[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines komplexen Blechformteils
durch Umformen eines Blechs mittels pressengebundenem Werkzeug (Pressenwerkzeug) und
ein hierfür geeignetes Pressenwerkzeug.
[0002] Komplexe Blechformteile, insbesondere für die Anwendung im Karosseriebau, unterscheiden
sich zu einfachen Blechformteilen (wie bspw. einem Napf oder einer Wanne) durch eine
aufwändigere Formgestaltung, die typischerweise unterschiedliche Flächenbereiche und
insbesondere auch weitere Gestaltungsmerkmale, bspw. Design- bzw. Stylingkanten und/oder
Versteifungskanten mit kleinen Radien, umfasst. Da der umformtechnischen Machbarkeit
Grenzen gesetzt sind, ist die Herstellung solcher komplexen Blechformteile mitunter
äußerst schwierig und aufwändig. Besondere Probleme bestehen dann, wenn unter Serienfertigungsbedingungen
hohe Ziehtiefen realisiert werden sollen.
[0003] Zur Realisierung hoher Ziehtiefen sind in der
DE 10 2010 045 281 A1 ein Verfahren und eine Vorrichtung beschrieben, bei denen mittels zusätzlicher Ziehstufe
in Gestalt eines vorlaufenden Matrizeneinsatzes zunächst ein Materialvorrat erzeugt
wird. Während des weiteren Ziehvorgangs wird dieser Materialvorrat durch Zurückschieben
des Matrizeneinsatzes freigegeben und schließlich fertig geformt.
[0004] Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde,
ein verbessertes Verfahren und ein verbessertes Werkzeug zur Herstellung eines komplexen
und insbesondere auch großflächigen (bspw. > 0,5 m^2) Blechformteils anzugeben, mit
denen unter Serienfertigungsbedingungen bei einwandfreier Teilequalität eine hohe
Ziehtiefe erreichbar ist.
[0005] Diese Aufgabe wird gelöst mit einem erfindungsgemäßen Verfahren entsprechend dem
Patentanspruch 1 und durch ein erfindungsgemäßes Pressenwerkzeug entsprechend dem
nebengeordneten Patentanspruch. Bevorzugte Weiterbildungen und Ausgestaltungen der
Erfindung ergeben sich analog für beide Erfindungsgegenstände aus den abhängigen Patentansprüchen,
der nachfolgenden Beschreibung und der Zeichnung.
[0006] Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines komplexen Blechformteils mittels
pressengebundenem Werkzeug (Pressenwerkzeug), dessen Werkzeugunterteil einen Stempel,
einen den Stempel umgebenden (verdrängbaren) Nieder- bzw. Blechhalter und mehrere
bewegbare Stempeleinsätze (mit Umform- bzw. Formgebungsfunktion) aufweist und dessen
Werkzeugoberteil eine Matrize und einen die Matrize umgebenden Matrizenring aufweist,
hat folgenden Ablauf:
- Einlegen eines Blechs, insbesondere in Gestalt einer Blechplatine, in das offene Werkzeug
und Schließen des Werkzeugs durch Abwärtshub des Werkzeugoberteils, wobei das Blech
in seinem Randbereich zwischen dem Matrizenring und dem Niederhalter geklemmt bzw.
eingeklemmt wird;
- weiterer Abwärtshub bei dem der Matrizenring den Niederhalter nach unten verdrängt,
wobei das Blech zuerst über die ausgefahrenen und über die Stempeloberfläche vorstehenden
Stempeleinsätze gezogen wird und dabei im Blech lokale Materialbevorratungen erzeugt
werden;
- weiterer Abwärtshub bis der Matrizenring und der Niederhalter ihre unteren Totpunkte
erreichen, wobei gleichzeitig die Stempeleinsätze aktiv zurückbewegt werden und dadurch
die zuvor erzeugten lokalen Materialbevorratungen freigeben und wobei das Blech bereits
bereichsweise zwischen Matrizenring und Stempel ausgeformt wird;
- weiterer Abwärtshub, bis auch die Matrize schließlich ihren unteren Totpunkt erreicht,
wobei durch eine doppelte randseitige Klemmung des Blechs zwischen dem Matrizenring
und dem Niederhalter sowie zwischen dem Matrizenring und dem Stempel das Nachfließen
von Blechmaterial aus dem Randbereich verhindert wird und das Blech lediglich unter
Ausnutzung der zuvor erzeugten lokalen Materialbevorratungen zwischen der Matrize
und dem Stempel fertig ausgeformt wird;
- gegebenenfalls Öffnen des Werkzeugs (durch Aufwärtshub des Werkzeugoberteils) und
Entnehmen des Blechformteils.
[0007] Im Rahmen der kinematischen Umkehr ist bei entsprechender Ausgestaltung der Werkzeugteile
auch eine umgekehrte Anordnung von Werkzeugoberteil und Werkzeugunterteil möglich.
[0008] Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht unter Serien- und Presswerksbedingungen
die Herstellung eines komplexen Blechformteils mit hoher Ziehtiefe, insbesondere auch
mit hoher Zargentiefe, und einwandfreier Qualität. Unter einer hohen Ziehtiefe wird
insbesondere eine Ziehtiefe (= Ziehweg in Arbeitsrichtung) von wenigstens 200 mm,
bevorzugt wenigstens 250 mm und insbesondere wenigstens 300 mm verstanden. Innerhalb
eines Schließ- bzw. Arbeitshubs kann das Blechformteil ausgehend von einer ebenen
Blechplatine im Wesentlichen fertig geformt werden, so dass keine weiteren Umformoperationen,
zumindest keine die Ziehtiefe erhöhenden und/oder die Formgestaltung wesentlich verändernden
Umformoperationen, mehr erforderlich sind. In einer Pressenstraße können somit die
erforderlichen Ziehstufen gering gehalten oder sogar reduziert werden.
[0009] Unter einem aktiven Zurückbewegen der Stempeleinsätze wird verstanden, dass diese
nicht wie im Stand der Technik üblich passiv verdrängt bzw. zurückgedrängt werden,
sondern aktiv zurückbewegt werden. Dies kann bspw. durch mechanische Kopplung der
betreffenden Stempeleinsätze mit dem Niederhalter erfolgen, so dass die Stempeleinsätze
vom Niederhalter zurückbewegt bzw. in die dafür vorgesehenen Stempelausnehmungen hineinbewegt
bzw. eingefahren werden. Dies kann synchron oder auch asynchron (d. h. in einer bestimmten
Abfolge und/oder mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten) erfolgen, um hierdurch den
Stempelkontakt (= Kontakt zwischen Blech und Stempeloberfläche bzw. -wirkfläche) gezielt
zu steuern. Das Werkzeug bzw. Pressenwerkzeug kann auch Stempeleinsätze aufweisen,
die nicht aktiv, sondern in herkömmlicher Weise passiv bewegt bzw. zurückgedrängt
werden.
[0010] Bevorzugt ist vorgesehen, dass mit wenigstens einem der Stempeleinsätze im Blech
bzw. Blechformteil eine Designkante mit kleinem Radius erzeugt wird. Das mit dem erfindungsgemäßen
Verfahren herstellbare komplexe Blechformteil kann somit trotz beachtlicher Ziehtiefe
auch wenigstens eine markante Designkante aufweisen. Deren äußerer Kantenradius beträgt
bevorzugt nur wenige Millimeter. Diese Designkante ist nachlaufkantenfrei, da beim
erfindungsgemäßen Verfahren verhindert wird, dass sich das Blech während des Ziehvorgangs
relativ zu dem Stempeleinsatz bewegt.
[0011] Das erfindungsgemäße Pressenwerkzeug, wobei es sich insbesondere um ein Tiefziehwerkzeug
handelt, umfasst
- ein erstes Werkzeugteil, insbesondere ein Werkzeugunterteil, das einen Stempel, einen
den Stempel umgebenden verdrängbaren Niederhalter und mehrere bewegbare Stempeleinsätze,
wenigstens jedoch einen bewegbaren Stempeleinsatz, aufweist, und
- ein zweites Werkzeugteil, insbesondere ein Werkzeugoberteil, das eine Matrize und
einen die Matrize umgebenden Matrizenring aufweist.
