[0001] Holzwerkstoffe sind Werkstoffe, die durch Zerkleinern von Holz und anschließendes
Zusammenfügen der Strukturelemente erzeugt werden. Größe und Form des zerkleinerten
Holzes entscheiden über die Art des Holzwerkstoffs und seine Eigenschaften. Bei den
Strukturelementen handelt es sich beispielsweise um Schnitthölzer (z.B. Bretter oder
Furniere), Holzspäne, Holzfasern oder Holzwolle. Anstelle von Holz oder ergänzend
zum Holz können auch andere Lignocellulose-Materialien als Werkstoffmaterialien verwendet
werden.
[0002] Beispielhafte Holzwerkstoffe sind Vollholzwerkstoffe, Furnierwerkstoffe, Holzspanwerkstoffe
und Holzfaserwerkstoffe. Insbesondere Spanplatten sind von großer kommerzieller Bedeutung.
An der gesamten europäischen und deutschen Holzwerkstoffproduktion haben Spanplatten
einen Anteil von über 50 %.
[0003] Für das Zusammenfügen der Strukturelemente spielen Bindemittel üblicherweise eine
zentrale Rolle. So werden beispielsweise bei allen gängigen Produktionsverfahren für
Spanplatten die Holzpartikel mit überwiegend synthetischen Klebstoffen gemischt und
unter Wärmezufuhr verpresst. Die Klebstoffe werden mit bis zu 12 % Masseanteilen eingesetzt
und basieren in der Regel auf petrochemischen Rohstoffen. Außerdem enthalten 90 %
der verwendeten Klebstoffe Formaldehyd, dessen Innenraumluftgrenzwert seit 1977 bei
0,1 ppm liegt und seit 2016 von der Europäischen Kommission als mutagen und kanzerogen
wirkende Substanz eingestuft wird.
[0004] Vor diesem Hintergrund wird bekanntermaßen angestrebt, für die Herstellung von Holzwerkstoffen
nur noch extrem formaldehydarme oder sogar formaldehydfreie Klebstoffe einzusetzen,
beispielsweise Klebstoffe auf der Basis nachwachsender Rohstoffe. So beschreiben z.B.
P. Dongre et al., Energies, 2015, 8, S. 7897-7914, Formaldehyd-freie Klebstoffe auf der Basis von Lignin-Furfural-Polymeren.
[0005] Ein weiterer Ansatz, der momentan verfolgt wird, besteht in einer Behandlung von
Holz zur Ausbildung auto-adhäsiver Eigenschaften. Ein solches auto-adhäsives bzw.
"selbstklebendes" Holz ließe sich mit deutlich geringerer Menge an externem Klebstoff
oder sogar Klebstoff-frei zu einem Holzwerkstoff verarbeiten. Bekannt sind beispielsweise
die oxidierende Behandlung von Holz mit Fentons Reagenz (einem Gemisch aus Wasserstoffperoxid
und Eisen(II)-Salzen) oder mit geeigneten Enzymen. Auch eine "Steam-Explosion"-Behandlung
und Heißpressen des Holzes zum Klebstoff-freien Verbinden sind bekannt. Eine Übersicht
über diese Verfahren zur Herstellung von auto-adhäsivem bzw. "selbstklebendem" Holz
geben
D. Zhang et al. in Wood Science and Technology, 2015, Volume 49, S. 661-679.
[0006] Zur Verbesserung bestimmter Eigenschaften des Holzes, insbesondere der Resistenz
gegenüber holzzerstörenden Pilzen und Insekten sowie der Dimensionsstabilität, ist
bekannt, Holz einer chemischen Modifizierung zu unterziehen. Ein bereits kommerziell
verwirklichtes chemisches Holzmodifizierungsverfahren ist die Acetylierung.
[0008] Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung liegt in der Herstellung eines Lignocellulose-Materials
mit auto-adhäsiven Eigenschaften über ein Verfahren, das möglichst einfach und effizient
durchzuführen ist und die Herstellung umweltverträglicher, insbesondere Formaldehyd-armer
oder Formaldehyd-freier Holzwerkstoffe ermöglicht.
[0009] Gelöst wird die Aufgabe durch ein Verfahren zur Herstellung eines chemisch modifizierten
Lignocellulose-Materials, umfassend
- die Acetylierung eines Lignocellulose-Materials mit einem Acetylierungsmittel unter
Erhalt eines acetylierten Lignocellulose-Materials, und
- die partielle Verseifung des acetylierten Lignocellulose-Materials.
[0010] Wie einleitend bereits erwähnt, handelt es sich bei der Acetylierung eines Lignocellulose-Materials
wie z.B. Holz um ein bereits etabliertes Verfahren, bei dem OH-Gruppen verestert werden.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde überraschend festgestellt, dass ein Lignocellulose-Material
mit auto-adhäsiven Eigenschaften erhalten wird, wenn die durch die Acetylierung eingeführten
Estergruppen teilweise wieder hydrolysiert werden (d.h. partielle Verseifung des acetylierten
Lignocellulose-Materials).
[0011] Ein bevorzugtes Lignocellulose-Material ist Holz. In dem Verfahren der vorliegenden
Erfindung können jedoch auch andere Lignocellulose-Materialien wie z.B. Naturfaserpflanzen,
Bambus, Einjahrespflanzen, Flachs, Hanf oder Sisal verwendet werden.
[0012] Das der Acetylierung zu unterziehende Holz kann als Vollholz bzw. Massivholz (z.B.
Bretter oder Stäbe), Funierholz (z.B. flächige dünne Holzmaterialien) oder als feinteiliges
Holz (z.B. Späne, Fasern, Hackschnitzel, Strands, Chips, Pellets oder Holzwolle) vorliegen.
[0013] Geeignete Acetylierungsmittel für die Acetylierung von Lignocellulose-Materialien
sind dem Fachmann bekannt. Bevorzugt wird als Acetylierungsmittel Essigsäureanhydrid,
Essigsäure oder Keten (Ethenon CH
2=C=O) oder ein Gemisch aus mindestens zwei dieser Verbindungen verwendet.
[0014] Geeignete Verfahrensbedingunen für die Acetylierung von Lignocellulose-Materialien
sind dem Fachmann bekannt. Beispielhaft kann auf die in
EP 0 213 252 A1 (Essigsäureanhydrid als Acetylierungsmittel),
EP 0 680 810 A1 (Essigsäureanhydrid als Acetylierungsmittel) und
DE 102009027635 A1 (Keten als Acetylierungsmittel) beschriebenen Acetylierungsverfahren verwiesen werden.
[0015] Vor der Acetylierung kann das Lignocellulose-Material optional einer Trocknung unterzogen
werden. Bevorzugt beträgt die Feuchte (Holzfeuchte im Fall von Holz) des Lignocellulose-Materials
vor der Acetylierung maximal 12%, bevorzugter maximal 5%, z.B. 0,1% bis 12%, bevorzugter
0,5% bis 5%. Die Feuchte F des Lignocellulosematerials (im Fall von Holz die Holzfeuchte)
wird durch die folgende Beziehung bestimmt:

wobei
mw die Masse des in der Probe enthaltenen Wassers und
mo die Trockenmasse ist.
[0016] Die Trockenmasse wird bestimmt durch Trocknung bei 103°C bis zur Gewichtskonstanz.
[0017] Für die Acetylierung können das Acetylierungsmittel (bevorzugt Essigsäureanhydrid)
und das Lignocellulose-Material bei Raumtemperatur oder unter geringfügiger Erwärmung
(z.B. einer Temperatur von 15-60°C) oder auch unter erhöhter Temperatur (z.B. 60°C-200°C)
in Kontakt gebracht werden.
[0018] Das Lignocellulose-Material kann beispielsweise zunächst bei relativ niedriger Temperatur
(z.B. 15-60°C) mit dem Acytylierungsmittel imprägniert werden und anschließend wird
die Temperatur beispielsweise auf 60-200°C erhöht, um die Acetylierung durchzuführen.
Alternativ ist es auch möglich, das Lignocellulose-Material mit einem entsprechend
vorgewärmten Acetylierungsmittel in Kontakt zu bringen.
[0019] Die Acetylierung kann unter Vakuum, Normaldruck oder auch unter erhöhtem Druck stattfinden.
[0020] In Abhängigkeit von der Art des zu acetylierenden Lignocellulose-Materials (z.B.
Vollholz oder feinteiliges Holz) kann die Acetylierungsdauer in einem breiten Bereich
variieren, z.B. 1 Stunde bis 48 Stunden, bevorzugter 1 Stunde bis 24 Stunden.
[0021] Prinzipiell kann die Acetylierung in Anwesenheit eines Katalysators durchgeführt
werden. Bevorzugt wird die Acetylierung jedoch ohne Katalysator durchgeführt.
[0022] Bei der Herstellung von acetyliertem Lignocellulose-Material kann der Acetylierungsgrad
AG (in %) durch die relative Gewichtszunahme bei der Acetylierung anhand der folgenden
Beziehung ausgedrückt werden:

wobei
- TM2:
- Trockenmasse des acetylierten Lignocellulose-Materials
- TM1:
- Trockenmasse des Lignocellulose-Materials vor der Acetylierung
[0023] Die Trockenmasse wird bestimmt durch Trocknung bei 103°C bis zur Gewichtskonstanz.
[0024] Im Rahmen der vorliegenden Erfindung liegt der Acetylierungsgrad bevorzugt im Bereich
von 1% bis 25%, bevorzugter 3% bis 15%.
[0025] Die zur Erzielung eines bestimmten Acetylierungsgrades einzusetzende Menge an Acetylierungsmittel
kann der Fachmann ohne weiteres bestimmen.
[0026] Nach erfolgter Acetylierung des Lignocellulose-Materials können überschüssiges Acetylierungsmittel
und mögliche unerwünschte Nebenprodukte (wie z.B. Essigsäure bei der Verwendung von
Essigsäureanhydrid) von dem acetylierten Holz abgetrennt werden. Geeignete Methoden
zu deren Abtrennung sind dem Fachmann bekannt. Beispielsweise kann das acetylierte
Holz vor dem partiellen Verseifungsschritt mit Wasser oder Wasserdampf behandelt werden,
einem Vakuum ausgesetzt und/oder thermisch behandelt werden. Alternativ ist es auch
möglich, das acetylierte Holz nach dem Acetylierungsschritt ohne weitere Zwischenbehandlung
der partiellen Verseifung zu unterziehen.
[0027] Unter Verseifung wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung die Spaltung einer Esterverbindung
durch Hydrolyse verstanden. Die Verseifung kann bei einem sauren pH-Wert, einem alkalischen
pH-Wert oder auch bei neutralem pH-Wert stattfinden.
[0028] Durch die partielle Verseifung wird ein Teil der im Acetylierungsschritt gebildeten
Essigsäureesterbindungen wieder gespalten (d.h. der Acetylierungsgrad wird durch die
Verseifung reduziert).
[0029] Bevorzugt findet die partielle Verseifung des acetylierten Holzes bei saurem pH-Wert
statt. Hierzu wird das acetylierte Holz mit einem Säure-haltigen wässrigen Medium
behandelt. Bei der in dem wässrigen Medium vorliegenden Säure, die als Katalysator
für die Verseifung fungiert, kann es sich beispielsweise um eine Mineralsäure, insbesondere
Schwefelsäure handeln. In der wässrigen Lösung können auch eine oder mehrere zusätzliche
Säuren vorliegen, beispielsweise Essigsäure. Beispielsweise erfolgt die partielle
Verseifung, indem das acetylierte Lignocellulose-Material mit konzentrierter Essigsäure
(z.B. 30-80%-ige Essigsäure (Masse%)), die eine Mineralsäure, z.B. Schwefelsäure,
als Katalysator enthält, behandelt wird.
[0030] Wie oben bereits erwähnt, kann die partielle Verseifung des acetylierten Holzes auch
bei alkalischem oder neutralem pH-Wert stattfinden. Geeignete alkalische Medien für
die alkalische Verseifung von Estern sind dem Fachmann bekannt.
[0031] In Abhängigkeit von dem bei der Acetylierung erzielten Acetylierungsgrades kann die
Dauer der partiellen Verseifung in einem breiten Bereich variieren, z.B. 1 Stunde
bis 48 Stunden, bevorzugter 1 Stunde bis 24 Stunden.
[0032] Die partielle Verseifung des acetylierten Lignocellulose-Materials kann bei Raumtemperatur
oder unter geringfügiger Erwärmung (z.B. einer Temperatur von 15-60°C) oder auch unter
erhöhter Temperatur (z.B. 60°C-200°C) stattfinden.
[0033] Das acetylierte Lignocellulose-Material kann beispielsweise zunächst bei relativ
niedriger Temperatur (z.B. 15-60°C) mit dem Verseifungssmittel imprägniert werden
und anschließend wird die Temperatur beispielsweise auf 60-200°C erhöht, um die partielle
Verseifung durchzuführen. Alternativ ist es auch möglich, das acetylierte Lignocellulose-Material
mit einem entsprechend vorgewärmten Verseifungssmittel in Kontakt zu bringen.
[0034] Bei der partiellen Verseifung des acetylierten Lignocellulose-Materials kann der
Verseifungsgrad VG (in %) durch die relative Gewichtsabnahme anhand der folgenden
Beziehung ausgedrückt werden:

wobei
- TM2:
- Trockenmasse des acetylierten Lignocellulose-Materials
- TM3:
- Trockenmasse des nach der partiellen Verseifung erhaltenen Lignocellulose-Materials
[0035] Die Trockenmasse wird bestimmt durch Trocknung bei 103°C bis zur Gewichtskonstanz.
[0036] Bevorzugt genügen der Verseifungsgrad VG und der Acetylierungsgrad AG der folgenden
Bedingung:
Bevorzugt gilt: VG / AG ≤ 0,6;
noch bevorzugter gilt: VG / AG ≤ 0,5.
[0037] In einer bevorzugten Ausführungsform gilt:

noch bevorzugter gilt:

noch bevorzugter gilt:

[0038] Das nach der partiellen Verseifung erhaltene Lignocellulose-Material kann optional
noch einer Nachbehandlung unterzogen werden. Bevorzugt wird die durch die Esterspaltung
freigesetzte Essigsäure entfernt. Dazu kann das Lignocellulose-Material nach der partiellen
Verseifung beispielsweise mit Wasser oder Wasserdampf behandelt werden. Optional kann
diese Nachbehandlung im Vakuum und/oder bei erhöhter Temperatur stattfinden.
[0039] Wie nachfolgend noch eingehender beschrieben, weist das Lignocellulose-Material,
das über das oben beschriebene Verfahren erhalten wird, auto-adhäsive Eigenschaften
auf. Durch Erwärmung des Lignocellulose-Materials auf eine ausreichend hohe Temperatur,
beispielsweise im Bereich von 100°C bis 210°C, gegebenenfalls ergänzt durch Druck,
verhält sich die Oberfläche des Materials autoadhäsiv (d.h. weist eine Eigenklebrigkeit
auf) und ermöglicht somit ein Verbinden von Strukturelementen aus diesem Material
mit reduzierter Menge an externem Klebstoff oder sogar ohne externen Klebstoff.
[0040] Die vorliegende Erfindung betrifft weiterhin ein chemisch modifiziertes Lignocellulose-Material,
das über das oben beschriebene Verfahren erhältlich ist.
[0041] Weiterhin betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines
Lignocellulose-Werkstoffs, umfassend
- die Herstellung eines chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials durch das oben
beschriebene Verfahren,
- Erwärmen des chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials und Zusammenfügen zu
einem Werkstoff.
[0042] Wie oben erwähnt, kann bei der Verwendung von Holz als Lignocellulose-Ausgangsmaterial
dieses als Vollholz bzw. Massivholz (z.B. Bretter oder Stäbe), Funierholz (z.B. flächige
dünne Holzmaterialien) oder als feinteiliges Holz (z.B. Späne, Fasern, Hackschnitzel,
Strands, Chips, Pellets oder Holzwolle) vorliegen. Diese Form des Holzes bleibt während
der Acetylierung und nachfolgenden partiellen Verseifung erhalten. Somit liegt auch
das mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte chemisch modifizierte Holz üblicherweise
als Vollholz, Furnierholz oder feinteiliges Holz vor.
[0043] Durch Erwärmen auf eine ausreichend hohe Temperatur, üblicherweise mindestens 100°C
(z.B. 100-210°C), weist die Oberfläche des erfindungsgemäß hergestellten, chemisch
modifizierten Lignocellulose-Materials eine ausreichende Selbstklebrigkeit auf, um
ein Zusammenfügen zu einem Werkstoff (z.B. Faserwerkstoff, Spanwerkstoff, insbesondere
Spanplatte, Vollholzwerkstoff, Furnierwerkstoff, Compositwerkstoff) zu ermöglichen.
Der Werkstoff kann neben dem chemisch modifizierten Lignocellulose-Material gemäß
der vorliegenden Erfindung auch andere Lignocellulose-Materialien und/oder Nicht-Holz-Materialien
wie z.B. Metall, Keramik oder Kunststoff enthalten. Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoffe
bzw. - Composite werden auch als "WPCs" bezeichnet.
[0044] Das Erwärmen des chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials kann in bekannter
Weise über eine externe Wärmequelle, eine Mikrowellenerwärmung oder eine Hochfrequenzerwärmung
erfolgen. Alternativ oder ergänzend kann die Erwärmung des chemisch modifizierten
Lignocellulose-Materials auch durch Reibung erfolgen, beispielsweise eine Reibung
zwischen der Oberfläche des chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials und einem
weiteren Material, das mit dem chemisch modifizierten Lignocellulose-Material zu dem
Werkstoff zusammengefügt werden soll. Die Reibung kann beispielsweise dadurch zustande
kommen, dass die Oberflächen der Materialien aneinandergepresst und dann gegeneinander
bewegt werden.
[0045] Das Zusammenfügen des chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials, optional zusammen
mit einem oder mehreren zusätzlichen Materialien wie z.B. anderen Lignocellulose-Materialien
und/oder Nicht-Holz-Materialien wie Metall, Keramik oder Kunststoff, zu einem Werkstoff
erfolgt bevorzugt durch Verpressen (d.h. bei erhöhtem Druck).
[0046] Weiterhin betrifft die vorliegende Erfindung einen Lignocellulose-Werkstoff, insbesondere
einen Holzwerkstoff, der nach dem oben beschriebenen Verfahren erhältlich ist.
[0047] Aufgrund der auto-adhäsiven Eigenschaften des erfindungsgemäßen chemisch modifizierten
Lignocellulose-Materials kann der Holzwerkstoff relativ geringe Mengen an externem
Klebstoff aufweisen oder kann sogar frei von externem Klebstoff sein.
[0048] Ein erfindungsgemäßer Werkstoff, der frei von externem Klebstoff ist, kann beispielsweise
eine Querzugsfestigkeit von mindestens 0,04 N/mm
2 und/oder eine Biegefestigkeit von mindestens 2,5 N/mm
2 und/oder ein Biegeelastizitätsmodul von mindestens 850 N/mm
2 und/oder eine Dickenquellung nach 24 Stunden Wasserlagerung von weniger als 100%
aufweisen.
[0049] Die Bestimmung der Querzugsfestigkeit erfolgt gemäß DIN EN 319:1993-08, Biegefestigkeit
sowie Biege-Elastizitätsmodul (Biege-E-Modul) werden gemäß DIN EN 310:1993-08 bestimmt
und die Bestimmung der Dickenquellung nach 24 Stunden Wasserlagerung erfolgt gemäß
DIN EN 317:1993-08.
[0050] Die vorliegende Erfindung wird durch die nachfolgenden Beispiele eingehender beschrieben.
Beispiele
[0051] In den erfindungsgemäßen Beispielen IE1 und IE2 wurden Fichtenspäne einer Acetylierung
und anschließend einer partiellen Verseifung unterzogen. Aufgrund ihrer selbstklebenden
Eigenschaften konnten diese Fichtenspäne ohne Verwendung eines externen Klebstoffs
zu einem Holzwerkstoff verarbeitet werden. In einem Vergleichsversuch CE1 wurden die
Fichtenspäne nur einer Acetylierung (unter gleichen Bedingungen wie in den erfindungsgemäßen
Beispielen), jedoch keiner partiellen Verseifung unterzogen.
[0052] Die Acetylierung in IE1, IE2 und CE1 wurde folgendermaßen durchgeführt:
Die Fichtenspäne wurden getrocknet. Unter Berücksichtigung der Holzfeuchte wurde die
entsprechende Masse an Spänen (350 g (atro)) in eine Rührschüssel aus Edelstahl eingewogen
und unter Rühren mit entsprechendem Volumen an Acetanhydrid versetzt. Die Späne wurden
in eine Edelstahlschüssel überführt. Die abgedeckte Schüssel wurde anschließend in
einem vorgeheizten Trockenschrank platziert. Nach 4 Stunden wurden die Späne entnommen
und fünfinal mit Leitungswasser gewaschen. Die gewaschenen Späne wurden getrocknet.
Anschließend wurden die Holzfeuchte und Massezunahme bestimmt.
[0053] Die partielle Verseifung der acetylierten Proben der Beispiele IE1 und IE2 wurde
folgendermaßen durchgeführt:
Die zuvor acetylierten Fichtenspäne wurden getrocknet. Unter Berücksichtigung des
Feuchtegehalts wurde die entsprechende Masse an Spänen (175 g (atro)) in eine Edelstahlschüssel
eingewogen. Anschließend wurde entsprechend des Versuchs eine Mischung bestehend aus
Essigsäure (60 %) und konzentrierter Schwefelsäure (0,005 (v/v)) hergestellt, die
zu den Spänen gegeben wurde. Die Mischung wurde zuvor auf 15 °C unterhalb der Solltemperatur
(d.h. Reaktionstemperatur der Verseifung) erwärmt. Die Reaktionsmischung wurde abgedeckt
und in den auf die vorgesehene Solltemperatur vorgeheizten Trockenschrank platziert.
Nach 4 Stunden wurden die Späne entnommen, fünfmal mit Leitungswasser gewaschen und
getrocknet. Anschließend wurden die Holzfeuchte und Masseabnahme in Bezug zur Masse
der eingesetzten acetylierten Späne bestimmt.
[0054] In der nachfolgenden Tabelle 1 sind die Verfahrensbedingungen zusammengefasst.
Tabelle 1: Verfahrensbedingungen der Beispiele IE1, IE2 und CE1
Beispiel |
Volumen an Acetanhydrid [mL] |
Reaktionstemperatur der Acetylierung [°C] |
Volumen an 60 %iger Essigsäure [L] |
Reaktionstemperatur der Verseifung [°C] |
IE1 |
350 |
120 |
1,75 |
80 |
IE2 |
350 |
100 |
2,10 |
80 |
CE1 |
350 |
100 |
- |
- |
[0055] Aus den in den Beispielen IE1, IE2 und CE1 erhaltenen Fichtenspänen wurde ein Holzwerkstoff
wie folgt hergestellt:
Zur Herstellung der Spanplatten (Kantenlänge 220 mm, Dicke 4-4,3 mm) wurden zunächst
Rahmen aus Holzfasern angefertigt, in die anschließend die Späne (ca. 160 g) manuell
eingestreut wurden. Anschließend wurden sie auf einer Metallplatte platziert, mit
Papier und einer weiteren Metallplatte abgedeckt und in der Hydraulikpresse für 480
s bei 200 °C zu Prüfkörpern gepresst. Die Rahmen verblieben anschließend 600 s in
der Presse, sodass sie auf ca. 100 °C abkühlten. Im Anschluss kühlten sie außerhalb
der Presse auf Raumtemperatur ab.
[0056] An den Holzwerkstoffen wurde folgende Eigenschaften bestimmt:
- Querzugfestigkeit (DIN EN 319:1993-08)
- Biegefestigkeit sowie Biege-Elastizitätsmodul (Biege-E-Modul) (DIN EN 310:1993-08)
- Dickenquellung nach 24 Stunden Wasserlagerung (DIN EN 317:1993-08)
[0057] Die Ergebnisse sind nachfolgend in der Tabelle 2 zusammengefasst.
Tabelle 2: Eigenschaften der Holzwerkstoffe
Beispiel |
Querzugfestigkeit [N/mm2] |
Biegefestigkeit [N/mm2] |
Biege-E-Modul [N/mm2] |
Quellung 24 h [%] |
IE1 |
0,24 |
6,1 |
2.150 |
19 |
IE2 |
0,17 |
4,9 |
1.732 |
20 |
CE1 |
0,03 |
2,0 |
681 |
158 |
[0058] Aufgrund ihrer selbstklebenden Eigenschaften konnten die erfindungsgemäßen Fichtenspäne
auch ohne Verwendung eines externen Klebstoffs zu einem Holzwerkstoff mit guten mechanischen
Eigenschaften verarbeitet werden.
[0059] Demgegenüber weisen die Holzspäne, die lediglich acetyliert, nicht jedoch partiell
verseift wurden, keine nennenswerten auto-adhäsiven Eigenschaften auf. Daher sind
auch die mechanischen Eigenschaften des Werkstoffs gemäß CE1 gegenüber denjenigen
der erfindungsgemäßen Werkstoffe der Beispiele IE1 und IE2 signifikant schlechter.
1. Verfahren zur Herstellung eines chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials, umfassend
- die Acetylierung eines Lignocellulose-Materials mit einem Acetylierungsmittel unter
Erhalt eines acetylierten Lignocellulose-Materials, und
- die partielle Verseifung des acetylierten Lignocellulose-Materials.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das Lignocellulose-Material Holz, eine Naturfaserpflanze,
Bambus, eine Einjahrespflanze, Flachs, Hanf oder Sisal ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei das Holz ein feinteiliges Holz, insbesondere
in Form von Holzspänen, Fasern, Hackschnitzeln, Strands, Chips, Pellets oder Holzwolle,
ein Vollholz oder ein Furnierholz ist.
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei das Acetylierungsmittel Essigsäure,
Essigsäureanhydrid oder Keten oder ein Gemisch aus mindestens zwei dieser Verbindungen
ist.
5. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die Acetylierung des Lignocellulose-Materials
einen Acetylierungsgrad AG im Bereich von 1% bis 25% aufweist und der Acetylierungsgrad
durch folgende Beziehung bestimmt wird:

wobei
TM2: Trockenmasse des acetylierten Lignocellulose-Materials
TM1: Trockenmasse des Lignocellulose-Materials vor der Acetylierung.
6. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die partielle Verseifung des
acetylierten Lignocellulose-Materials bei saurem, alkalischem oder neutralem pH-Wert
erfolgt.
7. Verfahren nach Anspruch 6, wobei das acetylierte Lignocellulose-Material mit einem
wässrigen Medium, das eine Mineralsäure und optional Essigsäure enthält, behandelt
wird.
8. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die partielle Verseifung des
acetylierten Lignocellulose-Materials einen Verseifungsgrad VG (in %) aufweist, der
durch die folgende Beziehung bestimmt wird:

wobei
TM2: Trockenmasse des acetylierten Lignocellulose-Materials
TM3: Trockenmasse des nach der partiellen Verseifung erhaltenen Lignocellulose-Materials;
und der Verseifungsgrad VG und der Acetylierungsgrad AG der folgenden Bedingung genügen:
9. Chemisch modifiziertes Lignocellulose-Material, erhältlich durch das Verfahren nach
einem der Ansprüche 1-8.
10. Verfahren zur Herstellung eines Lignocellulose-Werkstoffs, umfassend
- die Herstellung eines chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials durch das
Verfahren nach einem der Ansprüche 1-8,
- Erwärmen des chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials und Zusammenfügen zu
einem Werkstoff.
11. Verfahren nach Anspruch 10, wobei das Erwärmen des chemisch modifizierten Lignocellulose-Materials
über eine externe Wärmequelle, eine Mikrowellenerwärmung, eine Hochfrequenzerwärmung
und/oder durch Reibung erfolgt.
12. Verfahren nach Anspruch 10 oder 11, wobei der Werkstoff ein Spanwerkstoff, insbesondere
eine Spanplatte, ein Faserwerkstoff, ein Vollholzwerkstoff, ein Furnierwerkstoff oder
ein Composit-Werkstoff ist.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 10-12, wobei das Zusammenfügen zu dem Werkstoff
durch Verpressen erfolgt.
14. Lignocellulose-Werkstoff, erhältlich durch das Verfahren nach einem der Ansprüche
10-13.
15. Lignocellulose-Werkstoff, der frei von externem Klebstoff ist und eine Querzugsfestigkeit
von mindestens 0,04 N/mm2 und/oder eine Biegefestigkeit von mindestens 2,5 N/mm2 und/oder ein Biegeelastizitätsmodul von mindestens 850 N/mm2 und/oder eine Dickenquellung nach 24 Stunden Wasserlagerung von weniger als 100%
aufweist.