[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Einstellung eines Hörhilfegeräts, d.h. zur
nutzerindividuellen Einstellung von Parametern eines Hörhilfegeräts, so dass ein für
den Nutzer des Hörhilfegeräts optimiertes Hörempfinden erzielt wird. Die Erfindung
bezieht ich weiterhin auf eine Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens.
[0002] Als "Hörhilfegerät" wird allgemein eine tragbare Hörvorrichtung bezeichnet, die dazu
dient, die Wahrnehmung des an das Ohr eines Nutzers anbrandenden Umgebungsschalls
zu verbessern. Eine klassischerweise als "Hörgeräte" bezeichnete Unterklasse der Hörhilfegeräte
ist zur Versorgung von Minderhörenden eingerichtet, die im medizinischen Sinne an
einem Hörverlust leiden. Um deren zahlreichen individuellen Bedürfnissen entgegenzukommen,
werden unterschiedliche Bauformen von Hörhilfegeräten wie Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte
(HdO), Hörgeräte mit externem Hörer (RIC, Receiver in the Canal), In-dem-Ohr-Hörgeräte
(IdO), oder auch Concha-Hörgeräte oder Kanal-Hörgeräte (ITE, CIC) angeboten. Die beispielhaft
aufgeführten Hörgeräte werden am Außenohr oder im Gehörgang getragen. Darüber hinaus
stehen auf dem Markt auch Knochenleitungshörhilfen, implantierbare oder vibrotaktile
Hörhilfen zur Verfügung. Bei diesen erfolgt die Stimulation des geschädigten Gehörs
entweder mechanisch oder elektrisch.
[0003] Neuerdings gibt es zusätzlich zu den vorbeschriebenen klassischen Hörgeräten Hörhilfegeräte
zur Unterstützung von normal hörenden Menschen. Solche Hörhilfegeräte werden auch
als "Personal Sound Amplification Products" oder "Personal Sound Amplification Devices"
(kurz: "PSAD") bezeichnet. Diese Hörhilfegeräte sind nicht zur Kompensation von Hörverlusten
vorgesehen. Vielmehr werden solche Hörhilfegeräte gezielt zur Unterstützung und Verbesserung
des normalen menschlichen Hörvermögens in spezifischen Hörsituationen eingesetzt.
[0004] Beispielsweise können PSAD zur Unterstützung von Jägern auf der Jagd, oder auch bei
der Beobachtung von Vögeln oder Fledermäusen genutzt werden, um Tierlaute und sonstige
von Tieren erzeugte Geräusche besser wahrnehmen zu können. Außerdem werden PSAD entwickelt,
die ein verbessertes Sprechen und/oder Sprachverstehen eines Normalhörenden unter
schwierigen Bedingungen ermöglichen, z.B. in "Cocktail Party"-Situationen, oder für
Sportreporter, die in einem Stadion telefonieren wollen. Eine wiederum weitere Anwendung
von PSAD ist auf Violinisten ausgerichtet, die während ihrer Übungen die spektralreinen
Violinentöne dämpfen wollen, um die Dauerbelastung ihres Gehöres zu reduzieren.
[0005] Alle Arten von Hörhilfegeräten umfassen als wesentliche Komponenten in der Regel
einen Eingangswandler, einen Verstärker und einen Ausgangswandler. Als Eingangswandler
ist in der Regel ein akusto-elektrischer Wandler, beispielsweise ein Mikrofon und/oder
ein elektromagnetischer Empfänger, beispielsweise eine Induktionsspule eingesetzt.
Der Ausgangswandler ist meist als elektroakustischer Wandler, zum Beispiel als ein
Miniaturlautsprecher, oder als ein elektromechanischer Wandler, wie ein Knochenleitungshörer,
realisiert. Der Verstärker ist üblicherweise in eine Signalverarbeitungseinrichtung
integriert.
[0006] Hörhilfegeräte werden von den jeweiligen Herstellern mit sehr umfangreichen Verarbeitungsmechanismen
bezüglich der akustischen Signalverarbeitung ausgestattet. Dabei sind mittels der
Werte einer Vielzahl von Parametern die umfangreichen Details verschiedener Signalverarbeitungseigenschaften
wie zum Beispiel der Verstärkung, der (Dynamik-)Kompression, des Richtmikrofons, der
Anhebung des Spektralbereichs von Sprache, der Feedback-Unterdrückung und der Unterdrückung
von Störgeräuschen (beispielsweise Eigenrauschen der Mikrofone oder Windrauschen)
einstellbar.
[0007] Die Parametrierbarkeit moderner Hörhilfegeräte, also sowohl von klassischen Hörgeräten,
als auch von Hörhilfegeräten für Normalhörende, ist mit oft mehreren tausend Parametern
in einen Komplexitätsbereich vorgestoßen, der mit der Komplexität medizinischer Großgeräte
wie etwa Computertomographen oder Kernspintomographen vergleichbar ist. Die Mehrzahl
dieser Parameter ist in sinnvoller Weise nur noch durch den Hersteller der Hörsysteme
einstellbar. Die Parametereinstellungen können aber das Hörempfinden des Nutzers (also
die vom Träger des jeweiligen Hörhilfegerätes wahrgenommene Hörqualität) entscheidend
beeinflussen. Nur ein kleiner Anteil der Parameterwerte wie beispielsweise die Verstärkung
oder eine Klangwaage zur Hervorhebung hoher und/oder tiefer Töne ist dabei für durchschnittliche
Nutzer überhaupt verständlich und sinnvoll einstellbar.
[0008] Klassischerweise übernimmt die nutzerindividuelle Einstellung (auch: Anpassung) des
Hörhilfegeräts ein ausgebildeter Audiologe oder "HCP" (Hearing Care Professional),
der aufgrund seiner Ausbildung Konzepte der akustischen Signalverarbeitung wie Verstärkung,
Dynamikkompression, Directivity Index (in Deutsch "Richtwirkungsindex" - eine Maßzahl,
wie stark die Richtwirkung der Mikrophone eines Hörsystems sind), Störgeräuschreduktion
oder Rückkopplungsunterdrückung kennt. Der Akustiker steht mit dem Hörsystemträger
im Gespräch, versteht die Beschwerden oder Wünsche seines Kunden und wendet sein Wissen
dahingehend an, dass er die entsprechenden Parameterwerte des Hörsystems, die dessen
Signalverarbeitungseigenschaften ausmachen, passend einstellt. Während einer oder
mehrerer Anpasssitzungen verändert der HCP Parameterwerte des Hörhilfegeräts iterativ,
um eine auf den Nutzer abgestimmte Parametereinstellung zu finden.
[0009] Aber auch für Fachleute ist die Vielzahl der einstellbaren Parameter eines modernen
Hörhilfegerätes nur noch schwer beherrschbar. Dies liegt auch daran, dass eine gute
Anpassung von Hörhilfegeräten nicht nur von dem Hörvermögen oder dem Hörverlust des
Hörsystemträgers abhängt, sondern immer auch von einer Vielzahl anderer individueller
persönlicher Eigenschaften wie Interessen, Gewöhnungseffekten, kognitiven Fähigkeiten,
der Muttersprache oder dem Umfeld, in dem sich der Hörsystemträger aufhält (z.B. Natur
oder vor dem Fernseher).
[0010] Zudem kann der Nutzer vielfach im Rahmen einer Anpasssitzung keinen umfänglichen
oder (d.h. für sein gesamtes Lebensumfeld) repräsentativen Höreindruck gewinnen. Denn
die akustische Umgebung während einer Anpasssitzung kann nicht eine Vielzahl der Situationen
aus dem Leben des Hörsystemträgers darstellen. Es ist ebenfalls bekannt, dass sich
Minderhörende erst über Wochen hinweg an ein neues Hörsystem gewöhnen müssen, da das
Gehirn beispielsweise die Fähigkeit, Sprache zu verstehen, bei Schwerhörigkeit im
Lauf der Zeit nach und nach verliert. Allein aus diesem Grund werden für gewöhnlich
mehrere aufeinander folgende Anpasssitzungen benötigt, um entsprechende Nachanpassungen
vorzunehmen, da der Nutzer erst nach und nach lernen muss, mit dem wiederhergestellten
Hörvermögen umzugehen.
[0011] Zudem ist die bloße Wiederherstellung oder Verbesserung des Hörvermögens (also der
bloßen Geräuschwahrnehmung) oft nicht das alleinige Kriterium für die Einstellung
der Parameter eines Hörhilfegeräts. Für viele Nutzer ist es ebenfalls von Bedeutung,
dass die Anstrengung, die sie zum Verstehen von Sprache aufwenden müssen, möglichst
gering ist. Welche Parametereinstellung bei einem individuellen Nutzer die Höranstrengung
minimiert, kann derzeit regelmäßig nur länger andauerndes Ausprobieren herausgefunden
werden.
[0012] Angesichts der vorstehend beschriebenen Komplikationen bei der Hörhilfegeräteeinstellung
hat sich in der Praxis ein arbeitsteiliges Vorgehen zwischen den mit dem Nutzer interagierenden
Audiologen und dem Hersteller der Hörhilfegeräte etabliert. Dabei stellt der Hersteller
einen Katalog von typischen Hörwünschen zur Verfügung, die Hörsystemträger gegenüber
ihrem HCP nennen. Ein jeder Hörwunsch thematisiert eine häufig wiederkehrende konkrete
Beschwerde von Nutzern, also eine Beschreibung eines typischen Problems bezüglich
des Hörempfindens des Nutzers (wie z.B. "Sprache zu leise", "Klang zu dumpf" oder
aber "Klang zu hell/zu metallisch", "häufiges Auftreten von Feedback/Rückkopplung
", u.a.m.), oder - äquivalentermaßen - einen Verbesserungswunsch (wie z.B. "Sprache
lauter", etc.)
[0013] Für einen jeden solchen Hörwunsch fertigt nun der Hersteller Berechnungsalgorithmen
an, die die Einstellungen der Signalverarbeitungseigenschaften entsprechend dem Hörwunsch
abändern. Solche Berechnungsalgorithmen können durchaus so gestaltet sein, dass sie
individuelle Eigenschaften des Nutzers berücksichtigen: Wenn z.B. die Verstärkung
erhöht werden soll, so kann die optimale Schrittweite dieser Erhöhung für Personen
mit schwachem Hörverlust größer sein als für Personen mit einem starken Hörverlust;
denn letzteren steht nur noch ein geringerer Umfang zwischen der Hörschwelle und der
Unbehaglichkeitsschwelle zur Verfügung.
[0014] Diese Berechnungsalgorithmen werden nun mit einer Anpassungssoftware an die HCPs
ausgeliefert, so dass diese die Berechnungsalgorithmen im Rahmen einer Anpasssitzung
ausführen können. Der HCP selektiert in der Anpass-Software den Hörwunsch, den er
von seinem Patienten erfährt und führt den entsprechenden Berechnungsalgorithmus aus.
[0015] Das Verwendung solcher Berechnungsalgorithmen hat den Vorteil, dass der Hersteller
hierin sein gesamtes Wissen über die speziellen Signalverarbeitungseigenschaften des
Hörhilfegeräts einfließen lassen kann. Die Berechnungsalgorithmen modifizieren damit
in der Regel auch die speziellen, herstellerspezifischen Signalverarbeitungseigenschaften,
die dem durchschnittlichen Audiologen nicht im Detail bekannt sind.
[0016] Die Berechnungsalgorithmen werden von dem Audiologen zur Voranpassung der Parameter
verwendet. Die von dem jeweiligen Berechnungsalgorithmus berechneten Parameter werden
von dem Audiologen dann nur noch bei Bedarf nachkorrigiert.
[0017] Durch die Möglichkeit zur Nachkorrektur kann der Audiologe seine Berufserfahrung
oder eine eigene "Differentialdiagnostik", d.h. seine ihm unmittelbar vorliegenden
Eindrücke zum Wohle seines Patienten einfließen lassen.
[0018] So leistungsfähig dieses Verfahren auch ist, so ist es doch immer noch zeit- und
kostenintensiv. Insbesondere verursacht die Erstellung der Berechnungsalgorithmen
einen erheblichen Aufwand bei dem Hersteller der Hörhilfegeräte.
[0019] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine effektive, dennoch aber mit
vergleichsweise geringem Aufwand verbundene Einstellung eines Hörhilfegeräts zu ermöglichen.
[0020] Bezüglich eines Verfahrens wird diese Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch die Merkmale
des Anspruchs 1. Bezüglich der Einrichtung wird die Aufgabe erfindungsgemäß gelöst
durch die Merkmale des Anspruchs 9. Vorteilhafte und teils für sich gesehen erfinderische
Ausgestaltungsformen und Weiterentwicklungen sind in den Unteransprüchen und der nachstehenden
Beschreibung dargelegt.
[0021] Das erfindungsgemäße Verfahren zur Einstellung eines Hörhilfegeräts umfasst folgende
Schritte:
- 1) Es wird ein Hörwunsch eines Nutzers erzeugt. Der Hörwunsch wird dabei in Form von
Daten erzeugt, die bezüglich des Hörempfindens des Nutzers Angaben zu einem konkreten
bestehenden Problem und/oder zu einer gewünschten Verbesserung enthalten.
- 2) Bezüglich des Hörwunschs werden anhand von bisherigen Hörhilfegeräteparametern
(nachstehend kurz: HG-Parameter) eines dem Nutzer zugeordneten Hörhilfegeräts sowie
anhand von Personendaten des Nutzers mittels eines Berechnungsalgorithmus geänderte
HG-Parameter für das Hörhilfegerät berechnet. Der Hörwunsch wird beispielsweise durch
Auswahl aus einer vorgegebener Liste von Hörwünschen oder Formulierung als Freitext
mit anschließender automatischer Textanalyse und automatischer Zuordnung zu einer
von mehreren vorgegebenen Hörwunschklassen erzeugt. Das Merkmal "bezüglich des Hörwunschs"
ist in bevorzugter Ausführung des Verfahrens dahingehend umgesetzt, dass für jeden
Hörwunsch bzw. jede Hörwunschklasse ein oder mehrere separate Berechnungsalgorithmen
bereitgestellt werden, die auf den jeweils entsprechenden Hörwunsch angewendet werden.
In äquivalenter, alternativer Ausführung des Verfahrens wird im Rahmen eines einzigen
Berechnungsalgorithmus in Abhängigkeit des Hörwunsches eine Fallunterscheidung oder
Wichtung vorgenommen.
- 3) Die geänderten HG-Parameter werden auf das Hörhilfegerät aufgespielt.
- 4) Zu einem späteren Zeitpunkt wird eine Rückmeldung erfasst, die eine Information
enthält, ob oder inwieweit die geänderten HG-Parameter den Hörwunsch erfüllen. Die
Rückmeldung gibt also an, ob oder inwieweit das geäußerte Problem des Nutzers gelöst
wurde bzw. ob oder inwieweit die gewünschte Verbesserung erreicht wurde. Der "spätere
Zeitpunkt", zu dem die Rückmeldung erfasst wird, ist insbesondere der nächste Zeitpunkt
nach Ablauf einer Mindestzeitspanne (von z.B. einer Woche), zu dem das Hörhilfegerät
nach dem Aufspielen der von dem Berechnungsalgorithmus berechneten, geänderten HG-Parameter
(insbesondere über eine zugeordnete Konfigurationseinheit wie z.B. eine Smartphone-App
oder eine Anpassungsstation des Akustikers) mit der Nutzerdatenbank datenübertragungstechnisch
verbunden wird. Die genannte Mindestzeitspanne ist vorzugsweise an eine vorab aus
Erfahrungswerten ermittelte Wirkzeit (Eingewöhnungszeit) angepasst, die typischerweise
nach Anwendung des jeweiligen Berechnungsalgorithmus bis zur vollen Entfaltung seiner
Wirkung vergeht. Entsprechend ist die vorgegebene Mindestzeitspanne für unterschiedliche
Berechnungsalgorithmen in der Regel verschieden vorgegeben. Bei Berechnungsalgorithmen,
die ihre volle Wirkung erfahrungsgemäß erst nach einer bestimmten Mehrzahl von wiederholten
Anwendungen erreichen, ist vorzugsweise die entsprechend mehrfache Wirkzeit in die
Mindestzeitspanne eingerechnet.
[0022] Die Rückmeldung besteht einfachsten Fall aus einer binären Angabe, mit der der Nutzer
die von dem Berechnungsalgorithmus berechneten geänderten HG-Parameter annimmt oder
ablehnt. Alternativ hierzu ist eine quantitative Form der Rückmeldung vorgesehen,
die durch eine mehrstufige Bewertung gebildet ist, mit der der Nutzer die von dem
Berechnungsalgorithmus berechneten geänderten HG-Parameter, z.B. auf einer Skala von
1 bis 5, hinsichtlich der Erfüllung des Hörwunsches bewertet. Vorzugsweise wird als
Rückmeldung zu dem späteren Zeitpunkt ermittelt, ob der Nutzer die von dem Berechnungsalgorithmus
berechneten geänderten HG-Parameter unverändert übernommen hat, oder ob er manuelle
Nachkorrekturen vorgenommen hat. Diese Form der Rückmeldung wird vorzugsweise automatisch,
also ohne bewusstes Zutun des Nutzers erhoben. Als Rückmeldung wird hier z.B. ein
binärer Dateneintrag in der Nutzerdatenbank archiviert, der einen der beiden Werte
"unverändert übernommen" und "nachkorrigiert" annehmen kann. Die Rückmeldung kann
im Rahmen der Erfindung ferner auch eine Kombination der vorstehend beschriebenen
Rückmeldungsarten umfassen.
5) In Abhängigkeit des Hörwunsches und der Rückmeldung werden schließlich
- (1) die bisherigen HG-Parameter und
- (2) die geänderten HG-Parameter und/oder Parameteränderungen, um die sich die geänderten
HG-Parameter von den bisherigen HG-Parametern unterscheiden, zusammen mit
- (3) den Personendaten des Nutzers
als Datensatz in einer Nutzerdatenbank archiviert. Anhand der Nutzerdatenbank (d.h.
durch Auswertung der in der Nutzerdatenbank archivierten Datensätze) werden, insbesondere
bei negativer Rückmeldung, alternative HG-Parameter für den Nutzer ermittelt. Alternativ
oder zusätzlich hierzu werden anhand der Nutzerdatenbank Änderungen für den Berechnungsalgorithmus
ermittelt. Die Ermittlung der alternativen HG-Parameter bzw. die Änderungen für den
Berechnungsalgorithmus werden vorzugsweise automatisch (d.h. ohne menschliche Interaktion)
ermittelt. Es ist dabei optional aber ein manueller Prüfschritt vorgesehen, im Zuge
dessen die automatisch ermittelten alternativen HG-Parameter bzw. Änderungen für den
Berechnungsalgorithmus durch einen Experten angenommen oder verworfen werden.
[0023] Das Merkmal "in Abhängigkeit des Hörwunsches" ist in bevorzugter Ausführung des Verfahrens
dahingehend umgesetzt, dass der Hörwunsch bzw. die Hörwunschklasse als Dateneintrag
in dem archivierten Datensatz aufgenommen wird - die Nutzerdatenbank enthält in diesem
Fall Datensätze für alle vorgegebenen Hörwünsche bzw. Hörwunschklassen. Alternativ
wird für jeden Hörwunsch bzw. jede Hörwunschklasse eine eigene Nutzerdatenbank geführt,
wobei diesen Nutzerdatenbanken die Datensätze "in Abhängigkeit des Hörwunsches" zugeordnet
werden.
[0024] Das Merkmal "in Abhängigkeit der Rückmeldung" ist in bevorzugter Ausführung des Verfahrens
dahingehend umgesetzt, dass die Rückmeldung (z.B. in Form einer binären, mehrstufigen
oder kontinuierlichen Bewertung) als Dateneintrag in dem archivierten Datensatz aufgenommen
wird - die Nutzerdatenbank enthält in diesem Fall Datensätze für positive und negative
Rückmeldungen. Alternativ werden in der Nutzerdatenbank nur Datensätze mit positiver
Rückmeldung (oder alternativ nur Datensätze mit negativer Rückmeldung) archiviert
- Datensätze mit der jeweils anderen Rückmeldung werden in dem letzteren Fall in Abhängigkeit
der Rückmeldung verworfen.
[0025] In einer bevorzugten Ausführung des Verfahrens sind die HG-Parameter manuell von
dem Nutzer oder einem Akustiker (Audiologen) nachkorrigierbar. Zu dem späteren Zeitpunkt
wird dabei vorzugsweise zur Erfassung der Rückmeldung ermittelt, ob die von dem Berechnungsalgorithmus
berechneten, geänderten HG-Parameter auf dem Hörhilfegerät unverändert übernommen
oder manuell nachkorrigiert wurden. Im Falle von manuellen Nachkorrekturen werden
die nachkorrigierten HG-Parameter zusätzlich in dem Datensatz in der Nutzerdatenbank
archiviert.
[0026] In einer weiteren bevorzugten Ausführung des Verfahrens werden die in der Nutzerdatenbank
enthaltenen Datensätze einer Clusteranalyse unterworfen, um zu ermitteln, ob die Datensätze
in Abhängigkeit des Hörwunsches und der Rückmeldung sowie bezüglich einer Untergruppe
der HG-Parameter und Personendaten in statistisch voneinander abgrenzbare Cluster
zerfallen. Bei Feststellung einer solchen Clusterung wird dabei, insbesondere automatisch,
eine diese Clusterung berücksichtigende geänderte oder ergänzte Regel für den Berechnungsalgorithmus
erzeugt.
[0027] Als geänderte oder ergänzte Regel wird dabei - insbesondere wiederum automatisch
- eine Fallunterscheidung für den Berechnungsalgorithmus erzeugt, durch die in Abhängigkeit
eines oder mehrerer der Personendaten variierende Parameteränderungen für einen oder
mehrere der HG-Parameter vorgegeben werden.
[0028] Die fallspezifischen Änderungen des Berechnungsalgorithmus werden bevorzugt dabei
durch Mittelwertbildung über oder durch (lineare oder nicht-lineare) Anpassung (Fitting)
an eine Untergruppe der in der Nutzerdatenbank enthaltenen Datensätze ermittelt, die
die ermittelte Clusterung wiederspiegelt. Wenn beispielsweise in der Clusteranalyse
festgestellt wurde, dass italienischsprachige Nutzer mit statistischer Signifikanz
in Hinblick auf einen bestimmten Hörwunsch andere Parameteränderungen bevorzugen als
sie durch den bestehenden Berechnungsalgorithmus vorgeschlagen werden, wird dem Berechnungsalgorithmus
eine neue Fallunterscheidung für italienischsprachige Nutzer und nicht-italienischsprachige
Nutzer hinzugefügt. Die Eigenschaften des Berechnungsalgorithmus für den ersten Fall
(d.h. für italienischsprachige Nutzer) werden bestimmt, indem Mittelwerte über archivierte
Datensätze von italienischsprachigen Nutzern gebildet werden, oder indem der Berechnungsalgorithmus,
z.B. unter Verwendung des Levenberg-Marquardt-Verfahrens, an die archivierten Datensätze
der italienischsprachigen Nutzer "angefittet" wird. Für den zweiten Fall (d.h. für
nicht-italienischsprachige Nutzer) werden die bisherigen Eigenschaften des Berechnungsalgorithmus
z.B. unverändert beibehalten.
[0029] Um zu verhindern, dass der Berechnungsalgorithmus im Zuge wiederholter Ergänzung
von neuen Fallunterscheidungen eine numerisch nur noch schwer zu handhabende Größe
annimmt, werden verschiedene Fälle in einer zweckmäßigen Variante des Verfahrens auf
unterschiedliche, aber jeweils selbstständig ausführbare Unteralgorithmen abgebildet.
Die Fallunterscheidung wird hierbei bevorzugt in einem übergeordneten Prognosealgorithmus
implementiert, der in Abhängigkeit der für die Fallunterscheidung relevanten HG-Parameter
und/oder Personendaten den jeweils zugeordneten Unteralgorithmus auswählt. In einer
Weiterentwicklung des Verfahrens ist vorgesehen, dass mehrere Unteralgorithmen parallel
ausgewählt und durchgeführt werden, deren jeweilige Ergebnisse anschließend (gewichtet
oder ungewichtet) gemittelt werden.
[0030] Die im Zuge des Verfahrens verarbeiteten und archivierten Personendaten umfassen
vorzugsweise Angaben zu der Hörminderung, zu dem Alter, zu der Größe, zu dem Geschlecht,
zu Sprachkenntnissen (z.B. Angaben zur Hauptsprache, sowie optional zu einer Mehrsprachigkeit
und/oder Fremdsprachkenntnissen), zu der Nationalität, zu Erkrankungen und/oder zu
Behinderungen des Nutzers.
[0031] Die im Zuge des Verfahrens erfassten, ermittelten und archivierten HG-Parameter umfassen
vorzugsweise Angaben zu frequenzabhängigen Verstärkungsfaktoren, zu einer Kompression,
zu einer Störgeräuschunterdrückung (insbesondere zu der Stärke und den frequenzabhängigen
Eigenschaften der Störgeräuschunterdrückung), zur Richtcharakteristik des in dem Hörhilfegerät
enthaltenen Mikrofons oder der in dem Hörhilfegerät enthaltenen Mikrofone, zur Anwendung
einer Feedback-Unterdrückung (insbesondere zur Stärke der Feedback-Unterdrückung)
und/oder zu einer Klassifikation von Hörsituationen enthalten.
[0032] Das Verfahren ist allerdings nicht auf die genannten Personendaten und HG-Parameter
beschränkt. Vielmehr können eine Vielzahl weiterer Personendaten und HG-Parameter
(von Anfang an oder sukzessive im Zuge der Verfahrensdurchführung) in das Verfahren
aufgenommen werden. Insbesondere ist die Nutzerdatenbank vorzugsweise dazu eingerichtet,
dass ohne Neustrukturierung der Nutzerdatenbank bereits archivierte Datensätze um
weitere HG-Parameter und/oder Personendaten erweiterbar sind, und dass neue Datensätze
archivierbar sind, die gegenüber den bereits archivierten Datensätzen einen erweiterten
Satz an HG-Parametern und/oder Personendaten aufweisen.
[0033] In einer weiteren bevorzugten Ausführung des Verfahrens wird, insbesondere bei negativer
Rückmeldung, aus der Nutzerdatenbank derjenige archivierte Datensatz eines anderen
Nutzers ausgewählt, der unter Berücksichtigung des Hörwunsches, der Personendaten
und der bisherigen HG-Parameter den entsprechenden Daten des Nutzers am nächsten kommt.
Die geänderten HG-Parameter dieses ausgewählten archivierten Datensatzes werden als
alternative HG-Parameter für den Nutzer übernommen. Dabei werden bevorzugt nur archivierte
Datensätze mit positiver Rückmeldung oder ggf. mit erfolgreichen manuellen Nachkorrekturen
berücksichtigt.
[0034] In einer Variante der vorstehend beschriebenen Ausführungsform des Verfahrens werden
die alternativen HG-Parameter nicht aus dem einen ähnlichsten archivierten Datensatz
bestimmt, sondern aus mehreren ähnlichen Datensätzen, wobei über die geänderten HG-Parameter
dieser ähnlichen archivierten Datensätze gemittelt wird. Es werden also, insbesondere
bei negativer Rückmeldung, aus der Nutzerdatenbank eine Anzahl von archivierten Datensätzen
anderer Nutzer ausgewählt, die unter Berücksichtigung des Hörwunsches, der Personendaten
und der bisherigen HG-Parameter den entsprechenden Daten des Nutzers am nächsten kommen.
Die (gewichteten oder umgedichteten) Mittelwerte der geänderten HG-Parameter dieser
ausgewählten archivierten Datensätze werden dabei als alternative HG-Parameter für
den Nutzer ermittelt. Dabei werden wiederum bevorzugt nur archivierte Datensätze mit
positiver Rückmeldung oder ggf. mit erfolgreichen manuellen Nachkorrekturen berücksichtigt.
[0035] Die erfindungsgemäße Einrichtung ist allgemein zur Ausführung des vorstehend beschriebenen
Verfahrens, insbesondere in einer der beschriebenen Ausführungsvarianten eingerichtet.
Die vorstehend beschriebenen Ausführungsformen des Verfahrens finden somit jeweils
ihre Entsprechung in korrespondierenden Ausführungsformen der Einrichtung.
[0036] Konkret umfasst die Einrichtung
- eine Nutzerdatenbank, in der eine Vielzahl von Datensätzen verschiedener Nutzer archiviert
sind, wobei jeder Datensatz in Abhängigkeit des jeweils zugrundeliegenden Hörwunsches
und der zugehörigen Rückmeldung
- die bisherigen HG-Parameter und
- die geänderten HG-Parameter und/oder Parameteränderungen, um die sich die geänderten
HG-Parameter von den bisherigen HG-Parametern unterscheiden, zusammen mit
- den Personendaten des jeweiligen Nutzers
enthält,
- ein Software-Repository, in der mindestens ein Berechnungsalgorithmus und ein Auswertungsalgorithmus
bereitgestellt wird,
- wobei der Berechnungsalgorithmus dazu eingerichtet ist, für einen Hörwunsch eines
bestimmten Nutzers anhand von bisherigen HG-Parametern eines diesem Nutzer zugeordneten
Hörhilfegeräts sowie anhand von Personendaten dieses Nutzers geänderte HG-Parameter
zu berechnen, und
- wobei der Auswertungsalgorithmus dazu eingerichtet ist, aus der Nutzerdatenbank alternative
HG-Parameter für den Nutzer und/oder Änderungen für den Berechnungsalgorithmus zu
ermitteln,
- eine Konfigurationseinheit, die mit dem Hörhilfegerät des Nutzers datenübertragungstechnisch
verbindbar ist, um die von dem Berechnungsalgorithmus berechneten geänderten HG-Parameter
auf das Hörhilfegerät aufzuspielen, wobei die Konfigurationseinheit dazu eingerichtet
ist,
- den Hörwunsch zu erzeugen,
- nach dem Aufspielen der von dem Berechnungsalgorithmus berechneten, geänderten HG-Parameter
die Rückmeldung zu erfassen und
- den Hörwunsch zusammen mit der Rückmeldung, den bisherigen HG-Parametern, den geänderten
HG-Parametern und/oder Parameteränderungen, um die sich die geänderten HG-Parameter
von den bisherigen HG-Parametern unterscheiden, sowie den Personendaten des Nutzers
(unmittelbar oder mittelbar über weitere Komponenten der Einrichtung) zur Archivierung
an die Nutzerdatenbank zu übermitteln,
- eine (erste) Ablaufumgebung zur Ausführung des Berechnungsalgorithmus, in die der
Berechnungsalgorithmus aus dem Software-Repository geladen werden kann,und
- eine (zweite) Ablaufumgebung zur Ausführung des Auswertungsalgorithmus, in die der
Auswertungsalgorithmus aus dem Software-Repository geladen werden kann.
[0037] Die Konfigurationseinheit kann im Rahmen der Erfindung als Hardwaregerät ausgebildet
sein, z.B. als dediziertes Handheld-Gerät zur Programmierung des Hörhilfegeräts. Vorzugsweise
handelt es sich bei der Konfigurationseinheit aber um ein Softwaremodul, z.B. in Form
einer App, das zum Ablauf auf einem elektronischen Datenverarbeitungsgerät des Nutzers
(z.B. eines Computer, Smartphones oder Tablets) eingerichtet ist, und das die Hardware
des Datenverarbeitungsgeräts, z.B. einen Bluetooth-Transceiver, zum datenübertragungstechnischen
Verbindungsaufbau mit dem Hörhilfegerät nutzt.
[0038] Die (erste) Ablaufumgebung zur Ausführung des Berechnungsalgorithmus handelt es sich
insbesondere um eine sogenannte Middleware, d.h. um eine Software-Plattform, die auf
dem Betriebssystem eines Computers oder sonstigen programmgesteuerten Geräts installiert
ist, und auf der wiederum der Berechnungsalgorithmus ausführbar ist. Die erste Ablaufumgebung
ist dabei insbesondere in der Konfigurationseinheit, z.B. der vorstehend beschriebenen
Smartphone-App, integriert.
[0039] Die (zweite) Ablaufumgebung zur Ausführung des Auswertungsalgorithmus ist insbesondere
auf einem zentralen Server, vorzugsweise in einem Cloud-Rechenzentrum implementiert.
Bei dieser zweiten Ablaufumgebung kann es sich im Rahmen der Erfindung ebenfalls um
eine Middleware handeln. Alternativ läuft der Auswertungsalgorithmus direkt auf dem
Server, so dass die (zweite) Ablaufumgebung durch das Betriebssystem des Servers gebildet
ist.
[0040] Vorzugsweise sind die HG-Parameter - wie vorstehend erwähnt - durch den Nutzer oder
einen Akustiker (Audiologen) über die Konfigurationseinheit manuell nachkorrigierbar.
Die Konfigurationseinheit ist dabei bevorzugt dazu eingerichtet,
- zur Erfassung der Rückmeldung zu ermitteln, ob die von dem Berechnungsalgorithmus
berechneten, geänderten HG-Parameter auf dem Hörhilfegerät unverändert übernommen
oder manuell nachkorrigiert wurden, und
- im Falle von manuellen Nachkorrekturen die nachkorrigierten HG-Parameter zusätzlich
zur Archivierung an die Nutzerdatenbank zu übermitteln.
[0041] Vorzugsweise ist der Auswertungsalgorithmus dazu eingerichtet, die in der Nutzerdatenbank
enthaltenen Datensätze zur Erzeugung der geänderten oder ergänzten Regel für den Berechnungsalgorithmus
der vorstehend beschriebenen Clusteranalyse zu unterwerfen.
[0042] Nachstehend werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand einer Zeichnung näher
erläutert. Darin zeigt:
- Fig. 1
- eine Einrichtung zur Einstellung von Parametern eines Hörhilfegeräts eines Nutzers
5.
[0043] Die in Fig. 1 dargestellte Einrichtung 1 umfasst
- einen Datenbankserver 2 mit einer Nutzerdatenbank 3, in der eine Vielzahl von Datensätzen
D archiviert sind,
- eine Anzahl von Berechnungsalgorithmen B zur Einstellung der Signalverarbeitungseigenschaften
eines Hörhilfegeräts 4 eines Nutzers 5, nämlich zur Berechnung von geänderten HG-Parametern
PG,
- eine Anzahl von Prognosealgorithmen S zur Prognose der optimalen Auswahl des passenden
Berechnungsalgorithmus B,
- optional eine Anzahl von Prognosealgorithmen W zur Prognose der optimalen Wirkstärke
des jeweiligen Berechnungsalgorithmus B bei mehrfacher Ausführung,
- eine Anzahl von Auswertungsalgorithmen A, die einerseits zur Berechnung alternativer
HG-Parameter PA für den Nutzers und andererseits zur Berechnung von Änderungen CB,
CS und CW für die Berechnungsalgorithmen B, die Prognosealgorithmen S bzw. die Prognosealgorithmen
W eingerichtet sind,
- eine Konfigurationseinheit in Form einer (Konfigurations-)App 6, die zum Ablauf auf
einem elektronischen Datenverarbeitungsgerät (hier einem Smartphone 7) des Nutzers
bestimmt ist, um unter Ausführung eines der Berechnungsalgorithmen B die geänderten
HG-Parameter PG für das Hörhilfegerät 4 zu berechnen,
- eine erste Ablaufumgebung 8 zur Ausführung der Berechnungsalgorithmen B, die im Beispiel
gemäß Fig. 1 als Bestandteil der App 6 implementiert ist,
- einen Server 9 mit einer zweiten Ablaufumgebung 10 zur Ausführung der Auswertungsalgorithmen
A, und
- einen Server 11 mit einem Software-Repository 12, d.h., einem verwalteten Verzeichnis,
in dem Programmpakete und zugehörige Metadaten, nämlich im vorliegendem Fall die Algorithmen
B, S, W, A sowie die App 6 zum Herunterladen auf das Smartphone 7 bzw. auf den Server
9 bereitgestellt sind,
[0044] Das Smartphone 7 ist - ebenso wie das Hörhilfegerät 4 und der Nutzer 5 - kein Bestandteil
der Einrichtung 1. Vielmehr treten das Smartphone 7, das Hörhilfegerät 4 und der Nutzer
5 lediglich in Interaktion mit den o.g. Komponenten der Einrichtung 1. Diese Komponenten
der Einrichtung 1 sind vorzugsweise (wie z.B. der Datenbankserver 2 mit der Nutzerdatenbank
3, der Server 9 mit der zweiten Ablaufumgebung 10 und der Server 11 mit dem Software-Repository
12) in einem Cloud-Datenzentrum oder verteilt auf mehrere Datenzentren einer Cloud
installiert oder werden von dort (wie z.B. die App 6 mit der ersten Ablaufumgebung
8 und den Algorithmen B, S und W zum Herunterladen auf das Smartphone 7 bereitgestellt.
Der Server 9 ist mit dem Datenbankserver 2 und dem Server 11, z.B. über ein cloud-internes
Datenübertragungsnetz, verbunden. Optional sind mehrere der in Fig. 1 dargestellten
Komponenten der Einrichtung 1 auch zu größeren Einheiten integriert. Beispielsweise
können die Server 2, 9 und 11 auch in einer Einheit zusammengefasst sein. Das Smartphone
7 ist über das Internet mit dem Server 9 und dem Software-Repository 12 verbunden.
[0045] Jeder der in der Nutzerdatenbank 3 archivierten Datensätze D enthält Angaben (Dateneinträge)
zu
- einem geäußerten Hörwunsch H' eines (in der Regel von dem Nutzer 5 verschiedenen)
anderen Nutzers,
- Personendaten PD' des anderen Nutzers,
- die bisherigen HG-Parameter PB' eines (dem Hörhilfegerät 4 in der Regel entsprechenden)
Hörhilfegeräts des anderen Nutzers, die Anlass zur Äußerung des Hörwunsches H' gaben,
- geänderte HG-Parameter PG', die von einem der Berechnungsalgorithmen B anhand des
Hörwunsches H' sowie der Personendaten PD' und der bisherigen HG-Parameter PB' des
anderen Nutzers berechnet worden waren,
- einer Rückmeldung R', die angibt, ob der Hörwunsch H' durch die geänderte HG-Parameter
PG" erfüllt wurde, sowie
- ggf. von dem anderen Nutzer manuell nachkorrigierte HG-Parameter PK'.
[0046] Optional enthält der Datensatz D weitere Dateneinträge, z.B.
- eine Wiederholungsanzahl, die angibt, wie oft der Berechnungsalgorithmus B wiederholt
wurde, um zu den geänderten HG-Parametern PG' zu gelangen, und/oder die Wartezeit
zwischen den Wiederholungen,
- Angaben, ob der andere Nutzer Vorschlägen der App 6 hinsichtlich des zu nutzenden
Berechnungsalgorithmus B und/der des Wiederholungsschemas für die Anwendung des Berechnungsalgorithmus
B gefolgt ist, und/oder
- eine Angabe zu dem genutzten Berechnungsalgorithmus B.
[0047] In dem Software-Repository 12 sind neben der App 6 für jeden Hörwunsch H eine Anzahl
von Berechnungsalgorithmen B (also ein Berechnungsalgorithmus B oder mehrere Berechnungsalgorithmen
B), sowie jeweils ein zugehöriger Prognosealgorithmus S, ein zugehöriger Prognosealgorithmus
W und ein zugehöriger Auswertungsalgorithmus A gespeichert. In der Fig. 1 ist beispielhaft
für zwei Hörwünsche jeweils ein solcher Satz zusammengehöriger Algorithmen B, S, W
und A dargestellt, wobei die einander zugehörigen Algorithmen B, S, W und A jeweils
übereinander dargestellt sind. In der vorgesehen Anwendung enthält das Software-Repository
12 jeweils einen solchen Satz von Algorithmen B, S, W und A für eine Vielzahl von
Hörwünschen H.
[0048] In einer alternativen Ausführung können auch für alle Hörwünsche H ein gemeinsamer
Prognosealgorithmus S, ein gemeinsamer Prognosealgorithmus W und/oder ein gemeinsamer
Auswertungsalgorithmus A vorgehalten sein. Auch mehrere der Berechnungsalgorithmen
B können in alternativer Ausführung der Erfindung zu einem übergeordneten (hörwunschspezifischen
oder hörwunschübergreifenden) Berechnungsalgorithmus B zusammengefasst sein.
[0049] Zur Nutzung der Einrichtung 1 lädt der Nutzer 5 zunächst die App 6 aus dem Software-Repository
12 auf das Smartphone 7 herunter.
[0050] Die App 6 nutzt einen Bluetooth-Receiver des Smartphone 7, um sich mit dem Hörhilfegerät
4 des Nutzers 5 datenübertragungstechnisch zu verbinden und möglichst dem Nutzer 5,
die HG-Parameter des Hörhilfegeräts 4 (oder bevorzugt ein ausgewähltes Subset dieser
HG-Parameter) durch Interaktion mit der App 6 über das Smartphone 7 zu ändern.
[0051] Wenn die bisherigen HG-Parameter PB des Hörhilfegeräts 4 zu einem für Nutzer 5 den
unbefriedigenden Hörempfinden führen, äußert der Nutzer 5 durch Interaktion mit der
App 6 über das Smartphone 7 einen Hörwunsch H, indem er aus einer von der App 6 vorgegebenen
Liste den seinem Problem entsprechenden Eintrag auswählt.
[0052] Die App 6 lädt daraufhin die bisherigen HG-Parameter PB sowie die Personendaten PD
des Nutzers 5 aus dem Hörhilfegerät 4. Des Weiteren lädt es den dem Hörwunsch H entsprechenden
Prognosealgorithmus S aus dem Software-Repository 12 herunter und bringt diesen Prognosealgorithmus
S in der Ablaufumgebung 8 zur Ausführung.
[0053] Der Prognosealgorithmus S analysiert die bisherigen HG-Parameter PB sowie die Personendaten
PD des Nutzers 4 und schlägt dem Nutzer 5 auf dieser Basis den nach Maßgabe interner
Vorgaben geeignetsten Berechnungsalgorithmus B (aus der Gruppe der dem Hörwunsch H
zugeordneten Berechnungsalgorithmen B) vor.
[0054] Der Nutzer 5 kann nun durch Interaktion mit der App 6 über das Smartphone 7 den vorgeschlagenen
Berechnungsalgorithmus B bestätigen oder einen anderen der dem Hörwunsch H zugeordneten
Berechnungsalgorithmen B auswählen. Der bestätigte oder ausgewählte Berechnungsalgorithmus
B wird von der App 6 aus dem Software-Repository 12 heruntergeladen und in der Ablaufumgebung
8 zur Ausführung gebracht.
[0055] Der Berechnungsalgorithmus B berechnet hierbei anhand der bisherigen HG-Parameter
PB sowie der Personendaten PD des Nutzers 4 geänderte HG-Parameter PG. Diese geänderten
HG-Parameter PG werden anschließend durch die App 6 unter Nutzung des Bluetooth-Receivers
des Smartphone 7 auf das Hörhilfegerät 4 aufgespielt.
[0056] Weiterhin lädt die App 6 auch den dem Hörwunsch H entsprechenden Prognosealgorithmus
W aus dem Software-Repository 12 herunter und bringt diesen Prognosealgorithmus W
in der Ablaufumgebung 8 zur Ausführung.
[0057] Der Prognosealgorithmus W berechnet in Abhängigkeit des genutzten Berechnungsalgorithmus
B sowie anhand der bisherigen HG-Parameter PB sowie der Personendaten PD des Nutzers
4 ein nach Maßgabe interner Vorgaben optimales Widerholungsschema, das Angaben zu
einer Wiederholungzahl für die wiederholte Durchführung des genutzten Berechnungsalgorithmus
B und die optimale Wartezeit zwischen den Wiederholungen enthält. Die ermittelte Wiederholungszahl
kann dabei im Einzelfall auch Null betragen. Optional veranlasst der Prognosealgorithmus
W auch automatisch nach dem ermittelten Wiederholungsschema die wiederholte Durchführung
des genutzten Berechnungsalgorithmus B oder erinnert zumindest den Nutzer 5 an die
Durchführung des Berechnungsalgorithmus B nach diesem Wiederholungsschema.
[0058] Während und nach der Ausführung des Prognosealgorithmus W (und damit während oder
nach der wiederholten Durchführung des Berechnungsalgorithmus B) kann der Nutzer 5
die HG-Parameter des Hörhilfegeräts 4 durch Interaktion mit der App 6 über das Smartphone
7 manuell nachkorrigieren. Desweiteren kann der Nutzer 5 die Ausführung des Prognosealgorithmus
W auch vorzeitig abbrechen. Nach Durchführung des empfohlenen Wiederholungsschemas,
oder wenn der Nutzer 5 die Ausführung des Prognosealgorithmus W abbricht, fordert
die App 6 den Nutzer 5 über das Smartphone 7 nach einer von dem Prognosealgorithmus
W in Abhängigkeit von dem genutzten Berechnungsalgorithmus B vorgegebenen Wartezeit
zur Abgabe einer Rückmeldung R auf. Die Wartezeit kann von dem Nutzer 5 abgebrochen
werden.
[0059] Die Rückmeldung R enthält eine binäre Angabe, ob der Nutzer 5 die von dem Berechnungsalgorithmus
B geänderten HG-Parameter PG übernehmen (positive Rückmeldung) oder ablehnen (negative
Rückmeldung) will. Sofern der Nutzer 5 die geänderten HG-Parameter PG ablehnt, und
sofern der Nutzer 5 seit der erstmaligen Durchführung des Berechnungsalgorithmus B
die HG-Parameter manuell nachkorrigiert hat, behält die App 6 in Interaktion mit dem
Nutzer 5 die nachkorrigierten HG-Parameter PK auf dem Hörhilfegerät 4 entweder bei
oder stellt die bisherigen HG-Parameter PB wieder her.
[0060] Sowohl bei negativer Rückmeldung als auch bei positiver Rückmeldung übermittelt die
App 6
- den Hörwunsch H zusammen mit
- den Personendaten PD des Nutzers 5,
- den bisherigen HG-Parametern PB des Hörhilfegeräts 4,
- den von dem Berechnungsalgorithmus B bei der letzten Wiederholung berechneten geänderten
HG-Parametern PG,
- der Rückmeldung R, sowie
- den ggf. von dem Nutzer 5 manuell nachkorrigierten HG-Parametern PK
sowie gegebenenfalls weiteren Angaben (z.B. Wiederholungsanzahl und Wartezeit, Angaben
zur Annahme oder Ablehnung von Vorschlägen der App 6 durch den Nutzer 5 und/oder Angaben
zu dem genutzten Algorithmus) an den Server 9, der diese Daten als neuen Datensatz
D in der Nutzerdatenbank 3 archiviert.
[0061] Wenn die Rückmeldung R negativ ist, lädt der Server 9 den dem Hörwunsch H entsprechenden
Auswertungsalgorithmus A aus dem Software-Repository 12 herunter und bringt diesen
Auswertungsalgorithmus W in der Ablaufumgebung 10 zur Ausführung.
[0062] Der Auswertungsalgorithmus A ist in zwei Teilalgorithmen gegliedert, die grundsätzlich
unabhängig voneinander ausführbar sind und die daher in abgewandelten Ausführungsformen
der Einrichtung 1 als separate Algorithmen implementiert sind.
[0063] Ein erster Teilalgorithmus des Auswertungsalgorithmus A durchsucht die Nutzerdatenbank
3 in Abhängigkeit des Hörwunsches H nach archivierten Datensätzen D anderer Nutzer
mit positiver Rückmeldung R', die den Personendaten PD des Nutzers 5 und den bisherigen
HG-Parametern PB des Hörhilfegeräts 4 insgesamt an nächsten kommen. Aus einer bestimmten
Anzahl (z.B. aus zehn) der dabei gefundenen Datensätze D, die zu den genannten Daten
des Nutzers 5 die größte Ähnlichkeit aufweisen, bildet der erste Teilalgorithmus Mittelwerte
der geänderten HG-Parameter PG' und übermittelt diese Mittelwerte als alternative
HG-Parameter PA an die App 6.
[0064] Durch die App 6 werden die alternativen HG-Parameter PA anschließend unter Nutzung
des Bluetooth-Receivers des Smartphone 7 auf das Hörhilfegerät 4 aufgespielt, sofern
der Nutzer 5 der Übernahme zustimmt.
[0065] Der zweite Teilalgorithmus (auch: Anpassungsalgorithmus) des Auswertungsalgorithmus
A unterzieht die in der Nutzerdatenbank 3 archivierten Datensätze anderer Nutzer einer
Clusteranalyse. Im Zuge der Clusteranalyse wird insbesondere geprüft, ob die Verteilung
der Werte bestimmter geänderter oder nachkorrigierter HG-Parameter (insbesondere bei
gleicher Art der Rückmeldung R') über bestimmten Personendaten PD' und/oder anderen
HG-Parametern (insbesondere den bisherigen HG-Parametern PB') in statistisch voneinander
abgrenzbare Cluster (Häufungen) zerfällt. Sofern hierbei ein solcher Cluster gefunden
wird, erstellt der zweite Teilalgorithmus automatisch einen neuen Berechnungsalgorithmus
B für den betreffenden Hörwunsch, indem er die Variablen des bestehenden Berechnungsalgorithmus
B unter Verwendung eines Optimierungsverfahrens (Fit) neu in Hinblick auf diejenigen
archivierten Datensätze D anpasst, die den gefundenen Cluster bilden.
[0066] Den neu erstellten Berechnungsalgorithmus B speist der Auswertungsalgorithmus A als
Änderung CB in das Software-Repository 12 ein.
[0067] Des Weiteren fügt der Auswertungsalgorithmus A mit einer Änderung CS eine neue Fallunterscheidung
in den Prognosealgorithmus S ein, so dass der Prognosealgorithmus S künftig bei Personendaten
PD und/oder HG-Parametern, die dem festgestellten Cluster entsprechen, den neu erstellten
Berechnungsalgorithmus B vorschlägt.
[0068] Ferner passt der Auswertungsalgorithmus A mit einer Änderung CW auch dem den Prognosealgorithmus
W an, so dass dieser Prognosealgorithmus W geeignete Wiederholungsanzahlen und Wartezeiten
für den Berechnungsalgorithmus B vorschlägt.
[0069] Die Ausführung des Anpassungsalgorithmus (also des zweiten Teilalgorithmus des Auswertungsalgorithmus)
wird bevorzugt auch andere Ereignisse (Trigger) ausgelöst, z.B. durch Ablauf einer
gewissen Zeitspanne, durch Anwachsen der Nutzerdatenbank 3 um eine vorgegebene Anzahl
von Datensätzen D, durch manuelle Veranlassung, etc.
[0070] Gemäß einer anderen Ausführungsform der Einrichtung 1 wird stets das gesamte Software-Repository
12 (allerdings ohne die Auswertungsalgorithmen A) an die Ablaufumgebung 8 ausgeliefert.
Der Nutzer 5 kann somit die algorithmusgestützte Berechnung der geänderten HG-Parameter
auch offline durchführen, nämlich dann, wenn das Smartphone 7 keine Verbindung zum
Internet hat.
[0071] Die Übertragung der Nutzerdaten und Nutzeraktionen in die Nutzerdatenbank 3 erfolgt
in diesem Fall zeitverzögert, wenn das Smartphone 7 wieder eine Internetverbindung
hat.
[0072] In einer weiteren Ausführungsform ist vorgesehen, einen zusätzlichen Verarbeitungsschritt
vorzunehmen:
Die Anpassungsalgorithmen fügen ihre Modifikationen an den Berechnungs- und Prognosealgorithmen
B, S, W, die in dem Software-Repository 12 gespeichert sind, dabei nicht direkt ab.
Vielmehr werden die Ergebnisse der Anpassungsalgorithmen werden visualisiert und einem
Experten für Hörsystemanpassungen (insbesondere einem Mitarbeiter eines Hörhilfegeräteherstellers)
dargestellt. Der Experte erhält dabei die Möglichkeit, die Änderungen CB, CS und CW
- zu übernehmen,
- zu modifizieren und dann zu übernehmen, oder
- als Vorlage für Anwendungsfälle oder Patientenmerkmale zu nutzen, für die bis dahin
noch keine Berechnungs- oder Prognosealgorithmen angelegt sind.
[0073] Bei allen vorstehend beschriebenen Varianten der Einrichtung 1 und der durch diese
durchgeführten Verfahren können anstelle der geänderten HG-Parameter PG oder anstelle
der nachkorrigierten HG-Parameter PA auch Parameteränderungen archiviert und analysiert
werden, um die sich die geänderten bzw. nachkorrigierten HG-Parameter PG,PK von den
bisherigen HG-Parametern PB unterscheiden.
[0074] Nachfolgend sind drei Fallbeispiele für die Verwendung der Einrichtung 1 und des
von dieser durchgeführten Verfahrens beschrieben. Diese Beispiele sind zur Verdeutlichung
der Wirkung der Erfindung bewusst so gewählt, dass sie die zugrundeliegenden Zusammenhänge
von einem Fachmann einfach nachvollziehbar sind. Der eigentliche Vorteil der Erfindung
in der praktischen Anwendung liegt demgegenüber darin, dass sich durch die Anwendung
des erfindungsgemäßen Verfahrens auch Möglichkeiten für eine verbesserte Einstellung
von Hörhilfegeräten finden lassen, deren ursächliche Zusammenhänge auch für den Fachmann
nicht erkennbar oder plausibilisierbar sind.
Fallbeispiel 1:
[0075] Nutzer in Frankreich, Italien und Deutschland haben Zugang zu dem Software-Repository.
Viele Nutzer wählen dort aus dem Hörwunsch-Katalog die Angabe "Sprache ist zu leise"
aus.
[0076] Für diesen Hörwunsch ist ein Berechnungsalgorithmus hinterlegt, der die Verstärkung
im Frequenzbereich zwischen 1 kHz und 4kHz geringfügig anhebt. Viele Nutzer verwenden
diesen Berechnungsalgorithmus. Ein Teil dieser Nutzer nimmt an den Verstärkungsstellern
noch eine Nachkorrektur vor. Die Ausführungen der Nutzung und ebenfalls die Nachkorrekturen
werden in der Nutzerdatenbank 3 gespeichert.
[0077] Nach dem Eingang von 1000 Nutzungen (und der Hinterlegung von 1000 entsprechenden
Datensätzen D in der Nutzerdatenbank 3) wird der Anpassungsalgorithmus, der für den
Berechnungsalgorithmus "Verstärkung im Frequenzbereich von 1 kHz und 4 kHz anheben"
eingerichtet ist, aktiviert. Dieser untersucht die vorliegenden Datensätze D auf Zusammenhänge.
Zunächst erscheinen die Nachkorrekturen als nicht signifikant: Es sind Nachkorrekturen
vorhanden, diese geben aber ein uneinheitliches Bild ab.
[0078] Als die Analyse aber differenziert nach der Muttersprache vorgenommen wird, zeigt
sich folgendes Bild:
- Nutzer aus Frankreich haben mit ihren Nachkorrekturen die Verstärkung in dem Frequenzbereich
zwischen 1 kHz-2kHz zusätzlich angehoben.
- Nutzer aus Italien haben mit ihren Nachkorrekturen die Verstärkung in dem Frequenzbereich
zwischen 2 kHz und 4 kHz angehoben.
[0079] Das Bild entsteht dadurch, dass die Varianz (Streuung) in den Nachkorrekturen vergleichsweise
gering ausfällt gegenüber dem Mittelwert der Nachkorrekturen.
[0080] Der Anpassungsalgorithmus ergänzt den Berechnungsalgorithmus B derart, dass
- für Nutzer mit französischer Muttersprache die Verstärkung zwischen 1 kHz und 2 kHz
zusätzlich angehoben wird.
- für Nutzer mit italienischer Muttersprache die Verstärkung zwischen 2 kHz und 4 kHz
zusätzlich angehoben wird.
[0081] Diesem Beispiel liegt der für den Fachmann nachvollziehbare Umstand zugrunde, dass
die dominanten Frequenzen in der französischer Sprache zwischen 1 kHz und 2 kHz liegen,
die dominanten Frequenzen in der italienischen Sprache dagegen zwischen 2kHz und 4
kHz.
Fallbeispiel 2:
[0082] Viele Nutzer wählen aus dem der von der App 6 bereitgestellten Liste typischer Beschwerden
die Angabe aus, dass plötzliche Störgeräusche wie das Schlagen eines Löffels an die
Kaffeetasse als unangenehm empfunden werden.
[0083] Ein auf diesen Hörwunsch ausgerichteter Berechnungsalgorithmus B ist so gestaltet,
dass dieser eine große Anzahl von HG-Parametern des Hörhilfegeräts 4 jeweils geringfügig
ändert. Allerdings arbeitet der Berechnungsalgorithmus aufgrund fehlenden Expertenwissens
über die Abhängigkeit der optimalen Schrittweite der Parameteränderungen von bestimmten
Personendaten PG universell, d.h. für jeden Nutzer gleich. Die voreingestellten Parameteränderungen
wurden vorsichtshalber so gering dimensioniert, dass eine einfache Ausführung des
Berechnungsalgorithmus Störungen, die im Zeitdiagramm der Lautstärke als "nadelförmige"
Spitzen sichtbar sind, nur wenig ändert.
[0084] Nachdem 1000 Nutzer diesen Berechnungsalgorithmus genutzt haben, nimmt der entsprechende
Anpassungsalgorithmus eine Analyse vor. Dabei zeigt sich, dass es die Nutzer in den
meisten Fällen bei einer einfachen Ausführung belassen haben.
[0085] Minderhörende, deren Hörvermögen im Hochtonbereich um mehr als 60 dB reduziert ist,
haben den Berechnungsalgorithmus B aber mit statistisch auffälliger Häufigkeit mehrfach,
im Durchschnitt 3-mal hintereinander ausgeführt und dadurch die impulsförmigen Störungen
stärker reduziert als die meisten Nutzer.
[0086] Der Anpassungsalgorithmus passt den Prognosealgorithmus W deshalb dahingehend an,
dass er Minderhörende mit einem Hörverlust von mehr als 60 dB im Hochtonbereich daraufhin
den Vorschlag unterbreitet, den Berechnungsalgorithmus B 3-fach auszuführen.
[0087] Diesem Beispiel liegt der für den Fachmann nachvollziehbare Umstand zugrunde, dass
impulsförmige Störungen wie eben das Schlagen eines Löffels an die Kaffeetasse von
Minderhörenden als sehr viel unangenehmer empfunden wird, als von Normalhörenden.
Daher ist es wahrscheinlich, dass Minderhörende mit einem hochgradigen Hörverlust
Bedarf nach einer stärkeren Unterdrückung solcher I m-pulse haben als besser hörende
Personen.
Fallbeispiel 3:
[0088] Nutzer aus Europa und China haben Zugang zu dem Software-Repository. Viele Nutzer
wählen hier die Angabe "hohe Töne wie z.B. das Geschirrklappern beim Abspülen sind
unangenehm, zu schrill" als Hörwunsch H.
[0089] Für diesen Hörwunsch H sind zwei alternative Berechnungsalgorithmen B hinterlegt.
- Der erste Berechnungsalgorithmus B erhöht die Dynamikkompression im oberen Frequenzbereich.
- Der zweite Berechnungsalgorithmus B reduziert die Verstärkung im oberen Frequenzbereich.
[0090] Der Prognosealgorithmus S schlägt standardmäßig den ersten Berechnungsalgorithmus
B vor. Viele Nutzer probieren den Effekt der beiden Berechnungsalgorithmen aus und
entscheiden sich dann für einen der beiden.
Die Auswahl, welcher Berechnungsalgorithmus B nun eingesetzt wird, wird mit dem Hörwunsch
H in der Patientenhistorie der Nutzerdatenbank 3 gespeichert.
[0091] Nachdem 1000 Nutzer von einer Verbesserung für diesen Hörwunsch H Gebrauch gemacht
haben, analysiert der Anpassungsalgorithmus die Auswahl der bis dahin aufgelaufenen
akkumulierten Fälle dieses Hörwunsches H.
[0092] Die Analyse liefert das Ergebnis, dass die Mehrheit der Nutzer mit chinesischer Muttersprache
den zweiten Berechnungsalgorithmus B dem ersten bevorzugen. Der Anpassungsalgorithmus
ändert daraufhin den Prognosealgorithmus S so, dass Nutzern mit chinesischer Muttersprache
als Default der zweite Berechnungsalgorithmus B vorgeschlagen wird.
[0093] In einer denkbaren Ausführung bedient sich der Prognosealgorithmus S einer Tabelle,
in die relative Häufigkeiten der Auswahlen eingetragen sind. Zur Erzielung der vorstehend
beschriebenen Wirkung erweitert der Anpassungsalgorithmus die Tabelle so, dass nunmehr
eine Differenzierung nach Muttersprache eingefügt wird.
[0094] Diesem Beispiel liegt der für den Fachmann nachvollziehbare Umstand zugrunde, dass
Nutzer, die eine sogenannte tonale Sprache sprechen, z.B. Chinesisch, erfahrungsgemäß
häufig eine Signalverarbeitung mit möglichst geringer Dynamikkompression bevorzugen.
[0095] Die Erfindung wird an den vorstehend beschriebenen Ausführungs- und Fallbeispielen
besonders deutlich, ist gleichwohl hierauf aber nicht beschränkt. Vielmehr können
weitere Ausführungsformen der Erfindung aus den Ansprüchen und der vorstehenden Beschreibung
abgeleitet werden.
Bezugszeichenliste
[0096]
- 1
- Einrichtung
- 2
- Datenbankserver
- 3
- Nutzerdatenbank
- 4
- Hörhilfegerät
- 5
- Nutzer
- 6
- App
- 7
- Smartphone
- 8
- (erste) Ablaufumgebung
- 9
- Server
- 10
- (zweite) Ablaufumgebung
- 11
- Server
- 12
- Software-Repository
- A
- Auswertungsalgorithmus
- B
- Berechnungsalgorithmus
- CB
- Änderung
- CS
- Änderung
- CW
- Änderung
- D
- Datensätze
- H, H'
- Hörwunsch
- PA, PA'
- (alternative) HG-Parameter
- PB, PB'
- (bisherige) HG-Parameter
- PD,PD'
- Personendaten
- PG, PG'
- (geänderte) HG-Parameter
- PK, PK'
- (nachkorrigierte) HG-Parameter
- R,R'
- Rückmeldung
- S
- Prognosealgorithmus
- W
- Prognosealgorithmus
1. Verfahren zur Einstellung eines Hörhilfegeräts,
- bei welchem ein Hörwunsch eines Nutzers (5) erzeugt wird in Form von Daten, die
bezüglich des Hörempfindens des Nutzers (5) Angaben zu einem Problem und/oder zu einer
gewünschten Verbesserung enthalten,
- bei welchem bezüglich des Hörwunsches anhand von bisherigen Hörhilfegeräteparametern
eines dem Nutzer zugeordneten Hörhilfegeräts sowie anhand von Personendaten des Nutzers
mittels eines Berechnungsalgorithmus geänderte Hörhilfegeräteparameter für das Hörhilfegerät
berechnet werden,
- bei welchem die geänderten Hörhilfegeräteparameter auf das Hörhilfegerät aufgespielt
werden,
- bei welchem zu einem späteren Zeitpunkt eine Rückmeldung erfasst wird, die eine
Information enthält, ob oder inwieweit die geänderten Hörhilfegeräteparameter den
Hörwunsch erfüllen,
- bei welchem in Abhängigkeit des Hörwunsches und der Rückmeldung
- die bisherigen Hörhilfegeräteparameter und
- die geänderten Hörhilfegeräteparameter und/oder Parameteränderungen, um die sich
die geänderten Hörhilfegeräteparameter von den bisherigen Hörhilfegeräteparametern
unterscheiden, zusammen mit
- den Personendaten des Nutzers
als Datensatz in einer Nutzerdatenbank archiviert werden, wobei die Nutzerdatenbank
eine Vielzahl entsprechender Datensätze verschiedener Nutzer enthält, und
- bei welchem anhand der Nutzerdatenbank alternative Hörhilfegeräteparameter für den
Nutzer und/oder Änderungen für den Berechnungsalgorithmus ermittelt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
- bei welchem die Hörhilfegeräteparameter manuell von dem Nutzer oder einem Akustiker
nachkorrigierbar sind,
- bei welchem zu dem späteren Zeitpunkt zur Erfassung der Rückmeldung ermittelt wird,
ob die von dem Berechnungsalgorithmus berechneten, geänderten Hörhilfegeräteparameter
auf dem Hörhilfegerät unverändert übernommen oder manuell nachkorrigiert wurden, und
- bei welchem im Falle von manuellen Nachkorrekturen die nachkorrigierten Hörhilfegeräteparameter
zusätzlich in dem Datensatz in der Nutzerdatenbank archiviert werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
bei welchem die in der Nutzerdatenbank enthaltenen Datensätze einer Clusteranalyse
unterworfen werden, um zu ermitteln, ob die Datensätze in Abhängigkeit des Hörwunsches
und der Rückmeldung sowie bezüglich einer Untergruppe der Hörhilfegeräteparameter
und Personendaten in statistisch voneinander abgrenzbare Cluster zerfallen, und wobei
bei Feststellung einer solchen Clusterung eine diese Clusterung berücksichtigende
geänderte oder ergänzte Regel für den Berechnungsalgorithmus erzeugt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3,
bei welchem als geänderte oder ergänzte Regel eine Fallunterscheidung für den Berechnungsalgorithmus
erzeugt wird, durch die in Abhängigkeit eines oder mehrerer der Personendaten variierende
Parameteränderungen für einen oder mehrere der Hörhilfegeräteparameter vorgegeben
werden.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
bei welchem die Personendaten Angaben zu der Hörminderung, zu dem Alter, zu der Größe,
zu dem Geschlecht, zu Sprachkenntnissen, zu der Nationalität, zu Erkrankungen und/oder
zu Behinderungen des Nutzers umfassen.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
bei welchem die Hörhilfegeräteparameter Angaben zu frequenzabhängigen Verstärkungsfaktoren,
zu einer Kompression, zu einer Störgeräuschunterdrückung, zur Richtcharakteristik
des in dem Hörhilfegerät enthaltenen Mikrofons oder der in dem Hörhilfegerät enthaltenen
Mikrofone, zu einer Feedback-Unterdrückung und/oder zu einer Klassifikation von Hörsituationen
enthalten.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
- bei welchem, insbesondere bei negativer Rückmeldung, aus der Nutzerdatenbank derjenige
archivierte Datensatz eines anderen Nutzers ausgewählt wird, der unter Berücksichtigung
des Hörwunsches, der Personendaten und der bisherigen Hörhilfegeräteparameter den
entsprechenden Daten des Nutzers am nächsten kommt, und
- bei welchem die geänderten Hörhilfegeräteparameter dieses ausgewählten archivierten
Datensatzes als alternative Hörhilfegeräteparameter für den Nutzer übernommen werden.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
- bei welchem, insbesondere bei negativer Rückmeldung, aus der Nutzerdatenbank eine
Anzahl von archivierten Datensätzen anderer Nutzer ausgewählt werden, die unter Berücksichtigung
des Hörwunsches, der Personendaten und der bisherigen Hörhilfegeräteparameter den
entsprechenden Daten des Nutzers am nächsten kommen, und
- bei welchem gewichtete oder ungewichtete Mittelwerte der geänderten Hörhilfegeräteparameter
dieser ausgewählten archivierten Datensätze als alternative Hörhilfegeräteparameter
für den Nutzer ermittelt werden.
9. Einrichtung zur Einstellung eines Hörhilfegeräts gemäß dem Verfahren nach einem der
Ansprüche 1 bis 8,
- mit der Patientendatenbank, in der eine Vielzahl von Datensätzen verschiedener Nutzer
archiviert sind, wobei jeder Datensatz in Abhängigkeit des jeweils zugrundeliegenden
Hörwunsches und der zugehörigen Rückmeldung
- die bisherigen Hörhilfegeräteparameter und
- die geänderten Hörhilfegeräteparameter und/oder Parameteränderungen, um die sich
die geänderten Hörhilfegeräteparameter von den bisherigen Hörhilfegeräteparametern
unterscheiden, zusammen mit
- den Personendaten des jeweiligen Nutzers
enthält,
- mit einem Software-Repository, in dem mindestens ein Berechnungsalgorithmus und
ein Auswertungsalgorithmus bereitgestellt wird,
- wobei der Berechnungsalgorithmus dazu eingerichtet ist, für einen Hörwunsch eines
bestimmten Nutzers anhand von bisherigen Hörhilfegeräteparametern eines diesem Nutzer
zugeordneten Hörhilfegeräts sowie anhand von Personendaten dieses Nutzers geänderte
Hörhilfegeräteparameter zu berechnen, und
- wobei der Auswertungsalgorithmus dazu eingerichtet ist, aus der Nutzerdatenbank
alternative Hörhilfegeräteparameter für den Nutzer und/oder Änderungen für den Berechnungsalgorithmus
zu ermitteln,
- mit einer Konfigurationseinheit, die mit dem Hörhilfegerät des Nutzers datenübertragungstechnisch
verbindbar ist, um die von dem Berechnungsalgorithmus berechneten geänderten Hörhilfegeräteparameter
auf das Hörhilfegerät aufzuspielen, wobei die Konfigurationseinheit dazu eingerichtet
ist,
- den Hörwunsch zu erzeugen,
- nach dem Aufspielen der von dem Berechnungsalgorithmus berechneten, geänderten Hörhilfegeräteparameter
die Rückmeldung zu erfassen und
- den Hörwunsch zusammen mit der Rückmeldung, den bisherigen Hörhilfegeräteparametern,
den geänderten Hörhilfegeräteparametern und/oder Parameteränderungen, um die sich
die geänderten Hörhilfegeräteparameter von den bisherigen Hörhilfegeräteparametern
unterscheiden, sowie den Personendaten des Nutzers zur Archivierung an die Nutzerdatenbank
zu übermitteln,
- mit einer Ablaufumgebung zur Ausführung des Berechnungsalgorithmus, in die der Berechnungsalgorithmus
aus dem Software-Repository geladen werden kann, und
- mit einer Ablaufumgebung zur Ausführung des Auswertungsalgorithmus, in die der Auswertungsalgorithmus
aus dem Software-Repository geladen werden kann.
10. Einrichtung nach Anspruch 9,
- wobei die Hörhilfegeräteparameter durch den Nutzer oder einen Akustiker über die
Konfigurationseinheit manuell nachkorrigierbar sind,
- wobei die Konfigurationseinheit dazu eingerichtet ist,
- zur Erfassung der Rückmeldung zu ermitteln, ob die von dem Berechnungsalgorithmus
berechneten, geänderten Hörhilfegeräteparameter auf dem Hörhilfegerät unverändert
übernommen oder manuell nachkorrigiert wurden, und
- im Falle von manuellen Nachkorrekturen die nachkorrigierten Hörhilfegeräteparameter
zusätzlich zur Archivierung an die Nutzerdatenbank zu übermitteln.
11. Einrichtung nach Anspruch 9 oder 10,
wobei der Auswertungsalgorithmus dazu eingerichtet ist, die in der Nutzerdatenbank
enthaltenen Datensätze zur Erzeugung der geänderten oder ergänzten Regel für den Berechnungsalgorithmus
der Clusteranalyse zu unterwerfen.