[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur variablen Gewinnung
eines Druckgasprodukts mittels Tieftemperaturzerlegung von Luft.
[0003] Das Destillationssäulen-System einer solchen Anlage kann als Zwei-Säulen-System (zum
Beispiel als klassisches Linde-Doppelsäulensystem) ausgebildet sein, oder auch als
Drei- oder Mehr-Säulen-System. Es kann zusätzlich zu den Kolonnen zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung
weitere Vorrichtungen zur Gewinnung hoch reiner Produkte und/oder anderer Luftkomponenten,
insbesondere von Edelgasen aufweisen, beispielsweise eine Argongewinnung und/oder
eine Krypton-Xenon-Gewinnung.
[0004] Bei dem Prozess wird im Rahmen einer "Innenverdichtung" ein flüssig auf Druck gebrachter
Produktstrom gegen einen Wärmeträger verdampft und schließlich als innenverdichtetes
Druckgasprodukt gewonnen. Diese Methode wird auch als Innenverdichtung bezeichnet.
Sie dient zur Gewinnung von gasförmigem Druckprodukt. Für den Fall eines überkritischen
Drucks findet kein Phasenübergang im eigentlichen Sinne statt, der Produktstrom wird
dann "pseudo-verdampft". Bei dem Produktstrom kann es sich beispielsweise um ein Sauerstoffprodukt
aus der Niederdrucksäule eines Zwei-Säulen-Systems oder um ein Stickstoffprodukt aus
der Hochdrucksäule eines Zwei-Säulen-Systems beziehungsweise aus dem Verflüssigungsraum
eines Hauptkondensators handeln, über den Hochdrucksäule und Niederdrucksäule in wärmetauschender
Verbindung stehen
[0005] Gegen den (pseudo-)verdampfenden Produktstrom wird ein unter hohem Druck stehender
Wärmeträger verflüssigt (beziehungsweise pseudo-verflüssigt, wenn er unter überkritischem
Druck steht). Der Wärmeträger wird häufig durch einen Teil der Luft gebildet, im vorliegenden
Fall von dem "zweiten Teilstrom" der verdichteten Einsatzluft.
[0006] Innenverdichtungsverfahren sind zum Beispiel bekannt aus
DE 830805,
DE 901542 (=
US 2712738/
US 2784572),
DE 952908,
DE 1103363 (=
US 3083544),
DE 1112997 (=
US 3214925),
DE 1124529,
DE 1117616 (=
US 3280574),
DE 1226616 (=
US 3216206),
DE 1229561 (=
US 3222878),
DE 1199293,
DE 1187248 (=
US 3371496),
DE 1235347,
DE 1258882 (=
US 3426543),
DE 1263037 (=
US 3401531),
DE 1501722 (=
US 3416323),
DE 1501723 (=
US 3500651),
DE 253132 (=
US 4279631),
DE 2646690,
EP 93448 B1 (=
US 4555256),
EP 384483 B1 (=
US 5036672),
EP 505812 B1 (=
US 5263328),
EP 716280 B1 (=
US 5644934),
EP 842385 B1 (=
US 5953937),
EP 758733 B1 (=
US 5845517),
EP 895045 B1 (=
US 6038885),
DE 19803437 A1,
EP 949471 B1 (=
US 6185960 B1),
EP 955509 A1 (=
US 6196022 B1),
EP 1031804 A1 (=
US 6314755),
DE 19909744 A1,
EP 1067345 A1 (=
US 6336345),
EP 1074805 A1 (=
US 6332337),
DE 19954593 A1,
EP 1134525 A1 (=
US 6477860),
DE 10013073 A1,
EP 1139046 A1,
EP 1146301 A1,
EP 1150082 A1,
EP 1213552 A1,
DE 10115258 A1,
EP 1284404 A1 (=
US 2003051504 A1),
EP 1308680 A1 (=
US 6612129 B2),
DE 10213212 A1,
DE 10213211 A1,
EP 1357342 A1 oder
DE 10238282 A1DE 10302389 A1,
DE 10334559 A1,
DE 10334560 A1,
DE 10332863 A1,
EP 1544559 A1,
EP 1585926 A1,
DE 102005029274 A1 EP 1666824 A1,
EP 1672301 A1,
DE 102005028012 A1,
WO 2007033838 A1,
WO 2007104449 A1,
EP 1845324 A1,
DE 102006032731 A1,
EP 1892490 A1,
DE 102007014643 A1, A1,
EP 2015012 A2,
EP 2015013 A2,
EP 2026024 A1 ,
WO 2009095188 A2 oder
DE 102008016355 A1.
[0007] Die Erfindung betrifft insbesondere Systeme, bei denen die gesamte Einsatzluft auf
einen Druck, der deutlich über dem höchsten Destillationsdruck, der im Inneren der
Säulen des Destillationssäulen-Systems herrscht (im Normalfall ist dies der Hochdrucksäulendruck
verdichtet wird. Solche Systeme werden auch als HAP-Prozesse bezeichnet (HAP - high
air pressure). Dabei liegt der "erste Druck", also der Austrittsdruck des Hauptluftverdichters
(MAC = main air compressor), in dem die Gesamtluft verdichtet wird, beispielsweise
mehr als 4 bar, insbesondere 6 bis 16 bar über dem höchsten Destillationsdruck. Absolut
liegt der "erste Druck" beispielsweise zwischen 17 und 25 bar. Bei HAP-Verfahren stellt
der Hauptluftverdichter regelmäßig die einzige mit externer Energie angetriebene Maschine
zur Verdichtung von Luft dar. Unter einer "einzigen Maschine" wird hier ein einstufiger
oder mehrstufiger Verdichter verstanden, dessen Stufen alle mit dem gleichen Antrieb
verbunden sind, wobei alle Stufen in demselben Gehäuse untergebracht oder mit demselben
Getriebe verbunden sind.
[0008] Eine Alternative zu derartigen HAP-Verfahren stellen so genannte MAC-BAC-Verfahren
dar, bei denen die Luft im Hauptluftverdichter auf einen relativ niedrigen Gesamtluftdruck
verdichtet wird, zum Beispiel auf den Betriebsdruck der Hochdrucksäule (plus Leitungsverlusten).
Ein Teil der Luft aus dem Hauptluftverdichter im einem mit externer Energie angetriebenen
Luftnachverdichter (BAC = booster air compressor) auf einen höheren Druck verdichtet
wird. Dieser Luftteil unter höherem Druck (häufig Drosselstrom genannt) liefert den
Großteil der für die (Pseudo-)Verdampfung des innenverdichteten Produkts notwendige
Wärme im Hauptwärmetauscher. Er wird stromabwärts des Hauptluftverdichter in einem
Drosselventil oder in einer Flüssigturbine (DLE = dense liquid expander) auf den im
Destillationssäulen-System benötigten Druck entspannt.
[0009] Vielfach zwingt ein schwankender Bedarf an innenverdichtetem Produkt dazu, eine Luftzerlegungsanlage
auf variablen Betrieb mit variabler Druckgasproduktion auszulegen. Umgekehrt kann
es sinnvoll sein, eine Luftzerlegungsanlage trotz konstanter oder im Wesentlichen
konstanter Produktion variabel zu betreiben, indem verschiedene Betriebsweisen vorgesehen
sind, die unterschiedlich hohen Energieverbrauch aufweisen.
[0010] Ein konkretes Beispiel für eine derartige Randbedingung ist die Lieferung von innenverdichtetem
Sauerstoff (GOXIV) und gegebenenfalls weiteren gasförmigen und/oder flüssigen Produkten
an einer Ethylenoxid-Produktionsanlage. Hier ist es oftmals der Fall, dass der Sauerstoff-Bedarf
dem Katalysator-Zustand bei der EO-Produktion angepasst wird; er kann daher zwischen
100% und ca. 70% während der Katalysator-Lebensdauer (in der Regel um die 3 Jahre)
variiert werden. Dabei ist es wesentlich, dass während dieser Zeit die Luftzerlegungsanlage
ca. die gleichen Zeiten mit unterschiedlichen GOXIV-Produktmengen (zwischen 100% und
ca. 70%) betrieben wird. Daher ist es wichtig, dass die Anlage nicht nur im Design-Fall
mit 100% GOXIV, sondern auch in Unterlastfällen effizient betrieben wird. Diese Forderung
wird noch dadurch erschwert, dass die Produktion von anderen Luftzerlegungsprodukten
unabhängig vom GOXIV-Produkt ist; zum Beispiel kann der Bedarf an einem, mehreren
oder allen anderen Luftzerlegungsprodukten unverändert bleiben, während die GOX-Produktion
von 100 % auf etwa 70 % sinkt. Bei solchen "anderen Luftzerlegungsprodukten" und kann
es sich beispielsweise um ein, mehrere oder alle der folgenden Produkte handeln:
- Innenverdichtetes Stickstoffprodukt (GANIV)
- Anderes gasförmiges Druckprodukt wie zum Beispiel gasförmig aus der Hochdrucksäule
entnommener Druckstickstoff (HPGAN), der gegebenenfalls in einem Stickstoffverdichter
weiter verdichtet wird.
- Flüssigprodukt(e) wie flüssiger Sauerstoff, flüssiger Stickstoff und/oder flüssiges
Argon.
[0011] Mit einem konventionellen MAC-BAC-Verfahren ist diese Aufgabenstellung relativ gut
zu bewerkstelligen , da beide Verdichter (MAC und BAC) für funktional getrennte Aufgaben
zuständig sind. Der Hauptluftverdichter liefert im Prinzip nur die Einsatzluft für
die Zerlegung; der Luftnachverdichter liefert Energie für die Innenverdichtung (GOXIV,
GANIV) und für die Flüssigproduktion. Beide Maschinen können dabei in der Regel zwischen
70% und 100% relativ einfach geregelt werden.
[0012] Bei einem HAP-Verfahren werden diese beiden Aufgaben (Lieferung von Zerlegungsluft
und von Energie zur Innenverdichtung/Flüssigproduktion) mit einem einzigen Verdichter
gelöst. Dabei kann es zu Situationen führen, dass bestimmte Betriebsfälle außerhalb
des Verdichter-Kennfeldes liegen und nicht fahrbar sind. Der Gesamtenergiebedarf einer
Luftzerlegungsanlage wird nicht nur durch das GOXIV-Produkt, sondern zu einem großen
Teil durch Flüssigproduktion beziehungsweise durch andere innenverdichteten Produkte
bestimmt. Für die Menge der Zerlegungsluft ist das GOXIV-Produkt aber oftmals bestimmend.
Wird die GOXIV-Menge deutlich reduziert, wird auch deutlich weniger Zerlegungsluft
in die Anlage gefahren. Damit wird aber auch deutlich weniger Energie ins System eingetragen,
was unter Umständen nicht mehr für die gewünschte Produktion von anderen Produkten
(Flüssigkeiten, GANIV etc.) ausreichen kann. Um trotz der deutlich geringeren Luftmenge
genügend Energie zu liefern, muss der Verdichterdruck deutlich höher gefahren werden.
Dies ist aber bei einem HAP-Verfahren nur bedingt machbar, weil
- a) das Maschinen-Kennfeld begrenzt ist und
- b) der Auslegungsdruck für den "warmen" Anlagenteil (Vorkühlung, Adsorber etc.) darf
nicht überschritten werden darf.
[0013] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine entsprechende Vorrichtung
anzugeben, welche die Vorteile von HAP-Verfahren mit einer Flexibilität zu verbinden,
wie sie ähnlich bei MAC-BAC-Verfahren bekannt ist. Unter "Flexibilität" wird hier
insbesondere verstanden, dass das System nicht nur bei einer bestimmten Produktionsmenge
an innenverdichtetem Produkt energetisch günstig betrieben werden kann, sondern im
einem relativ weiten Lastbereich bei ungefähr gleich bleibend geringem spezifischen
Energieverbrauch. Dabei soll insbesondere die Produktion von anderen Luftzerlegungsprodukten
gleich bleiben oder sich zumindest weniger stark als die Produktmenge des Innenverdichtungsprodukts
ändern.
[0014] Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Patentanspruchs 1 gelöst.
[0015] Bei der Erfindung wird in dem zweiten Betriebsmodus ein Teil der Einsatzluftmenge
oder eines stickstoffangereicherten Prozessstroms ("zweiter Prozessstrom") an der
Niederdrucksäule beziehungsweise an dem gesamten Destillationssäulen-System vorbeigeleitet.
Diese Menge nimmt dann nicht an der Erzeugung des ersten Produktstroms teil, kann
aber trotzdem durch die erste Turbine geleitet werden, um damit genügend Kälte zu
produzieren beziehungsweise genügend Energie ins System zu liefern, um die Flüssigproduktion
aufrechterhalten zu können oder mindestens relativ weniger stark zu vermindern als
die Menge der ersten Druckproduktion.
[0016] In einer ersten Variante der Erfindung wird ein Teil der Einsatzluft nicht in das
Destillationssäulen-System eingeleitet, sondern in den Hauptluftverdichter zurückgeführt,
indem
- der mehrstufige Verdichter durch den Hauptluftverdichter,
- der erste Prozessstrom durch die gesamte Einsatzluft und
- der zweite Prozessstrom durch einen Teil des arbeitsleistend entspannten ersten Teilstroms
der Einsatzluft
gebildet werden.
[0017] Die überschüssige Luft wird nicht in dass Destillationssäulen-System geleitet, sondern
gleich nach Entspannung in der Turbine zurück in den Wärmetauscher geführt und anschließend
ohne Abdrosselung an einer passenden Stelle (zum Beispiel nach der zweiten oder dritten
Stufe) des Hauptluftverdichters eingespeist. Dadurch wird die notwendige Menge an
"Überschuss"-Luft nicht vom atmosphärischen Druck, sondern beispielsweise von ca.
5 bar aus verdichtet, und es wird viel Energie gespart.
[0018] In einer zweiten Variante der Erfindung wird ein Teil des in der Hochdrucksäule gewonnenen
Stickstoffs nicht in die Niederdrucksäule eingeleitet, sondern einem Stickstoffproduktverdichter
zugeführt, indem
- der mehrstufige Verdichter durch einen Stickstoffproduktverdichter,
- der erste Prozessstrom durch einen ersten gasförmigen Stickstoffstrom aus der Niederdrucksäule
und
- der zweite Prozessstrom durch ersten gasförmigen Stickstoffstrom aus der Hochdrucksäule
gebildet werden.
[0019] Ist im Prozess zum Beispiel wegen großen Mengen an Stickstoff-Produkt ein Niederdruck-GAN-Verdichter
als Stickstoffproduktverdichter vorgesehen, kann dieser durch Zwischeneinspeisung
von Druck-GAN aus der Hochdrucksäule entlastet werden. Anders als im Design-Fall,
wird im Falle von geringerer GOXIV-Produktion deutlich mehr Luft ins Rektifikationssystem
gefahren und als Druck-GAN aus der Drucksäule entnommen, als für die Sauerstoffproduktion
notwendig ist. Nach Anwärmen im Wärmetauscher wird dieser Druck-GAN an einer passenden
Stelle (zum Beispiel nach der zweiten oder dritten Verdichterstufe) beim Stickstoffproduktverdichter
eingespeist. Dadurch kann der Anteil des Niederdruck-GAN (die von ca. atmosphärischem
Druck auf etwa 5 bar zu verdichtende Gas-Menge) entsprechend reduziert werden. So
werden zum Beispiel (anderes als im Design-Fall mit 100% GOXIV) im Betriebsfall mit
ca. 75% GOXIV, voller Flüssigproduktion und 100% HPGAN-Produktmenge - ca. 70-75% Niederdruck-GAN
und ca.25-30% Druck-GAN aus der Drucksäule verdichtet (s. dazu
Abbildung 2)
. Dadurch gewinnt man die mit der überschüssigen Luftmenge am Hauptluftverdichter aufgenommene
Energie teilweise zurück.
Eine andere Möglichkeit (bei nicht vorhandenem Niederdruck-GAN-Verdichter) besteht
darin, die überschüssige Luft ins Destillationssäulen-System zu leiten und zu trennen.
Dabei kann das in dieser Luftmenge vorhandene Argon gewonnen werden. Die überschüssige
Sauerstoff-Menge kann dabei als Niederdruck-Sauerstoff aus der Niederdrucksäule entnommen
werden und dem UN2-Strom zugeführt werden. Hier verliert man im Prinzip nur die Trennarbeit
zur Gewinnung von zusätzlichen Sauerstoff-Molekülen, gleichzeitig wird aber deutlich
mehr an Argon produziert.
[0020] Die beiden Varianten der Erfindung können aber auch kombiniert werden, wie es im
Patentanspruch 4 beschrieben ist.
[0021] Grundsätzlich kann der zweite Prozessstrom auch am Eintritt eines Stickstoffproduktverdichters
mit dem ersten Prozessstrom vermischt werden. In vielen Fällen ist es aber günstig,
wenn die Vermischung des zweiten mit dem ersten Prozessstrom beziehungsweise des vierten
mit dem zweiten Prozessstrom bei einer Zwischenstufe des mehrstufigen Verdichters
beziehungsweise des Stickstoffproduktverdichters durchgeführt wird.
[0022] Zusätzlich kann in dem zweiten Betriebsmodus ein Sauerstoffgasstrom aus dem unteren
Bereich der Niederdrucksäule entnommen, mit einem stickstoffangereicherten Strom aus
dem oberen Bereich der Niederdrucksäule vermischt und das Gemisch im Hauptwärmetauscher
angewärmt werden.
[0023] Außerdem kann in einer speziellen Ausführungsform der Erfindung eine zweite Luftturbine
eingesetzt werden, wobei ein dritter Teilstrom der im Hauptluftverdichter verdichteten
Einsatzluft in einem Hauptwärmetauscher auf eine Zwischentemperatur abgekühlt und
in der zweiten Luftturbine arbeitsleistend entspannt wird und mindestens ein erster
Teil des arbeitsleistend entspannten dritten Teilstroms in das Destillationssäulen-System
eingeleitet wird.
[0024] Außerdem kann der zweite Teilstrom der im Hauptluftverdichter verdichteten Einsatzluft
in dem Hauptwärmetauscher auf eine Zwischentemperatur abgekühlt, in einem zweiten
Nachverdichter, der als Kaltverdichter betrieben und von der zweiten Turbine angetrieben
wird, auf einen dritten Druck nachverdichtet werden, der höher als der erste Druck
ist, in dem Hauptwärmetauscher abgekühlt, (pseudo-)verflüssigt und anschließend entspannt
und in das Destillationssäulen-System eingeleitet wird. Auf diese Weise kann der Druck
des zweiten Teilstroms ohne Aufwendung äußerer Energie weiter erhöht werden. Ein entsprechend
höherer Innenverdichtungsdruck kann erreicht werden.
[0025] Zusätzlich kann ein vierter Teilstrom der im Hauptluftverdichter verdichteten Luft
unter dem ersten Druck in dem Hauptwärmetauscher abgekühlt und anschließend entspannt
und in das Destillationssäulen-System eingeleitet wird. Durch einen derartigen zweiten
Drosselstrom wird der Wärmeaustauschvorgang im Hauptwärmetauscher weiter optimiert.
[0026] Bei einer anderen Ausführungsform mit der einer zweiten Turbine ist es günstig, wenn
der dritte Teilstrom in der zweiten Luftturbine auf einen Druck entspannt wird, der
mindestens 1 bar höher als der Betriebsdruck der Hochdrucksäule ist, und der arbeitsleistend
entspannte dritte Teilstrom in dem Hauptwärmetauscher weiter abgekühlt und anschließend
entspannt und in das Destillationssäulen-System eingeleitet wird. Durch einen derartigen
dritten Drosselstrom wird der Wärmeaustauschvorgang im Hauptwärmetauscher weiter optimiert.
[0027] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird insbesondere beim Übergang von dem ersten
in den zweiten Betriebsmodus die im Hauptluftverdichter verdichtete Gesamtluftmenge
gar nicht reduziert oder weniger stark reduziert als die Drucksauerstoff-Produktmenge,
indem
- in dem ersten Betriebsmodus eine erste Menge an Einsatzluft in dem Hauptluftverdichter
verdichtet wird und
- in dem zweiten Betriebsmodus eine zweite Menge an Einsatzluft in dem Hauptluftverdichter
verdichtet wird, wobei
- das Verhältnis von zweiter Menge an Einsatzluft zu erster Menge an Einsatzluft größer,
insbesondere um mindestens 3 %, insbesondere um mehr als 5 %größer ist als das Verhältnis
zwischen zweiter Menge an erstem Druckgasprodukt und erster Menge an erstem Druckgasprodukt.
[0028] In Betriebsfällen mit geringerer GOXIV-Produktion, wird die Einsatzluftmenge in die
Coldbox "künstlich" angehoben, das heißt es wird mehr Luft in den Tieftemperaturteil
der Anlage gefahren als zur Gewinnung der für diesen Betriebsfall spezifizierten Drucksauerstoff-Produkte
notwendig ist. Fährt man die Einsatzluft im "Überschuss", kann der Druck am Verdichter-Austritt
reduziert werden, da die Energielieferung für die (Pseudo-)Verdampfung des GOXIV-Produkts
dann nicht mit dem Luft-Druck, sondern mit der Luft-Menge erfolgt. Dabei ist es von
der Bedeutung, dass die Luft nicht nur einfach im Überschuss gefahren (im Hauptluftverdichter
verdichtet, im Wärmetauscher abgekühlt, in der Turbine auf den Hochdrucksäulen-Druck
entspannt, im Wärmetauscher wieder angewärmt und schließlich auf atmosphärischen Druck
abgedrosselt) wird, sondern es werden mit den weiter oben beschriebenen Merkmale auch
weitere Vorteile erzielt.
[0029] Durch diese Maßnahme steht weiterhin ausreichend Luft für die Gewinnung von anderen
Produkten zur Verfügung. Zu Beispiel kann ausreichend Kälte erzeugt werden, um eine
gleich bleibende Menge an Flüssigprodukten zu liefern.
[0030] Vorzugsweise wird der erste Teilstrom der im Hauptluftverdichter verdichteten Einsatzluft
stromaufwärts seiner Einleitung in den Hauptwärmetauscher in einem ersten Nachverdichter
nachverdichtet, der im Warmen betrieben und insbesondere von der ersten Turbine angetrieben
wird. Dadurch ist der Eintrittsdruck der ersten Turbine deutlich höher als der erste
Druck, auf den die Gesamtluft verdichtet wird. Die Luft für die zweite Turbine wird
dagegen beispielsweise nicht nachverdichtet, das heißt ihr Eintrittsdruck liegt auf
dem niedrigeren Niveau des ersten Drucks.
[0031] Die Erfindung betrifft außerdem eine Vorrichtung gemäß Patentanspruch 13. Die erfindungsgemäße
Vorrichtung kann durch Vorrichtungsmerkmale ergänzt werden, die den Merkmalen der
abhängigen Verfahrensansprüche entsprechen.
[0032] Bei den "Mitteln zum Umschalten zwischen einem ersten und einem zweiten Betriebsmodus"
handelt es sich um komplexe Regel- und Steuerungsvorrichtungen, die im Zusammenwirken
ein mindestens teilweise automatisches Umschalten zwischen den beiden Betriebsmodi
ermöglichen, beispielsweise durch ein entsprechend programmiertes Betriebsleitsystem.
[0033] Die Erfindung sowie weitere Einzelheiten der Erfindung werden im Folgenden anhand
von in den Zeichnungen schematisch dargestellten Ausführungsbeispielen näher erläutert.
Hierbei zeigen:
- Figur 1
- ein Ausführungsbeispiel für die erste Variante der Erfindung mit Rückführung von Turbinenluft
zum Hauptluftverdichter in dem zweiten Betriebsmodus,
- Figur 2
- ein Ausführungsbeispiel für die zweite Variante der Erfindung mit Einführung von gasförmigem
Stickstoff aus der Hochdrucksäule in einen Stickstoffproduktverdichter und
- Figuren 3 und 4
- Abwandlungen der Figur 1 und 2 mit einem dritten Drosselstrom.
[0034] Anhand von Figur 1 wird zunächst der erste Betriebsmodus einer Ausführungsform des
Verfahrens gemäß der ersten Variante der Erfindung beschrieben. Atmosphärische Luft
(AIR) wird über ein Filter 1 von einem Hauptluftverdichter 2 angesaugt. Der Hauptluftverdichter
weist in dem Beispiel fünf Stufen auf und verdichtet den Gesamtluftstrom auf einen
"ersten Druck" von beispielsweise 22 bar. Der Gesamtluftstrom 3 stromabwärts des Hauptluftverdichters
2 wird unter dem ersten Druck in einer Vorkühlung 4 gekühlt. Der vorgekühlte Gesamtluftstrom
5 wird in einer Reinigungseinrichtung 6, die insbesondere durch ein Paar umschaltbarer
Molsieb-Adsorber gebildet wird, gereinigt. Der gereinigte Gesamtluftstrom 7 wird zu
einem ersten Teil 8 in einem im Warmen betriebenen Luftnachverdichter 9 mit Nachkühler
10 auf einen zweiten Druck von beispielsweise 28 bar nachverdichtet und anschließend
in einen "ersten Teilstrom" 11 (erster Turbinenluftstrom) und einen "zweiten Teilstrom"
12 (erster Drosselstrom) aufgeteilt.
[0035] Der erste Teilstrom 11 wird in einem Hauptwärmetauscher 13 auf eine erste Zwischentemperatur
abgekühlt. Der abgekühlte erste Teilstrom 14 wird in einer ersten Luftturbine 15 von
dem zweiten Druck auf etwa 5,5 bar arbeitsleistend entspannt. Die erste Luftturbine
15 treibt den warmen Luftnachverdichter 9 an. Der arbeitsleistend entspannte erste
Teilstrom 16 wird in einem Abscheider (Phasentrenner) 17 eingeleitet. Der flüssige
Anteil 18 wird über die Leitungen 19 und 20 in die Niederdrucksäule 22 des Destillationssäulen-Systems
eingeleitet.
[0036] Das Destillationssäulen-System umfasst eine Hochdrucksäule 21, die Niederdrucksäule
22 und einen Hauptkondensator 23 sowie eine übliche Argongewinnung 24 mit Rohargonsäule
25 und Reinargonsäule 26. Der Hauptkondensator 23 ist als Kondensator-Verdampfer ausgebildet,
in dem konkreten Beispiel als Kaskadenverdampfer. Der Betriebsdruck am Kopf der Hochdrucksäule
beträgt in dem Beispiel 5,3 bar, derjenige am Kopf der Niederdrucksäule 1,35 bar.
[0037] Der zweite Teilstrom 12 der Einsatzluft wird in dem Hauptwärmetauscher 13 auf eine
zweite Zwischentemperatur abgekühlt, die höher als die erste Zwischentemperatur ist,
über Leitung 27 einem Kaltverdichter 28 zugeleitet und dort auf einen "dritten Druck"
von ca. 40 bar nachverdichtet. Der nachverdichtete zweite Teilstrom 29 wird bei einer
dritten Zwischentemperatur, die höher als die zweite Zwischentemperatur ist, wieder
in den Hauptwärmetauscher 13 eingeleitet und dort bis zum kalten Ende abgekühlt. Der
kalte zweite Teilstrom 30 wird in einem Drosselventil 31 auf etwa den Betriebsdruck
der Hochdrucksäule entspannt und über Leitung 32 der Hochdrucksäule 21 zugeführt.
Ein Teil 33 wird wieder entnommen, in einem Unterkühlungs-Gegenströmer 34 abgekühlt
und über die Leitungen 35 und 20 in die Niederdrucksäule 22 eingespeist.
[0038] Ein "dritter Teilstrom" 36 der Einsatzluft wird unter dem ersten Druck in den Hauptwärmetauscher
13 eingeleitet und dort auf eine vierte Zwischentemperatur abgekühlt, die in dem Beispiel
etwas niedriger als die erste Zwischentemperatur liegt. Der abgekühlte dritte Teilstrom
37 wird in einer zweiten Luftturbine 37 von dem ersten Druck auf etwa Hochdrucksäulendruck
arbeitsleistend entspannt. Die zweite Luftturbine 38 treibt den Kaltverdichter 28
an. Der arbeitsleistend entspannte dritte Teilstrom 39 wird über Leitung 40 der Hochdrucksäule
21 am Sumpf zugeführt.
[0039] Ein "vierter Teilstrom" 41 (zweiter Drosselstrom) durchströmt den Hauptwärmetauscher
13 vom warmen bis zum kalten Ende unter dem ersten Druck. Der kalte vierte Teilstrom
42 wird in einem Drosselventil 43 auf etwa den Betriebsdruck der Hochdrucksäule entspannt
und über Leitung 32 der Hochdrucksäule 21 zugeführt.
[0040] Die sauerstoffangereicherte Sumpfflüssigkeit der Hochdrucksäule 21 wird im Unterkühlungs-Gegenströmer
34 abgekühlt und über Leitung 45 in die fakultative Argongewinnung 24 eingeleitet.
Daraus erzeugter Dampf 46 und verbleibende Flüssigkeit 47 werden in die Niederdrucksäule
22 eingespeist.
[0041] Ein erster Teil 49 des Kopfstickstoffs 48 der Hochdrucksäule 21 wird im Verflüssigungsraum
des Hauptkondensators 23 gegen im Verdampfungsraum verdampfenden flüssigen Sauerstoff
aus dem Sumpf der Niederdrucksäule vollständig oder im Wesentlichen vollständig verflüssigt.
Ein erster Teil 51 des dabei erzeugten flüssigen Stickstoffs 51 wird als Rücklauf
auf die Hochdrucksäule 21 aufgegeben. Ein zweiter Teil 52 wird im Unterkühlungs-Gegenströmer
34 abgekühlt, über Leitung 53 in die Niederdrucksäule 22 eingespeist. Mindestens ein
Teil des flüssigen Niederdruckstickstoffs 53 dient als Rücklauf in der Niederdrucksäule
21; ein anderer Teil 54 kann als Flüssigstickstoffprodukt (LIN) gewonnen werden.
[0042] Vom Kopf der Niederdrucksäule 22 wird gasförmiger Niederdruckstickstoff 55 abgezogen,
im Unterkühlungs-Gegenströmer 34 und im Hauptwärmetauscher 13 angewärmt. Der warme
Niederdruckstickstoff 56 wird in einem aus zwei Sektionen bestehenden Stickstoffproduktverdichter
(57, 59) mit Zwischen- und Nachkühlung (58, 60) auf den gewünschten Produktdruck verdichtet,
der in dem Beispiel 12 bar beträgt. Die erste Sektion 57 des Stickstoffproduktverdichters
besteht beispielsweise aus zwei oder drei Stufen mit dazugehörigen Nachkühlern; die
zweite Sektion 59 weist mindestens eine Stufe auf und ist vorzugsweise ebenfalls zwischen-
und nachgekühlt.
[0043] Von einer Zwischenstelle Niederdrucksäule 22 wird gasförmiger Unreinstickstoff 55
abgezogen, im Unterkühlungs-Gegenströmer 34 und im Hauptwärmetauscher 13 angewärmt.
Der warme Unreinstickstoff 62 kann in die Atmosphäre (ATM) abgeblasen (63) und/oder
als Regeneriergas 64 für die Reinigungseinrichtung 6 eingesetzt werden.
[0044] Die Leitungen 67 und 68 (sogenannter Argonübergang) verbinden die Niederdrucksäule
21 mit der Rohargonsäule 25 der Argongewinnung 24.
[0045] Ein erster Teil 70 des flüssigen Sauerstoffs 69 vom Sumpf der Niederdrucksäule 21
wird als "erster Produktstrom" abgezogen, in einer Sauerstoffpumpe 71 auf einen "ersten
Produktdruck" von beispielsweise 37 bar gebracht und unter dem ersten Produktdruck
in dem Hauptwärmetauscher 13 verdampft und schließlich über Leitung 72 als "erstes
Druckgasprodukt" (GOX IC - innenverdichteter gasförmiger Sauerstoff) gewonnen.
[0046] Ein zweiter Teil 73 des flüssigen Sauerstoffs 69 vom Sumpf der Niederdrucksäule 21
wird gegebenenfalls im Unterkühlungs-Gegenströmer 34 abgekühlt und über Leitung 74
als Flüssigsauerstoffprodukt (LOX) gewonnen.
[0047] In dem Beispiel wird auch ein dritter Teil 75 des flüssigen Stickstoffs 50 aus der
Hochdrucksäule 21 beziehungsweise dem Hauptkondensator 23 einer Innenverdichtung unterzogen,
indem er in einer Stickstoffpumpe 76 auf einen zweiten Produktdruck von beispielsweise
37 bar gebracht, unter dem zweiten Produktdruck in dem Hauptwärmetauscher 13 pseudo-verdampft
und schließlich über Leitung 77 als innenverdichtetes gasförmiges Stickstoff-Druckprodukt
(GAN IC) gewonnen.
[0048] Ein zweiter Teil 78 des gasförmigen Kopfstickstoffs 48 der Hochdrucksäule 21 wird
im Hauptwärmetauscher angewärmt und über Leitung 79 entweder als gasförmiges Mitteldruckprodukt
gewonnen oder - wie dargestellt - als Dichtgas (Sealgas) für eine oder mehrere der
dargestellten Prozesspumpen eingesetzt.
[0049] Wenn man als "ersten Betriebsmodus" den Betrieb mit der maximalen Sauerstoffproduktion
(100 % gemäß der Auslegung) bezeichnet, bleiben in dieser Betriebsweise die fett dargestellten
Leitungen 65/66 außer Betrieb.
[0050] Eine niedrigere Sauerstoffproduktion (beispielsweise 75 %) kann dann als "zweiter
Betriebsmodus" angesehen werden. Hier wird ein Teil des gasförmigen Anteils 17 des
arbeitsleistend entspannten ersten Teilstroms 16 als "zweiter Prozessstrom" über die
Leitungen 65, 66 durch den Hauptwärmetauscher zu einer Zwischenstufe des Hauptluftverdichters
2 zurückgeführt. In dem Beispiel wird der Rückführstrom zwischen der zweiten und der
dritten Stufe beziehungsweise zwischen der dritten und vierten Stufe des Hauptluftverdichters
der Einsatzluft zugemischt. (Diese Einsatzluft stellt in der ersten Variante der Erfindung
den "ersten Prozessstrom" dar.) Dadurch kann die Luftmenge durch die Turbine 15 relativ
hoch gehalten werden und eine unveränderte - oder zumindest eine weniger stark reduzierte
- Menge and Stickstoff- und Flüssigprodukten gewonnen werden.
[0051] Genauso gut könnte eine 95 %-Betriebsweise als "erster Betriebsmodus" angesehen werden.
Ein "zweiter Betriebsmodus" wird dann beispielsweise mit einer Sauerstoffproduktion
von 90 % des Auslegungswerts erreicht.
[0052] Die folgende Tabelle führt beispielhafte Zahlenwerte zweier verschiedener Betriebsmodi
der Anlage von Figur 1 an:
GOX-IC-Menge 72 |
Luftmenge durch Filter 1 |
Rückführmenge 65/66* |
100% |
100 % |
0% |
76 % |
83% |
4,2% |
[0053] Die Rückführmenge bezieht sich in der Tabelle auf die aktuelle Luftmenge durch Filter
1. Alle Prozentangaben beziehen sich hier und im übrigen Text auf molare Mengen, wenn
nichts Anderes angegeben ist.
[0054] In Figur 2 ist eine Ausführungsform der zweiten Variante der Erfindung dargestellt.
Sie unterscheidet sich von Figur 1 durch die folgenden Merkmale.
[0055] Die Rückführleitung 65, 66 für Luft fehlt hier. Stattdessen wird im zweiten Betriebsmodus
zusätzlich zu der Dichtgasmenge 79 ein zusätzlicher Teil 180 des gasförmigen Kopfstickstoffs
48 vom Kopf der Hochdrucksäule als "zweiter Prozessstrom" 180 über die Leitungen 178,
179 geführt und schließlich zwischen den beiden Sektionen 57, 59 des Stickstoffproduktverdichters
mit den Stickstoff 56 aus der Niederdrucksäule vermischt, der in der zweiten Variante
den "ersten Prozessstrom" bildet.
[0056] Die entsprechende Stickstoffmenge 180 aus der Hochdrucksäule wird nicht im Hauptkondensator
23 kondensiert und nicht in die Niederdrucksäule eingeleitet. Dadurch nimmt sie nicht
an der Rektifikation in der Niederdrucksäule teil (weder indirekt über die Verdampfung
des Sumpfsauerstoffs, noch direkt durch Verwendung als Rücklaufflüssigkeit) und ermöglicht
dabei die Verringerung der Sauerstoffproduktion. Gleichzeitig steht gleich viel Luft
(oder nur unwesentlich weniger) zur Kälteproduktion und Stickstofferzeugung zur Verfügung.
[0057] Im ersten Betriebsmodus wird eine geringere Menge an zweitem Prozessstrom 180 zur
Zwischenstelle des Stickstoffproduktverdichters gefahren oder Leitung 180 ist ganz
geschlossen.
[0058] Die Flexibilität des Verfahrens kann durch die im Folgenden beschrieben fakultative
Maßnahme weiter erhöht werden (die grundsätzlich auch bei der ersten Variante nach
Figur 1 eingesetzt werden kann). Hierbei wird in dem zweiten Betriebsmodus gasförmiger
Sauerstoff 181 aus der Niederdrucksäule abgezogen und mit dem gasförmigen Unreinstickstoff
61 aus der Niederdrucksäule vermischt. Die Vermischung findet in dem Beispiel stromabwärts
des Unterkühlungs-Gegenströmers 34 statt. Im ersten Betriebsmodus ist die Leitung
181 geschlossen oder es wird weniger Gas über Leitung 181 geführt.
[0059] Die folgende Tabelle führt beispielhafte Zahlenwerte zweier verschiedener Betriebsmodi
der Anlage von Figur 2 an:
GOX-IC-Menge 72 |
Luftmenge durch Hauptluftverdichter 2 |
Stickstoffmenge durch Leitung 180 |
Sauerstoffmenge durch Leitung 181 |
100 % |
100 % |
0 % |
0 % |
76 % |
83 % |
5 % |
0 % |
[0060] Die Stickstoffmenge durch Leitung 180 bezieht sich auf die Luftmenge durch Filter
1 im Designfall.
[0061] Figur 3 unterscheidet sich von Figur 1 durch einen dritten Drosselstrom. Hierzu wird die
zweite Turbine 38 mit einem relativ großen Austrittsdruck und einer relativ hohen
Austrittstemperatur betrieben. Der arbeitsleistend entspannte Turbinenstrom 339 weist
dann einen Druck auf, der mindestens 1 bar, insbesondere 4 bis 11 bar über dem Betriebsdruck
der Hochdrucksäule liegt, und eine Temperatur, die mindestens 10 K, insbesondere 20
bis 60 K oberhalb der Eintrittstemperatur der Niederdruck-Stickstoffströme 55, 61
am kalten Ende des Hauptwärmetauschers liegt. Dieser Strom wird dann im kalten Teil
des Hauptwärmetauschers weiter abgekühlt. Der weiter abgekühlte dritte Teilstrom 340
wird als dritter Drosselstrom in einem Drosselventil 341 auf etwa Hochdrucksäulendruck
entspannt und über Leitung 32 in die Hochdrucksäule eingeführt. Hierdurch lässt sich
der Wärmeaustauschvorgang im Hauptwärmetauscher weiter optimieren.
[0062] In
Figur 4 wird in Abweichung von Figur 3 der dritte Teilstrom 436 nicht unter dem ersten Druck,
sondern unter dem höheren zweiten Druck in die zweite Turbine 38 eingeleitet.
[0063] Die zusätzlichen Maßnahmen der Figuren 3 und 4 können nicht nur bei der ersten Variante
der Erfindung eingesetzt werden, sondern auch bei der zweiten Variante.
1. Verfahren zur variablen Gewinnung eines Druckgasprodukts (72; 73) mittels Tieftemperaturzerlegung
von Luft in einem Destillationssäulen-System, das eine Hochdrucksäule (21) und eine
Niederdrucksäule (22) aufweist, bei dem
- die gesamte Einsatzluft in einem Hauptluftverdichter (2) auf einen ersten Druck
verdichtet wird, der mindestens 4 bar höher als der Betriebsdruck der Hochdrucksäule
(21) ist,
- ein erster Teilstrom (8, 11, 14) der im Hauptluftverdichter (2) verdichteten Einsatzluft
(7) in einem Hauptwärmetauscher (13) auf eine Zwischentemperatur abgekühlt und in
einer ersten Luftturbine (15) arbeitsleistend entspannt wird,
- mindestens ein erster Teil des arbeitsleistend entspannten ersten Teilstroms (16)
in das Destillationssäulen-System eingeleitet (40; 18, 19, 20) wird,
- ein zweiter Teilstrom (12, 27, 29, 30) der im Hauptluftverdichter (2) verdichteten
Einsatzluft in einem ersten Nachverdichter (9), der insbesondere von der ersten Turbine
(15) angetrieben wird, auf einen zweiten Druck nachverdichtet wird, der höher als
der erste Druck ist, in dem Hauptwärmetauscher (13) abgekühlt und anschließend entspannt
(31) und in das Destillationssäulen-System eingeleitet wird,
- ein erster Produktstrom (69; 75) flüssig aus dem Destillationssäulen-System entnommen
und einer Druckerhöhung (71; 76) auf einen ersten Produktdruck unterworfen wird,
- der erste Produktstrom unter dem ersten Produktdruck im Hauptwärmetauscher (13)
verdampft oder pseudo-verdampft und angewärmt wird,
- der angewärmte erste Produktstrom (72; 77) als erstes Druckgasprodukt (GOX IC; GAN
IC) gewonnen wird,
- ein erster Prozessstrom, der mindestens 78 mol-% Stickstoff enthält, in einem mehrstufigen
Verdichter (2; 57/59) von einem Eintrittsdruck auf einen Enddruck verdichtet wird,
- mindestens zeitweise ein zweiter Prozessstrom (65; 180), der mindestens 78 mol-%
Stickstoff enthält, stromabwärts der ersten Stufe des mehrstufigen Verdichters (2;
57/59) mit dem ersten Prozessstrom vermischt wird,
- in einem ersten Betriebsmodus eine erste Menge an erstem Druckgasprodukt gewonnen
wird und
- in einem zweiten Betriebsmodus eine zweite Menge an erstem Druckgasprodukt gewonnen
wird, die geringer ist als die erste Menge,
dadurch gekennzeichnet, dass
- in dem ersten Betriebsmodus einer erste Menge des zweiten Prozessstroms (65; 180),
die auch Null sein kann, in dem mehrstufigen Verdichter (2; 57/59) verdichtet wird
und
- in dem zweiten Betriebsmodus eine zweite Menge des zweiten Prozessstroms (65; 180)
in dem mehrstufigen Verdichter (2; 57/59) verdichtet wird, die größer ist als die
erste Menge des zweiten Prozessstroms.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
- der mehrstufige Verdichter durch den Hauptluftverdichter (2),
- der erste Prozessstrom durch die gesamte Einsatzluft und
- der zweite Prozessstrom durch einen Teil (65) des arbeitsleistend entspannten ersten
Teilstroms (16) der Einsatzluft
gebildet werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
- der mehrstufige Verdichter durch einen Stickstoffproduktverdichter (57/59),
- der erste Prozessstrom durch einen ersten gasförmigen Stickstoffstrom (55, 56) aus
der Niederdrucksäule und
- der zweite Prozessstrom (180) durch ersten gasförmigen Stickstoffstrom (178, 179)
aus der Hochdrucksäule (21)
gebildet werden.
4. Verfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
- ein dritter Prozessstrom in einem Stickstoffproduktverdichter von einem Eintrittsdruck
auf einen Enddruck verdichtet wird,
- mindestens zeitweise ein vierter Prozessstrom stromabwärts der ersten Stufe des
Stickstoffproduktverdichters mit dem dritten Prozessstrom vermischt wird, wobei
- der dritte Prozessstrom durch einen ersten gasförmigen Stickstoffstrom aus der Niederdrucksäule
und
- der vierte Prozessstrom durch ersten gasförmigen Stickstoffstrom aus der Hochdrucksäule
gebildet werden.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass der zweite Prozessstrom beziehungsweise der vierte Prozessstrom bei einer Zwischenstufe
des mehrstufigen Verdichters beziehungsweise des Stickstoffproduktverdichters mit
dem ersten Prozessstrom beziehungsweise mit dem zweiten Prozessstrom vermischt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass in dem zweiten Betriebsmodus ein Sauerstoffgasstrom (181) aus dem unteren Bereich
der Niederdrucksäule (22) entnommen, mit einem stickstoffangereicherten Strom (61)
aus dem oberen Bereich der Niederdrucksäule (22) vermischt und das Gemisch im Hauptwärmetauscher
(13) angewärmt wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, dass
- ein dritter Teilstrom (36, 37) der im Hauptluftverdichter (2) verdichteten Einsatzluft
(7) in dem Hauptwärmetauscher (13) auf eine Zwischentemperatur abgekühlt und in einer
zweiten Luftturbine (38) arbeitsleistend entspannt wird und
- mindestens ein erster Teil des arbeitsleistend entspannten dritten Teilstroms (39)
in das Destillationssäulen-System eingeleitet (40) wird,
- wobei der Turbineneintrittsdruck der zweiten Luftturbine insbesondere gleich dem
ersten Druck ist.
8. Verfahren nach einem der Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet, dass
- der zweite Teilstrom (12, 27, 29, 30) der im Hauptluftverdichter (2) verdichteten
Einsatzluft (7) stromabwärts des ersten Nachverdichters (9) in dem Hauptwärmetauscher
(13) auf eine Zwischentemperatur abgekühlt, in einem zweiten Nachverdichter (28),
der als Kaltverdichter betrieben und von der zweiten Turbine (38) angetrieben wird,
auf einen dritten Druck nachverdichtet wird, der höher als der erste Druck ist, in
dem Hauptwärmetauscher (13) abgekühlt und anschließend entspannt (31) und in das Destillationssäulen-System
eingeleitet (32) wird.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass ein vierter Teilstrom (41, 42) der im Hauptluftverdichter (2) verdichteten Luft (7)
unter dem ersten Druck in dem Hauptwärmetauscher (13) abgekühlt und anschließend entspannt
(43) und in das Destillationssäulen-System eingeleitet wird.
10. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8 oder nach Anspruch 9 rückbezogen auf einen der Ansprüche
7 oder 8,
dadurch gekennzeichnet, dass
- der dritte Teilstrom (37, 339) in der zweiten Luftturbine (38) auf einen Druck entspannt
wird, der mindestens 1 bar höher als der Betriebsdruck der Hochdrucksäule (21) ist,
und
- der arbeitsleistend entspannte dritte Teilstrom (339) in dem Hauptwärmetauscher
(13) weiter abgekühlt und anschließend entspannt (341) und in das Destillationssäulen-System
eingeleitet wird.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9,
dadurch gekennzeichnet, dass
- in dem ersten Betriebsmodus eine erste Menge an Einsatzluft in dem Hauptluftverdichter
(2) verdichtet wird und
- in dem zweiten Betriebsmodus eine zweite Menge an Einsatzluft in dem Hauptluftverdichter
(2) verdichtet wird, wobei
- das Verhältnis von zweiter Menge an Einsatzluft zu erster Menge an Einsatzluft größer,
insbesondere um mehr als 3 % größer ist als das Verhältnis zwischen zweiter Menge
an erstem Druckgasprodukt und erster Menge an erstem Druckgasprodukt.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Teilstrom (8, 11) der im Hauptluftverdichter (2) verdichteten Einsatzluft
(7) stromaufwärts seiner Einleitung in den Hauptwärmetauscher (13) in einem ersten
Nachverdichter (9) nachverdichtet wird, der im Warmen betrieben und insbesondere von
der ersten Turbine angetrieben wird.
13. Vorrichtung zur variablen Gewinnung eines Druckgasprodukts (72; 73) mittels Tieftemperaturzerlegung
von Luft mit
- einem Destillationssäulen-System, das eine Hochdrucksäule (21) und eine Niederdrucksäule
(22) aufweist,
- einem Hauptluftverdichter (2) zum Verdichten der gesamten Einsatzluft auf einen
ersten Druck, der mindestens 4 bar höher als der Betriebsdruck der Hochdrucksäule
(21) ist,
- Mittel zum Abkühlen eines ersten Teilstroms (8, 11, 14) der im Hauptluftverdichter
(2) verdichteten Einsatzluft (7) in einem Hauptwärmetauscher (13) auf eine Zwischentemperatur,
- einer ersten Luftturbine (15) zum arbeitsleistenden Entspannen des abgekühlten ersten
Teilstroms,
- Mittel zum Einleiten (40; 18, 19, 20) des arbeitsleistend entspannten ersten Teilstroms
(16) in das Destillationssäulen-System,
- einem ersten Nachverdichter (9) zum Nachverdichten eines zweiten Teilstroms (12,
27, 29, 30) der im Hauptluftverdichter (2) verdichteten Einsatzluft auf einen zweiten
Druck, , der höher als der erste Druck ist, wobei der Nachverdichter (9) insbesondere
von der ersten Turbine (15) angetrieben wird, nachverdichtet wird,
- Mittel zum Abkühlen des nachverdichteten zweiten Teilstroms in dem Hauptwärmetauscher
(13) abgekühlt,
- Mittel zum Entspannen (31) und Einleiten in das Destillationssäulen-System des abgekühlten
zweiten Teilstroms,
- Mittel zum flüssigen Entnehmen eines ersten Produktstroms (69; 75) aus dem Destillationssäulen-System
entnommen und zur Druckerhöhung (71; 76) des flüssigen ersten Produktstroms auf einen
ersten Produktdruck,
- Mittel zum Verdampfen oder Pseudo-Verdampfen und Anwärmen des ersten Produktstroms
unter dem ersten Produktdruck im Hauptwärmetauscher (13),
- Mittel zum Gewinnen des angewärmten ersten Produktstroms (72; 77) als erstes Druckgasprodukt
(GOX IC; GAN IC),
- einem mehrstufigen Verdichter (2; 57/59) zum Verdichten eines ersten Prozessstroms,
der mindestens 78 mol-% Stickstoff enthält, von einem Eintrittsdruck auf einen Enddruck,
- Mittel zum Vermischen eines zweiten Prozessstroms (65; 180), der mindestens 78 mol-%
Stickstoff enthält, mit dem ersten Prozessstrom stromabwärts der ersten Stufe des
mehrstufigen Verdichters (2; 57/59),
- und mit Mitteln zum Umschalten zwischen einem ersten und einem zweiten Betriebsmodus,
wobei
- in dem ersten Betriebsmodus eine erste Menge an erstem Druckgasprodukt gewonnen
wird und
- in einem zweiten Betriebsmodus eine zweite Menge an erstem Druckgasprodukt gewonnen
wird, die geringer ist als die erste Menge,
dadurch gekennzeichnet, dass die Mitteln zum Umschalten zwischen dem ersten und dem zweiten Betriebsmodus so ausgebildet
sind, dass
- in dem ersten Betriebsmodus einer erste Menge des zweiten Prozessstroms (65; 180),
die auch Null sein kann, in dem mehrstufigen Verdichter (2; 57/59) von einem Eintrittsdruck
auf einen Enddruck verdichtet wird
- in dem zweiten Betriebsmodus eine zweite Menge des zweiten Prozessstroms (65; 180)
in dem mehrstufigen Verdichter (2; 57/59) verdichtet wird, die größer ist als die
erste Menge des zweiten Prozessstroms.