(19)
(11) EP 3 255 183 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
13.12.2017  Patentblatt  2017/50

(21) Anmeldenummer: 17170742.5

(22) Anmeldetag:  12.05.2017
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
D01H 4/50(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA MD

(30) Priorität: 25.05.2016 DE 102016109682

(71) Anmelder: Rieter Ingolstadt GmbH
85055 Ingolstadt (DE)

(72) Erfinder:
  • WIDNER, Harald
    85051 Ingolstadt (DE)
  • BAIER, Frank
    86558 Hohenwart (DE)
  • HAUNSCHILD, Helmut
    92345 Dietfurt (DE)

(74) Vertreter: Bergmeier, Werner 
Canzler & Bergmeier Patentanwälte Partnerschaft mbB Friedrich-Ebert-Straße 84
85055 Ingolstadt
85055 Ingolstadt (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUM ANSPINNEN EINES FADENS IN EINER OFFENEND-SPINNVORRICHTUNG


(57) Bei einem Verfahren zum Anspinnen eines Fadens (3) in einer Offenend-Spinnvorrichtung (1) wird zur Bildung eines Ansetzers dem Spinnelement (2) mittels einer Speisevorrichtung (4) ein Fasermaterial (5) zugeführt, ein Fadenende (3') in das Spinnelement (2) rückgeliefert und der neu angesponnene Faden (3) mittels einer Abzugsvorrichtung (6) abgezogen. Zumindest die Speisevorrichtung (4) und die Abzugsvorrichtung (6) werden durch eine Steuervorrichtung (8) der Offenend-Spinnvorrichtung (1) gesteuert, wobei Einstellungen (ES, EA) zur Steuerung der Speisevorrichtung (4) und der Abzugsvorrichtung (6) durch ein Expertensystem (9) berechnet werden. Eine entsprechende Vorrichtung zum Anspinnen eines Fadens (3) weist eine Steuervorrichtung (8) mit einem Expertensystem (9) auf. Durch das Expertensystem (9) wird zumindest ein Zeitpunkt (t1, t2) des Auftretens zumindest einer Dünnstelle vorausberechnet und der/die berechnete(n) Zeitpunkt(e) (t1, t2) werden zur Ermittlung der Einstellungen (EA) zur Steuerung der Abzugsvorrichtung (6) herangezogen. Dabei wird mittels der ermittelten Einstellungen (EA) eine Abzugsgeschwindigkeit (vA) der Abzugsvorrichtung (6) derart gesteuert, dass die zumindest eine Dünnstelle zumindest teilweise kompensiert wird.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Anspinnen eines Fadens in einer ein Spinnelement aufweisenden Offenendspinnvorrichtung mittels eines Expertensystems. Bei dem Verfahren wird zur Bildung eines Ansetzers dem Spinnelement mittels einer Speisevorrichtung ein zu verspinnendes Fasermaterial zugeführt, ein Fadenende in das Spinnelement rückgeliefert und der neu angesponnene Faden mittels einer Abzugsvorrichtung abgezogen. Die Speisevorrichtung und die Abzugsvorrichtung werden dabei durch eine Steuervorrichtung der Offenendspinnvorrichtung gesteuert, wobei Einstellungen zur Steuerung der Speisevorrichtung und der Abzugsvorrichtung durch ein Expertensystem aus in der Steuervorrichtung hinterlegten, empirischen Daten sowie aus in die Steuervorrichtung eingegebenen, aktuellen Spinnbetriebsdaten und Ansetzerdaten berechnet werden.

[0002] Ein solches Verfahren, bei welchem Einstellungen für die Arbeitsabläufe, die für den Anspinnvorgang relevant sind, durch ein Expertensystem berechnet werden, ist beispielsweise aus der DE 103 27 370 A1 bekannt. Dabei werden in einer Steuervorrichtung bestimmte Berechnungsformeln zur Berechnung der maßgebenden Einstellungen hinterlegt. Weiterhin sind in der Steuervorrichtung feststehende Parameter hinterlegt, welche sich beispielsweise auf verschiedene Materialien oder auf verschiedene Garneigenschaften beziehen und welche zur Berechnung der Einstellungen mittels der Berechnungsformeln herangezogen werden. Diese Parameter wurden auf Basis von früheren Anspinnversuchen empirisch ermittelt und haben sich zur Berechnung von Einstellungen für qualitativ hochwertige Ansätze bewährt. Es müssen somit nur noch aktuelle Spinnbetriebsdaten und Daten, welche das Aussehen des zu erzeugenden Ansetzers betreffen, in die Steuervorrichtung eingegeben werden. Diese errechnet daraufhin selbstständig für den Anspinnvorgang geeignete Einstellungen.

[0003] Ein Problem ist dabei stets das Auftreten von Dick- und Dünnstellen, welche im Ansetzer stets an charakteristischen Stellen auftreten. Zur Vermeidung dieser Dick- und Dünnstellen wurde durch die DE 103 27 370 A1 bereits vorgeschlagen, die Speisegeschwindigkeit der Speisevorrichtung nach dem ersten Einspeisen von Fasern in den Spinnrotor stufenweise zu reduzieren, um die Menge der eingespeisten Fasern und damit die Menge der Fasern im Ansetzer zu regulieren. Die stufenweise Reduktion erfolgt dabei auf der Basis von empirisch ermittelten Daten.

[0004] Daneben wurde durch die EP 0 381 995 B1 vorgeschlagen, die Fadenabzugsgeschwindigkeit an die in der Spinnvorrichtung wirksame Faserspeisung anzupassen. Dabei wird der Fadenabzug in Abhängigkeit zu dem Auskämmzustand des Faserbartes derart gesteuert, dass bei starker Beeinträchtigung des Faserbartes die Fadenabzugsgeschwindigkeit langsamer erhöht wird als bei geringerer Beeinträchtigung. Weiterhin kann bei starker Beeinträchtigung des Faserbartes der Fadenabzug später beginnen als bei geringer Beeinträchtigung. Um den Auskämmzustand des Faserbartes zu ermitteln, wird die Stillstandszeit des Faserbandes bei laufender Auflösewalze herangezogen.

[0005] Mittels den genannten Maßnahmen ist es zwar gelungen, die auftretenden Dick- und Dünnstellen abzumildern. Dennoch treten nach wie vor Dick- und Dünnstellen im Ansetzer auf, welche sowohl während des Anspinnvorganges als auch während der Weiterverarbeitung zu Problemen führen können.

[0006] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Anspinnen eines Fadens vorgeschlagen, welche die Erzeugung besonders hochwertiger Ansetzer ermöglichen.

[0007] Die Aufgabe wird gelöst mit den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche.

[0008] Bei einem Verfahren zum Anspinnen eines Fadens in einer ein Spinnelement aufweisenden Offenendspinnvorrichtung mittels eines Expertensystems wird zur Bildung eines Ansetzers dem Spinnelement mittels einer Speisevorrichtung ein zu verspinnendes Fasermaterial zugeführt, ein Fadenende in das Spinnelement rückgeliefert und der neu angesponnene Faden mittels einer Abzugsvorrichtung abgezogen. Dabei werden zumindest die Speisevorrichtung und die Abzugsvorrichtung durch eine Steuervorrichtung der Offenendspinnvorrichtung gesteuert. Einstellungen zur Steuerung der Speisevorrichtung und der Abzugsvorrichtung werden dabei durch ein Expertensystem aus in der Steuervorrichtung hinterlegten, empirischen Daten sowie aus in die Steuervorrichtung eingegebenen, aktuellen Spinnbetriebsdaten und Ansetzerdaten ermittelt.

[0009] Eine Vorrichtung zum Anspinnen eines Fadens in einer Offenendspinnvorrichtung weist entsprechend wenigstens eine Speisevorrichtung zum Zuführen eines Fasermaterials, eine Fadenrückliefervorrichtung und eine Abzugsvorrichtung zum Abziehen des neu angesponnenen Fadens auf. Weiterhin weist die Vorrichtung eine Steuervorrichtung mit einem Expertensystem auf, wobei Einstellungen zur Steuerung der Speisevorrichtung und der Abzugsvorrichtung durch das Expertensystem berechenbar sind und zumindest die Speisevorrichtung und die Abzugsvorrichtung durch die Steuervorrichtung entsprechend der ermittelten Einstellungen steuerbar sind.

[0010] Bei dem Verfahren wird durch das Expertensystem zumindest ein Zeitpunkt des Auftretens zumindest einer Dünnstelle, insbesondere einer ersten und/oder einer zweiten Dünnstelle, im Ansetzer berechnet. Der berechnete Zeitpunkt oder die berechneten Zeitpunkte werden dann zur Ermittlung der Einstellungen für die Steuerung der Abzugsvorrichtung herangezogen und die Abzugsgeschwindigkeit der Abzugsvorrichtung wird mittels der ermittelten Einstellungen derart gesteuert, dass die zumindest eine Dünnstelle zumindest teilweise kompensiert wird. Bei der Vorrichtung zum Anspinnen eines Fadens ist entsprechend durch das Expertensystem der Zeitpunkt des Auftretens wenigstens einer Dünnstelle im Ansetzer vorausberechenbar und eine Abzugsgeschwindigkeit der Abzugsvorrichtung derart steuerbar, dass die wenigstens eine Dünnstelle zumindest teilweise kompensiert wird.

[0011] Durch die Vorherberechnung des Zeitpunkts des Auftretens einer Dünnstelle ist es möglich, die Fasermenge im Ansetzer durch eine Anpassung der Abzugsgeschwindigkeit vergleichsweise genau einzustellen und dadurch die im Ansetzer auftretenden Dünnstellen wesentlich besser als bisher zu kompensieren. Zur Berechnung des Zeitpunktes der Dünnstelle(n) wird zumindest ein Teil der in die Steuervorrichtung eingegebenen, aktuellen Spinnbetriebsdaten und Ansetzerdaten sowie der hinterlegten empirischen Daten herangezogen. Der Zeitpunkt des Auftretens einer Dünnstelle kann dabei in Relation zu einem bestimmten, feststehenden Ereignis bzw. Zeitpunkt innerhalb des Anspinnprozesses, bspw. in Relation zum Freigeben des Fadens oder zum Einspeisen oder Freigeben des Faserbarts zu Beginn des Anspinnens berechnet werden.

[0012] Nach einer vorteilhaften Ausführung des Verfahrens wird die Abzugsvorrichtung durch die Steuervorrichtung voreilend zu oder spätestens zu dem Zeitpunkt des Auftretens der wenigstens einen Dünnstelle für eine vorbestimmte Zeitdauer mit einer gegenüber einer Betriebs-Abzugsgeschwindigkeit und oder gegenüber einer Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit reduzierten Abzugsgeschwindigkeit angetrieben. Erst nach der vorbestimmten Zeitdauer wird die Abzugsgeschwindigkeit wieder auf die für diese Anspinnphase reguläre Abzugsgeschwindigkeit beschleunigt. Hierdurch wird die Fasermasse im Ansetzer unmittelbar vor oder bei dem Auftreten einer Dünnstelle kurzfristig erhöht. Es hat sich dabei gezeigt, dass durch das kurzzeitige Antreiben mit der reduzierten Abzugsgeschwindigkeit die Fasermasse im Ansetzer ohne wesentliche Zeitverzögerungen beeinflusst werden kann, so dass eine besonders genaue Kompensation der Dünnstellen möglich ist.

[0013] Weiterhin ist es vorteilhaft, wenn nach dem Rückliefern des Fadenendes die Abzugsvorrichtung auf eine gegenüber einer Betriebs-Abzugsgeschwindigkeit reduzierte Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit beschleunigt wird. Der Anspinnvorgang kann somit vorteilhafterweise bei reduzierten Geschwindigkeiten der beteiligten Aggregate durchgeführt werden und anschließend können die am Anspinnvorgang beteiligten Aggregate synchron auf ihre Betriebsdrehzahl bzw. die Abzugsvorrichtung auf ihre Betriebs-Abzugsgeschwindigkeit hochgefahren werden.

[0014] Weiterhin ist es vorteilhaft, wenn die Abzugsvorrichtung vor dem Erreichen der Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit und/oder vor dem Erreichen der Betriebs-Abzugsgeschwindigkeit zunächst in einer ersten Beschleunigungsphase auf eine vorbestimmte, erste reduzierte Abzugsgeschwindigkeit beschleunigt wird und anschließend für eine erste, vorbestimmte Zeitdauer mit der ersten Abzugsgeschwindigkeit angetrieben wird. Es ist hierdurch möglich, den Abzug des neu angesponnenen Fadens nach dem Fadenabwurf zu starten und damit den Anspinnvorgang zu ermöglichen und dabei dennoch durch unmittelbar vor oder zu dem Auftreten einer Dünnstelle die Fasermenge im Ansetzer zu erhöhen. Dabei wird nach einer ersten Ausführung des Verfahrens die reduzierte Abzugsgeschwindigkeit der Abzugsvorrichtung weitgehend konstant gehalten.

[0015] Nach einer anderen Ausführung ist es jedoch auch denkbar, zusätzlich einen Toleranzbereich vorzugeben und die Abzugsvorrichtung für die erste vorbestimmte Zeitdauer mit einer innerhalb dieses Toleranzbereichs liegenden, reduzierten Abzugsgeschwindigkeit anzutreiben. Der Toleranzbereich kann beispielsweise +/- 40 % der vorgegebenen ersten Abzugsgeschwindigkeit betragen. Vorteilhaft ist es jedoch, wenn der Toleranzbereich lediglich +/- 30 % beträgt und besonders vorteilhaft ist es, wenn dieser lediglich +/- 20 % der ersten Abzugsgeschwindigkeit beträgt. Dabei ist es auch möglich, innerhalb dieses Toleranzbereichs einen zeitlichen Verlauf der Abzugsgeschwindigkeit vorzugeben. Im Ansetzer tritt eine erste Dickstelle, welcher eine erste Dünnstelle unmittelbar folgt, üblicherweise in einem Überlappungsbereich des in das Spinnelement rückgelieferten Fadenendes mit einem dort bereits abgelegten Faserring auf. Eine zweite Dünnstelle kann zudem im Anschluss an die Einbindestelle dieses Faserringes entstehen. Das Betreiben mit der reduzierten, ersten Abzugsgeschwindigkeit kann sowohl zur Kompensation der ersten als auch der zweiten Dünnstelle angewendet werden.

[0016] Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Abzugsvorrichtung nach der ersten vorbestimmten Zeitdauer und vor dem Erreichen der Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit und/oder vor dem Erreichen der Betriebs-Abzugsgeschwindigkeit in einer zweiten Beschleunigungsphase auf eine vorbestimmte, zweite reduzierte Abzugsgeschwindigkeit beschleunigt wird. Anschließend wird die Abzugsvorrichtung wiederum für eine zweite, vorbestimmte Zeitdauer mit der zweiten Abzugsgeschwindigkeit angetrieben. Alternativ kann wiederum die Abzugsvorrichtung für die zweite vorbestimmte Zeitdauer in einem engen Toleranzbereich um die zweite reduzierte Abzugsgeschwindigkeit angetrieben. Es ist hierdurch möglich, sowohl die erste Dünnstelle als auch die zweite Dünnstelle im Ansetzer zu kompensieren. Es können somit Ansetzer mit besonders hohen Festigkeiten und besonders gleichmäßigem Aussehen erzeugt werden.

[0017] Vorteilhaft ist es weiterhin, wenn die durch das Expertensystem ermittelten Einstellungen zur Steuerung der Abzugsvorrichtung zumindest einen Zeitpunkt des Beginns, die Zeitdauer des Antreibens mit der reduzierten Abzugsgeschwindigkeit sowie die Höhe der reduzierten Abzugsgeschwindigkeit umfassen. Ebenso ist es aber natürlich auch möglich, die Höhe der Beschleunigung in der ersten und oder in der zweiten Beschleunigungsphase sowie den Zeitpunkt des Beginns des Antreibens mit der reduzierten Abzugsgeschwindigkeit vorzugeben, um die Abzugsvorrichtung zu steuern.

[0018] Nach einer Weiterbildung des Verfahrens ist es vorteilhaft, wenn die Einstellungen weiterhin die Höhe einer Beschleunigung zum Erreichen der Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit und/oder der Betriebs-Abzugsgeschwindigkeit umfassen. Die Abzugsvorrichtung kann somit sehr exakt in Bezug auf die Faserspeisung gesteuert werden, so dass ein besonders gleichmäßiger Ansetzer erzeugt werden kann.

[0019] Weiterhin ist es vorteilhaft, wenn die Einstellungen zur Steuerung der Abzugsvorrichtung in Abhängigkeit von einer Materialart eines zu verspinnenden Fasermaterials und/oder der Garnfeinheit des Fadens durch das Expertensystem ermittelt werden. Es hat sich gezeigt, dass sowohl die Länge als auch die Ausprägung von Dick- und Dünnstellen teilweise auch stark von diesen Faktoren abhängig sind. Es können somit sowohl der Beginn als auch die Zeitdauer des Antreibens mit der reduzierten Abzugsgeschwindigkeit sowie die Höhe der reduzierten Abzugsgeschwindigkeit auf die Materialart und den Garncharakter des jeweils erzeugten Garns abgestimmt werden.

[0020] Dabei werden nach einer ersten Ausführung des Verfahrens die Einstellungen zur Steuerung der Abzugsvorrichtung durch das Expertensystem auf Basis der eingegebenen und der hinterlegten Daten berechnet.

[0021] Nach einer anderen Ausführung des Verfahrens ist es vorteilhaft, wenn in der Steuervorrichtung mehrere Funktionskurven für die Steuerung der Abzugsvorrichtung hinterlegt sind. Die Funktionskurven geben dabei keine einzelnen Zeitpunkte oder Zeitdauern, sondern einen Verlauf der Abzugsgeschwindigkeit über die Zeit vor. Das Expertensystem ermittelt dann geeignete Einstellungen zur Steuerung der Abzugsvorrichtung, indem es in Abhängigkeit von dem berechneten Zeitpunkt des Auftretens der wenigstens einen Dünnstelle eine geeignete Funktionskurve auswählt. Auch dabei ist es möglich, verschiedenen Materialarten und/oder verschiedenen Garncharakteren eine oder mehrere Funktionskurven zuzuordnen, so dass die Auswahl einer geeigneten Funktionskurve in Abhängigkeit von der Materialart und/oder von dem Garncharakter erfolgen kann. Es kann somit trotz der Steuerung der Abzugsvorrichtung entlang einer vorgegebenen Funktionskurve eine gute Dünnstellenkompensation erzielt werden.

[0022] Weiterhin ist es vorteilhaft, wenn bei der Berechnung des Zeitpunkts des Auftretens der zumindest einen Dünnstelle das Spinnelement betreffende, aktuelle Spinnbetriebsdaten, insbesondere ein Rotorumfang, berücksichtigt werden. Da die erste und die zweite Dünnstelle jeweils an charakteristischen Stellen im Ansetzer auftreten, ist hierdurch eine besonders gute Vorausberechnung des Zeitpunkts des Auftretens von Dünnstellen möglich.

[0023] Daneben ist es vorteilhaft, wenn die durch das Expertensystem ermittelten Einstellungen zur Steuerung der Speisevorrichtung zumindest die Drehrichtung und den zeitlichen Beginn sowie das zeitliche Ende von Beschleunigungen der Speisevorrichtung umfassen. Diese Einstellungen werden bei der Berechnung der zumindest einen Dünnstelle im Ansetzer berücksichtigt. In Verbindung mit den in die Steuervorrichtung eingegebenen, aktuellen Spinnbetriebsdaten sowie den Ansetzerdaten können Dünnstellen exakt vorausberechnet werden und der Fadenabzug entsprechend gesteuert werden.

[0024] Bei der Vorrichtung zum Anspinnen eines Fadens ist es weiterhin noch vorteilhaft, wenn der Antrieb der Abzugsvorrichtung als Schrittmotor ausgebildet ist. Dieser kann in engen zeitlichen Schritten genau positioniert werden, wodurch die Genauigkeit der Fasermenge im Spinnrotor bzw. im Ansetzer noch weiter verbessert werden kann. Die Abzugsvorrichtung kann dabei sowohl eine temporäre Abzugsvorrichtung einer verfahrbaren Wartungseinrichtung sein als auch eine stationär an der Spinnstelle angeordnete Abzugsvorrichtung. Es ist jedoch ebenso möglich, den Antrieb der Abzugsvorrichtung mit einem entsprechend gesteuerten Gleichstrommotor auszuführen.

[0025] Weitere Vorteile der Erfindung werden anhand der nachfolgend dargestellten Ausführungsbeispiele beschrieben. Es zeigen:
Figur 1
eine schematische Schnittdarstellung einer Spinnvorrichtung einer Ofifenendspinnmaschine,
Figur 2
eine schematische Darstellung eines Verfahrens zum Anspinnen eines Fadens gemäß dem Stand der Technik,
Figur 3
eine schematische Darstellung einer Steuervorrichtung mit einem Expertensystem,
Figur 4
eine schematische Darstellung eines Verfahrens zum Anspinnen, bei welchem der Zeitpunkt des Auftretens einer Dünnstelle berechnet wird, sowie
Figur 5
eine weitere Ausführung eines Verfahrens zum Anspinnen eines Fadens, bei welchem der Zeitpunkt des Auftretens zweier Dünnstellen berechnet wird.


[0026] Figur 1 zeigt eine schematische Schnittdarstellung einer Offenendspinnvorrichtung 1. Die Spinnvorrichtung 1 weist dabei in üblicher Weise eine Speisevorrichtung 4 auf, welche der Spinnvorrichtung 1 ein zu verspinnendes Fasermaterial 5 über eine Auflösevorrichtung 10 zuführt. Von der Auflösevorrichtung 10 gelangt das nun in seine Einzelfasern aufgelöste Fasermaterial 5 in das als Offenendspinnrotor ausgebildete Spinnelement 2, wo sich die Fasern aufgrund der Rotation des Spinnelements 2 in Form eines Faserringes ablegen und von dort aus in den bereits gesponnenen und aus dem Spinnelement 2 abgezogenen Faden 3 eingebunden werden. Der ersponnene Faden 3 wird schließlich über eine Abzugsvorrichtung 6 abgezogen und mittels einer Spulvorrichtung 11 auf eine Spule 15 gewickelt. Die Offenendspinnvorrichtung 1 weist weiterhin eine Steuervorrichtung 8 auf, welche mit den einzelnen Aggregaten 2, 4, 6, 10, 11 sowie einer Fadenrückliefervorrichtung 7 über Steuerleitungen (punktiert dargestellte Linien) verbunden ist. Über die Steuerleitungen kann die Steuervorrichtung 8 Steuersignale an die einzelnen Aggregate 2, 4, 6, 7, 10, 11 sowie gegebenenfalls weitere Aggregate senden und umgekehrt Sensordaten und Betriebsdaten von diesen erhalten. Die Steuervorrichtung 8 kann dabei sowohl eine spinnstelleneigene Steuervorrichtung 8 sein als auch eine zentrale Steuervorrichtung 8 der Spinnmaschine oder eine Steuervorrichtung einer verfahrbaren Wartungseinrichtung. Dabei ist es auch möglich, dass mehrere Steuervorrichtungen 8 der Offenendspinnvorrichtung 1, der Spinnmaschine oder einer Sektion der Spinnmaschine wie eine Steuervorrichtung 8 einer verfahrbaren Wartungseinrichtung zusammenarbeiten.

[0027] Kommt es zu einer Unterbrechung des Spinnprozesses, so ist es erforderlich, das spulenseitige Fadenende 3' wieder in die Offenendspinnvorrichtung 1 bzw. in das Spinnelement 2 zurück zu fördern, um die Garnunterbrechung durch Bildung eines Ansetzers zu beheben und den Spinnprozess wieder starten zu können. Hierfür ist die Fadenrückliefervorrichtung 7 vorgesehen, welche das Fadenende 3' in Pfeilrichtung in das Spinnelement 2 zurückfördert. Das Ansetzen kann dabei sowohl durch spinnenstelleneigene Handhabungsvorrichtungen als auch durch eine verfahrbare Wartungseinrichtung erfolgen. Entsprechend kann die Fadenrückliefervorrichtung 7 als spinnstelleneigene Fadenrückliefervorrichtung 7 vorgesehen sein oder in einer Wartungseinrichtung angeordnet sein. Ebenso kann der Fadenabzug während des Anspinnprozesses durch eine Abzugsvorrichtung 6 einer verfahrbaren Wartungseinrichtung oder, wie vorliegend dargestellt, durch die Abzugsvorrichtung 6 der Spinnvorrichtung 1 abgezogen werden.

[0028] Bei der Bildung eines Ansetzers besteht stets die Schwierigkeit, die zunächst stehenden Aggregate 2, 4, 6, 10, 11 aus dem Stillstand aufeinander abgestimmt zu beschleunigen, um einen erneuten Fadenbruch während des Anspinnvorgangs zu vermeiden und qualitativ hochwertige Ansetzer erzeugen zu können. Der Anspinnvorgang erfolgt daher bei gegenüber den Betriebsdrehzahlen verringerten Drehzahlen der Aggregate 2, 4, 6, 10, 11, wobei diese durch die Steuervorrichtung 8 gesteuert hochgefahren werden. Während des Anspinnvorgangs werden daher zumindest Einstellungen ES zur Steuerung der Speisevorrichtung 4 sowie Einstellungen EA zur Steuerung der Abzugsvorrichtung von der Steuervorrichtung 8 an die Speisevorrichtung 4 und die Abzugsvorrichtung 6 übermittelt.

[0029] Der zeitliche Ablauf eines solchen Anspinnvorgangs nach dem Stand der Technik wird nun anhand der Figur 2 beschrieben. Dabei ist auf der Rechtsachse die Zeit t aufgetragen, während auf der Hochachse die Speisegeschwindigkeit vS sowie die Abzugsgeschwindigkeit vA aufgetragen sind. Weiterhin repräsentiert die durchgezogene Linie den Verlauf der Speisegeschwindigkeit vS über die Zeit, während die gestrichelt dargestellte Linie den Verlauf der Abzugsgeschwindigkeit vA über die Zeit darstellt. Der Zeitpunkt t0 repräsentiert weiterhin in der vorliegenden Darstellung den Zeitpunkt des eigentlichen Anspinnens, nämlich den Abwurf des Fadenendes 3', in das Spinnelement 2. Wie der Figur 2 entnehmbar, beginnt die Faserspeisung bereits einige Zeit vor dem Fadenabwurf t0, so dass sich die Einzelfasern in der Fasersammelrille des Spinnelements 2 sammeln können und dort einen Faserring aufbauen. Die Speisevorrichtung 4 wird dabei zunächst mit einer erhöhten Vorspeisegeschwindigkeit vVS betrieben, um den Faserring schnell aufbauen zu können und anschließend auf eine Anspinn-Speisegeschwindigkeit vAS reduziert. Mit dem Zeitpunkt t3 ist weiterhin das Einsetzen des Fadenabzugs markiert, wobei die Abzugsgeschwindigkeit vA allmählich bis auf eine Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit vAA gesteigert wird. Erst nach dem erfolgten Anspinnen werden schließlich die Aggregate 2, 4, 6, 10, 11 auf ihre Betriebsgeschwindigkeit beschleunigt, was in Figur 3 jedoch nicht mehr dargestellt ist. Markiert sind lediglich die Höhe der Betriebs-Speisegeschwindigkeit vBS sowie die Höhe der Betriebs-Abzugsgeschwindigkeit vBA, welche über der Anspinn-Speisegeschwindigkeit vAS und über der Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit vAA liegen.

[0030] Wie der Figur 2 weiterhin entnehmbar, wird dabei die Speisegeschwindigkeit vS stufenweise von der Vorspeisegeschwindigkeit vVS auf die Anspinn-Speisegeschwindigkeit vAS reduziert. Hierdurch soll im Stand der Technik die Fasermenge im Spinnrotor reguliert werden, um die stets an charakteristischen Stellen im Ansetzer auftretenden Dick- und Dünnstellen kompensieren zu können. Eine erste Dünnstelle bildet sich stets im Anschluss an den Überlappungsbereich des rückgelieferten Fadenendes 3' mit dem sich im Spinnelement 2 befindenden Faserring aus. Weiterhin tritt eine zweite Dünnstelle stets im Anschluss an die Einbindestelle eines solchen Faserringes auf. Es hat sich jedoch gezeigt, das trotz der stufenweisen Reduzierung der Speisegeschwindigkeit vS noch immer Dünnstellen erheblicher Ausprägung auftreten können, welche die Festigkeit des Fadens 3 stark beeinträchtigen können und sowohl während des Anspinnvorgangs selbst als auch bei der Weiterverarbeitung Fadenbrüche und andere Probleme hervorrufen können.

[0031] Vorliegend ist daher vorgesehen, durch ein Expertensystem 9 zumindest den Zeitpunkt t1, t2 des Auftretens zumindest einer Dünnstelle im Ansetzer möglichst genau voraus zu berechnen. Zudem erfolgt eine Regulierung der sich im Spinnelement 2 bzw. im Ansetzer befindlichen Fasermenge nun nicht mehr oder nicht mehr nur nur wie im Stand der Technik durch eine Regulierung der Speisegeschwindigkeit vS, sondern es wird vielmehr die Abzugsgeschwindigkeit vA der Abzugsvorrichtung 6 derart gesteuert, dass zumindest eine der Dünnstellen zumindest teilweise kompensiert wird.

[0032] Eine schematische Darstellung des Expertensystems 9 ist in der Figur 3 gezeigt. Das Expertensystem 9 ist der Steuerungsvorrichtung 8 zugeordnet oder Bestandteil derselben. Die Steuervorrichtung 8 beinhaltet weiterhin eine Eingabevorrichtung 14, mittels welcher ein Bediener aktuelle Spinnbetriebsdaten DS sowie die Erzeugung des gewünschten Ansetzers betreffende Ansetzerdaten DA eingeben kann. Die Spinnbetriebsdaten DS beinhalten dabei sowohl Betriebsdaten der Spinnvorrichtung selbst, wie beispielsweise Ausführung und Drehzahlen bestimmter Aggregate, als auch die jeweilige Applikation betreffende Daten wie beispielsweise das Fasermaterial, die Garnfeinheit und weitere das Garn betreffende Daten. Wie der Figur entnehmbar, ist es jedoch nicht unbedingt erforderlich, diese Daten durch eine Bedienperson über die Eingabevorrichtung 16 einzugeben. Ebenso ist es möglich, dass das Expertensystem 9 die Spinnbetriebsdaten DS direkt von der Steuervorrichtung 8 teilweise oder auch vollständig erhält. Sofern insbesondere die die jeweilige Applikation betreffenden Daten zu Beginn des Spinnprozesses in die Steuervorrichtung 8 eingegeben wurden, ist es auch möglich, dass das Expertensystem 9 die Ansetzerdaten DA selbstständig berechnet.

[0033] In dem Expertensystem 9 sind weiterhin eine Vielzahl von empirischen Daten DE hinterlegt, welche beispielsweise verschiedenen Materialarten und/oder verschiedenen Garncharakteristiken und/oder verschiedenen Betriebsdaten der Spinnvorrichtung zugeordnet sind. Das Expertensystem 9 beinhaltet weiterhin eine Vielzahl von Berechnungsformeln F, mittels welcher die Spinnbetriebsdaten DS, die Ansetzerdaten DA sowie die empirischen Daten DE, gegebenenfalls nach einer Verarbeitung, miteinander verknüpft werden können, um daraus geeignete Einstellungen ES für die Steuerung der Speisevorrichtung sowie Einstellungen EA für die Steuerung der Abzugsvorrichtung berechnen oder ermitteln zu können.

[0034] Nach vorliegendem Beispiel werden dabei zunächst geeignete Einstellungen ES für die Speisevorrichtung 4 berechnet. Mittels der Einstellungen ES sowie den Spinnbetriebsdaten DS, den Ansetzerdaten DA und den empirischen Daten DE ist es dem Expertensystem 9 nun möglich, den Zeitpunkt des Auftretens einer Dünnstelle sehr genau voraus zu berechnen. Vorliegend wird sowohl der Zeitpunkt t1 des Auftretens der ersten Dünnstelle als auch der Zeitpunkt t2 des Auftretens der zweiten Dünnstelle berechnet und darauf basierend die Einstellungen EA zur Steuerung der Abzugsvorrichtung 6 erzeugt. Es ist dabei nicht unbedingt erforderlich, alle Daten und Einstellungen DS, DA, DE und ES für die Berechnung der Dünnstellen heranzuziehen, auch wenn natürlich unter Verwendung mehrerer Daten eine exaktere Berechnung des Auftretens der Dünnstellen erfolgen kann. Vorteilhaft ist es in jedem Falle, wenn zur Berechnung der Dünnstellen zumindest ein Rotorumfang des Spinnelements 2, die Einstellungen ES zur Steuerung der Speisevorrichtung 4 sowie die Materialart und die Garnfeinheit des erzeugten Fadens 3 herangezogen werden. Ebenso ist bei der Berechnung der Einstellungen EA für die Steuerung der Abzugsvorrichtung 6 vorzugsweise die Materialart und die Garnfeinheit des Fadens zu berücksichtigen.

[0035] Im Gegensatz zu der bisher durchgeführten Kompensation von Dünnstellen, welche lediglich auf Erfahrungswerten beruhte und somit großen Schwankungen unterworfen war, kann nun der Zeitpunkt des Auftretens einer Dünnstelle durch das Expertensystem unter Heranziehung der Einstellungen ES zur Steuerung der Speisevorrichtung 4 genau vorausberechnet werden. Dies ermöglicht wiederum eine exakte Einstellung der Fasermenge im Ansetzer. Es hat sich dabei gezeigt, dass diese Fasermenge durch eine entsprechende Steuerung der Abzugsgeschwindigkeit vA wesentlich genauer eingestellt werden kann als durch eine Steuerung der Speisegeschwindigkeit vS.

[0036] Figur 4 zeigt nun schematisch einen Anspinnprozess, bei welchem der Zeitpunkt t1, t2 des Auftretens von Dünnstellen vorausberechnet wurde und darauf basierend die Abzugsvorrichtung 6 mit den zuvor beschriebenen Einstellungen EA angesteuert wird. Die Art der Darstellung entspricht dabei der zu Figur 2 beschriebenen, so dass im Folgenden lediglich noch auf die Unterschiede zur Figur 2 eingegangen wird. Wie der Figur 4 entnehmbar, ist der durch das Expertensystem 9 berechnete Zeitpunkt t1 des Auftretens einer Dünnstelle, vorliegend der ersten Dünnstelle, auf der Zeitachse t aufgetragen. Die Einstellungen EA für die Steuerung der Abzugsvorrichtung 6 werden nun so berechnet, dass die Abzugsvorrichtung 6 vorauseilend zu dem Zeitpunkt t1 mit einer gegenüber der Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit vAA reduzierten Abzugsgeschwindigkeit VAr1 angetrieben wird. Durch die Reduzierung der Abzugsgeschwindigkeit vA wird die Fasermenge im Ansetzer vorübergehend erhöht.

[0037] Nach vorliegendem Beispiel wird die Abzugsvorrichtung 6 beginnend mit dem Zeitpunkt t4 für eine vorbestimmte Zeitdauer Δt1 mit der reduzierten Abzugsgeschwindigkeit VAr1 betrieben und erst zum Zeitpunkt t5 weiter beschleunigt, bis sie die Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit vAA erreicht. Der Zeitpunkt t4 des Beginn des Abtreibens mit der ersten reduzierten Abzugsgeschwindigkeit VAr1 sowie die Zeitdauer Δt1 und die Höhe der ersten Abzugsgeschwindigkeit VAr1 werden dabei durch das Expertensystem 9 als Einstellungen EA berechnet. Es ergibt sich somit eine Abzugsfunktion (gestrichelte Linie), bei welcher die Abzugsvorrichtung 6 in einer ersten Beschleunigungsphase 12a auf die reduzierte Abzugsgeschwindigkeit VAr1 beschleunigt wird und erst nach Ablauf der Zeitdauer Δt1 in einer weiteren Beschleunigungsphase 12 auf die Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit vAA beschleunigt wird.

[0038] Abweichend von der hier gezeigten Darstellung, bei welcher die reduzierte Abzugsgeschwindigkeit VAr1 über die Zeitdauer Δt1 konstant gehalten wird, ist es auch möglich, die reduzierte Abzugsgeschwindigkeit VAr1 über die Zeitdauer Δt1 innerhalb eines bestimmten Toleranzbereiches T um die berechnete Abzugsgeschwindigkeit VAr1 zu halten. Dabei ist es auch möglich, dass das Expertensystem 9 einen Verlauf, beispielsweise einen ansteigenden oder auch abfallenden Verlauf, der reduzierten Abzugsgeschwindigkeit VAr1 über die Zeitdauer Δt1 als Einstellung je vorgibt.

[0039] Weiterhin ist es abweichend von der gezeigten Darstellung natürlich auch möglich, anstelle einer Kompensation der ersten Dünnstelle eine Kompensation der zweiten Dünnstelle anzustreben. Der Zeitpunkt t1 würde sich in diesem Fall auf den Zeitpunkt des Auftretens der zweiten Dünnstelle beziehen und wäre entsprechend auf der Zeitachse t etwas nach rechts verschoben.

[0040] Figur 5 zeigt weiterhin ein Verfahren zum Anspinnen eines Fadens, bei welchem ein Ausgleich sowohl der ersten Dünnstelle als auch der zweiten Dünnstelle durchgeführt wird. Im Unterschied zur Darstellung der Figur 4 wird die Abzugsvorrichtung 6 nach der ersten vorbestimmten Zeitdauer Δt1 in einer zweiten Beschleunigungsphase 12b wiederum voreilend zu dem Zeitpunkt des Auftretens der zweiten Dünnstelle, welcher vorliegend mit t2 bezeichnet ist, auf eine zweite vorbestimmte reduzierte Abzugsgeschwindigkeit VAr2 beschleunigt und vom Zeitpunkt t6 an beginnend für eine zweite, vorbestimmte Zeitdauer Δt2 bis zum Zeitpunkt t7 auf dieser konstant gehalten. Dabei werden wiederum zumindest der Zeitpunkt t6 des Beginns des Antreibens mit der zweiten reduzierten Abzugsgeschwindigkeit VAr2 sowie die Zeitdauer Δt2 und die Höhe der zweiten Abzugsgeschwindigkeit VAr2 als Einstellungen EA durch das Expertensystem 9 berechnet. In einer weiteren Beschleunigungsphase 12 nach Ablauf der Zeitdauer Δt2 wird dann wiederum die Abzugsvorrichtung 6 auf die Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit vAA beschleunigt.

[0041] Selbstverständlich ist es auch bei einer derartigen Abzugsfunktion möglich, wiederum einen Toleranzbereich T sowohl für die erste Abzugsgeschwindigkeit VAr1 als auch für die zweite Abzugsgeschwindigkeit VAr2 festzulegen und die Abzugsvorrichtung 6 für die Zeitdauer Δt1, Δt2 jeweils innerhalb dieses Toleranzbereiches T zu betreiben, wobei wiederum auch ein Verlauf für die reduzierte Abzugsgeschwindigkeit VAr1 und/oder für die reduzierte Abzugsgeschwindigkeit VAr2 vorgegeben werden kann.

[0042] Besonders vorteilhaft ist es bei der Durchführung des Verfahrens, wenn durch das Expertensystem zumindest die Knickpunkte der Abzugsfunktion (gestrichelte Linie), welche jeweils durch die Zeiten t4, t5, t6 und t7 bestimmt werden, sowie die Steigungen, welche jeweils die Beschleunigung der Abzugsvorrichtung 6 repräsentieren, als Einstellungen EA für die Steuerung der Abzugsvorrichtung 6 berechnet werden und mittels der berechneten Einstellungen EA die Abzugsvorrichtung 6 angetrieben wird.

[0043] Alternativ dazu ist es jedoch auch denkbar, in der Steuervorrichtung eine Vielzahl von auf empirischer Basis ermittelter Funktionskurven für die Steuerung der Abzugsvorrichtung 6 zu hinterlegen, welche wiederum verschiedenen Materialarten und verschiedenen Zeitpunkten t1, t2 bereichsweise zugeordnet sind. Wie zuvor beschrieben, berechnet das Expertensystem 9 auf Basis der Daten DS, DA, DE und ES wiederum den oder die Zeitpunkte t1, t2 des Auftretens von Dünnstellen und wählt darauf basierend eine geeignete Funktionskurve aus, nach welcher die Abzugsvorrichtung 6 dann angetrieben wird.

[0044] Die Abzugsgeschwindigkeit kann aufgrund der vorausberechneten Zeitpunkte t1, t2 von Dünnstellen sehr genau eingestellt werden. Dabei hat sich gezeigt, dass im Gegensatz zu einer Ansteuerung der Speisevorrichtung durch die Regulierung des Fadenabzugs eine sehr genauere und direktere Regulierung der Fasermenge im Ansetzer möglich ist. Die auftretenden Dünnstellen können somit nahezu vollständig kompensiert werden und erneute Fadenbrüche können vermieden werden.

[0045] Die Erfindung ist nicht auf die dargestellten Ausführungsbeispiele beschränkt. Abwandlungen und Kombinationen im Rahmen der Patentansprüche Fällen ebenfalls unter die Erfindung.

Bezugszeichenliste



[0046] 
1
Offenend-Spinnvorrichtung
2
Spinnelement
3
Faden
3' Fadenende
4
Speisevorrichtung
5
Fasermaterial
6
Abzugsvorrichtung
7
Fadenrückliefervorrichtung
8
Steuervorrichtung
9
Expertensystem
10
Auflösevorrichtung
11
Spulvorrichtung
12
Beschleunigungsphase
12a erste Beschleunigungsphase
12b zweite Beschleunigungsphase
13
Toleranzbereich
14
Eingabevorrichtung
15
Spule
DE
empirische Daten
F
Berechnungsformel
DS
Spinnbetriebsdaten
DA
Ansetzerdaten
ES
Einstellungen für Steuerung der Speisevorrichtung
EA
Einstellungen für Steuerung der Abzugsvorrichtung
t0
Zeitpunkt des Fadenabwurfs
t1
Zeitpunkt des Auftretens einer Dünnstelle
t2
Zeitpunkt des Auftretens einer weiteren Dünnstelle
t3
Zeitpunkt des Einsetzens des Fadenabzugs
t4
Beginn des Antreibens mit der ersten Abzugsgeschwindigkeit vAr1
t5
Ende des Antreibens mit der ersten Abzugsgeschwindigkeit vAr1
Δt1
erste, vorbestimmte Zeitdauer
t6
Beginn des Antreibens mit der zweiten Abzugsgeschwindigkeit vAr2
t7
Ende des Antreibens mit der ersten Abzugsgeschwindigkeit vAr2
Δt2
zweite, vorbestimmte Zeitdauer
vA
Abzugsgeschwindigkeit der Abzugsvorrichtung
vBA
Betriebs-Abzugsgeschwindigkeit
vAA
Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit
vAr1
erste reduzierte Abzugsgeschwindigkeit
vAr2
zweite reduzierte Abzugsgeschwindigkeit
T
Toleranzbereich
vS
Speisegeschwindigkeit
vBS
Betriebs-Speisegeschwindigkeit
vAS
Anspinn-Speisegeschwindigkeit
vVS
Vorspeise-Geschwindigkeit



Ansprüche

1. Verfahren zum Anspinnen eines Fadens (3) in einer ein Spinnelement (2) aufweisenden Offenend-Spinnvorrichtung (1) mittels eines Expertensystems (9), bei welchem zur Bildung eines Ansetzers dem Spinnelement (2) mittels einer Speisevorrichtung (4) ein zu verspinnendes Fasermaterial (5) zugeführt, ein Fadenende (3') in das Spinnelement (2) rückgeliefert wird und der neu angesponnene Faden (3) mittels einer Abzugsvorrichtung (6) abgezogen wird, wobei zumindest die Speisevorrichtung (4) und die Abzugsvorrichtung (6) durch eine Steuervorrichtung (8) der Offenend-Spinnvorrichtung (1) gesteuert werden und wobei Einstellungen (ES, EA) zur Steuerung der Speisevorrichtung (4) und der Abzugsvorrichtung (6) durch das Expertensystem (9) aus in der Steuervorrichtung (8) hinterlegten, empirischen Daten (DE) sowie aus in die Steuervorrichtung (8) eingegebenen, aktuellen Spinnbetriebsdaten (DS) und Ansetzerdaten (DA) ermittelt werden, dadurch gekennzeichnet, dass durch das Expertensystem (9) zumindest ein Zeitpunkt (t1, t2) des Auftretens zumindest einer Dünnstelle, insbesondere einer ersten und/oder einer zweiten Dünnstelle im Ansetzer, vorausberechnet wird und der/die berechnete(n) Zeitpunkt(e) (t1, t2) zur Ermittlung der Einstellungen (EA) zur Steuerung der Abzugsvorrichtung (6) herangezogen werden, wobei mittels der ermittelten Einstellungen (EA) eine Abzugsgeschwindigkeit (vA) der Abzugsvorrichtung (6) derart gesteuert wird, dass die zumindest eine Dünnstelle, insbesondere die erste und/oder die zweite Dünnstelle, zumindest teilweise kompensiert wird.
 
2. Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass die Abzugsvorrichtung (6) durch die Steuervorrichtung (8) voreilend zu oder spätestens zu dem Zeitpunkt (t1, t2) des Auftretens der wenigstens einen Dünnstelle mit einer gegenüber einer Betriebs-Abzugsgeschwindigkeit (vBA) und/oder gegenüber einer Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit (vAA) reduzierten Abzugsgeschwindigkeit (vAr1, vAr2) angetrieben wird.
 
3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Rückliefern des Fadenendes (3') die Abzugsvorrichtung (6) zunächst auf eine gegenüber einer Betriebs-Abzugsgeschwindigkeit (vBA) reduzierte Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit (vAA) beschleunigt wird.
 
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Abzugsvorrichtung (6) vor dem Erreichen der Anspinn- Abzugsgeschwindigkeit (vAA) und/oder vor dem Erreichen der Betriebs-Abzugsgeschwindigkeit (vBA) zunächst in einer ersten Beschleunigungsphase (12a) auf eine vorbestimmte, erste reduzierte Abzugsgeschwindigkeit (vAr1) beschleunigt wird und anschließend für eine erste, vorbestimmte Zeitdauer (Δt1) mit der ersten Abzugsgeschwindigkeit (vAr1) angetrieben wird oder für eine erste, vorbestimmte Zeitdauer (Δt1) in einem engen Toleranzbereich (T) von max. ±40%, vorzugsweise max. ±30%, besonders bevorzugt max. ±20% der ersten Abzugsgeschwindigkeit (vAr1) angetrieben wird.
 
5. Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass die Abzugsvorrichtung (6) nach der ersten, vorbestimmten Zeitdauer (Δt1) und vor dem Erreichen der Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit (vAA) und/oder vor dem Erreichen der Betriebs-Abzugsgeschwindigkeit (vBA) in einer zweiten Beschleunigungsphase (12b) auf eine vorbestimmte, zweite reduzierte Abzugsgeschwindigkeit (vAr2) beschleunigt wird und anschließend für eine zweite, vorbestimmte Zeitdauer (Δt2)mit der zweiten Abzugsgeschwindigkeit (vAr2) angetrieben wird oder für eine zweite, vorbestimmte Zeitdauer (Δt2)in einem engen Toleranzbereich (T) von max. ±40%, vorzugsweise max. ±30%, besonders bevorzugt max. ±20% der zweiten, reduzierten Abzugsgeschwindigkeit (vAr2) angetrieben wird.
 
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass in der Steuervorrichtung (8) mehrere Funktionskurven für die Steuerung der Abzugsvorrichtung (6) hinterlegt sind und dass das Expertensystem (9) in Abhängigkeit von dem berechneten Zeitpunkt (t1, t2) des Auftretens der wenigstens einen Dünnstelle eine geeignete Funktionskurve zur Steuerung der Abzugsvorrichtung (6) ermittelt.
 
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die durch das Expertensystem (9) ermittelten Einstellungen (EA) zur Steuerung der Abzugsvorrichtung (6) zumindest einen Zeitpunkt des Beginns (t4, t6), die Zeitdauer (Δt1, Δt2) des Antreibens mit der reduzierten Abzugsgeschwindigkeit (vAr1, vAr2) sowie die Höhe der reduzierten Abzugsgeschwindigkeit (vAr1, vAr2) umfassen.
 
8. Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass die Einstellungen (EA) weiterhin die Höhe einer Beschleunigung zum Erreichen der Anspinn-Abzugsgeschwindigkeit (vAA) und/oder der Betriebs-Abzugsgeschwindigkeit (vBA) umfassen.
 
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Einstellungen (EA) zur Steuerung der Abzugsvorrichtung (6) in Abhängigkeit von einer Materialart eines zu verspinnenden Fasermaterials (5) und/oder einer Garnfeinheit des Fadens (3) durch das Expertensystem (9) ermittelt werden.
 
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Berechnung der zumindest einen Dünnstelle das Spinnelement (2) betreffende, aktuelle Spinnbetriebsdaten (DS), insbesondere ein Rotorumfang, berücksichtigt werden.
 
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die durch das Expertensystem (9) ermittelten Einstellungen (ES) zur Steuerung der Speisevorrichtung (4) zumindest die Drehrichtung und den zeitlichen Beginn sowie das zeitliche Ende von Beschleunigungen der Speisevorrichtung umfassen, und dass diese Einstellungen (ES) bei der Berechnung der zumindest einen Dünnstelle, insbesondere der ersten und/oder der zweiten Dünnstelle, im Ansetzer berücksichtigt werden.
 
12. Vorrichtung zum Anspinnen eines Fadens (3) in einer ein Spinnelement (2) aufweisenden Offenend-Spinnvorrichtung (1), mit einer Vielzahl von am Anspinnvorgang beteiligten Aggregaten (2, 4, 6, 7, 10, 11) zur Bildung eines Ansetzers, unter ihnen wenigstens eine Speisevorrichtung (4) zum Zuführen eines Fasermaterials, eine Fadenrückliefervorrichtung (7) und eine Abzugsvorrichtung (6) zum Abziehen des neu angesponnenen Fadens (3), wobei die Vorrichtung eine Steuervorrichtung (8) mit einem Expertensystem (9) aufweist und wobei Einstellungen (EA, ES) zur Steuerung der Speisevorrichtung (4) und der Abzugsvorrichtung (6) durch das Expertensystem (9) ermittelbar sind und zumindest die Speisevorrichtung (4) und die Abzugsvorrichtung (6) durch die Steuervorrichtung (8) entsprechend der ermittelten Einstellungen (EA, EA) steuerbar sind, insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass durch das Expertensystem (9) der Zeitpunkt (t1, t2) des Auftretens wenigstens einer Dünnstelle, insbesondere einer ersten und/oder einer zweiten Dünnstelle, im Ansetzer vorausberechenbar ist und eine Abzugsgeschwindigkeit (vA) der Abzugsvorrichtung (6) derart steuerbar ist, dass die wenigstens eine Dünnstelle zumindest teilweise kompensiert wird.
 
13. Vorrichtung zum Anspinnen eines Fadens (3) nach dem vorhergehenden Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass der Antrieb der Abzugsvorrichtung (6) als Schrittmotor ausgebildet ist.
 




Zeichnung













Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente