(19)
(11) EP 3 260 787 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.12.2017  Patentblatt  2017/52

(21) Anmeldenummer: 16175605.1

(22) Anmeldetag:  22.06.2016
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F24F 11/00(2006.01)
F24F 11/053(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA MD

(71) Anmelder:
  • Technische Hochschule Mittelhessen
    35390 Giessen (DE)
  • Römer Lüftungs-, klima und Wärmetechnik GmbH
    35305 Grünberg (DE)

(72) Erfinder:
  • Biedenbach, Volker
    36088 Hünfeld-Sargenzell (DE)
  • Görig, Florian
    35390 Gießen (DE)
  • Gundlach, Matthias
    61169 Friedberg (DE)
  • Hasenkamp, Alexander
    35447 Reiskirchen (DE)
  • Karbach, Alfred
    35510 Butzbach (DE)
  • Kessler, Michael
    35096 Weimar (DE)
  • Schiffke, Susanne
    35112 Fronhausen (DE)
  • Römer, Christian
    35423 Lich (DE)
  • Theobald, Jonas
    65599 Dornburg (DE)

(74) Vertreter: Stumpf, Peter 
c/o TransMIT GmbH Kerkrader Strasse 3
35394 Gießen
35394 Gießen (DE)

 
Bemerkungen:
Geänderte Patentansprüche gemäss Regel 137(2) EPÜ.
 


(54) VERFAHREN UND VORRICHTUNG ZUR REGELUNG EINES LUFTVOLUMENSTROMS


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Messung und Steuerung des Luftvolumenstroms Q in einem Raumabschnitt R. Dabei wird zunächst die Intensität der thermischen Konvektion d.h. der thermisch bedingte Volumenstrom QTH aus den Temperaturdifferenzen innerhalb des Raumabschnitts bestimmt und anschließend dieser thermische Volumenstrom QTH mit einem Referenzvolumenstrom QRef verglichen. Abschließend erfolgt eine Anpassung einer mechanischen Lüftung zur Erzeugung eines zusätzlichen Volumenstroms QME gemäß des Verhältnisses von QTH und QRef.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Regelung eines Luftvolumenstroms in einem Raum insbesondere mittels raumlufttechnischen und heizungstechnischen Anlagen.

Stand der Technik



[0002] Bei Anlagen der Raumlufttechnik ist ein Ziel der aktuellen Entwicklung, dass diese möglichst energieeffizient arbeiten. Dies kann grundsätzlich unter anderem dadurch erreicht werden, dass man den zugeführten Luftvolumenstrom an den Bedarf anpasst.

[0003] Eine selbsttätige bedarfsgerechte Regelung des Luftvolumenstroms ist in vielen Ländern (z.B. in Deutschland § 15(3) EnEV 2014) inzwischen für Neuanlagen oder bei Ersatz des zentralen Raumlufttechnik-Geräts vorgeschrieben. Damit kann bei entsprechenden Nutzungsprofilen erreicht werden, dass der Luftvolumenstrom erheblich reduziert wird. Es ergeben sich dann die bekannten überproportionalen Einsparungen beim Transportaufwand und proportionale Einsparungen bei der thermischen Konditionierung.

[0004] Im Folgenden wird statt des Begriffes Konvektion auch der Begriff Luftvolumenstrom verwendet. Dieser Begriff bezieht sich auf die konkrete Messgröße. Ansonsten sind die Begriffe äquivalent.

[0005] Es gibt aber eine entscheidende Herausforderung: Reduziert man den Volumenstrom, nimmt der Impulseintrag über die erzwungene Konvektion überproportional ab. Damit entsteht das Risiko, dass sich das Raumströmungsprofil ungünstig ändert. Es kann zu unvollständiger Durchmischung, zu Kurzschlussströmungen und zu nicht durchmischten Totzonen im Raum kommen; dies gilt besonders bei geringen Luftvolumenströmen, die die großen Einsparungen erbringen. Die Erfahrungen beim Betrieb mit Anlagenkonzepten mit großen Reduzierungen des Luftvolumenstroms zeigen, dass es Situationen gibt, bei denen Probleme mit der raumerfüllenden Strömung auftreten, aber ohne dass man das zwingend voraussagen könnte.

[0006] Der Impulseintrag in die Strömung erfolgt aus zwei Quellen: der erzwungenen Konvektion (mechanische Lüftung) und der thermischen Konvektion (Auftriebsströmungen), die sich kombinieren. Da der Impulseintrag aus der erzwungenen Konvektion bei einer Reduktion des Luftvolumenstroms stark an Bedeutung verliert, wird vermutet, dass die thermische Konvektion dann dominiert.

[0007] Das Taschenbuch für "Heizung und Klimatechnik", Recknagel, Sprenger, Schramek, Ausgabe67, 1997, Oldenburg Verlag München Wien S. 1043, S. 1044, besagt, dass die Regelung der erzwungenen Konvektion durch den Einsatz von Volumenstromreglern zu realisieren ist. Sowohl die Zu- als auch die Abluftmengensteuerung erfolgt hier über Volumenstromregler. Diese steuern abhängig vom eingestellten Sollstrom den Öffnungsquerschnitt ihrer Drosselklappen und beeinflussen so die durchfließende Luftmenge. Sie werden analog zur Lehre aus DE 196 54 542 C2 sowohl an den Auslässen des Zuluftkanals als auch an den Auslässen des Abluftkanals angebracht. Wenn die Volumenströme der Abluft als auch der Zuluft abzüglich der Leckage gleich groß sind, ermöglicht diese An-ordnung einen ausgeglichenen Lufthaushalt.

[0008] Bis vor wenigen Jahren war es beim Betrieb von raumlufttechnischen Anlagen üblich, dass hohe und konstante Volumenströme gefahren werden. Bei Neuanlagen ist eine bedarfsgeführte Regelung des Luftvolumenstroms implementiert, jedoch treten bei vielen dieser Anlagen in manchen Betriebssituationen dann beim Absenken des Volumenstroms Schwierigkeiten mit der vollständigen Versorgung des Raumvolumens auf. Dann wird bei den bisher üblichen Verfahren die Volumenstromreduzierung einfach abgeschaltet. Die Energieeinsparungen werden somit nicht zuverlässig erreicht.

Aufgabe



[0009] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es ein Verfahren bereitzustellen, dass es ermöglicht auch bei möglichst geringen Volumenströmen durch erzwungene Konvektion (mechanische Lüftung) über die instationären thermische Konvektion eine vollständige Durchmischung der Raumluft sicherzustellen.

Lösung der Aufgabe



[0010] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Vorteilhafte Ausführungsformen und Weiterbildungen der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.

[0011] Das erfindungsgemäße Verfahren basiert darauf, auch den Anteil thermische Konvektion QTH an der Gesamtkonvektion Q zu berücksichtigen. Neuere messtechnische Untersuchungen der Raumluftströmung legen nahe, dass der Einfluss der freien Konvektion auf das lokale Mischungsverhalten der Raumluft viel größer und komplexer ist, als bisher angenommen wurde. Visualisierungen mit Helium-Ballons zeigen ein zeitlich komplexes Bewegungsmuster. Dieses offenbart sich auch bei der Auswertung und Fourier-Analyse von Messdaten.

[0012] Die thermische Konvektion QTH z.B. wird durch Wärmequellen im unteren Raumbereich oder durch Wärmesenken (z. B. Kühldecken) im oberen Raumbereich ausgelöst und ist daher nur bei bestimmten Betriebsbedingungen vorhanden. Die im Folgenden beschriebenen Messungen und die Modellbildung zur thermischen Konvektion zeigen nun gleichermaßen ein prinzipiell instationäres Verhalten, das durch unregelmäßige Richtungsumkehr der erzeugten Auftriebsströmungen erklärt werden kann. Dieses Phänomen führt auch ohne oder mit geringem mechanischen Impulseintrag zu einer Vermischung der Raumluft und ermöglicht damit einen sicheren Betrieb bei erheblichen Absenkungen des zusätzlich notwendigen Volumenstroms QME durch erzwungene Konvektion (mechanische Lüftung).

[0013] Im erfindungsgemäßen Verfahren zur Regelung des Luftvolumenstroms Q in einem Raumabschnitt R wird zunächst die Intensität der thermischen Konvektion d.h. der thermisch bedingte Volumenstrom QTH bestimmt. Dabei wird zunächst die Intensität der thermischen Konvektion d.h. der thermisch bedingte Volumenstrom QTH aus den Temperaturdifferenzen innerhalb des Raumabschnitts bestimmt und anschließend dieser thermischen Volumenstrom QTH mit einem Referenzvolumenstrom QRef verglichen. Abschließend erfolgt eine Anpassung einer mechanischen Lüftung zur Erzeugung eines zusätzlichen Volumenstroms QME gemäß des Verhältnisses von QTH und QRef.

[0014] In einem ersten Schritt a) wird in jedem Bereich des Raumabschnitts R die Raumtemperatur an wenigstens einer Stelle im raumabschnitt R mehrmalig in Zeitintervallen der Länge T gemessen. Dann wird in einem Schritt b) aus den Messwerten aus Schritt a) die zeitliche Temperaturdifferenz ε zwischen allen Paaren von aufeinander folgenden Temperaturmessungen bestimmt, wobei ε= |T(t0)-T(t0+T)|, um so die zeitliche Entwicklung der Temperaturänderungsrate zu erhalten. In einer bevorzugten Ausführungsform beträgt der Zeitintervall T zwischen 30 s und 5 min. (Zeitintervall meint hier den zeitlichen Abstand der Messungen.)

[0015] Anschließend wird in einem Schritt c) der thermische Volumenstrom QTH aus der Temperaturdifferenz aus Schritt b) bestimmt.

[0016] Dies ist mittels des mit der Grossmann-Lohse-Theorie modifizierten Lorenzmodell möglich. Hier wird beschrieben, wie die Konvektionsvolumenströme durch thermische Konvektion aus der Temperaturdifferenz aus Schritt b) bestimmt werden. (Eine genaue Beschreibung des mathematischen Modelles folgt weiter unten.)

[0017] Basis dafür ist, dass die Temperaturdifferenzen nach Hochpassfilterung der Signale gebildet werden. Diese Signale sind Näherungen für die aus dem modifizierten Lorenzmodell resultierenden Zustandsgrößen. Die Tiefpassfilterung ergibt sich aus der Zeitintervallen zwischen den Messungen, so werden Temperaturoszillationen f<1/T nicht erfasst.

[0018] Für die Durchführung von Schritt c) gibt es verschiedene Möglichkeiten. In allen Fällen wird ein Intensitätssignal bestimmt, welches zu dem Volumenstrom der Konvektion QTH proportional ist. Durch die modellgestützte Bestimmung ist das Signal robust gegenüber Störeinflüssen.

[0019] In einer ersten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die Standardabweichung der Temperaturdifferenzen aus Schritt b) bestimmt. Die Auswertung dieses Wertes über anschließende Tiefpassfilterung ergibt das Intensitätssignal.

[0020] In einer zweiten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der Betrag des Vektors, der aus der Temperaturdifferenz aus Schritt b) vertikal und horizontal jeweils über gegenüberliegende Raumabschnitte gebildet wird, bestimmt. Die Auswertung dieses Wertes über anschließende Tiefpassfilterung ergibt das Intensitätssignal.

[0021] In einer dritten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird aus dem modifizierten Lorenzmodell als Konvektionsgröße mit Hilfe der Temperaturdifferenz aus Schritt c) direkt die thermischen Volumenstrom QTH bestimmt. Die Auswertung dieses Wertes ergibt über anschließende Tiefpassfilterung das Intensitätssignal.

[0022] In einer vierten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird aus dem modifizierten Lorenzmodell mit einer sogenannten Attraktorrekonstruktion und mit Hilfe der Temperaturdifferenz aus Schritt c) die Geschwindigkeit der Walzenbewegung zu bestimmen. Die Auswertung dieses Wertes ergibt über Auswertung über anschließende Tiefpassfilterung das Intensitätssignal.

[0023] Anschließend wird in einem Schritt d) der thermische Volumenstrom QTH, der in Schritt c) bestimmt wurde, mit einem Referenzvolumenstrom QRef verglichen. Anschließend wird in einem Schritt f) eine mechanische Lüftung zur Erzeugung eines zusätzlichen Volumenstroms QME gemäß des Verhältnisses von QTH und QRef angepasst.

[0024] Eine mechanische Lüftung wird erhöht oder aktiviert wenn QTH keiner als QRef ist. Wenn QTH größer als QRef ist, wird die mechanische Lüftung verringert oder deaktiviert. Wenn QTH gleich QRef ist, wird die mechanische Lüftung nicht verändert.

[0025] Ein üblicher Wert für den Volumenstrom QRef liegt bei 0,1 m/s. Ab diesem Wert wird davon ausgegangen, dass eine ausreichende Konvektion vorliegt.

[0026] Dieser mechanische Volumenstrom kann entweder durch das Einleiten von Luft (z.B. durch ein Gebläse) in den Raumabschnitt R erfolgen, oder durch eine mechanische Umverteilung innerhalb des Raumabschnitts (z.B. durch einen Ventilator).

[0027] In einer ersten alternativen Ausführungsform wird der zu überwachende Raumabschnitt R vor der Durchführung von Schritt a) in mindestens 2 Bereiche (I, II) eingeteilt. Die Einteilung des Raumabschnitt R erfolgt so, dass die Höhe die Bezugsgröße darstellt.

[0028] Durch Strömungssimulationen wurde nachgewiesen, dass sich in etwa kubische Konvektionssysteme mit der Höhe als Basis bevorzugt ausbilden. Der Raum wird bevorzugt in kubische Abschnitte eingeteilt, die Grundeinheiten darstellen bei der instationären thermischen Konvektion. Geschieht dies nicht, umfasst der gesamte Raumabschnitt R einen Bereich I.

[0029] In einer zweiten alternativen Ausführungsform des Verfahrens wird der zu überwachende Raumabschnitt R vor der Durchführung von Schritt a) in 4 Bereiche (I, II, III, IV) unterteilt und die Temperatur an wenigstens einer Stelle jedes Bereichs gemessen. Diese Temperaturen sind TI, TII, TIII und TIV. Anschließend werden die räumlichen Temperaturdifferenzen von je zwei benachbarten Bereiche δ= |TI-TII|, α= |TI-TIII|, β=|TII-TIV|, γ=|TIII-TIV| bestimmt.

[0030] Anschließend wird der thermische Volumenstrom QTH aus der zeitlichen Temperaturdifferenz ε und den räumlichen Temperaturdifferenzen δ, α, β, γ, bestimmt QTH Anschließend wird der thermische Volumenstrom QTH mit einem Referenzvolumenstrom QRef verglichen und mechanische Lüftung zur Erzeugung eines zusätzlichen Volumenstroms QME gemäß des Verhältnisses von QTH und QRef angepasst.

[0031] In einer Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das Verfahren in einer Vorrichtung zur Regelung des Luftvolumenstroms Q in einem Raumabschnitt R verwendet.

[0032] Diese umfasst wenigstens einen Temperatursensor 10 zur Messung der Temperaturen in einem Raumabschritt R. Dieser ist so ausgebildet, dass er die Temperatur mehrmalig, in bestimmten Zeitintervallen der Länge T mißt und die Werte eine Auswerteeinheit 20 übermitteln kann. Die Übermittlung kann dabei kabelgebunden oder drahtlos (z.B. per Funk) geschehen.

[0033] Weiterhin umfasst die Vorrichtung zur Regelung des Luftvolumenstroms Q eine Auswerteeinheit 20, diese ist so ausgebildet, dass sie aus den Temperaturdaten den Wert thermische Konvektion QTH berechnen kann. Weiterhin kann sie diesen Wert mit einem einprogrammierten Referenzwert QRef vergleichen und in Abhängigkeit des Verhältnisses dieser Werte ein Signal an eine Steuereinheit 30 übermitteln. Die Übermittlung kann dabei kabelgebunden oder drahtlos (z.B. per Funk) geschehen. Um eine Messung in bestimmten Zeitintervallen sicherzustellen, kann der Sensor 10 noch ein Zeitmessmittel umfassen. Alternativ umfasst die Auswerteeinheit 20 ein Zeitmessmittel und ist so ausgebildet, dass es zu bestimmten Zeitpunkte eine Messung durch den Temperatursensor 10 auslösen kann (z.B. durch ein Funksignal).

[0034] Zusätzlich umfasst die Vorrichtung zur Regelung des Luftvolumenstroms Q eine Steuereinheit 30, welche geeignet ist, eine mechanische Raumlüftung 100 so anzusteuern dass eine genügend große Gesamtkonvektion aus thermischer Konvektion QTH und erzwungener Konvektion (mechanischer Lüftung) QME vorliegt d.h. dass QTH+QME=QRef ist.

[0035] Die Auswerteeinheit 20 und die Steuerungseinheit 30 können sich sowohl innerhalb, als auch außerhalb des Raumabschnitts R befinden.

[0036] Weiterhin ist es möglich dass die Vorrichtung einen weiteren oder mehrere weitere Temperatursensoren umfasst, sodass die Temperatur bei einer Unterteilung des Raumabschnitts R in mehrere Raumbereiche in jedem Raumbereich gemessen werden kann.

Mathematische Modellierung für die Raumluftströmung bei freier thermischer Konvektion mittels Grossmann-Lohse-Theorie modifiziertes Lorenzmodell



[0037] Strömungsmechanische Phänomene werden meist beschrieben durch die Navier-Stokes-Gleichungen bzw. Näherungen, die aus diesen gewonnen werden. Für eine rein phänomenologische Untersuchung der Strömung, das auf eine exakte Bestimmung von Zuständen verzichtet, bietet sich ein Modell, an, das die typischen Bestandteile der Konvektion erfasst. In einem einfachsten Modell, in dem eine Raumkomponente vernachlässigt werden kann (2D-Modell), lassen sich als Zustandsgrößen die Strömungsgeschwindigkeit, umskaliert zu einer Größe X sowie die Temperaturabweichungen in einer horizontalen bzw. vertikalen Richtung, umskaliert zu Größen Y bzw. Z verwenden. Unter Verwendung von Korrekturfaktoren aus der Großmann-Lohse-Theorie für den turbulenten Wärmeübergang, ergibt sich das folgende System von Differenzialgleichungen:







[0038] Dabei treten die Prandtl-Zahl Pr>0, die Nußelt-Zahl Nu>0, ein zur Reynolds-Zahl proportionaler Korrekturfaktor Re>0, ein geometrischer Parameter γ>0 und die Rayleigh-Zahl Ra auf. Alle diese Parameter sind dimensionslos. Die Rayleigh-Zahl stellt die Größe dar, die über Temperaturdifferenzen zwischen Boden und Decke des Raumes verändert werden kann und ihrerseits direkten Einfluss auf Nu und Re hat. Dieses System aus drei nichtlinearen Differenzialgleichungen 1. Ordnung besitzt dieselbe Struktur wie das berühmte Lorenz-System, das ein Musterbeispiel für chaotische Dynamik darstellt und aus der Modellierung der Konvektion in der Erdatmosphäre stammt.

[0039] Das Differenzialgleichungssystem ist dissipativ, da die Spur der Jacobi-Matrix des Systems immer negativ ist, nämlich -αRe-Ne/2-Neγ/2. Dies bedeutet, dass dynamisch eine Volumenkontraktion stattfindet und sich die Trajektorien auf einen kleineren Teil des Phasenraums, den so genannten Attraktor zurückziehen. In Abhängigkeit von der Rayleigh-Zahl können verschiedene Attraktoren nachgewiesen werden:
  • Für kleine Ra-Werte besteht der Attraktor aus dem Punkt (0,0,0), d.h. es besteht ein thermisches Gleichgewicht, in dem keine Strömung stattfindet.
  • Für Ra>4NuRe/γ2=Ra1 gibt es zwei Punkte (X1,Y1,Z1) und (-X1,-Y1,Z1), auf die das System zuläuft. Dies entspricht Strömungswalzen mit konstanter Strömungsgeschwindigkeit und festem Temperaturprofil, wobei die unterschiedlichen Vorzeichen den unterschiedlichen Umlaufrichtungen entsprechen. Welche Umlaufrichtung ausgewählt wird, hängt von den Anfangsbedingungen im Raum ab. Die Werte der Punkte können exakt bestimmt werden.
  • Für Ra aus einem Intervall (Ra2,Ra3) ist der Attraktor dadurch gekennzeichnet, dass die Zustände, also die Strömungsgeschwindigkeit und die Temperaturabweichungen periodisch schwanken. Die untere Intervallgrenze kann exakt, die obere approximativ berechnet werden.
  • Für Ra>Ra3 ist die Bewegung auf dem Attraktor chaotisch, d.h. sie weist stochastische Elemente auf. Insbesondere erfolgen die Schwankungen der Zustände nicht mehr periodisch, eine Richtungsumkehr der Strömungswalze erfolgt zu irregulären Zeitpunkten.


[0040] Das Modell bietet somit in Abhängigkeit von der Reynold-Zahl einige Strömungsphänomene als Möglichkeit an. Der Wert dieses Modells liegt genau in der Offenbarung dieser Möglichkeiten und nicht in der Ermittlung der Bereiche, wo die Phänomene zu erwarten sind, obwohl auch hier in etwa eine gute Übereinstimmung gefunden wurde. Ein Nachteil des Modells ist die Reduzierung auf zwei Raumrichtungen, der allerdings dadurch behoben werden kann, dass eine analoge Beschreibung einer zweiten Strömungswalze transvers zur ersten in das Modell mit aufgenommen wird und eine Kopplung der beiden Walzenbewegungen erfolgt (3D-Modell). An der Art der Analyse der Bewegung ändert sich wenig, die Untersuchungen werden nur komplexer.

[0041] Beide Modelle lassen sich mit gängigen Computer Algebra Programmen berechnen. Dabei zeigen sich deutlich ähnliche zeitliche Muster wie bei der Datenauswertung von Messdaten, bei der wie folgt vorgegangen wurde: Es werden Messtripel gebildet, die jeweils aus drei Sensoren mit den Messpunkten auf einer vertikalen bzw. horizontalen Linie bestehen: zwei Temperaturfühler und einer dazwischen liegenden Luftgeschwindigkeitsmessung. Über Mittelwert- und Differenzbildungen lassen sich Größen bilden, die den Zustandsgrößen in dem Strömungsmodell entsprechen.

Abbildungslegenden und Bezugszeichenliste



[0042] Die Erfindung wird im Folgenden anhand des in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels näher beschrieben. In der Beschreibung, in den Patentansprüchen, in der Zusammenfassung und den Zeichnungen werden die in der unten aufgeführten Liste der Bezugszeichen verwendeten Begriffe und zugeordneten Bezugszeichen verwendet.

Fig. 1 Schematische Darstellung eines Raumabschnittes R mit nur einem Bereich I

Fig. 2 Schematische Darstellung eines Raumabschnittes R mit der Unterteilung in die Bereiche I und II

Fig. 3 Schematische Darstellung eines Raumabschnittes R mit der Unterteilung in die Bereiche I, II, III, IV und

Fig. 4 Darstellung einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zur Regelung des Luftvolumenstroms


Bezugszeichen



[0043] 

R Raumabschnitt

I, II, III, IV Bereiche des Raumabschnitts

10 Temperatursensor

20 Auswerteeinheit

30 Steuereinheit

100 mechanische Raumlüftung




Ansprüche

1. Verfahren zur Regelung des Luftvolumenstroms Q in einem Raumabschnitt (R) mit wenigstens einem Bereich (I) des Raumabschnitts umfassend folgende Schritte:

a) Mehrmalige Messung der der Raumtemperatur an wenigstens einer Stelle in jedem Bereich des Raumabschnitts in Zeitintervallen der Länge T

b) Bestimmung der Temperaturdifferenz ε zwischen allen Paaren von aufeinander folgenden Temperaturmessungen aus Schritt a) wobei ε= |T(to)-T(to+T)|

c) Bestimmung des thermischen Volumenstrom QTH aus der, in Schritt b) bestimmten zeitlichen Temperaturdifferenz ε

d) Vergleich des thermischen Volumenstrom QTH mit einem Referenzvolumenstrom QRef

e) Anpassen einer mechanischen Lüftung zur Erzeugung eines zusätzlichen Volumenstroms QME gemäß des Verhältnisses von QTH und QRef,
wobei die mechanische Lüftung erhöht oder aktiviert wird, wenn QTH kleiner als QRef ist, die mechanische Lüftung verringert oder deaktiviert wird, wenn QTH größer als QRef ist und die mechanische Lüftung nicht verändert wird, wenn QTH gleich QRef wird.


 
2. Verfahren zur Regelung des Luftvolumenstroms Q gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet dass der zu überwachende Raumabschnitt R in 2 Bereiche (I, II) unterteilt und die Raumtemperatur TI, TII, im Verfahrensschritt a) an wenigstens einer Stelle in jedem Bereich gemessen wird, in Schritt b)zusätzlich die Bestimmung der Temperaturdifferenzen zwischen den Bereichen (I) und (II) α= |TI-TII|, und in Schritt d) die Bestimmung thermischen Volumenstrom QTH aus der zeitlichen Temperaturdifferenz ε und räumlichen Temperaturdifferenzen δ erfolgt.
 
3. Verfahren zur Regelung des Luftvolumenstroms Q gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet dass der zu überwachende Raum abschnitt R in 4 bereiche (I, II, III, IV) unterteilt und die Raumtemperatur TI, TII, TIII und TIV, im Verfahrensschritt a) an wenigstens einer Stelle in jedem Bereich gemessen wird, in Schritt b) die Bestimmung der Temperaturdifferenzen von je zwei benachbarten Bereichen δ= |TI-TII|, α= |TI-TIII|, β=|TII-TIV|, γ=ITIII-TIV| und in Schritt d) die Bestimmung thermischen Volumenstrom QTH aus der zeitlichen Temperaturdifferenz ε allen räumlichen Temperaturdifferenzen δ, α, β, γ erfolgt.
 
4. Verfahren zur Regelung des Luftvolumenstroms Q gemäß einem der vorigen Ansprüche dadurch gekennzeichnet, dass das Zeitintervall T zwischen 30s und 5min beträgt.
 
5. Vorrichtung zur Regelung des Luftvolumenstroms Q in einem Raumabschnitt R, zur Durchführung eines Verfahrens gemäß einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet dass sie umfasst:

- wenigstens einen Temperatursensor (10) zur Messung der Temperatur T in wenigstem einem Bereich I, welcher so ausgebildet ist, dass er die Temperatur im jeweiligen Bereich in einem bestimmten Zeitintervall T misst und an eine Auswerteeinheit (20) übermitteln kann,

- eine Auswerteeinheit (20) welche so ausgebildet ist, dass sie aus den Temperaturdaten den Wert thermische Konvektion QTH berechnet, diesen Wert mit einem einprogrammierten Referenzwert QRef vergleicht und in Abhängigkeit des Verhältnisses dieser Werte ein Signal an eine Steuereinheit (30) übermittelt,

- und eine Steuereinheit (30), welche geeignet ist eine mechanische Raumlüftung (100) anzusteuern.


 


Geänderte Patentansprüche gemäss Regel 137(2) EPÜ.


1. Verfahren zur Regelung des Luftvolumenstroms Q in einem Raumabschnitt (R) mit wenigstens einem Bereich (I) des Raumabschnitts (R), dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:

a) Mehrmalige Messung der Raumtemperatur an wenigstens einer Stelle in jedem Bereich des Raumabschnitts (R) in Zeitintervallen der Länge τ

b) Bestimmung der Temperaturdifferenz ε zwischen allen Paaren von aufeinander folgenden Temperaturmessungen aus Schritt a) wobei ε = | T(t0)-T(t0+τ) |

c) Bestimmung des thermischen Volumenstroms (QTH) aus der in Schritt b) bestimmten zeitlichen Temperaturdifferenz ε unter Verwendung des nach der Grossmann-Lohse-Theorie korrigierten Lorenzmodells

d) Vergleich des thermischen Volumenstroms (QTH) mit einem Referenzvolumenstrom (QRef)

e) Anpassen einer zugeführten mechanischen Lüftung zur Erzeugung eines zusätzlichen Volumenstroms QME gemäß dem Verhältnis von (QTH) und (QRef),

wobei die zugeführte mechanische Lüftung erhöht oder aktiviert wird, wenn (QTH) kleiner als (QRef) ist, die mechanische Lüftung verringert oder deaktiviert wird, wenn (QTH) größer als (QRef) ist und die mechanische Lüftung nicht verändert wird, wenn (QTH) gleich (QRef) wird.
 
2. Verfahren zur Regelung des Luftvolumenstroms (Q) gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zu überwachende Raumabschnitt (R) in 2 Bereiche (I, II) unterteilt und die Raumtemperatur (TI, TII) im Verfahrensschritt a) an wenigstens einer Stelle in jedem Bereich gemessen wird, in Schritt b) zusätzlich die Bestimmung der Temperaturdifferenzen zwischen den Bereichen (I) und (II) α= |TI-TII|, und in Schritt d) die Bestimmung thermischen Volumenstrom (QTH) aus der zeitlichen Temperaturdifferenz ε und räumlichen Temperaturdifferenzen δ erfolgt.
 
3. Verfahren zur Regelung des Luftvolumenstroms (Q) gemäß einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Zeitintervall τ zwischen 30s und 5 min beträgt.
 
4. Vorrichtung zur Regelung des Luftvolumenstroms (Q) in einem Raumabschnitt (R), zur Durchführung eines Verfahrens gemäß einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass sie umfasst:

- wenigstens einen Temperatursensor (10) zur Messung der Temperatur (T) in wenigstem einem Bereich (I), welcher so ausgebildet ist, dass er die Temperatur (T) im jeweiligen Bereich in einem bestimmten Zeitintervall τ misst und an eine Auswerteeinheit (20) übermitteln kann,

- eine Auswerteeinheit (20) welche so ausgebildet ist, dass sie aus den Temperaturdaten den Wert thermische Konvektion (QTH) berechnet, diesen Wert mit einem einprogrammierten Referenzwert (QRef) vergleicht und in Abhängigkeit des Verhältnisses dieser Werte ein Signal an eine Steuereinheit (30) übermittelt,

- und eine Steuereinheit (30), welche geeignet ist, eine mechanische Raumlüftung (100) anzusteuern.


 




Zeichnung
















Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur