[0001] Die Erfindung betrifft einen Stahlwerkstoff, der pulvermetallurgisch hergestellt
ist und Hartstoffpartikel enthält. Solche Stahlwerkstoffe werden in der Fachsprache
auch als Metallmatrix-Verbundwerkstoffe bezeichnet.
[0002] Ebenso betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Herstellen eines solchen Stahlwerkstoffs.
[0003] Schließlich betrifft die Erfindung auch Bauteile, die aus einem Stahlwerkstoff der
erfindungsgemäßen Art hergestellt sind.
[0004] Speziell zielt die Erfindung auf einen Stahlwerkstoff ab, der für die Herstellung
von Bauteilen geeignet ist, die im praktischen Einsatz höchsten Flächenbelastungen
ausgesetzt sind und gleichzeitig schnell bewegt werden. Ein Beispiel für solche Bauteile
sind Walzführungsrollen, die in Maschinen (Walzgerüste) zum Drahtwalzen eingesetzt
werden. An diesen Rollen wird der zu walzende und mit einer hohen Fördergeschwindigkeit
bewegte Draht im heißen Zustand bei Temperaturen von mehr als 1000 °C geführt. Aufgrund
seiner hohen Temperatur bildet sich auf dem Draht eine Zunderschicht. Neben der hohen
Temperatur und den hohen dynamischen Belastungen, denen sie aufgrund ihrer mit der
hohen Fördergeschwindigkeit des Drahts einhergehenden hohen Drehgeschwindigkeiten
ausgesetzt sind, sind die Walzführungsrollen daher an ihren mit dem Draht in Berührung
kommenden Flächen auch hohen abrasiven Belastungen ausgesetzt.
[0005] Damit sie diesem Belastungskollektiv standhalten können, werden an den Verschleißwiderstand,
insbesondere den Widerstand gegen abrasiven Verschleiß, die Korrosionsbeständigkeit,
den Widerstand gegen Thermoschock-Beanspruchung und das Gewicht von Stählen, aus denen
Walzführungsrollen und andere im praktischen Einsatz vergleichbar belastete Bauteile
hergestellt werden, hohe Anforderungen gestellt.
[0006] Es sind verschiedene Versuche bekannt, diesem Anforderungsprofil gerecht zu werden.
So ist in der
EP 0 773 305 B1 ein verschleiß- und korrosionsbeständiger, pulvermetallurgischer Werkzeugstahl beschrieben,
der für die Herstellung von Bauteilen bestimmt ist, die zur Verarbeitung von verstärkten
Kunststoffen und anderen abschleifenden und korrosiven Materialien verwendet werden.
Der Stahl weist neben Eisen (in Gew.-%) einen Mn-Gehalt von 0,2 - 2,0 %, einen P-Gehalt
von max. 0,1 %, einen S-Gehalt von max. 0,1 %, einen Si-Gehalt von max. 2,0 %, einen
Cr-Gehalt von 11,5 - 14,5 %, einen Mo-Gehalt von max. 3,0 %, einen V-Gehalt von 8,0
-15,0 %, einen N-Gehalt von 0,03 - 0,46 % und einen C-Gehalt auf, der bei 1,47 - 3,77
% liegen soll. Die Gehalte an C, Cr, Mo, V und N sind dabei über zwei Formeln so miteinander
verknüpft, dass einerseits die Bildung von Ferrit im Gefüge des aus dem Stahl gefertigten
Bauteils vermieden wird und andererseits um die Bildung übermäßiger Mengen an Rest-Austenit
während der Wärmebehandlung zu verhindern, die das Bauteil im Zuge seiner Herstellung
durchläuft. Ebenso soll über die durch die Formeln bestimmte Zusammensetzung eine
optimierte Kombination aus Metall-Verschleiß-, Abrieb- und Korrosionsbeständigkeit
erhalten werden.
[0007] Eine andere Gruppe von pulvermetallurgisch erzeugten Stahlwerkstoffen für die Herstellung
von Bauteilen der hier in Rede stehenden Art ist beispielsweise in der
US 4,249,945 A beschrieben. Diese Stähle weisen in einer bevorzugten Ausgestaltung eine Stahlmatrix,
die aus 0,1 - 1 Gew.-% Mn, bis zu 2 Gew.-% Si, 4,5 - 5,5 Gew.-% Cr, 0,8 - 1,7 Gew.-%
Mo, bis zu 0,14 Gew.-% S, 8 - 10,5 Gew.-% V, 2,2 - 2,6 Gew.-% C, Rest Eisen und unvermeidbaren
Verunreinigungen, besteht, auf und enthalten dabei 13,3 - 17,3 Vol.-% Vanadium-Karbide.
Der Stahl erreicht eine Härte von bis zu 63 HRC.
[0008] Vor dem Hintergrund des voranstehend erläuterten Standes der Technik ergab sich die
Aufgabe, einen Stahlwerkstoff zu schaffen, der eine für die Herstellung von Bauteilen,
die im praktischen Einsatz hohen mechanischen, korrosiven, thermischen und abrasiven
Belastungen ausgesetzt sind, weiter optimierte Eigenschaftskombination bietet.
[0009] Ebenso sollte ein Verfahren zur Herstellung von Bauteilen aus einem solchen Stahl
genannt werden.
[0010] Schließlich sollten Bauteile angegeben werden, für deren Herstellung der erfindungsgemäße
Stahl besonders geeignet ist.
[0011] In Bezug auf den Stahl hat die Erfindung diese Aufgabe durch den gemäß Anspruch 1
beschaffenen Stahl gelöst.
[0012] Die erfindungsgemäße Lösung der voranstehend in Bezug auf das Verfahren gestellten
Aufgabe besteht darin, dass bei der Herstellung von Bauteilen aus einem erfindungsgemäßen
Stahl mindestens die in Anspruch 12 genannten Arbeitsschritte durchlaufen werden.
[0013] Schließlich eignet sich erfindungsgemäßer Stahl in besonderer Weise zur Herstellung
von Bauteilen, die im praktischen Einsatz Bewegungen mit hoher Beschleunigung oder
Geschwindigkeit ausführen und dabei insbesondere hohen Flächen- und Temperaturbelastungen
ausgesetzt sind.
[0014] Beispiele für solche Bauteile sind Walzführungen für Walzgerüste für die Drahterzeugung,
aber auch andere Werkzeuge und sonstige Bauteile, von denen nicht nur eine hohe Standfestigkeit
bei mechanischer Belastung und Verschleißbeständigkeit, sondern auch ein optimiertes
Verhalten unter der Wirkung von hohen dynamischen Kräften gefordert wird. Aber auch
Kolbenbolzen und Stößelstangen für Verbrennungsmotoren sind hierzu nennen.
[0015] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben
und werden nachfolgend wie der allgemeine Erfindungsgedanke im Einzelnen erläutert.
[0016] Der erfindungsgemäße Stahlwerkstoff ist pulvermetallurgisch hergestellt und weist
folgende Zusammensetzung auf (in Gew.-%):
C: |
1,5 |
- |
5,0 %, |
Si: |
0,3 |
- |
2,0 %, |
Mn: |
0,3 |
- |
2,0 %, |
P: |
0 |
- |
<0,035 %, |
S: |
0 |
- |
<0,35 %, |
N: |
0 |
- |
<0,1 %, |
Cr: |
3,0 |
- |
15,0 %, |
Mo: |
0,5 |
- |
2,0 %, |
V: |
6,0 |
- |
18,0 %, |
jeweils optional ein Element oder mehrere Elemente aus der Gruppe "Nb, Ni, Co, W",
wobei der Gehalt an Ni, Co und W jeweils höchstens 1,0 % und der Gehalt an Nb höchstens
2,0 % beträgt,
Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen,
wobei in der Stahlmatrix Hartstoffpartikel in Gehalten von 2,5 - 30 Gew.-% eingebettet
sind.
[0017] Zur Maximierung der mechanischen Eigenschaften sind einem erfindungsgemäßen Stahlwerkstoff
in der in erfindungsgemäßer Weise zusammengesetzten Stahlmatrix 2,5 - 30 Gew.-% gesondert
zugegebene Hartstoffpartikel vorhanden. Bei den betreffenden Hartstoffpartikeln kann
es sich insbesondere um Titan-Karbid-Partikel TiC handeln.
[0018] Der erfindungsgemäße Stahl ist damit derart zusammengesetzt, dass er bei einer minimierten
Dichte neben einer guten Verschleißbeständigkeit und einer damit einhergehend hohen
Lebensdauer eine maximierte Beständigkeit gegen extreme Temperaturwechsel und eine
ebenso optimierte Korrosionsbeständigkeit besitzt.
[0019] Wenn im vorliegenden Text Angaben zu Legierungsgehalten von Stählen und Stahlwerkstoffen
gemacht werden, beziehen sich diese jeweils auf das Gewicht, sofern nicht anders ausdrücklich
angegeben.
[0020] Bei einem erfindungsgemäßen Stahlwerkstoff, sind die Legierungsspannen so gewählt,
dass ein breiter und für den Einsatz von Hartstoffpartikeln in der Fachsprache auch
Metall-Matrix-Composites ("MMCs") bezeichnet, sinnvoller Bereich für vanadiumlegierte,
hochfeste und verschleißbeständige Werkstoffe zur Verfügung steht. Dabei sind die
beiden wichtigsten Legierungselemente in diesem Legierungssystem Kohlenstoff und Vanadium.
[0021] Kohlenstoff ist sowohl für die martensitische Härtung zuständig, als auch für die
Bildung des harten Vanadiumkarbides, woraus in Kombination mit einer hohen Härte und
damit einhergehend hoher Festigkeit eine optimierte Verschleißbeständigkeit resultiert.
C ist daher im erfindungsgemäßen Stahl in Gehalten von 1,5 - 5,0 Gew.-% vorhanden.
Der Kohlenstoff hat hierbei vor allem zwei Aufgaben: Zum einen wird C zur martensitischen
Härtung der Metallmatrix benötigt. Zum anderen kommt es durch die Anwesenheit ausreichender
Mengen an C zur Bildung von harten Karbiden mit den vorhandenen Legierungselementen,
insbesondere mit V, Cr und, soweit vorhanden, Nb. Ist zu wenig C in der Legierung
der Stahlmatrix enthalten, bleibt die Martensitbildung aus, bei zu viel C wird Restaustenit
stabilisiert. Beide Effekte können die Härte und die Verschleißbeständigkeit herabsetzen.
Wichtig ist also immer das Verhältnis aus Kohlenstoff zu den karbidbildenden Elementen.
[0022] Silizium wird einerseits bei der Erschmelzung der Vormaterialien, die als Bestandteil
des für die erfindungsgemäße Herstellung von Bauteilen vorgesehenen, erfindungsgemäß
legierten Stahllegierungspulvers sind, zur Desoxidation verwendet. Zudem wird durch
die Anwesenheit von Silizium die Kohlenstoffaktivität erhöht und führt so zu einer
Senkung der Schmelztemperatur. Ohne die gezielte Zugabe von mindestens 0,3 Gew.-%
Si, insbesondere mindestens 0,7 Gew.-% Si, wären höhere C-Gehalte nötig. Durch den
gesenkten Schmelzpunkt wird wiederum der Verdüsungsprozess erleichtert. Silizium reduziert
zudem die Viskosität der Metallschmelze, was ebenfalls zur Vereinfachung des Pulververdüsungsprozesses
beiträgt. Gleichzeitig steigert Silizium die Durchhärtbarkeit des Stahlwerkstoffes,
da die Umwandlungsnasen im ZTU-Diagramm zu längeren Zeiten verschoben werden. Die
Festigkeit des Austenits auf Härtetemperatur wird durch den gelösten Anteil an Si
erhöht, womit die höhere Stabilität des Austenits erklärt und längere Abkühldauern
ermöglicht werden können. Diese Effekte werden bei Si-Gehalten von bis zu 2,0 Gew.-%,
insbesondere bis zu 1,5 Gew.-%, erreicht. Zu hohe Gehalte an Si würden zu einer Stabilisierung
des Ferrits führen, wodurch der nach dem Härten vorhandene Anteil an Martensit im
Gefüge des Stahls vermindert und damit auch die Härte und Verschleißbeständigkeit
des erfindungsgemäßen Stahlwerkstoffs abnehmen würde.
[0023] Mangan ist im erfindungsgemäßen Stahlwerkstoff vorhanden, um die Verdüsbarkeit des
Stahls bei der Herstellung des Stahlpulvers und seine Härte zu optimieren. So wird
durch die Anwesenheit ausreichender Gehalte an Mn ähnlich wie durch die Anwesenheit
von Si der Schmelzpunkt des Stahls gesenkt und die Viskosität der Metallschmelze gesenkt,
so dass auch die gezielte Zugabe von Mn zur Vereinfachung des Verdüsungsprozesses
beiträgt. Gleichzeitig steigert Mangan ebenfalls die Durchhärtbarkeit des Stahlwerkstoffes.
Ebenso trägt der gelöste Anteil an Mn zur Stabilisierung des Austenits bei. Zudem
bindet Mn Schwefel durch Bildung von MnS ab, wodurch die Gefährdung von Heißrissen
reduziert und die Zerspanbarkeit verbessert wird. Diese Effekte werden bei Mn-Gehalten
von mindestens 0,3 Gew.-%, insbesondere mindestens 0,7 Gew.-%, und Mn-Gehalten von
bis zu 2,0 Gew.-%, insbesondere bis zu 1,5 Gew.-%, betriebssicher erreicht. Zu hohe
Gehalte an Mangan könnten zum einen die austenitische Phase soweit stabilisieren,
dass die Weichglühdauer deutlich erhöht würde. Zum anderen könnte durch zu hohe Mn-Gehalte
die austenitische Phase auch soweit stabilisiert werden, dass nach dem Härten Restaustenit
im Gefüge verbleibt. Diese Gefügestruktur wäre deutlich weicher als Martensit, wodurch
die Härte und Verschleißbeständigkeit abnehmen würden. Als besonders praxisgerecht
erweisen sich Mn-Gehalte eines erfindungsgemäßen Stahlwerkstoffs von etwa 1,2 Gew.%.
[0024] Chrom dient im erfindungsgemäßen Stahl in Kombination mit Mo und V zur Einstellung
der Anlassbeständigkeit, Korrosionsbeständigkeit und Härtbarkeit. Durch Variation
des Cr-Gehalts können folglich diese drei Eigenschaften entsprechend den jeweiligen
Anforderungen angepasst werden. Bei niedrigen Cr-Gehalten von 3,0 - 8,0 Gew.-% hat
Cr vor allem einen positiven Einfluss auf die Anlassbeständigkeit und die Durchhärtbarkeit.
Mit zunehmenden Cr-Gehalten nehmen die Korrosionsbeständigkeit und der Beitrag von
Cr zur Karbidbildung zu.
[0025] Mittlere Cr-Gehalte von mehr als 8,0 Gew.-% bis weniger als 11,0 Gew.-% stellen insoweit
einen Übergangsbereich dar. Für gesteigerte Anforderungen an die Korrosionsbeständigkeit
ist der Cr-Gehalt hier noch nicht ausreichend. Jedoch stellt sich bereits eine höhere
Härte der Stahlmatrix in Folge von zunehmender Cr-Karbidbildung ein. Bei Gehalten
von mindestens 11,0 Gew.-% Cr, insbesondere mindestens 12,0 Gew.-%, im erfindungsgemäßen
Stahlwerkstoff werden bei maximierten Härte und Festigkeit eine Anlass- und Korrosionsbeständigkeit
erzielt, die auch höchsten Anforderungen standhalten. Dabei lassen sich die vorteilhaften
Wirkungen von Cr dadurch besonders betriebssicher nutzen, dass der Cr-Gehalt auf mindestens
12,5 Gew.-% eingestellt wird. Zu hohe Cr-Gehalte würden bewirken, dass sich mehr Cr-Karbide
bilden. Durch die Bildung von Cr-Karbiden würde jedoch C abgebunden, wodurch die Martensitbildung
reduziert würde, so dass die angestrebte hohe Härte des Martensits nicht mehr erreicht
werden könnte. Bei über die erfindungsgemäß vorgegebene Obergrenze deutlich hinaus
erhöhten Cr-Gehalten würde zudem die ferritische Phase stabilisiert, wodurch ebenfalls
die geforderte Härte und Verschleißbeständigkeit nicht erreicht würde. Daher ist erfindungsgemäß
der maximale Gehalt an Cr auf 15,0 Gew.-%, insbesondere höchstens 14,0 Gew.-%, beschränkt,
wobei sich Cr-Gehalte von bis zu 13,5 Gew.-% in der Praxis als besonders geeignet
herausgestellt haben.
[0026] Eine optimierte Wirkung des C-Gehalts der Stahlmatrix eines erfindungsgemäßen Stahlwerkstoffs
in Bezug auf die Bildung von Vanadium-Karbiden VC kann bei niedrigen Cr-Gehalten von
bis zu 8 Gew.-% dadurch gewährleistet werden, dass der C-Gehalt %C der Stahlmatrix
einem Zielgehalt %CZiel entspricht, der wie folgt berechnet wird:

wobei mit %V der jeweilige V-Gehalt der Legierung der Stahlmatrix bezeichnet ist.
[0027] Wird dagegen Cr im Bereich von 11,0 - 15,0 Gew.-% verwendet, so sollte der C-Gehalt
%C um etwa 30 % höher liegen als der nach der voranstehend angegebenen Formel ermittelte
Zielgehalt %CZiel. In diesem Fall wird der C-Gehalt der Stahlmatrix somit optimaler
Weise derart eingestellt, dass er einem Zielgehalt %CZiel entspricht, der wie folgt
berechnet wird:

wobei auch hier mit %V der jeweilige V-Gehalt der Legierung der Stahlmatrix bezeichnet
ist.
[0028] Bei den mittleren Cr-Gehalten von > 8,0 Gew.-% bis < 11,0 Gew.-% wird dementsprechend
vorteilhafter Weise ein C-Gehalt gewählt, der zwischen den C-Mindestgehalten liegt,
welcher gemäß den beiden voranstehenden Formeln für die niedrigen Cr- und hohen Cr-Gehalte
ermittelt werden.
[0029] Bei dem Gehalt %CZiel handelt es sich dabei jeweils um eine Zielgröße, die bei der
Herstellung des Legierungspulvers optimaler Weise für den C-Gehalt angestrebt werden
sollte. Es versteht sich dabei, dass dieser Zielgehalt als erreicht angesehen wird,
wenn der tatsächliche C-Gehalt %C innerhalb der legierungstechnisch vorgegebenen bzw.
üblichen Toleranzen mit dem Zielgehalt %CZiel des jeweiligen erfindungsgemäßen Stahlwerkstoffs
übereinstimmt. Ein praxisgerechter Wert der in dieser Hinsicht noch zugelassenen betragsmäßigen
Abweichung des tatsächlichen C-Gehalts %C vom Zielgehalt %CZiel beträgt dabei 0,2
Gew.-%. Für den tatsächlichen C-Gehalt %C der Stahlmatrix sollte dann also gelten
%C = %CZiel ± 0,2 Gew.%.
[0030] Durch den entsprechend der voranstehend erläuterten Maßgabe eingestellten C-Gehalt
wird kompensiert, dass durch die Cr-Karbidbildung Kohlenstoff durch Cr abgebunden
wird. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass immer ausreichend C zur Bildung
von Martensit zur Verfügung steht und eine optimierte Härte und Verschleißbeständigkeit
erzielt wird, die für die meisten Anwendungen ausreichen.
[0031] Dementsprechend ergeben sich in Abhängigkeit vom jeweiligen V-Gehalt %V bei Cr-Gehalten
von bis zu 8 Gew.-% für den Zielgehalt %CZiel beispielsweise folgende Werte (Angaben
in Gew.-%):
Bezeichnung |
%V |
%CZiel |
V8 |
8 |
2,0 |
V10 |
10 |
2,4 |
V12 |
12 |
2,8 |
V15 |
15 |
3,4 |
V17 |
17 |
3,8 |
[0032] Bei dem Stahlwerkstoff V15 mit bis zu 8 Gew.-% Cr und einem nominellen V-Gehalt von
15 Gew.-% wird ein Toleranzbereich des V-Gehalts von beispielsweise +/- 0,5 Gew.-%
zugelassen, so dass sein tatsächlicher V-Gehalt zwischen 14,5 -15,5 Gew.-% variieren
kann. Für den tatsächlichen C-Gehalt wird gleichzeitig eine Toleranz von +/- 0,2 Gew.-%
um den Zielwert %CZiel zugelassen. Der tatsächliche C-Gehalt des Stahlwerkstoffs V15
kann somit 3,2 - 3,6 Gew.-% betragen.
[0033] Molybdän erhöht wie Chrom die Korrosionsbeständigkeit, Härtbarkeit und Anlassbeständigkeit
von aus erfindungsgemäßem Stahl hergestellten Bauteilen, wenn Mo-Gehalte von mindestens
0,5 Gew.-%, insbesondere mindestens 0,9 Gew.-%, vorhanden sind. Zu hohe Gehalte an
Mo verschlechtern jedoch die Umformfähigkeit des Stahles, da die Hochtemperaturfestigkeit
deutlich erhöht wird. Zudem würden hohe Gehalte an Mo ebenfalls die ferritische Phase
stabilisieren. Daher ist der Höchstgehalt an Mo bei erfindungsgemäßem Stahl auf 2,0
Gew.-%, insbesondere max. 1,5 Gew.-%, beschränkt. Der Mo-Gehalt eines erfindungsgemäßen
Stahls, der für die erfindungsgemäßen Zwecke besonders geeignet ist, liegt dementsprechend
im Bereich von 1,2 Gew.-%.
[0034] Vanadium ist im erfindungsgemäßen Stahl in Gehalten von 6,0 Gew.-% bis 18,0 Gew.-%
vorhanden, um eine optimierte Verschleißbeständigkeit durch Bildung von vanadiumreichen
Karbiden oder Karbonitriden zu erreichen. Zudem beteiligt sich Vanadium verstärkt
an der Bildung von Karbiden bei dem Anlassen im Sekundärhärtemaximum. Diese Effekte
nehmen mit zunehmenden V-Gehalten zu, so dass auch durch Variation der V-Gehalte das
Eigenschaftsprofil des erfindungsgemäßen Stahlwerkstoffs an die jeweiligen Anforderungen
angepasst werden kann. Maximiert positive Wirkungen der Anwesenheit von V lassen sich
erzielen, wenn mindestens 14,5 Gew.-% V im erfindungsgemäßen Stahl vorhanden sind.
Hohe V-Gehalte von mindestens 16 Gew.-% führen zu besonders hoher Verschleißbeständigkeit,
so dass erfindungsgemäße Stahlwerkstoffe mit derart hohen V-Gehalten besonders für
den Einsatz als Werkstoff für Walzenführungsrollen geeignet sind, die im Einsatz maximalen
Belastungen ausgesetzt sind. Anderseits kann dadurch, dass der V-Gehalt auf 17,4 Gew.-%
oder 17,0 Gew.-%, auf 16,0 Gew.-% oder insbesondere höchstens 15,5 Gew.-% beschränkt
wird, betriebssicher vermieden werden, dass zu viel Kohlenstoff durch Karbidbildung
abgebunden wird. Bei gegen den unteren Rand der erfindungsgemäß für V angegebenen
Gehaltsspanne tendierende niedrige V-Gehalte und dementsprechend verminderten C-Gehalten
lässt sich der erfindungsgemäße Stahlwerkstoff leichter spanabhebend verarbeiten,
als bei den höheren V- und C-Gehalten. Eine vereinfachte Zerspanbarkeit ergibt sich
dementsprechend dann, wenn der V-Gehalt auf max. 12 Gew.-%, insbesondere max. 10 Gew.-%,
und damit auch der in Abhängigkeit vom V-Gehalt bestimmte C-Gehalt in der voranstehend
beschriebenen Weise beschränkt ist.
[0035] Niob ist optional in Gehalten von bis zu 2,0 Gew.-% im erfindungsgemäßen Stahl vorhanden.
Nb hat eine sehr ähnliche Wirkweise wie Vanadium. Es beteiligt sich vor allem an der
Bildung von harten und verschleißbeständigen Monokarbiden. Daher können, jeweils bezogen
auf ihre Gehalte in Atom-%, Nb und V im Verhältnis 1:1 wechselweise ausgetauscht werden,
wenn sich dies beispielsweise im Hinblick auf die Verfügbarkeit dieser Legierungselemente
als zweckmäßig herausstellt.
[0036] Nickel kann in Gehalten von bis zu 1,0 Gew.-% im erfindungsgemäßen Stahlwerkstoff
optional vorhanden sein, um ähnlich wie Mn den Austenitanteil zu stabilisieren und
damit die Härtbarkeit zu verbessern. So sichert die Anwesenheit von Ni, dass bei der
jeweiligen Härtetemperatur tatsächlich Austenit gebildet wird und kein unerwünschter
Ferrit im Gefüge des Stahls entsteht. Allerdings erhöht ein zu hoher Ni-Gehalt die
für die Martensitbildung nötige Abkühldauer. Gleichzeitig sollten keine zu hohen Ni-Gehalte
vorhanden sein, da hier die Gefahr besteht, dass nach dem Härten Restaustenit im Gefüge
vorliegt. Sofern Ni zugegeben werden soll, beträgt daher der Ni-Gehalt bevorzugt mindestens
0,2 Gew.-%, wobei sich bei Ni-Gehalten von bis zu 0,4 Gew.-% optimierte Wirkungen
der Anwesenheit von Ni einstellen.
[0037] Kobalt kann ebenfalls optional in Gehalten von bis zu 1,0 Gew.-% im erfindungsgemäßen
Stahlwerkstoff vorhanden sein. Ähnlich wie Nickel hat Co eine stabilisierende Wirkung
auf die Austenitbildung und die Härtetemperatur. Im Gegensatz zu Nickel oder Mangan
senkt Co aber nicht die Endtemperatur des Martensits, weswegen seine Anwesenheit weniger
kritisch in Hinblick auf die Bildung von Restaustenit ist. Zudem erhöht Kobalt die
Warmfestigkeit. Sofern diese positiven Einflüsse durch die Zugabe von Co genutzt werden
sollen, erweisen sich Gehalte von mindestens 0,3 Gew.-% Co als besonders zweckmäßig,
wobei optimierte Wirkungen bei Co-Gehalten von bis zu 0,5 Gew.-% eintreten.
[0038] Wolfram kann wie Co und Ni dem Stahl in Gehalten von bis zu 1,0 Gew.-% optional zugegeben
werden. Wolfram erhöht vor allem die Anlassbeständigkeit und beteiligt sich vor allem
bei dem Anlassen im Sekundärhärtemaximum an der Karbidbildung. Durch die Anwesenheit
von W werden die Anlasstemperaturen zu höheren Temperaturen verschoben. Ähnlich dem
Kobalt wird zudem die Warmfestigkeit durch W erhöht. Allerdings würden zu hohe W-Gehalte
die ferritische Phase ebenfalls stabilisieren. Sofern die positiven Einflüsse von
W genutzt werden sollen, erweisen sich daher Gehalte von mindestens 0,3 Gew.-% W als
besonders zweckmäßig, wobei optimierte Wirkungen bei W-Gehalten von bis zu 0,5 Gew.-%
eintreten.
[0039] Der jeweils verbleibende Rest des Stahls besteht aus Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen,
die aufgrund des Herstellungsverfahrens oder der Ausgangsmaterialien, aus denen die
Bestandteile des Stahllegierungspulvers gewonnen werden, in den Stahl gelangen, dort
jedoch keine Wirkung in Bezug auf die Eigenschaften haben.
[0040] Schwefel kann in Gehalten von bis zu 0,35 Gew.-% im Stahlwerkstoff vorhanden sein,
um die Zerspanbarkeit zu verbessern. Bei höheren S-Gehalten werden die Eigenschaften
des erfindungsgemäß zusammengesetzten Stahlwerkstoffs dagegen verschlechtert. Um die
günstige Wirkung der Anwesenheit von S sicher nutzen zu können, können im erfindungsgemäßen
Stahlwerkstoff mindestens 0,035 Gew.-% vorhanden sein. Soll dagegen die Zerspanbarkeit
durch die gezielte Zugabe von S nicht verbessert werden, kann der S-Gehalt dementsprechend
auf weniger als 0,035 Gew.-% beschränkt werden.
[0041] Zu den unvermeidbar vorhandenen Verunreinigungen zählen auch Gehalte an P von bis
zu 0,035 Gew.-% sowie beispielsweise in Summe bis zu 0,2 Gew.-% an Sauerstoff.
[0042] Stickstoff wird dem erfindungsgemäßen Stahlwerkstoff ebenfalls nicht gezielt zulegiert,
sondern gelangt aufgrund der Stickstoffaffinität der Legierungsbestandteile beim Verdüsungsprozess
in den Stahlwerkstoff. Um negative Einflüsse von N auf die Eigenschaften des Stahlwerkstoffs
zu vermeiden, sollte der Gehalt an N weniger als 0,12 Gew.-% betragen, insbesondere
auf maximal 0,1 Gew-% beschränkt sein.
[0043] Die Dichte von erfindungsgemäßem Stahlwerkstoff liegt typischerweise im Bereich von
6,4 - 7,6 g/cm
3, wobei die Dichte des reinen Stahlmatrixwerkstoffs typischerweise 7,0 - 7,6 g/cm
3 beträgt.
[0044] Seine minimierte Dichte und sein dadurch bedingt geringes Gewicht macht erfindungsgemäßen
Stahlwerkstoff insbesondere für die Herstellung solcher Bauteile geeignet, die im
praktischen Einsatz wiederholend einer schnellen Beschleunigung ausgesetzt sind und
bei denen sich infolgedessen eine geringere Massenträgheit besonders günstig auswirkt.
[0045] Die pulvermetallurgische Herstellung erlaubt es, die Dichte und Verschleißbeständigkeit
von erfindungsgemäßem Stahl durch gezielte Zugabe von Hartphasen mit niedriger Dichte
wahlweise im Sinne der jeweiligen Anwendung weiter zu optimieren, sofern dies im Hinblick
auf die jeweils angestrebte Eigenschaft gewünscht wird. Hier hat es sich gezeigt,
dass die Gebrauchseigenschaften von erfindungsgemäßem Stahlwerkstoff dadurch gesteigert
sind, dass er 2,5 bis 30 Gew.-% Hartstoffpartikel enthält, die beim fertig erzeugten
Stahl in seine in der voranstehend erläuterten Weise zusammengesetzte Stahlmatrix
eingebettet sind.
[0046] Die Hartstoffe liegen dabei wie das die Stahlmatrix bildende Stahllegierungspulver
im Ausgangszustand als Pulver vor.
[0047] Bei den Hartstoffen, in der Fachsprache auch "Hartphasen" genannt, kann es sich um
Karbide, Nitride, Oxide oder Boride handeln. Zur Gruppe der geeigneten Hartstoffe
gehören demnach Al
2O
3, B
4C, SiC, ZrC, VC, NbC, TiC, WC, W
2C, Mo
2C, V
2C, BN, Si
3N
4, NbN oder TiN.
[0048] Dabei hat sich für die erfindungsgemäßen Zwecke Titankarbid TiC als besonders geeignet
herausgestellt. Titankarbid weist eine Härte von 3200 HV auf und erhöht so die Härte
und Verschleißbeständigkeit des Stahls besonders effektiv. Gleichzeitig ist TiC chemisch
beständig und hat keinen negativen Einfluss auf die Korrosionsbeständigkeit. Ebenso
wirkt sich die geringe Dichte von TiC vorteilhaft aus.
[0049] Bei dem Stahlwerkstoff zulegierten Hartstoff-Gehalten von weniger als 2,5 Gew.-%
stellt sich keine Verbesserung der Verschleißbeständigkeit ein. Um die Wirkung der
Hartstoffe besonders sicher nutzen zu können, erweist es sich daher vorteilhaft, im
erfindungsgemäßen Stahlwerkstoff mindestens 5 Gew.-% an zulegierten Hartstoffpartikeln
vorzusehen, wobei sich Gehalte von mindestens 7,5 Gew.-% als besonders wirksam herausgestellt
haben. Um eine zu starke Versprödung des Werkstoffs in Folge der Anwesenheit der Hartstoffpartikel
sicher zu vermeiden, kann beim erfindungsgemäßen Werkstoff der Gehalt an zulegierten
HartstoffPartikeln auf höchstens 25 Gew.-% beschränkt werden. Die hier genannten Gehalte
an Hartstoffpartikeln in einem erfindungsgemäßen Stahlwerkstoff erweisen sich insbesondere
dann als zweckmäßig, wenn es sich bei dem zulegierten Hartstoff um Titankarbid TiC
handelt.
[0050] Erfindungsgemäßer Stahl erreicht nach einem Härten und Anlassen Härtewerte, die typischerweise
im Bereich von 58 - 70 HRC liegen.
[0051] Nach einem in der Regel für die mechanische Bearbeitung durchgeführten Weichglühen
beträgt die typische Weichglühhärte von erfindungsgemäßem Stahlwerkstoff, in Folge
der Anwesenheit der erfindungsgemäß vorgesehenen Hartstoffpartikel typischerweise
bis zu 65 HRC.
[0052] Bei der Erzeugung von erfindungsgemäßen Bauteilen aus einem erfindungsgemäßen Stahl
werden mindestens folgende Arbeitsschritte durchlaufen:
- a) Es wird ein Stahllegierungspulver bereitgestellt, das aus (in Gew.-%) 1,5 - 5,0
% C, 0,3 - 2,0 % Si, 0,3 - 2,0 % Mn, < 0,035 % P, <0,35 % S, < 0,1 % N, 3,0 - 15,0
% Cr, 0,5 - 2,0 % Mo, 6,0 - 18,0 % V, jeweils optional einem Element oder mehreren
Elementen aus der Gruppe "Nb, Ni, Co, W", wobei der Gehalt an Ni, Co und W jeweils
höchstens 1,0 % und der Gehalt an Nb höchstens 2,0 % beträgt, und als Rest aus Eisen
und unvermeidbaren Verunreinigungen besteht.
- b) Das Stahllegierungspulver wird mit Hartstoffpartikeln mit der Maßgabe vermischt,
dass der Gehalt an Hartstoffpartikeln an der erhaltenen Stahllegierungspulver-Hartstoffpartikel-Mischung
2,5 - 30 Gew.-% beträgt.
- c) Optional wird das Stahllegierungspulver oder die Stahllegierungspulver-Hartstoff-Mischung
getrocknet.
- d) Aus dem Stahllegierungspulver oder der Stahllegierungspulver-Hartstoff-Mischung
wird durch ein Sinterverfahren, insbesondere durch Heiß-Isostatisches-Pressen, oder
durch ein additives Verfahren ein festes Halbzeug gebildet.
- e) Das erhaltene Halbzeug wird zu dem Bauteil fertig bearbeitet.
[0053] In Bezug auf die praktische Durchführung und die Ausgestaltungen der Arbeitsschritte
a) bis e) des erfindungsgemäßen Verfahrens gelten dabei folgende Hinweise:
Arbeitsschritt a)
[0054] Die Pulverherstellung kann in konventioneller Weise beispielsweise durch Gasverdüsen
oder jedes andere geeignete Verfahren erfolgen. Hierzu kann das Legierungspulver beispielsweise
durch Gas- oder Wasserverdüsen oder eine Kombination aus diesen beiden Verdüsungsverfahren
erzeugt werden. Denkbar ist eine Verdüsung einer in erfindungsgemäßer Weise legierten
Schmelze zu dem Legierungspulver.
[0055] Alternativ ist es aber auch möglich, die Legierungselemente des Stahllegierungspulvers
zunächst einzeln in Pulverform in Mengen bereitzustellen, die den für das jeweilige
Legierungselement vorgesehenen Gehaltsanteilen entsprechen und diese Pulvermengen
dann zu dem erfindungsgemäß zusammengesetzten Stahllegierungspulver zu vermischen.
[0056] Erforderlichenfalls werden aus den Pulverpartikeln für die erfindungsgemäße Weiterverarbeitung
durch Sieben diejenigen selektiert, die einen mittleren Durchmesser von weniger als
500 µm besitzen, wobei sich Pulver mit mittleren Korngrößen von weniger als 250 µm,
insbesondere von weniger als 180 µm, als besonders geeignet erwiesen haben.
[0057] Unabhängig von der Art und Weise seiner Erzeugung weist das erfindungsgemäß bereitgestellte
Legierungspulver optimaler Weise eine Schüttdichte von 2 - 6 g/cm3 (bestimmt nach
DIN EN ISO 3923-1) und eine Klopfdichte von 3 - 8 g/cm3 (bestimmt nach DIN EN ISO
3953) auf.
Arbeitsschritt b)
[0058] Das im Arbeitsschritt a) bereitgestellte Stahllegierungspulver wird mit dem jeweils
ausgewählten Hartstoffpulver vermischt. Die Menge an zugemischten Hartstoffpartikeln
wird dabei unter Berücksichtigung der voranstehend in Bezug auf die optimierte Auswahl
des Gehalts an Hartstoffen gegebenen Hinweise so bestimmt, dass der Gehalt der Hartstoffpartikel
an der fertigen Mischung im Bereich von 2,5 - 30 Gew.-% liegt.
Arbeitsschritt c)
[0059] Sofern erforderlich, kann das in Arbeitsschritt a) oder Arbeitsschritt b) hergestellte
Legierungspulver in konventioneller Weise getrocknet werden, um Rückstände von Flüssigkeiten
und sonstigen flüchtigen Bestandteilen zu entfernen, die den anschließenden Formgebungsprozess
behindern könnten.
Arbeitsschritt d)
[0060] Aus dem Hartstoffpartikel enthaltenden Legierungspulver wird nun ein Rohteil (Halbzeug)
geformt. Hierzu kann das Legierungspulver in an sich bekannter Weise durch ein geeignetes
Sinterverfahren, insbesondere durch Heiß-Isostatisches-Pressen ("HIPen"), in die jeweilige
Form gebracht werden. In der Regel wird das HIPen durchgeführt werden. Typische Drücke
beim HIPen liegen im Bereich von 900 - 1500, insbesondere 1000 bar, bei einer Temperatur
von 1050 - 1250°C, insbesondere 1080 -1200 °C. Im Zuge des Härtens bildet sich im
Gefüge des Stahlwerkstoffs Austenit, VC und Cr-Karbid.
[0061] Alternativ kann aus dem erfindungsgemäß beschaffenen und bereitgestellten Legierungspulver
auch in einem additiven Verfahren das jeweilige Bauteil erzeugt werden. Unter dem
Begriff "additiv" werden alle Herstellverfahren zusammengefasst, bei denen ein Werkstoff
zur Erzeugung eines Bauteils hinzugefügt wird, wobei dieses Hinzufügen in der Regel
schichtweise erfolgt. "Additive Herstellverfahren", die in der Fachsprache oft auch
als "generative Verfahren" bezeichnet werden, stehen damit im Gegensatz zu den klassischen
subtraktiven Fertigungsverfahren, wie den spanenden Verfahren (z.B. Fräsen, Bohren
und Drehen), bei denen Material abgetragen wird, um dem jeweils herzustellenden Bauteil
seine Form zu verleihen. Das additive Bauprinzip ermöglicht es, geometrisch komplexe
Strukturen herzustellen, die mit konventionellen Fertigungsverfahren, wie den schon
genannten spanabhebenden Verfahren oder Urformverfahren (Gießen, Schmieden) nicht
oder nur aufwendig realisiert werden können (s. VDI Statusreport "Additive Fertigungsverfahren",
September 2014, herausgegeben vom Verein Deutscher Ingenieure e.V., Fachbereich Produktionstechnik
und Fertigungsverfahren, www.vdi.de/statusadditiv). Nähere
[0062] Definitionen der Verfahren, die unter dem Oberbegriff "Additive Verfahren" zusammengefasst
sind, finden sich beispielsweise in den VDI-Richtlinien 3404 und 3405.
Arbeitsschritt e)
[0063] Das nach dem Arbeitsschritt d) erhaltene Halbzeug bedarf noch einer Fertigbearbeitung,
um ihm einerseits die gewünschten Gebrauchseigenschaften und andererseits die geforderte
Endform zu verleihen. Die Fertigbearbeitung umfasst beispielsweise eine mechanische,
insbesondere spanabhebende Bearbeitung des Halbzeugs, und eine Wärmebehandlung, die
aus einem Härten und Anlassen bestehen kann.
[0064] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert:
In der voranstehend erläuterten Weise erfindungsgemäß zusammengesetzte Legierungspulver
werden beispielsweise durch Heiß-Isostatisches-Pressen oder ein anderes geeignetes
Sinterverfahren zu einem Rohteil (Halbzeug) geformt. Hierzu kann das jeweilige Legierungspulver
in eine geeignete Form, beispielsweise eine zylindrische Kapsel, gefüllt und dann
bei typischen Drücken von 900 - 1500 bar (90 - 150 MPa), insbesondere 1000 bar (100
MPa), bei einer Temperatur von 1050 - 1250°C, insbesondere 1150 °C, über eine ausreichende
Dauer gehalten werden, bis ein fester Körper entstanden ist. Typischerweise liegt
der Druck beim Heiß-Isostatischen-Pressen im Bereich von 102 - 106,7 MPa und die Erwärmung
auf die typischerweise 1150 - 1153 °C betragende Zieltemperatur, die über eine Dauer
von typischerweise 200 - 300 min, insbesondere 245 min, gehalten wird, erfolgt ebenso
typischerweise mit einer Aufheizrate von 3 K/min - 10 K/min.
[0065] Auf die Erzeugung des Halbzeugs folgte die Wärmebehandlung. Dabei wird das jeweilige
Halbzeug mit einer Aufheizgeschwindigkeit von typischerweise 5 K/min auf eine Härtetemperatur
(Austenitisierungstemperatur) von 1050 - 1200 °C erwärmt, auf der es so lange gehalten
wird, bis es vollständig durchgewärmt ist. Typischerweise werden hierzu 30 - 60 min
benötigt. Anschließend werden die so erwärmten Halbzeuge abgeschreckt. Dabei werden
sie mit einem geeigneten Abschreckmedium, beispielsweise mit Wasser, Öl, einem Polymerbad,
bewegter oder ruhender Luft oder, sofern die Abkühlung im Vakuumofen vorgenommen wird,
mit gasförmigem Stickstoff, innerhalb von 5- 30 Min auf Raumtemperatur abgekühlt.
Insbesondere bei großen Halbzeugen kann es zweckmäßig sein, die Erwärmung auf die
Härtetemperatur in mehreren Vorwärmstufen, z.B. 400 °C, 600 °C und 800 °C oder eine
Vorwärmtemperatur im Bereich von 600 - 800°C, durchzuführen, um eine gleichmäßige
Durchwärmung sicherzustellen.
[0066] Um Reaktionen mit der Umgebungsatmosphäre zu vermeiden, kann in ebenso an sich bekannter
Weise das Härten in einem Vakuumofen durchgeführt werden. Jedoch ist dies keine Voraussetzung
für den Erfolg der erfindungsgemäßen Vorgehensweise.
[0067] Nach dem Härten kann ein Anlassen durchgeführt werden, bei dem das Halbzeug über
eine Dauer von beispielsweise 90 min auf der jeweiligen, typischerweise 450 - 550
°C betragenden Anlasstemperatur gehalten wird. Die Anlassbedingungen werden dabei
in an sich bekannter Weise in Abhängigkeit von der jeweiligen Härtetemperatur und
dem gewünschten Härteniveau, d.h. der gewünschten Festigkeit, gewählt. Die Aufheiz-
und Abkühlgeschwindigkeiten liegen beim Anlassen in der Regel in der Größenordnung
von 10 K/min. Im Gegensatz zum Härten sind die Aufheiz- und Abkühlgeschwindigkeiten
beim Anlassen unkritisch. Durch das Anlassen entspannt sich der spröde Martensit durch
Diffusion von Kohlenstoff. Dieser bildet zusammen mit z.B. V, Cr und Mo die sogenannten
"Anlasskarbide". Dadurch steigt die Zähigkeit. Gleichzeitig nimmt die Festigkeit und
Härte des Stahlwerkstoffs nur geringfügig ab, da diese Eigenschaften durch die Karbidbildung
wieder erhöht werden.
[0068] Da es in der Regel bei solchen Legierungssystemen einen schmalen Temperaturbereich
(ca. 50°C grob zwischen 450 und 650°C) gibt, spricht man von Sekundärhärtemaximum,
da Temperaturen unter- oder oberhalb davon eine geringere Härte bedeuten.
[0069] Unter Anwendung der voranstehend erläuterten allgemeinen Vorgehensweise bei der praktischen
Erzeugung von erfindungsgemäßen Stahlwerkstoffen und daraus hergestellten Bauteilen
sind aus vier erfindungsgemäßen Stahlwerkstoffen V10a - V10d zylinderförmige Halbzeuge
erzeugt worden.
[0070] Die Stahlmatrix der Stahlwerkstoffe V10a, V10b, V10c und V10d enthielt jeweils (in
Gew.-%) 2,5 % C, 0,9 % Si, 0,9 % Mn, 4,5 % Cr, 1,2 % Mo und 10,0 % V, Rest Eisen und
unvermeidbare Verunreinigungen. Zusätzlich waren dem Stahlwerkstoff V10a 5 Gew.-%
TiC, dem Stahlwerkstoff V10b 10,0 Gew.-% TiC, dem Stahlwerkstoff V10c 15 Gew.-% TiC
und dem Stahlwerkstoff V10d 20 Gew.-% TiC zulegiert.
[0071] Die Austenitisierungstemperatur AT, die vor dem nachfolgenden Wärmebehandlungsschritt
vorhandene Härte HRC ("HRC_v"), entweder, soweit ein Anlassen durchgeführt worden
ist, die Anlasstemperatur ST und die Anlassdauer St oder, soweit ein Weichglühen durchgeführt
worden ist, die Weichglühtemperatur WT und die Weichglühdauer Wt, die Härte HRC ("HRC_n")
nach dem vorangegangenen Wärmebehandlungsschritt und die Dichte ρ der Proben V1 -
V8 sind in Tabelle 1 angegeben.
[0072] Die Erwärmung auf die jeweilige Austenitisierungstemperatur AT erfolgte im Vakuumofen.
Dort wurden die Proben V1 - V8 für eine Austenitisierungsdauer At bei der Austenitisierungstemperatur
AT gehalten. Anschließend erfolgte noch im Vakuumofen durch Beaufschlagung mit gasförmigem,
mit einem Druck von 3,5 bar aufgebrachtem Stickstoff eine Abkühlung auf Raumtemperatur.
[0073] Nach dem Härten wurden die Proben 1 - 8 entweder einer Anlass- oder einer Weichglühbehandlung
unterzogen. Bei der Anlassbehandlung sind die Proben 1, 3, 5, 7 über die Anlassdauer
St bei der Anlasstemperatur ST gehalten worden. Diese Anlassbehandlung wurde zweimal
durchgeführt, um ein optimales Anlassergebnis zu erhalten.
[0074] Bei der Weichglühung sind die Proben 2, 4, 6, 8 über eine Dauer Wt bei der Weichglühtemperatur
WT gehalten worden. Nach Ablauf der Glühdauer wurde der Ofen abgeschaltet und die
Proben 2, 4, 6, 8 im abgeschalteten Ofen langsam auf Raumtemperatur abgekühlt.
Tabelle 1
Probe |
Werkstoff |
zulegierter TiC-Gehalt |
AT |
At |
HRC_v |
ST |
St |
WT |
Wt |
HRC_n |
ρ |
[Gew.-%] |
[°C] |
[min] |
mittel |
[°C] |
[min] |
[°C] |
[h] |
mittel |
[g/cm3] |
1 |
V10a |
5 |
|
|
64,0 |
500 |
90 |
- |
- |
62,5 |
7,19 |
2 |
V10a |
5 |
|
|
- |
- |
900 |
8 |
39,0 |
3 |
V10b |
10 |
|
|
69,0 |
500 |
90 |
- |
- |
65,0 |
7,05 |
4 |
V10b |
10 |
1800 |
60 |
- |
- |
900 |
8 |
44,0 |
5 |
V10b |
15 |
69,0 |
500 |
90 |
- |
- |
65,0 |
6,88 |
6 |
V10b |
15 |
|
|
- |
- |
900 |
8 |
46,0 |
7 |
V10b |
20 |
|
|
69,0 |
500 |
90 |
- |
- |
66,0 |
6,72 |
8 |
V10b |
20 |
|
|
- |
- |
900 |
8 |
50,0 |
1. Stahlwerkstoff, der pulvermetallurgisch hergestellt ist und eine wie folgt zusammengesetzt
Stahlmatrix aufweist (in Gew.-%):
C: |
1,5 |
- |
5,0 %, |
Si: |
0,3 |
- |
2,0 %, |
Mn: |
0,3 |
- |
2,0 %, |
P: |
0 |
- |
<0,035 %, |
S: |
0 |
- |
<0,35 %, |
N: |
0 |
- |
<0,1 %, |
Cr: |
3,0 |
- |
15,0 %, |
Mo: |
0,5 |
- |
2,0 %, |
V: |
6,0 |
- |
18,0 %, |
jeweils optional ein Element oder mehrere Elemente aus der Gruppe "Nb, Ni, Co, W",
wobei der Gehalt an Ni, Co und W jeweils höchstens 1,0 % und der Gehalt an Nb höchstens
2,0 % beträgt,
Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen,
wobei in der Stahlmatrix Hartstoffpartikel in Gehalten von 2,5 - 30 Gew.-% eingebettet
sind.
2. Stahlwerkstoff nach Anspruch 1,dadurch gekennzeichnet, dass bei Cr-Gehalten von bis zu 8,0 Gew.-% der C-Gehalt der Stahlmatrix mit einer betragsmäßigen
Abweichung von höchstens 0,2 Gew.-% einer Zielgröße %CZiel entspricht, für die gilt
%CZiel = 0,2 x %V + 0,4 Gew.-%, wobei mit %V der jeweilige V-Gehalt der Stahlmatrix
bezeichnet ist.
3. Stahlwerkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass bei Cr-Gehalten von mindestens 11,0 Gew.-% der C-Gehalt der Stahlmatrix mit einer
betragsmäßigen Abweichung von höchstens 0,2 Gew.-% einer Zielgröße %CZiel entspricht,
für die gilt: %C = (0,2 x %V + 0,4 Gew.-%) x 1,3, wobei mit %V der jeweilige V-Gehalt
der Stahlmatrix bezeichnet ist.
4. Stahlwerkstoff nach Anspruch 1,dadurch gekennzeichnet, dass bei Cr-Gehalten von mehr als 8 Gew.-% und weniger als 11 Gew.-% der C-Gehalt der
Stahlmatrix zwischen den gemäß Anspruch 2 und 3 bestimmten %CZiel-Gehalten liegt.
5. Stahlwerkstoff nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch h gekennzeichnet, dass sein Si-Gehalt mindestens 0,7 Gew.-% oder höchstens 1,5 Gew.-% beträgt.
6. Stahlwerkstoff nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch h gekennzeichnet, dass sein Mn-Gehalt mindestens 0,7 Gew.-% oder höchstens 1,5 Gew.-% beträgt.
7. Stahlwerkstoff nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch h gekennzeichnet, dass sein S-Gehalt mindestens 0,035 Gew.-% beträgt.
8. Stahlwerkstoff nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch h gekennzeichnet, dass sein Mo-Gehalt mindestens 0,9 Gew.-% oder höchstens 1,5 Gew.-% beträgt.
9. Stahlwerkstoff nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch h
gekennzeichnet, dass s bei Anwesenheit eines Elements oder mehrerer Elemente aus der Gruppe "Ni, Co, W"
für die Gehalte des jeweiligen Elements Ni, Co oder W gilt (in Gew.-%):
Ni: |
0,2 |
- |
0,4 %, |
Co: |
0,3 |
- |
0,5 %, |
W: |
0,3 |
- |
0,5 %. |
10. Stahlwerkstoff nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch h gekennzeichnet, dass die Hartstoffpartikel TiC-Partikel sind.
11. Stahlwerkstoff nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch h gekennzeichnet, dass die Hartstoffpartikel in einer d50 Korngröße von höchstens 50 µm vorliegen.
12. Verfahren zur Herstellung eines Bauteils, das aus einem gemäß einem der voranstehenden
Ansprüche beschaffenen Stahl besteht, umfassend folgende Arbeitsschritte:
a) Es wird ein Stahllegierungspulver bereitgestellt, das aus (in Gew.-%) 1,5 - 5,0
% C, 0,3 - 2,0 % Si, 0,3 - 2,0 % Mn, < 0,035 % P, <0,35 % S, < 0,1 % N, 3,0 - 15,0
% Cr, 0,5 - 2,0 % Mo, 6,0 - 18,0 % V, jeweils optional ein Element oder mehrere Elemente
aus der Gruppe "Nb, Ni, Co, W", wobei der Gehalt an Ni, Co und W jeweils höchstens
1,0 % und der Gehalt an Nb höchstens 2,0 % beträgt, und als Rest aus Eisen und unvermeidbaren
Verunreinigungen besteht.
b) Das Stahllegierungspulver wird mit Hartstoffpartikeln mit der Maßgabe vermischt,
dass der Gehalt an Hartstoffpartikeln an der erhaltenen Stahllegierungspulver-Hartstoffpartikel-Mischung
2,5 bis 30 Gew.-% beträgt.
c) Optional wird das Stahllegierungspulver oder die Stahllegierungspulver-Hartstoff-Mischung
getrocknet.
d) Aus dem Stahllegierungspulver oder der Stahllegierungspulver-Hartstoff-Mischung
wird durch ein Sinterverfahren, insbesondere durch Heiß-Isostatisches-Pressen, oder
durch ein additives Verfahren ein festes Halbzeug gebildet.
e) Das erhaltene Halbzeug wird zu dem Bauteil fertig bearbeitet.
13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass für den Arbeitsschritt a) die Legierungsbestandteile des Stahllegierungspulvers jeweils
pulverförmig bereitgestellt und zu den Stahllegierungspulvern vermischt werden.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 12 oder 13, dadurch gekennzeichnet, dass das Fertigbearbeiten (Arbeitsschritt e)) eine spanabhebende Bearbeitung des Halbzeugs
umfasst.
15. Bauteil, das im praktischen Einsatz Bewegungen mit hoher Beschleunigung oder Geschwindigkeit
ausführt, hergestellt aus einem gemäß einem der Ansprüche 1 bis 11 beschaffenen Stahlwerkstoff.