(19)
(11) EP 3 257 802 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.12.2017  Patentblatt  2017/51

(21) Anmeldenummer: 16175044.3

(22) Anmeldetag:  17.06.2016
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B66B 11/04(2006.01)
B66B 15/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA MD

(71) Anmelder: Siemens Aktiengesellschaft
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Becker, Norbert
    91341 Röttenbach (DE)
  • Gebhard, Roland
    91052 Erlangen (DE)
  • Giessler, Folke
    96170 Lisberg (DE)

   


(54) SCHACHTFÖRDERANLAGE FÜR DEN BERGBAU


(57) Die Erfindung betrifft eine Schachtförderanlage (2) für den Bergbau. Im Hinblick auf einen kontinuierlichen Abtransport mit einem verbesserten Materialfuß umfasst die Schachtförderanlage (2) mehrere, insbesondere mindestens drei, Fördergefäße (4), die längs eines Schachts (8) bewegbar sind, und einen Linearmotor (12) mit einem an dem jeweiligen Fördergefäß (4) angeordneten Primärteil (14) und einem längs des Schachts (8) angeordneten Sekundärteil (16).




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Schachtförderanlage für den Bergbau sowie ein Verfahren zum Betrieb einer solchen Schachtförderanlage.

[0002] Fördermaschinen im Untertagebergbau werden mit an Seilen hängenden Fördergefäßen realisiert. In DE 10 2004 058 757 A1 ist beispielsweise eine Schachtförderanlage beschrieben, die eine mit einem Motor in Verbindung stehende Seilscheibe aufweist, welche ein Förderseil für Fördermittel führt.

[0003] Es werden mit solchen Fördermaschinen, die Teil einer Schachtförderanlage sind, Fördertiefen von ca. 200 m bis 3000 m überwunden. Die wesentlichen Nachteile dabei sind, dass die Förderseile relativ teuer sind, zudem müssen sie in kurzen Abständen geprüft werden und alle eineinhalb bis zwei Jahre getauscht werden. Darüber hinaus weist eine solche Schachtförderanlage zwei Fördergefäße auf, die abwechselnd auf und ab gefahren werden, so dass ein diskontinuierlicher Materialfluss vorliegt. Die Fördergefäße sind groß ausgeführt, typischerweise mit einem Beladevolumen von 30 t bis 50 t. Sie verschleißen schnell, so dass sie im Durchschnitt jedes Jahr ausgetauscht werden müssen. Zudem sind bei Schächten mit einer Tiefe von 1500 m oder tiefer die Seilmassen so groß, dass die Fördermenge dadurch eingeschränkt wird.

[0004] Aus der WO 2011/042487 ist der Einsatz von Synchronlinearmotoren für einen vertikal gerichteten Verfahrweg bei einem Aufzugsystem bekannt. Zum Antrieb des Aufzugsystems ist ein Synchronlinearmotor mit einem Primärteil vorgesehen, welches an einer Personenbeförderungskabine befestigt ist. Das Primärteil umfasst eine Primärwicklung, die in Form von Zahnspulen ausgeführt ist, und auf Zähnen des Primärteils aufgebracht ist. In der Mitte jedes Zahnes des Primärteils befindet sich ein Permanentmagnet. Das Sekundärteil besitzt eine Zahnstangenstruktur und ist aus einzelnen elektrisch voneinander isolierten Elektroblechen aufgebaut, um Eisenverluste im Sekundärteil möglichst gering zu halten. Das Sekundärteil ist darüber hinaus vollkommen permanentmagnetfrei ausgestaltet. Die magnetischen Felder zur Erzeugung einer Vorschubkraft werden einzig und allein durch das Primärteil erzeugt.

[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Schachtförderanlage anzubieten, bei der im Hinblick auf einen kontinuierlichen Abtransport gegenüber dem Stand der Technik einen verbesserten Materialfuß gewährleistet ist.

[0006] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine Schachtförderanlage, insbesondere für den Bergbau, umfassend mehrere, insbesondere mindestens drei, Fördergefäße, die längs eines Schachts bewegbar sind, und einen Linearmotor mit einem an dem jeweiligen Fördergefäß angeordneten Primärteil und einem längs des Schachts angeordneten Sekundärteil.

[0007] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren zum Betrieb einer solchen Schachtförderanlage gelöst.

[0008] Die in Bezug auf die Schachtförderanlage nachstehend angeführten Vorteile und bevorzugten Ausführungen lassen sich sinngemäß auf das Betriebsverfahren übertragen.

[0009] Die Erfindung basiert auf der Überlegung die Anzahl der Fördergefäße in einer Schachtförderanlage zu erhöhen, indem ein Linearmotorantrieb anstelle eines Seilantriebs eingesetzt wird. Dabei entfallen die Förderseile und die Ausrüstung im Maschinenhaus, welche sehr wartungs- und somit auch kostenintensiv sind. Erst durch den Einsatz eines Linearmotors wird ermöglicht, dass mehrere Fördergefäße gleichzeitig betrieben werden (bei einem Seilantrieb können es nur eins oder maximal zwei sein). Unter "mehreren" Fördergefäßen werden hierbei mindestens drei, bevorzugt ca. 10 Fördergefäße verstanden. Die Anzahl der Fördergefäße wird dabei individuell bestimmt, wobei z.B. die Topographie des Einsatzortes, insbesondere die Tiefe des Schachtes (je tiefer, je mehr Gefäße können eingesetzt werden), ein Mindestabstand zwischen den einzelnen Fördergefäßen und/oder eine Beladegeschwindigkeit einer Beladeeinrichtung zum Beladen der Fördergefäße berücksichtigt werden. Dank der erhöhten Anzahl an Fördergefäßen ist der Fluss des Fördergutes annähernd kontinuierlich, wodurch sich der Durchsatz pro Zeiteinheit leicht erhöhen lässt und der Produktionsprozess der Produktionsanlage, zu der die Schachtförderanlage gehört, optimiert wird.

[0010] Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung weist das Primärteil einen beweglichen Teil des Linearmotors auf und das Sekundärteil weist einen feststehenden Stator des Linearmotors auf. Der bewegliche Teil entspricht bei einem Linearmotor einem Rotor und dient zur Aufnahme der Pole des Linearmotors, wenn es sich um einen Synchronlinearmotor handelt, oder zur Aufnahme des Induktors bei einem Asynchronlinearmotor. Ein derartiger Linearmotor ist im Vergleich zu üblichen Linearmotoren, bei denen Permanentmagnete im Sekundärteil angeordnet sind, deutlich kostengünstiger.

[0011] Vorzugsweise weisen die Fördergefäße ein Beladevolumen von maximal 20 t, insbesondere weniger als 10 t, insbesondere von circa 5 t auf. Sie weisen somit weniger als 20% der Größe der bei einem Seilförderantrieb derzeit eingesetzten Fördergefäße auf. Ein kleineres Fördergefäß kann einfach getauscht werden. Zudem ist eine relativ kleine und einfache Beladeeinrichtung ausreichend, damit ein störungsfreier Betrieb der Schachtförderanlage gewährleistet ist.

[0012] Im Hinblick auf einen besonders sicheren Betrieb der Schachtförderanlage ist zwischen den Fördergefäßen ein Abstand von einigen zig bis einigen hundert Metern, insbesondere zwischen 50 m und 150 m, insbesondere von ca. 100 m, vorgesehen. Der Abstand ist u.a. von der Tiefe des Schachts abhängig: bei einem über 1000 m tiefen Schacht kann der Abstand zwischen den einzelnen Fördergefäßen durchaus einige hundert Meter betragen. Insbesondere ist der zeitliche Abstand zwischen zwei Beladevorgängen stets der gleiche, wodurch der Befüllvorgang der Fördergefäße einheitlich ist und sich durch einen hohen Automatisierungsgrad auszeichnet.

[0013] Nach einer bevorzugten Ausgestaltung umfasst die Schachtförderanlage zwei Schienen für die Fördergefäße, wobei eine erste Schiene für eine Abwärtsbewegung der Fördergefäße vorgesehen ist und eine zweite Schiene für eine Aufwärtsbewegung der Fördergefäße vorgesehen ist. Dank dieser Konstruktion ist eine Aufwärtsbewegung der beladenen Fördergefäße bei einer gleichzeitigen Abwärtsbewegung der leeren Fördergefäße möglich, ohne dass die vollen und die leeren Gefäße entlang einer gemeinsamen Strecke transportiert werden müssen und sich dabei unter Umständen gegenseitig stören.

