(19)
(11) EP 3 360 621 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.08.2018  Patentblatt  2018/33

(21) Anmeldenummer: 18152864.7

(22) Anmeldetag:  23.01.2018
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B21D 22/02(2006.01)
C21D 8/02(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA MD TN

(30) Priorität: 14.02.2017 DE 102017202294

(71) Anmelder: VOLKSWAGEN AKTIENGESELLSCHAFT
38440 Wolfsburg (DE)

(72) Erfinder:
  • Hatscher, Ansgar
    38173 Erkerode (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG EINES WARMUMGEFORMTEN UND PRESSGEHÄRTETEN STAHLBLECHBAUTEILS


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines warmumgeformten und pressgehärteten Stahlblechbauteils (7) aus härtbarem Stahl mit einer Zugfestigkeit (Rm) größer als 1500 MPa, vorzugsweise >1650 bis 2250 MPa, in welchem Verfahren das Stahlfeinblech (6) in einem Wärmebehandlungsschritt auf über die werkstoffspezifische Austenitisierungstemperatur Ac3 wärmebehandelt wird, in einem daran anschließenden Einlegeschritt das Stahlfeinblech (6) mit einer Einlegetemperatur (ϑ1) in ein Umformwerkzeug (3) eingelegt wird, in einem Presshärteschritt das Stahlblechbauteil (7) warmumgeformt und zugleich bis auf eine Entnahmetemperatur (ϑ4 abgekühlt wird, und in einem Entnahmeschritt das Stahlblechbauteil (7) mit der Entnahmetemperatur (ϑ4) aus dem geöffneten Umformwerkzeug (3) entnommen wird. Erfindungsgemäß wird das Stahlblechbauteil (7) im Presshärteschritt bei geschlossenem Umformwerkzeug (3) bis auf eine Entnahmetemperatur (ϑ4) abgekühlt, die in einem Temperaturbereich nahe der werkstoffspezifischen Martensit-Finish-Temperatur Mf liegt, bei der eine Umwandlung von Austenit zu Martensit zum größten Teil abgeschlossen ist, insbesondere in einem Temperaturbereich der Martensit-Finish-Temperatur Mf von +/- 10%.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines warmumgeformten und pressgehärteten Stahlblechbauteils nach dem Oberbegriff des Patentanspruches 1. Das Stahlblechbauteil ist aus einem härtbaren Stahl mit einer Zugfestigkeit Rm größer als 1500 MPa, insbesondere >1650 MPa bis 2250 MPa hergestellt.

[0002] Warmumformstähle, wie zum Beispiel 22MnB5, weisen nach dem Warmumformprozess ein nahezu vollständiges martensitisches Gefüge mit einer nominellen Zugfestigkeiten von 1500 MPa auf. Die Duktilität dieses Gefüges wird oft mit der Bruchdehnung gekennzeichnet. Diese liegt bei 22MnB5 in etwa zwischen 4 bis 6 %. Darüber hinaus wird der Biegewinkel in einem sogenannten Plättchenbiegeversuch nach VDA 238-100 als weiterer Kennwert zur Charakterisierung der Duktilität angegeben. Für zum Beispiel 22MnB5 sind Biegewinkel zwischen 50° und 65° zu erwarten. Aktuell werden Festigkeiten dieser Warmumformstähle durch zum Beispiel die Erhöhung des Kohlenstoffanteils weiter bis auf 2000 MPa gesteigert. Bei höheren Festigkeiten reagieren die Warmumformstahlbleche jedoch zunehmend empfindlicher, das heißt spröder, auf Belastungen. Bei Stahlfeinblechwerkstoffen (Blechdicke bei zum Beispiel 1,5 mm) mit Festigkeiten Rm größer als 1500 MPa ist deshalb oft eine nachträgliche zeitaufwendige Anlassbehandlung erforderlich, um die Sprödigkeit zu reduzieren. Eine solche zusätzliche Anlassbehandlung erhöht jedoch die Prozessdauer bei der Warmumformung und führt zu einem zusätzlichen Werkzeugeinsatz zur Durchführung der Anlassbehandlung.

[0003] Beispielhaft ist aus der DE 10 2013 010 946 B3 ein gattungsgemäßes Verfahren zur Herstellung eines warmumgeformten und pressgehärteten Stahlblechbauteils bekannt. Dieses wird in einem Wärmebehandlungsschritt auf über die werkstoffspezifische Austenitisierungstemperatur wärmebehandelt. Anschließend erfolgt ein Einlegeschritt, bei dem das Stahlfeinblech mit einer Einlegetemperatur, die in etwa der Austenitisierungstemperatur entspricht, in ein Warmumformwerkzeug eingelegt wird. Im folgenden Presshärteschritt wird das Stahlfeinblech warmumgeformt und zugleich bis auf eine Entnahmetemperatur abgekühlt. In der DE 10 2013 010 946 B3 wird der Abkühlvorgang oberhalb der sogenannten Martensit-Finish-Temperatur, bei der eine Umwandlung aus Austenit zu Martensit zum größten Teil abgeschlossen ist, unterbrochen, wodurch ein kleiner Anteil von Restaustenit im Gefüge erhalten bleibt. Anschließend wird das Stahlblechbauteil in einem Entnahmeschritt aus dem geöffneten Umformwerkzeug entnommen, und zwar bei einer Entnahmetemperatur oberhalb der Martensit-Finish-Temperatur, und zu einer Erwärmungseinrichtung transferiert, wobei eine Abkühlung des Stahlblechbauteils auf weniger als 200°C vermieden wird. Hierdurch kann sich der Restaustenit besonders gut stabilisieren. In der Erwärmungseinrichtung erfolgt eine Anlassbehandlung, bei der der Restaustenit in dem Stahlblechbauteil stabilisiert wird und auch nach einer weiteren Abkühlung des Stahlblechbauteils auf Raumtemperatur in dem das Stahlblechbauteil-Gefüge erhalten bleibt. Durch den Restaustenit reduziert sich die Spannung zwischen den Martensitnadeln und wird bewirkt, dass das Gefüge bei hohen Festigkeiten gleichzeitig eine gegenüber dem Martensit wesentlich gesteigerte Bruchdehnung bzw. Duktilität aufweist.

[0004] Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein Verfahren zur Herstellung eines warmumgeformten und pressgehärteten Stahlblechbauteils bereitzustellen, bei dem die Duktilität von Stahlblechbauteilen bei höheren Festigkeiten Rm größer als 1500 MPa gesteigert wird, und zwar im Vergleich zum obigen Stand der Technik bei einer reduzierten Prozessdauer sowie bei reduziertem Werkzeugeinsatz.

[0005] Die Aufgabe ist durch die Merkmale des Patentanspruches 1 gelöst. Bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen offenbart.

[0006] Gemäß dem kennzeichnenden Teil des Patentanspruches 1 wird das Stahlblechbauteil im Presshärteschritt bei geschlossenem Umformwerkzeug bis auf eine Entnahmetemperatur abgekühlt, die in einem Temperaturbereich nahe der werkstoffspezifischen Martensit-Finish-Temperatur Mf liegt, und zwar insbesondere in einem Temperaturbereich der Martensit-Finish-Temperatur Mf +/- 10%. Ein solcher Temperaturbereich ist im Hinblick auf einen nachteiligen Stahlblechbauteil-Verzug nach dem Presshärteschritt unkritisch.

[0007] Die Streckgrenze bzw. eine 0,2-%-Dehngrenze oder Elastizitätsgrenze des Stahlblechbauteils kann bei >1100MPa liegen, vorzugsweise 1250MPa bis 1950MPa.

[0008] Besonders bevorzugt ist eine Prozessführung, bei der die Entnahmetemperatur des Stahlblechbauteils um einen Temperaturversatz unterhalb der werkstoffspezifischen Martensit-Finish-Temperatur liegt. Im Entnahmeschritt wird daher das Stahlblechbauteil mit der Entnahmetemperatur unterhalb der Martensit-Finish-Temperatur entnommen. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass bei der Stahlblechbauteil-Entnahme die Martensitbildung abgeschlossen ist, wodurch sich das Bauteil im weiteren Prozessverlauf nicht mehr aufgrund von Eigenspannungen verzieht, die ansonsten bei einer weiteren Umwandlung von Austenit zu Martensit erfolgen könnte.
Ein rein martensitisches Gefüge in dem Stahlblechbauteil führt zu einer hohen Stahlblechbauteil-Festigkeit, jedoch gleichzeitig zu einer Erhöhung der Sprödigkeit, so dass je nach Kohlenstoffgehalt nur eine geringfügige Verformung mit Bruchdehnungen üblicherweise kleiner als 7% ermöglicht ist. Die Bruchdehnung eines Stahlblechbauteils kann dagegen gesteigert werden, wenn im martensitischen Gefüge des Stahlblechbauteils ein Anteil von Restaustenit verbleibt, wie es auch aus der DE 10 2013 010 946 B3 hervorgeht. Dies erfolgt durch eine unvollständige Umwandung von Austenit in Martensit, so dass Restaustenit in dem fertiggestellten Stahlblechbauteil erhalten bleibt.

[0009] Eine solche unvollständige Umwandung von Austenit zu Martensit wird erfindungsgemäß durch einen speziellen zeitlichen Verlauf der Abkühlung im Presshärteschritt bewerkstelligt. Bevorzugt kann der zeitliche Verlauf der Abkühlung einer Abkühlkurve folgen, bei der die Stahlblechbauteil-Temperatur von einem Schließzeitpunkt, zu dem das Umformwerkzeug geschlossen wird, bis zu einem Übergangszeitpunkt mit einer großen ersten Abkühlrate reduziert wird, insbesondere größer als 27°C/s, und bei der im weiteren Zeitverlauf nach dem Übergangszeitpunkt mit einer stark reduzierten zweiten Übergangs-Abkühlrate weiter abgekühlt wird, bis sich eine flache Abkühlgerade G mit einer Steigung, d.h. mit einer dritten Abkühlrate, einstellt. Die dritte Abkühlrate kann exemplarisch bei 15°C/s bis 3°C/s liegen. Dabei ist es im Hinblick auf die Gefügezusammensetzung bevorzugt, wenn die Stahlblechbauteil-Temperatur zum Übergangszeitpunkt (bzw. zu Beginn der Abkühlgerade G) um einen Temperaturversatz oberhalb der Martensit-Finish-Temperatur, jedoch unterhalb der werkstoffspezifischen Martensit-Start-Temperatur liegt, bei der eine Umwandlung von Austenit zu Martensit beginnt. Bei einer solchen Abkühlkurve wird einerseits gewährleistet, dass der Austenit nahezu vollständig in Martensit umgewandelt wird. Andererseits wird aufgrund der nach dem Übergangszeitpunkt stark reduzierten Abkühlrate eine langsame Abkühlung erzielt, mittels der die Bildung von Restaustenit unterstützt wird.

[0010] Im Hinblick auf eine prozesstechnisch einfache Auslegung der oben beschriebenen Abkühlkurve ist es bevorzugt, wenn das Umformwerkzeug eine Heizeinrichtung aufweist, mit der die, dem Stahlblechbauteil zugewandte Werkzeugfläche aufheizbar oder temperierbar ist. In diesem Fall kann das Umformwerkzeug beim Presshärteschritt insbesondere auf eine Werkzeugtemperatur im Bereich von 100°C bis 250°C aufgeheizt werden, wodurch sich die Abkühlkurve im Presshärteschritt einfach einstellen lässt. Im weiteren Prozessverlauf nach der Entnahme aus dem Umformwerkzeug kann der Abkühlvorgang unterbrechungsfrei und kontinuierlich fortgesetzt werden, und zwar besonders bevorzugt mit einer vierten Abkühlrate, die der dritten Abkühlrate entspricht oder kleiner als diese ausgelegt ist, das heißt zum Beispiel bei 1°C/s bis 5°C/s liegt. Diese vierte Abkühlphase stellt somit ein Anlassen des Bauteils dar, um die Sprödigkeit weiter zu reduzieren.
Zur Fortsetzung des Abkühlvorgangs kann das Stahlblechbauteil nach dem Presshärteschritt in eine Ablagestation transferiert werden, in der der Abkühlvorgang durch Luftkühlung mit Umgebungsluft fortgesetzt wird.

[0011] Das obige Verfahren ist insbesondere auf ein Stahlfeinblechbauteil mit einer Blechdicke von beispielhaft 1,5 mm anwendbar, die einen Kohlenstoffgehalt C von größer als 0,25 Gew% aufweist, insbesondere >0,27Gew.% bis 0,40Gew. %. Zudem kann das Stahlfeinblech Legierungsbestandteile enthalten, die zu einer Austenitstabilisierung beitragen und dadurch zu einem Bauteilgefüge führen, in dem neben dem Martensit auch Restaustenit enthalten ist.

[0012] Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der Figuren beschrieben.

[0013] Es zeigen:
Figur 1
eine Anlagenskizze, anhand der die in der Figur 2 angedeutete Prozessabfolge zur Herstellung eines warmumgeformten und pressgehärteten Stahlblechbauteils veranschaulicht ist;
Figur 2
in einem Blockschaltdiagramm die Prozessabfolge zur Herstellung des Stahlblechbauteils; und
Figur 3
ein Diagramm, dass den zeitlichen Verlauf der Stahlblechbauteil-Temperatur beim Einlegen in das Umformwerkzeug und beim anschließenden Presshärten zeigt.


[0014] In der Figur 1 ist grob schematisch eine Anlage skizziert, anhand der zunächst die grundsätzliche Prozessabfolge zur Herstellung eines warmumgeformten und pressgehärteten Stahlblechbauteil erläutert ist. Die Anlage weist beispielhaft einen Durchlaufofen 1, ein Umformwerkzeug 3 zur Warmumformung und Presshärtung von Stahlblechbauteilen sowie eine Ablagestation 5 auf, in der die Stahlblechbauteile gelagert werden. Zunächst wird ein Stahlfeinblech 6 aus einem härtbaren Stahl in den Durchlaufofen 1 transferiert und dort über die werkstoffspezifische Austenitisierungstemperatur Ac3 des eingesetzten Stahls erwärmt, die beispielhaft bei 930°C liegen kann. Das so erwärmte Stahlfeinblech 6 wird im Heißzustand in das Umformwerkzeug 3 transferiert und dort in einem Presshärteschritt warmumgeformt zu einem Stahlblechbauteil 7 und zugleich abgeschreckt. Die bei der Warmumformung hohe Stahlblechbauteil-Temperatur gewährleistet ein herausragendes Umformverhalten. In der Figur 1 weist das Umformwerkzeug 3 zudem eine nur angedeutete Heizeinheit 9 auf, deren Wirkungsweise später beschrieben ist.

[0015] Nachfolgend wird der Prozessverlauf während des Einlegeschritts, des Presshärteschritts und des Entnahmeschritts anhand dem Temperatur-Zeit-Diagramm der Figur 3 näher erläutert, in dem mit durchgezogenen Linien die zeitlichen Verläufe der Stahlblechbauteil-Temperatur und der Umformwerkzeug-Temperatur dargestellt sind. Außerdem ist anhand einer gepunkteten Linie ein Öffnungszustand und ein Schließzustand des Umformwerkzeugs 3 angedeutet. Demzufolge wird das Umformwerkzeug 3 in einer Werkzeugschließphase Δtzu geschlossen, die zum Beispiel 2 bis 5 s betragen kann und das Umformwerkzeug 3 während des Presshärteschritts in einer Werkzeughaltephase ΔtH geschlossen gehalten. Die Werkzeughaltephase ΔtH beträgt in der Figur 3 beispielhaft ca. 8s. Alternativ dazu kann die Werkzeughaltephase ΔtH bei zum Beispiel 15s liegen. Die Werkzeughaltephase ΔtH kann generell von beliebiger Zeitdauer sein und insbesondere in einem Bereich von 2 bis 30s liegen. Anschließend wird das Umformwerkzeug 3 in einer Werkzeugöffnungsphase Δtauf geöffnet, die 2 bis 5 s betragen kann.

[0016] Mit Bezug auf die Figur 3 wird nach der Wärmebehandlung im Ofen 1 das Stahlfeinblech 6 zu einem Einlegezeitpunkt t1 sowie einer Einlegetemperatur ϑ1 (liegt in diesem Beispiel in etwa bei 930°C) in das geöffnete Umformwerkzeug 3 eingelegt. Anschließend erfolgt die Werkzeugschließphase Δtzu, die bei einem Schließzeitpunkt t2 abgeschlossen ist. Im weiteren Prozessverlauf erfolgt in der Werkzeughaltephase Δth der Presshärteschritt, d.h. die Warmumformung mit gleichzeitiger Abkühlung. Nach erfolgtem Presshärteschritt wird in einer Werkzeugöffnungsphase Δtauf das Umformwerkzeug 3 geöffnet und zu einem Entnahmezeitpunkt t4 das Stahlblechbauteil 7 entnommen und zu der Ablagestation 5 transferiert. Die obige Prozessfolge ist gängige Praxis bei der Warmumformung. Der Kern der Erfindung liegt in der nachfolgend beschriebenen Auslegung des zeitlichen Verlaufes der Stahlblechbauteil-Abkühlung, die dem Umformvorgang zeitlich überlagert ist:

So ist in der Figur 3 der Presshärteschritt so ausgelegt, dass der zeitliche Verlauf der Abkühlung einer Abkühlkurve folgt, bei der die Stahlblechbauteil-Temperatur vom Schließzeitpunkt t2 bis zu einem Übergangszeitpunkt t3 mit einer extrem großen ersten Abkühlrate a1 reduziert wird, die größer als 27°C/s ist. Im weiteren Zeitverlauf nach dem Übergangszeitpunkt t3 wird mit einer stark reduzierten zweiten Abkühlrate a2 weiter gekühlt, bis sich eine flache Abkühlgerade G mit einer dritten Abkühlrate a3 einstellt. Die dritte Abkühlrate a3 liegt exemplarisch bei insbesondere kleiner als 15°C/s bis 3°C/s. Wie aus der Fig. 3 hervorgeht, liegt die Stahlblechbauteil-Temperatur zu Beginn der Abkühlgeraden G noch oberhalb der Mf-Temperatur. Zum Zeitpunkt t5 schneidet die Abkühlgerade G die Mf-Temperatur, d.h. die Stahlblechbauteil-Temperatur unterschreitet die Mf-Temperatur. Mittels der flachen Abkühlgeraden G wird also die Stahlblechbauteil-Temperatur, die beim Übergangszeitpunkt t3 noch um einen Temperaturversatz Δϑ1 oberhalb der Martensit-Finish-Temperatur Mf liegt, langsam auf eine Entnahmetemperatur ϑ4 reduziert, die um einen Temperaturversatz Δϑ2 unterhalb der Martensit-Finish-Temperatur Mf liegt, die in der Figur 3 in etwa 300°C ist.



[0017] Die in der Figur 3 gezeigte Abkühlkurve wird prozesstechnisch einfach durch eine entsprechende Temperierung des Umformwerkzeuges 3 erzielt. Hierzu wird die Heizeinheit 9 während des Presshärteschritts bevorzugt auf eine Werkzeugtemperatur ϑW im Bereich von 100°C bis 250°C geheizt. Auf diese Weise ist einerseits - trotz erwärmtem Umformwerkzeug 3 - die obige extrem große erste Abkühlrate a1 zu Beginn der Abkühlkurve gewährleistet, und zwar bei gleichzeitigem Anstieg der Werkzeugtemperatur ϑW auf zum Beispiel bis zu 600 °C (an der Oberfläche). Andererseits ist durch die Temperierung des Umformwerkzeugs 3 gewährleistet, dass die Abkühlrate nach dem Übergangszeitpunkt t3 sehr stark verzögert wird. Es ist hervorzuheben, dass in der Figur 3 die Stahlblechbauteil-Temperatur ϑ3 zum Übergangszeitpunkt t3 oberhalb der Martensit-Finish-Temperatur Mf liegt und dass der Übergangszeitpunkt t3 innerhalb der Werkzeughaltephase ΔtH liegt.

[0018] Im weiteren Prozessverlauf nach dem Presshärteschritt wird das Stahlblechbauteil 7 in die Ablagestation 5 transferiert. In der Ablagestation 5 wird der Abkühlungsprozess unterbrechungsfrei und kontinuierlich fortgesetzt, und zwar mit einer vierten Abkühlrate a4, die bei 1°C/s bis 5°C/s liegen kann. Dies wird bevorzugt durch Luftkühlung mit Umgebungsluft erreicht.

Bezugszeichenliste



[0019] 

1 Durchlaufofen

3 Umformwerkzeug

5 Ablagestation

6 Stahlfeinblech

7 Stahlblechbauteil

9 Heizeinheit

t1 Einlegezeitpunkt

t2 Schließzeitpunkt

t3 Übergangszeitpunkt

t4 Entnahmezeitpunkt

t5 Zeitpunkt, zu dem die Stahlblechbauteil-Temperatur die Mf-Temperatur unterschreitet

a1, a2, a3, a4 Abkühlraten

ϑ1 Einlegetemperatur

ϑ2 Schließtemperatur

ϑ3 Übergangstemperatur

ϑ4 Entnahmetemperatur

Δtzu Werkzeugschließphase

ΔtH Werkzeughaltephase

Δtauf Werkzeugöffnungsphase

Δϑ1, Δϑ2 Temperaturversätze

G Abkühlgerade




Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung eines warmumgeformten und pressgehärteten Stahlblechbauteils (7) aus härtbarem Stahl mit einer Zugfestigkeit (Rm) größer als 1500 MPa, vorzugsweise >1650 bis 2250 MPa, in welchem Verfahren das Stahlfeinblech (6) in einem Wärmebehandlungsschritt auf über die werkstoffspezifische Austenitisierungstemperatur Ac3 wärmebehandelt wird, in einem daran anschließenden Einlegeschritt das Stahlfeinblech (6) mit einer Einlegetemperatur (ϑ1) in ein Umformwerkzeug (3) eingelegt wird, in einem Presshärteschritt das Stahlblechbauteil (7) warmumgeformt und zugleich bis auf eine Entnahmetemperatur (ϑ4) abgekühlt wird, und in einem Entnahmeschritt das Stahlblechbauteil (7) mit der Entnahmetemperatur (ϑ4) aus dem geöffneten Umformwerkzeug (3) entnommen wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Stahlblechbauteil (7) im Presshärteschritt bei geschlossenem Umformwerkzeug (3) bis auf eine Entnahmetemperatur (ϑ4) abgekühlt wird, die in einem Temperaturbereich nahe der werkstoffspezifischen Martensit-Finish-Temperatur Mf liegt, bei der eine Umwandlung von Austenit zu Martensit zum größten Teil abgeschlossen ist, insbesondere in einem Temperaturbereich der Martensit-Finish-Temperatur Mf von +/- 10%.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Entnahmetemperatur (ϑ4) um einen Temperaturversatz (Δϑ2) unterhalb der Martensit-Finish-Temperatur Mf liegt, und dass im Entnahmeschritt das Stahlblechbauteil (7) mit der Entnahmetemperatur (ϑ4) unterhalb der Martensit-Finish-Temperatur Mf entnommen wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Presshärteschritt mit einem Schließzeitpunkt (t2) beginnt, zu dem das Umformwerkzeug (3) geschlossen wird, und dass der Presshärteschritt so ausgelegt ist, dass der zeitliche Verlauf der Abkühlung einer Abkühlkurve folgt, bei der die Stahlblechbauteil-Temperatur vom Schließzeitpunkt (t2) bis zu einem Übergangszeitpunkt (t3) mit einer großen ersten Abkühlrate (a1) reduziert wird, insbesondere größer als 27°C/s, und bei der im weiteren Zeitverlauf nach dem Übergangszeitpunkt (t3) mit einer stark reduzierten zweiten Übergangs-Abkühlrate (a2) weiter gekühlt wird, bis sich eine flache Abkühlgerade (G) mit einer dritten Abkühlrate (a3) einstellt, die insbesondere bei 15°C/s bis 3°C/s liegt.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Stahlblechbauteil-Temperatur zum Übergangszeitpunkt (t3), insbesondere zu Beginn der Abkühlgeraden (G), um einen Temperaturversatz (Δϑ1) oberhalb der Martensit-Finish-Temperatur Mf, jedoch unterhalb der werkstoffspezifischen Martensit-Start-Temperatur Ms liegt, bei der eine Umwandlung von Austenit zu Martensit beginnt.
 
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Umformwerkzeug (3) eine Heizeinheit (9) aufweist, mit der die, dem Stahlblechbauteil (7) zugewandte Werkzeugfläche aufheizbar oder temperierbar ist, und dass insbesondere das Umformwerkzeug (3) beim Presshärteschritt aufgeheizt ist, und zwar auf eine Werkzeugtemperatur (ϑW) unterhalb der Martensit-Finish-Temperatur Mf, insbesondere in einem Bereich von 100°C bis 250°C, wodurch die Abkühlkurve im Presshärteschritt einstellbar ist.
 
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass im weiteren Prozessverlauf nach dem Entnahmeschritt (t4) der Abkühlvorgang unterbrechungsfrei und kontinuierlich fortgesetzt wird, und zwar insbesondere mit einer vierten Abkühlrate (a4), die im Vergleich zur dritten Abkühlrate (a3) weiter reduziert ist, insbesondere auf 1°C/s bis 5°C/s.
 
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass im weiteren Prozessverlauf nach dem Entnahmeschritt (t4) das Stahlblechbauteil (7) in eine Ablagestation (5) transferiert wird, in der der Abkühlvorgang durch Luftkühlung mit Umgebungsluft fortgesetzt wird.
 
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren auf eine Stahlfeinblechbauteil (7) anwendbar ist, die einen Kohlenstoffgehalt C von größer als 0,25 Gew% aufweist, bevorzugt zwischen C>0,27 bis 0,40 Gew%, und dass bevorzugt Legierungsbestandteile enthalten sind, die zu einer Austenitstabilisierung beitragen und dadurch ein Bauteil-Gefüge ergeben, in dem Restaustenit neben Martensit enthalten ist, zum Beispiel Si>0,5Gew%.
 
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Streckgrenze bzw. eine 0,2-%-Dehngrenze oder Elastizitätsgrenze (Rp) größer 1100MPa ist, vorzugsweise 1250MPa bis 1950MPa.
 




Zeichnung













Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente