(19)
(11) EP 3 323 575 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.05.2018  Patentblatt  2018/21

(21) Anmeldenummer: 17200593.6

(22) Anmeldetag:  08.11.2017
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B27N 1/00(2006.01)
B27K 3/02(2006.01)
B27N 3/00(2006.01)
B27K 5/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA MD

(30) Priorität: 14.11.2016 DE 102016222292

(71) Anmelder: Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V.
80686 München (DE)

(72) Erfinder:
  • HELLMANN, Andreas
    29320 Hermannsburg (DE)
  • PECHER, Heike
    38106 Braunschweig (DE)

(74) Vertreter: Maiwald Patentanwalts GmbH 
Elisenhof Elisenstrasse 3
80335 München
80335 München (DE)

   


(54) ACETYLIERTES LIGNOCELLULOSE-MATERIAL MIT AUTOADHÄSIVEN EIGENSCHAFTEN


(57) Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials, umfassend
- die Acetylierung eines Lignocellulose-Materials mit einem Acetylierungsmittel unter Erhalt eines acetylierten Lignocellulose-Materials, und
- die partielle Verseifung des acetylierten Lignocellulose-Materials.


Beschreibung


[0001] Holzwerkstoffe sind Werkstoffe, die durch Zerkleinern von Holz und anschließendes Zusammenfügen der Strukturelemente erzeugt werden. Größe und Form des zerkleinerten Holzes entscheiden über die Art des Holzwerkstoffs und seine Eigenschaften. Bei den Strukturelementen handelt es sich beispielsweise um Schnitthölzer (z.B. Bretter oder Furniere), Holzspäne, Holzfasern oder Holzwolle. Anstelle von Holz oder ergänzend zum Holz können auch andere Lignocellulose-Materialien als Werkstoffmaterialien verwendet werden.

[0002] Beispielhafte Holzwerkstoffe sind Vollholzwerkstoffe, Furnierwerkstoffe, Holzspanwerkstoffe und Holzfaserwerkstoffe. Insbesondere Spanplatten sind von großer kommerzieller Bedeutung. An der gesamten europäischen und deutschen Holzwerkstoffproduktion haben Spanplatten einen Anteil von über 50 %.

[0003] Für das Zusammenfügen der Strukturelemente spielen Bindemittel üblicherweise eine zentrale Rolle. So werden beispielsweise bei allen gängigen Produktionsverfahren für Spanplatten die Holzpartikel mit überwiegend synthetischen Klebstoffen gemischt und unter Wärmezufuhr verpresst. Die Klebstoffe werden mit bis zu 12 % Masseanteilen eingesetzt und basieren in der Regel auf petrochemischen Rohstoffen. Außerdem enthalten 90 % der verwendeten Klebstoffe Formaldehyd, dessen Innenraumluftgrenzwert seit 1977 bei 0,1 ppm liegt und seit 2016 von der Europäischen Kommission als mutagen und kanzerogen wirkende Substanz eingestuft wird.

[0004] Vor diesem Hintergrund wird bekanntermaßen angestrebt, für die Herstellung von Holzwerkstoffen nur noch extrem formaldehydarme oder sogar formaldehydfreie Klebstoffe einzusetzen, beispielsweise Klebstoffe auf der Basis nachwachsender Rohstoffe. So beschreiben z.B. P. Dongre et al., Energies, 2015, 8, S. 7897-7914, Formaldehyd-freie Klebstoffe auf der Basis von Lignin-Furfural-Polymeren.

[0005] Ein weiterer Ansatz, der momentan verfolgt wird, besteht in einer Behandlung von Holz zur Ausbildung auto-adhäsiver Eigenschaften. Ein solches auto-adhäsives bzw. "selbstklebendes" Holz ließe sich mit deutlich geringerer Menge an externem Klebstoff oder sogar Klebstoff-frei zu einem Holzwerkstoff verarbeiten. Bekannt sind beispielsweise die oxidierende Behandlung von Holz mit Fentons Reagenz (einem Gemisch aus Wasserstoffperoxid und Eisen(II)-Salzen) oder mit geeigneten Enzymen. Auch eine "Steam-Explosion"-Behandlung und Heißpressen des Holzes zum Klebstoff-freien Verbinden sind bekannt. Eine Übersicht über diese Verfahren zur Herstellung von auto-adhäsivem bzw. "selbstklebendem" Holz geben D. Zhang et al. in Wood Science and Technology, 2015, Volume 49, S. 661-679.