[0014] Nach einer bevorzugten Ausgestaltung ist an einem oberen und einem unteren Ende der Schienen jeweils eine Umlenkvorrichtung vorgesehen, welche dafür ausgebildet ist, die Fördergefäße von der einen Schiene auf die andere Schiene zu transportieren. Unter "oberem Ende" und "unterem Ende" wird hierbei nicht zwingend die räumliche Begrenzung des Schachts und/oder der Schienen in Vertikalrichtung verstanden, sondern beide Enden sind insbesondere über eine Entlade- und/oder eine Beladeebene für die Fördergefäße definiert. Ziel dabei ist stets, die Fördergefäße so bald wie möglich auf die jeweils andere Schiene zu bringen, damit der Verfahrweg insgesamt möglichst kurz ist.

[0015] Nach einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung weist jedes Fördergefäß eine Notbremseinrichtung auf, die insbesondere als Scheibenbremse ausgeführt ist, die bei einem Stromausfall aktiviert wird Dadurch ist sichergestellt, dass im Störfall der Linearmotor in den Betriebszustand "Bremsen" geht, wenn beispielsweise die komplette Stromversorgung des Beförderungssystems ausfällt.

[0016] Zweckdienlicherweise ist der Linearmotor ein Synchronlinearmotor. Die Anwendung eines Synchronlinearmotors hat den Vorteil, dass gegenüber einem Asynchronmotor weniger Energie benötigt wird.

[0017] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand einer Zeichnung näher erläutert. Hierhin zeigen stark vereinfacht:
FIG 1
in einer Längsschnittdarstellung eine erste Ausführung einer Schachtförderanlage,
FIG 2
einen Querschnitt durch zwei Fördergefäße einer Schachtförderanlage gemäß FIG 1,
FIG 3
einen Querschnitt durch zwei Fördergefäße einer zweiten Ausführung einer Schachtförderanlage, und
FIG 4
in einer Längsschnittdarstellung die Aufhängung eines Fördergefäßes in einer Schachtförderanlage.


[0018] Gleiche Bezugszeichen haben in den verschiedenen Figuren die gleiche Bedeutung.

[0019] In FIG 1 ist eine Schachtförderanlage 2 für den Bergbau dargestellt, die für Einsätze in Fördertiefen von ca. 200 m bis 3000 m geeignet ist. Die Schachtförderanlage 2 umfasst mehrere Fördergefäße 4, die entlang zwei Schienen 6a, 6b in einem Schacht 8 hinab bzw. hinauf gefahren werden. Die Fördergefäße 4 haben hierbei ein Beladevolumen von ca. 5 t und je zwei Fördergefäße 4 sind etwa 100 m voneinander entfernt.

[0020] Im gezeigten Ausführungsbeispiel werden leere Fördergefäße 4 entlang der Schiene 6a hinab gefahren, bis sie ein unteres Ende des Schachts 8 erreicht haben. Am unteren Ende des Schachts 8 ist eine erste Umlenkvorrichtung 10 angebracht, welche die leeren Fördergefäße 4 auf die zweite Schiene 6b transportiert. Anschließend werden die Fördergefäße 4 mittels eine nicht näher gezeigten Beladeeinrichtung mit Material, insbesondere Erz, befüllt. Der Beladevorgang ist durch den Pfeil 11 angedeutet. Die befüllten Fördergefäße 4 werden über die Schiene 6b hinauf gefahren und an einem oberen Ende des Schachts 8 werden sie über eine ebenfalls nicht näher gezeigten Entladevorrichtung entladen, was durch den Pfeil 13 symbolisiert ist. Eine zweite Umlenkvorrichtung 10 bringt schließlich die entleerten Fördergefäße 4 auf die Schiene 6a.

[0021] Der Transport der Fördergefäße 4 entlang des Schachts 8 wird hierbei mittels eines Synchronlinearmotors durchgeführt, weiterhin als Linearmotor 12 bezeichnet, dessen Aufbau anhand FIG 2 bis 4 näher erläutert wird, damit sie wieder hinab gefahren und dann am unteren Ende des Schachts 8 beladen werden können.

[0022] Der Linearmotor 12 weist ein am jeweiligen Fördergefäß 4 angeordnetes Primärteil 14 und ein längs des Schachts 8 angeordnetes Sekundärteil 16 auf. Das Primärteil 14 umfasst einen beweglichen Teil, hier ein Polträger 18, der hier nicht gezeigte Permanentmagneten zur Erzeugung eines magnetischen Felds, welches eine Vorschubkraft hervorruft, enthält.

[0023] Das Sekundärteil 16 ist permanentmagnetfrei ausgestaltet und weist einen Stator 20 auf. Der Stator 20 erstreckt sich im Wesentlichen über die gesamte Länge des Schachts 8. Mit dem Stator 20 verbunden sind zwei Schienenelemente 22 der jeweiligen Schiene 6a, 6b. Jedes Fördergefäß 4 ist an einer Tragkonstruktion 24 insbesondere lösbar befestigt, wobei die Tragkonstruktion 24 über Räder 26 entlang der Schienenelemente 22 verfahren wird.

[0024] Der Unterschied zwischen den Ausführungsvarianten gemäß FIG 2 und FIG 3 besteht darin, dass in FIG 2 beide Scheinen 6a, 6b diametral gegenüberliegend positioniert sind und in FIG 3 die Schienen 6a, 6b von einem gemeinsamen Halteelement 28 getragen werden und parallel nebeneinander verlaufen.

[0025] In FIG 4 sind weitere Komponenten der Schachtförderanlage 2 dargestellt. In einem oberen Bereich der Aufhängung des Fördergefäßes 4 sind Sensoren 30 positioniert, welche symbolisch dargestellt sind. Darüber hinaus weist jedes Fördergefäß 4 eine Bremseinrichtung 32 auf, die insbesondere als Scheibenbremse ausgeführt ist. Wie aus FIG 4 zudem ersichtlich, können mehrere Polträger 18 pro Fördergefäß 4 vorgesehen sein, in diesem Fall zwei.


Ansprüche

1. Schachtförderanlage (2) für den Bergbau, umfassend mehrere, insbesondere mindestens drei, Fördergefäße (4), die längs eines Schachts (8) bewegbar sind, und einen Linearmotor (12) mit einem an dem jeweiligen Fördergefäß (4) angeordneten Primärteil (14) und einem längs des Schachts (8) angeordneten Sekundärteil (16).
 
2. Schachtförderanlage (2) nach Anspruch 1,
wobei das Primärteil (14) einen beweglichen Teil (18) des Linearmotors (12) und das Sekundärteil (16) einen feststehenden Stator (20) des Linearmotors (12) aufweist.
 
3. Schachtförderanlage (2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei die Fördergefäße (4) ein Beladevolumen von maximal 20 t, insbesondere weniger als 10 t, insbesondere von circa 5 t aufweisen.
 
4. Schachtförderanlage (2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei zwischen je zwei aufeinander folgenden Fördergefäßen (4) ein Abstand von einigen zig bis einigen hundert Metern, insbesondere zwischen 50 m und 150 m, insbesondere von ca. 100 m, vorgesehen ist.
 
5. Schachtförderanlage (2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
umfassend zwei Schienen (6a, 6b) für die Fördergefäße (4), wobei eine erste Schiene (6a) für eine Abwärtsbewegung der Fördergefäße (4) vorgesehen ist und eine zweite Schiene (6b) für eine Aufwärtsbewegung der Fördergefäße (4) vorgesehen ist.
 
6. Schachtförderanlage (2) nach Anspruch 5,
wobei an einem oberen und einem unteren Ende der Schienen (6a, 6b) jeweils eine Umlenkvorrichtung (10) vorgesehen ist, welche dafür ausgebildet ist, die Fördergefäße (4) von der einen Schiene (6a, 6b) auf die andere Schiene (6a, 6b) zu transportieren.
 
7. Schachtförderanlage (2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei jedes Fördergefäß (4) eine Notbremseinrichtung (32) aufweist, die insbesondere als Scheibenbremse ausgeführt ist.
 
8. Schachtförderanlage (2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei der Linearmotor (12) ein Synchronlinearmotor ist.
 
9. Verfahren zum Betrieb einer Schachtförderanlage (2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche.
 




Zeichnung
















Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente