[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer Spinnmaschine
mit einer Vielzahl von Spinnstellen, wobei die einzelnen Spinnstellen während eines
Spinnbetriebs jeweils mit einem Fasermaterial beliefert werden und hieraus ein Garn
produzieren, wobei die Garnproduktion beim Eintreten vordefinierter Ereignisse an
einzelnen oder allen Spinnstellen unterbrochen wird, wobei die Spinnstellen, an denen
die Garnproduktion unterbrochen wurde, bei Bedarf mit Hilfe eines Anspinnvorgangs
angesponnen werden, um die Garnproduktion wieder in Gang zu setzen, und wobei der
jeweilige Anspinnvorgang mit Hilfe von spinnmaschineneigenen Handhabungsmitteln erfolgt.
[0002] Ferner wird eine Spinnmaschine mit einer Vielzahl von Spinnstellen zur Produktion
von Garn vorgeschlagen, wobei die Spinnstellen jeweils zumindest eine Spinneinheit
mit einem Einlass für ein Fasermaterial und einem Auslass für das aus dem Fasermaterial
produzierte Garn aufweisen, und wobei die Spinnstellen jeweils eine Spulvorrichtung
zum Aufspulen des produzierten Garns und eine Garnüberwachungseinheit zur Überwachung
wenigstens eines Garnparameters des, die entsprechende Spinneinheit verlassenden,
Garns aufweisen.
[0003] Gattungsgemäße Spinnmaschinen können beispielsweise als Luftspinnmaschinen ausgebildet
sein, die der Herstellung eines Garns aus einem strangförmigen Fasermaterial (z. B.
einem Faserband) mit Hilfe einer durch Luftdüsen innerhalb einer Wirbelkammer erzeugten
Wirbelluftströmung dienen. Hierfür wird ein strangförmiges Fasermaterial mit Hilfe
einer Liefervorrichtung, die vorzugsweise durch ein der Spinneinheit in Spinnrichtung
vorgelagertes Ausgangswalzenpaar eines Streckwerks gebildet ist, in Richtung der Spinneinheit
gefördert und von dieser durch Unterdruck an- bzw. eingesaugt. Das Fasermaterial gelangt
schließlich ins Innere der Spinneinheit und dort in den Bereich der Einlassmündung
eines spindelförmigen Garnbildungselements. Die äußeren Fasern des strangförmigen
Fasermaterials werden mit Hilfe der von den Luftdüsen erzeugten Wirbelluftströmung
im Bereich der Einlassmündung um die innenliegenden Fasern gewunden, so dass im Ergebnis
ein stabiles Garn entsteht, welches schließlich mit Hilfe einer außerhalb der Spinneinheit
angeordneten Abzugsvorrichtung über den Abzugskanal aus der Wirbelkammer abgezogen
und mittels Spulvorrichtung auf eine Hülse aufgespult wird.
[0004] Ebenso kann die erfindungsgemäße Spinnmaschine aber auch als so genannte und im Stand
der Technik hinlänglich beschriebene Rotorspinnmaschine ausgebildet sein, deren Prinzip
darin besteht, dass die Fasern eines ebenfalls strangförmigen Fasermaterials mit Hilfe
einer Auflöseeinrichtung (in der Regel in Form einer Auflösewalze) vereinzelt und
dem sich schnell drehenden Rotor der Spinneinheit zugeführt werden. Die Einzelfasern
legen sich aufgrund der Rotordrehzahl an die Innenwand des Rotors an und werden hierbei
ineinander verdreht. Die verdrehten Fasern können schließlich über einen Auslass der
Spinneinheit abgezogen und auf eine Hülse einer nachgeordneten Spulvorrichtung aufgespult
werden.
[0005] Kommt es während des Spinnprozesses zu Spinnfehlern (nicht tolerierbare Haarigkeit
oder Dick- oder Dünnstellen des Garns, unbefriedigende Zufuhr des Fasermaterials,
etc.) oder sollen eine oder mehrere Spinnstellen für einen bestimmten Zeitraum abgestellt
werden, so muss die Garnproduktion an der/den entsprechenden Spinnstelle(n) unterbrochen
werden. Dies geschieht beispielsweise durch Stoppen der das Fasermaterial in die Spinneinheit
liefernden Einheit (z. B. des Streckwerks einer Luftspinnmaschine) und/oder der Spinneinheit
selbst. Soll die Garnproduktion nach dem Stopp der Garnproduktion und insbesondere
nach Entfernen des fehlerhaften Garnabschnitts wieder in Gang gesetzt werden, so ist
an der zuvor gestoppten Spinnstelle ein Anspinnvorgang notwendig.
[0006] Hierbei wird das spulenseitige Ende des bereits produzierten Garns (d. h. der Endabschnitt
des vor der Unterbrechung der Garnherstellung zuletzt aufgespulten Garnabschnitts)
entgegen der eigentlichen Spinnrichtung und eventuell nach einem oder mehreren Zwischenschritten
(z. B. einer Garnendenpräparation) über den Auslass der Spinneinheit in oder durch
diese rückgeführt. Anschließend wird das Garnende mit dem der Spinneinheit zugeführten
Fasermaterial bzw. den entsprechend zugeführten Einzelfasern in Kontakt gebracht und
in Spinnrichtung aus der Spinneinheit abgezogen. Hierbei wird schließlich der normale
Spinnbetrieb wieder aufgenommen, bei dem aus dem der Spinneinheit zugeführten Fasermaterial
ein Garn produziert wird.
[0007] Generell kommt es nun immer wieder vor, dass gleichzeitig an mehreren Spinnstellen
ein Anspinnvorgang durchgeführt werden muss (beispielsweise beim Hochfahren der Spinnmaschine,
bei der alle Spinnstellen angesponnen werden müssen oder nach der Unterbrechung der
Garnproduktion an mehreren Spinnstellen). Hierbei tritt jedoch das Problem auf, dass
die Spinnmaschine in der Regel nur zur Ausführung einer begrenzten Anzahl an gleichzeitigen
Anspinnvorgängen ausgelegt ist. Wird der Anspinnvorgang beispielsweise durch ein entlang
der Spinnstellen hin und her bewegbares Serviceaggregat (so genannter Serviceroboter)
durchgeführt oder unterstützt, so ist die Zahl der gleichzeitig anspinnbaren Spinnstellen
durch die Anzahl der Serviceaggregate begrenzt. Ebenso ist die Anzahl begrenzt, wenn
die Anspinnvorgänge durch spinnstelleneigene Anspinnmittel durchgeführt werden, da
diese einen gewissen Energie- und insbesondere einen bestimmten Druckluft- bzw. Unterdruckbedarf
besitzen, der nur bis zu einem bestimmten Grad von der Spinnmaschine gedeckt werden
kann.
[0008] Im Ergebnis können also immer nur eine bestimmte Anzahl an Anspinnvorgängen gleichzeitig
durchgeführt werden, wobei es im Stand der Technik üblich ist, die Spinnstellen in
der zeitlichen Reihenfolge anzuspinnen, in der sie zuvor stillgesetzt wurden. Auch
wenn dieses Vorgehen steuerungstechnisch recht einfach zu realisieren ist, besteht
Verbesserungsbedarf, um die Gesamtzeit, die für die Durchführung der Anspinnvorgänge
pro Betriebsstunde der Spinnmaschine benötigt wird, zu verringern.
[0009] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, das beschriebene Anspinnverfahren
derart zu verbessern, dass die Effizienz der Spinnmaschine verbessert wird.
[0010] Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren und eine Spinnmaschine mit den Merkmalen
der unabhängigen Patentansprüche.
[0011] Im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens ist nun vorgesehen, dass das die Spinneinheiten
der einzelnen Spinnstellen verlassende Garn während des Spinnbetriebs der jeweiligen
Spinnstellen mit Hilfe von den einzelnen Spinnstellen zugeordneten Garnüberwachungseinheiten
(z. B. mittels das Garn optisch oder kapazitiv überwachender Sensoren) überwacht werden.
Bei den überwachten Garnparametern kann es sich beispielsweise um die Dicke oder die
Haarigkeit des Garns und/oder der zeitlichen Änderung entsprechender Garnparameter
handeln. Weicht bzw. weichen ein oder mehrere Garnparameter von einem vorgegeben Soll
ab oder werden festgelegte Grenzen überschritten, so wird die Garnproduktion an der
entsprechenden Spinnstelle unterbrochen. Ebenso kann es nötig sein, die Garnproduktion
an einer oder mehreren Spinnstellen für Wartungs- oder Reparaturzwecke zu unterbrechen.
Nach all diesen vordefinierten Ereignissen ist es nötig, die zuvor gestoppte Spinnstelle
wieder anzuspinnen, um mit der Garnproduktion fortzufahren.
[0012] Im Gegensatz zum Stand der Technik zeichnet sich die vorliegende Erfindung nun dadurch
aus, dass die einzelnen Spinnstellen auf Grundlage einer oder mehrerer produktionsbezogener
Kenngrößen klassifiziert, d. h. qualitativ bewertet werden, und dass dann, wenn mehr
Anspinnvorgänge zeitgleich durchgeführt werden sollen, als von den für das Anpinnen
zuständigen Handhabungsmitteln (Serviceroboter und/oder spinnstelleneigene Anspinnmittel,
wie beispielsweise Saug- oder Blasdüsen) durchgeführt werden können, zumindest die
Auswahl der als nächstes anzuspinnenden Spinnstelle unter Berücksichtigung der genannten
Klassifizierung erfolgt.
[0013] Die Reihenfolge der nacheinander anzuspinnenden Spinnstellen richtet sich somit nicht
oder zumindest nicht ausschließlich nach der Reihenfolge, in der die Garnproduktion
an den entsprechenden Spinnstellen zuvor gestoppt wurde. Vielmehr werden bei der zeitlichen
Reihenfolge, in der die Spinnstellen angesponnen werden, spinnstellenindividuell bestimmte
oder festgelegte Kenngrößen berücksichtigt. Bei den Kenngrößen handelt es sich, wie
im Folgenden noch näher erläutert, um Größen, die für jede Spinnstelle individuell
ermittelt werden und mit deren Hilfe die einzelnen Spinnstellen hinsichtlich ihres
Garnproduktions- und/oder Anspinnverhaltens charakterisiert werden können. Werden
nun die Kenngrößen bei der Auswahl der als nächstes anzuspinnenden Spinnstelle berücksichtigt,
so kann die Zeit, die insgesamt für das Anspinnen der Spinnstellen der Spinnmaschine
pro Betriebsstunde benötigt wird, minimiert bzw. die Gesamteffizienz der Spinnmaschine
erhöht werden.
[0014] Im Ergebnis weicht die Reihenfolge der nacheinander angesponnenen Spinnstellen daher
zumindest teilweise von der Reihenfolge ab, in der die Garnproduktion an den entsprechenden
Spinnstellen zuvor gestoppt wurde.
[0015] Vorteilhaft ist es, wenn dann, wenn aktuell weniger Anspinnvorgänge zeitgleich durchgeführt
werden, als von den Handhabungsmitteln durchgeführt werden können, die Auswahl der
als nächstes anzuspinnenden Spinnstelle ohne Berücksichtigung der genannten Klassifizierung
erfolgt. In diesem Fall können die einzelnen Spinnstellen beispielsweise in der zeitlichen
Reihenfolge angesponnen werden, in der die Garnproduktion an den entsprechenden Spinnstellen
zuvor gestoppt wurde. Die zeitliche Reihenfolge der nacheinander anzuspinnenden Spinnstellen
hängt also unter anderem auch davon ab, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt mehr Spinnstellen
angesponnen werden sollen, als von den hierfür vorgesehenen Handhabungsmitteln angesponnen
werden können.
[0016] Als Kenngrößen kommen insbesondere die im Folgenden genannten Kenngrößen in Betracht,
wobei eine oder auch mehrere der Kenngrößen bei der Festlegung der nacheinander anzuspinnenden
Spinnstellen berücksichtigt werden können. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen,
dass die Reihenfolge vorzugsweise von einer Steuereinheit der Spinnmaschine oder einer
mit dieser in Wirkverbindung stehenden Steuereinheit bestimmt wird, wobei bei der
Bestimmung die entsprechende(n) Kenngröße(n) berücksichtigt wird bzw. werden, d. h.
vorzugsweise in ein entsprechend hinterlegtes mathematisches Modell einfließt bzw.
einfließen. Die Kenngrößen können also direkt die Reihenfolge der anzuspinnenden Spinnstellen
beeinflussen. Alternativ wäre es auch denkbar, aus einer oder mehreren Kenngröße(n)
eine oder mehrere weitere Kenngröße(n) zu berechnen und die Reihenfolge auf Basis
der auf diese Weise gewonnenen Kenngröße(n) zu bestimmen. In jedem Fall sollten die
entsprechenden Kenngrößen für jede Spinnstelle separat ermittelt werden, um eine entsprechend
individuelle Klassifikation der Spinnstellen vornehmen zu können.
[0017] Als Kenngrößen kommen in Frage:
- Erfolgswahrscheinlichkeit eines Anspinnvorgangs an der entsprechenden Spinnstelle,
d. h. nach wie vielen Anspinnversuchen gelingt durchschnittlich ein erfolgreicher
Anspinnvorgang; Spinnstellen mit höherer Erfolgswahrscheinlichkeit sollten gegenüber
Spinnstellen mit verhältnismäßig geringerer Erfolgswahrscheinlichkeit bevorzugt angesponnen
werden.
- Anzahl der pro Zeiteinheit in der Vergangenheit angefangenen Anspinnvorgänge, d. h.
wie häufig kommt es an der entsprechenden Spinnstelle pro Zeiteinheit zu einer Unterbrechung
der Garnproduktion; Spinnstellen mit einer geringeren Anzahl an in der Vergangenheit
angefangenen Anspinnvorgängen sollten gegenüber Spinnstellen mit verhältnismäßig hoher
Anzahl bevorzugt angesponnen werden.
- Anzahl der pro Zeiteinheit in der Vergangenheit vollendeten Anspinnvorgänge, insbesondere
im Verhältnis zur Anzahl der in der Vergangenheit angefangenen Anspinnvorgänge; Spinnstellen
mit einem höherem Verhältnis sollten gegenüber Spinnstellen mit verhältnismäßig geringerem
Verhältnis bevorzugt angesponnen werden.
- Zeit, die seit der Unterbrechung der Garnproduktion an der entsprechenden Spinnstelle
vergangen ist; dies ist ein Indiz für die Zuverlässigkeit der Spinnstelle bzw. ein
Maß für die Menge an pro Zeiteinheit produziertem Garn; Spinnstellen, bei der eine
längere Zeit seit der letzten Unterbrechung vergangen ist, sollten gegenüber Spinnstellen,
bei der eine verhältnismäßig kürzere Zeit vergangen ist, bevorzugt angesponnen werden.
- Zeit, die seit dem Beginn oder Abschluss des zuletzt begonnenen Anspinnvorgangs vergangen
ist, wobei Spinnstellen, bei denen die entsprechende Zeitspanne länger ist, gegenüber
Spinnstellen bevorzugt angesponnen werden sollten, bei denen die Zeitspanne verhältnismäßig
kürzer ist.
- in der Vergangenheit pro Zeiteinheit produzierte Garnmenge bzw. Garnlänge; Spinnstellen
mit größerer zeitbezogener Garnmenge oder Garnlänge sollten gegenüber Spinnstellen
mit geringerer zeitbezogener Garnmenge/Garnlänge bevorzugt angesponnen werden.
- Betriebsdauer ausgewählter Komponenten der entsprechenden Spinnstelle, da das Anspinnverhalten
bzw. die Produktionsgeschwindigkeit der einzelnen Spinnstellen oftmals direkt oder
indirekt von der Betriebsdauer abhängt; Spinnstellen mit kürzerer Betriebsdauer ausgewählter
Komponenten (z. B. der Streckwerkswalzen oder deren Bestandteile oder des Garnbildungselements
einer Luftspinnmaschine bzw. des Rotors einer Rotorspinnmaschine) sollten gegenüber
Spinnstellen bevorzugt angesponnen werden, deren ausgewählte Komponenten eine verhältnismäßig
längere Betriebsdauer aufweisen.
- Anzahl der Anspinnvorgänge während der Herstellung einer Garnspule; dieser Wert zeigt
an, wie häufig es zu Unterbrechungen der Garnproduktion kommt, d. h. wie zuverlässig
die entsprechende Spinnstelle arbeitet; dementsprechend sollten Spinnstellen, bei
der es weniger häufig zu Unterbrechungen kommt gegenüber denjenigen Spinnstellen bevorzugt
angesponnen werden, bei denen es relativ gesehen häufiger zu Unterbrechungen kommt.
- Ursache für die Unterbrechung der Garnproduktion; beispielsweise könnte eine Spinnstelle,
bei der die Garnproduktion wegen einer kurzfristigen Dickenschwankung unterbrochen
wurde gegenüber einer Spinnstelle bevorzugt angesponnen werden, bei der vor der Unterbrechung
der Garnproduktion eine Dickenschwankung über mehrere Meter Garn beobachtet wurde,
da in diesem Fall eventuell die das Fasermaterial zur Spinneinheit liefernde Einheit
nicht richtig funktioniert und neu eingestellt werden muss
- Anzahl der Anspinnvorgänge in Abhängigkeit der an der jeweiligen Spinnstelle bereits
produzierten Garnmenge (wobei die über einen zuvor definierten Zeitraum produzierte
Garnmenge als Basis dient).
[0018] Auch ist es von Vorteil, wenn einzelne Spinnstellen in Abhängigkeit ihrer Klassifizierung
vorübergehend nicht angesponnen werden. Beispielsweise wäre es denkbar, Spinnstellen
zeitweise für den Anspinnvorgang zu sperren, bei denen eine oder mehrere Kenngrößen
außerhalb definierter Grenzwerte liegen. Die Aufhebung der Sperre kann beispielsweise
nach einem vorgegebenen Zeitraum oder manuell erfolgen. Ebenso kann die Sperrung einzelner
Spinnstellen manuell oder automatisch mit Hilfe der Steuereinheit erfolgen, wobei
bei einer automatischen Sperrung eine Meldung an einen Betreiber der Spinnmaschine
ausgegeben werden kann (z. B. in Form eines optischen Signals). Beispielsweise wäre
es denkbar, einzelne Spinnstellen dann für einen bestimmten Zeitraum nicht anzuspinnen,
wenn die Anzahl der Spinnstellen, die gleichzeitig angesponnen werden müssten, einen
definierten Betrag übersteigt, wobei hierbei auch Prognosen über die zu erwartenden
Anspinnvorgänge in einem in der Zukunft liegenden Zeitabschnitt berücksichtigt werden
könnten.
[0019] Auch ist es äußert vorteilhaft, wenn einzelne Spinnstellen in Abhängigkeit eines
Gesamtnutzeffekts der Spinnmaschine vorübergehend nicht angesponnen werden. Eine Größe
zur Bewertung des Gesamtnutzeffekts wäre beispielsweise die über die nicht gesperrten
Spinnstellen gemittelte Garnmenge bzw. Garnlänge, die pro Zeiteinheit produziert wird.
Sinkt der Gesamtnutzeffekt der Spinnmaschine über die Zeit, so könnten einzelne bzw.
weitere Spinnstellen für den Anspinnvorgang gesperrt werden. Steigt der Nutzeffekt
über die Zeit, so könnten einzelne oder alle zuvor gesperrten Spinnstellen wieder
für den Anspinnvorgang freigegeben werden.
[0020] Besonders vorteilhaft ist es, wenn die gemäß vorheriger Beschreibung vorübergehend
nicht angesponnenen Spinnstellen wieder angesponnen werden, wenn der Gesamtnutzeffekt
der Spinnmaschine einen definierten Wert erreicht oder überschreitet. Mit anderen
Worten können also Grenzwerte hinterlegt sein, bei deren Über- bzw. Unterschreiten
automatisch einzelne Spinnstellen für den Anspinnvorgang gesperrt oder wieder freigegeben
werden, wobei die Auswahl der zu sperrenden bzw. wieder freizugebenden Spinnstellen
auf Basis der oben genannten Kenngrößen erfolgen sollte.
[0021] Ebenso ist es denkbar, einzelne oder alle zuvor nicht angesponnenen Spinnstellen
unabhängig von einer erfolgten Klassifizierung über einen entsprechenden Steuerungsbefehl
wieder anzuspinnen, z. B. wenn ein Partiewechsel ansteht (d. h. eine andere Art Garn
an der Spinnmaschine hergestellt werden soll).
[0022] Vorteilhaft ist es, wenn die gemäß bisheriger Beschreibung vorübergehend nicht angesponnenen
Spinnstellen wieder angesponnen werden, wenn die Anzahl der aktuell durchgeführten
oder von den einzelnen Spinnstellen angeforderten Anspinnvorgänge einen definierten
Wert erreicht oder unterschreitet. Beispielsweise könnte in der Steuereinheit ein
Wert X (z. B. 5) hinterlegt sein, der besagt, dass bis zu X Spinnstellen gleichzeitig
angesponnen werden können. Liegt die Anzahl der zu einem bestimmten Zeitpunkt anzuspinnenden
Spinnstellen beispielsweise bei X+2, so würden vorübergehend 2 Spinnstellen für den
Anspinnvorgang gesperrt. Sinkt die Anzahl durch erfolgreich durchgeführte Anspinnvorgänge
wieder auf einen Wert unterhalb des festgelegten Werts X, so können zusätzliche Spinnstellen
angesponnen werden, die zuvor gesperrt wurden.
[0023] Ebenso bringt es Vorteile mit sich, wenn die Anspinnvorgänge zumindest teilweise,
vorzugsweise ausschließlich, mit Hilfe von spinnstelleneigenen Handhabungsmitteln
durchgeführt werden. Hierzu zählen beispielsweise Saug- oder Blasdüsen oder auch mechanisch
wirkende Mittel, wie beispielsweise Greifelemente oder Walzenpaare, mit denen das
Garn geführt bzw. transportiert werden kann.
[0024] Ebenso kann es Vorteile mit sich bringen, wenn bei der Durchführung der Anspinnvorgänge
ein zwischen einzelnen Spinnstellen hin und her bewegbares Serviceaggregat (so genannter
Serviceroboter) beteiligt ist bzw. wenn die Anspinnvorgänge ausschließlich mit Hilfe
entsprechender Serviceaggregate durchgeführt werden, wobei die Bewegung des Serviceaggregats
unter Berücksichtigung der genannten Klassifizierung erfolgt (wobei selbstverständlich
auch mehrere Serviceaggregate zum Einsatz kommen können). Mit anderen Worten wird
also das bzw. die Serviceaggregate nicht oder nicht immer zu der anzuspinnenden Spinnstelle
bewegt, die am wenigsten weit von dem Serviceaggregat entfernt ist. Vielmehr werden
auch ein oder mehrere der oben genannten Kenngrößen der anzuspinnenden Spinnstellen
berücksichtigt, so dass das bzw. die Serviceaggregate zumindest teilweise auch Spinnstellen
zuerst anspinnen, die weiter entfernt sind als andere anzuspinnende Spinnstellen.
[0025] Vorteilhaft ist es, wenn die Klassifizierung der einzelnen Spinnstellen regelmäßig,
d. h. in vorgegebenen Zeitabständen, erfolgt. Vorzugsweise erfolgt die Klassifizierung
kontinuierlich. Hierdurch wird beispielsweise sichergestellt, dass stets die Spinnstellen
bevorzugt angesponnen werden, die eine besonders hohe Produktionsrate oder ein besonders
zuverlässiges Anspinnverhalten haben. Da sich die Beträge der überwachten Kenngrößen
ändern können, kann sich auch die Anspinnpriorität der einzelnen Spinnstellen (d.
h. welche Spinnstelle gegenüber einer anderen bevorzugt angesponnen wird) ständig
ändern.
[0026] Schließlich betrifft die Erfindung eine Spinnmaschine mit den oben genannten körperlichen
Merkmalen, wobei die Spinnmaschine eine Steuereinheit aufweist oder mit einer Steuereinheit
in Wirkverbindung steht, die ausgelegt ist, die Spinnmaschine gemäß der bisher beschriebenen
Aspekte zu betreiben (wobei die Aspekte einzeln oder in beliebiger Kombination verwirklicht
werden können). Insbesondere weist die Spinnmaschine zudem Sensoren auf, mit deren
Hilfe sich die beim Anspinnen berücksichtigten Kenngrößen ermitteln lassen.
[0027] Die vorliegende Erfindung ist nicht auf die dargestellten und beschriebenen Ausführungsbeispiele
beschränkt. Abwandlungen im Rahmen der Patentansprüche sind ebenso möglich wie eine
beliebige Kombination der beschriebenen Merkmale, auch wenn sie in unterschiedlichen
Teilen der Beschreibung bzw. den Ansprüchen dargestellt und beschrieben sind.
1. Verfahren zum Betreiben einer Spinnmaschine mit einer Vielzahl von Spinnstellen,
- wobei die einzelnen Spinnstellen während eines Spinnbetriebs jeweils mit einem Fasermaterial
beliefert werden und hieraus ein Garn produzieren,
- wobei die Garnproduktion beim Eintreten vordefinierter Ereignisse an einzelnen oder
allen Spinnstellen unterbrochen wird,
- wobei die Spinnstellen, an denen die Garnproduktion unterbrochen wurde, bei Bedarf
mit Hilfe eines Anspinnvorgangs angesponnen werden, um die Garnproduktion wieder in
Gang zu setzen, und
- wobei der jeweilige Anspinnvorgang mit Hilfe von spinnmaschineneigenen Handhabungsmitteln
erfolgt,
dadurch gekennzeichnet,
dass die einzelnen Spinnstellen auf Grundlage einer oder mehrerer produktionsbezogener
Kenngrößen klassifiziert werden, und dass dann, wenn mehr Anspinnvorgänge zeitgleich
durchgeführt werden sollen, als von den Handhabungsmitteln durchgeführt werden können,
zumindest die Auswahl der als nächstes anzuspinnenden Spinnstelle unter Berücksichtigung
der genannten Klassifizierung erfolgt.
2. Verfahren gemäß dem vorangegangenen Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass dann, wenn aktuell weniger Anspinnvorgänge zeitgleich durchgeführt werden, als von
den Handhabungsmitteln durchgeführt werden können, die Auswahl der als nächstes anzuspinnenden
Spinnstelle ohne Berücksichtigung der genannten Klassifizierung erfolgt.
3. Verfahren gemäß einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Klassifizierung unter Berücksichtigung einer oder mehrerer der folgenden produktionsbezogenen
Kenngrößen erfolgt, wobei die jeweiligen Kenngrößen separat für die einzelnen Spinnstellen
bestimmt oder berechnet werden:
- Erfolgswahrscheinlichkeit eines Anspinnvorgangs an der entsprechenden Spinnstelle,
- Anzahl der pro Zeiteinheit in der Vergangenheit angefangenen Anspinnvorgänge,
- Anzahl der pro Zeiteinheit in der Vergangenheit vollendeten Anspinnvorgänge,
- Zeit, die seit der Unterbrechung der Garnproduktion an der entsprechenden Spinnstelle
vergangen ist,
- Zeit, die seit dem Beginn oder Abschluss des zuletzt begonnenen Anspinnvorgangs
vergangen ist,
- in der Vergangenheit pro Zeiteinheit produzierte Garnmenge bzw. Garnlänge,
- Betriebsdauer ausgewählter Komponenten der entsprechenden Spinnstelle,
- Anzahl der Anspinnvorgänge während der Herstellung einer Garnspule,
- Ursache für die Unterbrechung der Garnproduktion.
4. Verfahren gemäß einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass einzelne Spinnstellen in Abhängigkeit ihrer Klassifizierung vorübergehend nicht angesponnen
werden.
5. Verfahren gemäß einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass einzelne Spinnstellen in Abhängigkeit eines Gesamtnutzeffekts der Spinnmaschine vorübergehend
nicht angesponnen werden.
6. Verfahren gemäß Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass die gemäß den Ansprüchen 4 oder 5 vorübergehend nicht angesponnenen Spinnstellen
wieder angesponnen werden, wenn der Gesamtnutzeffekt der Spinnmaschine einen definierten
Wert erreicht oder überschreitet.
7. Verfahren gemäß Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass die gemäß den Ansprüchen 4 oder 5 vorübergehend nicht angesponnenen Spinnstellen
wieder angesponnen werden, wenn die Anzahl der aktuell durchgeführten Anspinnvorgänge
einen definierten Wert erreicht oder unterschreitet.
8. Verfahren gemäß einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Anspinnvorgänge zumindest teilweise, vorzugsweise ausschließlich, mit Hilfe von
spinnstelleneigenen Handhabungsmitteln durchgeführt werden.
9. Verfahren gemäß einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Durchführung der Anspinnvorgänge ein oder mehrere zwischen einzelnen Spinnstellen
hin und her bewegbare Serviceaggregate beteiligt sind, wobei die Bewegung des bzw.
der Serviceaggregate unter Berücksichtigung der genannten Klassifizierung erfolgt.
10. Verfahren gemäß einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Klassifizierung der einzelnen Spinnstellen regelmäßig, vorzugsweise kontinuierlich,
erfolgt.
11. Spinnmaschine mit einer Vielzahl von Spinnstellen zur Produktion von Garn,
- wobei die Spinnstellen jeweils zumindest eine Spinneinheit mit einem Einlass für
ein Fasermaterial und einem Auslass für das aus dem Fasermaterial produzierte Garn
aufweisen, und
- wobei die Spinnstellen jeweils eine Spulvorrichtung zum Aufspulen des produzierten
Garns und eine Garnüberwachungseinheit zur Überwachung wenigstens eines Garnparameters
des die entsprechende Spinneinheit verlassenden Garns aufweisen,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Spinnmaschine eine Steuereinheit aufweist oder mit einer Steuereinheit in Wirkverbindung
steht, die ausgelegt ist, die Spinnmaschine gemäß einem oder mehreren der vorangegangenen
Ansprüche zu betreiben.