenits und die
Einstellung der Härte des Ventils einfach erreicht werden können. Ferner soll mit
der vorliegenden Erfindung ein entsprechendes Ventil geschaffen werden.
[0007] Dieses Problem wird erfindungsgemäß durch die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche
gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
[0008] Die vorliegende Erfindung beruht auf dem allgemeinen Gedanken, ein Verfahren zum
Herstellen eines Ventils für eine Brennkraftmaschine mit den Schritten: Warmumformen
eines Ventilrohlings zu einem Rohventil, Einstellen des Gefüges und der Härte des
Rohventils und Fertigbearbeiten des Rohventils mit eingestelltem Gefüge und eingestellter
Härte derart auszuführen, dass das Einstellen des Gefüges und der Härte des Rohventils
dadurch erfolgt, dass das Rohventil zunächst einer Kältebehandlung bei einer Temperatur
von ≤ -100 °C und dann einer Wärmebehandlung bei einer Temperatur von ≥ 650 °C unterzogen
wird.
[0009] Durch die erfindungsgemäße Kältebehandlung bei einer Temperatur von ≤ -100 °C werden
im Wesentlichen die gleichen Effekte erzielt, wie sie durch die herkömmliche Härtungsbehandlung
in einem Vakuumofen erzielt werden, d.h. insbesondere die Verminderung des Restaustenits
nach der Warmumformung.
[0010] So wird in dem vorliegenden Verfahren bei einer Durchführung der Kältebehandlung
bis zu einer Temperatur von -120 °C die Gefügeumwandlung von Restaustenit zu der festeren
und härteren martensitischen Struktur im Wesentlichen vervollständigt, wodurch die
Härte des Stahls steigt. Gleichzeitig mit der Härte nimmt auch die Verschleißfestigkeit
des Stahls zu.
[0011] Wenn die Kältebehandlung in dem vorliegenden Verfahren bei noch tieferen Temperaturen
durchgeführt wird, d.h. bei unterhalb von -120 °C bis -198 °C, wird nicht nur der
Restaustenit im Wesentlichen vollständig in Martensit umgewandelt, sondern der Martensit
wird ferner kristallographisch und mikrostrukturell verändert. Insbesondere werden
feine Martensitnadeln gebildet, wodurch die Härte weiter ansteigt.
[0012] Diese Veränderung des Martensits führt bei der erfindungsgemäßen Wärmebehandlung
bei einer Temperatur von ≥ 650 °C auch zur Ausscheidung einer feineren Verteilung
von Carbiden in dem angelassenen Gefüge, was sowohl die Zähigkeit als auch die Verschleißfestigkeit
des Ventils erhöht.
[0013] Bei einer vorteilhaften Weiterbildung der erfindungsgemäßen Lösung wird deshalb die
Kältebehandlung bei einer Temperatur von -100 °C bis -196 °C, insbesondere bei einer
Temperatur von -140 °C bis -160 °C, durchgeführt.
[0014] Die Kältebehandlung wird in an sich bekannter Weise so durchgeführt, dass die Rohventile
entweder direkt durch flüssigen Stickstoff gekühlt werden, oder durch Luft oder Alkohol
als Kälteträger, die bzw. der durch flüssigen Stickstoff gekühlt worden ist. Wird
auf Temperaturen unter -120 °C abgekühlt, z.B. auf -160 °C, ist zu empfehlen, zunächst
auf eine Zwischentemperatur von z.B. -135 °C abzukühlen, und erst nach einem Zeitpunkt,
bei dem die Temperatur innerhalb des gesamten Ventils gleich ist, langsam weiter abzukühlen.
Dadurch kann eine Rissbildung in dem Ventil vermieden werden.
[0015] Die Abkühlungsrate bei der Kältebehandlung kann dabei 0,5 bis 4 °C/min, vorzugsweise
1 bis 3 °C/min und insbesondere 1 bis 2 °C/min betragen.
[0016] Bei einer vorteilhaften Weiterbildung der erfindungsgemäßen Lösung wird die Kältebehandlung
für einen Zeitraum von 0,5 bis 24 Stunden, vorzugsweise 0,75 bis 12 Stunden, insbesondere
1 bis 6 Stunden durchgeführt.
[0017] Die erfindungsgemäße Wärmebehandlung ist eine an sich bekannte Anlassbehandlung,
die erfindungsgemäß bei einer Temperatur von 650 °C bis 780 °C, vorzugsweise 680 °C
bis 750 °C, insbesondere 690 °C bis 730 °C, für einen Zeitraum von 1 bis 4 Stunden,
vorzugsweise 1,5 bis 3 Stunden, insbesondere 2 bis 2,5 Stunden durchgeführt wird.
[0018] Das in dem erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzte Warmumformen umfasst Warmfließpressen
und Schmieden, wie sie in an sich bekannter Weise zur Bildung von Rohventilen aus
Ventilrohlingen verwendet werden.
[0019] Der in dem erfindungsgemäßen Verfahren verwendete Ventilrohling kann aus bekannten
hochlegierten Stählen für Ventilanwendungen hergestellt sein, insbesondere aus einem
Stahl mit der Werkstoffbezeichnung X45, X80, X85 oder 1.4344.
[0020] Das Fertigbearbeiten des Rohventils mit eingestelltem Gefüge und eingestellter Härte
umfasst die fachüblichen Schritte, wie z.B. ein Sandstrahlen unmittelbar nach der
Anlass-Wärmebehandlung, ein Richten nach dem Sandstrahlen und verschiedene spanabhebende
Prozesse wie z.B. Dreh- und Schleifvorgänge.
[0021] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren können somit die Gesamtkosten dadurch gesenkt
werden, dass das herkömmlich durchgeführte Härten im Vakuumofen durch die wesentlich
kostengünstigere Kältebehandlung ersetzt wird.
[0022] Gemäß einer weiteren Ausführungsform wird erfindungsgemäß ein Ventil für eine Brennkraftmaschine
bereitgestellt, das durch das vorstehend beschriebene Verfahren erhalten wird.
[0023] Bei einer vorteilhaften Weiterbildung der erfindungsgemäßen Lösung weist das Ventil
eine Festigkeit von 1000 bis 1350 MPa, vorzugsweise 1100 bis 1350 MPa, insbesondere
1200 bis 1350 MPa, und eine Vickers-Härte HV1 von 300 bis 500, vorzugsweise 320 bis
480, insbesondere 340 bis 450 auf.
[0024] Gemäß einer weiteren Ausführungsform wird erfindungsgemäß eine Brennkraftmaschine
bereitgestellt, die mindestens ein Ventil enthält, das mit dem vorstehend beschriebenen
Verfahren erhalten worden ist.
[0025] Weitere wichtige Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
[0026] Es versteht sich, dass die vorstehend genannten Merkmale nicht nur in der jeweils
angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung
verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
[0027] Das folgende Beispiel dient lediglich der weiteren Veranschaulichung der Erfindung
und ist nicht beschränkend aufzufassen.
Beispiel
[0028] Ein Zylinderbutzen aus dem Werkstoff X85CrMoV18-2 als Ventilrohling wird induktiv
erhitzt und bei 1150 °C einem Warmfließpressen unterzogen. Der erhaltene Schmiederohling
wird direkt auf der Warmfließpresse gesenkgeschmiedet, und das erhaltene Rohventil
wird in einer Wasser-Thermisol-Lösung abgekühlt. Das Rohventil weist ein martensitisches
Gefüge mit einem Restaustenitgehalt von >70 % auf.
[0029] Mit dem erhaltenen Rohventil wird anschließend eine Kältebehandlung bei -100 °C mit
einer Abkühlrate von 2 °C/min und einer Haltezeit von 0,5 Stunden durchgeführt. Das
martensitische Gefüge des Rohventils nach der Kältebehandlung weist einen Restaustenitgehalt
von <70 % auf.
[0030] Das nach der Kältebehandlung erhaltene Ventil wird dann bei einer Temperatur von
720 °C für 2 Stunden angelassen, wobei ein gehärtetes Ventil mit einer Vickers-Härte
HV1 von 420 und einer Festigkeit von 1350 MPa erhalten wird. Eine Analyse des Gefüges
zeigt, dass der Restaustenitgehalt auf 0 % gesunken ist.
[0031] Das angelassene Ventil wird schließlich noch den üblichen Fertigbearbeitungsvorgängen
unterzogen, beispielsweise einem Sandstrahlen, Richten, Drehen und Schleifen.
1. Verfahren zum Herstellen eines Ventils für eine Brennkraftmaschine mit den Schritten:
Warmumformen eines Ventilrohlings zu einem Rohventil,
Einstellen des Gefüges und der Härte des Rohventils und
Fertigbearbeiten des Rohventils mit eingestelltem Gefüge und eingestellter Härte,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Einstellen des Gefüges und der Härte des Rohventils dadurch erfolgt, dass das
Rohventil zunächst einer Kältebehandlung bei einer Temperatur von ≤ -100 °C und
dann einer Wärmebehandlung bei einer Temperatur von ≥ 650 °C unterzogen wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die Kältebehandlung bei einer Temperatur von -100 °C bis -196 °C durchgeführt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet, dass die Kältebehandlung bei einer Temperatur von -140 °C bis -160 °C durchgeführt wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, dass die Kältebehandlung für einen Zeitraum von 0,5 bis 24 Stunden durchgeführt wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, dass die Wärmebehandlung bei einer Temperatur von 650 °C bis 780 °C durchgeführt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, dass das Warmumformen Warmfließpressen und Schmieden umfasst.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, dass der Ventilrohling aus einem Stahl mit der Werkstoffbezeichnung X45, X80, X85 oder
1.4344 hergestellt ist.
8. Ventil für eine Brennkraftmaschine, erhalten durch das Verfahren nach einem der Ansprüche
1 bis 7.
9. Ventil nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet, dass es eine Festigkeit von 1000 bis 1350 MPa und eine Vicker-Härte HV1 von 300 bis 500
aufweist.
10. Brennkraftmaschine,
dadurch gekennzeichnet, dass sie mindestens ein Ventil nach Anspruch 8 oder 9 enthält.