(19)
(11) EP 3 366 442 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.08.2018  Patentblatt  2018/35

(21) Anmeldenummer: 18162407.3

(22) Anmeldetag:  26.02.2014
(27) Früher eingereichte Anmeldung:
 26.02.2014 EP 14053743
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B27N 3/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR

(30) Priorität: 27.02.2013 DE 102013101937

(62) Anmeldenummer der früheren Anmeldung nach Art. 76 EPÜ:
14706639.3 / 2961580

(71) Anmelder: Georg-August-Universität Göttingen
37073 Göttingen (DE)

(72) Erfinder:
  • Dr. KHARAZIPOUR, Alireza
    37079 Göttingen (DE)
  • KRAFT, Redelf
    37075 Göttingen (DE)

(74) Vertreter: Michalski Hüttermann & Partner Patentanwälte mbB 
Speditionstraße 21
40221 Düsseldorf
40221 Düsseldorf (DE)

 
Bemerkungen:
Diese Anmeldung ist am 16-03-2018 als Teilanmeldung zu der unter INID-Code 62 erwähnten Anmeldung eingereicht worden.
 


(54) HOLZ- UND VERBUNDWERKSTOFFPLATTE SOWIE VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG


(57) Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine Holz- und Verbundwerkstoffplatte mit einer Zwischenschicht aus Popcorn sowie zwei Deckschichten mit einem hohen Elastizitätsmodul. Die entstehende Platte zeichnet sich durch eine sehr hohe Biegefestigkeit aus.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf das Gebiet der Holz- und/oder Verbundwerkstoffe, insbesondere der Spanplatten und Faserplatten, Dämmstoffplatten, Werkstoffplatten sowie Verbundwerkstoffe, welche Lignocellulose und Popcorn enthalten.

[0002] Holz und/oder Verbundwerkstoffe, insbesondere Span- oder Faserplatten sind seit nunmehr mehr als hundert Jahren als Alternative für Massivholz in der Möbelindustrie, Baugewerbe etc. bekannt. Für die Güte von Holz und/oder Verbundwerkstoffen spielen dabei mehrere Faktoren, darunter insbesondere die Rohdichte, die Querzugsfestigkeit und die Dickenquellung eine Rolle, besonders aber bei vielen Anwendungen die Biegefestigkeit.

[0003] In der WO 2008/040747 werden Holz- und Verbundwerkstoffe, welche Popcorn enthalten, offenbart. Diese haben den Vorteil einer geringen Rohdichte. Es stellt sich jedoch die Aufgabe, die dort offenbarten Holz und/oder Verbundwerkstoff weiter zu verbessern.

[0004] Dies wird durch eine Holz und/oder Verbundwerkstoffplatte gemäß der vorliegenden Erfindung gelöst. Demgemäß wird eine Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte vorgeschlagen, umfassend eine obere und eine untere Deckschicht sowie eine Zwischenschicht, wobei
  • die Zwischenschicht Popcorn enthält und
  • die obere und die untere Deckschicht aus Materialien bestehen, die ein Elastizitätsmodul (E-Modul) von ≥ 1 kN/mm2 bis ≤ 70 kN/mm2 aufweisen.


[0005] Überraschend hat sich herausgestellt, dass so die Eigenschaften der entstehenden Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte, insbesondere die Biegefestigkeit und Biege-E-Modul im Vergleich zur WO 2008/040747 stark erhöht werden können.

[0006] Unter der Bezeichnung "Holz- und/oder Verbundwerkstoff" werden insbesondere Materialien verstanden, die hauptsächlich aus mechanisch oder thermomechanisch, chemothermomechanisch zerkleinertem lignocellulosehaltigen Material oder Popcorn bestehen, die nach der Beleimung mit einem synthetischen oder naturnahen Bindemittel geformt und unter Temperatur und Druck zu Holz und/oder Verbundwerkstoffen verpresst werden.

[0007] Es sei darauf hingewiesen, dass die erfindungsgemäße Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte noch mehr als die drei erwähnten Schichten (obere und untere Deckschicht sowie Zwischenschicht) enthalten kann. Üblicherweise und somit gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist es jedoch eine dreischichtige Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte.

[0008] Die einzelnen Schichten der erfindungsgemäßen Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte werden im Einzelnen noch erläutert:

a) Deckschichten



[0009] Die Deckschichten der erfindungsgemäßen Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte haben - wie erwähnt - jeweils ein Elastizitätsmodul (E-Modul) von ≥ 1 kN/mm2 bis ≤ 70 kN/mm2. Bevorzugt beträgt das E-Modul von ≥ 1,5 kN/mm2 bis ≤ 50 kN/mm2, noch bevorzugt ≥ 2 kN/mm2 bis ≤ 40 kN/mm2, sowie am meisten bevorzugt von ≥ 3 kN/mm2 bis ≤ 30 kN/mm2, sowie am meisten bevorzugt von ≥ 5 kN/mm2 bis ≤ 10 kN/mm2. Das E-Modul wird für Holzwerkstoffe dabei nach DIN EN 310 gemessen.

[0010] Bevorzugt haben die untere und/oder obere Deckschicht eine Dichte von ≥ 0,5 g/cm3 bis ≤ 3,0 g/cm3. Dies hat sich in der Praxis bewährt, da so die Stabilität der entstehenden erfindungsgemäßen Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte nochmals erhöht werden kann. Noch bevorzugt haben die untere und/oder obere Deckschicht eine Dichte von ≥ 0,8 g/cm3 bis ≤ 2,5 g/cm3, ferner bevorzugt von ≥ 0,9 g/cm3 bis ≤ 1,5 g/cm3

[0011] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung beträgt der Anteil der Deckschichten von ≥ 1 % bis ≤ 50 % der gesamten erfindungsgemäßen Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte (Gew.% /Gew.%). Dies hat sich als vorteilhaft herausgestellt, da so die Dichte der erfindungsgemäßen Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte weiterhin niedrig bleibt, aber trotzdem die überraschenden Steigerungen der Biegefestigkeit beobachtet werden können. Noch bevorzugt beträgt der Anteil der Deckschichten von ≥ 10 % bis ≤ 30 % der gesamten erfindungsgemäßen Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte (Gew. /Gew.).

[0012] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform bestehen die untere und/obere Deckschicht überwiegend aus einem Material, ausgewählt aus der Gruppe enthaltend Holzspäne oder - fasern, lignocellulosehaltigen Späne und/oder Fasern (wie z. B. von Hanf, Flachs, etc..), oder aus Melaminfolie, HPL (High Pressure Laminate), CPL (Continuous Pressure Laminate), Spanplatte (z.B. Dünn-Spanplatte), Faserplatte (Dünn-HDF), Aluminiumplatte/-blech, Metallplatte/-blech, Blechplatte, Sperrholz, Furnier, Glasfaser, Kohlefaser, Carbonfaser, Ceramic sowie eventuell weitere Additive wie z. B. Hydrophobierungsmittel, Antiflammmittel, Bindemittel und Mischungen all dieser Materialien.

[0013] Der Term "überwiegend" im Sinne der vorliegenden Erfindung bedeutet insbesondere >90 Gew.-%, bevorzugt >95% Gew.-% sowie am meisten bevorzugt >98 Gew.-%.

b) Zwischenschicht



[0014] Die Zwischenschicht enthält - wie beschrieben - Popcorn.

[0015] Der Term "Popcorn" im Sinne der vorliegenden Erfindung umfasst insbesondere alle Materialien, welche wie der Puffmais (Zea mays, convar. Microsperma) - gegebenenfalls nach entsprechender Einfettung bei einer schnellen Erwärmung zu hohen Temperaturen explodieren, indem das in dem Samen vorhandene Wasser schlagartig verdampft und so die im Samen enthaltene Stärke in eine schaumartige Konsistenz überführt. Ein solches Verhalten ist unter anderem von Quinoa-Korn, Amarant, Reis oder auch Weizen bekannt, Materialien, die auf diesen Grundstoffen basieren, werden im Sinne der vorliegenden Erfindung explizit auch als "Popcorn" bezeichnet und umfasst, die Bezeichnung "Popcorn" soll nicht nur auf Mais beschränkt sein und wurde insbesondere aus Gründen der Einfachheit, Übersichtlichkeit und Lesbarkeit gewählt.

[0016] Bevorzugt besteht die Zwischenschicht zu ≥ 60 % (Gew./Gew.), noch bevorzugt ≥ 80% (Gew./Gew.), noch bevorzugt ≥90 % (Gew./Gew.) und ≥95 % (Gew./Gew.) aus Popcorn und ansonsten bevorzugt überwiegend aus Holzspänen und/oder Holzfasern, bevorzugt dabei. lignocellulosehaltige Späne und/oder Fasern (wie z. B. von Hanf, Flachs, etc.) oder Kunststoffe, Thermoplasten, Duroplaste, Kunststofffasern, wie z. B. PP (Polypropylen), PE (Polyethylen), PVAc (Polyvinylacetat) oder PP-, PE-Stützfasern), ggf. unter dem Zusatz von Additive, wie z. B. Hydrophobierungsmittel, Antiflammmittel, Bindemittel, etc.

[0017] Jedoch kann gemäß einer bevorzugten Ausführungsform die Zwischenschicht zu 100 % aus Popcorn bestehen.

[0018] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung weist das Popcorn eine Korngrößenverteilung auf, bei der ≥ 50 % und ≤ 90 % des Popcorns eine Korngröße von ≥ 2 mm und ≤ 10 mm besitzen.

[0019] Dies hat sich für viele Anwendungen innerhalb der vorliegenden Erfindung als vorteilhaft herausgestellt. Popcorn größerer Korngröße lässt sich häufig schlechter zu lignocellulosehaltigen Formkörpern wie Holz- und/oder Verbundwerkstoffen verarbeiten, Popcorn kleinerer Korngröße neigt bei vielen Anwendungen innerhalb der vorliegenden Erfindungen dazu, das bei der Herstellung des Holz- und/oder Verbundwerkstoffes zugegebene Bindemittel bzw. den Leim aufzusaugen, was die Qualität des Holz- und/oder Verbundwerkstoffes verschlechtern kann.

[0020] Besonders bevorzugt weist das Popcorn eine Korngrößenverteilung auf, bei der ≥ 70 % und ≤ 90 % des Popcoms eine Korngröße von ≥ 2 mm und ≤ 10 mm besitzen.

[0021] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung weist das Popcorn eine Korngrößenverteilung auf, bei der ≥ 50 % und ≤ 90 %, besonders bevorzugt ≥ 70 % und ≤ 90 % des Popcorns eine Korngröße von ≥ 4 mm und ≤ 10 mm besitzen.

[0022] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung weist das Popcorn eine Korngrößenverteilung auf, bei der ≥ 50 % und ≤ 80 % des Popcorns eine Korngröße von ≥ 3 mm und ≤ 8 mm besitzen.

[0023] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung weist das Popcorn eine durchschnittliche Korngrößenverteilung von ≥ 3 mm und ≤ 6 mm auf. Dies hat sich für viele Anwendungen innerhalb der vorliegenden Erfindung als günstig herausgestellt.

[0024] Besonders bevorzugt weist das Popcorn eine durchschnittliche Korngrößenverteilung von ≥ 3,5 mm und ≤ 5 mm auf.

[0025] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung beträgt der Fettanteil des Popcorns vor der Verarbeitung ≤ 10 (Gew-) %.

[0026] Unter "Fettanteil" des Popcorns wird dabei nicht der Gesamtanteil an Fett im Popcorn verstanden, sondern der Anteil an Fett, welcher zur Hydrophobierung der Samenepidermis eingesetzt wurde, die zum besseren Einschluss des im Samen enthaltenen Wassers führt.

[0027] Es hat sich bei vielen Anwendungen innerhalb der vorliegenden Erfindung als günstig herausgestellt, diesen Fettanteil so gering wie möglich zu halten, da dies die weitere Verarbeitung des Popcorns erleichtert. Vorzugsweise beträgt der Fettanteil ≤ 5 (Gew-) %, nach einer besonders bevorzugten Ausführungsform wird zur Konsistenzänderung (Umwandlung) (="Puffung") kein Fett zugesetzt. In diesem Fall ist es besonders bevorzugt, dass die Konsistenzänderung (="Puffung") mittels Mikrowellen erfolgt, wie im Folgenden noch ausgeführt werden wird.

[0028] Die vorliegende Erfindung bezieht sich außerdem auf ein Verfahren zur Herstellung einer erfindungsgemäßen Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte, umfassend die Schritte
  1. a) (ggf. getrenntes) Beleimen von Deckschicht- und Zwischenschichtvorläufermaterial
  2. b) Vorlegen des beleimten Deckschicht- und Zwischenschichtvorläufermaterials
  3. c) Verpressen zur erfindungsgemäßen Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte


[0029] Dieses Verfahren hat sich insbesondere für erfindungsgemäße Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatten bewährt, bei denen die Deckschichten Holzfasern und/oder Holzspäne erhalten. Auf diese Weise kann durch einen einzigen Verpressschritt die Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte direkt hergestellt werden.

[0030] Schritt a) kann mittels einfaches Einstreuen von Fasern, Späne und/oder Granulat erfolgen. Dabei wird bei der Zwischenschicht das Popcorn-Granulat bevorzugt entweder nach dem Bichsel-Verfahren (WO 1999042005A1) oder durch Puffung, z. B. nach dem Mikrowellenverfahren, und anschließendes Zerkleinern hergestellt.

[0031] Als Bindemittel sind insbesondere Thermoplasten, Duroplasten, Aminoplasten, Phenoplasten, Isocyanate, Proteine, Tannine, Stärke, synthetische Bindemittel oder naturnahe Bindemittel, oder Mischungen von Bindemitteln, wie z.B. Harnstoffformaldehyd-Harz, Melaminformaldehyd-Harz, Melaminverstärktes Harnstoffformaldehyd-Harz, Taninformaldehyd-Harz, Phenolformaldehyd-harz, Polymeres Diphenylmethandiisocyanat oder Mischungen daraus bevorzugt. Hinzu können ggf. noch Additive, wie z. B. Hydrophobierungsmittel, Antiflammmittel etc., beigefügt werden.

[0032] Schritt c) kann gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung unter Einleiten von Heißluft/Heißdampf erfolgen. Hierzu wird auf die DE 10 2012 101 716.6 verwiesen.

[0033] Alternativ bezieht sich die vorliegende Erfindung außerdem auf ein Verfahren zur Herstellung einer erfindungsgemäßen Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte, umfassend die Schritte
  1. a) Herstellung der Zwischenschicht
  2. b) Verkleben der Zwischenschicht mit den Deckschichten


[0034] In diesem Fall verlaufen somit Verpressschritte ggf. getrennt; für den Fall, dass die Deckschichten z. B. Aluminium enthalten, entfallen hier einsichtigerweise die Verpressschritte für die Deckschichten.

[0035] Bei der Zwischenschicht wird Popcorn-Granulat bevorzugt wie oben beschrieben dargestellt. Als Bindemittel kommen ebenfalls die zuvor beschriebenen Materialien in Frage.

[0036] Die vorgenannten sowie die beanspruchten und in den Ausführungsbeispielen beschriebenen erfindungsgemäß zu verwendenden Bauteile und Komponenten unterliegen in ihrer Größe, Formgestaltung, Materialauswahl und technischen Konzeption keinen besonderen Ausnahmebedingungen, so dass die in dem Anwendungsgebiet bekannten Auswahlkriterien uneingeschränkt Anwendung finden können.

[0037] Weitere Einzelheiten, Merkmale und Vorteile des Gegenstandes der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen sowie aus der nachfolgenden Beschreibung der zugehörigen Beispiele und Zeichnungen, in denen - beispielhaft - mehrere Ausführungsbeispiele erfindungsgemäßer lignocellulosehaltiger Formkörper dargestellt sind. In den Zeichnungen, welche sich auf die Beispiele beziehen, zeigt:
Fig. 1
ein Diagramm einer Korngrößenverteilung eines Popcorngranulates, welches in den erfindungsgemäßen Beispielen eingesetzt wurde.

I. Herstellung von Popcorngranulat



[0038] Ausgangsmaterial für die folgenden Werkstoffbeispiele ist Kornmais; alternativ können jedoch ebenso andere stärkehaltige Körner verwendet werden. Zur Herstellung eines plattentauglichen Granulats mit geringer Schüttdichte werden Futtermaiskörner zunächst geschrotet und die Kornbruchstücke anschließend unter Druck- und Temperatureinwirkung nach dem Bichselverfahren (WO 1999042005A1) einem definierten Prozess expandiert. Das auf diese Weise entstandene Popcorngranulat wird nun fraktioniert, so dass ein Granulat mit Korngrößen von 0,5 mm bis zu 8 mm und einer Schüttdichte von ca. 30 kg/m3 bis 70 kg/m3 vorliegt. Alternativ können stärkehaltige Körner mit Hilfe einer Mikrowellenanlage oder nach weiteren gängigen Verfahren expandiert werden.

[0039] Um ein zum oben erwähnten Verfahren vergleichbares Granulat zu erhalten wird das expandierte Korn in weiteren Arbeitsschritten zerkleinert und fraktioniert. Fig. 1 zeigt eine Korngrößenverteilung wie sie sich zur Herstellung von Verbundmaterialien auf Basis von expandierten Maiskörnern eignet und wie sie in den folgenden Beispielen verwendet wurde.

II. Herstellung der Zwischenschicht



[0040] Zur Herstellung der Zwischenschicht (Rohdichte von 200 kg/m3 und 300 kg/m3) wurde folgendes Verfahren verwendet

[0041] Neben dem Popcorngranulat wurde eine Bindemittelflotte auf der Basis von Harnstoffformaldehydharz (UF-Harz) verwendet, wie diese üblicherweise zur industriellen Produktion von Holzwerkstoffen eingesetzt wird. Neben dem eigentlichem UF-Harz (z. B. KAURIT® 350 der BASF AG) enthält diese Bindemittelflotte Ammoniumsulfatlösung (40%-ig) und fallweise Hydrophobierungsmittel (HYDROWAX 138® der Firma SASOL GmbH). Die Leimflotte der im folgenden beschriebenen Werkstoffplatten bestand aus Popcorngranulat, 8,0 % UF-Festharz bezogen auf atro Popcorngranulat, 1 % Ammoniumsulfat-Lösung (Härter) bezogen auf atro Festharz.

[0042] Als alternative Bindemittel sind auch andere duroplastisch aushärtende Bindemittelflotten auf der Basis von Melaminformaldehydharz (MUF-Harz), Phenolformaldehydharz (PF-Harz) und daraus hergestellte Mischharzsysteme, naturnahe Bindemittelsysteme auf Basis von Tanninen oder Proteinen sowie Isocyanate wie z. B. PMDI verwendbar. Zum Pressen des beleimten Popcorngranulatkuchens wurden zwei unterschiedliche Verfahren verwendet:
  1. a) Der beleimte Popcorngranulatkuchen wird unter Temperatureinwirkung zwischen 120°C bis 200°C mit einem Presszeitfaktor von 12 s/mm in einer Heißpresse unter konduktiver Wärmeübertragung gepresst.
  2. b) Der Popcorngranulatkuchen wird kalt auf die gewünschten Enddimensionen verpresst. Die Aushärtung des Bindemittels erfolgt anschließend, indem Heißluft/Heißdampf durch den gepressten Granulatkuchen geleitet wird. Bei dieser Verfahrenstechnik ist neben Duroplasten auch die Verwendung von thermoplastischen Bindemitteln, wie z.B. PVAC oder PP bzw. PE Stützfasern möglich. Dieses Verfahren eignet sich vor allem für Plattenrohdichten unterhalb von 200 kg/m3, da gewährleistet sein muss, dass sich der kalt vorgepresste Granulatkuchen mit Heißdampf/Heißluft durchströmen lässt.

Verfahren a)



[0043] Die nach dem unter Punkt a) unter Verwendung einer Heißpresse hergestellten Werkstoffplatten mit einer Plattendichte zwischen 130 kg/m3 und 300 kg/m3 wurden hinsichtlich ihrer Querzugfestigkeit und Wärmeleitfähigkeit untersucht. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 und 2 zusammengestellt.
Tab. 1: Einige physikalisch-technologische Eigenschaften von mit einer Heißpresse hergestellten, mit UF-Harz (8,0 % bez. atro) gebundenen Popcornverbundwerkstoffplatten mit einer Dicke von 20 mm
Rohdichte [kg/m3] Querzugfestigkeit [N/mm2] Wärmeleitfähigkeit [W/(m*K]
133 0,13 0,041
156 0,19 0,043
177 0,19 0,045
190 0,21 0,046
206 0,22 0,047
253 0,28 0,051
300 0,33 0,054
Tab. 2: Einige physikalisch-technologische Eigenschaften von mit unterschiedlichen Bindemitteln gebundenen Popcornverbundwerkstoffplatten mit Dicken von jeweils 20 mm und einer Plattendichte von 300 kg/m3
Variante Querzugfestigkeit [N/mm2] Wärmeleitfähigkeit [W/(m*K]
UF-Harz (8,0 %) 0,33 0,054
PMDI (4,0 %) 0,22 0,053
12 % Weizenprotein 0,16 0,054
PVAC (10,0 %) 0,20 0,056
Tanninharz (8,0 %) 0,24 0,053

Verfahren b)



[0044] Die nach dem unter Punkt b) unter Verwendung einer Heißluft/Heißdampfpresse hergestellten Werkstoffplatten mit einer Plattendichte zwischen 80 kg/m3 und 200 kg/m3 wurden hinsichtlich ihrer Querzugfestigkeit und Wärmeleitfähigkeit untersucht. Die Ergebnisse sind in Tabelle 3 und 4 zusammengestellt.
Tab. 3: Einige physikalisch-technologische Eigenschaften von mit einer Heißdampf/Heißluftpresse hergestellten, mit UF-Harz (8,0 %) gebundenen Popcornverbundwerkstoffplatten mit einer Dicke von 20 mm
Rohdichte [kg/m3] Querzugfestigkeit [N/mm2] Wärmeleitfähig-keit [W/(m*K]
84 0,06 0,038
109 0,09 0,039
133 0,13 0,041
156 0,18 0,043
177 0,20 0,044
190 0,22 0,046
206 0,23 0,047
Tab. 4: Einige physikalisch-technologische Eigenschaften von mit unterschiedlichen Bindemitteln gebundenen Popcornverbundwerkstoffplatten mit Dicken von jeweils 20 mm und einer Plattendichte von 180 kg/m3
Variante Querzugfestigkeit [N/mm2] Wärmeleitfähigkeit [W/(m*K]
UF-Harz (8,0 %) 0,21 0,044
PMDI (4,0 %) 0,17 0,043
12 % Weizenprotein 0,13 0,045
PVAC (10,0 %) 0,13 0,044
Tanninharz (8,0 %) 0,24 0,053
PP-Stützfasern 0,11 0,043
PE-Stützfasern 0,10 0,043


[0045] Von allen Platten unter Beispiel II wurden die Biegefestigkeiten nach DIN EN 310 gemessen; sämtliche hergestellten Werkstoffplatten weisen durchweg eine geringe Biegefestigkeit von ca. 1,0 bis 2,5 N/mm2 auf, so dass Anwendungen mit tragenden Funktionen ausgeschlossen sind.

III. Herstellung der erfindungsgemäßen Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatten



[0046] Die erfindungsgemäßen Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatten wurden nun ausgehend von den unter II. dargestellten Zwischenschichten hergestellt, jeweils mit einem Gewichtsanteil von 2 x 20 % für die Deckschichten und 60 % für die Zwischenschicht.

a) Herstellung im einstufigen Verfahren



[0047] In diesem Verfahren wurde das Deck- bzw. Zwischenschichtmaterial getrennt voneinander beleimt. Hierzu kommen alle oben erwähnten Bindemittel in Frage, in der Folge (Tab. 5) wird beispielhaft UF-Harz als Bindemittel verwendet.
Tab. 5 Beleimungsparameter, von dreischichtigen Werkstoffplatten aus expandiertem Getreide (Kernlage) und Holzspänen oder Holzfasern in den Decklagen
Komponente Parameter Deckschicht (2 x 20 %) Zwischenschicht (60 %)
Bindemittel Typ, Hersteller Kaurit® 350, BASF
  Feststoffgehalt [%] ca. 68
  Menge bez. auf atro Span [%] 14,0 8,0
Härtungsbeschleuniger Typ (NH4)2SO4
  Konzentration [%] ca. 40
  Menge bez. auf atro Festharz [%] 0,5 2,0
Späne/Span-Rindengemisch Feuchtegehalt, beleimt [%] 10 (± 1) 8 (± 1)


[0048] Aus dem beleimten Material wird in der Reihenfolge Deckschicht, Zwischenschicht, Deckschicht, ein Materialkuchen gestreut und vorverdichtet. Das Aushärten des Bindemittels erfolgt schließlich in einer Heißpresse bei Temperaturen von 120°C bis 200°C und einem Presszeitfaktor von 6 mm/s bis 12 mm/s. Der Materialkuchen wurde unter Verwendung von Distanzleisten zu Werkstoffplatten mit einer Dicke von 20 mm gepresst.

[0049] Die ermittelten Festigkeiten der so hergestellten Platten (Tab. 6) zeigen, dass sich die geringe Biegefestigkeit der Werkstoffplatten aus Popcorn durch das Aufbringen einer Deckschicht aus Holzfasern/-späne deutlich erhöhen lässt, so dass sich z.B. mit Deckschichten aus Holzfasern eine Biegefestigkeit von ca. 16 N/mm2 erreichen lässt, was die Anforderungen an Spanplatten für den Möbelbau von 11,0 N/mm2 nach EN 312 deutlich übertrifft.
Tab. 6: Einige mechanisch-technologische Eigenschaften von 20 mm dicken Sandwichplatten aus expandiertem Mais (Zwischenschicht) und Holzfasern/Holzspänen (Deckschichten)
Variante Rohdichte [kg/m3] Querzugfestigkeit [N/mm2] Biegefestigkeit [N/mm2] E-Modul [KN/mm2] der Deckschicht
ZS: Popcorngranulat ca. 420 0,22 11,0 1,57
DS: Holzspäne        
ZS: Popcorngranulat ca. 440 0,33 15,8 1,91
DS: Holzfasern        


[0050] Man sieht somit die erstaunlich erhöhte Biegefestigkeit aller erfindungsgemäßer Platten.

b) Herstellung im zweistufigen Verfahren



[0051] Zur Herstellung von biegebelastbaren Werkstoffplatten aus Popcorngranulat im zweistufigen Verfahren werden die unter Bsp. 1 hergestellten Platten nach ihrer Herstellung und Konditionierung zunächst bei einer Temperatur von 20°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 65 % unter Verwendung eines geeigneten Bindemittels (Epoxid-Harz, PUR etc.) mit Decklagen aus unterschiedlichen Materialien beleimt. Es ergibt sich auf diese Weise eine Sandwichstruktur, die in Abhängigkeit von den verwendeten Decklagen unterschiedliche Eigenschaften aufweist. Als Decklagen kommen z. B. Dünnspanlatten bzw. Dünn-HDF, Sperrholz, HPL oder Metallbleche in Frage. In der folgenden Tabelle 7 sind einige mechanisch-technologische Eigenschaften für Sandwichplatten mit einer Kernlage aus expandiertem Mais und unterschiedlichen Decklagen aufgeführt:
Tab. 7 Mechanisch-technologische Eigenschaften von Sandwichplatten mit einer Kernlage aus expandiertem Getreide und unterschiedlichen Deckschichten
Beschichtung Zwischenlage (Popcornverbund) Erfindungsgemäße Platte (gesamte Struktur)
  Rohdichte [kg/m3] Querzugfestigkeit [N/mm2] Rohdichte [kg/m3] Biegefestigkeit [N/mm2] E-Modul der Deckschicht [KN/mm2]
Buchensperrholz 300 0,25 440 17,51 3,13
Pappelsperrholz 300 0,27 371 15,94 2,02
Dünn-HDF 300 0,28 431 13,22 1,74
Dünn-Spanplatten 300 0,29 416 11,0 1,51
HPL 300 0,27 364 12,65 1,86
Alu 0,5 300 0,29 407 12,50 4,70
Alu 0,8 300 0,29 455 19,93 6,13


[0052] Man sieht somit die erstaunlich erhöhte Biegefestigkeit aller erfindungsgemäßer Platten.

[0053] Die einzelnen Kombinationen der Bestandteile und der Merkmale von den bereits erwähnten Ausführungen sind exemplarisch; der Austausch und die Substitution dieser Lehren mit anderen Lehren, die in dieser Druckschrift enthalten sind mit den zitierten Druckschriften werden ebenfalls ausdrücklich erwogen. Der Fachmann erkennt, dass Variationen, Modifikationen und andere Ausführungen, die hier beschrieben werden, ebenfalls auftreten können ohne von dem Erfindungsgedanken und dem Umfang der Erfindung abzuweichen.

[0054] Entsprechend ist die obengenannte Beschreibung beispielhaft und nicht als beschränkend anzusehen. Das in den Ansprüchen verwendete Wort "umfassen" schließt nicht andere Bestandteile oder Schritte aus. Der unbestimmte Artikel "ein" schließt nicht die Bedeutung eines Plurals aus. Die bloße Tatsache, dass bestimmte Maße in gegenseitig verschiedenen Ansprüchen rezitiert werden, verdeutlicht nicht, dass eine Kombination von diesen Maßen nicht zum Vorteil benutzt werde kann. Der Umfang der Erfindung ist in den folgenden Ansprüchen definiert und den dazugehörigen Äquivalenten.


Ansprüche

1. Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte umfassend eine obere und eine untere Deckschicht sowie eine Zwischenschicht, wobei

- die Zwischenschicht Popcorn enthält und

- die obere und die untere Deckschicht ein Elastizitätsmodul (E-Modul) von ≥ 1 kN/mm2 bis ≤ 70 kN/mm2 aufweist.


 
2. Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte nach Anspruch 1, wobei die untere und/oder obere Deckschicht eine Dichte von ≥ 0,5 g/cm3 bis ≤ 3,0 g/cm3 aufweisen.
 
3. Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Anteil der Deckschichten von ≥ 1 % bis ≤50% der gesamten erfindungsgemäßen Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte (Gew./Gew.) beträgt.
 
4. Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei die Zwischenschicht zu ≥60 % (Gew./Gew.) aus Popcorn besteht.
 
5. Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei das Popcorn eine Korngrößenverteilung aufweist, bei der ≥ 50 % und ≤ 90 % des Popcorns eine Korngröße von ≥ 2 mm und ≤ 10 mm besitzen.
 
6. Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei die untere und/obere Deckschicht überwiegend aus einem Material, ausgewählt aus der Gruppe enthaltend Holzspäne oder - fasern, lignocellulosehaltigen Späne und/oder Fasern (wie z. B. von Hanf, Flachs, etc..), oder aus Melaminfolie, HPL (High Pressure Laminate), CPL (Continuous Pressure Laminate), Spanplatte (z.B. Dünn-Spanplatte), Faserplatte (Dünn-HDF), Aluminiumplatte/-blech, Metallplatte/-blech, Blechplatte, Sperrholz, Furnier, Glasfaser, Kohlefaser, Carbonfaser, Ceramic sowie eventuell weitere Additive wie z. B. Hydrophobierungsmittel, Antiflammmittel, Bindemittel und Mischungen all dieser Materialien bestehen
 
7. Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei das Popcorn der Zwischenschicht eine Korngrößenverteilung aufweist, bei der ≥ 50 % und ≤ 90 % des Popcorns eine Korngröße von ≥ 2 mm und ≤ 10 mm besitzen
 
8. Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte nach einem der Ansprüche 1 bis 7, wobei das Popcorn der Zwischenschicht eine durchschnittliche Korngrößenverteilung von ≥ 3 mm und ≤ 6 mm aufweist.
 
9. Verfahren zur Herstellung einer erfindungsgemäßen Holz und/oder Verbundwerkstoffplatte, umfassend die Schritte

a) (ggf. getrenntes) Beleimen von Deckschicht- und Zwischenschichtvorläufermaterial

b) Vorlegen des beleimten Deckschicht- und Zwischenschichtvorläufermaterials

c) Verpressen zur erfindungsgemäßen Holz- und/oder Verbundwerkstoffplatte


 
10. Verfahren zur Herstellung einer erfindungsgemäßen Holz und/oder Verbundwerkstoffplatte, umfassend die Schritte

a) Herstellung der Zwischenschicht

b) Verkleben der Zwischenschicht mit den Deckschichten


 




Zeichnung







Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente