(19)
(11) EP 3 323 519 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.05.2018  Patentblatt  2018/21

(21) Anmeldenummer: 17202005.9

(22) Anmeldetag:  16.11.2017
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B21B 13/14(2006.01)
B21B 45/02(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA MD

(30) Priorität: 22.11.2016 DE 102016122498

(71) Anmelder: SMS Group GmbH
40237 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Pawelski, Hartmut
    40883 Ratingen (DE)
  • Alken, Johannes
    57076 Siegen (DE)
  • Schellmann, Markus
    57080 Siegen (DE)
  • Sudau, Peter
    57271 Hilchenbach (DE)

(74) Vertreter: Klüppel, Walter 
Hemmerich & Kollegen Patentanwälte Hammerstraße 2
57072 Siegen
57072 Siegen (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUR HYDROSTATISCHEN ABSTÜTZUNG VON ARBEITSWALZEN FÜR DAS KALTWALZEN HOCHFESTER UND/ODER DÜNNER BÄNDER


(57) Verfahren zur hydrostatischen Abstützung von Arbeitswalzen für das Walzen metallischer Bänder in einem Walzwerk mit über die Länge der Arbeitswalzen angedrückten Stützschalen, in die ein einphasiger, wasserbasierter, mit wasserlöslichen Umformadditiven versetzter Kühlschmierstoff eingepresst wird, um hierdurch eine horizontale hydrostatische und/oder hydrodynamische Abstützung der Arbeitswalze von einer oder zwei Seiten über die Stützschalen durchzuführen.


Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur hydrostatischen Abstützung von Arbeitswalzen für das Walzen metallischer Bänder in einem Walzwerk mit über die Länge der Arbeitswalzen angedrückten Stützschalen. Das Verfahren ist nicht nur aber besonders geeignet für das Kaltwalzen hochfester und/oder dünner metallischer Bänder.

[0002] Beim Kaltwalzen metallischer Bänder werden in aller Regel Fluide auf die Walzen und/oder das Band aufgebracht, die sog. Kühlschmierstoffe (KSS). Sie haben im Wesentlichen die folgenden Funktionen:
  • Kühlen von Walzen und Band (Abfuhr der Umform- und Reibungswärme).
  • Schmierung der Wirkfuge (Einstellung geeigneter tribologischer Verhältnisse im Walzspalt).
  • Reinigung von Walzen und Band sowie Abtransport der Schmutzpartikel.


[0003] Zur Erfüllung der o.g. Funktionen sollte ein Kühlschmierstoff folgende Eigenschaften aufweisen:
  • Hohe Wärmekapazität, guter Wärmeübergang.
  • Genügender Schmierfilmeinzug zur Erzielung eines Mischreibungszustandes durch prozeßangepaßte Viskosität des Kühlschmierstoffs und Einstellung eines prozeßangepaßten Grenzreibungszustandes durch tribologisch aktive Additive.
  • Gute Waschwirkung und gute Filtrierbarkeit.


[0004] In der industriellen Kaltwalzpraxis haben sich folgende KSS-Systeme durchgesetzt:
  • Einphasige ölbasierte KSS (Walzöle).
  • Wasserbasierte KSS mit dispergierten ölbasierten Tröpfchen (Emulsionen).


[0005] Die ölbasierten KSS haben gegenüber wasserbasierten Systemen die Nachteile der Brennbarkeit sowie des deutlich schlechteren Wärmeübergangs und geringerer Wärmekapazität. Dadurch wird die Produktivität von Walzanlagen stark eingeschränkt.

[0006] Die Emulsionen haben hingegen den Nachteil, dass sich die ölbasierten Tröpfchen erst auf Walzen- und Bandoberfläche absetzen müssen, damit die in ihnen enthaltenen schmieraktiven Additive und die höhere Viskosität der Ölphase ihre Wirkung entfalten. Weiterer Nachteil von Emulsionen ist die ungenügende Filtrierbarkeit, da Schmutzpartikel in der Größenordnung der Öltröpfchen dem KSS nicht entzogen werden können ohne auch gleichzeitig die Ölphase auszutragen. Außerdem kann biologische Zersetzung und Veränderung der Tröpfchengrößenverteilung die Eigenschaften des KSS ungewollt verändern.

[0007] Um die Vorteile der traditionellen KSS-Systeme zu nutzen, ohne aber die aufgeführten Nachteile einzugehen, wurde in der EP 2 797 701 B1 ein Verfahren zum Walzen von metallischen Werkstoffen unter Nutzung einphasiger und damit feinstfiltrierbarer, wasserbasierter Kühlschmierstoffe mit wasserlöslichen Umformadditiven (tribologisch aktive Additive) beschrieben.

[0008] Je hochfester und/oder dünner die Bänder beim Kaltwalzen werden, desto kleiner ist der technologisch sinnvolle Arbeitswalzendurchmesser. Es ist bekannt, dass schlanke Arbeitswalzen (kleiner Durchmesser, verbunden mit einer großen Ballenlänge) eine horizontale Instabilität aufweisen, d.h. die obere Arbeitswalze biegt sich durch die Horizontalkomponente der Walzkraft bspw. in Walzrichtung aus, die Folgen sind unkontrollierbare Planheit bis hin zu Walzenbrüchen.

[0009] Aus diesem Grund weisen Walzgerüste zum Walzen hochfester und/oder dünner Bänder eine horizontale Abstützung der Arbeitswalze gegen horizontale Ausbiegung auf. Bekannte Gerüstarten sind MKW, Z-High / 18-High, 12-Rollengerüst und 20-Rollengerüst. In allen Fällen werden die Stützkräfte durch mechanischen Kontakt von metallischen Rollen mit den Arbeitswalzen übertragen, der inhomogenen Verschleiß der Arbeitswalzen nach sich ziehen kann, mit entsprechend ungünstigen Auswirkungen auf die Oberflächenqualität des Bandes. Darüber hinaus verschleißen bei den bisher bekannten mechanischen Abstützvorrichtungen Rollen und Stützlager, da hohe Kontaktpressungen aufgrund der kleinen Kontaktflächen auftreten, was mit einem erhöhten Wartungs- und Kostenaufwand verbunden ist.

[0010] Einen anderen Weg, nämlich die hydrostatische Abstützung mittels seitlich an den Arbeitswalzen angedrückten Stützschalen, wird in der DE 38 11 952 A1 beschrieben.

[0011] Als Fluid für die hydrostatische Abstützung wird der KSS des Walzprozesses eingesetzt. Es handelt sich bei den bisher bekannten Anwendungen entweder um ein Walzöl mit Viskosität kleiner 8 cSt bei 40°C oder um eine Emulsion, deren effektive Viskosität in Bezug auf das Stützsystem der Viskosität von Wasser sehr nahe kommt. Zur Erzielung ausreichender Stützkräfte werden aufgrund dieser prinzipbedingt niedrigen Viskosität hohe Volumenflüsse und niedrige Spaltbreiten zwischen Stützschale und Walze benötigt. Höherer Volumenfluß ist mit einer höheren Pumpenleistung und damit höherem Energieverbrauch verbunden. Die Temperatur der Emulsion kann auch für den Stützapparat nicht unter 40°C gesenkt werden, da es ansonsten zu einer organischen Zersetzung in Toträumen von Leitungen oder Stützschalen kommt. Ein weiterer Nachteil bei der Verwendung mehrphasiger KSS ist das Auftreten partieller Separation in die Bestandteile (bspw. in Wasser und Öl bei Emulsionen) im Bereich des Stützapparates, die sich störend auf die Gleichmäßigkeit des Strömungsflusses und damit der Stützwirkung auswirkt. Die Stützschalen unterliegen daher hohem Verschleiß und müssen regelmäßig getauscht werden.

[0012] Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur hydrostatischen Abstützung von Arbeitswalzen für das Kaltwalzen metallischer Bänder in einem Walzwerk mit über die Länge der Arbeitswalzen angedrückten Stützschalen vorzuschlagen, mit der die oben genannten Nachteile überwunden werden können.

[0013] Diese Aufgabe wird durch die im Anspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst, insbesondere dadurch, dass einphasige, wasserbasierte, mit wasserlöslichen Umformadditiven versetzte Kühlschmierstoffe in die Stützschale eingepresst werden, um hierdurch eine horizontale hydrostatische und/oder hydrodynamische Abstützung der Arbeitswalze von einer oder zwei Seiten über die Stützschale(n) durchzuführen.

[0014] In einer anderen Ausführungsform ist es vorgesehen, dass der wasserbasierte einphasige Kühlschmierstoff für die Walzen- und Bandkühlung sowie die Walzspaltschmierung eingesetzt wird und gegenüber Wasser und Walzölen eine erhöhte Viskosität von > 8 cSt (gemessen bei einer Temperatur von 40°C) aufweist.

[0015] Gemäß einer weiteren besonders bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens, wird der wasserbasierte einphasige Kühlschmierstoff zur Walzspaltschmierung wird mit einer höheren Temperatur in den Walzspalt aufgebracht als der wasserbasierte einphasige Kühlschmierstoff für die Stützung der Arbeitswalze über die Stützschale. Eine niedrigere Temperatur bedeutet höhere Viskosität und damit effektivere hydrostatische und/oder hydrodynamische Stützung, und zusätzlich noch eine verbesserte Wärmeabfuhr aus der Arbeitswalze. Deshalb ist es vorteilhaft, den wasserbasierten einphasigen Kühlschmierstoff zur Stützung der Arbeitswalze so zu temperieren, dass seine Viskosität höher ist, als die Viskosität des wasserbasierten einphasigen Kühlschmierstoffs zur Walzspaltschmierung. Hierzu ist angedacht eine getrennte Zuführung des wasserbasierten einphasigen Kühlschmierstoffes zur Stützschale und zur Walzspaltschmierung durchzuführen.

[0016] Des Weiteren ist in einer besonders bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens vorgesehen, den wasserbasierten einphasigen Kühlschmierstoff der Walzspaltschmierung oder den wasserbasierten einphasigen Kühlschmierstoff zur Stützung der Arbeitswalze in Menge, Druck oder Temperatur über die zu walzende Bandbreite zu variieren. Hierdurch kann eine Beeinflussung der Bandplanheit erreicht werden.

[0017] Um eine stabile Anlage der Stützschale bei vertretbaren Horizontalkräften zu gewährleisten, ist es in einer weiteren besonders vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens vorgesehen, die horizontale Lage und den Anpressdruck der Stützschalen in Abhängigkeit von den Walzbedingungen eine Voreinstellung vorzunehmen oder diese Voreinstellung während des Walzprozesses zu verändern. Dabei werden die o.g. Einstellungen durch ein Prozessmodell vorgenommen, bzw. gesteuert und entsprechend einer Zielvorgabe, wie das zu walzende Band auszusehen hat, online eingeregelt.

[0018] Gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der wasserbasierte einphasige Kühlschmierstoff so eingestellt, dass dieser eine gegenüber Mineralölen niedrigere Druck-Viskositäts-Abhängigkeit (hohe Viskosität für Stützung in Verbindung mit nicht zu hoher Viskosität im Walzspalt unter hohem Druck) aufweist.

[0019] Des Weiteren ist es vorgesehen, dass der wasserbasierte einphasige Kühlschmierstoff auch als Medium für Hydraulikzylinder oder Lager im Gerüstbereich eingesetzt wird. Hierdurch werden auftretende Leckagen unproblematisch.

[0020] In einer anderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der aus den Stützschalen austretende KSS so geführt, daß er die Schmierung des Walzspalts mit gewährleistet. Damit kann auf eine separate Aufbringungseinrichtung zur Walzspaltschmierung verzichtet werden. Eine gezielte andere Temperierung des KSS für Stützung und Walzspaltschmierung wie oben vorgeschlagen ist dann zwar nicht mehr möglich, durch die Erwärmung des KSS im Kontakt mit der Walze im Bereich der Stützschale wird aber ein vergleichbarer Effekt erzielt, da das in den Walzspalt gelangende Fluid eine höhere Temperatur als im Vorlauf zur Stützschale aufweist.


Ansprüche

1. Verfahren zur hydrostatischen Abstützung von Arbeitswalzen für das Walzen metallischer Bänder in einem Walzwerk mit über die Länge der Arbeitswalzen angedrückten Stützschalen,
dadurch gekennzeichnet,
dass ein einphasiger, wasserbasierter, mit wasserlöslichen Umformadditiven versetzter Kühlschmierstoff in die Stützschalen eingepresst wird, um hierdurch eine horizontale hydrostatische und/oder hydrodynamische Abstützung der Arbeitswalze von einer oder zwei Seiten über die Stützschalen durchzuführen.
 
2. Verfahren zur hydrostatischen Abstützung von Arbeitswalzen für das Walzen metallischer Bänder in einem Walzwerk mit über die Länge der Arbeitswalzen angedrückten Stützschalen nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass der wasserbasierte einphasige Kühlschmierstoff für die Walzen- und Bandkühlung sowie die Walzspaltschmierung eingesetzt wird und gegenüber Wasser und Walzölen eine erhöhte Viskosität von > 8 cSt (gemessen bei einer Temperatur von 40°C) aufweist.
 
3. Verfahren zur hydrostatischen Abstützung von Arbeitswalzen für das Walzen metallischer Bänder in einem Walzwerk mit über die Länge der Arbeitswalzen angedrückten Stützschalen nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass der wasserbasierte einphasige Kühlschmierstoff zur Walzspaltschmierung mit einer höheren Temperatur in den Walzspalt aufgebracht wird, als der wasserbasierte einphasige Kühlschmierstoff für die Stützung der Arbeitswalze über die Stützschale.
 
4. Verfahren zur hydrostatischen Abstützung von Arbeitswalzen für das Walzen metallischer Bänder in einem Walzwerk mit über die Länge der Arbeitswalzen angedrückten Stützschalen nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass der wasserbasierten einphasige Kühlschmierstoff der Walzspaltschmierung oder der wasserbasierte einphasige Kühlschmierstoff zur Stützung der Arbeitswalze in Menge, Druck oder Temperatur über die zu walzende Bandbreite variiert wird.
 
5. Verfahren zur hydrostatischen Abstützung von Arbeitswalzen für das Walzen metallischer Bänder in einem Walzwerk mit über die Länge der Arbeitswalzen angedrückten Stützschalen nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet,
dass die horizontale Lage und der Anpressdruck der Stützschalen in Abhängigkeit von den Walzbedingungen eine Voreinstellung vorgenommen wird oder diese Voreinstellung während des Walzprozesses verändert wird.
 
6. Verfahren zur hydrostatischen Abstützung von Arbeitswalzen für das Walzen metallischer Bänder in einem Walzwerk mit über die Länge der Arbeitswalzen angedrückten Stützschalen nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Voreinstellungen in Bezug auf die horizontale Lage und dem Anpressdruck der Stützschalen durch ein Prozessmodell vorgenommen und/oder entsprechend einer Zielvorgabe online eingeregelt werden.
 
7. Verfahren zur hydrostatischen Abstützung von Arbeitswalzen für das Walzen metallischer Bänder in einem Walzwerk mit über die Länge der Arbeitswalzen angedrückten Stützschalen nach Anspruch 6,
dadurch gekennzeichnet,
dass der wasserbasierte einphasige Kühlschmierstoff so eingestellt wird, dass dieser eine gegenüber Mineralölen niedrigere Druck-Viskositäts-Abhängigkeit (hohe Viskosität für Stützung in Verbindung mit nicht zu hoher Viskosität im Walzspalt unter hohem Druck) aufweist.
 
8. Verfahren zur hydrostatischen Abstützung von Arbeitswalzen für das Walzen metallischer Bänder in einem Walzwerk mit über die Länge der Arbeitswalzen angedrückten Stützschalen nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet,
dass der wasserbasierte einphasige Kühlschmierstoff auch als Medium für Hydraulikzylinder oder Lager im Gerüstbereich eingesetzt wird.
 
9. Verfahren zur hydrostatischen Abstützung von Arbeitswalzen für das Walzen metallischer Bänder in einem Walzwerk mit über die Länge der Arbeitswalzen angedrückten Stützschalen nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass der aus dem Stützapparat austretende wasserbasierte einphasige Kühlschmierstoff zur Walzspaltschmierung genutzt wird.
 





Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente