(19)
(11) EP 2 954 981 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
16.12.2015  Patentblatt  2015/51

(21) Anmeldenummer: 14171842.9

(22) Anmeldetag:  10.06.2014
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B24D 5/04(2006.01)
B24D 5/08(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(71) Anmelder: Hermes Schleifkörper GmbH
01237 Dresden (DE)

(72) Erfinder:
  • Davids, Bettina
    01237 Dresden (DE)
  • Kaminsky, Enrico
    01309 Dresden (DE)

(74) Vertreter: Glawe, Delfs, Moll 
Partnerschaft mbB von Patent- und Rechtsanwälten Rothenbaumchaussee 58
20148 Hamburg
20148 Hamburg (DE)

   


(54) Schleifscheibe


(57) Gegenstand der Erfindung ist eine Schleifscheibe, mit einem in Umfangsrichtung wirkenden Schleifbereich (2), der gebundenes Schleifmittel aufweist; und mit nicht am Schleifvorgang teilnehmenden Verstärkungselementen (3). Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass die Verstärkungselemente wenigstens eine stirnseitig angeordnete Verstärkungsscheibe (3) aufweisen, die schleifmittelfrei und abrichtbar ausgebildet ist.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Schleifscheibe, mit einem in Umfangsrichtung wirkenden Schleifbereich, der gebundenes Schleifmittel aufweist; und mit nicht am Schleifvorgang teilnehmenden Verstärkungselementen.

[0002] Schleifwerkzeuge mit gebundenem Schleifmittel weisen in ein Bindemittel eingebettete Schleifmittel auf, die im Verbund einen kompakten Körper bilden.

[0003] Die Wahl des geeigneten Schleifwerkzeuges ist abhängig von der Aufgabe, die der Bearbeitung des Werkstückes zu Grunde liegt. Meist sind hierbei zwei Bearbeitungseffekte maßgeblich: Zum einen der Materialabtrag mit dem Ziel einer geometrischen Formgebung und zum anderen die Mikrostruktur der bearbeiteten Werkstückoberfläche. Bei der Mehrzahl der Bearbeitungsaufgaben soll eine geometrische Form erzielt werden, wobei zugleich Anforderungen an die Werkstückoberfläche gestellt werden. Kriterium für die Beschaffenheit der Werkstückoberfläche ist meist die Rautiefe RA. sowie Art und Ausrichtung von Strukturmerkmalen.

[0004] Abweichend hiervon gibt es aber auch Bearbeitungsaufgaben mit Schleifwerkzeugen, welche ganz überwiegend oder ausschließlich die Erzeugung einer bestimmten Mikrostruktur der Werkstückoberfläche zum Ziel haben. Beispielsweise werden Edelstahlbleche für den Gebrauch in Aufzügen oder Innenverkleidungen mit einem dekorativen Strichmuster versehen, ohne dass ein nennenswerter Materialabtrag erfolgt. Hierbei kommen bevorzugt Vlies- oder Bürstwerkzeuge zum Einsatz, weil diese über eine hinreichende Elastizität verfügen, um sich flächig an das Werkstück anzupassen. Derartige Werkzeuge sind Schleifmittel auf Unterlage.

[0005] Auch im Bereich der gebundenen Schleifwerkzeuge wurden spezielle Konstruktionen entwickelt für die Oberflächenstrukturierung von Werkstücken. In der Regel handelt es sich hierbei jedoch nicht um großflächige Werkstücke wie Bleche, sondern überwiegend um Funktionsteile des Bereichs Maschinenbau. Wie im Bereich der Schleifmittel auf Unterlagen mit den Vlies- und Bürstwerkzeugen besteht auch hier das Erfordernis einer Elastizität des Schleifwerkzeuges, um sich der Oberflächenkontur des Werkstückes anzupassen. Entsprechend werden für derartige Anwendungen weiche und elastische Bindemittel verwendet, so zum Beispiel Gummi, Silikon oder auch Polyurethan. Auch ist es üblich, elastische Festkörper wie zum Beispiel Kork einzubinden.

[0006] Eine verbreitete Anwendung für solche Werkzeuge ist die Bearbeitung zylindrischer Werkstücke. Diese kann sowohl zwischen Spitzen, aber auch spitzenlos erfolgen. In beiden Fällen kommt die Umfangsseite der Schleifscheibe zum Eingriff, wobei sich die Achse des Werkstückes und die Achse der Schleifscheibe parallel zueinander verhalten. Um das Werkstück über die gesamte Länge zu bearbeiten, verfährt die Schleifscheibe in axialer Richtung und dies üblicherweise kontinuierlich in mehreren Zyklen. Hierdurch kann zwar ein einheitliches Bearbeitungsbild in gewünschter Rautiefe erzielt werden, jedoch zeigt die Oberfläche ein spiralförmiges Oberflächenmuster, auch als "Drall" bezeichnet. Dieser Effekt kann die Funktionalität des Werkstückes beeinträchtigen, so z. B. bei Zylindern oder Zahnstangen, die Bestandteil eines hydraulischen Systems sind und durch Dichtungen verfahren. Die erreichten Rautiefen betragen ca. RA < 0,8 mm.

[0007] Alternativ ist ein ähnliches Verfahren durchführbar, wobei jedoch das Schleifwerkzeug nicht kontinuierlich axial verfährt, sondern nach jedem Eingriff vom Werkstück getrennt wird, verfährt und dann wiederum im Sinne eines "Einstechschleifens" zum Eingriff kommt. Nachteilig ist hier jedoch der diskontinuierliche Prozess mit dem Risiko, mit jedem Eingriff Markierungen zu erzeugen.

[0008] Dieser Effekt kann vermieden werden, wenn ebenfalls mit der Umfangseite geschliffen, die Schleifscheibe jedoch radial zur Längsachse des Werkstückes ausgerichtet wird und in diese Richtung verfährt. Die Schleifscheibenachse verhält sich also stets rechtwinklig zur Werkstücklängsachse. Auf diese Weise wird eine gradlinige, axial ausgerichtete Oberflächenstruktur erhalten.

[0009] Weil in der Regel gewölbte Oberflächen bearbeitet werden, wird die Umfangseite entsprechend der Werkstückgeometrie abgerichtet. Dadurch ist es möglich, fast die halbseitige Umfangsfläche in einem Arbeitsgang zu bearbeiten.

[0010] Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, eine Schleifscheibe der eingangs genannten Art zu schaffen, die sich zum Schleifen mit der Umfangsseite insbesondere zur Oberflächenstrukturierung eignet und die mit geringem Aufwand die Herstellung von Oberflächen hoher Güte erlaubt.

[0011] Gelöst wird diese Aufgabe bei einer eingangs genannten Schleifscheibe dadurch, dass die Verstärkungselemente wenigstens eine stirnseitig angeordnete Verstärkungsscheibe aufweisen, die schleifmittelfrei und abrichtbar ausgebildet ist.

[0012] Zunächst seien einige im Rahmen der Erfindung verwendete Begriffe erläutert.

[0013] Der Begriff Schleifscheibe bezeichnet im Rahmen der Erfindung ein Schleifwerkzeug mit gebundenem Schleifmittel, das zur Bearbeitung von Oberflächen mit einer Schmalseite oder Umfangsseite ausgebildet ist. Der Schleifbereich ist derjenige Volumenbereich der Schleifscheibe, der das gebundene Schleifmittel aufweist bzw. enthält. Geeignete und im Rahmen der Erfindung verwendbare Schleifmittel sind beispielsweise Siliciumcarbid, Schmelz- und Sinterkorunde. Sehr harte Schleifmittel wie kubisches Bornitrid oder Diamant können ebenfalls verwendet werden, jedoch kommen die besonderen Eigenschaften dieser harten Schleifmittel (hohe Verschleißbeständigkeit) aufgrund der verhältnismäßig weichen Einbindung in das Bindemittel in der Regel nicht zum Tragen.

[0014] Der Schleifbereich wirkt in Umfangsrichtung. Dies bedeutet, dass er an einer Schmalseite oder Umfangsseite der Schleifscheibe mit der zu bearbeitenden Oberfläche in Kontakt gebracht werden kann.

[0015] Die erfindungsgemäße Schleifscheibe ist bevorzugt kreisförmig ausgebildet und zum Aufspannen auf eine Rotationsschleifmaschine geeignet, ist aber nicht darauf beschränkt.

[0016] Die Schleifscheibe weist nicht am Schleifvorgang teilnehmende Verstärkungselemente auf. Diese Elemente erhöhen die mechanische Stabilität der Scheibe und verringern insbesondere eine elastische oder plastische Verformung der Schleifscheibe unter den beim Schleifen auftretenden Belastungen wie beispielsweise Fliehkräften oder Druckbelastungen. Sie verringern damit die gebundenen Schleifmitteln häufig inhärente Tendenz, sich unter der Belastung des Schleifens zu verformen. Die Charakterisierung der Verstärkungselemente als nicht am Schleifvorgang teilnehmend bedeutet, dass diese bei einem üblichen Schleifen nicht mit der Oberfläche des bearbeiteten Werkstücks in Eingriff geraten.

[0017] Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass die Verstärkungselemente wenigstens eine stirnseitig angeordnete Verstärkungsscheibe aufweisen, die schleifmittelfrei und abrichtbar ausgebildet ist. Stirnseitig bedeutet, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe auf einer Fläche der Schleifscheibe angeordnet ist, bei der es sich nicht um die schleifende Umfangsfläche handelt. Bei einer kreisförmigen Schleifscheibe liegt eine solche Stirnfläche in der Regel senkrecht zur vorgesehenen Rotationsachse.

[0018] Bei der Verstärkungsscheibe handelt es sich um ein flächiges Element, das der Aufnahme und Ableitung mechanischer Kräfte dient und selbst nicht zur Teilnahme am Schleifvorgang ausgebildet ist. Es enthält dementsprechend im Wesentlichen kein Schleifmittel. Diese Verstärkungsscheibe ist abrichtbar ausgebildet. Die Bedeutung und die technischen Vorteile dieses Merkmals werden nachfolgend erläutert.

[0019] Ein häufiger Einsatzbereich von mit der Umfangsseite wirkenden Schleifscheiben ist die Oberflächenstrukturierung gekrümmter, beispielsweise zylindrischer Oberflächen. Voraussetzungen hierfür sind allerdings eine hinreichende Elastizität des Schleifbereichs und ein hoher Anpressdruck. Dabei kann im Stand der Technik die Schleifscheibe deformiert werden, dadurch ist der Formschluss mit dem Werkstück nicht mehr gegeben. Zum anderen können der Druck und die damit verbunden Deformation zur Rissbildung und in der Folge zur Zerstörung der Schleifscheibe führen.

[0020] Aus offenkundiger Vorbenutzung ist bereits bekannt, diese unerwünschten Effekte durch den Einsatz zweier seitlicher Stahlscheiben, die zusammen mit der Schleifscheibe auf die Spindel montiert werden, zu vermindern. Diese Lösung des Standes der Technik ist allerdings mit erheblichen Nachteilen verbunden.

[0021] Nach der Bearbeitung einer Anzahl von Werkstücken müssen Schleifscheiben periodisch abgerichtet werden, um insbesondere die gewünschte Oberflächengeometrie der Umfangsseite wieder herzustellen. Allerdings können Stahlscheiben nicht zusammen mit der Schleifscheibe abgerichtet werden. Vielmehr müssen nach jedem Abrichten Stahlscheiben mit entsprechend geringerem Durchmesser montiert werden. Dies hat den Nachteil einer Vorratshaltung und eines Montageaufwands. Auch muss in Kauf genommen werden, dass die Stahlscheiben nur in bestimmten Maßabstufungen zur Verfügung stehen und somit keine passgenaue Stützwirkung erreicht werden kann. Ein besonderer Vorteil der vorliegenden Erfindung ist es, dass die abrichtbar ausgebildeten Verstärkungsscheiben eine vergleichbare mechanische Stabilisierung ermöglichen, jedoch beim Abrichten der Schleifscheibe gemeinsam mit dem Schleifbereich abgerichtet werden können. Die im Stand der Technik notwendige Demontage/Montage von Stahlscheiben entfällt.

[0022] Unter einer Eignung für Abrichtprozesse wird verstanden, dass die geometrische Form und/oder die Schärfe mittels eines üblichen Abrichtwerkzeuges wiederhergestellt werden kann. Derartige Abrichtwerkzeuge beinhalten Ausführungsformen mit Eindiamanten oder mit Diamanten besetzte Formkörper, aber auch diamantlose Abrichtwerkzeuge mit Siliciumcarbid oder Korund.

[0023] Erfindungsgemäß ist es besonders bevorzugt, dass die Verstärkungselemente zwei stirnseitig angeordnete Verstärkungsscheiben aufweisen, die schleifmittelfrei und abrichtbar ausgebildet sind. Der leichter verformbare Schleifbereich wird auf diese Art und Weise von beiden Stirnseiten her eingefasst und verstärkt.

[0024] Es ist weiterhin bevorzugt, dass das Material der Verstärkungsscheiben eine Biegebruchfestigkeit von wenigstens 15 MPa, vorzugsweise wenigstens 20 MPa, weiter vorzugsweise wenigstens 25 MPa aufweist. Die Shore A-Härte kann bevorzugt über 100 liegen.

[0025] Zur Messung der Biegebruchfestigkeit wurden quadratische Probekörper mit den Maßen 16,2 mm x 16,2 mm x 120,4 mm einem 3-Punkt-Biegeversuchs unterzogen. Die Auflage bestand aus zwei Metallrollen mit einem Abstand der Auflagepunkte von 80 mm, der Durchmesser der Metallrollen betrug 30 mm. Bei der Zustellung betrug die Traversengeschwindigkeit 10 mm/min

[0026] Als geeignetes, abrichtbares Material für die Verstärkungsscheiben kommt grundsätzlich ein Material auf Basis eines gleichen oder vergleichbaren Bindemittels wie für den Schleifbereich verwendet infrage. Dies erleichtert es, den Schleifbereich und die Verstärkungsscheiben in einem Arbeitsgang mit dem gleichen Werkzeug abzurichten. Geeignete Bindemittel können beispielsweise Polyurethane, Phenolharze, Glas- oder Keramikbindemittel sein. Bevorzugt kann zur Einstellung der gewünschten mechanischen Eigenschaften und Erhöhung der Festigkeit ein Füllstoff vorgesehen sein. Es kann sich um bekannte mineralische Füllstoffe handeln, bevorzugt sind Hohlkörper auf mineralischer Basis (Mikrokugeln). Der Füllstoffgehalt kann erfindungsgemäß beispielsweise zwischen 10 und 60 Gew.-%, weiter vorzugsweise 20 und 40 Gew.-% liegen. Diese Ober- und Untergrenzen sind beliebig zu erfindungsgemäßen Bereichen kombinierbar.

[0027] Es ist bevorzugt, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe flächig mit dem Schleifbereich verbunden ist. Flächig verbunden bedeutet, dass diese Verstärkungsscheibe zumindest mit einem großen Flächenanteil von über 50 %, bevorzugt jedoch vollflächig einen Kraftschluss mit dem Schleifbereich eingeht, beispielsweise verklebt ist. Dieser flächige Verbund verhindert, dass die Schleifscheibe zur Mittelachse hin komprimiert wird mit der Folge einer verringerten Maßhaltigkeit in der Schleifzone. Ein solcher flächiger Verbund ist im Stand der Technik bei den eingesetzten Stahlscheiben nicht möglich, da diese zum Abrichten demontiert und anschließend wieder montiert werden müssen. Das Material des Schleifbereichs weist bevorzugt eine geringere Härte als das Material der Verstärkungsscheiben auf. Bevorzugt ist ein Bereich der Shore A-Härte von 20 bis 97, weiter bevorzugt sind Bereiche von 20-90 oder 70-85, bei der Bearbeitung von gehärteten, zylindrischen metallischen Werkstücken kann beispielsweise der Härtebereich von 70-85 sinnvoll sein.

[0028] Bei einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist vorgesehen, dass der Schleifbereich ringförmig ausgebildet ist und einen harten Kernbereich umgibt. Hart bedeutet in diesem Zusammenhang, dass dieser Kernbereich eine größere Härte aufweist als der radial außen darum angeordnete Schleifbereich. Bei der bevorzugt kreisförmigen Schleifscheibe kann dieser Kernbereich insbesondere die Beschleunigungs- und Fliehkräfte im Bereich der Bohrung aufnehmen und ableiten. Der Kernbereich weist somit die Öffnung oder Bohrung auf, die zur Verbindung mit der Schleifmaschine dient. Der Kernbereich kann erfindungsgemäß aus einem gleichen oder ähnlichen Material bestehen wie die Verstärkungsscheiben.

[0029] Bei dieser bevorzugten Ausführungsform besteht somit eine erfindungsgemäße Schleifscheibe aus vier strukturellen Elementen. Es handelt sich um den Kernbereich, den Schleifbereich und zwei Verstärkungsscheiben. Der Kern nimmt in Bereich der Bohrung die beschriebenen Kräfte sowie Antriebskräfte auf. Im Rahmen der Erfindung ist es ebenfalls möglich, dass der Kernbereich und die Verstärkungsscheiben einstückig ausgebildet bzw. einstückig miteinander verbunden sind. Bevorzugt ist es somit auch, dass erfindungsgemäß die Verstärkungsscheiben sich über Flächenbereiche des Schleifbereichs und des Kernbereichs erstrecken und damit jeweils flächig (oder im Fall des Kernbereichs einstückig) verbunden sind. Der Verbund der Verstärkungsscheiben sowohl mit dem Schleifbereich als auch dem Kernbereich ermöglicht es, eine wirkungsvolle Kraftableitung in den Kernbereich vorzunehmen. Eine radiale Formveränderung des Schleifbereichs wird dadurch im Wesentlichen verhindert. Folglich wird eine deutlich verbesserte Formtreue der Eingriffszone des Schleifbereichs gegen Druckkräfte beim Schleifvorgang erreicht. Es ist aber auch festzustellen, dass bereits beim Beschleunigen der Schleifscheibe auf die gewünschte Arbeitsgeschwindigkeit eine Dehnung durch Fliehkräfte deutlich verringert wird. Dies gestattet zum einen den Einsatz eines tendenziell härteren Bindemittels mit höherer Schleifleistung. Weil der Schleifbereich flächig an den Verstärkungsscheiben fixiert ist, bleibt auch unter der Druckbelastung einer Anwendung die Oberflächengeometrie des Schleifbereichs tendenziell erhalten. Wegen dieser besseren Formtreue ist somit bei einem härteren Bindemittel noch der Formschluss zwischen Werkstück und Eingriffszone des Schleifbereichs gewährleistet. Die erfindungsgemäße Schleifscheibe gestattet zum anderen aber auch den Einsatz besonders weicher Bindemittel, wie sie für das Schleifen geometrisch komplizierter Werkstücke erforderlich sein können. In diesem Fall kann sich der Schleifbereich weitgehend an die Werkstückkontur anpassen und wird dabei durch die Verstärkungsscheiben gegen Deformation und Rissbildung stabilisiert. Unabhängig vom gewählten Bindemittel sind aufgrund der verbesserten Festigkeit generell höhere Arbeitsgeschwindigkeiten zu erzielen. Dies verbessert die Effizienz des Schleifprozesses, kann aber zusätzlich auch die Schaffung spezieller, drehzahlabhängiger Oberflächenstrukturen ermöglichen.

[0030] Erfindungsgemäß ist es weiter bevorzugt, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe sich über wenigstens 80%, vorzugsweise wenigstens 90% der Stirnfläche von darunter angeordnetem Schleifbereich und/oder Kernbereich erstreckt. Diese großflächige Ausgestaltung der Verstärkungsscheiben erlaubt eine wirkungsvolle Stabilisierung und Formhaltung des Schleifbereichs.

[0031] Die axiale Dicke der wenigstens einen Verstärkungsscheibe, bevorzugt die gemeinsame axiale Dicke der beiden Verstärkungsscheiben, beträgt bei einer bevorzugten Ausführungsform 10-30 %, weiter vorzugsweise 15-25 % der Gesamtdicke der Schleifscheibe.

[0032] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung einer erfindungsgemäßen Schleifscheibe zur Oberflächenbearbeitung. Bevorzugt ist dabei die Oberflächenbearbeitung von Werkstücken, vorzugsweise zylindrischen Werkstücken und/oder Funktionsteile von Maschinen. Es handelt sich dabei bevorzugt nicht um eine großflächige Bearbeitung planer Flächen, sondern eine vergleichsweise kleinteilige Bearbeitung gekrümmter wie beispielsweise zylindrischer Flächen. Besonders bevorzugt ist die Verwendung zur Oberflächenstrukturierung. Oberflächenstrukturierung bedeutet, dass keine substantielle Formveränderung der Oberfläche im Sinne eines Materialabtrags mehr erfolgt, sondern lediglich eine gewünschte Oberflächenstruktur erzeugt wird.

[0033] Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nachfolgend unter Bezugnahme auf die einzige Zeichnung beschrieben, die eine erfindungsgemäße Schleifscheibe in einer axialen und radialen Ansicht zeigt.

Beispiel 1



[0034] Eine erfindungsgemäße Schleifscheibe mit den Maßen 300 mm (Durchmesser) x 40 mm (Breite) x 76 mm (Bohrungsdurchmesser) besteht aus den Strukturelementen Schleifbereich mit einer Schleifschicht und einem Kernbereich im Bereich der Bohrung sowie aus zwei seitlichen Verstärkungsscheiben. Diese Strukturelemente werden zunächst als zylindrische Rohlinge großer Länge gefertigt und dann mittels einer Diamanttrennscheibe derart zugeschnitten, dass passgenaue, scheibenförmige Elemente für die Weiterverarbeitung zum Einzelwerkzeug erhalten werden.

Vorfertigung des Kernbereichs:



[0035] 
Rezepturbestandteile:  
Rencast FC52 ISO (Isocyanat auf Basis MDI, Huntsman Advanced Materials)
Rencast FC52 Poly (Formuliertes Polyol, Huntsman Advanced Materials)
Mikrokugeln SOPHERES SG-300 B (Leichtfüllstoff, Omega Minerals Germany)


[0036] 740 g Rencast FC52 ISO, 740 g Rencast FC52 Poly und 762 g Mikrokugeln ISOPHERES SG-300 B werden mit einem Rührer homogen vermischt und in eine mit Trennmittel beschichtete Aluminiumform mit den Maßen 123 mm (Durchmessser), 320 mm (Länge) und 70 mm (Bohrungsdurchmesser) eingegossen. Nach einer Aushärtezeit von 30 Minuten wird die Masse ausgeformt und in zwei Teilstücke mit jeweils 155 mm aufgetrennt. Diese werden nachfolgend mittels Drehen auf ein Außendurchmessermaß von 120 mm reduziert und im nachfolgenden Arbeitsgang für eine bessere Verklebung aufgeraut.

Vorfertigung des Schleifbereichs:


Rezepturbestandteile:



[0037] 
RC-Dur 110 (Diphenylmethandiisocyant, Bayer MaterialScience)
Poly-G HQEE (Vernetzer, Hydroquinine-Di-(Beta-h)ester, CVH Chemie.Vertrieb)
Diorez 770 / 02 (Polyesterpolyol, Azelis Schweiz Chemicals)
Dabco TMR 2 (Aktivator, quartenäres Ammoniumsalz, Air Products Chemicals)
Tegostab B 8905 (Tensid, CVH-Chemie-Vertrieb GmbH & Co. Hannover KG)
Dipropylenglykol Araldit AW 116 (Lösemittel, CVH-Chemie-Vertrieb) (Epoxidharz, Fa. Epoxidharze Andreas Weigel)
Härter HV 953 U Härter zu Alaldit AW 116, Fa. Epoxidharze Andreas Weigel)
Byk-W 961 SCG F 80 (Strukturverbesserer, BYK-Chemie) (Schleifkorn Siliciumcarbid grün, Körnung F 80, ESK-SiC GmbH
Schäumer (Mischung aus Tegostab 8905, Dipropylenglykol und Wasser zu jeweils weils gleichen Volumenanteilen)
Katalysator (Mischung aus Dipropylenglykol (98,04 Ma.-%) und Dabco TMR (1,96 Ma.-%).


[0038] Poly-G HQEE und Diorez 770 / 02 werden im Verhältnis 4,76: 95,24 Massenanteile gemischt und 48 Stunden vor der Verwendung auf 105 C erhitzt. In gleicher Weise vorgewärmt wird das Schleifkorn SCG F 80.

[0039] Die Komponenten RC-Dur 110 (1079 g), Schäumer (2 g), Gemisch Poly-G HQEE und Diorez 770 / 02 (3162 g), Byk-W 961 (5 g) und SCG F 80 (11859 g) werden homogen vermischt, Zeit hierfür 60 s. Nach Zugabe von CAT1 (20g) wird erneut gemischt (20 s).

[0040] In eine vorgewärmte und mit Trennmittel beschichtete Metallform mit den Maßen 310 mm (Durchmessser), 155 mm (Breite) und 70 mm (Bohrungsdurchmesser) wird der vorgefertigte und mit Klebstoff (Aaraldit) eingestrichene Kernbereich aufgesteckt. Die exakte mittige Positionierung erfolgt dabei mittels eines Zentrierzapfens.

[0041] Das Gemisch wird eingefüllt, die Form verschlossen und im Ofen auf eine Temperatur von 105 Grad zum Aushärten (20 Minuten) erwärmt.

[0042] Schließlich wird die Form geöffnet, der Rohling entnommen, in einem Bearbeitungszentrum aufgespannt und am Umfang auf ein Maß von 307 mm abgedreht. In gleicher Aufspannung wird schließlich ein scheibenförmiges Teil einer Breite von 30 mm mittels einer Diamanttrennschleifscheibe abgeschnitten.

Vorfertigung der Verstärkungsscheiben:



[0043] Die Fertigung der Verstärkungsscheiben erfolgt aus dem Material, das auch zur Herstellung des Kernbereichs verwendet wurde. Die Beschreibung zur Verarbeitung ist sinnentsprechend anzuwenden.

Rezepturbestandteile:



[0044] 

2498 g Rencast FC52 ISO

2498 g Rencast FC52 Poly

2505 g Mikrokugeln ISOPHERES SG-300 B


Maße der Pressform:



[0045] 

310 mm (Durchmesser)

120 mm (Breite)

70 mm (Bohrungsdurchmesser)



[0046] Der Durchmesser des erhaltenen zylindrischen Körpers wird in einem Bearbeitungszentrum mittels Drehen auf 307 mm reduziert. In gleicher Aufspannung werden mittels einer Diamanttrennschleifscheibe scheibenförmige Segmente von 5,2 mm Breite geschnitten.

Weiterverarbeitung:



[0047] Vor der Weiterverarbeitung werden die einzelnen Strukturelemente überprüft. Kriterien sind Maße, Gewicht, Dichte, Härte und Bruchfestigkeit (Stützscheiben). Weiterhin erfolgt eine Sichtprüfung auf Schäden wie Risse, Poren oder Inhomogenitäten.

[0048] Die Verstärkungsscheiben werden nacheinander auf den Kernbereich aufgeklebt, wobei diese jeweils während der Aushärtezeit mit Druck beaufschlagt werden. Schließlich wird die Schleifscheibe mittels Drehen an den Stirnseiten, der Bohrung und am Umfang bearbeitet um das gewünschte Maß und die gewünschte Oberflächenstruktur zu erhalten. Schließlich wird durch Abrichten die dem jeweiligen Einsatzzweck entsprechende umfangseitige Profilierung erzeugt.

[0049] Die Endkontrolle umfasst Prüfungen auf Maßhaltigkeit und Unwucht sowie einen Probelauf mit dem 1,2fachen der Arbeitshöchstgeschwindigkeit von 40 m/s.

[0050] Zur Überprüfung der Bruchfestigkeit wurde ein weiterer Probelauf durchgeführt. Dafür wurden eine Arbeitshöchstgeschwindigkeit von 40 m/s und ein nach Maßgabe der tatsächlichen Anwendung wesentlich erhöhter Sicherheitsfaktor von 3,5 zu Grunde gelegt. Dabei ist der Sicherheitsfaktor definiert wie folgt:


Sbr= Sicherheitsfaktor gegen Bruch durch Fliehkraft
vbr= Umfangsgeschwindigkeit bei Bruch durch Fliehkraft
vs= Arbeitshöchstgeschwindigkeit entsprechend zulässiger Umfangsgeschwindigkeit eines rotierenden Schleifwerkzeuges

[0051] Daraus folgt, dass für eine Arbeitsgeschwindigkeit von 40 m/s unter Zugrundelegung eines Sicherheitsfaktors von 3,5 die Mindestbruchumfangsgeschwindigkeit 75 m/s beträgt.

[0052] Beim Probelauf konnte eine Umfangsgeschwindigkeit der Versuchsmuster von 75 m/s erreicht werden ohne mechanischen Bruch oder sichtbare Beschädigungen hervorzurufen.

[0053] Die erfindungsgemäße Schleifscheibe ist schematisch in der Figur dargestellt. Die Bezugsziffer 1 zeigt den Kernbereich, der ganz oder teilweise von einer Bohrung zum Aufspannen auf eine Schleifmaschine durchsetzt sein kann. Die Bezugsziffer 2 kennzeichnet den Schleifbereich. Man erkennt, dass dieser am Umfang konkav gewölbt gestaltet ist, um dort zylindrischer Werkstücke schleifen zu können. Die Verstärkungsscheiben tragen die Bezugsziffer 3.

[0054] Nach längerem Gebrauch der Schleifscheibe kann ein Ab richten erforderlich sein. Da die Verstärkungsscheiben 3 aus abrichtbarem Material bestehen, können diese ohne weiteres gemeinsam mit dem Schleifbereich 2 abgerichtet werden.

Beispiel 2:


Werkzeug:



[0055] Schleifscheibe gemäß Beispiel 1, jedoch mit den abweichenden Abmessungen 200 x 30 x 76.2 mm (Außendurchmesser x Breite x Bohrungsdurchmesser).

Schleifmaschine:



[0056] Sondermaschine der Fa. Thielenhaus

Werkstück:



[0057] Zylinder aus 100Cr6, Durchmesser 26 mm, Länge 1200 mm Vorbearbeitet durch Schleifen mit einer gebundenen Schleifscheibe der Körnung F80.
Rz= 2.0 - 3.0 µm
Aufmaß < 0,01 mm

[0058] Die Schleifscheibe wir zunächst mit einem Einkorndiamanten CNC-gesteuert mit einem Überdeckungsgrad Ud > 4 konkav profiliert.

[0059] Schleifscheibe und Werkstück sind derart zueinander angeordnet, dass sich die Spindel der Schleifmaschine rechtwinklig zur Längsachse des Werkstückes verhält. Entsprechend verfährt die Schleifscheibe bei der Bearbeitung des zylindrischen Werkstückes in dessen axialer Richtung jeweils als Doppelhub.

[0060] Nach einem Bearbeitungsschritt erfolgt jeweils eine Rotation des Werkstückes um 30 Grad.

[0061] Für das Schleifen gelten folgende Anwendungsparameter:
Arbeitsgeschwindigkeit: 35 m/s
Vorschubgeschwindigkeit in axialer Richtung: 10 m / min
Anpressdruck der Schleifscheibe 4-6 bar


[0062] Das Werkstück weist nach der Bearbeitung eine gleichmäßige, axial verlaufende Oberflächenstruktur auf mit einem Mittenrauhwert Ra < 0.4 µm auf.


Ansprüche

1. Schleifscheibe, mit einem in Umfangsrichtung wirkenden Schleifbereich (2), der gebundenes Schleifmittel aufweist; und mit nicht am Schleifvorgang teilnehmenden Verstärkungselementen (3), dadurch gekennzeichnet, dass die Verstärkungselemente wenigstens eine stirnseitig angeordnete Verstärkungsscheibe (3) aufweisen, die schleifmittelfrei und abrichtbar ausgebildet ist.
 
2. Schleifscheibe nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Verstärkungselemente zwei stirnseitig angeordnete Verstärkungsscheiben (3) aufweisen, die schleifmittelfrei und abrichtbar ausgebildet sind.
 
3. Schleifscheibe nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der Verstärkungsscheiben (3) eine Biegebruchfestigkeit von wenigstens 15 MPa, vorzugsweise wenigstens 20 MPa, weiter vorzugsweise wenigstens 25 MPa aufweist.
 
4. Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe (3) flächig mit dem Schleifbereich (2) verbunden ist.
 
5. Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe (3) ein Bindemittel und/oder Füllstoffe aufweist.
 
6. Schleifscheibe nach einem 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Füllstoffanteil der Verstärkungsscheiben (3) 10 bis 60 Gew.-%, vorzugsweise 20 bis 40 Gew.-% beträgt.
 
7. Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Material des Schleifbereichs (2) eine Shore A-Härte von 20 bis 97 aufweist.
 
8. Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Schleifbereich (2) ringförmig ausgebildet ist und einen harten Kernbereich (1) umgibt.
 
9. Schleifscheibe nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe (3) sich über Flächenbereiche des Schleifbereichs (2) und des Kernbereichs (1) erstreckt und damit jeweils flächig verbunden ist.
 
10. Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die wenigstens eine Verstärkungsscheibe (3) sich über wenigstens 80%, vorzugsweise wenigstens 90% der Stirnfläche von darunter angeordnetem Schleifbereich (2) und/oder Kernbereich (1) erstreckt.
 
11. Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass die axiale Dicke der wenigstens einen Verstärkungsscheibe (3) 10 bis 30%, vorzugsweise 15 bis 25% der Gesamtdicke der Schleifscheibe beträgt.
 
12. Verwendung einer Schleifscheibe nach einem der Ansprüche 1 bis 11 zur Oberflächenbearbeitung.
 
13. Verwendung nach Anspruch 12 zur Oberflächenbearbeitung von Werkstücken, vorzugsweise zylindrischen Werkstücken und/oder Funktionsteilen von Maschinen.
 
14. Verwendung nach Anspruch 12 oder 13 zur Oberflächenstrukturierung.
 




Zeichnung







Recherchenbericht









Recherchenbericht