[0001] Die Erfindung betrifft eine Schleifscheibe, mit einem in Umfangsrichtung wirkenden
Schleifbereich, der gebundenes Schleifmittel aufweist; und mit nicht am Schleifvorgang
teilnehmenden Verstärkungselementen.
[0002] Schleifwerkzeuge mit gebundenem Schleifmittel weisen in ein Bindemittel eingebettete
Schleifmittel auf, die im Verbund einen kompakten Körper bilden.
[0003] Die Wahl des geeigneten Schleifwerkzeuges ist abhängig von der Aufgabe, die der Bearbeitung
des Werkstückes zu Grunde liegt. Meist sind hierbei zwei Bearbeitungseffekte maßgeblich:
Zum einen der Materialabtrag mit dem Ziel einer geometrischen Formgebung und zum anderen
die Mikrostruktur der bearbeiteten Werkstückoberfläche. Bei der Mehrzahl der Bearbeitungsaufgaben
soll eine geometrische Form erzielt werden, wobei zugleich Anforderungen an die Werkstückoberfläche
gestellt werden. Kriterium für die Beschaffenheit der Werkstückoberfläche ist meist
die Rautiefe R
A. sowie Art und Ausrichtung von Strukturmerkmalen.
[0004] Abweichend hiervon gibt es aber auch Bearbeitungsaufgaben mit Schleifwerkzeugen,
welche ganz überwiegend oder ausschließlich die Erzeugung einer bestimmten Mikrostruktur
der Werkstückoberfläche zum Ziel haben. Beispielsweise werden Edelstahlbleche für
den Gebrauch in Aufzügen oder Innenverkleidungen mit einem dekorativen Strichmuster
versehen, ohne dass ein nennenswerter Materialabtrag erfolgt. Hierbei kommen bevorzugt
Vlies- oder Bürstwerkzeuge zum Einsatz, weil diese über eine hinreichende Elastizität
verfügen, um sich flächig an das Werkstück anzupassen. Derartige Werkzeuge sind Schleifmittel
auf Unterlage.
[0005] Auch im Bereich der gebundenen Schleifwerkzeuge wurden spezielle Konstruktionen entwickelt
für die Oberflächenstrukturierung von Werkstücken. In der Regel handelt es sich hierbei
jedoch nicht um großflächige Werkstücke wie Bleche, sondern überwiegend um Funktionsteile
des Bereichs Maschinenbau. Wie im Bereich der Schleifmittel auf Unterlagen mit den
Vlies- und Bürstwerkzeugen besteht auch hier das Erfordernis einer Elastizität des
Schleifwerkzeuges, um sich der Oberflächenkontur des Werkstückes anzupassen. Entsprechend
werden für derartige Anwendungen weiche und elastische Bindemittel verwendet, so zum
Beispiel Gummi, Silikon oder auch Polyurethan. Auch ist es üblich, elastische Festkörper
wie zum Beispiel Kork einzubinden.
[0006] Eine verbreitete Anwendung für solche Werkzeuge ist die Bearbeitung zylindrischer
Werkstücke. Diese kann sowohl zwischen Spitzen, aber auch spitzenlos erfolgen. In
beiden Fällen kommt die Umfangsseite der Schleifscheibe zum Eingriff, wobei sich die
Achse des Werkstückes und die Achse der Schleifscheibe parallel zueinander verhalten.
Um das Werkstück über die gesamte Länge zu bearbeiten, verfährt die Schleifscheibe
in axialer Richtung und dies üblicherweise kontinuierlich in mehreren Zyklen. Hierdurch
kann zwar ein einheitliches Bearbeitungsbild in gewünschter Rautiefe erzielt werden,
jedoch zeigt die Oberfläche ein spiralförmiges Oberflächenmuster, auch als "Drall"
bezeichnet. Dieser Effekt kann die Funktionalität des Werkstückes beeinträchtigen,
so z. B. bei Zylindern oder Zahnstangen, die Bestandteil eines hydraulischen Systems
sind und durch Dichtungen verfahren. Die erreichten Rautiefen betragen ca. R
A < 0,8 mm.
[0007] Alternativ ist ein ähnliches Verfahren durchführbar, wobei jedoch das Schleifwerkzeug
nicht kontinuierlich axial verfährt, sondern nach jedem Eingriff vom Werkstück getrennt
wird, verfährt und dann wiederum im Sinne eines "Einstechschleifens" zum Eingriff
kommt. Nachteilig ist hier jedoch der diskontinuierliche Prozess mit dem Risiko, mit
jedem Eingriff Markierungen zu erzeugen.
[0008] Dieser Effekt kann vermieden werden, wenn ebenfalls mit der Umfangseite geschliffen,
die Schleifscheibe jedoch radial zur Längsachse des Werkstückes ausgerichtet wird
und in diese Richtung verfährt. Die Schleifscheibenachse verhält sich also stets rechtwinklig
zur Werkstücklängsachse. Auf diese Weise wird eine gradlinige, axial ausgerichtete
Oberflächenstruktur erhalten.
[0009] Weil in der Regel gewölbte Oberflächen bearbeitet werden, wird die Umfangseite entsprechend
der Werkstückgeometrie abgerichtet. Dadurch ist es möglich, fast die halbseitige Umfangsfläche
in einem Arbeitsgang zu bearbeiten.
[0010] Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, eine Schleifscheibe der eingangs genannten
Art zu schaffen, die sich zum Schleifen mit der Umfangsseite insbesondere zur Oberflächenstrukturierung
eignet und die mit geringem Aufwand die Herstellung von Oberflächen hoher Güte erlaubt.
[0011] Gelöst wird diese Aufgabe bei einer eingangs genannten Schleifscheibe dadurch, dass
die Verstärkungselemente wenigstens eine stirnseitig angeordnete Verstärkungsscheibe
aufweisen, die schleifmittelfrei und abrichtbar ausgebildet ist.
[0012] Zunächst seien einige im Rahmen der Erfindung verwendete Begriffe erläutert.
[0013] Der Begriff Schleifscheibe bezeichnet im Rahmen der Erfindung ein Schleifwerkzeug
mit gebundenem Schleifmittel, das zur Bearbeitung von Oberflächen mit einer Schmalseite
oder Umfangsseite ausgebildet ist. Der Schleifbereich ist derjenige Volumenbereich
der Schleifscheibe, der das gebundene Schleifmittel aufweist bzw. enthält. Geeignete
und im Rahmen der Erfindung verwendbare Schleifmittel sind beispielsweise Siliciumcarbid,
Schmelz- und Sinterkorunde. Sehr harte Schleifmittel wie kubisches Bornitrid oder
Diamant können ebenfalls verwendet werden, jedoch kommen die besonderen Eigenschaften
dieser harten Schleifmittel (hohe Verschleißbeständigkeit) aufgrund der verhältnismäßig
weichen Einbindung in das Bindemittel in der Regel nicht zum Tragen.
[0014] Der Schleifbereich wirkt in Umfangsrichtung. Dies bedeutet, dass er an einer Schmalseite
oder Umfangsseite der Schleifscheibe mit der zu bearbeitenden Oberfläche in Kontakt
gebracht werden kann.
[0015] Die erfindungsgemäße Schleifscheibe ist bevorzugt kreisförmig ausgebildet und zum
Aufspannen auf eine Rotationsschleifmaschine geeignet, ist aber nicht darauf beschränkt.
[0016] Die Schleifscheibe weist nicht am Schleifvorgang teilnehmende Verstärkungselemente
auf. Diese Elemente erhöhen die mechanische Stabilität der Scheibe und verringern
insbesondere eine elastische oder plastische Verformung der Schleifscheibe unter den
beim Schleifen auftretenden Belastungen wie beispielsweise Fliehkräften oder Druckbelastungen.
Sie verringern damit die gebundenen Schleifmitteln häufig inhärente Tendenz, sich
unter der Belastung des Schleifens zu verformen. Die Charakterisierung der Verstärkungselemente
als nicht am Schleifvorgang teilnehmend bedeutet, dass diese bei einem üblichen Schleifen
nicht mit der Oberfläche des bearbeiteten Werkstücks in Eingriff geraten.
[0017] Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass die Verstärkungselemente wenigstens eine stirnseitig
angeordnete Verstärkungsscheibe aufweisen, die schleifmittelfrei und abrichtbar ausgebildet
ist. Stirnseitig bedeutet, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe auf einer
Fläche der Schleifscheibe angeordnet ist, bei der es sich nicht um die schleifende
Umfangsfläche handelt. Bei einer kreisförmigen Schleifscheibe liegt eine solche Stirnfläche
in der Regel senkrecht zur vorgesehenen Rotationsachse.
[0018] Bei der Verstärkungsscheibe handelt es sich um ein flächiges Element, das der Aufnahme
und Ableitung mechanischer Kräfte dient und selbst nicht zur Teilnahme am Schleifvorgang
ausgebildet ist. Es enthält dementsprechend im Wesentlichen kein Schleifmittel. Diese
Verstärkungsscheibe ist abrichtbar ausgebildet. Die Bedeutung und die technischen
Vorteile dieses Merkmals werden nachfolgend erläutert.
[0019] Ein häufiger Einsatzbereich von mit der Umfangsseite wirkenden Schleifscheiben ist
die Oberflächenstrukturierung gekrümmter, beispielsweise zylindrischer Oberflächen.
Voraussetzungen hierfür sind allerdings eine hinreichende Elastizität des Schleifbereichs
und ein hoher Anpressdruck. Dabei kann im Stand der Technik die Schleifscheibe deformiert
werden, dadurch ist der Formschluss mit dem Werkstück nicht mehr gegeben. Zum anderen
können der Druck und die damit verbunden Deformation zur Rissbildung und in der Folge
zur Zerstörung der Schleifscheibe führen.
[0020] Aus offenkundiger Vorbenutzung ist bereits bekannt, diese unerwünschten Effekte durch
den Einsatz zweier seitlicher Stahlscheiben, die zusammen mit der Schleifscheibe auf
die Spindel montiert werden, zu vermindern. Diese Lösung des Standes der Technik ist
allerdings mit erheblichen Nachteilen verbunden.
[0021] Nach der Bearbeitung einer Anzahl von Werkstücken müssen Schleifscheiben periodisch
abgerichtet werden, um insbesondere die gewünschte Oberflächengeometrie der Umfangsseite
wieder herzustellen. Allerdings können Stahlscheiben nicht zusammen mit der Schleifscheibe
abgerichtet werden. Vielmehr müssen nach jedem Abrichten Stahlscheiben mit entsprechend
geringerem Durchmesser montiert werden. Dies hat den Nachteil einer Vorratshaltung
und eines Montageaufwands. Auch muss in Kauf genommen werden, dass die Stahlscheiben
nur in bestimmten Maßabstufungen zur Verfügung stehen und somit keine passgenaue Stützwirkung
erreicht werden kann. Ein besonderer Vorteil der vorliegenden Erfindung ist es, dass
die abrichtbar ausgebildeten Verstärkungsscheiben eine vergleichbare mechanische Stabilisierung
ermöglichen, jedoch beim Abrichten der Schleifscheibe gemeinsam mit dem Schleifbereich
abgerichtet werden können. Die im Stand der Technik notwendige Demontage/Montage von
Stahlscheiben entfällt.
[0022] Unter einer Eignung für Abrichtprozesse wird verstanden, dass die geometrische Form
und/oder die Schärfe mittels eines üblichen Abrichtwerkzeuges wiederhergestellt werden
kann. Derartige Abrichtwerkzeuge beinhalten Ausführungsformen mit Eindiamanten oder
mit Diamanten besetzte Formkörper, aber auch diamantlose Abrichtwerkzeuge mit Siliciumcarbid
oder Korund.
[0023] Erfindungsgemäß ist es besonders bevorzugt, dass die Verstärkungselemente zwei stirnseitig
angeordnete Verstärkungsscheiben aufweisen, die schleifmittelfrei und abrichtbar ausgebildet
sind. Der leichter verformbare Schleifbereich wird auf diese Art und Weise von beiden
Stirnseiten her eingefasst und verstärkt.
[0024] Es ist weiterhin bevorzugt, dass das Material der Verstärkungsscheiben eine Biegebruchfestigkeit
von wenigstens 15 MPa, vorzugsweise wenigstens 20 MPa, weiter vorzugsweise wenigstens
25 MPa aufweist. Die Shore A-Härte kann bevorzugt über 100 liegen.
[0025] Zur Messung der Biegebruchfestigkeit wurden quadratische Probekörper mit den Maßen
16,2 mm x 16,2 mm x 120,4 mm einem 3-Punkt-Biegeversuchs unterzogen. Die Auflage bestand
aus zwei Metallrollen mit einem Abstand der Auflagepunkte von 80 mm, der Durchmesser
der Metallrollen betrug 30 mm. Bei der Zustellung betrug die Traversengeschwindigkeit
10 mm/min
[0026] Als geeignetes, abrichtbares Material für die Verstärkungsscheiben kommt grundsätzlich
ein Material auf Basis eines gleichen oder vergleichbaren Bindemittels wie für den
Schleifbereich verwendet infrage. Dies erleichtert es, den Schleifbereich und die
Verstärkungsscheiben in einem Arbeitsgang mit dem gleichen Werkzeug abzurichten. Geeignete
Bindemittel können beispielsweise Polyurethane, Phenolharze, Glas- oder Keramikbindemittel
sein. Bevorzugt kann zur Einstellung der gewünschten mechanischen Eigenschaften und
Erhöhung der Festigkeit ein Füllstoff vorgesehen sein. Es kann sich um bekannte mineralische
Füllstoffe handeln, bevorzugt sind Hohlkörper auf mineralischer Basis (Mikrokugeln).
Der Füllstoffgehalt kann erfindungsgemäß beispielsweise zwischen 10 und 60 Gew.-%,
weiter vorzugsweise 20 und 40 Gew.-% liegen. Diese Ober- und Untergrenzen sind beliebig
zu erfindungsgemäßen Bereichen kombinierbar.
[0027] Es ist bevorzugt, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe flächig mit dem Schleifbereich
verbunden ist. Flächig verbunden bedeutet, dass diese Verstärkungsscheibe zumindest
mit einem großen Flächenanteil von über 50 %, bevorzugt jedoch vollflächig einen Kraftschluss
mit dem Schleifbereich eingeht, beispielsweise verklebt ist. Dieser flächige Verbund
verhindert, dass die Schleifscheibe zur Mittelachse hin komprimiert wird mit der Folge
einer verringerten Maßhaltigkeit in der Schleifzone. Ein solcher flächiger Verbund
ist im Stand der Technik bei den eingesetzten Stahlscheiben nicht möglich, da diese
zum Abrichten demontiert und anschließend wieder montiert werden müssen. Das Material
des Schleifbereichs weist bevorzugt eine geringere Härte als das Material der Verstärkungsscheiben
auf. Bevorzugt ist ein Bereich der Shore A-Härte von 20 bis 97, weiter bevorzugt sind
Bereiche von 20-90 oder 70-85, bei der Bearbeitung von gehärteten, zylindrischen metallischen
Werkstücken kann beispielsweise der Härtebereich von 70-85 sinnvoll sein.
[0028] Bei einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist vorgesehen, dass
der Schleifbereich ringförmig ausgebildet ist und einen harten Kernbereich umgibt.
Hart bedeutet in diesem Zusammenhang, dass dieser Kernbereich eine größere Härte aufweist
als der radial außen darum angeordnete Schleifbereich. Bei der bevorzugt kreisförmigen
Schleifscheibe kann dieser Kernbereich insbesondere die Beschleunigungs- und Fliehkräfte
im Bereich der Bohrung aufnehmen und ableiten. Der Kernbereich weist somit die Öffnung
oder Bohrung auf, die zur Verbindung mit der Schleifmaschine dient. Der Kernbereich
kann erfindungsgemäß aus einem gleichen oder ähnlichen Material bestehen wie die Verstärkungsscheiben.
[0029] Bei dieser bevorzugten Ausführungsform besteht somit eine erfindungsgemäße Schleifscheibe
aus vier strukturellen Elementen. Es handelt sich um den Kernbereich, den Schleifbereich
und zwei Verstärkungsscheiben. Der Kern nimmt in Bereich der Bohrung die beschriebenen
Kräfte sowie Antriebskräfte auf. Im Rahmen der Erfindung ist es ebenfalls möglich,
dass der Kernbereich und die Verstärkungsscheiben einstückig ausgebildet bzw. einstückig
miteinander verbunden sind. Bevorzugt ist es somit auch, dass erfindungsgemäß die
Verstärkungsscheiben sich über Flächenbereiche des Schleifbereichs und des Kernbereichs
erstrecken und damit jeweils flächig (oder im Fall des Kernbereichs einstückig) verbunden
sind. Der Verbund der Verstärkungsscheiben sowohl mit dem Schleifbereich als auch
dem Kernbereich ermöglicht es, eine wirkungsvolle Kraftableitung in den Kernbereich
vorzunehmen. Eine radiale Formveränderung des Schleifbereichs wird dadurch im Wesentlichen
verhindert. Folglich wird eine deutlich verbesserte Formtreue der Eingriffszone des
Schleifbereichs gegen Druckkräfte beim Schleifvorgang erreicht. Es ist aber auch festzustellen,
dass bereits beim Beschleunigen der Schleifscheibe auf die gewünschte Arbeitsgeschwindigkeit
eine Dehnung durch Fliehkräfte deutlich verringert wird. Dies gestattet zum einen
den Einsatz eines tendenziell härteren Bindemittels mit höherer Schleifleistung. Weil
der Schleifbereich flächig an den Verstärkungsscheiben fixiert ist, bleibt auch unter
der Druckbelastung einer Anwendung die Oberflächengeometrie des Schleifbereichs tendenziell
erhalten. Wegen dieser besseren Formtreue ist somit bei einem härteren Bindemittel
noch der Formschluss zwischen Werkstück und Eingriffszone des Schleifbereichs gewährleistet.
Die erfindungsgemäße Schleifscheibe gestattet zum anderen aber auch den Einsatz besonders
weicher Bindemittel, wie sie für das Schleifen geometrisch komplizierter Werkstücke
erforderlich sein können. In diesem Fall kann sich der Schleifbereich weitgehend an
die Werkstückkontur anpassen und wird dabei durch die Verstärkungsscheiben gegen Deformation
und Rissbildung stabilisiert. Unabhängig vom gewählten Bindemittel sind aufgrund der
verbesserten Festigkeit generell höhere Arbeitsgeschwindigkeiten zu erzielen. Dies
verbessert die Effizienz des Schleifprozesses, kann aber zusätzlich auch die Schaffung
spezieller, drehzahlabhängiger Oberflächenstrukturen ermöglichen.
[0030] Erfindungsgemäß ist es weiter bevorzugt, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe
sich über wenigstens 80%, vorzugsweise wenigstens 90% der Stirnfläche von darunter
angeordnetem Schleifbereich und/oder Kernbereich erstreckt. Diese großflächige Ausgestaltung
der Verstärkungsscheiben erlaubt eine wirkungsvolle Stabilisierung und Formhaltung
des Schleifbereichs.
[0031] Die axiale Dicke der wenigstens einen Verstärkungsscheibe, bevorzugt die gemeinsame
axiale Dicke der beiden Verstärkungsscheiben, beträgt bei einer bevorzugten Ausführungsform
10-30 %, weiter vorzugsweise 15-25 % der Gesamtdicke der Schleifscheibe.
[0032] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung einer erfindungsgemäßen
Schleifscheibe zur Oberflächenbearbeitung. Bevorzugt ist dabei die Oberflächenbearbeitung
von Werkstücken, vorzugsweise zylindrischen Werkstücken und/oder Funktionsteile von
Maschinen. Es handelt sich dabei bevorzugt nicht um eine großflächige Bearbeitung
planer Flächen, sondern eine vergleichsweise kleinteilige Bearbeitung gekrümmter wie
beispielsweise zylindrischer Flächen. Besonders bevorzugt ist die Verwendung zur Oberflächenstrukturierung.
Oberflächenstrukturierung bedeutet, dass keine substantielle Formveränderung der Oberfläche
im Sinne eines Materialabtrags mehr erfolgt, sondern lediglich eine gewünschte Oberflächenstruktur
erzeugt wird.
[0033] Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nachfolgend unter Bezugnahme auf die einzige
Zeichnung beschrieben, die eine erfindungsgemäße Schleifscheibe in einer axialen und
radialen Ansicht zeigt.
Beispiel 1
[0034] Eine erfindungsgemäße Schleifscheibe mit den Maßen 300 mm (Durchmesser) x 40 mm (Breite)
x 76 mm (Bohrungsdurchmesser) besteht aus den Strukturelementen Schleifbereich mit
einer Schleifschicht und einem Kernbereich im Bereich der Bohrung sowie aus zwei seitlichen
Verstärkungsscheiben. Diese Strukturelemente werden zunächst als zylindrische Rohlinge
großer Länge gefertigt und dann mittels einer Diamanttrennscheibe derart zugeschnitten,
dass passgenaue, scheibenförmige Elemente für die Weiterverarbeitung zum Einzelwerkzeug
erhalten werden.
Vorfertigung des Kernbereichs:
[0035]
| Rezepturbestandteile: |
|
| Rencast FC52 ISO |
(Isocyanat auf Basis MDI, Huntsman Advanced Materials) |
| Rencast FC52 Poly |
(Formuliertes Polyol, Huntsman Advanced Materials) |
| Mikrokugeln SOPHERES SG-300 B |
(Leichtfüllstoff, Omega Minerals Germany) |
[0036] 740 g Rencast FC52 ISO, 740 g Rencast FC52 Poly und 762 g Mikrokugeln ISOPHERES SG-300
B werden mit einem Rührer homogen vermischt und in eine mit Trennmittel beschichtete
Aluminiumform mit den Maßen 123 mm (Durchmessser), 320 mm (Länge) und 70 mm (Bohrungsdurchmesser)
eingegossen. Nach einer Aushärtezeit von 30 Minuten wird die Masse ausgeformt und
in zwei Teilstücke mit jeweils 155 mm aufgetrennt. Diese werden nachfolgend mittels
Drehen auf ein Außendurchmessermaß von 120 mm reduziert und im nachfolgenden Arbeitsgang
für eine bessere Verklebung aufgeraut.
Vorfertigung des Schleifbereichs:
Rezepturbestandteile:
[0037]
| RC-Dur 110 |
(Diphenylmethandiisocyant, Bayer MaterialScience) |
| Poly-G HQEE |
(Vernetzer, Hydroquinine-Di-(Beta-h)ester, CVH Chemie.Vertrieb) |
| Diorez 770 / 02 |
(Polyesterpolyol, Azelis Schweiz Chemicals) |
| Dabco TMR 2 |
(Aktivator, quartenäres Ammoniumsalz, Air Products Chemicals) |
| Tegostab B 8905 |
(Tensid, CVH-Chemie-Vertrieb GmbH & Co. Hannover KG) |
| Dipropylenglykol Araldit AW 116 |
(Lösemittel, CVH-Chemie-Vertrieb) (Epoxidharz, Fa. Epoxidharze Andreas Weigel) |
| Härter HV 953 U |
Härter zu Alaldit AW 116, Fa. Epoxidharze Andreas Weigel) |
| Byk-W 961 SCG F 80 |
(Strukturverbesserer, BYK-Chemie) (Schleifkorn Siliciumcarbid grün, Körnung F 80,
ESK-SiC GmbH |
| Schäumer |
(Mischung aus Tegostab 8905, Dipropylenglykol und Wasser zu jeweils weils gleichen
Volumenanteilen) |
| Katalysator |
(Mischung aus Dipropylenglykol (98,04 Ma.-%) und Dabco TMR (1,96 Ma.-%). |
[0038] Poly-G HQEE und Diorez 770 / 02 werden im Verhältnis 4,76: 95,24 Massenanteile gemischt
und 48 Stunden vor der Verwendung auf 105 C erhitzt. In gleicher Weise vorgewärmt
wird das Schleifkorn SCG F 80.
[0039] Die Komponenten RC-Dur 110 (1079 g), Schäumer (2 g), Gemisch Poly-G HQEE und Diorez
770 / 02 (3162 g), Byk-W 961 (5 g) und SCG F 80 (11859 g) werden homogen vermischt,
Zeit hierfür 60 s. Nach Zugabe von CAT1 (20g) wird erneut gemischt (20 s).
[0040] In eine vorgewärmte und mit Trennmittel beschichtete Metallform mit den Maßen 310
mm (Durchmessser), 155 mm (Breite) und 70 mm (Bohrungsdurchmesser) wird der vorgefertigte
und mit Klebstoff (Aaraldit) eingestrichene Kernbereich aufgesteckt. Die exakte mittige
Positionierung erfolgt dabei mittels eines Zentrierzapfens.
[0041] Das Gemisch wird eingefüllt, die Form verschlossen und im Ofen auf eine Temperatur
von 105 Grad zum Aushärten (20 Minuten) erwärmt.
[0042] Schließlich wird die Form geöffnet, der Rohling entnommen, in einem Bearbeitungszentrum
aufgespannt und am Umfang auf ein Maß von 307 mm abgedreht. In gleicher Aufspannung
wird schließlich ein scheibenförmiges Teil einer Breite von 30 mm mittels einer Diamanttrennschleifscheibe
abgeschnitten.
Vorfertigung der Verstärkungsscheiben:
[0043] Die Fertigung der Verstärkungsscheiben erfolgt aus dem Material, das auch zur Herstellung
des Kernbereichs verwendet wurde. Die Beschreibung zur Verarbeitung ist sinnentsprechend
anzuwenden.
Rezepturbestandteile:
[0044]
2498 g Rencast FC52 ISO
2498 g Rencast FC52 Poly
2505 g Mikrokugeln ISOPHERES SG-300 B
Maße der Pressform:
[0045]
310 mm (Durchmesser)
120 mm (Breite)
70 mm (Bohrungsdurchmesser)
[0046] Der Durchmesser des erhaltenen zylindrischen Körpers wird in einem Bearbeitungszentrum
mittels Drehen auf 307 mm reduziert. In gleicher Aufspannung werden mittels einer
Diamanttrennschleifscheibe scheibenförmige Segmente von 5,2 mm Breite geschnitten.
Weiterverarbeitung:
[0047] Vor der Weiterverarbeitung werden die einzelnen Strukturelemente überprüft. Kriterien
sind Maße, Gewicht, Dichte, Härte und Bruchfestigkeit (Stützscheiben). Weiterhin erfolgt
eine Sichtprüfung auf Schäden wie Risse, Poren oder Inhomogenitäten.
[0048] Die Verstärkungsscheiben werden nacheinander auf den Kernbereich aufgeklebt, wobei
diese jeweils während der Aushärtezeit mit Druck beaufschlagt werden. Schließlich
wird die Schleifscheibe mittels Drehen an den Stirnseiten, der Bohrung und am Umfang
bearbeitet um das gewünschte Maß und die gewünschte Oberflächenstruktur zu erhalten.
Schließlich wird durch Abrichten die dem jeweiligen Einsatzzweck entsprechende umfangseitige
Profilierung erzeugt.
[0049] Die Endkontrolle umfasst Prüfungen auf Maßhaltigkeit und Unwucht sowie einen Probelauf
mit dem 1,2fachen der Arbeitshöchstgeschwindigkeit von 40 m/s.
[0050] Zur Überprüfung der Bruchfestigkeit wurde ein weiterer Probelauf durchgeführt. Dafür
wurden eine Arbeitshöchstgeschwindigkeit von 40 m/s und ein nach Maßgabe der tatsächlichen
Anwendung wesentlich erhöhter Sicherheitsfaktor von 3,5 zu Grunde gelegt. Dabei ist
der Sicherheitsfaktor definiert wie folgt:

S
br= Sicherheitsfaktor gegen Bruch durch Fliehkraft
v
br= Umfangsgeschwindigkeit bei Bruch durch Fliehkraft
v
s= Arbeitshöchstgeschwindigkeit entsprechend zulässiger Umfangsgeschwindigkeit eines
rotierenden Schleifwerkzeuges
[0051] Daraus folgt, dass für eine Arbeitsgeschwindigkeit von 40 m/s unter Zugrundelegung
eines Sicherheitsfaktors von 3,5 die Mindestbruchumfangsgeschwindigkeit 75 m/s beträgt.
[0052] Beim Probelauf konnte eine Umfangsgeschwindigkeit der Versuchsmuster von 75 m/s erreicht
werden ohne mechanischen Bruch oder sichtbare Beschädigungen hervorzurufen.
[0053] Die erfindungsgemäße Schleifscheibe ist schematisch in der Figur dargestellt. Die
Bezugsziffer 1 zeigt den Kernbereich, der ganz oder teilweise von einer Bohrung zum
Aufspannen auf eine Schleifmaschine durchsetzt sein kann. Die Bezugsziffer 2 kennzeichnet
den Schleifbereich. Man erkennt, dass dieser am Umfang konkav gewölbt gestaltet ist,
um dort zylindrischer Werkstücke schleifen zu können. Die Verstärkungsscheiben tragen
die Bezugsziffer 3.
[0054] Nach längerem Gebrauch der Schleifscheibe kann ein Ab richten erforderlich sein.
Da die Verstärkungsscheiben 3 aus abrichtbarem Material bestehen, können diese ohne
weiteres gemeinsam mit dem Schleifbereich 2 abgerichtet werden.
Beispiel 2:
Werkzeug:
[0055] Schleifscheibe gemäß Beispiel 1, jedoch mit den abweichenden Abmessungen 200 x 30
x 76.2 mm (Außendurchmesser x Breite x Bohrungsdurchmesser).
Schleifmaschine:
[0056] Sondermaschine der Fa. Thielenhaus
Werkstück:
[0057] Zylinder aus 100Cr6, Durchmesser 26 mm, Länge 1200 mm Vorbearbeitet durch Schleifen
mit einer gebundenen Schleifscheibe der Körnung F80.
Rz= 2.0 - 3.0 µm
Aufmaß < 0,01 mm
[0058] Die Schleifscheibe wir zunächst mit einem Einkorndiamanten CNC-gesteuert mit einem
Überdeckungsgrad Ud > 4 konkav profiliert.
[0059] Schleifscheibe und Werkstück sind derart zueinander angeordnet, dass sich die Spindel
der Schleifmaschine rechtwinklig zur Längsachse des Werkstückes verhält. Entsprechend
verfährt die Schleifscheibe bei der Bearbeitung des zylindrischen Werkstückes in dessen
axialer Richtung jeweils als Doppelhub.
[0060] Nach einem Bearbeitungsschritt erfolgt jeweils eine Rotation des Werkstückes um 30
Grad.
[0061] Für das Schleifen gelten folgende Anwendungsparameter:
| Arbeitsgeschwindigkeit: |
35 m/s |
| Vorschubgeschwindigkeit in axialer Richtung: |
10 m / min |
| Anpressdruck der Schleifscheibe |
4-6 bar |
[0062] Das Werkstück weist nach der Bearbeitung eine gleichmäßige, axial verlaufende Oberflächenstruktur
auf mit einem Mittenrauhwert Ra < 0.4 µm auf.
1. Schleifscheibe, mit einem in Umfangsrichtung wirkenden Schleifbereich (2), der gebundenes
Schleifmittel aufweist; und mit nicht am Schleifvorgang teilnehmenden Verstärkungselementen
(3), dadurch gekennzeichnet, dass die Verstärkungselemente wenigstens eine stirnseitig angeordnete Verstärkungsscheibe
(3) aufweisen, die schleifmittelfrei und abrichtbar ausgebildet ist.
2. Schleifscheibe nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Verstärkungselemente zwei stirnseitig angeordnete Verstärkungsscheiben (3) aufweisen,
die schleifmittelfrei und abrichtbar ausgebildet sind.
3. Schleifscheibe nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der Verstärkungsscheiben (3) eine Biegebruchfestigkeit von wenigstens
15 MPa, vorzugsweise wenigstens 20 MPa, weiter vorzugsweise wenigstens 25 MPa aufweist.
4. Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe (3) flächig mit dem Schleifbereich (2) verbunden
ist.
5. Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe (3) ein Bindemittel und/oder Füllstoffe aufweist.
6. Schleifscheibe nach einem 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Füllstoffanteil der Verstärkungsscheiben (3) 10 bis 60 Gew.-%, vorzugsweise 20
bis 40 Gew.-% beträgt.
7. Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Material des Schleifbereichs (2) eine Shore A-Härte von 20 bis 97 aufweist.
8. Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Schleifbereich (2) ringförmig ausgebildet ist und einen harten Kernbereich (1)
umgibt.
9. Schleifscheibe nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe (3) sich über Flächenbereiche des Schleifbereichs
(2) und des Kernbereichs (1) erstreckt und damit jeweils flächig verbunden ist.
10. Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe (3) sich über wenigstens 80%, vorzugsweise
wenigstens 90% der Stirnfläche von darunter angeordnetem Schleifbereich (2) und/oder
Kernbereich (1) erstreckt.
11. Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass die axiale Dicke der wenigstens einen Verstärkungsscheibe (3) 10 bis 30%, vorzugsweise
15 bis 25% der Gesamtdicke der Schleifscheibe beträgt.
12. Verwendung einer Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 11 zur Oberflächenbearbeitung.
13. Verwendung nach Anspruch 12 zur Oberflächenbearbeitung von Werkstücken, vorzugsweise
zylindrischen Werkstücken und/oder Funktionsteilen von Maschinen.
14. Verwendung nach Anspruch 12 oder 13 zur Oberflächenstrukturierung.