[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur physischen Anpassung eines Hörgeräts. Die
Erfindung betrifft des Weiteren ein Hörgerät. Außerdem betrifft die Erfindung ein
Hörgerätesystem.
[0002] Unter dem Begriff "Hörgerät" werden hier und im Folgenden insbesondere Hörhilfegeräte
verstanden, die Personen mit einer Hörminderung dazu dienen, diese Hörminderung zumindest
teilweise auszugleichen. Dazu umfassen derartige Hörhilfegeräte üblicherweise wenigstens
ein Mikrophon zur Erfassung von (Luft-)Schall - d. h. insbesondere von Geräuschen
wie zum Beispiel Stimmen, Musik und sonstige Hintergrundgeräusche - und zur Wandlung
des erfassten Schalls in elektrische Signale (im Folgenden: Ton- oder Mikrophonsignale).
Des Weiteren umfassen Hörhilfegeräte üblicherweise eine Signalverarbeitungseinheit
(auch als Signalprozessor bezeichnet), mittels derer die Mikrophonsignale meist auf
Störsignalanteile (zum Beispiel Rauschen, unerwünschte Hintergrundgeräusche und dergleichen)
analysiert, derartige Störsignalanteile gedämpft und andere Signalanteile (insbesondere
erwünschte "Nutzsignalanteile") verstärkt werden. Die bei dieser Signalverarbeitung
resultierenden (Ausgangs-)Signale werden anschließend von einem (auch als "Hörer"
bezeichneten) Lautsprecher an ein Ohr des Hörgeräteträgers (d.h. der Person mit Hörminderung)
in akustischer Form ausgegeben. Alternativ zu dem Lautsprecher kommen bei Hörhilfegeräten
- je nach Art der Hörminderung - auch Knochenleitungsimplantate oder Cochlea-Implantate
zur Ausgabe der Ausgangssignale mittels mechanischer bzw. elektrischer Stimulation
des Hörzentrums des Hörgeräteträgers zum Einsatz. Unter den Begriff Hörgerät fallen
allerdings auch andere Geräte, die zur (akustischen) Tonausgabe an das Ohr des Hörgeräteträgers
dienen, wie zum Beispiel Tinnitus-Masker, Kopfhörer, Headsets oder dergleichen.
[0003] Hörhilfegeräte der vorstehend beschriebenen Art können zur monauralen oder binauralen
Versorgung des Hörgeräteträgers eingerichtet sein. In beiden Fällen kann dem Hörgerät
(bzw. beiden Hörgeräten) auch ein von dem oder dem jeweiligen Hörgerät separates Steuerungsmodul
in Form einer Fernbedienung oder auch in Form eines Smartphones mit darauf installierter
Steuerungssoftware zugeordnet sein. Ein derartiges Steuerungsmodul dient dabei beispielsweise
zur Einstellung der Lautstärke sowie gegebenenfalls von unterschiedlichen Hörprogrammen.
Ferner kann auch die Signalverarbeitungseinheit in ein derartiges Steuerungsmodul
ausgelagert sein.
[0004] Moderne Hörgeräte, insbesondere Hörhilfegeräte sind häufig (schaltungs- oder programmtechnisch)
dazu eingerichtet, zur Verbesserung der Verständlichkeit von erwünschten Geräuschen
(d. h. erwünschten Nutzsignalanteilen der erfassten Tonsignale), beispielsweise von
Stimmen (Sprache) und/oder Musik, eine Richtwirkung zu erzeugen. Dazu werden üblicherweise
die jeweiligen Mikrophonsignale zweier Mikrophone miteinander gemischt. Durch die
Erzeugung der Richtwirkung wird insbesondere eine richtungsabhängige Sensitivität
der Mikrophone geschaffen. D. h. die Mikrophone weisen wenigstens eine Vorzugsrichtung
auf, so dass Tonsignale, die aus dieser Vorzugsrichtung von den Mikrophonen erfasst
werden, eine höhere Leistung aufweisen als aus anderen Richtungen erfasste Tonsignale.
Entsprechend umgekehrt sind die von außerhalb der Vorzugsrichtung von den Mikrophonen
erfassten Tonsignale im Vergleich zu den in Vorzugsrichtung erfassten Tonsignalen
abgeschwächt. Somit ist regelmäßig die Verständlichkeit für die in der Vorzugsrichtung
auftreffenden Geräusche - mithin für die die entsprechenden Geräusche emittierende
Schallquelle - erhöht.
[0005] Zur Erzeugung der Richtwirkung ist üblicherweise die Kenntnis der Anordnung der beiden
Mikrophone zueinander, insbesondere deren (konstruktiver oder geometrischer) Abstand
zweckmäßig. Dieser Abstand stellt projiziert auf die Richtung, aus der die erwünschten
Tonsignale auf die Mikrophone treffen, einen sogenannten "effektiven" oder "wirksamen"
Abstand dar. Der wirksame Abstand ist dabei ein Maß für die (akustische oder zeitliche)
Verzögerung, mit der die erwünschten Tonsignale auf die beiden Mikrophone treffen.
Diese Verzögerung, bzw. dieser wirksame Abstand wird meist bei der Erzeugung der Richtwirkung
berücksichtigt.
[0006] In einem sogenannten Polardiagramm, das im Wesentlichen einen Schnitt in der Ebene
der Vorzugsrichtung (im Folgenden auch als "Richtebene" bezeichnet) darstellt, weist
die Richtwirkung, d. h. die richtungsabhängige Sensitivität beispielsweise die Form
einer "Niere", einer "Super-Niere" oder einer "Hyper-Niere" auf. Um Rechenaufwand
zur Analyse der Tonsignale bei deren Detektion einzusparen, wird die Richtwirkung
eines Hörgeräts meist unter der Annahme voreingestellt, dass die erwünschten Geräusche
(Nutzanteile der Tonsignale) - beispielsweise die Stimme eines Gesprächspartners -
frontal zum Gesicht des Hörgeräteträgers und dabei bei neutraler, gerader Kopfhaltung
näherungsweise entlang einer horizontalen Ebene, die etwa in Höhe der Ohren des Hörgeräteträgers
angeordnet ist, auf die Mikrophone des Hörgeräts (oder der Hörgeräte) trifft. Diese
Richtung wird im Folgenden auch als Frontalrichtung bezeichnet. In diesem Fall ist
also der effektive Abstand der beiden Mikrophone der auf die Frontalrichtung bzw.
die horizontale Ebene projizierte Abstand.
[0007] Zur Voreinstellung der Richtwirkung sind in einer Variante die Mikrophone geometrisch
derart zueinander angeordnet, dass der wirksame Abstand und der konstruktive Abstand
zusammenfallen. Mit anderen Worten sind die Mikrophone bei bestimmungsgemäßer Trageposition
entlang einer mit der "Frontalrichtung" zusammenfallenden Mikrophonachse angeordnet.
Alternativ wird bei einer abweichenden Anordnung der Mikrophone die Richtwirkung mittels
eines Richtparameters so eingestellt, dass die Richtung des wirksamen Abstands mit
der Frontalrichtung zur Deckung gebracht wird. Die Voreinstellung der Richtwirkung
erfolgt (in beiden Fällen) üblicherweise in Bezug auf ein idealisiertes, an durchschnittliche
Gesichts- und Ohrmuschelformen angelehntes Modell (eine "Puppe"). Im täglichen Gebrauch
des Hörgerätesystems kann die anhand des Modells idealisierte und zur Voreinstellung
herangezogene Trageposition des jeweiligen Hörgeräts aber beispielsweise aufgrund
der geometrischen Eigenschaften des Hörgeräts selbst sowie aufgrund einer abweichenden
anatomischen Form des Ohrs des Hörgeräteträgers von der tatsächlichen Trageposition
am Kopf des Hörgeräteträgers abweichen. Dadurch kann sich die Qualität der unter Nutzung
der Richtwirkung erfassten Tonsignale, insbesondere die Sprachverständlichkeit und
somit der Nutzungskomfort verschlechtern.
[0008] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Hörgerätesystem mit verbessertem Nutzungskomfort
anzugeben.
[0009] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des
Anspruchs 1 zur physischen Anpassung eines Hörgeräts. Des Weiteren wird die Aufgabe
erfindungsgemäß gelöst durch ein Hörgerät mit den Merkmalen des Anspruchs 7. Die Aufgabe
wird weiterhin gelöst durch ein Hörgerätesystem mit den Merkmalen des Anspruchs 9.
Vorteilhafte und teils für sich erfinderische Ausführungsformen und Weiterbildungen
der Erfindung sind in den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung dargelegt.
[0010] Das erfindungsgemäße Verfahren dient zur physischen Anpassung eines Hörgeräts an
einen Hörgeräteträger. Das (bei dem erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzte) Hörgerät
umfasst einen Hörgerätekörper und (insbesondere für die Übertragung von Ausgabesignalen
in einen Gehörgang des Hörgeräteträgers) ein mit dem Hörgerätekörper koppelbares oder
gekoppeltes Hörerverbindungsmittel. Zur physischen Anpassung des Hörgeräts wird verfahrensgemäß
mittels eines Lagesensors des Hörgeräts ein charakteristisches Maß für eine aktuelle
Ist-Trageposition des Hörgeräts ermittelt. Anhand des charakteristischen Maßes für
die Ist-Trageposition wird daraufhin eine Abweichung der Ist-Trageposition von einer
(vorzugsweise werksseitig) vorgegebenen Soll-Trageposition ermittelt. Daraufhin wird
(vorzugsweise in Abhängigkeit von der ermittelten Abweichung) eine Anweisung an den
Hörgeräteträger ausgegeben, das Hörerverbindungsmittel in Abhängigkeit von der ermittelten
Abweichung (d. h. der Abweichung der Ist-Trageposition von der Soll-Trageposition)
anzupassen.
[0011] Diese Anweisung zur Anpassung des Hörerverbindungsmittels ist darauf gerichtet, das
Hörerverbindungsmittel in seiner Länge derart an die ermittelte Abweichung anzupassen,
dass die Abweichung der Ist-Trageposition von der Soll-Trageposition verringert wird.
[0012] Vorzugsweise wird insbesondere die Ist-Trageposition des Hörgerätekörpers ermittelt
und deren Abweichung zu der Soll-Trageposition des Hörgerätekörpers bestimmt.
[0013] "Charakteristisch" bedeutet hier und im Folgenden insbesondere, dass das charakteristische
Maß für die Ist-Trageposition eine (vorzugsweise quantitative) Information über die
aktuelle Ist-Trageposition beinhaltet, so dass sich die Ist-Trageposition eindeutig
aus diesem Maß ablesen lässt. Beispielsweise gibt das charakteristische Maß hierbei
die aktuelle Ist-Trageposition unmittelbar an. Alternativ handelt es sich bei dem
charakteristische Maß um eine Größe, die zu der Ist-Trageposition direkt oder indirekt
proportional ist. Weiterhin beispielsweise steht das charakteristische Maß mit der
Ist-Trageposition in einer nicht-linearen, beispielsweise einer logarithmischen, exponentiellen
oder polynomialen (also quadratischen, kubischen etc.) Beziehung.
[0014] Vorzugsweise wird die (Ist- oder Soll-)Trageposition insbesondere durch eine Ausrichtung
des Hörgeräts im Raum definiert. Diese Ausrichtung wird wiederum bevorzugt durch wenigstens
einen als "Nickwinkel" bezeichneten Winkel beschrieben. Dieser Nickwinkel steht hierbei
insbesondere für eine Neigung des Hörgeräts um eine etwa quer durch den Kopf des Hörgeräteträgers
(d. h. von Ohr zu Ohr) verlaufende, horizontale Achse. Die Trageposition wird optional
zusätzlich auch durch Neigungen des Hörgeräts (bzw. des Hörgerätekörpers) um eine
frontal auf das Gesicht des Hörgeräteträgers stehende Achse ("Frontalachse") und/oder
eine vertikal verlaufende (bspw. auch für eine Drehung des Kopfes relevante) Drehachse
beschrieben.
[0015] Unter "physischer Anpassung" wird hier und im Folgenden insbesondere eine Anpassung
des Hörgeräts an die Anatomie des Hörgeräteträgers verstanden. Diese umfasst - optional
neben einer individuellen Anpassung eines in dem Gehörgang zu tragenden Ohrstücks,
meist als "Otoplastik" bezeichnet - insbesondere die Auswahl eines Hörerverbindungsmittels
mit einer für die Form und Größe der
Ohrmuschel des Hörgeräteträgers geeigneten Länge. Diese physische Anpassung unterscheidet
sich somit von der üblicherweise ebenfalls bei einem neuen Hörgerät durchzuführenden
Anpassung auf die individuelle Hörminderung des Hörgeräteträgers, die auf eine individuelle
Einstellung ("Parametrierung") einer dem Hörgerät zugeordneten Signalverarbeitungseinheit
(auch als "Signalprozessor" bezeichnet) gerichtet ist.
[0016] Vorzugsweise erfolgt die Ermittlung der Abweichung zwischen der Ist-Trageposition
und der Soll-Trageposition in einem Anpassungsmodus des Hörgeräts und vorzugsweise
unter der Annahme, dass der Hörgeräteträger entlang der Horizontalen blickt, ohne
den Kopf schief zu halten. Bevorzugt wird zu Beginn des Anpassungsmodus eine entsprechende
Anweisung an den Hörgeräteträger (bspw. den Kopf still zu halten und horizontal bzw.
"geradeaus" zu blicken, vorzugsweise sich selbst in einem vertikal ausgerichteten
Spiegel in die Augen zu blicken) ausgegeben.
[0017] Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, dass die jeweilige Trageposition des Hörgeräts
(d. h. dessen Ausrichtung) - je nach Anordnung des Lagesensors zu wenigstens zwei
dem Hörgerät zugeordneten Mikrophonen - direkt oder indirekt mit der räumlichen Ausrichtung
eines effektiven Abstands der Mikrophone zueinander (diese Ausrichtung wird auch als
"Mikrophonachse" bezeichnet) korreliert ist - oder werksseitig in Relation zueinander
gebracht wird (z. B. durch Referenzieren der Ausgabe des Lagersensors). Mit anderen
Worten kann die Ausrichtung der Mikrophonachse bei Kenntnis der Ist-Trageposition
bestimmt werden. Vorzugsweise ist ferner durch die Mikrophonachse in einem Richtwirkungsmodus
des Hörgeräts auch die Vorzugsrichtung der Richtwirkung des Hörgeräts vorgegeben.
Diese Vorzugsrichtung ist dabei insbesondere werksseitig festgelegt, insbesondere
dahingehend, dass die Vorzugsrichtung in einer Horizontalebene verläuft. Ist das am
Hörgerätekörper angeordnete Hörerverbindungsmittel im Hinblick auf die individuelle
Ohrform des Hörgeräteträgers zu lang oder zu kurz, wird somit der - die Mikrophone
tragende - Hörgerätekörper (insbesondere bedingt durch eine gewisse Steifigkeit des
Hörerverbindungsmittels) aus seiner Soll-Trageposition verschoben und dabei insbesondere
verkippt, so dass die tatsächliche Ausrichtung der Mikrophonachse und damit die Richtwirkung
von der werksseitig beabsichtigten (insbesondere auf den Kopf des Hörgeräteträgers
bezogenen) Vorzugsrichtung der Richtwirkung abweicht. Dadurch, dass die Ist-Trageposition
sensorgestützt ermittelt wird, kann nun vorteilhafterweise besonders präzise ermittelt
werden, ob das Hörgerät bzw. der Hörgerätekörper in der Soll-Trageposition angeordnet
ist, und somit, ob das Hörerverbindungsmittel eine geeignete Länge aufweist. Insbesondere
kann somit durch die Anweisung, in Abhängigkeit von der ermittelten Abweichung das
Hörerverbindungsmittel entsprechend anzupassen, die Abweichung der Ist-Trageposition
von der Soll-Trageposition verringert (vorzugsweise bis zu einem vernachlässigbaren
Ausmaß minimiert) oder sogar vollständig eliminiert werden.
[0018] Des Weiteren kann durch die sensorgestützte (insbesondere automatische) Bestimmung
der Abweichung zwischen Ist- und Soll-Trageposition und die darauf basierende Anweisung
die physische Anpassung des Hörgeräts insbesondere für unerfahrene und/oder nicht-assistierte
Hörgeräteträger vereinfacht werden. Vorteilhafterweise können folglich auch Hörgeräteträger,
die ihr Hörgerät bspw. online, d. h. insbesondere nicht über einen Vertriebsweg mit
speziell geschultem Personal (z. B. über einen Hörgeräteakustiker) beziehen, auf einfache
Weise ein zufriedenstellendes Ergebnis bei der physischen Anpassung ihres Hörgeräts
erreichen. Zudem ist das Verfahren auch vorteilhaft für eine Anpassung des Hörgeräts
durch einen Hörgeräteakustiker, da dieser sich nicht ausschließlich auf sein Augenmaß
zur bestimmungsgemäßen Ausrichtung des Hörgeräts verlassen braucht und/oder Versuchsaufwand
eingespart werden kann.
[0019] Vorteilhafterweise wird somit durch die Angleichung der Ist-Trageposition an die
Soll-Trageposition insbesondere eine hohe Sprachverständlichkeit, sowie zusätzlich
wird auch ein hoher Tragekomfort für den Hörgeräteträger ermöglicht. Folglich wird
durch das erfindungsgemäße Verfahren der Nutzungskomfort des Hörgeräts vorteilhaft
erhöht.
[0020] In einer bevorzugten Ausführung des Verfahrens ist die Mikrophonachse werksseitig
vorzugsweise derart festgelegt (bspw. konstruktiv oder durch einen in einer Speichereinheit
des Hörgeräts hinterlegten Richtparameter), dass bei dem in der Soll-Trageposition
angeordneten Hörgerät die Mikrophonachse und somit insbesondere auch die Vorzugsrichtung
der Richtwirkung parallel zu einer normal auf die Gesichtsebene des Hörgeräteträgers
stehenden Frontalrichtung ausgerichtet sind. Bei normaler, neutraler Kopfhaltung sind
diese mithin auch parallel zur Horizontalen (d. h. in einer Horizontalebene) ausgerichtet.
Dadurch wird erreicht, dass die Vorzugsrichtung der Richtwirkung mit der Richtung
zusammenfällt, zu der der Hörgeräteträger sein Gesicht quer ausrichtet, d. h. entlang
derer der Hörgeräteträger seinen Blick (und insbesondere seine Kopfhaltung) ausrichtet.
[0021] Vorzugsweise handelt es sich bei dem Hörgerät um ein "Hinter-dem-Ohr"-(kurz: HdO-)Hörgerät,
dessen Hörgerätekörper auf der Außenseite (insbesondere hinter) der Ohrmuschel getragen
wird. Das Hörerverbindungsmittel führt in diesem Fall von dem Hörgerätekörper zu dem
Gehörgang bzw. zu dem bestimmungsgemäß in den Gehörgang einzuschiebenden Ohrstück.
[0022] Die Anweisung zur Anpassung des Hörerverbindungsmittels ist wie vorstehend beschrieben
auf die Anpassung der Länge des Hörerverbindungsmittels an die Abweichung der Ist-Trageposition
von der Soll-Trageposition gerichtet. Unter Anpassung des Hörerverbindungsmittels
wird hier und im Folgenden insbesondere sowohl die Anpassung der Länge ein und desselben
Hörerverbindungsmittels als auch die Auswahl eines Hörerverbindungsmittels mit einer
(insbesondere fest) vorgegebenen Länge aus mehreren unterschiedlich langen Hörerverbindungsmitteln
jeweils der gleichen Art verstanden.
[0023] In einer besonders bevorzugten Weiterbildung des vorstehend beschriebenen Verfahrens
wird vorzugsweise eine Mehrzahl von Hörerverbindungsmitteln (der gleichen Art aber)
mit jeweils unterschiedlicher Länge für das Hörgerät vorgehalten. Die ausgegebene
Anweisung zur Anpassung ist in diesem Fall vorzugsweise darauf gerichtet, in Abhängigkeit
von der ermittelten Abweichung (der Ist-Trageposition von der Soll-Trageposition)
ein Hörerverbindungsmittel, das gegenüber dem aktuell an dem Hörgerät angeordneten
Hörerverbindungsmittel eine kleinere oder größere Länge aufweist, mit dem Hörgerätekörper
(sowie ggf. mit dem Ohrstück) zu koppeln. D. h. die Anweisung ist auf eine Auswahl
eines (insbesondere in Abhängigkeit von der ermittelten Abweichung) kürzeren oder
längeren Hörerverbindungsmittels gerichtet. Mithin erfolgt hierbei die Anpassung des
Hörerverbindungsmittels durch die Auswahl eines längeren oder kürzeren Hörerverbindungsmittels
sowie durch dessen Montage an dem Hörgerätekörper und gegebenenfalls an dem Ohrstück.
[0024] Vorzugsweise wird insbesondere in vorstehendem Fall als Anweisung zur Anpassung des
Hörerverbindungsmittels auf Basis der ermittelten Abweichung eine qualitative Aussage
zur Länge des Hörerverbindungsmittels ausgegeben, wie z. B. "Bitte setzen Sie ein
kürzeres Hörerverbindungsmittel ein". In diesem Fall wird das Hörgerät im Rahmen des
Hörgerätesystems insbesondere mit wenigstens drei unterschiedlich langen Hörerverbindungsmitteln
an den Hörgeräteträger ausgeliefert, wobei vorzugsweise das Hörerverbindungsmittel
mit der "mittleren" Länge vormontiert ist. Optional weisen die unterschiedlich langen
Hörerverbindungsmittel eine Markierung (z. B. "1", "2", "3" etc.) auf, wobei die qualitative
Aussage auf diese Markierung gerichtet wird (z. B. "Bitte verwenden Sie Hörerverbindungsmittel
3."). Die qualitative Anweisung bezüglich der Wahl der Länge des Hörerverbindungsmittels
kann somit besonders einfach von dem Hörgeräteträger umgesetzt werden.
[0025] Optional wird in vorstehendem Fall auch die Abweichung zwischen der Ist-Trageposition
und der Soll-Trageposition aus dem charakteristischen Maß für die Ist-Trageposition
qualitativ ermittelt. D. h. es wird insbesondere ermittelt, ob die Ist-Trageposition
in einer positiven oder negativen Richtung (insbesondere in Bezug auf eine durch die
Soll-Trageposition vorgegebene "Nullstellung") von der Soll-Trageposition abweicht.
Einer "positiven" oder "negativen" Abweichung ist in diesem Fall vorzugsweise in vorgegebener
Weise eine größere bzw. kleinere Länge des Hörerverbindungsmittels (im Vergleich zu
der montierten Länge) zugeordnet. Beispielsweise ist in einer Tabelle für eine positive
Abweichung hinterlegt, dass eine kürzere Länge zu verwenden ist und umgekehrt.
[0026] Zusätzlich oder alternativ wird anhand des charakteristischen Maßes für die Ist-Trageposition
die Abweichung zwischen der Ist-Trageposition und der Soll-Trageposition quantitativ
ermittelt. Dabei wird zweckmäßigerweise der quantitativ ermittelte Wert der Abweichung
mit einem Grenzwert verglichen und bei vergleichsweise geringfügigen Abweichungen
(d. h. wenn der Wert den Grenzwert nicht überschreitet) keine Anweisung zur Anpassung
des Hörerverbindungsmittels ausgegeben.
[0027] Im Fall der quantitativen Bestimmung der Abweichung wird in einer optionalen Variante
des Verfahren anhand der ermittelten Abweichung eine (quantitative) Längendifferenz
zwischen dem montierten Hörerverbindungsmittel und dem zu wählenden Hörerverbindungsmittelt
abgeleitet. Hierbei wird die Anweisung beispielsweise auf die Montage eines "um 5
mm kürzeren" Hörerverbindungsmittels gerichtet.
[0028] In einer grundsätzlich im Rahmen Erfindung denkbaren, weiteren alternativen Ausführung
des Verfahrens - insbesondere für den Fall, dass das Hörerverbindungsmittel zur akustischen
Schallleitung dient und somit keine elektrischen Leitungen umfasst - wird die Anpassung
des Hörerverbindungsmittels durch "Ablängen" (d. h. "Zuschneiden") des Hörerverbindungsmittels
durch den Hörgeräteträger selbst (oder ggf. den Hörgeräteakustiker) bewirkt. In einer
alternativen Variante ist das Hörerverbindungsmittel längenverstellbar, vorzugsweise
teleskopierbar ausgebildet, so dass sowohl ein Kürzen als auch ein Verlängern des
Hörerverbindungsmittels möglich ist. Insbesondere in diesen beiden Varianten wird
die auf das Hörerverbindungsmittel anzuwendende quantitative Längendifferenz bestimmt.
[0029] Die (oder ggf. die jeweilige) Anweisung wird in bevorzugter Ausführung des Verfahrens
akustisch an den Hörgeräteträger ausgegeben. Alternativ oder zusätzlich wird die Anweisung
auf einer von dem Hörgerätekörper separaten Steuereinheit - beispielsweise einem Smartphone
mit installierter Steuerungssoftware - visuell ausgegeben.
[0030] In einer besonders zweckmäßigen Ausführung des Verfahrens wird als Lagesensor ein
(insbesondere linearer) Beschleunigungssensor herangezogen. Dieser Beschleunigungssensor
ist dabei vorzugsweise für das Erdgravitationsfeld sensitiv, so dass das charakteristische
Maß für die Ist-Trageposition absolut (d. h. insbesondere bezogen auf ein extern zu
dem Hörgerät fest vorgegebenes, vorzugsweise fixiertes Koordinatensystem) bestimmt
werden kann. Die für die Ermittlung der Abweichung (und gegebenenfalls der Längendifferenz
des Hörerverbindungsmittels) erforderliche Kenntnis der auf den Kopf bzw. das Ohr
des Hörgeräteträgers bezogenen Soll-Trageposition wird in diesem Fall vorzugsweise
unter der Annahme, dass der Hörgeräteträger seinen Kopf "normal" ausgerichtet (d.
h. vorzugsweise entsprechend vorherstehend beschriebener Anweisung geradeaus entlang
der Horizontalen blickend) hält, aus der in Bezug auf das Erdgravitationsfeld ermittelten
Ausrichtung des Hörgeräts abgeleitet. Somit wird das Koordinatensystem des Kopfes
des Hörgeräteträgers auf das Koordinatensystem des Erdgravitationsfeldes normiert.
Zweckmäßigerweise wird anschließend das ermittelte charakteristische Maß für die Ist-Trageposition
mit einem entsprechenden Maß für die Soll-Trageposition zur Ermittlung der Abweichung
zwischen der Ist-Trageposition und der Soll-Tragposition verglichen.
[0031] In optionaler Ausführung ist der Beschleunigungssensor mehrachsig ausgebildet und/oder
umfasst mehrere Einzel-Sensoren. Vorzugsweise ist der Beschleunigungssensor außerdem
in MEMS-Bauweise (d. h. als mikro-elektromechanisches System) ausgebildet.
[0032] In einer alternativen Ausführung des Verfahrens wird als Lagesensor ein Magnetfeldsensor
herangezogen. Dieser ist vorzugsweise dazu eingerichtet, das charakteristische Maß
für die Ist-Trageposition insbesondere bezogen auf das Erdmagnetfeld absolut zu bestimmten.
Zweckmäßigerweise wird auch in diesem Fall das charakteristische Maß für die Ist-Trageposition
mit dem entsprechenden Maß für die Soll-Trageposition verglichen.
[0033] In einer zweckmäßigen Ausführung des Verfahrens wird als charakteristisches Maß für
die aktuelle Ist-Trageposition eine Neigung des Hörgerätekörpers, insbesondere ein
Neigungswinkel (bevorzugt der Nickwinkel) gegenüber dem Erdgravitationsfeld oder gegenüber
der Horizontalen herangezogen. Diese Neigung korreliert wiederum mit der Neigung der
Mikrophonachse des Hörgeräts. Somit kann auf einfache Weise als Abweichung insbesondere
die Winkelabweichung zwischen der Ist-Trageposition und der Soll-Trageposition, insbesondere
die (qualitative oder quantitative) Winkelabweichung der Mikrophonachse von der Frontalrichtung
ermittelt werden.
[0034] In einer bevorzugten Ausführung des Verfahrens wird die zu wählende Länge des Hörerverbindungsmittels
(sowohl für den Fall einer qualitativen als auch einer quantitativen Bestimmung) insbesondere
aus einer in dem Hörgerät hinterlegten und vorzugsweise empirisch ermittelten Referenzkurve
ausgelesen. Dabei wird der Begriff "Referenzkurve" hier und im Folgenden sowohl derart
verstanden, dass ein einem jeweiligen Wert der ermittelten Abweichung zugeordneter
Wert der Längendifferenz in einem Graphen angetragen und aus diesem auslesbar ist,
als auch derart, dass die einander zugeordneten Werte tabellarisch gelistet und somit
(bspw. nach Art einer "Look-up"-Tabelle) auslesbar sind. Die einander zugeordneten
Werte sind in jedem Fall auf Basis statistischer Versuchsreihen mit einer Vielzahl
von verschiedenen Hörgeräteträgern ermittelt worden, so dass die jeweiligen Werte
insbesondere durch Mittelwertbildung einer durchschnittlichen Ohrform (insbesondere
einer Größe der Ohrmuschel) angenähert sind.
[0035] In einer weiteren bevorzugten Ausführung des Verfahrens wird der Hörgeräteträger
insbesondere dazu angewiesen mehrmals, bspw. drei- bis fünfmal, die Verfahrensschritte
zur Ermittlung der Abweichung der Ist-Trageposition von der Soll-Trageposition durchzuführen.
Dabei werden vorzugsweise die jeweiligen Ergebnisse der ermittelten Abweichung gemittelt
und anschließend in Abhängigkeit von der gemittelten Abweichung die Anweisung zur
Anpassung des Hörerverbindungsmittels ausgegeben. Vorzugsweise wird der Hörgeräteträger
dabei angewiesen vor jeder Ermittlung der Abweichung das Hörgerät neu anzulegen. Dadurch
können Auswirkungen von Fehlern des Hörgeräteträgers beim Anlegen des Hörgeräts, die
die Ist-Trageposition beeinflussen und nicht mit der Länge des aktuell gekoppelten
Hörerverbindungsmittels zusammenhängen, verringert werden.
[0036] Alternativ oder zusätzlich ist es im Rahmen der Erfindung auch denkbar, dass die
vorstehend beschriebenen Verfahrensschritte im Ganzen wiederholt werden (d. h. gegebenenfalls
mehrfach das Hörerverbindungsmittel gewechselt wird) und somit gegebenenfalls die
Ist-Trageposition iterativ an die Soll-Trageposition angeglichen wird, insbesondere
bis die Ist-Trageposition der Soll-Trageposition entspricht oder ein vorgegebener
Grenzwert für die Abweichung - unterhalb dessen der Einfluss der Abweichung auf die
Richtwirkung vorteilhafterweise vernachlässigbar ist - unterschritten wird.
[0037] In einer weiteren im Rahmen der Erfindung denkbaren, alternativen Ausführung des
Verfahrens wird insbesondere die Längendifferenz für das Hörerverbindungsmittel ermittelt,
und zwar vorzugsweise unter der Annahme, dass die Ohrmuschel zumindest in dem Bereich,
auf dem der Hörgerätekörper bestimmungsgemäß aufliegt, näherungsweise eine Kreisbahn
beschreibt. Entlang dieser Kreisbahn verschiebt sich folglich das Hörgerät abhängig
von der Länge des Hörerverbindungsmittels nach vorne bzw. hinten. Aus einem empirisch
ermittelten Durchschnittswert für den Radius dieser Kreisbahn kann somit, bei Kenntnis
der Winkelabweichung zwischen der Soll- und der Ist-Trageposition, (insbesondere über
Berechnungsregeln für Dreiecke, insbesondere gleichschenklige Dreiecke) näherungsweise
auf die Längendifferenz geschlossen werden.
[0038] In einer zweckmäßigen Ausführung des Verfahrens wird nach der Anpassung des Hörerverbindungsmittels
die Ist-Trageposition des Hörgeräts (bzw. des Hörgerätekörpers) am Kopf des Hörgeräteträgers
(insbesondere zur Überprüfung) erneut bestimmt. Wird keine Abweichung zur Soll-Trageposition
festgestellt (oder der beschriebene Grenzwert nicht überschritten), wird der Anpassungsmodus
beendet und das Hörgerät geht in einen normalen Betriebsmodus über.
[0039] Das erfindungsgemäße Hörgerät umfasst den Hörgerätekörper, in dem die Mikrophone,
ein Lagesensor und eine Steuereinheit angeordnet sind. Die Steuereinheit ist dabei
zur Durchführung des vorstehend beschriebenen Verfahrens eingerichtet. Des Weiteren
umfasst das Hörgerät einen Lautsprecher. Für die Übertragung von Ausgabesignalen in
den Gehörgang des Hörgeräteträgers ist der Hörgerätekörper außerdem mit dem (insbesondere
dem jeweiligen) Hörerverbindungsmittel (vorzugsweise reversibel) koppelbar oder gekoppelt.
[0040] Vorzugsweise umfasst das Hörgerät auch ein Ohrstück, das für den Betrieb des Hörgeräts
mittels des Hörerverbindungsmittels mit dem Hörgerätekörper (insbesondere reversibel)
koppelbar oder gekoppelt ist.
[0041] In bevorzugter Ausgestaltung ist die Steuereinheit zumindest im Kern durch einen
Mikrocontroller mit einem Prozessor und insbesondere mit einem Datenspeicher gebildet,
in dem die Funktionalität zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens in Form
einer Betriebssoftware (Firmware) programmtechnisch implementiert ist, so dass das
Verfahren - gegebenenfalls in Interaktion mit dem Hörgeräteträger - bei Ausführung
der Betriebssoftware in dem Mikrocontroller automatisch durchgeführt wird. Die Steuereinheit
kann im Rahmen der Erfindung alternativ aber auch durch ein nicht-programmierbares
elektronisches Bauteil, z.B. einen ASIC, gebildet sein, in dem die Funktionalität
zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens mit schaltungstechnischen Mitteln
implementiert ist.
[0042] Das Hörerverbindungsmittel ist in einer bevorzugten Ausführung nicht als Teil des
Hörgeräts ausgebildet, jedoch für den bestimmungsgemäßen Betrieb des Hörgeräts erforderlich.
D. h. im bestimmungsgemäßen Betrieb des Hörgeräts ist das Hörerverbindungsmittel mit
dem Hörgerät und gegebenenfalls mit dem Ohrstück gekoppelt.
[0043] In einer alternativen, im Rahmen der Erfindung denkbaren Ausführung ist das Hörerverbindungsmittel
als Teil des Hörgeräts und längenverstellbar ausgebildet. Insbesondere ist das Hörerverbindungsmittel
dabei zwischen diskreten Längeneinstellungen teleskopierbar.
[0044] In einer bevorzugten Ausführung handelt es sich bei dem Lagesensor insbesondere um
den vorstehend beschriebenen Beschleunigungssensor.
[0045] Das erfindungsgemäße Hörgerätesystem umfasst das Hörgerät der vorstehend beschriebenen
Art - insbesondere das Hörgerät, bei dem das Hörerverbindungsmittel nicht längenverstellbar
und nicht Teil des Hörgeräts ist. Das Hörgerätesystem umfasst dabei eine Mehrzahl
von Hörerverbindungsmitteln (d. h. mindestens zwei, vorzugsweise wenigstens drei),
die jeweils eine unterschiedliche Länge aufweisen. Das Hörgerätesystem stellt dabei
insbesondere eine Verkaufseinheit dar, die zur einfachen individuellen, physischen
Anpassung nach dem vorstehend beschriebenen Verfahren mehrere unterschiedlich lange
Hörerverbindungsmittel beiliegen hat.
[0046] Insbesondere für den Fall, dass das Hörgerät einen in den Hörgerätekörper eingebauten
Lautsprecher zur Ausgabe von akustischen Signalen aufweist, handelt es sich in einer
zweckmäßigen Ausführung bei dem jeweiligen Hörerverbindungsmittel um einen Schallschlauch.
In einer alternativen Ausführung, insbesondere für den Fall, dass das Hörgerät als
sogenanntes RIC-("receiver-in-canal"-) Hörgerät ausgebildet ist, der Lautsprecher
somit außerhalb des Hörgerätekörpers und in dem Ohrstück zur Platzierung in dem Gehörgang
angeordnet ist, handelt es sich bei dem jeweiligen Hörerverbindungsmittel um ein Hörerkabel,
das zur elektronischen Übertragung der Ausgangssignale an den Lautsprecher eingerichtet
ist.
[0047] Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand einer Zeichnung näher
erläutert. Darin zeigen:
- Fig. 1
- in einer schematischen Seitenansicht ein Hörgerät mit einem Hörgerätekörper, einem
Hörerverbindungsmittel und einem Ohrstück,
- Fig. 2
- in Ansicht gemäß Fig. 1 das Hörgerät in einer bestimmungsgemäßen Soll-Trageposition
am Ohr eines Hörgeräteträgers,
- Fig. 3
- in Ansicht gemäß Fig. 2 das Hörgerät in einer Ist-Trageposition, und
- Fig. 4
- in einem schematischen Ablaufdiagramm eine Verfahren zur physischen Anpassung des
Hörgeräts an das Ohr des Hörgeräteträgers.
[0048] Einander entsprechende Teile und Größen sind in allen Figuren stets mit gleichen
Bezugszeichen versehen.
[0049] In Fig. 1 ist ein Hörgerät 1 dargestellt. Das Hörgerät 1 umfasst einen Hörgerätekörper
2, der mehrere elektronische Komponenten des Hörgeräts 1 trägt, sowie ein Ohrstück
3, das zum Einsetzen in einen Gehörgang eines Hörgeräteträgers eingerichtet und vorgesehen
ist. Der Hörgerätekörper 2 weist ein Gehäuse 4 auf, innerhalb dessen eine Prozessoreinheit
(kurz als Prozessor 5 bezeichnet), zwei Mikrophone 6 und ein Lautsprecher 7 als Komponenten
des Hörgeräts 1 angeordnet sind. In den Prozessor 5 ist dabei sowohl ein Signalprozessor
zur Verarbeitung der mittels der Mikrophone 6 erfassten Eingangssignale sowie ein
Steuerprozessor (oder: eine Steuereinheit) integriert, der zur Interaktion mit dem
Hörgeräteträger (bspw. zur Auswahl von verschiedenen Hörprogrammen, Lautstärkeregelung
etc.) eingerichtet und vorgesehen ist. Als weitere Komponente ist an dem Hörgerätekörper
2 ein Lagesensor 8, konkret ein für das Erdgravitationsfeld sensitiver Beschleunigungssensor
angeordnet. Die Komponenten sind mittels jeweils zugeordneter Signalleitungen mit
dem Prozessor 5 verschaltet. Zur Energieversorgung der Komponenten weist das Hörgerät
1 eine Batterieeinheit 9 auf. Die Batterieeinheit 9 ist dabei konkret als wiederaufladbare
Batterie mit zugeordneter Ladeelektronik ausgebildet.
[0050] Im Betrieb ist das Ohrstück 3 mit dem Hörgerätekörper 2, konkret mit einem Schallausgang
des Lautsprechers 7, über ein Hörerverbindungsmittel, das im vorliegenden Beispiel
durch einen Schallschlauch 10 gebildet ist, gekoppelt. Der Schallschlauch 10 überträgt
im Betrieb die von dem Lautsprecher 7 ausgegebenen Schallsignale akustisch über das
Ohrstück 3 an das Trommelfell des Hörgeräteträgers.
[0051] In einem alternativen, nicht näher dargestellten Ausführungsbeispiel ist der Lautsprecher
7 aus dem Hörgerätekörper 2 ausgelagert und in dem Ohrstück 3 angeordnet. In diesem
Fall ist das Hörerverbindungsmittel durch ein Hörerkabel gebildet.
[0052] Im Betrieb des Hörgeräts 1 werden die von den beiden Mikrophonen 6 (auf den Empfang
von Umgebungsschall) ausgegeben Eingangssignale in einem Richtwirkungsmodus derart
miteinander gemischt, dass eine richtungsabhängige Sensitivität bezüglich des erfassten
Umgebungsschalls entsteht. D. h. die Mikrophone 6 erfassen Schallanteile aus unterschiedlichen
Raumrichtungen mit unterschiedlicher Intensität. In einer Grundeinstellung ist die
bevorzugte Raumrichtung, d. h. die Richtung, aus der auftreffender Schall mit höchster
Intensität erfasst wird (auch als Vorzugsrichtung bezeichnet), entlang einer horizontalen
Ebene ausgerichtet - sofern das Hörgerät 1 in einer bestimmungsgemäßen Position (im
Folgenden als Soll-Trageposition TP
S bezeichnet) hinter dem Ohr, konkret an der Ohrmuschel 12 getragen und der Kopf dabei
gerade gehalten wird (vgl. Fig. 2). Im vorliegenden Ausführungsbeispiel sind die Mikrophone
6 entlang einer Mikrophonachse 14 hintereinander angeordnet. Diese Mikrophonachse
14 fällt bei in der Soll-Trageposition TP
S angeordnetem Hörgerät 1 mit der Horizontalebene und einer in Bezug auf das Gesicht
des Hörgeräteträgers frontal ausgerichteten Richtung ("Frontalrichtung 16") zusammen
(s. Fig. 2). Dadurch werden im Richtwirkungsmodus die Schallanteile, die aus dieser
Frontalrichtung 16 auf die Mikrophone 6 treffen im Vergleich zu seitlich auftreffenden
Schallanteilen verstärkt erfasst. Dies ist unter der Annahme von Vorteil, dass der
Hörgeräteträger einem Gesprächspartner üblicherweise frontal zugewendet ist. Durch
die beschriebene, voreingestellte Richtwirkung wird somit eine besonders hohe Sprachverständlichkeit
ermöglicht. Erkanntermaßen ist die Richtwirkung nicht ortsfest, sondern in Bezug auf
den Kopf des Hörgeräteträgers fest vorgegeben. D. h. bei einem Schwenken des Kopfs,
wandert auch die Vorzugsrichtung der Mikrophone 6 entsprechend mit. Somit ist die
Vorzugsrichtung und damit die höchste Sprachverständlichkeit stets parallel zur Ausrichtung
des Kopfs des Hörgeräteträgers (angenähert durch eine auf die "Gesichtsebene" senkrecht
aufstehende "Normale") ausgerichtet.
[0053] Da die Form und Größe der Ohrmuschel 12 bei jedem Hörgeräteträger individuell ist,
kann es aufgrund der Länge des Schallschlauchs 10 allerdings dazu kommen, dass der
Hörgerätekörper 2 gegenüber seiner Soll-Tragposition TP
S verschoben wird. Dadurch fallen die Mikrophonachse 14 und die Frontalrichtung 16
nicht mehr zusammen (vgl. Fig. 3) und die Sprachverständlichkeit im Richtwirkungsmodus
sinkt. Zur individuellen Anpassung des Hörgeräts 1 auf den Hörgeräteträger liegen
deshalb dem Hörgerät 1 im Rahmen eines Hörgerätesystems mehrere unterschiedlich lange
Schallschläuche 10 bei (nicht näher dargestellt). Das Hörgerätesystem bildet in diesem
Fall eine Verkaufseinheit für das Hörgerät 1.
[0054] Um auch einem Hörgeräteträger, der das Hörgerät 1 nicht über einen speziell geschulten
Hörgeräteakustiker oder -techniker bezieht, dennoch eine individuelle, präzise Anpassung
an seine Ohrform zur ermöglichen, ist in dem Prozessor 5 ein Verfahrensablauf (schematisch
dargestellt in Fig. 4) für einen Anpassungsmodus hinterlegt. Dieser wird beim ersten
Start des Hörgeräts 1 (oder optional auf eine Eingabe des Hörgeräteträgers hin) gestartet.
[0055] In einem ersten Verfahrensschritt 30 gibt das Hörgerät 1 dem Hörgeräteträger über
den Lautsprecher 7 die Anweisung, bei angelegtem Hörgerät 1 den Kopf gerade zu halten
und geradeaus entlang der Horizontalen zu blicken (bspw. sich im Spiegel in die Augen
zu blicken), so dass die Frontalrichtung 16 mit einer Horizontalebene zusammenfällt.
In einem zweiten Verfahrensschritt 40 wird mittels des Lagesensors 8 ein charakteristisches
Maß für eine aktuelle Ist-Trageposition TP
I ermittelt (vgl. Fig. 3). Bei diesem charakteristischen Maß handelt es sich um einen
Neigungswinkel um eine (horizontal und von Ohr zu Ohr verlaufende) "Nickachse" 45.
Dieser Neigungswinkel (kurz: "Nickwinkel N") wird dabei in Bezug auf das Erdgravitationsfeld
ermittelt. Durch einen Vergleich mit einem für die Soll-Trageposition TP
S entsprechenden Nickwinkel N wird anschließend eine Abweichung, konkret eine Winkelabweichung
zwischen der Ist-Trageposition TP
I und der Soll-Trageposition TP
S des Hörgeräts 1 ermittelt.
[0056] In einem optionalen Ausführungsbeispiel werden die Verfahrensschritte 30 und 40 mehrfach
wiederholt und die Winkelabweichung dabei über alle Wiederholungen gemittelt.
[0057] Anhand der (optional gemittelten) Winkelabweichung wird in einem nachfolgenden Verfahrensschritt
50 ermittelt, ob der Schallschlauch 10 zu lang oder zu kurz ist. Diese Ermittlung
erfolgt dabei anhand einer Tabelle, aus der von dem Prozessor 5 ausgelesen wird, ob
(dem Wert) der ermittelten Winkelabweichung ein längerer oder kürzerer Schallschlauch
10 zugeordnet ist.
[0058] Anschließend wird in einem Verfahrensschritt 60 über den Lautsprecher 7 eine Anweisung
an den Hörgeräteträger ausgegeben, einen entsprechend der Abweichung längeren oder
kürzeren Schallschlauch 10 mit dem Hörgerätekörper 2 und dem Ohrstück 3 zu koppeln
und anschließend das Hörgerät 1 wieder aufzusetzen. Anschließend werden zur Überprüfung
des Schallschlauchs 10 die Verfahrensschritte 30 und 40 wiederholt bevor das Hörgerät
1 in einen normalen Betriebsmodus übergeht.
[0059] In einem alternativen Ausführungsbeispiel (ebenfalls in Fig. 4 dargestellt) wird
anhand dieser Winkelabweichung in dem Verfahrensschritt 50 eine Längendifferenz D
für den Schallschlauch 10 ermittelt. Der dem Wert der ermittelten Winkelabweichung
zugeordnete Wert der Längendifferenz D ist dabei in einer Tabelle hinterlegt, die
anhand empirischen Untersuchungen an einer Vielzahl von Probanden aufgestellt und
in dem Prozessor 5 hinterlegt wurde. Die Längendifferenz D wird dabei derart gewählt,
dass sie bei Kopplung eines entsprechend längeren oder kürzeren Schallschlauchs 10
mit dem Hörgerätekörper 2 und dem Ohrstück 3 zu einer Verringerung der Winkelabweichung
zwischen der Ist-Trageposition TP
I und der Soll-Trageposition TP
S führt und somit die Mikrophonachse 14 an die Frontalrichtung 16 angenähert wird.
[0060] Anschließend wird in dem Verfahrensschritt 60 über den Lautsprecher 7 eine Anweisung
an den Hörgeräteträger ausgegeben, einen entsprechend der Längendifferenz D längeren
oder kürzeren Schallschlauch 10 mit dem Hörgerätekörper 2 und dem Ohrstück 3 zu koppeln
und anschließend das Hörgerät 1 wieder aufzusetzen.
[0061] In allen vorstehend beschriebenen Ausführungsbeispielen ist es möglich, dass die
Verfahrensschritte 30 bis 60 wiederholt werden, bis die Winkelabweichung zwischen
der Ist-Trageposition TP
I und der Soll-Trageposition TP
S vernachlässigbar gering und/oder unter einen vorgegeben Grenzwert abgefallen ist.
Daraufhin geht das Hörgerät 1 in einen normalen Betriebsmodus über.
[0062] Sofern die ermittelte Winkelabweichung einen vorgegebenen Grenzwert nicht überschreitet,
wird keine Anweisung an den Hörgeräteträger ausgegeben und das Hörgerät 1 geht in
den normalen Betriebsmodus über.
[0063] Der Gegenstand der Erfindung ist nicht auf das vorstehend beschriebene Ausführungsbeispiel
beschränkt. Vielmehr können weitere Ausführungsformen der Erfindung von dem Fachmann
aus der vorstehenden Beschreibung abgeleitet werden.
Bezugszeichenliste
[0064]
- 1
- Hörgerät
- 2
- Hörgerätekörper
- 3
- Ohrstück
- 4
- Gehäuse
- 5
- Prozessor
- 6
- Mikrophon
- 7
- Lautsprecher
- 8
- Lagesensor
- 9
- Batterieeinheit
- 10
- Schallschlauch
- 12
- Ohrmuschel
- 14
- Mikrophonachse
- 16
- Frontalrichtung
- 30
- Verfahrensschritt
- 40
- Verfahrensschritt
- 45
- Nickachse
- 50
- Verfahrensschritt
- 60
- Verfahrensschritt
- TPS
- Soll-Trageposition
- TPI
- Ist-Trageposition
- N
- Nickwinkel
- D
- Längendifferenz
1. Verfahren zur physischen Anpassung eines Hörgeräts (1) an einen Hörgeräteträger, wobei
das Hörgerät (1) einen Hörgerätekörper (2) und ein mit dem Hörgerätekörper (2) koppelbares
oder gekoppeltes Hörerverbindungsmittel (10) umfasst, wobei verfahrensgemäß
- mittels eines Lagesensors (8) des Hörgeräts (1) ein charakteristisches Maß (N) für
eine aktuelle Ist-Trageposition (TPI) des Hörgeräts (1) ermittelt wird,
- anhand des charakteristischen Maßes (N) für die Ist-Trageposition (TPI) eine Abweichung der Ist-Trageposition (TPI) von einer vorgegebenen Soll-Trageposition (TPS) ermittelt wird, und
- eine Anweisung an den Hörgeräteträger ausgegeben wird, das Hörerverbindungsmittel
(10) in Abhängigkeit von der ermittelten Abweichung der Ist-Trageposition (TPI) von der Soll-Trageposition (TPS) in der Länge anzupassen.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
wobei eine Mehrzahl von Hörerverbindungsmitteln (10) mit unterschiedlicher Länge für
das Hörgerät (1) vorgehalten wird, und wobei die Anweisung darauf gerichtet ist, in
Abhängigkeit von der ermittelten Abweichung ein Hörerverbindungsmittel (10), das gegenüber
dem aktuell an dem Hörgerät (1) angeordneten Hörerverbindungsmittel (10) eine kleinere
oder größere Länge aufweist, mit dem Hörgerätekörper (2) zu koppeln.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
wobei als Lagesensor (8) ein Beschleunigungssensor herangezogen wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
wobei als charakteristisches Maß (N) für die aktuelle Ist-Trageposition (TPI) eine Neigung des Hörgerätekörpers (2) herangezogen wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 4,
wobei die zu wählende Länge des Hörerverbindungsmittels (10) aus einer in dem Hörgerät
(1) hinterlegten Referenzkurve ausgelesen wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
wobei die Soll-Trageposition (TPS) derart hinterlegt ist, dass eine wenigstens zwei Mikrophone (6) des Hörgeräts (1)
verbindende und einer Richtwirkung zugrundeliegende Mikrophonachse (14) entlang einer
Horizontalebene ausgerichtet ist.
7. Hörgerät (1),
- mit einem Hörgerätekörper (2), in dem wenigstens zwei Mikrophone (6), ein Lagesensor
(8) und eine Steuereinheit (5) angeordnet sind, und
- mit einem Lautsprecher (7),
wobei der Hörgerätekörper (2) für die Übertragung von Ausgabesignalen in den Gehörgang
eines Hörgeräteträgers mit einem Hörerverbindungsmittel (10) koppelbar oder gekoppelt
ist, und
wobei die Steuereinheit (5) zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche
1 bis 6 eingerichtet ist.
8. Hörgerät (1) nach Anspruch 7,
wobei der Lagesensor (8) als Beschleunigungssensor ausgebildet ist.
9. Hörgerätesystem,
- mit einem Hörgerät (1) nach Anspruch 7 oder 8, und
- mit einer Mehrzahl von Hörerverbindungsmitteln (10), die jeweils eine unterschiedliche
Länge aufweisen.
10. Hörgerätesystem nach Anspruch 9,
wobei es sich bei dem jeweiligen Hörerverbindungsmittel (10) um einen Schallschlauch
oder um ein Hörerkabel handelt.