[0006] Zur Verbesserung bestimmter Eigenschaften des Holzes, insbesondere der Resistenz gegenüber holzzerstörenden Pilzen und Insekten sowie der Dimensionsstabilität, ist bekannt, Holz einer chemischen Modifizierung zu unterziehen. Ein bereits kommerziell verwirklichtes chemisches Holzmodifizierungsverfahren ist die Acetylierung.

[0007] Zur Herstellung von acetyliertem Holz wird das Ausgangsmaterial mit einem geeigneten Acetylierungsmittel wie z.B. Essigsäureanhydrid behandelt. Überschüssige Essigsäure kann zur Vermeidung einer unnötigen Geruchsbelästigung durch eine geeignete Nachbehandlung (beispielsweise mit Wasserdampf) aus dem acetylierten Holz entfernt werden. Die Herstellung von acetyliertem Lignocellulose-Material wird in EP 0 213 252 A1, EP 0 680 810 A1 und DE 102009027635 A1 beschrieben. Einen aktuellen Überblick über die Herstellung und Verwendung von acetyliertem Holz gibt C. Mai in Holztechnologie, 2010, Nr. 5, S. 21-26.

[0008] Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung liegt in der Herstellung eines Lignocellulose-Materials mit auto-adhäsiven Eigenschaften über ein Verfahren, das möglichst einfach und effizient durchzuführen ist und die Herstellung umweltverträglicher, insbesondere Formaldehyd-armer oder Formaldehyd-freier Holzwerkstoffe ermöglicht.

[0009] Gelöst wird die Aufgabe durch ein Verfahren zur Herstellung eines chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials, umfassend
  • die Acetylierung eines Lignocellulose-Materials mit einem Acetylierungsmittel unter Erhalt eines acetylierten Lignocellulose-Materials, und
  • die partielle Verseifung des acetylierten Lignocellulose-Materials.


[0010] Wie einleitend bereits erwähnt, handelt es sich bei der Acetylierung eines Lignocellulose-Materials wie z.B. Holz um ein bereits etabliertes Verfahren, bei dem OH-Gruppen verestert werden. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde überraschend festgestellt, dass ein Lignocellulose-Material mit auto-adhäsiven Eigenschaften erhalten wird, wenn die durch die Acetylierung eingeführten Estergruppen teilweise wieder hydrolysiert werden (d.h. partielle Verseifung des acetylierten Lignocellulose-Materials).

[0011] Ein bevorzugtes Lignocellulose-Material ist Holz. In dem Verfahren der vorliegenden Erfindung können jedoch auch andere Lignocellulose-Materialien wie z.B. Naturfaserpflanzen, Bambus, Einjahrespflanzen, Flachs, Hanf oder Sisal verwendet werden.

[0012] Das der Acetylierung zu unterziehende Holz kann als Vollholz bzw. Massivholz (z.B. Bretter oder Stäbe), Funierholz (z.B. flächige dünne Holzmaterialien) oder als feinteiliges Holz (z.B. Späne, Fasern, Hackschnitzel, Strands, Chips, Pellets oder Holzwolle) vorliegen.

[0013] Geeignete Acetylierungsmittel für die Acetylierung von Lignocellulose-Materialien sind dem Fachmann bekannt. Bevorzugt wird als Acetylierungsmittel Essigsäureanhydrid, Essigsäure oder Keten (Ethenon CH2=C=O) oder ein Gemisch aus mindestens zwei dieser Verbindungen verwendet.

[0014] Geeignete Verfahrensbedingunen für die Acetylierung von Lignocellulose-Materialien sind dem Fachmann bekannt. Beispielhaft kann auf die in EP 0 213 252 A1 (Essigsäureanhydrid als Acetylierungsmittel), EP 0 680 810 A1 (Essigsäureanhydrid als Acetylierungsmittel) und DE 102009027635 A1 (Keten als Acetylierungsmittel) beschriebenen Acetylierungsverfahren verwiesen werden.

[0015] Vor der Acetylierung kann das Lignocellulose-Material optional einer Trocknung unterzogen werden. Bevorzugt beträgt die Feuchte (Holzfeuchte im Fall von Holz) des Lignocellulose-Materials vor der Acetylierung maximal 12%, bevorzugter maximal 5%, z.B. 0,1% bis 12%, bevorzugter 0,5% bis 5%. Die Feuchte F des Lignocellulosematerials (im Fall von Holz die Holzfeuchte) wird durch die folgende Beziehung bestimmt:

wobei

mw die Masse des in der Probe enthaltenen Wassers und

mo die Trockenmasse ist.



[0016] Die Trockenmasse wird bestimmt durch Trocknung bei 103°C bis zur Gewichtskonstanz.

[0017] Für die Acetylierung können das Acetylierungsmittel (bevorzugt Essigsäureanhydrid) und das Lignocellulose-Material bei Raumtemperatur oder unter geringfügiger Erwärmung (z.B. einer Temperatur von 15-60°C) oder auch unter erhöhter Temperatur (z.B. 60°C-200°C) in Kontakt gebracht werden.

[0018] Das Lignocellulose-Material kann beispielsweise zunächst bei relativ niedriger Temperatur (z.B. 15-60°C) mit dem Acytylierungsmittel imprägniert werden und anschließend wird die Temperatur beispielsweise auf 60-200°C erhöht, um die Acetylierung durchzuführen. Alternativ ist es auch möglich, das Lignocellulose-Material mit einem entsprechend vorgewärmten Acetylierungsmittel in Kontakt zu bringen.

[0019] Die Acetylierung kann unter Vakuum, Normaldruck oder auch unter erhöhtem Druck stattfinden.

[0020] In Abhängigkeit von der Art des zu acetylierenden Lignocellulose-Materials (z.B. Vollholz oder feinteiliges Holz) kann die Acetylierungsdauer in einem breiten Bereich variieren, z.B. 1 Stunde bis 48 Stunden, bevorzugter 1 Stunde bis 24 Stunden.

[0021] Prinzipiell kann die Acetylierung in Anwesenheit eines Katalysators durchgeführt werden. Bevorzugt wird die Acetylierung jedoch ohne Katalysator durchgeführt.

[0022] Bei der Herstellung von acetyliertem Lignocellulose-Material kann der Acetylierungsgrad AG (in %) durch die relative Gewichtszunahme bei der Acetylierung anhand der folgenden Beziehung ausgedrückt werden:

wobei
TM2:
Trockenmasse des acetylierten Lignocellulose-Materials
TM1:
Trockenmasse des Lignocellulose-Materials vor der Acetylierung


[0023] Die Trockenmasse wird bestimmt durch Trocknung bei 103°C bis zur Gewichtskonstanz.

[0024] Im Rahmen der vorliegenden Erfindung liegt der Acetylierungsgrad bevorzugt im Bereich von 1% bis 25%, bevorzugter 3% bis 15%.

[0025] Die zur Erzielung eines bestimmten Acetylierungsgrades einzusetzende Menge an Acetylierungsmittel kann der Fachmann ohne weiteres bestimmen.

[0026] Nach erfolgter Acetylierung des Lignocellulose-Materials können überschüssiges Acetylierungsmittel und mögliche unerwünschte Nebenprodukte (wie z.B. Essigsäure bei der Verwendung von Essigsäureanhydrid) von dem acetylierten Holz abgetrennt werden. Geeignete Methoden zu deren Abtrennung sind dem Fachmann bekannt. Beispielsweise kann das acetylierte Holz vor dem partiellen Verseifungsschritt mit Wasser oder Wasserdampf behandelt werden, einem Vakuum ausgesetzt und/oder thermisch behandelt werden. Alternativ ist es auch möglich, das acetylierte Holz nach dem Acetylierungsschritt ohne weitere Zwischenbehandlung der partiellen Verseifung zu unterziehen.

[0027] Unter Verseifung wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung die Spaltung einer Esterverbindung durch Hydrolyse verstanden. Die Verseifung kann bei einem sauren pH-Wert, einem alkalischen pH-Wert oder auch bei neutralem pH-Wert stattfinden.

[0028] Durch die partielle Verseifung wird ein Teil der im Acetylierungsschritt gebildeten Essigsäureesterbindungen wieder gespalten (d.h. der Acetylierungsgrad wird durch die Verseifung reduziert).

[0029] Bevorzugt findet die partielle Verseifung des acetylierten Holzes bei saurem pH-Wert statt. Hierzu wird das acetylierte Holz mit einem Säure-haltigen wässrigen Medium behandelt. Bei der in dem wässrigen Medium vorliegenden Säure, die als Katalysator für die Verseifung fungiert, kann es sich beispielsweise um eine Mineralsäure, insbesondere Schwefelsäure handeln. In der wässrigen Lösung können auch eine oder mehrere zusätzliche Säuren vorliegen, beispielsweise Essigsäure. Beispielsweise erfolgt die partielle Verseifung, indem das acetylierte Lignocellulose-Material mit konzentrierter Essigsäure (z.B. 30-80%-ige Essigsäure (Masse%)), die eine Mineralsäure, z.B. Schwefelsäure, als Katalysator enthält, behandelt wird.

[0030] Wie oben bereits erwähnt, kann die partielle Verseifung des acetylierten Holzes auch bei alkalischem oder neutralem pH-Wert stattfinden. Geeignete alkalische Medien für die alkalische Verseifung von Estern sind dem Fachmann bekannt.

[0031] In Abhängigkeit von dem bei der Acetylierung erzielten Acetylierungsgrades kann die Dauer der partiellen Verseifung in einem breiten Bereich variieren, z.B. 1 Stunde bis 48 Stunden, bevorzugter 1 Stunde bis 24 Stunden.

[0032] Die partielle Verseifung des acetylierten Lignocellulose-Materials kann bei Raumtemperatur oder unter geringfügiger Erwärmung (z.B. einer Temperatur von 15-60°C) oder auch unter erhöhter Temperatur (z.B. 60°C-200°C) stattfinden.

[0033] Das acetylierte Lignocellulose-Material kann beispielsweise zunächst bei relativ niedriger Temperatur (z.B. 15-60°C) mit dem Verseifungssmittel imprägniert werden und anschließend wird die Temperatur beispielsweise auf 60-200°C erhöht, um die partielle Verseifung durchzuführen. Alternativ ist es auch möglich, das acetylierte Lignocellulose-Material mit einem entsprechend vorgewärmten Verseifungssmittel in Kontakt zu bringen.

[0034] Bei der partiellen Verseifung des acetylierten Lignocellulose-Materials kann der Verseifungsgrad VG (in %) durch die relative Gewichtsabnahme anhand der folgenden Beziehung ausgedrückt werden:

wobei
TM2:
Trockenmasse des acetylierten Lignocellulose-Materials
TM3:
Trockenmasse des nach der partiellen Verseifung erhaltenen Lignocellulose-Materials


[0035] Die Trockenmasse wird bestimmt durch Trocknung bei 103°C bis zur Gewichtskonstanz.

[0036] Bevorzugt genügen der Verseifungsgrad VG und der Acetylierungsgrad AG der folgenden Bedingung:

Bevorzugt gilt: VG / AG ≤ 0,6;

noch bevorzugter gilt: VG / AG ≤ 0,5.



[0037] In einer bevorzugten Ausführungsform gilt:

noch bevorzugter gilt:

noch bevorzugter gilt:



[0038] Das nach der partiellen Verseifung erhaltene Lignocellulose-Material kann optional noch einer Nachbehandlung unterzogen werden. Bevorzugt wird die durch die Esterspaltung freigesetzte Essigsäure entfernt. Dazu kann das Lignocellulose-Material nach der partiellen Verseifung beispielsweise mit Wasser oder Wasserdampf behandelt werden. Optional kann diese Nachbehandlung im Vakuum und/oder bei erhöhter Temperatur stattfinden.

[0039] Wie nachfolgend noch eingehender beschrieben, weist das Lignocellulose-Material, das über das oben beschriebene Verfahren erhalten wird, auto-adhäsive Eigenschaften auf. Durch Erwärmung des Lignocellulose-Materials auf eine ausreichend hohe Temperatur, beispielsweise im Bereich von 100°C bis 210°C, gegebenenfalls ergänzt durch Druck, verhält sich die Oberfläche des Materials autoadhäsiv (d.h. weist eine Eigenklebrigkeit auf) und ermöglicht somit ein Verbinden von Strukturelementen aus diesem Material mit reduzierter Menge an externem Klebstoff oder sogar ohne externen Klebstoff.

[0040] Die vorliegende Erfindung betrifft weiterhin ein chemisch modifiziertes Lignocellulose-Material, das über das oben beschriebene Verfahren erhältlich ist.

[0041] Weiterhin betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines Lignocellulose-Werkstoffs, umfassend
  • die Herstellung eines chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials durch das oben beschriebene Verfahren,
  • Erwärmen des chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials und Zusammenfügen zu einem Werkstoff.


[0042] Wie oben erwähnt, kann bei der Verwendung von Holz als Lignocellulose-Ausgangsmaterial dieses als Vollholz bzw. Massivholz (z.B. Bretter oder Stäbe), Funierholz (z.B. flächige dünne Holzmaterialien) oder als feinteiliges Holz (z.B. Späne, Fasern, Hackschnitzel, Strands, Chips, Pellets oder Holzwolle) vorliegen. Diese Form des Holzes bleibt während der Acetylierung und nachfolgenden partiellen Verseifung erhalten. Somit liegt auch das mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte chemisch modifizierte Holz üblicherweise als Vollholz, Furnierholz oder feinteiliges Holz vor.

[0043] Durch Erwärmen auf eine ausreichend hohe Temperatur, üblicherweise mindestens 100°C (z.B. 100-210°C), weist die Oberfläche des erfindungsgemäß hergestellten, chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials eine ausreichende Selbstklebrigkeit auf, um ein Zusammenfügen zu einem Werkstoff (z.B. Faserwerkstoff, Spanwerkstoff, insbesondere Spanplatte, Vollholzwerkstoff, Furnierwerkstoff, Compositwerkstoff) zu ermöglichen. Der Werkstoff kann neben dem chemisch modifizierten Lignocellulose-Material gemäß der vorliegenden Erfindung auch andere Lignocellulose-Materialien und/oder Nicht-Holz-Materialien wie z.B. Metall, Keramik oder Kunststoff enthalten. Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoffe bzw. - Composite werden auch als "WPCs" bezeichnet.

[0044] Das Erwärmen des chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials kann in bekannter Weise über eine externe Wärmequelle, eine Mikrowellenerwärmung oder eine Hochfrequenzerwärmung erfolgen. Alternativ oder ergänzend kann die Erwärmung des chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials auch durch Reibung erfolgen, beispielsweise eine Reibung zwischen der Oberfläche des chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials und einem weiteren Material, das mit dem chemisch modifizierten Lignocellulose-Material zu dem Werkstoff zusammengefügt werden soll. Die Reibung kann beispielsweise dadurch zustande kommen, dass die Oberflächen der Materialien aneinandergepresst und dann gegeneinander bewegt werden.

[0045] Das Zusammenfügen des chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials, optional zusammen mit einem oder mehreren zusätzlichen Materialien wie z.B. anderen Lignocellulose-Materialien und/oder Nicht-Holz-Materialien wie Metall, Keramik oder Kunststoff, zu einem Werkstoff erfolgt bevorzugt durch Verpressen (d.h. bei erhöhtem Druck).

[0046] Weiterhin betrifft die vorliegende Erfindung einen Lignocellulose-Werkstoff, insbesondere einen Holzwerkstoff, der nach dem oben beschriebenen Verfahren erhältlich ist.

[0047] Aufgrund der auto-adhäsiven Eigenschaften des erfindungsgemäßen chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials kann der Holzwerkstoff relativ geringe Mengen an externem Klebstoff aufweisen oder kann sogar frei von externem Klebstoff sein.

[0048] Ein erfindungsgemäßer Werkstoff, der frei von externem Klebstoff ist, kann beispielsweise eine Querzugsfestigkeit von mindestens 0,04 N/mm2 und/oder eine Biegefestigkeit von mindestens 2,5 N/mm2 und/oder ein Biegeelastizitätsmodul von mindestens 850 N/mm2 und/oder eine Dickenquellung nach 24 Stunden Wasserlagerung von weniger als 100% aufweisen.

[0049] Die Bestimmung der Querzugsfestigkeit erfolgt gemäß DIN EN 319:1993-08, Biegefestigkeit sowie Biege-Elastizitätsmodul (Biege-E-Modul) werden gemäß DIN EN 310:1993-08 bestimmt und die Bestimmung der Dickenquellung nach 24 Stunden Wasserlagerung erfolgt gemäß DIN EN 317:1993-08.

[0050] Die vorliegende Erfindung wird durch die nachfolgenden Beispiele eingehender beschrieben.

Beispiele



[0051] In den erfindungsgemäßen Beispielen IE1 und IE2 wurden Fichtenspäne einer Acetylierung und anschließend einer partiellen Verseifung unterzogen. Aufgrund ihrer selbstklebenden Eigenschaften konnten diese Fichtenspäne ohne Verwendung eines externen Klebstoffs zu einem Holzwerkstoff verarbeitet werden. In einem Vergleichsversuch CE1 wurden die Fichtenspäne nur einer Acetylierung (unter gleichen Bedingungen wie in den erfindungsgemäßen Beispielen), jedoch keiner partiellen Verseifung unterzogen.

[0052] Die Acetylierung in IE1, IE2 und CE1 wurde folgendermaßen durchgeführt:

Die Fichtenspäne wurden getrocknet. Unter Berücksichtigung der Holzfeuchte wurde die entsprechende Masse an Spänen (350 g (atro)) in eine Rührschüssel aus Edelstahl eingewogen und unter Rühren mit entsprechendem Volumen an Acetanhydrid versetzt. Die Späne wurden in eine Edelstahlschüssel überführt. Die abgedeckte Schüssel wurde anschließend in einem vorgeheizten Trockenschrank platziert. Nach 4 Stunden wurden die Späne entnommen und fünfinal mit Leitungswasser gewaschen. Die gewaschenen Späne wurden getrocknet. Anschließend wurden die Holzfeuchte und Massezunahme bestimmt.



[0053] Die partielle Verseifung der acetylierten Proben der Beispiele IE1 und IE2 wurde folgendermaßen durchgeführt:

Die zuvor acetylierten Fichtenspäne wurden getrocknet. Unter Berücksichtigung des Feuchtegehalts wurde die entsprechende Masse an Spänen (175 g (atro)) in eine Edelstahlschüssel eingewogen. Anschließend wurde entsprechend des Versuchs eine Mischung bestehend aus Essigsäure (60 %) und konzentrierter Schwefelsäure (0,005 (v/v)) hergestellt, die zu den Spänen gegeben wurde. Die Mischung wurde zuvor auf 15 °C unterhalb der Solltemperatur (d.h. Reaktionstemperatur der Verseifung) erwärmt. Die Reaktionsmischung wurde abgedeckt und in den auf die vorgesehene Solltemperatur vorgeheizten Trockenschrank platziert. Nach 4 Stunden wurden die Späne entnommen, fünfmal mit Leitungswasser gewaschen und getrocknet. Anschließend wurden die Holzfeuchte und Masseabnahme in Bezug zur Masse der eingesetzten acetylierten Späne bestimmt.



[0054] In der nachfolgenden Tabelle 1 sind die Verfahrensbedingungen zusammengefasst.
Tabelle 1: Verfahrensbedingungen der Beispiele IE1, IE2 und CE1
Beispiel Volumen an Acetanhydrid [mL] Reaktionstemperatur der Acetylierung [°C] Volumen an 60 %iger Essigsäure [L] Reaktionstemperatur der Verseifung [°C]
IE1 350 120 1,75 80
IE2 350 100 2,10 80
CE1 350 100 - -


[0055] Aus den in den Beispielen IE1, IE2 und CE1 erhaltenen Fichtenspänen wurde ein Holzwerkstoff wie folgt hergestellt:

Zur Herstellung der Spanplatten (Kantenlänge 220 mm, Dicke 4-4,3 mm) wurden zunächst Rahmen aus Holzfasern angefertigt, in die anschließend die Späne (ca. 160 g) manuell eingestreut wurden. Anschließend wurden sie auf einer Metallplatte platziert, mit Papier und einer weiteren Metallplatte abgedeckt und in der Hydraulikpresse für 480 s bei 200 °C zu Prüfkörpern gepresst. Die Rahmen verblieben anschließend 600 s in der Presse, sodass sie auf ca. 100 °C abkühlten. Im Anschluss kühlten sie außerhalb der Presse auf Raumtemperatur ab.



[0056] An den Holzwerkstoffen wurde folgende Eigenschaften bestimmt:
  • Querzugfestigkeit (DIN EN 319:1993-08)
  • Biegefestigkeit sowie Biege-Elastizitätsmodul (Biege-E-Modul) (DIN EN 310:1993-08)
  • Dickenquellung nach 24 Stunden Wasserlagerung (DIN EN 317:1993-08)


[0057] Die Ergebnisse sind nachfolgend in der Tabelle 2 zusammengefasst.
Tabelle 2: Eigenschaften der Holzwerkstoffe
Beispiel Querzugfestigkeit [N/mm2] Biegefestigkeit [N/mm2] Biege-E-Modul [N/mm2] Quellung 24 h [%]
IE1 0,24 6,1 2.150 19
IE2 0,17 4,9 1.732 20
CE1 0,03 2,0 681 158


[0058] Aufgrund ihrer selbstklebenden Eigenschaften konnten die erfindungsgemäßen Fichtenspäne auch ohne Verwendung eines externen Klebstoffs zu einem Holzwerkstoff mit guten mechanischen Eigenschaften verarbeitet werden.

[0059] Demgegenüber weisen die Holzspäne, die lediglich acetyliert, nicht jedoch partiell verseift wurden, keine nennenswerten auto-adhäsiven Eigenschaften auf. Daher sind auch die mechanischen Eigenschaften des Werkstoffs gemäß CE1 gegenüber denjenigen der erfindungsgemäßen Werkstoffe der Beispiele IE1 und IE2 signifikant schlechter.


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung eines chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials, umfassend

- die Acetylierung eines Lignocellulose-Materials mit einem Acetylierungsmittel unter Erhalt eines acetylierten Lignocellulose-Materials, und

- die partielle Verseifung des acetylierten Lignocellulose-Materials.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das Lignocellulose-Material Holz, eine Naturfaserpflanze, Bambus, eine Einjahrespflanze, Flachs, Hanf oder Sisal ist.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei das Holz ein feinteiliges Holz, insbesondere in Form von Holzspänen, Fasern, Hackschnitzeln, Strands, Chips, Pellets oder Holzwolle, ein Vollholz oder ein Furnierholz ist.
 
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei das Acetylierungsmittel Essigsäure, Essigsäureanhydrid oder Keten oder ein Gemisch aus mindestens zwei dieser Verbindungen ist.
 
5. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die Acetylierung des Lignocellulose-Materials einen Acetylierungsgrad AG im Bereich von 1% bis 25% aufweist und der Acetylierungsgrad durch folgende Beziehung bestimmt wird:

wobei

TM2: Trockenmasse des acetylierten Lignocellulose-Materials

TM1: Trockenmasse des Lignocellulose-Materials vor der Acetylierung.


 
6. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die partielle Verseifung des acetylierten Lignocellulose-Materials bei saurem, alkalischem oder neutralem pH-Wert erfolgt.
 
7. Verfahren nach Anspruch 6, wobei das acetylierte Lignocellulose-Material mit einem wässrigen Medium, das eine Mineralsäure und optional Essigsäure enthält, behandelt wird.
 
8. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die partielle Verseifung des acetylierten Lignocellulose-Materials einen Verseifungsgrad VG (in %) aufweist, der durch die folgende Beziehung bestimmt wird:

wobei

TM2: Trockenmasse des acetylierten Lignocellulose-Materials

TM3: Trockenmasse des nach der partiellen Verseifung erhaltenen Lignocellulose-Materials;

und der Verseifungsgrad VG und der Acetylierungsgrad AG der folgenden Bedingung genügen:


 
9. Chemisch modifiziertes Lignocellulose-Material, erhältlich durch das Verfahren nach einem der Ansprüche 1-8.
 
10. Verfahren zur Herstellung eines Lignocellulose-Werkstoffs, umfassend

- die Herstellung eines chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials durch das Verfahren nach einem der Ansprüche 1-8,

- Erwärmen des chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials und Zusammenfügen zu einem Werkstoff.


 
11. Verfahren nach Anspruch 10, wobei das Erwärmen des chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials über eine externe Wärmequelle, eine Mikrowellenerwärmung, eine Hochfrequenzerwärmung und/oder durch Reibung erfolgt.
 
12. Verfahren nach Anspruch 10 oder 11, wobei der Werkstoff ein Spanwerkstoff, insbesondere eine Spanplatte, ein Faserwerkstoff, ein Vollholzwerkstoff, ein Furnierwerkstoff oder ein Composit-Werkstoff ist.
 
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 10-12, wobei das Zusammenfügen zu dem Werkstoff durch Verpressen erfolgt.
 
14. Lignocellulose-Werkstoff, erhältlich durch das Verfahren nach einem der Ansprüche 10-13.
 
15. Lignocellulose-Werkstoff, der frei von externem Klebstoff ist und eine Querzugsfestigkeit von mindestens 0,04 N/mm2 und/oder eine Biegefestigkeit von mindestens 2,5 N/mm2 und/oder ein Biegeelastizitätsmodul von mindestens 850 N/mm2 und/oder eine Dickenquellung nach 24 Stunden Wasserlagerung von weniger als 100% aufweist.
 





Recherchenbericht












Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur