(19)
(11) EP 2 962 792 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.01.2016  Patentblatt  2016/01

(21) Anmeldenummer: 15172067.9

(22) Anmeldetag:  15.06.2015
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B22F 3/12(2006.01)
B22F 3/24(2006.01)
F02M 61/16(2006.01)
B22F 3/22(2006.01)
B22F 7/06(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA

(30) Priorität: 04.07.2014 DE 102014213082

(71) Anmelder: ROBERT BOSCH GMBH
70442 Stuttgart (DE)

(72) Erfinder:
  • Rager, Jochen
    72406 Bisingen (DE)

   


(54) METALLPULVERSPRITZGIESSBAUTEIL-ZWISCHENPRODUKT, METALLPULVERSPRITZGIESSBAUTEIL, VERFAHREN ZUM HERSTELLEN EINES METALLPULVERSPRITZGIESSBAUTEILS UND VORRICHTUNG ZUM HERSTELLEN EINES METALLPULVERSPRITZGIESSBAUTEILS


(57) Die Erfindung betrifft ein Metallpulverspritzgießbauteil-Zwischenprodukt (10), welches in einem ersten Bereich (10a) ein erstes Material (12) und in einem zweiten Bereich (10b) ein zweites Material (14) aufweist, wobei eine Stickstoffoder Kohlenstoffkonzentration des ersten Materials (12) durch ein in einem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendetes Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen Wert anreicherbar ist, welcher größer oder gleich einem ersten Schwellwert ist, und wobei eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des zweiten Materials (14) durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen Wert anreicherbar ist, welcher kleiner oder gleich einem zweiten Schwellwert ist. Die Erfindung betrifft des Weiteren ein entsprechendes thermochemisch wärmebehandeltes Metallpulverspritzgießbauteil (10), ein Verfahren zum Herstellen eines Metallpulverspritzgießbauteils (10) und eine Vorrichtung zum Herstellen eines Metallpulverspritzgießbauteils (10).




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Metallpulverspritzgießbauteil-Zwischenprodukt, ein Metallpulverspritzgießbauteil, ein Verfahren zum Herstellen eines Metallpulverspritzgießbauteils und eine Vorrichtung zum Herstellen eines Metallpulverspritzgießbauteils.

Stand der Technik



[0002] Bei einem Metallpulverspritzgießen wird ein metallisches Pulver zusammen mit einem Binder vermengt und unter hohem Druck in eine Werkzeugkavität gespritzt. Anschließend wird der im Bauteil enthaltene Binder wieder entfernt und das Bauteil in einem thermischen Prozess, dem sogenannten Sintern, verdichtet. Das Verfahren zeichnet sich durch die Möglichkeit einer hohen Formkomplexität und somit einer hohen Funktionsintegration aus und ermöglicht die Herstellung hoher Stückzahlen. Zur Verbesserung der Oberflächeneigenschaften kann das ausgehärtete Metallpulverspritzgießbauteil des Weiteren einem thermochemischen Wärmebehandlungsprozess unterzogen werden.

[0003] Die DD 300926 A7 offenbart ein Verfahren zum Herstellen von Formteilen aus Pulvern, insbesondere aus Metallpulvern. Aus mischlegierten, unlegierten oder fertiglegierten Metallpulvern wird zusammen mit Thermoplast durch Erwärmen und Mischen eine Granulatmasse hergestellt. Die aufbereitete, spritzfähige Granulatmasse wird bei einer Temperatur oberhalb der Einfriertemperatur des Kunststoffes in die Form gepresst und nach dem Erstarren herausgelöst. Anschließend erfolgt eine dem Austreiben des Kunststoffes dienende Wärmebehandlung unter Vakuum, Schutzgas oder reduzierender Atmosphäre. Durch die Verwendung von Pulvern mit einer aktivierten Pulveroberfläche wird sodann eine homogene Spritzmasse hergestellt.

Offenbarung der Erfindung



[0004] Die vorliegende Erfindung schafft ein Metallpulverspritzgießbauteil-Zwischenprodukt, welches in einem ersten Bereich ein erstes Material und in einem zweiten Bereich ein zweites Material aufweist, wobei eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des ersten Materials durch ein in einem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendetes Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen Wert anreicherbar ist, welcher größer oder gleich einem ersten Schwellwert ist, und wobei eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des zweiten Materials durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen Wert anreicherbar ist, welcher kleiner oder gleich einem zweiten Schwellwert ist.

[0005] Die vorliegende Erfindung schafft des Weiteren ein Metallpulverspritzgießbauteil, welches in einem ersten Bereich ein erstes Material und in einem zweiten Bereich ein zweites Material aufweist, wobei das erste Material eine durch ein in einem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendetes Arbeitsgas lokal an der Oberfläche erzeugte Einflusszone mit einer ersten Dicke aufweist, und das zweite Material eine durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche erzeugte Einflusszone mit einer zweiten Dicke aufweist, und wobei die erste Dicke der Einflusszone des ersten Materials größer als die Dicke der Einflusszone des zweiten Materials ist.

[0006] Die vorliegende Erfindung schafft überdies ein Verfahren zum Herstellen eines Metallpulverspritzgießbauteils. Das Verfahren umfasst ein Einspritzen eines ersten Materials, wobei eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des ersten Materials durch ein in einem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendetes Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen Wert anreicherbar ist, welcher größer oder gleich einem ersten Schwellwert ist.

[0007] Das Verfahren umfasst des Weiteren ein Einspritzen eines zweiten Materials, wobei eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des zweiten Materials durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen Wert anreicherbar ist, welcher kleiner oder gleich einem zweiten Schwellwert ist.

[0008] Das Verfahren umfasst überdies ein Entbindern und Sintern des Metallpulverspritzgießbauteils sowie ein thermochemisches Wärmebehandeln des Metallpulverspritzgießbauteils unter Verwendung des Arbeitsgases zum Erzeugen einer Einflusszone mit einer ersten Dicke lokal an der Oberfläche in dem ersten Material des Metallpulverspritzgießbauteils und einer Einflusszone mit einer zweiten Dicke lokal an der Oberfläche in dem zweiten Material des Metallpulverspritzgießbauteils, wobei die erste Dicke der Einflusszone des ersten Materials größer als die Dicke der Einflusszone des zweiten Materials ist.

[0009] Die vorliegende Erfindung schafft überdies eine Vorrichtung zum Herstellen eines Metallpulverspritzgießbauteils mit einer Spritzgießmaschine, welche ein Spritzgießwerkzeug zum Ausformen des Metallpulverspritzgießbauteils aufweist, und einem Ofen, welcher dazu ausgebildet ist, das Metallpulverspritzgießbauteil zu entbindern, zu sintern und thermochemisch wärmezubehandeln.

[0010] Eine Idee der vorliegenden Erfindung ist es, durch Verwendung eines Zweikomponenten-Metallpulverspritzgießverfahrens ein Metallpulverspritzgießbauteil auszuformen, welches in unterschiedlichen Bereichen unterschiedliche Materialeigenschaften aufweist.

[0011] Dadurch, dass das ausgeformte, entbinderte und gesinterte Metallpulverspritzgießbauteil einem thermochemischen Wärmebehandlungsprozess unter Verwendung eines Arbeitsgases unterzogen wird, kann somit in dem ersten Bereich des Metallpulverspritzgießbauteils, welcher das erste Material aufweist, eine erste Materialeigenschaft wie beispielsweise eine Verbesserung der Oberflächenhärte des Materials und in dem zweiten Bereich, in welchem das zweite Material ausgebildet ist, eine zweite Materialeigenschaft wie beispielsweise eine gegenüber einem nicht thermochemisch behandelten Zustand im Wesentlichen nicht deutlich verschlechterte Schweißbarkeit des Metallpulverspritzgießbauteils vorgesehen werden.

[0012] Vorteilhafte Ausführungsformen und Weiterbildungen ergeben sich aus den Unteransprüchen sowie aus der Beschreibung unter Bezugnahme auf die Figuren.

[0013] Vorzugsweise ist vorgesehen, dass das erste Material des Metallpulverspritzgießbauteil-Zwischenproduktes durch einen ersten Metall- oder Metalllegierungswerkstoff, insbesondere ein austenitisches Material, und das zweite Material des Metallpulverspritzgießbauteil-Zwischenproduktes durch einen zweiten Metall- oder Metalllegierungswerkstoff, insbesondere ein ferritisches Material ausgebildet ist. Das austenitische Material ist vorzugsweise dazu ausgebildet, dass eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des austenitischen Materials durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen Wert anreicherbar ist, welcher größer oder gleich einem ersten Schwellwert ist. Das ferritische Material ist vorzugsweise dazu ausgebildet, dass eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des ferritischen Materials durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen Wert anreicherbar ist, welcher kleiner oder gleich einem zweiten Schwellwert ist.

[0014] Vorzugsweise ist ferner vorgesehen, dass das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren des Metallpulverspritzgießbauteil-Zwischenproduktes verwendete Arbeitsgas Stickstoff und/oder Kohlenstoff ist, der erste Schwellwert 1%, vorzugsweise 2% und der zweite Schwellwert 1%, vorzugsweise 0,2 % beträgt. Mit der Auswahl des ersten und zweiten Materials können somit der erste und zweite Schwellwert festgelegt werden.

[0015] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung ist vorgesehen, dass die erste Dicke der lokal an der Oberfläche erzeugten Einflusszone des ersten Materials des Metallpulverspritzgießbauteils 20 bis 500 Mikrometer, und die zweite Dicke der lokal an der Oberfläche erzeugten Einflusszone des zweiten Materials des Metallpulverspritzgießbauteils 0 bis 20 Mikrometer beträgt. Durch die höhere Dicke der Einflusszone des ersten Materials weist das erste Material eine gegenüber einem nicht thermochemisch behandelten Metallpulverspritzgießbauteil verbesserte Materialhärte an der Oberfläche auf. Durch die geringere Dicke der Einflusszone des zweiten Materials weist das zweite Material eine gegenüber einem nicht thermochemisch behandelten Zustand im Wesentlichen nicht deutlich verschlechterte Schweißbarkeit auf.

[0016] Gemäß einem weiteren bevorzugten Ausführungsbeispiel ist vorgesehen, dass das thermochemische Wärmebehandlungsverfahren ein Nitrieren, Nitrocarburieren oder Carburieren in einer stickstoff- und/oder kohlenstoffhaltigen Atmosphäre aufweist. Das austenitische Material ist vorzugsweise dazu ausgebildet, dass eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des austenitischen Materials durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen relativ hohen Wert anreicherbar ist. Das ferritische Material ist vorzugsweise dazu ausgebildet, dass eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des ferritischen Materials durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen relativ kleinen Wert anreicherbar ist.

[0017] Durch die im Wesentlichen hohe Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des ferritischen Materials tritt ein vermindertes Ausgasen von Stickstoff bei einem Schweißen des ferritischen Materials auf, was eine gegenüber einem nicht thermochemisch behandelten Zustand im Wesentlichen nicht deutlich verschlechterte Schweißbarkeit des Materials zur Folge hat.

[0018] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung ist vorgesehen, dass das thermochemische Wärmebehandeln des Metallpulverspritzgießbauteils im Anschluss an das Sintern des Metallpulverspritzgießbauteils in demselben Ofen durchgeführt wird.

[0019] Durch die Zusammenführung des Metallpulverspritzgießens und dem thermochemischen Wärmebehandeln können Herstellungskosten eingespart werden. Die Kombination von Metallpulverspritzgießen und thermochemischem Wärmebehandeln ermöglicht eine nahezu kostenneutrale Funktionalisierung der Oberfläche des Metallpulverspritzgießbauteils. Im Gegensatz zu einem zweistufigen Prozess entfällt ein ggf. erforderliches Umchargieren des Metallpulverspritzgießbauteils, ein erneutes Aufheizen und Abkühlen des Metallpulverspritzgießbauteils und eine ggf. erforderliche Behandlung zur Aktivierung der Oberfläche des Metallpulverspritzgießbauteils.

[0020] Die beschriebenen Ausgestaltungen und Weiterbildungen lassen sich beliebig miteinander kombinieren.

[0021] Weitere mögliche Ausgestaltungen, Weiterbildungen und Implementierungen der Erfindung umfassen auch nicht explizit genannte Kombinationen von zuvor oder im Folgenden bezüglich der Ausführungsbeispiele beschriebenen Merkmale der Erfindung.

Kurze Beschreibung der Zeichnungen



[0022] Die beiliegenden Zeichnungen sollen ein weiteres Verständnis der Ausführungsformen der Erfindung vermitteln. Sie veranschaulichen Ausführungsformen und dienen im Zusammenhang mit der Beschreibung der Erklärung von Prinzipien und Konzepten der Erfindung.

[0023] Andere Ausführungsformen und viele der genannten Vorteile ergeben sich im Hinblick auf die Zeichnungen. Die dargestellten Elemente der Zeichnungen sind nicht notwendigerweise maßstabsgetreu zueinander gezeigt.

[0024] Es zeigen:
Fig. 1a
eine perspektivische Darstellung des erfindungsgemäßen Metallpulverspritzgießbauteil-Zwischenproduktes gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung;
Fig. 1b
eine perspektivische Darstellung des erfindungsgemäßen Metallpulverspritzgießbauteils gemäß der bevorzugten Ausführungsform der Erfindung; und
Fig. 2
ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Herstellen eines Metallpulverspritzgießbauteils gemäß der bevorzugten Ausführungsform der Erfindung.


[0025] Fig. 1a zeigt eine perspektivische Darstellung des erfindungsgemäßen Metallpulverspritzgießbauteil-Zwischenproduktes gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung.

[0026] Das Metallpulverspritzgießbauteil-Zwischenprodukt 10 weist einen ersten Bereich 10a auf, in welchem ein erstes Material 12 ausgebildet ist. Das erste Material 12 ist durch ein austenitisches Material, vorzugsweise eine Kohlenstoff-Chrom-Nickel-Legierung, beispielsweise X2Cr13Ni15 ausgebildet.

[0027] Das Metallpulverspritzgießbauteil-Zwischenprodukt 10 weist des Weiteren einen zweiten Bereich 10b auf, in welchem ein zweites Material 14 ausgebildet ist. Das zweite Material 14 ist durch ein ferritisches Material, vorzugsweise eine Kohlenstoff-Chrom-Legierung, beispielsweise X2Cr13 ausgebildet.

[0028] Eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des ersten Materials 12 durch ein in einem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendetes Arbeitsgas ist vorzugsweise lokal an der Oberfläche auf einen Wert anreicherbar, welcher größer oder gleich einem ersten Schwellwert ist

[0029] Eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des zweiten Materials 14 durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas ist vorzugsweise lokal an der Oberfläche auf einen Wert anreicherbar, welcher kleiner oder gleich einem zweiten Schwellwert ist.

[0030] Das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas ist vorzugsweise Stickstoff und/oder Kohlenstoff, der erste Schwellwert beträgt vorzugsweise 1%, insbesondere vorzugsweise 2% und der zweite Schwellwert beträgt vorzugsweise 1%, insbesondere vorzugsweise 0,2 %. Fig. 1b zeigt eine perspektivische Darstellung des erfindungsgemäßen Metallpulverspritzgießbauteils gemäß der bevorzugten Ausführungsform der Erfindung.

[0031] Das erste Material 12 weist eine durch ein in einem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendetes Arbeitsgas lokal an der Oberfläche erzeugte Einflusszone mit einer ersten Dicke 12a, und das zweite Material 14 eine durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche erzeugte Einflusszone mit einer zweiten Dicke 14a auf.

[0032] Die erste Dicke 12a der lokal an der Oberfläche erzeugten Einflusszone des ersten Materials 12 betreffend die Diffusion von Stickstoff- und/oder Kohlenstoff in dem ersten Material 12 beträgt vorzugsweise 20 bis 500 Mikrometer, und die zweite Dicke 14a der lokal an der Oberfläche erzeugten Einflusszone des zweiten Materials 14 betreffend die Diffusion von Stickstoff- und/oder Kohlenstoff in dem zweiten Material 14 beträgt vorzugsweise 0 bis 20 Mikrometer. Alternativ kann die Einflusszone des ersten und zweiten Materials 12, 14 auch eine andere geeignete Dicke aufweisen.

[0033] Die Einflusszone ist hierbei ein Bereich des jeweiligen Materials 12, 14, in welchem die Materialhärte gegenüber dem unbehandelten Material 12, 14 gesteigert und die Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration gegenüber dem unbehandelten Material 12, 14 erhöht ist.

[0034] Das thermochemische Wärmebehandlungsverfahren erfolgt vorzugsweise durch ein Nitrieren des Metallpulverspritzgießbauteils bei einer Stickstoffatmosphäre. Alternativ kann das thermochemische Wärmebehandlungsverfahren auch durch ein Nitrocarburieren oder Carburieren in einer stickstoff- und/oder kohlenstoffhaltigen Atmosphäre erfolgen.

[0035] Fig. 2 zeigt ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Herstellen eines Metallpulverspritzgießbauteils gemäß der bevorzugten Ausführungsform der Erfindung.

[0036] In Schritt S1 erfolgt ein Einspritzen S1 eines ersten Materials 12, wobei eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des ersten Materials 12 durch ein in einem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendetes Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen Wert anreicherbar ist, welcher größer oder gleich einem ersten Schwellwert ist.
In Schritt S2 erfolgt ein Einspritzen S2 eines zweiten Materials 14, wobei eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des zweiten Materials 14 durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen Wert anreicherbar ist, welcher kleiner oder gleich einem zweiten Schwellwert ist.

[0037] In Schritt S3 erfolgt ein Entbindern und in Schritt S4 erfolgt ein Sintern des Metallpulverspritzgießbauteils 10.

[0038] In Schritt S5 erfolgt ein thermochemisches Wärmebehandeln des Metallpulverspritzgießbauteils 10 unter Verwendung des Arbeitsgases zum Erzeugen einer Einflusszone mit einer ersten Dicke 12a lokal an der Oberfläche in dem ersten Material 12 des Metallpulverspritzgießbauteils 10 und einer Einflusszone mit einer zweiten Dicke 14a lokal an der Oberfläche in dem zweiten Material 14 des Metallpulverspritzgießbauteils 10, wobei die erste Dicke 12a der Einflusszone des ersten Materials 12 größer als die Dicke 14a der Einflusszone des zweiten Materials 14 ist.

[0039] Das thermochemische Wärmebehandeln S5 des Metallpulverspritzgießbauteils 10 erfolgt vorzugsweise durch Nitrieren des Metallpulverspritzgießbauteils 10 in einer Stickstoffatmosphäre. Alternativ kann das thermochemische Wärmebehandeln S5 auch durch Nitrocarburieren oder Carburieren des Metallpulverspritzgießbauteils 10 in einer stickstoff- und/oder kohlenstoffhaltigen Atmosphäre erfolgen.

[0040] Durch das thermochemische Wärmebehandeln S5 mit dem Arbeitsgas wird die lokal an der Oberfläche erzeugte Einflusszone des ersten Materials 12 mit einer ersten Dicke 12a von vorzugsweise 20 bis 500 Mikrometer, und die lokal an der Oberfläche erzeugte Einflusszone des zweiten Materials 14 mit einer zweiten Dicke 14a von vorzugsweise 0 bis 20 Mikrometer erzeugt. Alternativ kann die Einflusszone des ersten und zweiten Materials 12, 14 auch eine andere geeignete Dicke aufweisen.

[0041] Das thermochemische Wärmebehandeln erfolgt vorzugsweise bei Temperaturen im Bereich von 300 bis 600°C im Falle eines Nitrierens, Nitrocarburierens oder Carburierens des Metallpulverspritzgießbauteils 10. Alternativ kann das thermochemische Wärmebehandeln S5 auch im Bereich von 1050 bis 1150°C im Falle eines Randaufstickens erfolgen. Beispiele für eine zu verwendende Schutzgasatmosphäre sind Ammoniak, Kohlenstoffmonoxid, Kohlenstoffdioxid, Methan, Ethin oder Stickstoff. Alternativ kann auch eine andere geeignete Schutzgasatmosphäre vorgesehen werden.

[0042] Durch die Verwendung des zweiten Materials 14 an einer Anbindungsstelle des Metallpulverspritzgießbauteils 10, wobei eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des zweiten Materials durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen relativ kleinen Wert anreicherbar ist, und somit nach dem thermochemischen Wärmebehandeln eine dünne bzw. keine Einflusszone von 0 bis 20 Mikrometer in dem zweiten Material 14 ausgebildet ist, weist das zweite Material 14 eine gegenüber einem nicht thermochemisch behandelten Zustand im Wesentlichen nicht deutlich verschlechterte Schweißbarkeit auf.

[0043] Durch Vorsehen des ersten Materials 12, wobei eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des ersten Materials durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche auf einen relativ hohen Wert anreicherbar ist, wird durch das thermochemische Wärmebehandeln eine im Wesentlichen dicke Einflusszone von 20 bis 500 Mikrometer in dem ersten Material 12 erzeugt. Das erste Material 12 weist somit eine im Vergleich zu einem thermochemisch nicht wärmebehandelten ersten Material 12 gesteigerte Härte auf.

[0044] Das thermochemische Wärmebehandeln des Metallpulverspritzgießbauteils 10 wird vorzugsweise im Anschluss an das Sintern S4 des Metallpulverspritzgießbauteils 10 in demselben Ofen durchgeführt.

[0045] Obwohl die vorliegende Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels vorstehend beschrieben wurde, ist sie nicht darauf beschränkt, sondern auf vielfältige Art und Weise modifizierbar. Insbesondere lässt sich die Erfindung in mannigfaltiger Weise verändern oder modifizieren, ohne vom Kern der Erfindung abzuweichen.

[0046] Beispielsweise kann auch eine Mischform von Austenit und Ferrit in einem vorgegebenen Verhältnis für den ersten und/oder zweiten Bereich 10a, 10b des Metallpulverspritzgießbauteils verwendet werden, um eine gewünschte Materialeigenschaft vorzusehen.


Ansprüche

1. Metallpulverspritzgießbauteil-Zwischenprodukt (10), welches in einem ersten Bereich (10a) ein erstes Material (12) und in einem zweiten Bereich (10b) ein zweites Material (14) aufweist, wobei eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des ersten Materials (12) durch ein in einem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendetes Arbeitsgas lokal an der Oberfläche des ersten Bereichs (10a) auf einen Wert anreicherbar ist, welcher größer oder gleich einem ersten Schwellwert ist, und wobei eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des zweiten Materials (14) durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche des zweiten Bereichs (10b) auf einen Wert anreicherbar ist, welcher kleiner oder gleich einem zweiten Schwellwert ist.
 
2. Metallpulverspritzgießbauteil-Zwischenprodukt (10) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das erste Material (12) durch einen ersten Metall- oder Metalllegierungswerkstoff, insbesondere ein austenitisches Material, und das zweite Material (14) durch einen zweiten Metall- oder Metalllegierungswerkstoff, insbesondere ein ferritisches Material ausgebildet ist.
 
3. Metallpulverspritzgießbauteil-Zwischenprodukt (10) nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas Stickstoff und/oder Kohlenstoff ist, der erste Schwellwert 1%, vorzugsweise 2% und der zweite Schwellwert 1%, vorzugsweise 0,2 % beträgt.
 
4. Metallpulverspritzgießbauteil (110), welches in einem ersten Bereich (10a) ein erstes Material (12) und in einem zweiten Bereich (10b) ein zweites Material (14) aufweist, wobei das erste Material (12) eine durch ein in einem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendetes Arbeitsgas lokal an der Oberfläche erzeugte Einflusszone mit einer ersten Dicke (12a) aufweist, und das zweite Material (14) eine durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche erzeugte Einflusszone mit einer zweiten Dicke (14a) aufweist, und wobei die erste Dicke (12a) der Einflusszone des ersten Materials (12) größer als die Dicke (14a) der Einflusszone des zweiten Materials (14) ist.
 
5. Metallpulverspritzgießbauteil (10) nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das erste Material (12) durch einen ersten Metall- oder Metalllegierungswerkstoff, insbesondere ein austenitisches Material, und das zweite Material (14) durch einen zweiten Metall- oder Metalllegierungswerkstoff, insbesondere ein ferritisches Material ausgebildet ist.
 
6. Metallpulverspritzgießbauteil (10) nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Dicke (12a) der lokal an der Oberfläche erzeugten Einflusszone des ersten Materials (12) 20 bis 500 Mikrometer, und die zweite Dicke (14a) der lokal an der Oberfläche erzeugten Einflusszone des zweiten Materials (14) 0 bis 20 Mikrometer beträgt.
 
7. Metallpulverspritzgießbauteil (10) nach einem der Ansprüche 4 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass das thermochemische Wärmebehandlungsverfahren ein Nitrieren, Nitrocarburieren oder Carburieren in einer stickstoff- und/oder kohlenstoffhaltigen Atmosphäre aufweist.
 
8. Verfahren zum Herstellen eines Metallpulverspritzgießbauteils (10) mit den Schritten:

Einspritzen (S1) eines ersten Materials (12), wobei eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des ersten Materials (12) durch ein in einem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendetes Arbeitsgas lokal an der Oberfläche des eingespritzten ersten Materials (12) auf einen Wert anreicherbar ist, welcher größer oder gleich einem ersten Schwellwert ist;

Einspritzen (S2) eines zweiten Materials (14), wobei eine Stickstoff- oder Kohlenstoffkonzentration des zweiten Materials (14) durch das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas lokal an der Oberfläche des eingespritzten zweiten Materials (14) auf einen Wert anreicherbar ist, welcher kleiner oder gleich einem zweiten Schwellwert ist;

Entbindern (S3) und Sintern (S4) des Metallpulverspritzgießbauteils (10);

thermochemisches Wärmebehandeln (S5) des Metallpulverspritzgießbauteils (10) unter Verwendung des Arbeitsgases zum Erzeugen einer Einflusszone mit einer ersten Dicke (12a) lokal an der Oberfläche in dem ersten Material (12) des Metallpulverspritzgießbauteils (10) und einer Einflusszone mit einer zweiten Dicke (14a) lokal an der Oberfläche in dem zweiten Material (14) des Metallpulverspritzgießbauteils (10), wobei die erste Dicke (12a) der Einflusszone des ersten Materials (12) größer als die Dicke (14a) der Einflusszone des zweiten Materials (14) ist.


 
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass das erste Material (12) durch einen ersten Metall- oder Metalllegierungswerkstoff, insbesondere ein austenitisches Material, und das zweite Material (14) durch einen zweiten Metall- oder Metalllegierungswerkstoff, insbesondere ein ferritisches Material ausgebildet wird.
 
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass das in dem thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren verwendete Arbeitsgas Stickstoff und/oder Kohlenstoff ist, der erste Schwellwert 1%, vorzugsweise 2% und der zweite Schwellwert 1%, vorzugsweise 0,2 % beträgt.
 
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass durch das thermochemische Wärmebehandeln (S5) mit dem Arbeitsgas die lokal an der Oberfläche erzeugte Einflusszone des ersten Materials (12) mit einer ersten Dicke (12a) von 20 bis 500 Mikrometer, und die lokal an der Oberfläche erzeugte Einflusszone des zweiten Materials (14) mit einer zweiten Dicke (14a) von 0 bis 20 Mikrometer erzeugt wird.
 
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass das Metallpulverspritzgießbauteil (10) durch Nitrieren, Nitrocarburieren oder Carburieren in einer stickstoff- und/oder kohlenstoffhaltigen Atmosphäre thermochemisch wärmebehandelt wird.
 
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass das thermochemische Wärmebehandeln (S5) des Metallpulverspritzgießbauteils (10) im Anschluss an das Sintern des Metallpulverspritzgießbauteils (10) in demselben Ofen durchgeführt wird.
 
14. Vorrichtung zum Herstellen eines Metallpulverspritzgießbauteils nach einem der Ansprüche 1 bis 3 und 4 bis 7 mit:

einer Spritzgießmaschine, welche ein Spritzgießwerkzeug zum Ausformen des Metallpulverspritzgießbauteils aufweist; und

einem Ofen, welcher dazu ausgebildet ist, das Metallpulverspritzgießbauteil (10) zu entbindern, zu sintern und thermochemisch wärmezubehandeln.


 




Zeichnung










Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente