[0001] Die Erfindung betrifft ein Gurtsystem, insbesondere für einen Sattel oder Gurte für
Pferde, insbesondere Longiergurte oder Voltigiergurte, umfassend mehrere Gurtstrippen
und mehrere Gurtstrippenaufhängungen, wobei die Gurtstrippenaufhängungen v-förmig
verlaufen und jeweils eine optional an der Gurtstrippenaufhängung verschiebbare Aufnahme
für eine Gurtstrippe aufweisen.
STAND DER TECHNIK
[0002] Gutes und harmonisches Reiten bedarf harmonisch aufeinander abgestimmter Bewegungen
zwischen Pferd und Reiter. Dabei ist ein Sattel ein zentrales Bindeglied zwischen
Pferd und Reiter, das eine bestmögliche Abstimmung der Bewegungen von Pferd und Reiter
ermöglichen soll.
[0003] Allerdings zeigt die Praxis, dass gerade der Sattel als Bindeglied häufig eine Schwachstelle
darstellt. Dies ergibt sich zum einen dadurch, dass Pferderücken unterschiedlich ausgebildet
sind; zum anderen sind bei einer Bewegung des Pferdes nicht nur dessen Rücken, sondern
auch Schultern und Muskelpartien stark in Bewegung, sodass einzelne Körperpartien
des Pferdes durch den Sattel stark belastet werden können, auch wenn dieser im Stehen
perfekt zu sitzen scheint. Es ist allerdings weder für ein Pferd möglich, sich mit
einem unpassenden, schmerzenden Sattel auf dem Rücken völlig zwanglos zu bewegen,
noch ist es für einen Reiter unter solchen Umständen möglich, in einem harmonischen
Bewegungseinklang mit dem Pferd auf dieses einzuwirken.
[0004] Aus dem Stand der Technik sind verschiedene Arten und Modelle von Sätteln bekannt
geworden. Bei den meisten Sätteln ist der sogenannte Sattelbaum im Inneren des Sattels
das zentrale Element. Dabei handelt es sich um jene Innenkonstruktion eines Reitsattels,
welcher als Basis bezeichnet werden kann. An dieser Basis können insbesondere Sattelgurtstrippen
befestigt werden. Darüber hinaus bildet der Sattelbaum die Grundlage für die Sitzfläche
eines Sattels. Üblicherweise besteht ein Sattelbaum aus Holz, Metall, einem Hartkunststoff,
(oftmals mehrschichtigem) Hartleder oder gegebenenfalls auch einer Kombination daraus.
Schon aufgrund der Härtegrade solcher Materialien wird eine Bewegungsfreiheit eines
darunterliegenden Pferderückens naturgemäß stark eingeschränkt. Dieser Effekt wird
dadurch verstärkt, dass am vorderen Ende des Sattelbaumes noch ein Kopfeisen bzw.
Kopfeisenäquivalent befestigt ist. Dieses stellt eine Versteifung im Bereich des Vorderzwiesels
eines Sattels dar, die den Widerrist eines Pferdes beidseitig umgibt und dadurch den
Sattel am Pferderücken in Position hält. Wenngleich dies für das Reiten grundsätzlich
erwünscht ist, wird durch das Kopfeisen die Bewegungsfreiheit eines Pferdes vor allem
im Schulterbereich eingeschränkt. Überdies ist bei Sätteln mit Kopfeisen üblicherweise
an eben diesem beidseitig eine Aufhängung für die Steigbügelriemen befestigt, sodass
durch das in den Steigbügeln lastende und auf das Kopfeisen bzw. Kopfeisenäquivalent
übertragene Reitergewicht die Bewegungseinschränkung im Schulterbereich des Pferdes
noch verstärkt wird.
[0005] Aus dem Stand der Technik sind auch Sättel ohne Sattelbaum bekannt, sogenannte "baumlose"
Sättel. Derartige Sättel haben zwar keinen Sattelbaum und sind dadurch grundsätzlich
beweglicher und weniger einschränkend für ein Pferd, weisen aber dennoch meist ein
Kopfeisen bzw. zumindest eine kopfeisenäquivalente Versteifung im Bereich des Vorderzwiesels
auf.
[0006] Ist ein Kopfeisen vorgesehen, muss dieses annähernd der Form des Widerristes des
Pferdes nachempfunden werden. Für eine richtige Passform muss das Kopfeisen parallel
zur Schulter liegen. Ist das Kopfeisen zu eng, drücken endseitige Ortspitzen das Pferd
links und rechts vom Widerrist. Ist hingegen das Kopfeisen zu weit, liegt der Sattel
in der Sattelkammer auf dem Widerrist auf.
[0007] Bereits im unbeweglichen Zustand liegt der Sattel mit seinem Kopfeisen bzw. dessen
Enden (Ortspitzen) dicht an den Schulterblättern. Das Schulterblatt als Knochen hat
an seinem oberen, breiten Ende einen ca. 3 cm breiten Knorpelrand, der auch bei richtiger
Positionierung des Sattels meist vom vorderen Sattelrand berührt wird. Dies verstärkt
sich auch dann, wenn das Kopfeisen auf dem stehenden Pferd zu passen scheint, häufig
noch in der Bewegung. Denn sobald und solange sich das Pferd bewegt, gleitet das Schulterblatt
bei jedem Schritt mit einem der Vorderbeine nach vorne und nach hinten. Dies ist bereits
dann ersichtlich, wenn ein Pferd im Stand ein Bein nach vorne streckt. Um ein Vielfaches
ausgeprägter ist dieser Effekt, wenn beispielsweise beim Springreiten ein hohes Maß
dynamischer Bewegung gegeben ist.
[0008] In dieser Betrachtung kommt auch noch hinzu, dass die Entwicklung moderner Pferdezucht
dazu geht, Pferde mit immer weiter in den Körper hineinreichenden, schrägeren Schulterpartien
zu züchten, um dadurch ein noch breiteres Bewegungsspektrum abdecken zu können.
[0009] Die bekannten Sattelkonzepte mit Kopfeisen oder zumindest einer kopfeisenäquivatenten
Versteifung sowie gegebenenfalls einem Sattelbaum scheinen dabei aber nicht geeignet,
dem ohne Sattel gegebenen Bewegungsfreiraum eines Pferdes gebührend Rechnung zu tragen.
Drückt nämlich das Kopfeisen, allenfalls noch verstärkt durch ein Gewicht eines Reiters,
von oben auf die Muskulatur des Pferdes, welche den Schulterbereich bedeckt, so wird
diese schmerzhaft gequetscht. Je mehr Druck auf einem Muskel lastet, umso weniger
stark wird dieser durchblutet und mit Sauerstoff versorgt, obwohl der Muskel an sich
mehr Blutdurchfluss benötigen würde, um seine volle Kraft entfalten zu können. Stattdessen
werden vermehrt Laktate gebildet, welche die Schmerzrezeptoren angreifen. In der Folge
versucht das Pferd mehr und mehr durch ausweichende Bewegungen dem auch immer stärker
werdenden Belastungsdruck und dem damit verbundenen Schmerz zu entkommen. Es drückt
also den Rücken nach unten weg, wodurch seine Bewegungsmechanik blockiert wird; das
Pferd läuft quasi nicht mehr rund. Außerdem können die Reaktionsprodukte der Laktate
im Muskel durch die verminderte Durchblutung nicht mehr ausreichend abtransportiert
werden, was zu einer Übersäuerung der Muskulatur führt. Zudem wird ein Nervenimpuls,
welcher über die Spinalnerven den Muskel aktiviert, bei einem gequetschten Muskel,
sei es durch mechanische Einwirkung (Reitergewicht) oder durch Verkrampfung bzw. Verkürzung
(Pferd), in teilweise hohem Maß verlangsamt. Da dieser Impuls unbewusst über das zentrale
Nervensystem gesteuert wird, kann dieser nicht gewollt beeinflusst werden. Insgesamt
wird der gequetschte Muskel mehr und mehr geschwächt und bildet sich nach und nach
zurück, was zu einer sogenannten Athrophie führen kann.
[0010] Um einer Rückbildung eines Muskels Rechnung zu tragen, wird meist zunächst die Kammerweite
eines Sattels reduziert - also das Kopfeisen enger gemacht -, wodurch das Problem
jedoch keinesfalls gelöst, sondern sogar noch verstärkt wird. Durch einen zu starken
Pressdruck des nun noch engeren Kopfeisens auf das ganglion stellatum, also jenes
Nervengeflecht von Säugetieren, das bei massivem Druck eine Blockade der Vorderbeine
auslöst, verliert dieses durch eine Reduktion der zuvor darüberliegenden Muskelmasse
seinen Schutz. Eine dadurch hervorgerufene Blockade der Vorderbeine äußert sich häufig
durch ein Dauerstolpern eines Pferdes.
[0011] Insgesamt zeigt sich somit, dass vor allem ein zu enges oder zu weites Kopfeisen
nicht nur die Bewegungsfreiheit eines Pferdes vor allem in der Schulter einschränken
kann, sondern langfristig auch zu nachhaltigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen
des Pferdes führen kann.
[0012] Aus dem Stand der Technik sind auch als Sättel bezeichnete Auflagen wie beispielsweise
Fellsättel bekannt, die auch ohne Kopfeisen verwendet werden können. Dabei handelt
es sich um Sitzauflagen, die für einen Reiter allerdings oftmals nur einen verminderten
Halt bieten. Eine Stabilität derartiger Sättel kann zwar verbessert werden, dafür
ist es allerdings erforderlich, diese wiederum mit einem Kopfeisen zu versehen.
[0013] Unabhängig von der konkreten Ausbildung mit oder ohne Sattelbaum sowie mit oder ohne
Kopfeisen haftet den bekannten Sätteln des Standes der Technik häufig auch der Nachteil
an, dass diese zumeist so am Pferd zu befestigen sind, dass sich neben der allenfalls
bereits gegebenen negativen Einwirkung von Kopfeisen und Sattelbaum zusätzliche Druckbelastungen
und insbesondere Druckspitzen durch die Angurtung des Sattels am Pferd ergeben.
AUFGABE DER ERFINDUNG
[0014] Es ist eine Aufgabe der Erfindung, ein Gurtsystem der eingangs genannten Art anzugeben,
das eine stabile Befestigung eines Sattels mit geringer Belastung für ein Pferd ermöglicht.
DARSTELLUNG DER ERFINDUNG
[0015] Es ist vorgesehen, dass bei einem Sattel für Pferde, der ohne Kopfeisen oder kopfeisenäquivalente
Versteifung ausgebildet ist, der Sattel umfassend einen Sattelbaum, Schweißblätter
und Sattelblätter, der Sattelbaum biegsam und integral mit den Schweißblättern ausgebildet
ist und in diese auf beiden Seiten übergeht.
[0016] Durch die Ausbildung eines Sattels ohne Kopfeisen und mit einem biegsamen Sattelbaum
aus z. B. flexiblem Leder wird ein Sattel mit einem in alle Richtungen voll flexiblen,
anatomisch geformten, sich einem Pferderücken anpassenden Sattelbaum bereitgestellt.
Trotz der Biegsamkeit des Sattelbaumes eines solchen Sattels verleiht dieser gegebenenfalls
auch in Kombination mit einem Sitz dem Sattel dennoch die erforderliche (Längs-)Stabilität.
Fehlbelastungen, welche einen Pferderücken auf Dauer schädigen und zu schmerzhaften
Komplikationen führen können, beispielsweise eine sogenannte Brückenbildung durch
Auflage des Sattels nur an einer Vorderseite und einer Hinterseite desselben auf einem
Pferderücken, nicht aber in einer Mitte auf dem Rücken, werden dadurch verhindert.
[0017] Ein besonderer Vorteil eines solchen Sattels liegt daher darin, dass trotz des Verzichts
auf ein Kopfeisen oder ein Kopfeisenäquivalent einerseits die erforderliche (Längs-)Stabilität
gegeben ist, andererseits aber auch die Wirbelsäule, die Schultern und Muskeln des
Pferdes vergleichsweise gering belastet werden.
[0018] Grundsätzlich können insbesondere beliebige Leder für den Sattelbaum verwendet werden,
solange diese dem Sattelbaum die für den Sattel erforderliche (Längs-)Stabilität verleihen,
gleichzeitig aber auch noch eine wesentlich höhere Flexibilität des Sattelbaumes ermöglichen,
als dies bei dem bisherigen Stand der Technik entsprechenden Lederbäumen der Fall
ist. Mit anderen Worten: Das Leder soll so beschaffen sein, dass dieses bei der gewünschten
Biegsamkeit und Anpassbarkeit an einen Pferderücken stark genug ist, um bei Belastung
durch einen Reiter ausreichend stabil zu bleiben.
[0019] Dadurch kann sich der Sattel im entsprechenden Bereich des Pferdes besonders gut
an dieses anpassen bzw. kann umgekehrt der Bewegung der Muskeln des Pferdes ausgezeichnet
Rechnung getragen werden, ohne dass Kompromisse hinsichtlich einer Sattelstabilität
in Kauf zu nehmen sind.
[0020] Hierfür kann insbesondere vorgesehen sein, dass der Sattelbaum aus einem Leder, z.
B. mit einer Stärke von 2 mm bis 10 mm, ausgebildet ist. Das Leder ist dabei einschichtig
ausgebildet, stellt also keinen Verbund von mehreren Lagen dar, was zu einem zu starren
und nicht mehr ausreichend biegsamen bzw. in alle Richtungen flexiblen Sattelbaum
führen kann.
[0021] Bei einer integralen Ausbildung der Schweißblätter mit dem Sattelbaum kann insbesondere
vorgesehen sein, dass der Sattelbaum und die Schweißblätter aus zwei deckungsgleichen
Lederteilen gebildet sind, die entlang eines oberen Randes der Lederteile miteinander
verbunden, insbesondere vernäht, sind.
[0022] Zweckmäßig ist es, dass die Lederteile im Bereich des Sattelbaumes nach hinten, also
zu einem Pferdeschweif hin, länger als in einem Bereich der Schweißblätter ausgebildet
sind. Durch die längere Ausbildung im Bereich des Sattelbaumes wird ausreichend Platz
für einen Sitz geschaffen. Diese längere Ausprägung im oberen Bereich kann bei Verwendung
einer oben beschriebenen Konstruktion als Longier- oder Voltigiergurt entfallen.
[0023] Bevorzugt ist es, dass die Lederteile im Bereich des Sattelbaumes am oberen Rand
von einer hinteren Seite zu einer vorderen Seite hin mit einer vorzugsweise leicht
nach unten verlaufenden Umfangslinie ausgebildet sind, an die im Bereich des Vorderzwiesels
ein vorspringender Ansatz anschließt.
[0024] Zur Schonung der Wirbelsäule eines Pferdes kann vorgesehen sein, dass unterhalb des
Sattelbaumes, vorzugsweise entlang des Wirbelkanals des Sattels, ein viskoelastisches
Material angeordnet ist.
[0025] In besonderer Weise hat es sich bewährt, an der Unterseite des Sattelbaumes und/oder
der Schweißblätter unter Aussparung des Wirbelkanals an einer zu einem Pferderücken
hin gerichteten Fläche vollflächig angebrachte Sattelkissen mit einer Füllung aus
einem viskoelastischen Material vorzusehen. Hierbei wird unter einem viskoelastischen
Material ein solches verstanden, das teilweise elastisches, teilweise aber auch viskoses
Materialverhalten zeigt. Da sich viskoelastisches Material relativ leicht verformen
lässt, gleichzeitig aber auch relativ weich ist, kann sich die Füllung ausgezeichnet
an die Körperform eines Pferdes anpassen und einen Druck durch das Reitergewicht auf
den Pferderücken besser ausgleichen, verteilen und/oder absorbieren bzw. dämpfen als
herkömmliches Füllmaterial von Sattelkissen wie z. B. Wolle, Latex, etc. In diesem
Zusammenhang kann insbesondere auch vorgesehen sein, dass mehrere Materialien unterschiedlicher
Elastizität als Kissenfüllung vorgesehen sind. Hierbei kann im Bereich der Rückenkissen
auf der Unterseite des Sattelbaumes eine Dauerelastizität der Materialien vom Pferderücken
nach oben hin, also einer dem Reiter näheren Seite, abnehmen. Dadurch ist es möglich,
vor allem durch Schichtung mehrerer Materialien mit verschiedenen Materialeigenschaften
die Füllung so zu gestalten, dass diese am Pferderücken optimal an diesen angepasst
sind und gleichzeitig das Reitergewicht von den empfindlichen Dornfortsätzen der Pferdewirbelsäule
fernhalten und stattdessen zuverlässig auf die links und rechts der Pferdewirbelsäule
liegende Muskulatur verteilen. Beispielsweise kann vorgesehen sein, dass an einer
Innenseite bzw. dem Pferderücken zugewandten Seite ein viskoelastisches Material angeordnet
ist, wohingegen auf der dem Pferderücken abgewandten Seite eine Einlage mit geringerer
(Dauer-)Elastizität, z. B. Zellkautschuk, Moosgummi und/oder Verbundschaum, angeordnet
ist.
[0026] Oberhalb des Sattelbaumes ist in der Regel ein Sitz fixiert, es sei denn, die oben
beschriebene Konstruktion wird als Longier- oder Voltigiergurt verwendet. Dem Sitz
kommt insofern besondere Bedeutung zu, als beim Reiten ein Reiterrücken regelmäßig
einer vergleichsweise hohen axialen Belastung ausgesetzt ist, welche durch eine fehlerhafte
Position des Reiters auf einem Pferderücken noch erhöht werden kann. Bei Sätteln mit
nicht ausreichend flexiblem, weitgehend starrem Sattelbaum werden Form und Schwerpunkt
der Sitzfläche vom Sattelbaum fest vorgegeben. Stimmt ein die Sitzposition des Reiters
bestimmender Schwerpunkt des Sattels aber nicht mit dem Schwerpunkt des Pferderückens
überein, so muss der Reiter diese Disbalance permanent mit seinem Rücken ausgleichen.
Derartige Fehlbelastungen äußern sich häufig in Rückenschmerzen des Reiters. Zur Behebung
dieses Problems ist der Sitz bei einem oben beschriebenen Sattel mit Vorteil vollständig
aus einem formstabilen Schaumstoff aufgebaut. Der formstabile Schaumstoff, z. B. ein
Polyurethanschaumstoff, bietet dem Reiter im Bereich der Sitzfläche eine gewünschte
Stabilität, ohne jedoch die Flexibilität der Bewegung zu beeinträchtigen. Dadurch
wird der Reiter nicht in eine vorgegebene Sitzposition gezwängt, sondern kann zwanglos
im natürlichen Schwerpunkt des Pferdes Platz nehmen. Auf diese Weise ergibt sich für
Reiter und Pferd eine jeweils schwerpunktoptimale Sitzposition quasi automatisch,
wodurch der Reiter ausgleichende Fehlbelastungen vermeiden und somit rückenschonend
reiten kann. Allfällige zusätzliche Aussparungen oder Auspolsterungen im Bereich der
Sitzbeinhöcker des Reiters zur Entlastung des Reiterrückens - wie diese bei Sätteln
mit Sattelbäumen aus Holz, Metall, Hartkunststoff, etc. üblich sind - sind bei der
anatomisch geformten Sitzfläche aus Vollschaumstoff bereits alleine aufgrund des verwendeten
Materials nicht erforderlich. Dabei erweist sich eine Formgebung als zweckmäßig, bei
der eine obere Sitzfläche anatomisch an einen Reiter angepasst ist, wohingegen eine
untere Auflagefläche dem Pferderücken angepasst ist. Überdies ermöglicht eine anatomisch
geformte Vollschaumstoffsitzfläche dem Reiter, in besonderer Weise die Bewegungen
des Pferderückens optimal wahrzunehmen und seine Gewichtshilfen darauf abgestimmt
fein zu dosieren. Dies wird überdies dadurch unterstützt, dass die Sitzfläche an der
oberen, dem Reiter zugewandten Seite mit weichem Leder überzogen ist, das eine geschmeidige
Haftung verleiht, während die untere, dem Sattelbaum zugewandte Seite auf einem stabilen,
der anatomischen Form des Sattelbaumes und damit des Pferderückens entsprechenden
Lederfundament aufgesetzt ist, das gemeinsam mit dem Sattelbaum die gewünschte (Längs-)Stabilität
insbesondere des Sattels sicherstellt. Insgesamt wird die Bewegung von Pferd und Reiter
somit nicht durch einen Sattel unterbrochen, sondern durch die Kombination des Vollschaumstoffsitzes
mit weicher Ledersitzfläche und stabilem Lederfundament mit dem beschriebenen vollflexiblen
Sattelbaum ein Sattel bereitgestellt, bei dem die wechselseitige Übertragung von Bewegungen
zwischen Pferd und Reiter bei gleichzeitiger (Längs-)Stabilität optimiert ist.
[0027] Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird durch ein Gurtsystem der eingangs
genannten Art gelöst, wobei die v-förmig verlaufenden Gurtstrippenaufhängungen überlappend
angeordnet sind, sodass Enden der Gurtstrippenaufhängungen voneinander beabstandet
sind.
[0028] Mit einem erfindungsgemäßen Gurtsystem werden insbesondere die Vorteile erzielt,
dass eine gleichmäßige, großflächige und stabile Befestigung eines Sattels, aber auch
anderer Reitsättel bzw. Longiergurte oder Voltigiergurte an einem Pferderücken möglich
ist. Durch die vorgesehenen Gurtstrippenaufhängungen und deren endseitigen Versatz
in überlappender, insbesondere gleichmäßig beabstandeter Weise, ergibt sich eine Zugverteilung
über den besonders tragfähigen Bereich der Brustwirbelsäule des Pferdes, wobei aus
einer Konzentration der Zuglast resultierende Druckspitzen vermieden sind. Vielmehr
erfolgt eine gleichmäßige Verteilung der Zuglast über den gesamten Bereich des Gurtsystems.
Sind die Aufnahmen optional an der Gurtstrippenaufhängung verschiebbar, lassen sich
durch ein Verschieben der Aufnahmen auch die an diesen angeordneten Gurtstrippen geeignet
positionieren.
[0029] In diesem Zusammenhang ist besonders bevorzugt eine Anordnung bestehend aus mehreren,
vorzugsweise zwei, untereinander angeordneten Gurtstrippentunnelreihen mit jeweils
mehreren Öffnungen vorgesehen, durch welche Gurtstrippen führbar sind. Die an den
Aufnahmen befestigten Gurtstrippen lassen sich dann durch Verschiebung der Aufnahmen
sowie durch die Führung durch einzelne der untereinander angeordneten Öffnungen der
Gurtstrippentunnelreihen so positionieren, dass der Sattel je nach Pferd optimal und
vor allem für ein Pferd zuglastoptimiert befestigt werden kann.
[0030] Sofern das Gurtsystem bei einem Sattel zur Anwendung kommt, ist eine erste Gurtstrippentunnelreihe
mit mehreren Öffnungen bevorzugt an der dem Pferdekörper abgewandten Oberseite des
Schweißblattes des Sattels befestigt. Auf der Unterseite des Sattelblattes ist eine
zweite Gurtstrippentunnelreihe mit mehreren Öffnungen angeordnet, die unterhalb der
ersten Gurtstrippentunnelreihe liegt. Die einzelnen Strippen werden dann bei der Befestigung
des Sattels zunächst durch entsprechende Öffnungen der Gurtstrippentunnelreihe am
Schweißblatt und danach durch entsprechende Öffnungen der Gurtstrippentunnelreihe
am Sattelblatt geführt. Durch die Führung der Gurtstrippen durch Öffnungen sowohl
der ersten als auch der zweiten Gurtstrippentunnelreihe - also einer gesamten sogenannten
Gurtstrippentunnelkette - kann der Sattel besonders positionsstabil gehalten werden;
vor allem ist dadurch verhindert, dass der Sattel aufgrund der doppelten Führung auch
dann nicht nach vorne wegkippt, wenn kein Kopfeisen vorgesehen ist, Das Konzept der
Gurtstrippentunnelkette mit zwei untereinander angeordneten Gurtstrippentunnelreihen
kann aber auch bei Gurten wie Longiergurten oder Voltigiergurten angewendet werden.
[0031] Entsprechend dem vorstehend erläuterten bevorzugten Einsatz von viskoelastischem
Material an jenen Positionen, an welchem eine Anlage an den Pferderücken vorliegt,
ist die Verwendung von viskoelastischen Materialien zur Füllung von Kissen eines Sattels
für Pferde oder Gurte für Pferde, insbesondere Longiergurte oder Voltigiergurte, vorgesehen.
[0032] Ebenfalls vorgesehen ist ein Sattel mit einer Sicherheitssteigbügelaufhängung , wobei
die Sicherheitssteigbügelaufhängung im Schwerpunkt des Sattels angeordnet und über
eine 3-Punkt-Aufhängung am Sattel befestigt ist.
[0033] Während bei Sätteln mit Kopfeisen üblicherweise an eben diesem beidseitig eine Aufhängung
für die Steigbügelriemen befestigt ist, über welche das in den Steigbügeln lastende
Reitergewicht übertragen und der Sattel dadurch im Schulterbereich des Pferdes nach
unten gezogen wird, was zu einer Einschränkung der (Schulter-)Bewegung des Pferdes
führt, ist es vorgesehen, dass bei einemSattel ohne Kopfeisen die Sicherheitssteigbügelaufhängungen
nicht im Bereich des Vorderzwiesels des Sattels, sondern schwerpunktoptimal angebracht.
Hebt der Reiter sein Gesäß nun etwa beim sogenannten "Leichttraben" oder im sogenannten
"Leichten Sitz" aus dem Sattel, so wird der Sattel nicht im vorderen Bereich nach
unten gezogen, sondern bleibt im Schwerpunkt liegen.
[0034] Die Zuglast, die über den Steigbügelriemen auf die Sicherheitssteigbügelaufhängung
übertragen wird, wird über eine nicht quer über die Wirbelsäule des Pferdes laufende
3-Punkt-Aufhängung großflächig auf den Sattel verteilt, um punktuelle Druckspitzen
zu vermeiden. Die Zuglast wird dabei insbesondere möglichst großflächig auf den Sattel
verteilt, ohne über die Dornfortsätze der Pferdewirbelsäule zu verlaufen.
[0035] Auch ist ein Sattel mit einer Ruhehalterung vorgesehen, welche Ruhehalterung an einem
Sattelblatt angebracht und auf- und zumachbar ist, sodass Enden von Steigbügelriemen
und Steigbügel aufnehmbar sind.
[0036] Nach dem Stand der Technik verfügen Sättel entweder über einen am Sattelblatt beidseitig
fix befestigten Riemen oder aber über einen Schlitz beidseitig im Sattelblatt, durch
den jeweils das Ende des Steigbügelriemens geführt und damit in eine Ruheposition
gebracht werden kann. Werden zur Befestigung von Steigbügeln sogenannte Monosteigbügelriemen
verwendet, besteht nach dem Stand der Technik keine Möglichkeit, diese nach dem Reiten
zu "versorgen", also so am Sattel zu befestigen, dass sie nicht herunterhängen und
beim Tragen des Sattels störend gegen den Träger schlagen. Diese Möglichkeit wird
durch einen beidseitig am Sattelblatt angebrachten Riemen geschaffen, der nur an seinem
unteren Ende fix befestigt ist, dessen oberes Ende jedoch z. B. mit einem Druckknopf
geöffnet oder geschlossen werden kann. So kann der an einem Monobügelriemen befestigte
Steigbügel bei Nichtgebrauch eingehängt und durch Verschließen z. B. des Druckknopfes
versorgt werden, aber auch das Ende eines herkömmlichen Bügelriemens durchgesteckt
und damit ebenfalls versorgt werden.
KURZE BESCHREIBUNG DER FIGUREN
[0037] Weitere Merkmale, Vorteile und Wirkungen der Erfindung ergeben sich aus dem nachfolgend
dargestellten Ausführungsbeispiel. In den Zeichnungen, auf welche dabei Bezug genommen
wird, zeigen:
Fig. 1 einen Sattelbaum mit einem Kopfeisen gemäß dem Stand der Technik;
Fig. 2 eine stirnseitige Ansicht eines Sattels ohne Kopfeisen;
Fig. 3 eine stirnseitige Ansicht eines Sattels ohne Kopfeisen im vollständig entlang
der Längsachse entfalteten Zustand;
Fig. 4 eine stirnseitige Ansicht eines Sattels ohne Kopfeisen im vollständig entlang
der Längsachse gefalteten Zustand;
Fig. 5 eine Ansicht auf eine untere Seite eines Sattels ohne Kopfeisen im vollständig
entlang der Längsachse entfalteten Zustand;
Fig. 6 eine seitliche Ansicht eines Sattels ohne Kopfeisen im normal zur Längsachse
aufgebogenen Zustand;
Fig. 7 eine Seitenansicht eines Sattels ohne Kopfeisen im befestigten Zustand;
Fig. 8 eine Gurtstrippenaufhängung eines erfindungsgemäßen Gurtsystems;
Fig. 9 eine Gurtstrippenaufhängung eines erfindungsgemäßen Gurtsystems mit einer Sicherheitssteigbügelaufhängung;
Fig. 10 eine Gurtstrippentunnelkette eines erfindungsgemäßen Gurtsystems;
Fig. 11 ein Lederteil;
Fig. 12 Zuschnitte für eine Kissenfüllung.
WEGE ZUR AUSFÜHRUNG DER ERFINDUNG
[0038] In Fig. 1 ist ein Sattelbaum samt Kopfeisen und Steigbügelaufhängung gemäß dem Stand
der Technik dargestellt. Das Kopfeisen ist aus einem relativ starren Material, beispielsweise
aus einem Metall, gebildet und kann bei wiederholtem Druck auf die darunterliegende
Muskulatur eines Pferdes dazu führen, dass sich diese zurückbildet. Dieser Umstand
wird durch eine am Kopfeisen befestigte Steigbügelaufhängung noch verstärkt. Hebt
der Reiter nämlich sein Gesäß aus dem Sattel - wie dies etwa beim sogenannten "Leichttraben"
oder im sogenannten "Leichten Sitz" der Fall ist - so lastet das gesamte Reitergewicht,
das in der Bewegung physikalisch noch verstärkt wird, ausschließlich auf den Steigbügeln
und wird über die Steigbügelriemen zur Gänze auf die Steigbügelaufhängung übertragen.
Ist diese nun im Bereich des Kopfeisens fixiert, wird dadurch dessen nachteilige Wirkung
für das Pferd noch verstärkt. Auch der an das Kopfeisen rückseitig anschließende Sattelbaum
ist in der Regel aus einem vergleichsweise harten Material gebildet, das unnachgiebiger
ist als die darunterliegende Muskulatur eines Pferdes und daher zu einer ungewollten
Belastung des Pferdes führen kann. Die Verwendung starrer Materialien führt zwar durch
das Kopfeisen zu einer guten Stabilisierung eines Sattels auf einem Pferd und durch
den Sattelbaum zu einer stabilen Sattelausführung, allerdings mit den vorstehend erläuterten
nachteiligen Wirkungen für das Pferd. Für einen Reiter selbst gehen nicht nur im Freizeitreitbereich,
sondern auch insbesondere im Wettkampfsport Nachteile einher, weil ein Pferd durch
die starren Materialien nicht seine volle Dynamik entfalten kann bzw. in der Bewegungsfreiheit
letztlich eingeschränkt ist.
[0039] In Fig. 2 bis 7 ist ein Sattel 1 ohne Kopfeisen in verschiedenen Lagen dargestellt.
Der Sattel 1 weist wie aus Fig. 2 ersichtlich einen zentralen Teil auf, an welchen
zu den Seiten hin Schweißblätter 3 sowie Sattelkissen 8 und Sattelblätter 4 anschließen.
Die Sattelkissen 8 und eine optionale Polsterung für den Wirbelkanal 9 befinden sich
an der einem Pferderücken zugewandten Seite eines Sattelbaumes 2 bzw. der Schweißblätter
3. Die Sattelblätter 4 befinden sich reiterseitig über den Schweißblättern 3 und überlappen
diese nach unten hin bzw. sind länger als die Schweißblätter 3 und Sattelkissen 8
ausgebildet. Eine Länge der Schweißblätter 3 nach unten hin beträgt etwa drei Viertel
einer Länge der Sattelblätter 4. Der in Fig. 2 dargestellte Sattel 1 ist einsatzbereit,
wobei die innenliegenden Teile - wie z. B. der Sattelbaum 2 - weitgehend verbaut sind,
sodass der innere Aufbau des Sattels 1 nicht ersichtlich ist. Dieser innere Aufbau
setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen, wobei zur Herstellung eines Sattels
1 gemäß Fig. 2 bis 7 wie folgt vorgegangen wird:
[0040] Zunächst wird von einem relativ robusten, aber noch moderat gut biegsamen Leder ausgegangen,
das eine Dicke im Bereich von 2 mm bis 10 mm, insbesondere 3 mm bis 6 mm, aufweisen
kann. Zur Erstellung eines Sattelbaumes 2 mit den Schweißblättern 3 wird eine Schablone
benutzt, mit deren Hilfe zwei Lederteile 5 gemäß Fig. 11 ausgeschnitten werden. Die
Lederteile 5 gemäß Fig. 11 weisen einen oberen Rand 51, einen unteren Rand 52 sowie
eine hintere Seite 53 und eine vordere Seite 54 auf. Mit der Schablone werden zwei
deckungsgleiche Lederteile 5 ausgeschnitten. Die Lederteile 5 weisen am oberen Rand
51 eine leicht nach unten gebogen verlaufende Umfangslinie 56 auf, die beginnend von
der hinteren Seite 53 zur vorderen Seite 54 hin verläuft. Im Bereich der vorderen
Seite 54 ist im Bereich eines späteren Vorderzwiesels 55 des Sattels 1 ein Ansatz
57 gegeben, der nach oben hin vorspringend ausgebildet ist. Vom oberen Rand 51 zum
unteren Rand 52 sind die Lederteile 5 zunächst mit etwa vertikal verlaufenden Umfangslinien
ausgebildet. Im Bereich der hinteren Seite 53 springt die Umfangslinie dann aber nach
etwa einem Drittel zurück. Der längere Bereich der Lederteile 5 bildet im späteren
Sattel 1 vornehmlich den Sattelbaum 2, wohingegen die schmäleren Bereiche der Lederteile
5 im später erstellten Sattel 1 die Schweißblätter 3 bilden. Eine strichlierte Linie
in Fig. 11 verdeutlicht die Trennung der Bereiche des späteren Sattelbaumes 2 und
der Schweißblätter 3.
[0041] Liegen zwei ausgeschnittene Lederteile 5 vor, werden diese im Bereich des oberen
Randes 51 im Bereich der leicht nach unten gebogen verlaufenden Umfangslinie 56 miteinander
verbunden, insbesondere durch Vernähen. Sind die beiden Lederteile 5 miteinander verbunden,
ist damit die Basis eines Sattels 1 hergestellt. Im Bereich der Verbindung der Lederteile
5 liegt dann der Sattelbaum 2 vor, an den aufgrund der einteiligen Ausbildung der
Lederteile 5 integral die Schweißblätter 3 anschließen. Aufgrund des Einsatzes eines
Leders mit der erwähnten Stärke ist diese Basis des Sattels 1 etwas biegsam bzw. flexibel,
weist allerdings im Bereich des Sattelbaumes 2 auch eine erforderliche Längsstabilität
auf.
[0042] Nach Herstellung der Basis des Sattels 1 wird weitgehend parallel zum oberen Rand
51 ein noch näher zu erläuterndes Gurtsystem 7 angebracht. Des Weiteren wird im Schwerpunkt
des Sattels etwa zentral bzw. in der Mitte des Gurtsystems 7 eine noch näher zu erläuternde
Sicherheitssteigbügelaufhängung 14 befestigt, die später zur Aufnahme eines Steigbügelriemens
dient.
[0043] An der Unterseite der Lederteile 5 bzw. des Sattelbaumes 2 und der Schweißblätter
3, also jenem Bereich, der bei Einsatz eines Sattels 1 einem Pferderücken zugewandt
ist, werden beidseitig Sattelkissen 8 angeordnet. Deren Füllung ist mehrschichtig
aufgebaut. Eine unterste Lage, welche dem Pferderücken zugewandt ist, wird aus einem
viskoelastischen Material gebildet, wie dieses an sich aus dem Stand der Technik bekannt
ist. Beispielsweise hat sich eine Verwendung von viskoelastischem Material mit einer
Rohdichte von ca. 57 kg/m3 bis 60 kg/m3 als zweckmäßig erwiesen. Hierfür werden entsprechende
erste Zuschnitte 11 hergestellt, welche gemäß Fig. 12 in Draufsicht etwa der Form
der Lederteile 5 unter Aussparung des Wirbelkanals entsprechen. Die ersten Zuschnitte
11 sind dabei so ausgebildet, dass diese in einem oberen Bereich eines Sattelbaumes
2 eine Stärke von etwa 2 cm bis 5 cm, insbesondere 3 cm bis 4 cm, aufweisen, sich
aber zu einem unteren Ende des Schweißblattes 3 verjüngen, insbesondere auf eine Stärke
von etwa 0,5 cm bis 1,5 cm. Entlang der Längserstreckung des Sattelbaumes 2 bzw. entlang
einer Längsachse des Sattels 1 weisen die entsprechenden ersten Zuschnitte 11 aber
konstante Stärke auf. Die ersten Zuschnitte 11 verjüngen sich somit im Querschnitt
vom Sattelbaum 2 weg nach unten. Auf die erste Lage aus dem ersten Zuschnitt 11 aus
viskoelastischem Material wird eine weitere Einlage aus einem zweiten Zuschnitt 12
eingefügt, die mit einer Stärke von etwa 1,0 cm bis 3,0 cm, insbesondere 1,5 cm bis
2 cm, ausgebildet ist. Diese Einlage ist im Sattel 1 dem Reiter zugewendet. Der zweite
Zuschnitt 12 besteht aus einem elastischen Material. Hierfür kommen beispielsweise
sogenannter Moosgummi, Zellkautschuk oder Verbundschaum infrage. Beispielsweise hat
sich eine Verwendung einer Mischung aus Ethylen-Propylen-DienKautschuk mit einer Rohdichte
von ca. 140 kg/m3 bis 160 kg/m3 als zweckmäßig erwiesen. Die beiden Zuschnitte 11,
12 aus viskoelastischem Material sowie dem elastischem Material werden in etwa mit
der in Fig. 12 dargestellten Form erstellt und übereinander gelegt. Wie in Fig. 12
ersichtlich, ist der zweite Zuschnitt 12, der oberhalb liegt und später dem Reiter
zugewandt ist und für den erforderlichen Abstand eines Sattels 1 von der Pferdewirbelsäule
sorgt, kleiner als der erste Zuschnitt ausgebildet, der später dem Pferd zugewandt
ist und an diesem vollflächig anliegt, um den Sattel 1 an das Pferd anzuschmiegen.
Dabei kann zwischen den beiden Lagen an einer Rückseite des Sattels 1 noch ein Keil
13 mit einem (visko)elastischen Material eingeschoben werden. Dieser Keil 13 dient
dazu, dass der Reiter auf dem später noch zu befestigenden Sitz 6 nicht nach hinten
wegkippen kann. Sind die entsprechenden Zuschnitte 11, 12 und der Keil 13 übereinander
gelegt, werden diese an der dem Pferderücken zugewandten Seite der Schweißblätter
3 angebracht. Dies erfolgt in der Regel durch Vernähen bzw. Einbetten mit einem weichen
Leder, wobei die einzelnen Lagen zuvor miteinander verklebt werden können, damit diese
später nicht relativ zueinander verrutschen.
[0044] Anschließend werden die Sattelblätter 4 samt Knie/Oberschenkelpauschen und noch näher
zu erläuternder auf- und zumachbarer Ruhehalterungen 10 für die Steigbügel und Steigbügelriemenenden
erstellt und am Sattel 1 angenäht. Die Ruhehalterungen 10 umfassen einfache Laschen,
die durch Druckknopf oder auf andere Weise auf- und zumachbar sind. Höhenmäßig sind
die Laschen so positioniert, dass sich ein Steigbügel bzw. Riemenende effektiv und
nicht störend versorgen lässt.
[0045] Anschließend wird ein Sitz 6 an der Oberseite des bereits teilweise erstellten Sattels
1 befestigt. Der Sitz 6 wird aus einem formstabilen Schaumstoff ausgeschnitten, wobei
eine Unterseite einem Pferderücken angepasst ist, eine Oberseite jedoch einem Reiter.
Der Sitz 6 wird an der Oberseite des Sattelbaumes 2 befestigt und ist an der dem Reiter
zugewandten Seite mit einem dünnen, weichen Lederüberzug versehen. An der dem Sattelbaum
2 zugewandten Unterseite wird der Sitz 6 demgegenüber mit einem stabilen, der anatomischen
Form des Sattelbaumes 2 entsprechenden Leder versehen und trägt nach Befestigung am
Sattelbaum 2 zur gewünschten (Längs-)Stabilität des Sattels 1 bei.
[0046] Schließlich kann der Wirbelkanal des Sattels 1 optional mit einer Polsterung 9 versehen
werden. Hierfür hat sich eine Verwendung von viskoelastischem Material mit einer Rohsichte
von ca. 57 kg/m3 als vorteilhaft erwiesen, welches mit einem dünnen, weichen Lederüberzug
versehen und im Wirbelkanal des Sattels 1 angebracht wird.
[0047] Die vorstehend erläuterte Herstellung eines Sattels 1 resultiert schließlich in einem
Sattel 1, wie dieser in Fig. 2 bis 7 dargestellt ist. Mit Bezug auf Fig. 2 weist der
Sattel 1 in einer dem Pferderücken zugewandten unteren Seite die Sattelkissen 8 auf,
welche innenseitig mit der erwähnten Füllung versehen sind. Der viskoelastische Schaumstoff
ist dabei dem Pferd zugewandt, wohingegen die härteren Komponenten dem Sattelbaum
2 zugewandt sind und schließlich elastisches, aber formstabiles Material als Sitz
6 dem Reiter zugewandt ist. Dadurch ist eine optimale Materialabstimmung gegeben.
Der viskoelastische Schaumstoff passt sich der Form des Pferdes an. Die härteren,
aber dennoch elastischen Komponenten, die dem Sattelbaum 2 zugewandt sind, sorgen
trotz der gleichzeitigen Anpassung der Sattelkissen 8 an das Pferd für den nötigen
Abstand des Reitergewichtes von der empfindlichen Pferdewirbelsäule während das elastische,
aber formstabile Material des Sitzes 6 einen optimalen Halt bietet. Das Zusammenwirken
dieser Materialien erlaubt auch eine bewegungsoptimierte Interaktion zwischen Reiter
und Pferd bei minimaler Belastung beider.
[0048] Durch die integrale Ausbildung der Schweißblätter 3 mit dem Sattelbaum 2 durch Fertigung
aus den Lederteilen 5 weist der Sattel 1 einerseits eine gute Biegsamkeit normal zur
Längsachse des Sattels 1 und damit auch eine Anpassbarkeit an ein Pferd auf. Dies
ist insbesondere aus Fig. 3 und 4 ersichtlich, wonach der Sattel 1 zur Seite hin aufgeklappt
werden kann, aber auch eine Form annehmen kann, in welcher die Sattelkissen 8 einander
bereichsweise berühren. Im Bereich des Sattelbaumes 2 ist auch eine erhöhte Flexibilität
entlang der Längsachse des Sattels 1 gegeben, was aus Fig. 6 ersichtlich ist und eine
Anbringung des Sattels 1 unter optimaler Anpassung an einen Pferderücken gemäß Fig.
7 und ein Mitschwingen mit dem Pferderücken in der Bewegung erlaubt. Allerdings ist
trotz erhöhter Biegsamkeit des Sattels 1 im Bereich des Sattelbaumes 2 die für ein
optimales Reiten erforderliche (Längs-)Stabilität des Sattels 1 gegeben. Diese Biegsamkeit
sowie (Längs-)Stabilität ergeben sich aus der Herstellung des Sattels 1 mit den beschriebenen
Materialien. Würde nur dünnes Leder eingesetzt werden, wäre der Sattel 1 zwar ähnlich
einem Fellsattel voll flexibel, allerdings würde der Sattel 1 nicht die erforderliche
Stabilität aufweisen. Würde der Sattelbaum 2 hingegen aus einem wesentlich dickeren
oder mehrschichtigen Leder als Basis gebildet werden, wäre zwar eine (Längs-)Stabilität
hoch, allerdings wäre die gewünschte Anpassung an einen Pferderücken nicht mehr gegeben
und würde sich die Situation jener von Sattelbäumen aus Holz, Metall, hartem Kunststoff
oder den bisher bekannten Ledersattelbäumen annähern.
[0049] Anhand von Fig. 8 bis 10 ist ein erfindungsgemäßes Gurtsystem 7 näher erläutert.
Das Gurtsystem 7 kommt bevorzugt bei einem Sattel 1 ohne Kopfeisen zur Anwendung,
kann grundsätzlich aber auch für andere Sättel oder Reit- bzw. Longier- oder Voltigierauflagen
zur Befestigung an einem Pferd verwendet werden. Gemäß Fig. 8 umfasst das Gurtsystem
7 zwei v-förmig verlaufende Gurtstrippenaufhängungen 72. Die zwei v-förmig verlaufenden
Gurtstrippenaufhängungen 72 sind überlappend so angeordnet, dass Enden 74, 75, 76,
77 voneinander beabstandet sind, wobei sich die zwei v-förmigen Gurtstrippenaufhängungen
72 überlappen. Die Enden 74, 75, 76, 77 sind bevorzugt mit gleichem Abstand voneinander
angeordnet, können aber auch einen davon abweichenden Abstand weisen, so lange die
Enden 74, 75, 76, 77 voneinander beabstandet sind. Durch die beabstandete Anordnung
der Enden 74, 75, 76, 77 und die gleichzeitige Überlappung der beiden v-förmigen Gurtstrippenaufhängungen
72, wobei ein Ende 75 einer Gurtstrippenaufhängung 72 zwischen Enden 74, 76 der anderen
Gurtstrippenaufhängung 72 und umgekehrt ein Ende 76 zwischen Enden 75, 77 liegt, wird
eine aufzunehmende Zuglast optimal verteilt. Eine Beabstandung der Enden 74, 75, 76,
77 ist mit Vorteil dabei so getroffen, dass ein Abstand zwischen den Enden 74, 75
einem Abstand zwischen den Enden 76, 77 und diese Abstände wiederum einer Hälfte eines
Abstandes zwischen den Enden 75, 76 entspricht.
[0050] Die Gurtstrippenaufhängungen 72 sind bandförmig ausgebildet. Vorzugsweise bestehen
die Gurtstrippenaufhängungen 72 aus einem reißfesten Gurt. An den v-förmigen Gurtstrippenaufhängungen
72 sind Aufnahmen 73 befestigt. Bei den Aufnahmen 73 handelt es sich vorzugsweise
um Metallstücke, die mit mehreren Schlitzen ausgebildet sind, sodass die reißfesten
Gurte der v-förmigen Gurtstrippenaufhängungen 72 durch diese gefädelt werden können.
Entlang der v-förmigen Gurtstrippenaufhängungen 72 sind die Aufnahmen 73 dann verschiebbar,
sodass sich deren Position flexibel einstellen lässt.
[0051] In einem zweiten Schlitz der Aufnahmen 73 sind schließlich Gurtstrippen 71 befestigt,
die in Fig. 8 nur angedeutet sind.
[0052] Anhand von Fig. 9 ist eine im Schwerpunkt des Sattels 1 am Sattelbaum 2 angebrachte
Sicherheitssteigbügelaufhängung 14 näher erläutert. Die im Sattelschwerpunkt angebrachte
Sicherheitssteigbügelaufhängung 14 kommt bevorzugt bei einem Sattel 1 ohne Kopfeisen
zur Anwendung, kann grundsätzlich aber auch für andere Sättel oder Reitauflagen zur
Aufnahme von Steigbügelriemen verwendet werden. Die (Sicherheits-)Steigbügelaufhängung
14 ist mit Gurten 15 an drei Punkten entlang des Sattelbaumes 2 befestigt, sodass
sich mit der 3-Punkt-Aufhängung am Sattel 1 bzw. dessen Sattelbaumes 2 eine optimale
Lastverteilung ergibt.
[0053] Anders als bei Sätteln mit Kopfeisen, bei denen üblicherweise an eben diesem beidseitig
eine Aufhängung für die Steigbügelriemen befestigt ist, über die das in den Steigbügeln
lastende Reitergewicht übertragen und der Sattel dadurch im Schulterbereich des Pferdes
nach unten gezogen wird, was zu einer Einschränkung der (Schulter-)Bewegung des Pferdes
führt, sind die Sicherheitssteigbügelaufhängungen 14 nicht im Bereich des Vorderzwiesels
des Sattels 1, sondern im Schwerpunkt eines Sattels 1 so angeordnet, dass diese die
Zuglast möglichst großflächig auf den Sattel 1 verteilen, ohne jedoch - wie etwa bei
anderen Reitauflagen ohne Kopfeisen - über die empfindliche Pferdewirbelsäule zu verlaufen.
Hebt der Reiter sein Gesäß nun etwa beim sog.
[0054] "Leichttraben" oder im sog. "Leichten Sitz" aus dem Sattel, so wird der Sattel nicht
im vorderen Bereich nach unten gezogen, sondern bleibt im Schwerpunkt liegen, ohne
dabei auf die Dornfortsätze des Pferdes schmerzhaften Druck auszuüben.
[0055] Um punktuelle Druckspitzen zu vermeiden, wird die Zuglast, die über den Steigbügelriemen
auf die Sicherheitssteigbügelaufhängung 14 übertragen wird, über eine nicht quer über
die Wirbelsäule des Pferdes laufende 3-Punkt-Aufhängung großflächig auf den Sattel
1 verteilt.
[0056] In Fig. 10 ist ein Gurtsystem 7 mit einer Gurtstrippentunnelkette ersichtlich, die
an einem Sattel 1 ohne Kopfeisen befestigt sind. Das Sattelblatt 4 ist vom Schweißblatt
3 weggeklappt, sodass das Gurtsystem 7 ersichtlich ist. Bei der in Fig. 10 dargestellten
Anordnung ist das Gurtsystem 7 an Lederteilen 5 befestigt, wozu die v-förmigen Gurtstrippenaufhängungen
72 mit den Enden 74, 75, 76, 77 an den Lederteilen 5 dauerhaft befestigt sind, beispielsweise
durch Niete. Gemäß Fig. 10 ist auf der Oberseite des Schweißblattes 3 eine erste Gurtstrippentunnelreihe
78 mit mehreren Öffnungen vorgesehen, In der Ausführungsvariante gemäß Fig. 10 weist
die erste Gurtstrippentunnelreihe 78 sechs Öffnungen auf, die in der Regel gleich
groß ausgebildet sind.
[0057] Wie aus Fig. 10 auch ersichtlich ist, ist am Sattelblatt 4 innenseitig eine zweite
Gurtstrippentunnelreihe 79 angeordnet. Die zweite Gurtstrippentunnelreihe 79 weist
bevorzugt gleich viele Öffnungen auf, wie die erste Gurtstrippentunnelreihe 78. Die
zweite Gurtstrippentunnelreihe 79 ist positionell so angeordnet, dass diese bei Zuklappen
des Sattelblattes 4 unterhalb der ersten Gurtstrippentunnelreihe 78 des Schweißblattes
3 liegt Dadurch ist es möglich, einzelne Gurtstrippen 71 zunächst durch die erste
Gurtstrippentunnelreihe 78 und dann durch die zweite Gurtstrippentunnelreihe 79 zu
ziehen. Die beiden untereinander angeordneten Gurtstrippentunnelreihen 78, 79 bilden
zusammen eine sogenannte Gurtstrippentunnelkette.
[0058] Werden nun die beiden Gurtstrippen 71 sowohl durch die für ein jeweiliges Pferd individuell
passenden Öffnungen der ersten Gurtstrippentunnelreihe 78 als auch durch die korrespondierenden
Öffnungen der zweiten Gurtstrippentunnelreihe 79 geführt und sodann mit Hilfe eines
herkömmlichen Bauchgurtes am Pferd befestigt, so werden dadurch Lage und Schwerpunkt
eines Sattels 1 auf einem Pferd individuell bestimmt und dieser in der gewünschten
Lage auf dem Pferd stabilisiert. Dadurch kann das Vorderzwiesel eines Sattels 1 etwa
bei einem Pferd mit hohem Widerrist durch Verwendung der etwas weiter hinten liegenden
Öffnungen der Gurtstrippentunnelketten 78, 79 entsprechend angehoben oder bei einem
Pferd mit einem weniger stark ausgeprägten Widerrist durch Verwendung der etwas weiter
vorne liegenden Öffnungen der Gurtstrippentunnelreihen 78, 79 entsprechend gesenkt
werden. Die Gurtstrippentunnelkette ermöglicht daher vor allem eine individuelle Anpassung
von Lage und Schwerpunkt des Sattels 1 an den Pferderücken und sorgt dafür, dass der
Sattel 1 in angegurtetem Zustand trotz Verzichts auf ein Kopfeisen bzw. Kopfeisenäquivalent
dennoch nicht auf dem empfindlichen Widerrist eines Pferdes aufliegt und der Sattel
1 auch in der Bewegung in stabiler Lage verbleibt.
[0059] Eine Anzahl von Öffnungen in den Gurtstrippentunnelreihen 78, 79 soll so gewählt
sein, dass zumindest drei, bevorzugt fünf oder mehr, Öffnungen vorliegen, um die gewünschte
Individualität bei der Befestigung des Sattels 1 zu erreichen.