(19)
(11) EP 3 243 920 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.11.2017  Patentblatt  2017/46

(21) Anmeldenummer: 17162715.1

(22) Anmeldetag:  24.03.2017
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C22C 37/04(2006.01)
C21C 1/10(2006.01)
C22C 37/10(2006.01)
B22D 15/00(2006.01)
C22C 37/08(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA MD

(71) Anmelder:
  • Georg Fischer Automotive (Kunshan) Co Ltd.
    Jiangsu 215300 (CN)
  • Georg Fischer Eisenguss GmbH
    3130 Herzogenburg (AT)
  • Georg Fischer Automobilguss GmbH
    78224 Singen (DE)
  • Georg Fischer GmbH
    40822 Mettmann (DE)
  • Georg Fischer GmbH
    04249 Leipzig (DE)

(72) Erfinder:
  • Papis, Konrad
    8005 Zürich (CH)
  • Wierschke, Sebastian
    78224 Singen (DE)

(74) Vertreter: Fenner, Seraina 
Georg Fischer AG Amsler-Laffon-Strasse 9
8201 Schaffhausen
8201 Schaffhausen (CH)

   


(54) SPHÄROGUSSLEGIERUNG


(57) Sphärogusslegierung sowie Gussstücke und deren Herstellverfahren mit perlitischferritischem Gefüge für Gusseisenprodukte mit einer hohen Festigkeit bei gleichzeitig guter Duktilität und Zähigkeit bereits im Gusszustand, umfassend als Nicht-Eisenbestandteile C, Si, Ni, Mn, Cu, Mg, Cr, Al, P, S und den üblichen Verunreinigungen, dadurch gekennzeichnet, dass die Sphärogusslegierung
2.8 bis 3.7 Gew.% C,
1.5 bis 4 Gew.% Si,
1 bis 6.2 Gew.% Ni,
0.02 bis 0.05 Gew.% P,
0.025 bis 0.06 Gew.% Mg,
0.01 bis 0.03 Gew.% Cr,
0.003 bis 0.3 Gew.% Al,
0.0005 bis 0.012 Gew.% S,
0.03 bis 1.5 Gew.% Cu und
0.1 bis 2 Gew.% Mn,
Rest Fe und unvermeidbare Verunreinigungen enthält, wobei die Sphärogusslegierung im Gusszustand ohne anschliessende Wärmebehandlung eine hohe statische Festigkeit von einer 0.2%-Dehngrenze ≥600 MPa und einer Zugfestigkeit ≥750 MPa bei gleichzeitig guter Duktilität von einer Bruchdehnung A5 von 2 bis 10 % erreicht.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Sphärogusslegierung mit perlitisch-ferritischem Gefüge für Gusseisenprodukte mit einer bereits im Gusszustand ohne anschliessende Wärmebehandlung hohen statischen Festigkeit von einer 0.2%-Dehngrenze ≥ 600 MPa und einer Zugfestigkeit ≥ 750 MPa bei gleichzeitig guter Duktilität von einer Bruchdehnung 2 % bis 10 %, umfassend die Nicht-Eisenbestandteile C, Si, P, Mg, S, Mn und Ni sowie die üblichen Verunreinigungen. Einsatzmöglichkeiten für den Kraftfahrzeugbau sind beispielsweise Fahrwerkskomponenten wie Radträger, Fahrzeug-Strukturteile sowie Kurbelwellen.

[0002] Im Kraftfahrzeugbau werden zunehmend höherfeste Gusseisenlegierungen verwendet, die sich zur Potentialausschöpfung einer Gewichtsreduzierung durch höhere Festigkeiten auszeichnen. Aus Kostengründen im Fokus stehen dabei möglichst der Verzicht auf jegliche Wärmbehandlungsprozesse sowie ein Erreichen der geforderten mechanischen Eigenschaften bei lediglich moderaten Legierzusätzen.

[0003] Aus der EP 1 225 239 A1 ist eine höherfeste bainitische Sphärogusslegierung mit als Nicht-Eisenbestandteilen 2 bis 4 % Gew.% Ni und 0.05 bis 0.45 Gew.% Mn bekannt, die Ni-Mn-Spanne dient der Einstellung des variierbaren Verhältnisses von Festigkeit zu Dehnung. Zur Umsetzung der Erfindung bevorzugt sind die Nicht-Eisenbestandteile 3.1 bis 4 % Gew.% C und 1.8 bis 3 Gew.% Si. Ein Werkstoff dieser Zusammensetzung mit diesem Gefüge zeichnet sich aus durch eine Zugfestigkeit von 650 bis 850 MPa und eine 0.2%-Dehngrenze von ≥ 500 MPa bei einer Bruchdehnung von 14.5 bis 7 %. Diese Eigenschaften werden zwar ohne Wärmebehandlung erreicht, die erreichbaren Festigkeiten sind aber bedingt durch die Legierungszusammensetzung begrenzt.

[0004] Aus der DE 10 2004 040 056 A1 ist eine weitere Gusseisenlegierung bekannt, die als Hoch- und verschleissfest sowie korrosionsbeständig beschrieben wird. Sie setzt sich zusammen aus 3 bis 4.2 Gew.% C, 1 bis 3.5 Gew.% Si, 1 bis 6 Gew.% Ni, ≤5 Gew.% Cr, ≤3 Gew.% Cu, ≤3 Gew.% Mo, ≤1 Gew.% Mn, ≤1 Gew.% V, ≤0.4 Gew.% P, ≤0.1 Gew.% S, ≤0.08 Gew.% Mg, ≤0.3 Gew.% Sn und herstellungsbedingte Verunreinigungen enthält. Diese weiten Legierungsbereiche resultieren in vielfältigen Matrixzusammensetzungen von > 50 % nadeligem Ferrit mit unterschiedlichen Anteilen an Austenit (< 20 %), Martensit (< 30 %), Perlit (<50 %) und Karbiden (< 15 %), die Graphitausbildung ist nicht auf Kugelgraphit beschränkt sondern kann auch vermikularer und lamellarer Art sein. Erreichbare Biegebruchfestigkeiten am Anwendungsbeispiel eines Kolbenringes betragen > 1100 MPa, die Härte liegt bei 320 HB2.5, hervorgehoben wird eine nicht näher spezifizierte hohe Zähigkeit/Duktilität. Die Bruchdehnung dürfte insbesondere bei Legierungsvarianten mit Karbidgehalten von bis zu 15 % im Gefüge jedoch deutlich reduziert sein. Im Fall von kleinen Wandstärken (Modul ≤ 1.5 cm) kann zudem ein zusätzlicher Prozessschritt in Form eines Anlassens bei Temperaturen < 700 ° C nötig sein.

[0005] Aus der CA 122 40 66 A1 / US 448 49 53 A ist eine höherfeste Sphärogusslegierung bekannt, wobei die Sphärogusslegierung als Nicht-Eisenbestandteile 3 bis 3.6 Gew.% C, 3.5 bis 5 Gew.% Si, 0.7 bis 5 Gew.% Ni, 0 bis 0.3 Gew.% Mo, 0.2 bis 0.4 Gew.% Mn, ≤0.06 Gew.% P und ≤0.015 Gew.% S enthält. Nachteilig hierbei ist, dass zur Erreichung der angegebenen Zugfestigkeit ≥ 950 MPa, 0.2%-Dehngrenze ≥ 550 MPa und Bruchdehnung von 6 bis 10 % ein ferritisch-bainitisches Gefüge vonnöten ist, welches eine ausferritisierende Wärmebehandlung zwingend erfordert.

[0006] Aus der US 370 22 69 A ist eine hochfeste höherlegierte Sphärogusslegierung bekannt, deren Nicht-Eisenbestandteile umfassen 2.6 bis 4 Gew.% C, 1.5 bis 4 Gew.% Si, 6 bis 11 Gew.% Ni, ≤ 7 Gew.% Co, ≤0.4 Gew.% Mo, ≤1 Gew.% Mn und ≤0.2 Gew.% Cr. Die hohe Zugfestigkeit von ≥ 1000 MPa ist bedingt durch ein feinkörniges bainitisches Gefüge, wobei das Zielgefüge mittels einer erforderlichen Wärmebehandlung in Form eines Anlassens eingestellt werden muss, was wiederum eines Mehraufwands bedarf.

[0007] In der US 585 35 04 A wird ein eisenbasiertes höherlegiertes Gussmaterial beschrieben, dessen Nicht-Eisenbestandteile umfassen 0.8 bis 3.5 Gew.% C, 1 bis 7 Gew.% Si, 5 bis 15 Gew.% Ni, ≤1 Gew.% Mn, ≤2 Gew.% Cr, ≤0.1 Gew.% von mindestens einem Element der Gruppe Mg, Ca und Ce und ≤2 Gew.% von mindestens einem Element der Gruppe Mo, Nb, Ti und V. Der Werkstoff weist eine Härte von mindestens 250 HV bei einem Gefügeanteil von mindestens 30 % Martensit aus, die Graphitausbildung ist überwiegend sphärolithisch. Als Zielprodukt wird eine Läppscheibe benannt, vorzugsweise für den Einsatz in der Halbleiterfertigung. Trotz einer optionalen Wärmebehandlung ist aufgrund der in der Legierung enthaltenen 5 bis 10 % Karbide und der zu grossen Teilen martensitischen Matrix von einer nur geringen Bruchdehnung auszugehen. Dies schliesst aus Sicherheitsgründen eine Verwendung für dynamisch beanspruchte Kraftfahrzeug-Gussprodukte wie Struktur-/Fahrwerksteile aus.

[0008] Aus der US 354 94 30 A ist eine höherfeste bainitische Sphärogusslegierung bekannt, wobei die Sphärogusslegierung als Nicht-Eisenbestandteile 2.9 bis 3.9 Gew.% C, 1.7 bis 2.6 Gew.% Si, 3.2 bis 7 Gew.% Ni, 0.15 bis 0.4 Gew.% Mo, ≤0.2 Gew.% Cr und ≤1 Gew.% Mn enthält. Die Legierung zeichnet sich aus durch eine hohe Zugfestigkeit ≥ 820 MPa, eine 0.2%-Dehngrenze von ≥ 520 MPa bei einer Bruchdehnung von mindestens 2 %. Um diese Eigenschaften zu erreichen ist eine Wärmebehandlung erforderlich, zudem können bei grösseren Wandstärken lokal eingesetzte Kühlkokillen nötig sein.

[0009] Ferner beschreibt DE 180 85 15 A1 eine hochfeste Sphärogusslegierung, deren Nicht-Eisenbestandteile umfassen 2.9 bis 3.9 Gew.% C, 1.7 bis 2.6 Gew.% Si, 3.2 bis 7 Gew.% Ni, 0.15 bis 0.4 Gew.% Mo, ≤0.1 Gew.% Mg, 0 bis 1 Gew.% Mn und 0 bis 0.25 Gew.% Cr bei einem Gesamtgehalt von Mo und Cr von höchstens 0.5 Gew.%. Dieser Werkstoff weist eine Zugfestigkeit von ≥ 1000 MPa und eine 0.2%-Dehngrenze von ≥ 750 MPa bei einer Bruchdehnung von mindestens 4 % auf. Zentrales Merkmal des Werkstoffes ist jedoch eine Wärmebehandlung in Form eines mehrstündigen Anlassens bei Temperaturen von 200 bis 315 °C, da ohne ein Anlassen des Matrixgefüges die angegebenen Kennwerte nicht zu erreichen sind.

[0010] Aus EP 1 834 005 B1 ist eine höherfeste, überwiegend perlitische Sphärogusslegierung für Anwendungen im Kraftfahrzeugbau bekannt. Diese enthält die Nicht-Eisenbestandteile 3.0 bis 3.7 Gew.% C, 2.6 bis 3.4 Gew.% Si, 0.02 bis 0.05 Gew.% P, 0.025 bis 0.045 Gew.% Mg, 0.01 bis 0.03 Gew.% Cr, 0.003 bis 0.017 Gew.% Al, 0.0005 bis 0.012 Gew.% S und 0.0004 bis 0.002 Gew.% B, 0.1 bis 1.5 Gew.% Cu, 0.1 bis 1.0 Gew.% Mn und unvermeidbare Verunreinigungen. Die in dieser Zusammensetzung erzeugten Fahrwerkskomponenten weisen bereits im Gusszustand ohne eine zusätzliche Wärmebehandlung eine Zugfestigkeit von 600 bis 900 MPa, eine 0.2%-Dehngrenze von 400 bis 600 bei einer Bruchdehnung von 14 bis 5 % auf.

[0011] Ausgehend von diesem Stand der Technik ist es zentrale Aufgabe der Erfindung, eine hochfeste Sphärogusslegierung anzugeben, deren Anforderungen an die 0.2%-Dehngrenze, Zugfestigkeit und Bruchdehnung bereits im Gusszustand ohne weiteres Zutun erreicht werden, die vorteilhaft im Gegensatz zu den bekannten hochfesten Gusseisenlegierungen wie z.B. ADI-Werkstoffen (=Austempered Ductile Iron) also keiner gesonderten Wärmebehandlung bedarf.

[0012] Diese Aufgabe wird durch die erfindungsgemässe Sphärogusslegierung beinhaltend 2.8 bis 3.7 Gew.% C, 1.5 bis 4 Gew.% Si, 1 bis 6.2 Gew.% Ni, 0.02 bis 0.05 Gew.% P, 0.025 bis 0.06 Gew.% Mg, 0.01 bis 0.03 Gew.% Cr, 0.003 bis 0.3 Gew.% Al, 0.0005 bis 0.012 Gew.% S, 0.03 bis 1.5 Gew.% Cu und 0.1 bis 2 Gew.% Mn, Rest Fe und unvermeidbare Verunreinigungen erreicht, wobei die Sphärogusslegierung im Gusszustand ohne anschliessende Wärmebehandlung eine hohe statische Festigkeit von einer 0.2%-Dehngrenze ≥600 MPa und einer Zugfestigkeit ≥ 750 MPa bei gleichzeitig guter Duktilität von einer Bruchdehnung A5 von 2 bis 10 % erreicht.

[0013] Das die sphärolithischen Graphitausscheidungen umgebende Matrixgefüge ist dabei perlitisch-ferritisch ausgebildet mit > 50 % Perlit, vorzugsweise liegen der Perlit feinstreifig und der Ferrit globular vor. Auch dadurch unterscheidet sich die erfindungsgemässe Sphärogusslegierung neben den mechanischen Eigenschaften und dem Verzicht auf die Karbidbildner Mo, Nb, Ti und V deutlich von der aus US 585 35 04 A bekannten Legierung mit einem teilweise überlappenden Ni-Legierungsbereich. Ebenso liegt hierin ein Unterschied zu der aus DE 10 2004 040 056 A1 bekannten Gusseisenlegierung begründet, da sich mechanische Eigenschaften eines nadeligen Ferrits deutlich von denen eines globular ausgebildeten Ferrits unterscheiden.

[0014] Vorzugsweise ist die Sphärogusslegierung als Sand-Sphärogusslegierung ausgebildet.

[0015] Der Kerngedanke der Erfindung ist es, eine Sphärogusslegierung anzugeben, die aufgrund geeignet abgestimmter Zusammensetzungen der erfindungsgemässen Sphärogusslegierung und den daraus resultierenden Kombinationen mechanischer Eigenschaften im Kraftfahrzeugbau eingesetzt werden kann beispielsweise für Achs- und Fahrwerksteile, welche sich im Falle eines Zusammenstosses des Kraftwagens plastisch verformen müssen und nicht brechen dürfen, aber auch für Strukturteile und Kurbelwellen, welche hohen dynamischen Belastungen ausgesetzt sind.

[0016] Erwähnenswert ist, dass der erfindungsgemässen Sphärogusslegierung angesichts ihrer mechanischen Eigenschaften und Einsatzmöglichkeiten verglichen mit austenitischen Sphärogusslegierungen bereits moderate Legierungszusätze genügen.

[0017] Ni und Si sind bekannt dafür, die 0.2%-Dehngrenze zu erhöhen. Dies wird einerseits auf die Mischkristallverfestigung zurückgeführt (Si und Ni), andererseits auf eine Perlitfeinung durch Absenkung der Austenit-Ferrit-Umwandlungstemperatur hin zu niedrigeren Temperaturen (Ni). Es ist von Vorteil, dass die Legierung eine möglichst hohe 0.2%-Dehngrenze bei nicht zu geringen Bruchdehnungswerten aufweist (hohes Leichtbaupotential). Dies wird in erster Linie dadurch erreicht, dass die Sphärogusslegierung 1 bis 6.2 Gew.% Ni, vorzugsweise 2.5 bis 5.2 Gew.% Ni und besonders bevorzugt 4 bis 5.2 Gew.% Ni aufweist.
Insbesondere in Verbindung mit 1.5 bis 4 Gew.% Si, vorzugsweise 2 bis 3.5 Gew.% Si und besonders bevorzugt 2.2 bis 3.3 Gew.% Si werden gute Festigkeitseigenschaften bei nicht zu geringen Bruchdehnungswerten erreicht. So liegt beispielsweise im Vergleich zu der aus EP 1 225 239 A1 bekannten bainitischen Legierung, die ebenfalls keine Wärmebehandlung benötigt, die 0.2%-Dehngrenze der erfindungsgemässen perlitisch-ferritischen Sphärogusslegierung mit ≥600 MPa gegenüber ≥ 500 MPa deutlich höher (Zugfestigkeit ebenso etwas höher). So enthalten die in EP 1 225 239 A1 genannten Ausführungsbeispiele keine Werte der 0.2%-Dehngrenze oberhalb von 550 MPa.

[0018] Die Einhaltung der angegebenen unteren und oberen Grenzen für die Nicht-Eisenbestandteile Si und Ni sind entscheidend für das perlitisch-ferritische Zielgefüge und somit für die Erreichung der mechanischen Eigenschaften der erfindungsgemässen Sphärogusslegierung.
Bei Ni-Gehalten < 1 Gew.% ist keine merkliche Dehngrenzensteigerung zu verzeichnen, Gehalte > 6.2 Gew.% sind aufgrund eines erhöhten Risikos der Martensitbildung zu vermeiden. Hinsichtlich dieses Risikos der Martensitbildung weist die erfindungsgemässe Sphärogusslegierung einen deutlichen Vorteil auf gegenüber der Legierung aus DE 10 2004 040 056 A1 mit ähnlichen Ni-Gehaltsgrenzen, so wird selbst bei geringen Wandstärken von ca. 8 mm ein sicher martensitfreies Gefüge erreicht ohne die Notwendigkeit eines nachfolgenden Anlassens. In einer bevorzugten Ausführung der erfindungsgemässen Sphärogusslegierung ist dies möglich durch Einhaltung bestimmter Zusammensetzungsverhältnisse an Ni-, Si- und Mn-Gehalten. So ist es zu bevorzugen, dass für ein im Gusszustand martensitfreies perlitisch-ferritisches Gefü ge der erfindungsgemässen Sphärogusslegierung die Summe der Gehalte an Ni und Si ≤ 9 Gew.% beträgt, gleichzeitig sollte das Verhältnis (Ni+0.5*Mn)/(1.5*Si) nicht den Wert 1.5 überschreiten.
Gehalte an Si < 1.5 Gew.% erhöhen das Risiko der Karbidbildung, im schlimmsten Fall kann eine Weisserstarrung die Folge sein. Gehalte an Si > 4 Gew.% führen zu einem deutlichen Absinken der Bruchdehnung und erhöhen aufgrund der verringerten Kohlenstofflöslichkeit im Austenit ebenfalls das Risiko der Martensitbildung. Zudem ist der Si-Gehalt auch aus dem Grund zu begrenzen, als dass Silizium die Austenit-Ferrit-Umwandlungstemperatur hin zu höheren Temperaturen verschiebt und somit der über Nickel-Zugaben angestrebten Perlitfeinung entgegen wirkt.

[0019] Das Zulegieren von 0.03 bis 1.5 Gew.% Cu erfolgt - insbesondere bei bezogen auf die für die erfindungsgemässe Sphärogusslegierung angegebenen Grenzen niedrigen Ni-Gehalten bei gleichzeitig hohen Si-Gehalten - zur Sicherung des für die Erreichung der mechanischen Eigenschaften überwiegend perlitischen Gefüges mit > 50 % Perlit, Rest Ferrit, dabei Ferrit vorzugsweise globular ausgebildet.

[0020] Mn ist in zunehmenden Anteilen ein Schrottbegleiter. Für eine Steigerung der Dehngrenze ist Mn bis zu einem moderaten Gehalt vorteilhaft. Mn senkt zudem die Martensit-Starttemperatur und kann somit dazu beitragen, in schneller abkühlenden dünnwandigen Bauteil-Partien die Gefahr von Martensitbildung zu reduzieren. Die Obergrenze für die erfindungsgemässe Sphärogusslegierung von 2 Gew.% Mn ist durch eine starke Versprödung durch Karbidbildung bedingt, eine Zunahme von seigernden Korngrenzkarbiden insbesondere bei gleichzeitig höheren Si-Gehalten ist jedoch bereits bei tieferen Mn-Gehalten zu verzeichnen.

[0021] Das Zulegieren von 0.003 bis 0.3 Gew.% Al kann erfolgen, um eine weitere Festigkeitssteigerung durch Mischkristallverfestigung zu erreichen. Der Gehalt an Al ist jedoch auf < 0.3 Gew.% zu begrenzen, da Al gleichzeitig als Ferritstabilisator wirkt und somit entgegen der für die mechanischen Eigenschaften notwendigen, überwiegend perlitischen Gefügeausbildung mit > 50 % Perlit.

[0022] Die Einhaltung der angegebenen oberen Grenzen für die Nicht-Eisenbestandteile Mn, Cu, Mg, Cr, Al, P, S sind entscheidend für die Erreichung der mechanischen Eigenschaften sowie die Bearbeitbarkeit von Gussteilen aus der erfindungsgemässen Sphärogusslegierung. Überhöhte Gehalte an Cu, Mg, Al und S können die Graphitausbildung negativ beeinflussen, entsprechende Abweichungen der Graphitgestalt von der angestrebten sphärolithischen Form führen zu deutlichen Verschlechterungen von Bruchdehnung und erreichbarer Festigkeit. Versprödend wirkt ebenfalls Cr, seinerseits durch Förderung der Karbidbildung.
Zu begrenzen ist P aufgrund der hinlänglich bekannten versprödenden Wirkung niedrigschmelzender P-reicher Phasen, die sich an Korngrenzen ausbilden können (ehemalige, P-angereicherte Restschmelzebereiche).

[0023] Vorzugsweise ist der Graphitanteil unmittelbar nach dem Giessprozess im Gusszustand, d.h. nach Giessen und Abkühlen in der Form, zu mehr als 90 % des vorhandenen Graphits kugelförmig ausgebildet.

[0024] Vorteilhaft ist es, wenn das Matrixgefüge des Gussteiles unmittelbar nach dem Giessprozess im Gusszustand, d.h. nach Giessen und Abkühlen in der Form, zu 50 bis 90 % perlitisch ausgebildet ist.

[0025] In einer vorteilhaften Ausführung weist das Gefüge des Gussteiles unmittelbar nach dem Giessprozess im Gusszustand, d.h. nach Giessen und Abkühlen in der Form, 200 bis 1200 Sphärolithen pro mm2 auf.

[0026] Vorzugsweise weisen die Graphitteilchen eine Grössenverteilung von mindestens 5 % der Grösse 8, 40 % bis 70 % der Grösse 7 und höchstens 35 % der Grösse 6 gemäss DIN EN ISO 945 auf.

[0027] Vorteilhaft ist es, wenn das Gussteil eine Brinellhärte von 260 bis 320 HBW aufweist.

[0028] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird wie folgt beschrieben, wobei sich die Erfindung nicht nur auf oder durch das folgende Ausführungsbeispiel beschränkt.

[0029] Eine Y2-Probe wurde aus der erfindungsgemässen Sphärogusslegierung in Sand abgegossen. Die chemische Zusammensetzung beträgt 2.87 Gew.% C, 5.12 Gew.% Ni, 3.25 Gew.% Si, 0.03 Gew.% Cu, 0.22 Gew.% Mn, 0.046 Gew. % Mg, 0.037 Gew.% P, 0.022 Gew.% Cr, 0.013 Gew.% Al und 0.003 Gew.% S, Rest Fe und den üblichen Verunreinigungen. Die Summe der Gehalte Ni+Si beträgt somit ≈ 8.4 Gew.% (≤ 9 Gew.% bevorzugt), das Verhältnis (Ni+0.5*Mn)/(1.5*Si) ≈ 1.1 (≤ 1.5 bevorzugt).
Das Gussstück wurde im Gusszustand untersucht auf Sphärolithenzahl, Graphitgehalt, Graphitform und Graphitgrösse, Perlitgehalt, sowie auf Kennwerte aus dem Zugversuch, auf die Brinellhärte und Schlagarbeit. Die Sphärolithenzahl beträgt 218 Sphärolithen pro mm2, der Graphitgehalt 10.6 %. Die Graphitform nach DIN EN ISO 945 ist zu 94 % von der Form VI. Die Grössenverteilung nach DIN EN ISO 945
ist 8 % der Grösse 8, 57 % der Grösse 7 und 33 % der Grösse 6. Der Perlitgehalt der Matrix beträgt 79 % (Gefügeaufnahme siehe Abbildung 1, Restbestandteil: Ferrit, globular ausgebildet). Die Brinellhärte beträgt 310 +/- 2 HBW5/750. Die Schlagarbeit einzelner Proben betrug bei Raumtemperatur 30.1 J, respektive 12.5 J bei -30 °C.
Die Raumtemperatur-Zugversuche nach DIN EN ISO 6892-1 ergaben folgende Kennwerte:
  • 0.2%-Dehngrenze: 658 bis 663 MPa,
  • Zugfestigkeit: 884 bis 889 MPa,
  • Bruchdehnung: 6.2 bis 7.9 %,
  • Elastizitätsmodul (ermittelt über Regression im Bereich 100 - 300 MPa): 175 bis 186 GPa.
Aus derselben Schmelze des beschriebenen Beispiels der erfindungsgemässen Sphärogusslegierung wurden auch Zugprobenrohlinge abgegossen, deren Gusswandstärke im Prüfbereich ca. 8 mm betrug. Daraus entnommene 6mm-Zugproben bestätigen die Y2-Proben-Resultate, erreicht werden konnten eine 0.2%-Dehngrenze von 652 MPa und eine Zugfestigkeit von 872 MPa bei einer Bruchdehnung von 6.9 %.
Damit liegen die Proben dieser Beispielvariante der erfindungsgemässen Sphärogusslegierung hinsichtlich der Zugprüfkennwerte bereits im Gusszustand in der Grössenordnung von ADI (=Austempered Ductile Iron), einem durch eine sehr aufwendige Wärmebehandlung erzeugten, in grösseren Wanddicken nur durch Zulegieren der Elemente Ni und/oder Mo realisierbaren und damit erwartungsgemäss teureren Sphärogusswerkstoff, der in Europa unter EN 1564 genormt ist.

[0030] Zur Veranschaulichung ist in Abbildung 2 die Dehngrenze Rp0.2 als Funktion der Bruchdehnung A5 dargestellt. Eingetragen ist das beschriebene Ausführungsbeispiel der erfindungsgemässen Sphärogusslegierung sowie Vertreter der in DIN EN 1563 und DIN EN 1564 genormten Sphärogusslegierungen. Die grauen Linien in Abbildung 2 verbinden die Mindestwerte gemäss der Norm DIN EN 1563 für Gusseisen mit Kugelgraphit von im Gusszustand hergestellten Sorten. Die durchgezogene schwarze Linie in Abbildung 2 verbindet die Mindestwerte gemäss der Norm DIN EN 1564 für Gusseisen mit Kugelgraphit von wärmebehandelten ADI-Sorten. Schwarz auf gestrichelter Linie dargestellt sind patentierte Sphärogusslegierungen der Firma Georg Fischer (EP 1 834 005 B1 und EP 1 270 747 B1).


Ansprüche

1. Sphärogusslegierung mit perlitisch-ferritischem Gefüge für Gusseisenprodukte mit einer hohen Festigkeit bei gleichzeitig guter Duktilität und Zähigkeit bereits im Gusszustand, umfassend als Nicht-Eisenbestandteile C, Si, Ni, Mn, Cu, Mg, Cr, Al, P, S und den üblichen Verunreinigungen, dadurch gekennzeichnet, dass die Sphärogusslegierung

2.8 bis 3.7 Gew.% C,

1.5 bis 4 Gew.% Si,

1 bis 6.2 Gew.% Ni,

0.02 bis 0.05 Gew.% P,

0.025 bis 0.06 Gew.% Mg,

0.01 bis 0.03 Gew.% Cr,

0.003 bis 0.3 Gew.% Al,

0.0005 bis 0.012 Gew.% S,

0.03 bis 1.5 Gew.% Cu und

0.1 bis 2 Gew.% Mn,

Rest Fe und unvermeidbare Verunreinigungen enthält, wobei die Sphärogusslegierung im Gusszustand ohne anschliessende Wärmebehandlung eine hohe statische Festigkeit von einer 0.2%-Dehngrenze ≥600 MPa und einer Zugfestigkeit ≥750 MPa bei gleichzeitig guter Duktilität von einer Bruchdehnung A5 von 2 bis 10 % erreicht.
 
2. Sphärogusslegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung 2 bis 3.5 Gew.% Si, besonders bevorzugt 2.2 bis 3.3 Gew.% Si enthält, wobei die Summe der Legierungsgehalte an Ni und Si ≤ 9 Gew.% ist und gleichzeitig das Verhältnis (Ni+0.5*Mn)/(1.5*Si) ≤ 1.5 ist, wobei sich bei Abkühlung von der Giesshitze bis auf Raumtemperatur ein rein perlitisch-ferritisches Gefüge > 50 % Perlit, Rest Ferrit einstellt.
 
3. Sphärogusslegierung nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung 2.5 bis 5.2 Gew.% Ni, besonders bevorzugt 4.0 bis 5.2 Gew.% Ni enthält, wobei die Summe der Legierungsgehalte an Ni und Si ≤ 9 Gew.% ist und gleichzeitig das Verhältnis (Ni+0.5*Mn)/(1.5*Si) ≤ 1.5 ist, wobei sich bei Abkühlung von der Giesshitze bis auf Raumtemperatur ein rein perlitisch-ferritisches Gefüge > 50 % Perlit, Rest Ferrit einstellt.
 
4. Sphärogusslegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung 0.2 bis 0.5 Gew.% Mn, besonders bevorzugt 0.15 bis 0.4 Gew.% Mn enthält, wobei die Summe der Legierungsgehalte an Ni und Si ≤ 9 Gew.% ist und gleichzeitig das Verhältnis (Ni+0.5*Mn)/(1.5*Si) ≤ 1.5 ist, wobei sich bei Abkühlung von der Giesshitze bis auf Raumtemperatur ein rein perlitisch-ferritisches Gefüge > 50 % Perlit, Rest Ferrit einstellt.
 
5. Sphärogusslegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung 0.03 bis 0.5 Gew.% Cu, besonders bevorzugt 0.03 bis 0.1 Gew.% Cu enthält, wobei die Summe der Legierungsgehalte an Ni und Si ≤ 9 Gew.% ist und gleichzeitig das Verhältnis (Ni+0.5*Mn)/(1.5*Si) ≤ 1.5 ist, wobei sich bei Abkühlung von der Giesshitze bis auf Raumtemperatur ein rein perlitisch-ferritisches Gefüge > 50 % Perlit, Rest Ferrit einstellt.
 
6. Sphärogusslegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung 0.003 bis 0.25 Gew.% Al, besonders bevorzugt 0.003 bis 0.02 Gew.% Al enthält, wobei die Summe der Legierungsgehalte an Ni und Si ≤ 9 Gew.% ist und gleichzeitig das Verhältnis (Ni+0.5*Mn)/(1.5*Si) ≤ 1.5 ist, wobei sich bei Abkühlung von der Giesshitze bis auf Raumtemperatur ein rein perlitisch-ferritisches Gefüge > 50 % Perlit, Rest Ferrit einstellt.
 
7. Sphärogusslegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Graphitanteil unmittelbar nach dem Giessen und Abkühlen zu mehr als 90 % des vorhandenen Graphits kugelförmig ausgebildet ist.
 
8. Sphärogusslegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass das perlitisch-ferritische Matrixgefüge des Gussteiles unmittelbar nach dem Giessen und Abkühlen zu 55 bis 90 % perlitisch und der verbleibende Ferrit dabei vorzugsweise globular ausgebildet ist.
 
9. Sphärogusslegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Gefüge des Gussteiles unmittelbar nach dem Giessen und Abkühlen 200 bis 1200 Sphärolithen pro mm2 aufweist.
 
10. Sphärogusslegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Graphitteilchen eine Grössenverteilung von mindestens 5 % der Grösse 8, 40 % bis 70 % der Grösse 7 und höchstens 35 % der Grösse 6 gemäss DIN EN ISO 945 aufweisen.
 
11. Sphärogusslegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass das Gussteil eine Brinellhärte von 260 bis 320 HBW aufweist.
 
12. Verwendung einer Sphärogusslegierung nach Anspruch 1 zur Herstellung von Fahrwerksteilen in Kraftfahrzeugen mit einer hohen statischen Festigkeit von einer 0.2%-Dehngrenze ≥600 MPa und einer Zugfestigkeit ≥750 MPa bei gleichzeitig guter Duktilität von einer Bruchdehnung A5 von 2 bis 10 %, vorzugsweise von Radträgern, Schwenklagern, Achslenkern, Kurbelwellen und/oder Hinterachsgehäusen in Kraftfahrzeugen.
 
13. Verfahren zur Herstellung eines Gussteiles aus der Sphärogusslegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Giessen und Abkühlen des Gussteiles keine Wärmebehandlung des Gussteiles erfolgt und das Gussteil eine hohe statische Festigkeit von einer 0.2%-Dehngrenze ≥600 MPa und einer Zugfestigkeit ≥750 MPa bei gleichzeitig guter Duktilität von einer Bruchdehnung A5 von 2 bis 10 % aufweist.
 




Zeichnung







Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente