[0001] Die Erfindung betrifft eine Verwendung eines Sulfats aus der Gruppe "Aluminium-Sulfat,
Ammonium-Sulfat, Eisen-Sulfat, Magnesium-Sulfat".
[0002] Ebenso betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Herstellen eines Bauteils durch Umformen
eines Stahlflachprodukts in einer Umformmaschine.
[0003] Für das Umformen zu einem Bauteil wird das jeweils umzuformende Stahlflachprodukt
in eine Umformmaschine eingelegt und anschließend von der Maschine zu dem jeweiligen
Bauteil geformt. Die Umformung kann dabei als Kaltumformung, also als Umformung bei
unterhalb der Rekristallisationstemperatur des jeweiligen Stahls der Stahlflachprodukte
liegenden Temperaturen, oder als Warmumformung, also als Umformung bei Arbeitstemperaturen,
die oberhalb der Rekristallisationstemperatur liegen, durchgeführt werden.
[0004] Ein typisches Beispiel für einen solchen Umformvorgang ist das Tiefziehen, bei dem
das umzuformende Stahlflachprodukt mittels eines Stempels in eine Matrize gepresst
wird. Die Form von Matrize und Stempel bestimmen hier die Form, die das Stahlflachprodukt
durch den Umformvorgang erhält.
[0005] Bei jedem Umformvorgang kommt es zu Relativbewegungen zwischen dem jeweils für die
Formgebung eingesetzten Umformwerkzeug und dem umzuformenden Produkt. Gleichzeitig
besteht Kontakt zwischen den Oberflächen des Produkts und den ihnen zugeordneten Flächen
des Umformwerkzeugs. Das dabei zwischen dem Werkzeug und dem umzuformenden Produkt
entstehende tribologische System wird durch die Materialeigenschaften des umzuformenden
Produkts und des Werkzeugs sowie durch die zwischen dem umzuformenden Produkt und
dem Werkzeug vorhandenen Medien bestimmt. Infolge der Relativbewegung zwischen dem
Umformwerkzeug und dem das Umformwerkzeug berührenden umzuformenden Produkt entsteht
Reibung.
[0006] Diese Reibung kann insbesondere bei der Umformung von Stahlflachprodukten lokal sehr
unterschiedlich sein, weil der Werkstoff des Stahlflachprodukts im Zuge der Umformung
abschnittsweise unterschiedlich verformt wird und somit das Material des Stahlflachprodukts
bei der Verformung lokal ebenso unterschiedlich stark fließt. Es liegen daher gerade
bei der Herstellung von komplex geformten Bauteilen durch Tiefziehen oder vergleichbare
Kaltumformvorgänge, bei denen in der Regel große Umformgrade erzielt und komplexe
Formen abgebildet werden, dynamisch sich ändernde Reibungszustände vor, bei denen
Haft- und Gleitreibung abwechselnd auftreten können.
[0007] Die insbesondere bei der Kaltumformung auftretenden Reibkräfte können so hoch sein,
dass sie den kontinuierlichen Ablauf des Formgebungsvorgangs stören und eine fehlerhafte
Abformung des jeweils zu formenden Bauteils verursachen können. Gleichzeitig bedingt
die unvermeidbar auftretende Reibung einen erheblichen Werkzeugverschleiß.
[0008] Besonders kritisch erweisen sich in diesem Zusammenhang Stahlflachprodukte, bei denen
auf das eigentliche Stahlflachprodukt eine vor Korrosion oder anderen Umwelteinflüssen
schützende Schutzbeschichtung auf Zink-oder Aluminiumbasis aufgetragen ist.
[0009] Um die durch Reibung ausgelösten negativen Effekte bei der Umformung zu mindern,
werden in der Praxis die miteinander beim Umformvorgang in Kontakt kommenden Flächen
mit Schmierstoffen belegt. Durch den Einsatz geeigneter Beschichtungsmittel lassen
sich die Umformwerkzeuge schützen und so die Werkzeugstandzeiten wesentlich erhöhen.
Der Schmierstoff kann dazu sowohl auf das umzuformende Stahlflachprodukt als auch
auf die Flächen des Werkzeugs aufgetragen werden, die mit dem Stahlflachprodukt in
Kontakt kommen.
[0011] Beispiele für Beschichtungsmittel für die Kaltumformung, die auf Mineralöl oder ähnlichen
Kohlenwasserstoffen basieren, sind in der
DE 101 15 696 A1 beschrieben. Zu diesen Beschichtungsmitteln zählen Schmiermittel auf paraffinischer
oder naphthenischer Basis oder Esteröle auf pflanzlicher oder tierischer Basis.
[0012] In der
DE 10 2008 016 348 A1 ist des Weiteren ein zum Auftrag auf das jeweils umzuformende Stahlflachprodukt vorgesehener
Gleitlack auf Basis von Graphit in Mineralöl beschrieben. Dieser Gleitlack soll bei
hohen Verarbeitungstemperaturen ein gutes Gleiten des Metalls zwischen den Verarbeitungswerkzeugen
gewährleisten.
[0013] Aus der
DE 100 07 625 A1 sind Beschichtungsmittel auf Basis von Kohlensäureestern bekannt. Die Beschichtungsmittel
enthalten eine oder mehrere Komponenten, die aus der Gruppe der Mono- und/oder Diestern
von Mono- oder Oligophosphorsäuren, Triglyceriden und Fettsäuremethylestern ausgewählt
sind. Diese Komponenten sollen vor allem als Ersatz für Kohlenwasserstoffe des Mineralöls
oder anderen Petroleumdestillaten dienen.
[0014] In der
DE 699 06 555 T1 ist schließlich ein Verfahren zur Aufbringung einer Schicht aus Zinkhydroxysulfat
auf verzinktes Stahlblech beschrieben. Die Schicht wird als Lösung auf das Stahlflachprodukt
aufgebracht, deren pH-Wert größer oder gleich 12, jedoch kleiner als 13 ist. Die Lösung
wird durch anodische Polarisierung der Oberfläche auf die verzinkte Oberfläche des
Stahlflachprodukts aufgebracht. Die so erzeugte Schicht besteht aus Zinkhydroxysulfat,
auch "basisches Zinksulfat" genannt.
[0015] Vor dem Hintergrund des Standes der Technik bestand die Aufgabe der Erfindung darin,
Beschichtungsmittel zu nennen, die bei minimiertem Schmierstoffbedarf einerseits optimierte
tribologische Bedingungen bei der Umformung von Stahlflachprodukten ermöglichen und
andererseits im Hinblick auf ihre Wirkung auf die Umwelt unbedenklich sind.
[0016] Ebenso sollte ein Verfahren angegeben werden, mit dem sich mit hoher Effektivität
und minimierter Umweltbelastung durch Kaltumformen Bauteile aus Stahlflachprodukten
herstellen lassen.
[0017] In Bezug auf das Beschichtungsmittel ist diese Aufgabe durch die in Anspruch 1 angegebene
Verwendung eines Sulfats, ausgewählt aus der Gruppe "Aluminium-Sulfat, Ammonium-Sulfat,
Eisen-Sulfat, Magnesium-Sulfat", als Beschichtungsmittel zur Verbesserung des tribologischen
Verhaltens eines Stahlflachprodukts beim Umformen in einer Umformmaschine gelöst worden.
[0018] Die erfindungsgemäße Lösung der voranstehend in Bezug auf das Verfahren genannten
Aufgabe besteht darin, dass bei der Herstellung eines Stahlbauteils die in Anspruch
4 angegebenen Arbeitsschritte absolviert werden.
[0019] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben
und werden nachfolgend wie der allgemeine Erfindungsgedanke im Einzelnen erläutert.
Unter den Begriff "Stahlflachprodukt" fallen nach dem Verständnis der Erfindung alle
Walzprodukte, deren Länge sehr viel größer ist als ihre Dicke. Hierzu zählen Stahlbänder
und -bleche sowie daraus gewonnene Zuschnitte und Platinen.
[0020] Insbesondere fallen unter die erfindungsgemäß kaltumzuformenden Stahlflachprodukte
so genannte Feinbleche, d. h. Bleche mit einer Stärke von kleiner 4 mm, insbesondere
0,4 - 3,5 mm, typischerweise 0,5 - 3 mm, die im kalt- oder warmgewalzten Zustand zu
einem Bauteil umgeformt werden können. Eine Übersicht über typischerweise als Feinbleiche
für die Kaltumformung vorgesehene Stahlflachprodukte der in Rede stehenden Art geben
die DIN EN 10130 (unbeschichtete Feinbleche) und die DIN EN 10346 (mit einer Korrosionsschutzbeschichtung
versehene Feinbleche). Beispielhaft zu nennen sind hier die weichen Stähle zum Umformen
mit den Werkstoffnummern 1.0226, 1.0350, 1.0355, 1.0306, 1.0322, 1.0853.
[0021] Überraschend hat sich gezeigt, dass die erfindungsgemäß als Beschichtungsmittel für
Stahlflachprodukte vorgesehenen Sulfate zu einer deutlichen Verbesserung der tribologischen
Bedingungen beim Umformen von Stahlflachprodukten führen. So lassen sich mit den erfindungsgemäß
zur Verwendung als Beschichtungsmittel ausgewählten Sulfaten Schmiereigenschaften
erzielen, die den Eigenschaften gleichkommen, welche mit konventionellen Schmierstoffen
der eingangs vorgestellten Art erreicht werden. Diese Wirkung ist grundsätzlich unabhängig
davon, ob die Umformung als Kalt- oder Warmumformung durchgeführt wird. Besonders
wirksam erweisen sich die erfindungsgemäß als Beschichtungsmittel verwendeten Sulfate
bei der Kaltumformung von Stahlflachprodukten.
[0022] Dabei zeichnen sich die erfindungsgemäß als Beschichtungswerkstoff zur Verbesserung
der Reibungsbedingungen beim Umformen verwendeten Sulfate durch eine gute Umweltverträglichkeit
aus und können auf einfache Weise auf das jeweilige Stahlflachprodukt appliziert werden.
[0023] Aufgrund ihrer Wasserlöslichkeit lassen sich die erfindungsgemäß verwendeten Sulfate
nach der Verformung ebenso leicht wieder von den jeweils nach dem Umformvorgang erhaltenen
Stahlbauteilen entfernen. Dabei stören auf dem Stahlbauteil verbleibende Beschichtungsreste
die bei der Weiterverarbeitung von Stahlbauteilen üblicherweise nach der Umformung
durchlaufenen Prozesse allenfalls unwesentlich.
[0024] Als erfindungsgemäß für den praktischen Einsatz besonders geeignete Sulfat-Beschichtungsmittel
konkret zu nennen sind die Sulfate aus der Gruppe "Aluminium-III-Sulfat, Ammonium-Sulfat,
Eisen-II-Sulfat, Eisen-III-Sulfat, Magnesium-Sulfat".
[0025] Im Ergebnis steht mit der erfindungsgemäß vorgeschlagenen Verwendung von Sulfaten
aus der Gruppe "Aluminium-Sulfat, Ammonium-Sulfat, Eisen-Sulfat, Magnesium-Sulfat"
ein Beschichtungsmittel mit optimalen Verarbeitungs- und Gebrauchseigenschaften zur
Verfügung, das problemlos in ausreichender Menge und geringen Kosten bereitgestellt
werden kann.
[0026] Das erfindungsgemäße Verfahren zum Herstellen eines Stahlbauteils durch Umformen
eines Stahlflachprodukts in einer Umformmaschine umfasst demgemäß folgende Arbeitsschritte:
- Bereitstellen des Stahlflachprodukts;
- Erzeugen einer tribologisch wirksamen Schicht auf mindestens einer der sich bei der
Umformung berührenden Flächen des Stahlflachprodukts oder der zum Umformen eingesetzten
Umformmaschine durch Beschichten mit einem Beschichtungsmittel aus der Gruppe "Aluminium-Sulfat,
Ammonium-Sulfat, Eisen-Sulfat, Magnesium-Sulfat";
- Einlegen des Stahlflachprodukts in das Umformwerkzeug;
- Umformen des in die Umformmaschine eingelegten Stahlflachprodukts zu dem Bauteil.
[0027] Aufgrund ihrer einfachen Applizierbarkeit eignen sich die erfindungsgemäß zur Verwendung
als Beschichtungsmittel bei einem Verfahren der erfindungsgemäßen Art vorgesehenen
Sulfate für eine Beschichtung der Flächen des jeweiligen Werkzeugs, mit denen das
umzuformende Stahlflachprodukt bei der Umformung in Kontakt kommt. So können die erfindungsgemäß
verwendeten Sulfate als wässrige Lösung auf die jeweils kritischen Flächen des Umformwerkzeugs
gespritzt, gepinselt oder in anderer in der Praxis für diese Zwecke bereits bekannten
Weise aufgetragen werden.
[0028] Als besonders vorteilhaft bei der großtechnischen Anwendung der Erfindung erweist
es sich, wenn das jeweilige Stahlflachprodukt im Zuge seiner Erzeugung mit dem Beschichtungsmittel
beschichtet wird. Hier wirken sich die einfache Applizierbarkeit und die gute Anhaftung
der erfindungsgemäß verwendeten Sulfate an der zu beschichtenden Oberfläche des Stahlflachprodukts
besonders positiv aus. Auch auf das jeweils umzuformende Stahlflachprodukt können
die erfindungsgemäß zur Verwendung als Schmiermittel vorgeschlagenen Sulfate mit herkömmlichen
Beschichtungsanlagen aufgebracht werden, wie sie üblicherweise zum Applizieren von
organischen oder anorganischen Schichten auf Stahlflachprodukte der hier in Rede stehenden
Art zur Verfügung stehen. So kann das jeweilige Sulfat als Beschichtungsmittel durch
Tauchen, Spritzen, Coaten oder Einpinseln auf das Stahlflachprodukt aufgetragen werden.
[0029] Der Auftrag der erfindungsgemäß als Beschichtungsmittel zur Verbesserung des Reibungszustands
beim Verformen von Stahlflachprodukten verwendeten Sulfate wird dadurch besonders
einfach, dass diese Sulfate die jeweils zu beschichtende Fläche gut benetzen und dementsprechend
gleichmäßige Schichten ausbilden, ohne dass es dazu besonderer Vorkehrungen bedarf.
Insbesondere ist es nicht erforderlich, die jeweilige wässrige Lösung besonders zu
temperieren. Vielmehr kann der Auftrag der das erfindungsgemäß zur Verwendung vorgesehenen
Sulfat enthaltenden wässrigen Lösung bei Raumtemperatur erfolgen.
[0030] Besonders einfach ist der Auftrag der erfindungsgemäß als Beschichtungsmittel verwendeten
Sulfate dann, wenn sie als wässrige Lösung appliziert werden. Nach einem anschließenden
Trocknungsvorgang liegt eine dichte, gleichmäßig verteilte dünne Sulfatschicht auf
dem jeweiligen Stahlflachprodukt, welche ein optimales Verformungsverhalten während
eines Umformvorgangs, insbesondere eines Kaltumformvorgangs, sicherstellt.
[0031] Hierbei zeigt sich, dass es keiner Additive, wie sie im Stand der Technik beispielsweise
zur Einstellung eines bestimmten pH-Wertes benötigt werden, bedarf, um beim jeweiligen
Beschichtungsvorgang eine gute Bedeckung der jeweils zu beschichtenden Fläche mit
dem erfindungsgemäß verwendeten Beschichtungsmittel zu gewährleisten. So hat es sich
als ausreichend erwiesen, wenn die wässrige Lösung aus zwei Komponenten besteht, von
denen die eine Komponente Wasser als Lösungsmittel und die andere Komponente das jeweilige
Sulfat als tribologisch wirksamer Bestandteil ist. Wird als Lösungsmittel dabei destilliertes
Wasser verwendet, so hat dies den Vorteil, dass es zu keiner Störung der Funktion
der Beschichtung durch Fremdionen kommen kann.
[0032] Eine für die erfindungsgemäßen Zwecke ausreichend dicke und dichte tribologisch wirksame
Beschichtung auf der jeweils zu beschichtenden Fläche von Stahlflachprodukten oder
Umformwerkzeugen ergibt sich, wenn der Gehalt des tribologisch wirksamen Sulfat-Bestandteils
in der wässrigen Lösung 0,2 - 1 mol/l (bezogen auf die SO
42- Ionenkonzentration) beträgt, wobei sich gut wirksame Beschichtungen in der Praxis
betriebssicher dann ergeben, wenn der Gehalt des erfindungsgemäß vorgesehenen Sulfat-Bestandteils
an der wässrigen Lösung 0,4 - 0,7 mol/l (bezogen auf die SO
42-Ionenkonzentration) beträgt.
[0033] Es können auch Mischungen der erfindungsgemäß als Beschichtungsmittel vorgesehenen
Sulfate in erfindungsgemäßer Weise auf das Stahlflachprodukt aufgebracht werden.
[0034] Um unter den betrieblichen Bedingungen eine sichere Wirkung des zur erfindungsgemäßen
Verwendung vorgesehenen Sulfat-Beschichtungsmittels zu gewährleisten, kann die aus
dem jeweiligen Beschichtungsmittel auf dem Stahlflachprodukt oder der zu beschichtenden
Fläche des Umformwerkzeugs gebildete Schicht mit einem Belegungsgewicht von 5 - 50
mg/m
2 aufgebracht werden. Optimale Wirkungen stellen sich dabei dann ein, wenn das Belegungsgewicht
bei 10 - 30 mg/m
2 liegt.
[0035] Um eine optimale Haftung des erfindungsgemäß zur Verwendung vorgesehenen Beschichtungsmittels
auf der jeweiligen Oberfläche zu sichern, kann die betreffende Oberfläche vor dem
Auftrag des Beschichtungsmittels alkalisch gereinigt werden.
[0036] Durch den Auftrag der erfindungsgemäß zur Verbesserung der tribologischen Eigenschaften
vorgesehenen Sulfate wird der Reibungskoeffizient der jeweils beschichteten Fläche
deutlich verbessert. So wird durch eine aus den erfindungsgemäß zur Verwendung vorgesehenen
Sulfaten gebildete Schicht der Reibungskoeffizient der jeweils beschichteten Fläche
regelmäßig auf ≤ 0,15 verringert.
[0037] Dieser Erfolg stellt sich speziell dann ein, wenn das Stahlflachprodukt zum Schutz
vor Korrosion, insbesondere durch Schmelztauchbeschichten, mit einer Schutzbeschichtung
auf Basis von Zink beschichtet ist. Die Zn-basierte Beschichtung kann dabei in konventioneller
Weise als reine Zinkschicht, als Zinklegierungsschicht mit Gehalten an Mg, Al oder
Si beispielsweise elektrolytisch oder durch Schmelztauchbeschichten auf das jeweilige
Stahlsubstrat aufgebracht sein. Auch ist es möglich, Stahlflachprodukte mit Al-basierten
Überzügen in erfindungsgemäßer Weise zu beschichten, um ihr Umformverhalten bei einer
Kalt- oder Warmumformung zu verbessern.
[0038] Ohne dass dazu die Nachteile der konventionellen Mittel, wie potenziell umweltschädigende
Bestandteile, komplexe Verfahren zum Auftrag und desgleichen in Kauf genommen werden
müssen, erreichen Beschichtungen, die durch die erfindungsgemäß ausgewählten Beschichtungsmittel
gebildet sind, somit Reibungseigenschaften, die sicher den Reibungseigenschaften von
Beschichtungen entsprechen, die aus konventionellen, zur Verbesserung der tribologischen
Eigenschaften üblicherweise verwendeten Mitteln bestehen.
[0039] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert.
Es zeigen:
- Fig. 1
- ein Diagramm, in dem die Entwicklung des Reibungskoeffizienten der Oberfläche eines
mit einer Ammonium-Sulfat-Schicht beschichteten verzinkten Feinblechs während des
Streifenziehversuchs über die jeweilige Flächenpressung aufgetragen ist;
- Fig. 2
- ein Diagramm, in dem die Entwicklung des Reibungskoeffizienten der Oberfläche eines
unbehandelten verzinkten Feinblechs während des Streifenziehversuchs über die jeweilige
Flächenpressung aufgetragen ist;
- Fig. 3
- ein Diagramm, in dem die Entwicklung des Reibungskoeffizienten der Oberfläche eines
mit einer Eisen-II-Sulfat-Schicht beschichteten verzinkten Feinblechs während des
Streifenziehversuchs über die jeweilige Flächenpressung aufgetragen ist
- Fig. 4
- ein Diagramm, in dem die Entwicklung des Reibungskoeffizienten der Oberfläche eines
mit einer Aluminium-Sulfat-Schicht beschichteten verzinkten Feinblechs während des
Streifenziehversuchs über die jeweilige Flächenpressung aufgetragen ist.
Versuch 1
[0041] Auf ein in Form eines mit einem Zn-Überzug versehenen Feinblech-Bands vorliegendes
konventionelles Stahlflachprodukt ist eine tribologisch wirksame Ammonium-Sulfat-Schicht
aufgetragen worden.
[0042] Hierzu ist eine wässrige Lösung erstellt worden, bei der 90 g Ammonium-Sulfat ((NH
4)
2SO
4) in 1 l Wasser (dest.) gelöst worden ist, so dass der Ammonium-Sulfat-Gehalt der
wässrigen Lösung bei 90 g/l lag. Der native pH-Wert der erhaltenen Lösung betrug 5,3.
[0043] Die so beschaffene wässrige Lösung ist mittels eines in der Industrie gebräuchlichen
so genannten "Chemcoaters" bei Raumtemperatur auf das zuvor alkalisch gereinigte Stahlflachprodukt
Feinblech aufgebracht worden.
[0044] Ein "Chemcoater" ist ein Anlagenteil, das in der Stahlindustrie zum Auftragen von
chemischen, als wässrige Lösung zu applizierende Substanzen auf verzinktem Qualitätsflachstahl
verwendet wird. Insbesondere werden solche Coater zum Auftrag von wasserlöslichen
Medien verwendet, die der Vorbehandlung des jeweiligen Stahlflachprodukts für eine
nachfolgende Lack- oder Folienbeschichtung oder zur Verbesserung des Korrosionsschutzes
dienen. Dabei können verschiedene Behandlungschemikalien über Walzen auf das jeweils
zu beschichtende Stahlflachprodukt aufgetragen werden. Anschließend durchläuft das
mit der Beschichtung belegte Stahlflachprodukt einen Ofen, in dem die Beschichtung
getrocknet wird.
[0045] Die beim Auftrag der Ammonium-Sulfat-Lösung eingestellten Parameter sind in Tabelle
1 angegeben.
[0046] Um die für das Verhalten bei einer Kaltumformung (Tiefziehen) im Kaltumformwerkzeug
(Stempel/Matrize) einer Kaltumformmaschine entscheidende Entwicklung des Reibungskoeffizienten
über die Flächenpressung zu ermitteln, sind Proben des so erhaltenen, mit der Ammonium-Sulfat-Schicht
belegten und zusätzlich mit einem konventionellen Öl, bei dem es sich um ein konventionelles,
unter der Bezeichnung PL 3802-39S angebotenes bariumfreies, thixotropes Korrosionsschutzmittel
mit guten Umformeigenschaften handelte, mit einem Auflagengewicht von 1,5 g/m
2 beölten Stahlflachprodukts einem Streifenziehtest unterzogen worden. Bei diesem Test
sind die Proben bei Raumtemperatur zwischen zwei unbeschichteten, aus dem Stahl mit
der Werkstoffnummer 1.2379 bestehenden Bremsbacken angeordnet worden, die mit einer
Flächenpressung von bis zu 100 MPa gegen die Proben gewirkt haben. Die Messstrecke
betrug 500 mm/min bei einer Prüfgeschwindigkeit von 60 mm/min. Die Kontaktfläche zwischen
Werkzeug und Probenoberfläche betrug 600 m
2. Das Ergebnis dieses Tests ist in Fig. 1 wiedergegeben.
[0047] Zum Vergleich ist eine unbehandelte Probe desselben Stahlflachprodukts ebenfalls
einem Streifenziehtest unter denselben Bedingungen wie die zuvor untersuchte Probe
unterzogen worden. Der dabei ermittelte Verlauf des Reibungskoeffizienten über die
Flächenpressung ist in Fig. 2 angegeben. Der dort wiedergegebene Verlauf zeigt, dass
die Substratoberfläche der unbehandelten Probe schon sehr früh den so genannten "Slip-Stick-Effekt"
zeigt. Die in Fig. 2 gezeigte Kurve bricht ab, weil der Versuch abgebrochen worden
ist, um eine Beschädigung des Werkzeugs zu vermeiden. Bei dem Slip-Stick-Effekt handelt
es sich um das Phänomen der Haftgleitung. Diese tritt auf, wenn die Haftreibung größer
ist als die Gleitreibung. Dabei üben gedämpft gekoppelte Oberflächenteile eine sehr
schnelle Abfolge von Haften, Verspannen, Trennen und Abgleiten aus. Der Effekt verschwindet,
sobald die Reibpartner durch einen Schmierstoff getrennt werden. Die jeweils erfindungsgemäß
ausgewählten Sulfate erweisen sich, wie der Vergleich der Fig. 2 mit Fig. 1 oder den
nachfolgend erläuterten Figuren 3 und 4 belegt, hier als besonders wirksam.
Versuch 2
[0048] Auf ein ebenfalls in Form eines mit einem Zn-Überzug versehenen Feinblech-Bands vorliegendes
konventionelles Stahlflachprodukt ist eine tribologisch wirksame Eisen-II-Sulfat-Schicht
aufgetragen worden.
[0049] Hierzu ist 189 g Eisen-II-Sulfat (FeSO
4) in 1 1 vollentmineralisiertem Wasser gelöst worden, so dass der Eisen-Sulfat-Gehalt
der wässrigen Lösung bei 189 g/l lag. Der native pH-Wert der erhaltenen Lösung betrug
2,2.
[0050] Die wässrige Lösung ist wie beim Versuch 1 bei Raumtemperatur mittels des oben bereits
beschriebenen Coaters auf das zuvor alkalisch gereinigte Stahlflachprodukt aufgebracht
worden. Die Applikationsparameter sind ebenfalls in Tabelle 1 angegeben.
[0051] Proben des so erhaltenen, mit der Eisen-II-Sulfat-Schicht belegten Stahlflachprodukts
sind ebenfalls einem Streifenziehtest unter den voranstehend bereits erläuterten Bedingungen
unterzogen worden. Das Ergebnis dieses Tests ist in Fig. 3 wiedergegeben. Es zeigt
sich, dass die Eisen-II-Sulfat-Schicht genauso wie die im Versuch 1 untersuchte Ammonium-Sulfat-Schicht
bei höheren Flächenpressungen sicher Reibkoeffizienten von weniger als 0,15 erreichen.
Versuch 3
[0052] Auf ein ebenfalls in Form eines mit einem Zn-Überzug versehenen Feinblech-Bands vorliegendes
konventionelles Stahlflachprodukt ist eine tribologisch wirksame Aluminium-Sulfat-Schicht
aufgetragen worden.
[0053] Hierzu ist 240 g Aluminium-Sulfat (Al
2(SO
4)
3) in 1 l destilliertem Wasser gelöst worden, so dass der Aluminium-Sulfat-Gehalt der
wässrigen Lösung bei 240 g/l lag. Der native pH-Wert der erhaltenen Lösung betrug
2,1.
[0054] Die wässrige Lösung ist auch in diesem Fall bei Raumtemperatur mittels des oben bereits
beschriebenen Coaters auf das zuvor alkalisch gereinigte Stahlflachprodukt aufgebracht
worden. Die Applikationsparameter sind ebenfalls in Tabelle 1 angegeben. Dabei bezeichnet
die Angabe "Einstellung Tauch-und Auftragswalze" das Maß, um das der zwischen der
Tauch-und Auftragswalze vorhandene Abquetschspalt kleiner ist als die Dicke des verarbeiteten
Stahlflachprodukts. Mit "PMT" ist gleichzeitig die so genannte "Peak Metal Temperatur"
bezeichnet.
[0055] Proben des so erhaltenen, mit der Aluminium-Sulfat-Schicht belegten Stahlflachprodukts
sind wiederum einem Streifenziehtest unterzogen worden. Das Ergebnis dieses Tests
ist in Fig. 4 wiedergegeben. Es bestätigte sich auch hier, dass die Aluminium-Sulfat-Schicht
genauso wie die im Versuch 1 untersuchte Ammonium-Sulfat-Schicht und die im Versuch
2 untersuchte Eisen-II-Schicht bei höheren Flächenpressungen sicher Reibkoeffizienten
von weniger als 0,15 erreichen.
[0056] Die tribologisch wirksamen Schichten, die aus den erfindungsgemäß zur Verwendung
vorgeschlagenen Sulfaten bestehen, erreichen somit denselben Effekt wie die konventionellen
beispielsweise aus ZnSO
4bestehenden Beschichtungen.
Tabelle 1
| Versuch |
Betriebsweise des Coaters |
Umfangsgeschwindigkeiten |
Einstellung Tauch-und Auftragswalze |
Dicke des Stahlftachprodukts |
Spaltweite zwischen Tauch-und Auftragswalze |
Auflagengewicht |
Trocknungsofen |
PMT |
| Auftragswalze |
Tauchwalze |
Transportwalze |
Temperatur |
Verweilzeit |
| [m/min] |
[m/min] |
[m/min] |
[µm] |
[mm] |
[µm] |
[mg/m2] |
[°C] |
[s] |
[°C] |
| 1 |
Reverse |
30 |
10 |
25 |
-400 |
1 |
0,9 |
30 |
100 |
100 |
71 |
| 2 |
Reverse |
25 |
10 |
23 |
-500 |
1 |
0,9 |
30 |
100 |
100 |
71 |
| 3 |
Mitläufig |
30 |
10 |
40 |
-400 |
1 |
0,9 |
30 |
100 |
35 |
71 |
1. Verwendung eines Sulfats, ausgewählt aus der Gruppe "Aluminium-Sulfat, Ammonium-Sulfat,
Eisen-Sulfat, Magnesium-Sulfat", als Beschichtungsmittel zur Verbesserung des tribologischen
Verhaltens eines Stahlflachprodukts beim Umformen in einer Umformmaschine.
2. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Sulfat ausgewählt ist aus der Gruppe "Aluminium-III-Sulfat, Ammonium-Sulfat,
Eisen-II-Sulfat, Eisen-III-Sulfat, Magnesium-Sulfat".
3. Verwendung nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die aus dem Beschichtungsmittel erzeugte Schicht wasserlöslich ist.
4. Verfahren zum Herstellen eines Stahlbauteils durch Umformen eines Stahlflachprodukts
in einer Umformmaschine umfassend folgende Arbeitsschritte:
- Bereitstellen des Stahlflachprodukts,
- Erzeugen einer tribologisch wirksamen Schicht auf mindestens einer der sich bei
der Umformung berührenden Flächen des Stahlflachprodukts oder der zum Umformen eingesetzten
Umformmaschine durch Beschichten mit einem Beschichtungsmittel aus der Gruppe "Aluminium-Sulfat,
Ammonium-Sulfat, Eisen-Sulfat, Magnesium-Sulfat";
- Einlegen des Stahlflachprodukts in das Umformwerkzeug;
- Umformen des in die Umformmaschine eingelegten Stahlflachprodukts zu dem Bauteil.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichet, dass das Sulfat ausgewählt ist aus der Gruppe "Aluminium-III-Sulfat, Ammonium-Sulfat,
Eisen-II-Sulfat, Eisen-III-Sulfat, Magnesium-Sulfat".
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 oder 5,
dadurch gekennzeichnet, das s die Umformung als Kaltumformung ausgeführt wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, dass die tribologisch wirksame Schicht auf dem Stahlflachprodukt erzeugt wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 7,
dadurch gekennzeichnet, dass das Beschichtungsmittel als wässrige Lösung aufgetragen wird.
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die wässrige Lösung aus zwei Komponenten besteht, von denen die eine Komponente Wasser
als Lösungsmittel und die andere Komponente das jeweilige Sulfat als tribologisch
wirksamer Bestandteil ist.
10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass das Lösungsmittel destilliertes Wasser ist.
11. Verfahren nach Anspruch 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, dass der Gehalt des tribologisch wirksamen Bestandteils in der wässrigen Lösung 0,2 -
1 mol/l (bezogen auf die SO42- Ionenkonzentration) beträgt.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 11,
dadurch gekennzeichnet, dass der Schwefelanteil der auf dem Stahlflachprodukt erzeugten tribologisch wirksamen
Schicht 5 - 50 mg/m2 beträgt.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 12,
dadurch gekennzeichnet, da s s der Reibungskoeffizient des Stahlflachprodukts nach dem Beschichten mit der
tribologisch wirksamen Schicht maximal 0,15 beträgt.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 13,
dadurch gekennzeichnet, dass das Stahlflachprodukt mit einer Korrosionsschutzschicht beschichtet ist und dass die tribologisch wirksame Schicht auf die Korrosionsschutzschicht aufgetragen wird.
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 14,
dadurch gekennzeichnet, dass die tribologisch wirksame Schicht bei Umgebungstemperatur aufgetragen wird.