[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung einer Brennkraftmaschine mit den
Merkmalen des Oberbegriffs von Anspruch 1 sowie eine Brennkraftmaschine mit den Merkmalen
des Oberbegriffs von Anspruch 11.
[0002] Es ist bekannt, dass durch die Torsion der Kurbelwelle von Verbrennungskraftmaschinen
kurbelwinkelabhängige Signale, wie z. B. Steuerzeiten für die Zündung, der Kraftstoffeinspritzung
o. ä. mit einem Fehler belegt sind, der die Leistung und / oder den Wirkungsgrad des
Verbrennungsmotors beeinträchtigt. Es gibt daher im Stand der Technik Vorschläge zur
Kompensation bzw. zur Berücksichtigung der durch die Torsion der Kurbelwelle verursachten
Abweichungen von den gewünschten Steuerzeiten. So ist beispielsweise aus der
DE 19 722 316 ein Verfahren zur Steuerung einer Brennkraftmaschine bekannt, wobei ausgehend von
einem Signal, welches eine bevorzugte Stellung einer Welle (oberer Totpunkt des Zylinders)
charakterisiert, Steuergrößen vorgegeben sind, wobei zylinderindividuelle Korrekturen
dieses Signals vorgesehen sind. Diese Korrekturen sind dabei in einem Kennfeld von
Korrekturwerten abgelegt. Bei den Steuergrößen kann es sich dabei um die Einspritzung
von Kraftstoff, insbesondere um den Einspritzzeitpunkt handeln. Aufgrund von Torsionsschwingungen
der Kurbel- und / oder der Nockenwelle ergibt sich eine Abweichung zwischen der Lage
des Referenzimpulses R und dem tatsächlichen oberen Totpunkt der Kurbelwelle. Gemäß
dieser Schrift ist vorgesehen, dass Korrekturwerte ermittelt, in einem Speicher abgelegt
und bei der Berechnung der Ansteuersignale berücksichtigt werden. Dabei werden diese
Korrekturwerte abhängig von Betriebsbedingungen für jeden Zylinder in einem Speicher
abgelegt.
[0003] Die
DE 69 410 911 beschreibt eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Kompensieren von Torsionsstörungen
der Kurbelwellen. Die darin beschriebene Methode betrifft die Erkennung von Fehlzündungen
in Verbrennungsmotoren und ein System zum Ausgleich von systematischen Unregelmäßigkeiten
der gemessenen Motordrehzahl, die durch torsionsbedingte Verbiegung der Kurbelwelle
ausgelöst werden. Dazu werden offline erzeugte und in einer Speichereinrichtung abgelegte
zylinderindividuelle Korrekturfaktoren für Zündungsimpulse herangezogen, um Unregelmäßigkeiten
in der Synchronisation von Profilzündungsmessintervallen zu kompensieren. Dieses Kennfeld
von Korrekturfaktoren wird dabei bei der Kalibrierung eines Motortyps durch einen
Testmotor oder durch eine Simulation bestimmt.
[0004] Die
DE 112 005 002 642 beschreibt ein Motorsteuersystem auf Basis eines Drehpositionssensors. Dabei umfasst
das Motorsteuersystem zwei Winkelpositionssensoren für eine sich drehende Motorkomponente,
um die Torsionsablenkung der Komponente zu bestimmen. Die Motorsteuereinrichtung reagiert
dabei auf Torsionsablenkungen, indem sie den Betrieb des Motors ändert. Dabei ist
vorgesehen, dass die Kurbelwelle jeweils einen Sensor am vorderen und am hinteren
Ende der Kurbelwelle aufweist, um die Winkelpositionen des vorderen und des hinteren
Endes relativ zueinander zu bestimmen.
[0005] Nachteilig an den aus dem Stand der Technik bekannten Lösungen ist es, dass lediglich
eine lokale Verdrehung in Bezug auf einzelne Zylinder oder eine globale Verdrehung
der Kurbelwelle in Bezug auf den Kurbelwellenwinkel bestimmt oder berechnet wird.
[0006] Ein weiterer Nachteil der aus dem Stand der Technik bekannten Lösungen ist auch,
dass die Kurbelwellenwinkelinformation nur für eine einzige ausgewählte Kurbelwellenwinkelposition
ermittelt wird, meist am oberen oder unteren Totpunkt. Dies ist besonders deswegen
nachteilig, weil nicht alle Sensor- und / oder Aktuator-Ereignisse unbedingt mit dem
oberen Totpunkt korreliert sein müssen.
[0007] Es ist daher Aufgabe dieser Erfindung, ein Verfahren sowie eine Brennkraftmaschine
anzugeben, durch welches bzw. durch welche
zylinderindividuell und kurbelwinkelaufgelöst die Kurbelwinkel-abweichung für einzelne
oder alle Zylinder bestimmt und damit ein entsprechendes kurbelwinkelabhängiges Sensor-
und/oder kurbelwinkelabhängiges Aktuatorsignal korrigiert werden kann.
[0008] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren nach Anspruch 1 und eine Brennkraftmaschine
nach Anspruch 11. Vorteilhafte Ausführungen sind in den Unteransprüchen definiert.
[0009] Dies wird beim erfindungsgemäßen Verfahren dadurch erreicht, dass für wenigstens
zwei der Zylinder ein zylinderindividueller Wert der Winkelabweichung ermittelt wird
und in Abhängigkeit der ermittelten Winkelabweichung die kurbelwinkelabhängigen Aktuator-
bzw. Sensorsignale korrigiert werden.
[0010] In anderen Worten heißt das, dass wenigstens zweien der Zylinder ein zylinderindividueller
kurbelwinkelaufgelöster Wert der Winkelabweichung zugewiesen wird und in Abhängigkeit
der Winkelabweichung kurbelwinkelabhängige Sensor- und/oder kurbelwinkelabhängige
Aktuatorsignale korrigiert werden.
[0011] Zylinderindividuelle Ermittlung der Kurbelwinkelposition heißt, dass zu jeder Position
der Kurbelwelle, der ein Zylinder zugeordnet ist, die Kurbelwinkelposition bestimmt
wird oder bestimmbar ist.
[0012] Kurbelwinkelaufgelöst bedeutet, dass die Kurbelwinkelinformation nicht nur, wie im
Stand der Technik beschrieben, für eine einzige ausgewählte Kurbelwellenwinkelposition,
sondern für jeden Kurbelwinkel eines Arbeitsspieles (720° bei einem 4-Taktmotor) vorliegt.
[0013] Der zylinderindividuelle Wert gibt also für einen einzelnen Zylinder der mehreren
Zylinder jene Winkelabweichung in Grad an, die der betreffende Zylinder gegenüber
seiner Winkellage bei unbelasteter, also nicht von Torsion beeinflusster Kurbelwelle
aufweist.
[0014] Es hat sich nämlich in Versuchen und Berechnungen der Anmelderin gezeigt, dass die
torsionsbedingte Winkelabweichung einzelner Zylinder nicht der aus einer globalen
Torsionsverdrehung interpolierten Winkelabweichung entspricht. Vielmehr treten deutliche
Abweichungen zu dieser idealisierten Betrachtung auf, welche einerseits durch zusätzliche,
der Torsion überlagerte Torsionsschwingungen hervorgerufen werden. Dies kann beispielsweise
dazu führen, dass die Winkelabweichung gegenüber dem, mittels Interpolation der globalen
Verdrehung berechneten Wert ein anderes Vorzeichen aufweist, d. h. der erwartete Durchgangszeitpunkt
der entsprechenden Kurbelwellenposition kann statt früher auch später erfolgen oder
auch umgekehrt.
[0015] Der besondere Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht auch darin, dass die
Information über den tatsächlichen Kurbelwinkel nicht nur zylinderindividuell, d.
h. für jede Zylinderposition entlang der Längsachse der Kurbelwelle, sondern auch
kurbelwellenwinkelaufgelöst vorliegt. Dies ist besonders deswegen interessant, weil
nicht alle Sensor- und / oder Aktuatorereignisse unbedingt mit dem oberen Totpunkt
korreliert sein müssen. Beispiele für kurbelwinkelabhängige Eingriffe, die nicht am
oberen Totpunkt stattfinden, sind etwa die Zündung, die Einspritzung, Voreinspritzung
und auch die Auswertung kurbelwinkelbasierter Kenngrößen, wie des Zylinderdrucks.
Daher ist es relevant, den realen Kurbelwinkelversatz auch für eine andere Winkelposition
der Kurbelwelle als den oberen Totpunkt zu kennen.
[0016] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist vorgesehen, dass der zylinderindividuelle
Wert der Winkelabweichung gemessen wird. Dieses Beispiel betrifft den Fall, in welchem
für wenigstens einen Zylinder der mehreren Zylinder der Wert der Winkelabmessung direkt
gemessen wird. Dies kann beispielsweise so realisiert sein, dass an der dem betreffenden
Zylinder zugeordneten Position der Kurbelwelle eine Messeinrichtung vorgesehen ist,
die ein für die Verformung der Kurbelwelle charakteristisches Signal liefert.
[0017] Besonders bevorzugt ist der Fall, bei dem an endnahen Positionen der Kurbelwelle
eine Verformung der Kurbelwelle gemessen wird. Endnahe Position heißt, dass bezogen
auf die Längsachse der Kurbelwelle eine Messposition vor dem ersten Zylinder liegt
und eine zweite Messposition nach dem letzten Zylinder vorgesehen ist. Die Angabe
von "erstem" und "letztem" Zylinder bezieht sich auf die übliche Nummerierung von
Zylindern einer Brennkraftmaschine.
[0018] Die Messung an den endnahen Positionen der Kurbelwelle dient zur Kalibrierung der
durch Berechnung ermittelten Werte der Winkelabweichungen.
[0019] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform kann realisiert sein, dass der zylinderindividuelle
Wert der Winkelabweichung berechnet wird.
[0020] Hier ist also vorgesehen, dass für wenigstens einen der n Zylinder der Wert der Winkelabweichung
über rechnerische Methoden ermittelt wird. Eine Möglichkeit dafür sind analytische
Lösungen für die Verformung der Kurbelwelle in Abhängigkeit der aktuell herrschenden
Betriebsbedingen, wie etwa erbrachte Leistung und / oder Drehmoment.
[0021] Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird eine Ersatzfunktion gebildet, die ausgehend
von vorhandenen Eingabewerten die Torsion der Kurbelwelle von allen vorhandenen Stützpunkten
der sich ausbreitenden Torsionsschwingung über den Motorzyklus ausgibt.
[0022] Als Eingabegrößen der Ersatzfunktion der Kurbelwellentorsion werden diesem Beispiel
gemäß folgende Größen herangezogen:
- Zündreihenfolge
- Zündabstand
- Distanz zwischen Zylinderposition zur Messposition an der Kurbelwelle
- Materialeigenschaften und Geometrie der Kurbelwelle
- Maximale Amplitude der Torsion bei einem definiertem Lastpunkt (ermittelt entweder
aus einer Modellrechnung der Verformung der Kurbelwelle bei gegebenem Drehmoment oder
aus Referenzmessung am gegenüberliegen dem Ende der Kurbelwelle)
- Motorlast (zur Skalierung der Amplitude im Betrieb)
[0023] In der Berechnung wird zunächst für alle Zylinder ein zylinderindividueller Gewichtungsfaktor
bestimmt. Dieser Gewichtungsfaktor berücksichtigt die Zündabstande aufeinanderfolgend
zündender Zylinder. Der Zündabstand ist der Winkelunterschied im Zündzeitpunkt zweier
aufeinanderfolgend zündender Zylinder.
[0024] Danach kann eine Torsionskennzahl für jeden Zylinder bestimmt werden. Die Torsionskennzahl
ergibt sich aus Multiplikation des Zündabstands zum vorherigen Zylinder (gemäß der
Zündreihenfolge) mit der Distanz zum Referenzpunkt der Welle und des Gewichtungsfaktors.
[0025] Die Torsionskennzahl ist über die maximale Amplitude der Torsion skaliert. Das bedeutet,
dass der Betrag der berechneten Torsionskennzahl mit dem durch Messung ermittelten
Betrag der Torsion für eine ausgewählte Position kalibriert wird. Günstigerweise erfolgt
die Kalibrierung mit dem maximalen Wert der Torsion.
[0026] Die Torsionskennzahl kann nun durch Berücksichtigung der Motorlast für verschiedene
Lastpunkte skaliert werden.
[0027] Im Anschluss wird ein Gewichtungsfaktor der Stützpunkte auf Basis des Verhältnisses
der Zündabstande aufeinanderfolgend zündender Zylinder definiert. Anhand des Winkelabstands
zwischen zwei aufeinanderfolgend zündenden Zylindern, der Distanz zum Referenzpunkt
der Welle und dem berechneten Gewichtungsfaktor der Stützpunkte wird eine Torsionskennzahl
für jeden Zylinder berechnet. Diese Kennzahl wird mit der gemessenen, modellierten
oder berechneten maximalen Amplitude der Torsion skaliert.
[0028] Nun wird der in der Zündfolge nächste Zylinder gewählt. Dieser Zylinder erhält einen
Faktor zugewiesen, der proportional zu dem geometrischen Abstand, also der Distanz
der entsprechenden Kröpfungen der Kurbelwelle dieses Zylinders zum Ausgangs-Zylinder
ist. Dieser Faktor ist repräsentativ für das Maß an Verdrehung gegenüber einem Referenzpunkt,
etwa dem Zahnkranz, an dem leicht eine Verdrehung gemessen werden kann, denn die Verdrehung
zweier Zylinder zueinander ist bei gleichem Torsionsmoment umso größer, je weiter
die zwei Zylinder auseinander liegen.
[0029] Im nächsten Schritt wird wieder der in der Zündreihenfolge nächste Zylinder ausgewählt
und der geometrische Abstand zum zuletzt gezündeten Zylinder als Faktor herangezogen.
[0030] Dieser Faktor wird in gleicher Weise für alle verbleibenden Zylinder ermittelt. Dann
wird der Betrag des Faktors mit dem zweiten gemessenen Wert an der Kurbelwelle solchermaßen
kalibriert, dass sich an dieser zweiten Messposition durch Anwendung des Multiplikationsfaktors
der korrekte Wert für die Winkelabweichung ergibt. In anderen Worten erklärt, muss
sich durch Multiplikation der Winkelabweichung des ersten Zylinders mit dem Faktor
des letzten Zylinders die Winkelabweichung für den letzten Zylinder ergeben. Über
die durch Messung zugängliche Relation dieser zwei Positionen lassen sich nun die
Multiplikationsfaktoren aller Zylinder kalibrieren.
[0031] Die Wirkung der Ersatzfunktion sei anhand eines Beispiels erläutert:
die Zündreihenfolge ist eine durch die Kröpfungen der Kurbelwelle, also mechanisch
und für einen vorliegenden Motor vorgegebene zeitliche Abfolge der Zündzeitpunkte
der einzelnen Zylinder.
[0032] Wird nun dieser Faktor für alle Zylinder gemäß der Zündreihenfolge aufgetragen, sieht
man für jeden Zylinder die durch die Torsion verursachte Winkelabweichung.
[0033] Für die Ersatzfunktion wird für wenigstens einen Zylinder ein Amplitudenwert (Betrag
der Verdrehung) ermittelt, mit welchem das Berechnungsergebnis skaliert werden kann.
Der Betrag der Verdrehung ist ein Maß für die elastischen Kennwerte und die Steifigkeit
der Kurbelwelle.
[0034] Der Betrag ist umso größer, je weiter sein Vorgänger entfernt ist.
[0035] Um das Torsionsverhalten der Kurbelwelle korrekt abzubilden, werden als nächstes
die Zündfolge und Zündabstände berücksichtigt. Bei einem V-Motor können die Zündabstände
beispielsweise bei 60° und 30° Kurbelwinkel liegen, sodass alle Zylinder auf ein Arbeitsspiel
von 720° Kurbelwinkel aufgeteilt sind. Der Zündabstand ist ein Maß für die Ungleichmäßigkeit,
mit der Torsion bzw. Torsionsschwingung in die Kurbelwelle eingebracht werden.
[0036] Im nächsten Schritt wird der auf den Referenzzylinder folgende Zylinder betrachtet:
dessen Beitrag zur Verdrehung wird durch Multiplikation des für den Referenzzylinder
ermittelten Wertes mit dem geometrischen Längsabstand bestimmt.
[0037] Bevorzugt kann vorgesehen sein, dass der zylinderindividuelle Wert der Winkelabweichung,
Δϕ
i, durch eine Modellfunktion berechnet wird. Dies betrifft den Fall, worin eine Modellfunktion
für die Verformungen der Kurbelwelle erstellt wird, aus welcher für die dem Zylinder
i zugeordneten Position der Kurbelwelle der Wert Δϕ
i der Winkelabweichung ermittelbar ist. In die Modellfunktion gehen einerseits die
geometrischen und elastischen Größen der Kurbelwelle ein, zum anderen auch die aktuell
herrschenden Betriebsbedingen, wie etwa die erbrachte Leistung und / oder das Drehmoment.
Die Modellfunktion, die alle relevanten geometrischen und elastischen Größen der Kurbelwelle
enthält kann nun leicht über die zuvor ermittelte Korrekturfunktion kalibriert werden.
Als Randbedingung muss auch für Null Last die Verdrehung auch Null sein.
[0038] Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung ist vorgesehen, dass der zylinderindividuelle
Wert Δϕ
i der Winkelabweichung in Echtzeit basierend auf Motorausgangssignalen berechnet wird.
Damit ist der Fall erfasst, worin die Berechnung der Winkelabweichung in Echtzeit
geschieht, das heißt, dass nicht auf eine vorgefertigte Lösung für die Winkelabweichung
zurückgriffen wird, sondern die Berechnung instantan, d.h direkt, im aktuellen Motorzyklus,
erfolgt. Der besondere Vorteil dieser Ausführungsform liegt darin, dass schnell veränderliche
Parameter, z.B. eine schwankende Motorlast, in der Auswertung berücksichtigt werden
können.
[0039] Bevorzugt kann vorgesehen sein, dass wenigstens eine Motorregelgröße in Abhängigkeit
wenigstens eines zylinderindividuellen Werts der Winkelabweichung Δϕ
i verändert wird. Dies beschreibt den Fall, dass wenigstens eine Motorregelgröße die
ermittelte Winkelabweichung Δϕ
i als weitere Eingangsgröße erhält, und so die Winkelabweichung des wenigstens einen
Zylinders kompensiert werden kann. Die Motorregelgröße kann beispielsweise der Zündzeitpunkt
oder der Einspritzzeitpunkt eines Kraftstoffes oder die Öffnungszeit einer Kraftstoffeinbringungsvorrichtung
sein. So kann etwa bei Ermittlung einer positiven Winkelabweichung Δϕ
i für einen Zylinder Z i (das heißt, der Zylinder Z mit Index i erreicht seine Position
früher als vorgesehen) der Zündzeitpunkt für diesen Zylinder vorverlegt werden.
[0040] Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist vorgesehen, dass wenigstens
ein Motormesssignal über zumindest einen zylinderindividuellen Wert Δϕ
i der Winkelabweichung korrigiert wird. Damit ist gemeint, dass Messsignale vom Motor,
beispielsweise die Signale einer Zylinderdruckerfassung, mit Hilfe des ermittelten
Wertes der Winkelabweichung Δϕ
i korrigiert werden. Korrigiert werden heißt, dass durch Berücksichtigung der Winkelabweichung
die Messsignale wesentlich genauer der tatsächlichen Position des Kolbens der betrachteten
Kolben-Zylinder-Einheit zugeordnet werden können. Dies ist besonders für Zylinderdruckerfassung
interessant, denn der Kurbelwinkel bestimmt ja die räumliche Position des Kolbens
im Zylinder. Bei einer Winkelabweichung wird also der erfasste Zylinderdruck einer
falschen räumlichen Position des Kolbens zugeordnet. Daher ist eine Korrektur besonders
vorteilhaft für Motordiagnostik im Allgemeinen, da Sensorsignale nun stets der korrekten
Kurbelwellenposition zugeordnet werden können.
[0041] Die Vorteile der Erfindung werden nachfolgend anhand der Figuren näher erläutert.
Dabei zeigt:
- Fig. 1a und 1b
- eine schematische Darstellung einer Brennkraftmaschine
- Fig. 2
- eine Darstellung der torsionsbedingten Kurbelwellenwinkelabweichung für 90° Zündabstand
- Fig. 3
- eine Darstellung der torsionsbedingten Kurbelwellenwinkelabweichung für 120°/60° Zündabstand
[0042] Es folgt die detaillierte Figurenbeschreibung.
[0043] Figur 1 a zeigt schematisch eine Brennkraftmaschine mit 8 Zylindern, wobei abtriebsseitig
(in diesem Fall durch den Generator G markiert) auf der linken Zylinderbank zu zählen
begonnen wird. Beim V-Motor liegen Zylinder Z1 - Z4 auf der linken Zylinderbank, die
Zylinder Z5 - Z8 auf der rechten Zylinderbank.
[0044] Angedeutet ist auch die Kurbelwelle K, mit welcher die Zylinder Z1 bis Z8 über Pleuel
verbunden sind. Der Zylinder Z1, das heißt der Ort der Krafteinleitung durch das Pleuel
von Zylinder Z1, liegt ganz nahe an der als eingespannt angenommenen Abtriebsseite.
[0045] Figur 1b zeigt eine Brennkraftmaschine mit acht Zylindern in Reihenanordnung. Im
Reihenmotor wird von Z1 bis Z8 gezählt.
[0046] Die Zündreihenfolge sei in diesen Beispielen Z1 → Z6 → Z3 → Z5 → Z4 → Z7 → Z2 → Z8.
[0047] In Figur 1b ist der Zündabstand, ausgedrückt als Kurbelwinkelunterschied, 90°. Nach
Zündung des Zylinders Z8 beginnt man wieder mit Zylinder Z1. Für dieses Beispiel ist
der Zündabstand bezüglich des Kurbelwinkels also in gleichen Abständen auf die Zylinder
verteilt. Alle 90° Kurbelwinkel findet ein Zündereignis statt.
[0048] Figur 2 zeigt ein Diagramm, bei dem auf der Ordinate die torsionsbedingte Winkelabweichung
der Kurbelwelle an der Position von Zylinder Z8, Δϕ
8, über ein gesamtes Arbeitsspiel, d. h. 720° Kurbelwinkel aufgetragen ist.
[0049] Wird nun die eben erläuterte Zündreihenfolge durchlaufen, so ergibt sich die gezeigte
Winkelabweichung Δϕ
8, die im Folgenden diskutiert wird. Zum besseren Verständnis wurden in einer parallelverschobenen
Hilfsachse jene Zylinder eingetragen, die bei der jeweiligen Kurbelwellenposition
zünden. Zunächst zündet Zylinder Z1 bei 0° Kurbelwinkel. Da Zylinder Z1 ganz nahe
an der als starr angenommenen Abtriebsseite liegt, kann das Zündereignis von Zylinder
Z1 bezüglich der Kurbelwellenposition von Zylinder Z8 so gut wie keine Verdrillung
der Kurbelwelle bewirken.
[0050] Das nächste Zündereignis, 90° Kurbelwellenwinkel später, erfolgt bei dem Zylinder
Z6. Dieser bewirkt aufgrund der Entfernung zur Abtriebsseite den größeren Beitrag
zur Verdrehung der Kurbelwelle.
[0051] In Worten ausgedrückt, entspricht der Peak der Kurve Δϕ
6 an der Kurbelwellenposition 90° dem Beitrag der von Zylinder Z6 hervorgerufenen Winkelabweichung
der Kurbelwelle an der Position des Zylinders Z6.
[0052] Das nächste Zündereignis, dies ist Zylinder Z3, findet bei 180° Kurbelwellenwinkel
statt. Dieser Zylinder (genauer: der Angriffspunkt des dazugehörigen Pleuels auf die
Kurbelwelle) liegt weniger weit entfernt von der Abtriebsseite als Z8 und kann so
nur einen geringeren Beitrag zur Verdrehung der Kurbelwelle an der Position von Zylinder
Z8 bewirken. Das nächste Zündereignis (Zylinder Z5) findet bei 270° Kurbelwellenwinkel
statt und liefert wegen der noch näheren Position zum Abtrieb einen deutlich niedrigeren
Beitrag zur Verdrehung an der Kurbelwellenposition von Zylinder Z8 als beispielsweise
die Zylinder Z8 und Z3. Als nächstes zündet Zylinder Z4 und bewirkt eine stärkere
Verdrehung (vergleichbar mit Zylinder Z8), da er ähnlich weit vom Abtrieb gelegenen
ist wie Zylinder Z8. Das nächste Zündereignis ist die Zündung von Zylinder Z7 bei
450° Kurbelwellenwinkel. Das darauffolgende Zündereignis ist der Zylinder Z2 bei 540°
und Z8 bei 630°. Die 720° entsprechen wieder dem Beginn der Skala bei 0°, d. h. Zündung
von Zylinder Z1.
[0053] Zeichnet man torsionsbedingte Winkelabweichung für andere Zylinder in das Diagramm
ein, so liegen die Maxima unter der für Zylinder Z8 aufgetragenen Kurve, skaliert
um ihren jeweiligen Abstand von der als fest eingespannt angenommenen Abtriebsseite.
[0054] Man sieht also, dass die Zylinder durch ihren unterschiedlichen Abstand von der Abtriebsseite
ganz unterschiedliche Beträge zur Verdrehung der Kurbelwelle an der Zylinderposition
Z8 bewirken. Die entstehende Kurve beschreibt also kurbelwellenwinkelaufgelöst und
zylinderindividuell (hier für die Kurbelwellenposition von Zylinder Z8 gezeigt) die
durch Torsion bedingte Verdrillung der Kurbelwelle. Diese Charakteristik der Winkelabweichung
Δϕ
i (mit i als Zähler des jeweiligen Zylinders)kann nun auf jeden beliebigen Zylinder
bzw. auf jede beliebige axiale Position der Kurbelwelle extrapoliert werden, da ja
als weitere Randbedingung die durch Torsion hervorgerufene Winkelabweichung für den
Zylinder Z1 mit "Null" bekannt ist.
[0055] Durch die äquidistante Wahl der Zündabstände (alle 90°) ergibt sich hinsichtlich
der Ausbreitung einer Torsionsschwingung für alle Zylinder der gleiche Zeitabstand,
das bedeutet: die Torsionsschwingung hat für alle Zylinder die gleiche Zeit, sich
auszubreiten. Die Höhe der Winkelabweichung Δϕ
i ist also rein über die axiale Position der Zylinder auf der Kurbelwelle gegeben.
[0056] Figur 3 zeigt in einem Diagramm analog zu Figur 2 die Winkelabweichung Δϕ
8 für den Zylinder Z8 des in Figur 1 a gezeigten 8-Zylinder-Motors, allerdings mit
anderen Zündabständen. Die Zündreihenfolge wurde beibehalten mit Z1 → Z6 → Z3 → Z5
→ Z4 → Z7 → Z2 → Z8, die in Kurbelwinkel ausgedrückten Zündabstände betragen allerdings
120°, 60°, 120°, 60°, 120°, 60°, 120° usw. Es liegen also, wie anhand von Figur 2
erläutert, wieder 180° Kurbelwinkel zwischen den Zündereignissen der Zylinder Z1,
Z3, Z4 und Z2, allerdings nur 60° zwischen den Zündereignissen zwischen Zylindern
Z6 → Z3, Z4 → Z7, und Z8 → Z1. Die veränderten Zündabstände beeinflussen das Muster
der Winkelabweichung, welches hier für die Kurbelwellenposition bei Zylinder Z8 aufgetragen
ist. Die Zündung des Zylinders Z1 bei 0° Kurbelwellenwinkel hat wieder keinen nennenswerten
Einfluss auf die Verdrehung der Kurbelwelle an der Position des Zylinders Z8. Die
Beiträge zur Verdrehung verhalten sich proportional zu den Zündabständen, denn ein
Zündabstand von 120° bewirkt, dass sich eine eingeleitete Torsionsschwingung länger
ausbreiten kann, als dies bei einem Zündabstand von 60° der Fall ist.
[0057] Während im Beispiel der Zündabstände nach Figur 2, wo alle Zylinder in gleichen Zündabständen
gezündet werden, und so die entstehende Torsionsschwingung jeweils die gleiche Zeit
zur Ausbreitung hat, ergibt sich im Beispiel der Zündabstände 120°/60°in Figur 3 ein
anderes Bild der Winkelabweichung. Die Beiträge zur Torsionsschwingung jener Zylinder,
die bei 120° Zündabstand gezündet werden, verhalten sich zu jenen Zylindern, die in
60° Zündabstand gezündet werden, wie 2:1, das Verhältnis der Beiträge, ausgedrückt
als Gewichtungsfaktor, liegt also bei 2/3 zu 1/3.
[0058] Der Gewichtungsfaktor berücksichtigt also, wieviel später die nächste Krafteinleitung
erfolgt.
[0059] Wieder kann das entstehende Muster der Winkelabweichung Δϕ
i nun auf jede beliebige axiale Position der Kurbelwelle übertragen werden, da als
Randbedingung wieder feststeht, dass bei Zylinder Z1 an der Abtriebsseite keine Verdrehung
stattfindet.
[0060] Nach dem Verfahren ist es also möglich, ohne Messung und lediglich aus Kenntnis der
Zündabstände und der Zündreihenfolge, sowie der Entfernung der Zylinder zueinander,
kurbelwellenwinkelaufgelöst für jeden Zylinder den Betrag der durch die Torsion bzw.
Torsionsschwingung verursachten Winkelabweichung zu bestimmen. Die Erfindung macht
sich also die Erkenntnis zu Nutze, dass sich über einen Zeitraum von 720° Kurbelwellenwinkel
eine stehende Welle der Torsion bzw. der Torsionsschwingung ausprägt.
[0061] Durch den Gewichtungsfaktor wird berücksichtigt, ob die Zündreihenfolge harmonisch
ist (gleicher Zündabstand über alle Zylinder), oder ob die Zündabstände in ungleich
großen Abständen, ausgedrückt als Kurbelwinkel, erfolgen. Der Kurbelwinkel, der zwischen
zwei Zündereignissen liegt, ist gleich bedeutend mit der Zeit, welche die Schwingung
hat, sich auszuprägen. Als Wellen interpretiert heißt ein gleichmäßiger Zündabstand,
dass alle Zündereignisse in Phase auftreten, bei ungleich großen Zündabständen gibt
es mehrere Wellen (zwei Wellen bei zwei unterschiedlichen Zündabständen), die in verschobener
Phasenlage zueinander liegen.
[0062] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren kann besonders vorteilhaft Motordiagnostik betrieben
werden, da Sensorsignale nun stets der korrekten Kurbelwellenposition zugeordnet werden
können. Beispielsweise können Sensorsignale einer Zylinderdrucküberwachung in Bezug
auf die Torsionswinkelabweichung korrigiert werden. In Summe kann eine höhere Qualität
in der Kontrolle über die Verbrennung und dadurch ein höherer Wirkungsgrad und höhere
Leistungsdichte erzielt werden. Insbesondere günstig ist das Verfahren durch die verbesserte
Genauigkeit der Zündzeitpunkte und von Messungen im Zylinder, wie z. B. einer Zylinderdruckerfassung.
1. Verfahren zur Steuerung einer Brennkraftmaschine (1) mit einer Vielzahl von Zylindern
(Z), insbesondere einer stationären Brennkraftmaschine, wobei Aktuatoren der Brennkraftmaschine
(1) kurbelwinkelabhängig ansteuerbar sind und / oder Sensorsignale der Brennkraftmaschine
(1) kurbelwinkelabhängig ermittelbar sind,
zur Kompensation einer Torsion einer Kurbelwelle (K) durch welche Torsion es zu Abweichungen
des Kurbelwinkels zwischen einem tordierten und untordierten Zustand der Kurbelwelle
(K) kommt,
dadurch gekennzeichnet, dass für wenigstens zwei der Zylinder (Z) ein zylinderindividueller Wert der Winkelabweichung
(Δϕi) ermittelt wird und in Abhängigkeit der ermittelten Winkelabweichung (Δϕi) die kurbelwinkelabhängigen Aktuator- bzw. Sensorsignale korrigiert werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zylinderindividuelle Wert der Winkelabweichung (Δϕi) gemessen wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zylinderindividuelle Wert der Winkelabweichung (Δϕi) berechnet wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass zur Berechnung des zylinderindividuellen Wertes der Winkelabweichung (Δϕi) der geometrische Abstand der einzelnen Zylinder (Z) von der als fest eingespannt
angenommenen Abtriebsseite der Kurbelwelle (K) berücksichtigt wird.
5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass zur Berechnung des zylinderindividuellen Wertes der Winkelabweichung (Δϕi) der Zündabstand der Zylinder (Z) berücksichtigt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass der zylinderindividuelle Wert der Winkelabweichung (Δϕi) durch eine Modellfunktion berechnet wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass der zylinderindividuelle Wert der Winkelabweichung (Δϕi) in Echtzeit basierend auf Motorausgangssignalen berechnet wird.
8. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens eine Motorregelgröße in Abhängigkeit wenigstens eines zylinderindividuellen
Werts der Winkelabweichung (Δϕi) verändert wird.
9. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens ein Motormesssignal über zumindest einen zylinderindividuellen Wert der
Winkelabweichung (Δϕi) korrigiert wird.
10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass das Motormesssignal das Ergebnis einer Zylinderdruckmessung ist.
11. Brennkraftmaschine (1) mit einer Vielzahl von Zylindern (Z), insbesondere stationäre
Brennkraftmaschine, eingerichtet zur Durchführung des Verfahren nach wenigstens einem
der Ansprüche 1 bis 10.