[0012] Das erfindungsgemäße Pressenwerkzeug ist ferner so ausgebildet, dass zwischen dem
Niederhalter und wenigstens einem der Stempeleinsätze, bevorzugt allen Stempeleinsätzen,
eine mechanische Kopplung (d. h. eine Kopplung mittels Mechanik) besteht, durch die
der betreffende Stempeleinsatz bzw. die betreffenden Stempeleinsätze beim Verdrängen
und insbesondere beim Abwärtsbewegen des Niederhalters (d. h. während des Umform-
bzw. Ziehvorgangs wie oben beschrieben) aktiv zurückbewegt wird/werden, d. h. in die
dafür vorgesehenen Stempelausnehmung/en hineinbewegt bzw. eingefahren wird/werden.
[0013] Bevorzugt sind die Stempeleinsätze so im Pressenwerkzeug angeordnet, dass damit in
allen kritischen Bereichen beim Ziehbeginn eine Materialbevorratung (wie oben erläutert)
erfolgen kann.
[0014] Optional kann vorgesehen sein, dass wenigstens einer der Stempeleinsätze, insbesondere
der mit dem Niederhalter gekoppelte Stempeleinsatz, zusätzlich federnd gelagert ist,
bspw. mittels Gasdruckfeder. Bevorzugt sind alle Stempeleinsätze zusätzlich federnd
gelagert.
[0015] Wenigstens einer der Stempeleinsätze kann für einen Punktkontakt (= kleinflächiger
Berührungskontakt) mit dem umzuformenden Blech ausgebildet sein. Wenigstens einer
der Stempeleinsätze kann für einen Linienkontakt mit dem umzuformenden Blech ausgebildet
sein, insbesondere zur Ausformung einer Designkante mit kleinem Radius (wie oben beschrieben).
[0016] Auch die Matrize kann wenigstens einen bewegbaren Matrizeneinsatz aufweisen, der
einem Stempeleinsatz, insbesondere zur Ausformung einer Designkante, gegenüberliegt
und der mit einer entsprechenden Gegenkontur ausgebildet ist, so dass das Blech zwischen
dem Stempeleinsatz und dem Matrizeneinsatz prägeartig umgeformt werden kann. Ein solcher
Matrizeneinsatz ist analog zu einem Stempeleinsatz in einer Matrizenausnehmung angeordnet
und bevorzugt auch federnd gelagert, bspw. mittels Gasdruckfeder.
[0017] Die Erfindung wird nachfolgend mit Bezug auf die Zeichnung näher erläutert. Die in
der Zeichnung gezeigten oder nachfolgend erläuterten Merkmale können, auch losgelöst
von konkreten Merkmalskombinationen, allgemeine Merkmale der Erfindung sein und die
Erfindung weiterbilden. In der Zeichnung zeigt die
- Fig. 1
- in schematischen Schnittdarstellungen ein erfindungsgemäßes Pressenwerkzeug und veranschaulicht
in mehreren Einzeldarstellungen das damit ausführbare erfindungsgemäße Verfahren zur
Herstellung eines komplexen Blechformteils.
[0018] Das Pressenwerkzeug 100 weist ein Werkzeugunterteil 110 und ein Werkzeugoberteil
120 auf. Bei dem Pressenwerkzeug 100 handelt es sich um ein Tiefziehwerkzeug, das
in einer nicht dargestellten Presse eingebaut ist, wobei das Werkzeugunterteil 110
auf dem Pressentisch angeordnet und das Werkzeugoberteil 120 am Pressenstößel befestigt
ist. Beim Absenken des Pressenstößels führt das Werkzeugoberteil 120 einen Abwärtshub
bzw. Arbeitshub mit einer im Wesentlichen kontinuierlichen Abwärtsbewegung aus.
[0019] Das Werkzeugunterteil 110 weist einen Stempel 130, einen den Stempel 130 umgebenden
und nach unten verdrängbaren Nieder- bzw. Blechhalter 140 sowie mehrere bewegbare
Stempeleinsätze 131, 132 und 133 auf. Die Stempeleinsätze 131, 132 und 133 sind in
Stempelausnehmungen angeordnet. Der Stempeleinsatz 131 ist für einen Linienkontakt
und die Stempeleinsätze 132 und 133 sind für einen Punktkontakt ausgebildet. Das Werkzeugoberteil
120 weist eine Matrize 150, einen die Matrize 150 umgebenden Matrizenring bzw. Gegenhalter
160 und einen bewegbaren Matrizeneinsatz 151 auf. Das Werkzeug 100 ist für eine Ziehtiefe
von mindestens 200 mm ausgelegt. Im Folgenden wird der Ziehvorgang beschrieben.
[0020] In das geöffnete Werkzeug 100 wird ein Blech M in Gestalt einer ebenen Blechplatine
(Formplatine) eingelegt und das Werkzeug 100 wird durch Abwärtsbewegen des Pressenstößels
bzw. des Werkzeugoberteils 120 geschlossen. Hierbei wird das Blech M in seinem Randbereich
zwischen dem gegenüber der Matrize 150 voreilenden Matrizenring 160 und dem Niederhalter
140 eingeklemmt, wie in Fig. 1 a gezeigt. Die Stempeleinsätze 131, 132 und 133 befinden
sich in ausgefahrenen Positionen bzw. Ausgangspositionen, in denen diese über die
Stempeloberfläche bzw. - wirkfläche vorstehen.
[0021] Bei weiterem Abwärtshub des Werkzeugoberteils 120 verdrängt der Matrizenring 160
den Niederhalter 140 nach unten. D. h., der Niederhalter 140 wird gemeinsam mit dem
Matrizenring 160 nach unten bewegt und bewegt sich hierbei relativ zum feststehenden
Stempel 130. (Der Niederhalter 140 kann in an und für sich bekannter Weise durch ein
zur Presse oder zum Werkzeug 100 gehörendes Ziehkissen oder dergleichen abgestützt
sein, wie mit den dargestellten Federn veranschaulicht.) Hierbei wird das Blech M
über die ausgefahrenen Stempeleinsätze 131, 132 und 133 gezogen, wobei im Blech M
lokale Materialbevorratungen erzeugt werden. Dies ist in Fig. 1b gezeigt. Die Stempeleinsätze
131, 132 und 133 sind bspw. mittels Gasdruckfedern federnd gelagert, wie mit den dargestellten
Federn veranschaulicht, so dass diese mit einer definierten Kraft gegen das Blech
M drücken. Ein kleiner Federhub, bspw. 20 mm, ist hierfür ausreichend.
[0022] Gleichzeitig wird mithilfe des mittleren Stempeleinsatzes 131 und dem gegenüberliegenden
Matrizeneinsatz 151 eine Designkante mit kleinem Radius in das Blech M eingeformt,
wozu der Stempeleinsatz 131 und der Matrizeneinsatz 151 stirnseitig mit korrespondierenden
Formungsabschnitten ausgebildet sind. Auch der Matrizeneinsatz 151 ist bspw. mittels
Gasdruckfeder federnd gelagert, wie mit der symbolisch dargestellten Feder veranschaulicht.
[0023] Bei weiterem Abwärtshub des Werkzeugoberteils 120 werden der Matrizenring 160 und
der Niederhalter 140 schließlich bis zu ihrem unteren Totpunkt bewegt, wie in Fig.
1c gezeigt. Gleichzeitig werden die Stempeleinsätze 131, 132 und 133 aktiv, d. h.
nicht durch Verdrängung, zurückbewegt, woraufhin sich das Blech M im Bereich der Stempeleinsätze
131, 132 und 133 sukzessive an die Stempeloberfläche bzw. -wirkfläche des Stempels
130 anlegen kann. Auf diese Weise erfolgt also ein gesteuerter Stempelkontakt. Ferner
werden die lokalen Materialbevorratungen zur weiteren Umformung freigegeben. Ebenfalls
gleichzeitig wird das Blech M bereits in einem Überdeckungsbereich zwischen dem Matrizenring
160 und dem Stempel 130 ausgeformt, wozu der Matrizenring 160 und der Stempel 130
mit korrespondierenden Wirkflächenabschnitten ausgebildet sind.
[0024] Das Zurückbewegen bzw. Einfahren der Stempeleinsätze 131, 132 und 133 erfolgt durch
eine mechanische Zwangskopplung mit dem Niederhalter 140. Hierzu sind die Stempeleinsätze
131, 132 und 133 bspw. an einem Rahmen oder einer Tragplatte 180 befestigt, der bzw.
die beim Abwärtsbewegen des Niederhalters 140 ab einer bestimmten Niederhalterposition
(bzw. ab einer definierten Ziehwegposition) mittels am Niederhalter 140 angeordneter
Mitnehmer 190 mitgenommen bzw. mitbewegt wird. Der Rahmen 180 ist bspw. an der zum
Werkzeugunterteil 110 gehörenden Grundplatte (nicht gezeigt) federnd abgestützt, wie
mit den dargestellten Federn veranschaulicht.
[0025] Wenn der Niederhalter 140 seinen unteren Totpunkt erreicht hat (siehe Fig. 1 c) befinden
sich auch die Stempeleinsätze 131, 132 und 133 in ihren eingefahrenen Endpositionen.
Je nach Zielsetzung kann vorgesehen sein, dass die Stempeleinsatzstirnseiten hinter
der Stempeloberfläche liegen (wie in Fig. 1c gezeigt), mit der Stempeloberfläche bündig
abschließen oder noch immer über die Stempeloberfläche vorstehen. Die Rückbewegungen
und die Endpositionen der Stempeleinsätze 131, 132 und 133 sind einzeln auslegbar,
so dass auch asynchrone Stempeleinsatzbewegungen möglich sind. Abweichend zu den gezeigten
vertikalen Bewegungsrichtungen der Stempeleinsätze 131, 132 und 133 sind auch schräge
Bewegungsrichtungen möglich, bspw. durch Verwendung von Schiebern.
[0026] Durch weiteres Abwärtsbewegen des Pressenstößels bzw. des Werkzeugoberteils 120 wird
nun noch die nachlaufende Matrize 150 bis zu ihrem unteren Totpunkt bewegt, wobei
das Blech M bzw. das Blechformteil noch im Mittenbereich fertig ausgeformt wird (im
Außenbereich ist die Umformung bereits abgeschlossen). D. h., der Matrizenring 160
erreicht zuerst seinen unteren Totpunkt, dann läuft die Matrize 150 noch bis zu ihrem
unteren Totpunkt weiter und formt dabei den Mittenbereich aus. Wegen der randseitigen
Klemmung des Blechs M zwischen dem Matrizenring 160 und dem Niederhalter 140 sowie
zwischen dem Matrizenring 160 und dem Stempel 130 kann kein oder kaum Blechmaterial
von außen nach innen, d. h. zum Mittenbereich, nachfließen, so dass das Blech M lediglich
unter Ausnutzung der zuvor mithilfe der Stempeleinsätze 131, 132 und 133 erzeugten
lokalen Materialbevorratungen zwischen der Matrize 150 und dem Stempel 130 prägeartig
fertig ausgeformt wird, wobei der federnd gelagerte Matrizeneinsatz 151 zurückweicht
bzw. nach oben verdrängt wird. Alternativ kann vorgesehen sein, dass der mittlere
Stempeleinsatz 131 nicht zurückbewegt wird und somit weiterhin gegen das Blech M bzw.
gegen den Matrizeneinsatz 151 drückt.
[0027] Fig. 1d zeigt den Endzustand bei dem sich der Niederhalter 140, der Matrizenring
160 und die Matrize 150 in ihren unteren Bewegungstotpunkten befinden. Das Blech bzw.
Blechwerkstück M ist fertig ausgeformt. Nach Öffnen des Werkzeugs 100 durch Anheben
bzw. Aufwärtsbewegen des Pressenstößels bzw. des Werkzeugoberteils 120 kann das Blechformteil
entnommen werden. Mithilfe der Federn bewegen sich die Werkzeugteile in die in Fig.
1 a gezeigten Ausgangstellungen bzw. Positionen zurück, so dass das nächste Blech
M eingelegt und umgeformt werden kann.
1. Verfahren zur Herstellung eines komplexen Blechformteils mittels pressengebundenem
Werkzeug (100), dessen Werkzeugunterteil (110) einen Stempel (130), einen den Stempel
(130) umgebenden Niederhalter (140) und mehrere bewegbare Stempeleinsätze (131, 132,
133) aufweist und dessen Werkzeugoberteil (120) eine Matrize (150) und einen die Matrize
(150) umgebenden Matrizenring (160) aufweist, mit folgendem Ablauf:
- Einlegen eines Blechs (M) und Schließen des Werkzeugs (100) durch Abwärtshub des
Werkzeugoberteils (120), wobei das Blech (M) im Randbereich zwischen dem Matrizenring
(160) und dem Niederhalter (140) geklemmt wird;
- weiterer Abwärtshub bei dem der Matrizenring (160) den Niederhalter (140) nach unten
verdrängt, wobei das Blech (M) zuerst über die ausgefahrenen Stempeleinsätze (131,
132, 133) gezogen wird und dabei lokale Materialbevorratungen im Blech (M) erzeugt
werden;
- weiterer Abwärtshub bis der Matrizenring (160) und der Niederhalter (140) ihre unteren
Totpunkte erreichen, wobei gleichzeitig die Stempeleinsätze (131, 132, 133) aktiv
zurückbewegt werden und die zuvor erzeugten lokalen Materialbevorratungen freigeben
und wobei das Blech (M) bereits bereichsweise zwischen dem Matrizenring (160) und
dem Stempel (130) ausgeformt wird;
- weiterer Abwärtshub bis auch die Matrize (150) ihren unteren Totpunkt erreicht,
wobei durch eine doppelte randseitige Klemmung des Blechs (M) zwischen dem Matrizenring
(160) und dem Niederhalter (140) sowie zwischen dem Matrizenring (160) und dem Stempel
(130) das Nachfließen aus dem Randbereich verhindert und das Blech (M) lediglich unter
Ausnutzung der lokalen Materialbevorratungen zwischen der Matrize (150) und dem Stempel
(130) fertig ausgeformt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Ziehtiefe wenigstens 200 mm, bevorzugt wenigstens 250 mm und insbesondere wenigstens
300 mm beträgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Stempeleinsätze (131, 132, 133) durch mechanische Kopplung mit dem Niederhalter
(140) zurückbewegt werden.
4. Verfahren nach einem der vorausgehenden Ansprüche;
dadurch gekennzeichnet, dass
die Stempeleinsätze (131, 132, 133) asynchron zurückbewegt werden.
5. Verfahren nach einem der vorausgehenden Ansprüche;
dadurch gekennzeichnet, dass
mit wenigstens einem der Stempeleinsätze (131) eine Designkante mit kleinem Radius
erzeugt wird.
6. Pressenwerkzeug (100), insbesondere Tiefziehwerkzeug, zur Herstellung eines komplexen
Blechformteils, mit
- einem ersten Werkzeugteil (110), das einen Stempel (130), einen den Stempel (130)
umgebenden verdrängbaren Niederhalter (140) und mehrere bewegbare Stempeleinsätze
(131, 132, 133) aufweist, und
- einem zweiten Werkzeugteil (120), das eine Matrize (150) und einen die Matrize (150)
umgebenden Matrizenring (160) aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
zwischen dem Niederhalter (140) und wenigstens einem der Stempeleinsätze (131, 132,
133) eine mechanische Kopplung besteht, durch die der betreffende Stempeleinsatz (131,
132, 133) beim Verdrängen des Niederhalters (140) aktiv zurückbewegt wird.
7. Pressenwerkzeug (100) nach Anspruch 6,
dadurch gekennzeichnet, dass
wenigstens einer der Stempeleinsätze (131, 132, 133), insbesondere der mit dem Niederhalter
(140) gekoppelte Stempeleinsatz (131, 132, 133), zusätzlich federnd gelagert ist.
8. Pressenwerkzeug (100) nach Anspruch 6 oder 7,
dadurch gekennzeichnet, dass
wenigstens einer der Stempeleinsätze (132, 133) für einen Punktkontakt mit dem umzuformenden
Blech (M) ausgebildet ist.
9. Pressenwerkzeug (100) nach einem der vorausgehenden Ansprüche 6 bis 8,
dadurch gekennzeichnet, dass
wenigstens einer der Stempeleinsätze (131) für einen Linienkontakt mit dem umzuformenden
Blech (M) ausgebildet ist, insbesondere zur Ausformung einer Designkante mit kleinem
Radius.
10. Pressenwerkzeug (100) nach einem der vorausgehenden Ansprüche 6 bis 9,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Matrize (150) wenigstens einen bewegbaren Matrizeneinsatz (151) aufweist, der
einem Stempeleinsatz (131), insbesondere zur Ausformung einer Designkante, gegenüberliegt.