Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung einer Walzstraße, vorzugsweise
einer Kaltwalzstraße, die ein oder mehrere Walzgerüste mit jeweils zwei Arbeitswalzen
aufweist, die einen Walzspalt ausbilden, durch den ein Walzband transportierbar ist.
Die Erfindung betrifft ferner eine Steuervorrichtung sowie eine Walzstraße.
Hintergrund der Erfindung
[0002] Bei Walzanlagen, insbesondere Kaltwalzanlagen, kann die Dickenregelung des Walzbandes
beim Transport durch den Walzspalt mittels einer Massenflussregelung durchgeführt
werden, bei der aus der gemessenen einlaufseitigen Dicke und den gemessenen ein- und
auslaufseitigen Geschwindigkeiten die Dicke des Walzguts nach Durchlaufen des Walzspalts
berechnet wird. Allerdings ist die Geschwindigkeitsmessung am Auslauf des Walzgerüsts
oft schwierig zu verwirklichen. So kann bei einer Tandemstraße, d.h. einer Walzstraße
mit mehreren hintereinander angeordneten Walzgerüsten, die Messung der Geschwindigkeit
am Auslauf des ersten Walzgerüsts schwierig sein, etwa aufgrund des Schlupfes zwischen
Walzgut und Messrolleneinheit, Emulsion/Öl auf dem Messgut, Dampf oder Platzmangel,
beispielsweise wenn ein Laser zur Messung verwendet wird.
[0003] Es ist bekannt, auf die direkte Geschwindigkeitsmessung am Ausgang des Walzspaltes
zu verzichten und stattdessen aus verschiedenen Ist-Größen der Walzstraße, etwa der
Gerüstgeschwindigkeit oder der Haspelgeschwindigkeit, auf die Auslaufgeschwindigkeit
zu schließen. So beschreibt die
DE 10 2009 012 028 A1 ein Verfahren zum Betreiben einer Walzstraße, bei der die Auslaufgeschwindigkeit
des Walzbandes hinter dem Walzspalt mit Hilfe der Tangentialgeschwindigkeit der Arbeitswalzen
rechnerisch nachgebildet wird. Zu diesem Zweck sind Sensoren zur Ermittlung der geeigneten
Ist-Größen sowie Elektronik zur Berechnung der Auslaufgeschwindigkeit erforderlich.
Darstellung der Erfindung
[0004] Eine Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur
Steuerung einer Walzstraße, vorzugsweise einer Kaltwalzstraße, bereitzustellen, die
bei einer konstruktiven Vereinfachung der Walzstraße eine hohe Regelungsgenauigkeit
ermöglichen.
[0005] Gelöst wird die Aufgabe mit einem Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1, einer
Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 7 sowie einer Walzstraße mit den Merkmalen
des Anspruchs 8. Vorteilhafte Weiterbildungen folgen aus den Unteransprüchen, der
folgenden Darstellung der Erfindung sowie der Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele.
[0006] Zur Definition von Relativpositionen werden Bezeichnungen wie "vor", "hinter", "einlaufseitig",
"auslaufseitig" usw. verwendet werden. Diese sind in Bezug auf die Transportrichtung
des Walzbands zu verstehen.
[0007] Das erfindungsgemäße Verfahren dient der Steuerung oder Regelung (hier synonym verwendet)
einer Walzstraße, vorzugsweise einer Kaltwalzstraße. Die Walzstraße weist ein oder
mehrere Walzgerüste mit jeweils zwei Arbeitswalzen auf, die einen Walzspalt ausbilden,
durch den ein Walzband transportierbar ist. Das Walzband ist ein bandförmiges Metallmaterial,
etwa aus Stahl oder einem Nichteisenmetall, das einem ein- oder mehrstufigen Walzprozess
durch die Arbeitswalzen zu unterziehen ist. Eine oder beide Arbeitswalzen des betreffenden
Walzgerüsts sind relativ zueinander verfahrbar, so dass der Walzspalt, d.h. der Abstand
zwischen den Arbeitswalzen, einstellbar ist.
[0008] Zur Steuerung der Walzstraße gemäß der Erfindung wird zunächst eine Referenzgeschwindigkeit
bereitgestellt, die ein Parameter zur Ansteuerung der Walzstraße ist. Die Referenzgeschwindigkeit
kann beispielsweise eine Zielgeschwindigkeit sein, mit der das Walzband durch die
Walzstraße zu transportieren ist, etwa wenn sich die Walzstraße nach dem Anfahren
in einem stationären oder quasi-stationären Zustand befindet. Gemäß einer anderen
Ausführungsform kann die Referenzgeschwindigkeit ein Geschwindigkeitsparameter sein,
mit dem eine Walze, vorzugsweise Arbeitswalze, Umlenkrolle oder Haspel, in der Walzstraße
angesteuert wird. Die Referenzgeschwindigkeit kann auch ein anderer Parameter sein,
solange er nicht durch Messung der Auslaufgeschwindigkeit des Walzbands aus dem Walzspalt
ermittelt wird. Die Referenzgeschwindigkeit kann beispielsweise im Voraus festgelegt
werden, sie kann konstant oder eine Funktion der Zeit sein.
[0009] Erfindungsgemäß werden die Geschwindigkeit und Dicke des Walzbands vor dem Einlauf
in den Walzspalt gemessen. Der Walzspalt des betreffenden und/oder eines oder mehrerer
anderer Walzgerüste in der Walzstraße wird auf der Grundlage der gemessenen Geschwindigkeit
und Dicke vor dem Einlauf in den Walzspalt sowie der Referenzgeschwindigkeit eingestellt.
[0010] Die Steuerung erfolgt demnach nicht unter Berücksichtigung einer etwaigen gemessenen
oder aus Ist-Größen der Walzstraße berechneten auslaufseitigen Bandgeschwindigkeit
sondern unter Verwendung der Referenzgeschwindigkeit, d.h. eines Parameters zur Ansteuerung
der Walzstraße. Insbesondere kann zur Berechnung der Massenflussdicke, d.h. dem Produkt
aus Bandgeschwindigkeit und Banddicke, die beim Durchlauf durch die Walzgerüste eine
Erhaltungsgröße ist (im Einlauf des Walzgerüstes entspricht das Produkt aus Bandgeschwindigkeit
und Banddicke dem im Auslauf des Walzgerüstes), die Referenzgeschwindigkeit im Auslauf
verwendet werden. Dadurch kann die Geschwindigkeitsmessung oder Geschwindigkeitsberechnung
des Walzbands am Ausgang des Walzspalts entfallen. Es können Kosten eingespart werden,
die andernfalls zur Bereitstellung, Installation, Wartung usw. von entsprechenden
Sensoren und elektronischen Einrichtungen anfallen würden. Die Regelung wird weniger
durch Messfehler beeinträchtigt, die insbesondere bei einer Messung der Geschwindigkeit
am Auslauf des ersten Walzgerüsts auftreten können, etwa aufgrund des Schlupfes zwischen
Walzgut und Messrolleneinheit, Emulsion/Öl auf dem Messgut, Dampf oder Platzmangel,
beispielsweise wenn ein Laser zur Messung verwendet wird. Die Zuverlässigkeit der
Dickenregelung wird erhöht, was sich wiederrum positiv auf die Güte des herzustellenden
Walzprodukts auswirkt. Insbesondere auch bei Anlagen mit schwierigen Einbausituationen
ermöglicht die dargestellte Steuerung eine Dickenregelung mit hoher Dynamik und direkter
Reaktion im Walzspalt.
[0011] Vorzugsweise wird die Differenz zwischen der Istdicke des Walzbandes am Ausgang der
Walzstraße und der Solldicke mittels einer PI-Regelung oder PID-Regelung ausgeregelt,
um die angestrebte Banddicke auf zuverlässige Weise und mit hoher Genauigkeit zu erhalten.
[0012] Vorzugsweise wird neben der Referenzgeschwindigkeit eine Referenzbanddicke bereitgestellt,
die ein Parameter zur Ansteuerung der Walzstraße ist. So kann die Referenzbanddicke
beispielsweise jene Zieldicke sein, die für das Walzband nach Durchlaufen der Walzstraße
angestrebt wird, insbesondere wenn sich die Walzstraße nach dem Anfahren in einem
stationären oder quasi-stationären Zustand befindet. Die Referenzbanddicke kann beispielsweise
im Voraus festgelegt werden, sie kann konstant oder eine Funktion der Zeit oder eine
Funktion der Länge des Walzguts sein. Zum Einstellen des Walzspalts wird vorzugsweise
eine Dickenabweichung des Walzbands unter Berücksichtigung der Referenzgeschwindigkeit
und der Referenzbanddicke berechnet. Konkret ist die berechnete Dickenabweichung die
Differenz aus der einlaufseitigen Massenflussdicke, die beispielsweise mit dem Divisor
Referenzgeschwindigkeit berechnet wird, und der Referenzbanddicke. Vorzugsweise wird
die auslaufseitige Banddicke ferner gemessen, daraus eine gemessene Dickenabweichung
bestimmt und die gemessene Dickenabweichung mit der berechneten Dickenabweichung verglichen.
[0013] Vorzugsweise wird die Referenzgeschwindigkeit zur Berechnung der Dickenabweichung
des Walzbands unter Berücksichtigung eines oder mehrerer Korrekturwerte aus einer
Regelung des Zugs, der Banddicke, eines oder mehrerer Antriebsmomente und/oder der
Geschwindigkeitsführung bestimmt, um die Regelungsgenauigkeit zu verbessern. Aus dem
gleichen Grund wird gemäß einer bevorzugten Ausführungsform die Referenzgeschwindigkeit
zur Berechnung der Dickenabweichung des Walzbands aus einer Zielgeschwindigkeit und
unter Berücksichtigung einer oder mehrerer zusätzlicher Größen, etwa der Zieldicke
und/oder der Abnahme der Walzenrauigkeit und/oder der Walzkraft und/oder des Zielzugs,
berechnet.
[0014] Die zusätzliche Größe ist besonders bevorzugt eine Voreilung, die beispielsweise
berechnet, angenommen oder anderweitig ermittelt werden kann. Die Voreilung, die mit
der Fließscheidenlage zusammenhängt, ist definiert als das Verhältnis der Lineargeschwindigkeit
der Walze, etwa Arbeitswalze, Umlenkrolle usw., zur Auslaufgeschwindigkeit des Walzbandes.
Genauer gesagt: Voreilung [%] = (Geschwindigkeit des Walzbands am Auslauf [m/s] /
Lineare Geschwindigkeit der Walze [m/s]) - 1) *100. Die Voreilung kann über den Walzprozess
konstant oder eine Funktion der Zeit oder eine Funktion der Referenzgeschwindigkeit
sein.
[0015] Vorzugsweise wird die Voreilung berechnet, wobei die Berechnung der Voreilung mindestens
eine nicht-gemessene Größe und/oder mindestens eine gemessene Größe umfasst. So wird
die Voreilung vorzugsweise unter Berücksichtigung verschiedener Anlagenzustände vor
Beginn und/oder während des Walzprozesses berechnet, wodurch die Regelungsgenauigkeit
und Reaktion des Walzspalts bei der Dickenregelung auch ohne Messung der auslaufseitigen
Bandgeschwindigkeit gewährleistet werden können.
[0016] Gemäß einer anderen Ausführungsform wird die Massenflussregelung eines oder mehrerer
Walzgerüste jedoch ohne Messung und Nachführung der auslaufseitigen Dicke betrieben,
d.h. ausschließlich mit der einlaufseitigen Dicken- und Geschwindigkeitsmessung. Hierzu
weist die Walzstraße mehrere Walzgerüste auf, wobei die Dicke des Walzbands hinter
dem letzten Walzgerüst gemessen wird und zur Einstellung des Walzspalts eines oder
mehrerer Walzgerüste (insbesondere zur Bestimmung der Massenflussdicke an einem oder
mehreren Walzgerüsten) die Referenzbanddicke verwendet wird, so dass diesbezüglich
auf eine Messung der auslaufseitigen Banddicke verzichtet werden kann. Beispielsweise
kann bei einer Walzstraße mit mehreren Walzgerüsten zusätzlich zu dem Verzicht auf
eine auslaufseitige Geschwindigkeitsmessung im ersten Walzgerüst auch auf die auslaufseitige
Dickenmessung verzichtet werden. In diesem Fall kann die Dickenregelung im letzten
Walzgerüst den Dickenoffset ausregeln, um auf die gewünschte Zieldicke zu kommen.
Alle dynamischen Störungen, wie etwa Störungen der Einlaufdicke und/oder Härteschwankungen,
können gemäß einer Variante dieser Ausführungsform schon vom ersten Walzgerüst ausgeregelt
werden. Obwohl eine Dickenmessung hinter dem ersten Walzgerüst in dieser Variante
nicht unbedingt erforderlich ist, kann dennoch ein entsprechendes Dickenmessgerät
vorgesehen sein, um bei einem Ausfall der einlaufseitigen Dickenmessung eine Rückfallmöglichkeit
bereitzustellen.
[0017] Die erfindungsgemäße Vorrichtung zum Steuern einer Walzstraße, vorzugsweise Kaltwalzstraße,
ist eingerichtet, um ein Verfahren, wie oben dargelegt, auszuführen. So kann die Steuerung
etwa mit Hilfe einer elektronischen Schaltung realisiert werden. Die Steuerung kann
in Form einer Software vorliegen, die, wenn sie auf einem Rechengerät ausgeführt wird,
die entsprechenden Berechnungen und Schritte zur Steuerung der Walzstraße veranlasst.
[0018] Die dargelegte Steuerung ist besonders gut zum Betrieb von Kaltwalzstraßen zur Bearbeitung
von Metallbändern anwendbar. Die Walzstraße kann als Reversieranlage mit Richtungswechsel
in der Bandführung angelegt sein. Doch die Erfindung kann auch in anderen Bereichen
umgesetzt werden, soweit sie einen Walzprozess betrifft, bei dem eine gewünschte Dicke
des Walzprodukts auf automatische Weise einzustellen ist.
[0019] Weitere Vorteile und Merkmale der vorliegenden Erfindung sind aus der folgenden Beschreibung
bevorzugter Ausführungsbeispiele ersichtlich. Die dort beschriebenen Merkmale können
alleinstehend oder in Kombination mit einem oder mehreren der oben dargelegten Merkmale
realisiert werden, insofern sich die Merkmale nicht widersprechen. Die folgende Beschreibung
der bevorzugten Ausführungsbeispiele erfolgt mit Bezug auf die begleitenden Zeichnungen.
Kurze Beschreibung der Figuren
[0020] Die Figur 1 zeigt schematisch eine Tandemstraße mit vier hintereinander angeordneten
Walzgerüsten.
[0021] Die Figur 2 zeigt schematisch ein Walzgerüst mit zwei Stütz- und zwei Arbeitswalzen.
Detaillierte Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele
[0022] Im Folgenden werden bevorzugte Ausführungsbeispiele anhand der Figuren beschrieben.
Dabei sind gleiche, ähnliche oder gleichwirkende Elemente mit identischen Bezugszeichen
versehen, und auf eine wiederholende Beschreibung dieser Elemente wird teilweise verzichtet,
um Redundanzen zu vermeiden.
[0023] Die Figur 1 zeigt schematisch eine Tandemstraße oder Walzstraße 1 mit vier hintereinander
angeordneten Walzgerüsten 10, vorzugsweise für ein Kaltwalzwerk. Die Walzstraße 1
weist im vorliegenden Beispiel eine Abwickelhaspel 2 und eine Aufwickelhaspel 3 auf.
Ein Walzband oder Walzgut B wird den Walzgerüsten 10 in der Transportrichtung R zugeführt,
ggf. über Umlenkrollen, und nach durchlaufen der Walzgerüste 10, d.h. nach Beendigung
der Walzbearbeitung von der Aufwickelhaspel 3 aufgewickelt. Die Zufuhr und Abfuhr
des Walzbandes B über die beiden Haspeln 2 und 3 ist nur beispielhaft, das Walzband
B kann den Walzgerüsten 10 auch auf andere Weise zugeführt und zur Weiterverarbeitung,
zum Transport usw. abgeführt werden.
[0024] Zur Unterscheidung der Walzgerüste 10 werden diese in der Transportrichtung R des
Walzbandes B, d.h. in der Ansicht der Figur 1 von rechts nach links, durchnummeriert.
Jedes Walzgerüst 10 weist zwei Stützwalzen 11 und zwei Arbeitswalzen 12 auf. Es sei
jedoch darauf hingewiesen, dass das dargelegte Verfahren für alle Gerüstanordnungen
mit zwei oder mehr Walzen pro Gerüst durchführbar und geeignet ist. Der Übersichtlichkeit
halber sind die Bezugszeichen 11 und 12 in der Figur 1 nicht eingezeichnet, sie gehen
jedoch aus der Figur 2 hervor, in der ein Walzgerüst 10 herausgenommen und auf eine
vergrößerte Weise gezeigt ist. Eine Arbeitswalze 12 steht mit je einer Stützwalze
11 in Kontakt. Zwischen den beiden Arbeitswalzen 12 liegt ein Walzspalt vor, durch
den das Walzband B hindurchgeführt wird. Der Walzspalt ist einstellbar, indem eine
oder beide den Walzspalt bildenden Arbeitswalzen 12 relativ zueinander verstellbar
sind. Die Arbeitswalzen 12 und/oder Stützwalzen 11 werden beispielweise von einem
oder mehreren Elektromotoren (in den Figuren nicht dargestellt) auf drehende Weise
angetrieben, ggf. unter Zwischenschaltung eines Getriebes, einer Kupplung, einer Bremse
usw.. Zu diesem Zweck weisen die Walzgerüste 10 je ein Antriebs-Steuergerät 33 auf.
[0025] Vor dem ersten Walzgerüst 10, vor dem zweiten und hinter dem vierten Walzgerüst 10
sind je ein Dickenmessgerät 20 angeordnet, das zur Messung der Dicke des Walzbandes
B an der entsprechenden Position eingerichtet ist. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel
ist jedem Walzgerüst 10 ein Dicken-Steuergerät 30 zugeordnet, das mit je einem Spalt-Steuergerät
31 zur Einstellung des Spalts zwischen den entsprechenden Arbeitswalzen 12 kommuniziert.
Ferner ist im vorliegenden Beispiel vor jedem Walzgerüst 10 eine Zugregelung 22 angeordnet,
die ein Stellglied zur Änderung der Anstellung des Walzbandes B relativ zum Walzgerüst
10 aufweist. Eine Anstellungsänderung wird genutzt, um den einlaufseitigen Zug des
Walzbandes B zu regeln. Eine Zugänderung ist gleichzusetzen mit einer Geschwindigkeitsänderung
des Walzbandes B. Die Zugregelungen 22 der zweiten bis vierten Walzgerüste 10 weisen
je ein Zug-Steuergerät 32 zur Einstellung der Anstellung auf.
[0026] Mögliche Kommunikationswege zwischen den Steuergeräten 30, 31, 32, 33 und den zugehörigen
Stellgliedern, Aktuatoren, Motoren usw. sind in der Figur 1 schematisch eingezeichnet.
Die Kommunikation kann physisch oder drahtlos erflogen. Auch wenn die Steuergeräte
30, 31, 32, 33 in der Figur 1 separat dargestellt sind, können diese selbstverständlich
integral ausgebildet oder etwa Teil einer Zentralsteuerung sein. Die Bezeichnung "Gerät"
bezeichnet in diesem Zusammenhang nicht notwendigerweise eine mechanische Entität,
denn die Steuergeräte 30, 31, 32, 33 können auch mit Hilfe einer Software realisiert
werden, welche die Steuerung der Walzstraße 1 veranlasst, wenn sie auf einem Rechner
ausgeführt wird.
[0027] Die Einstellung des Walzspalts der jeweiligen Walzgerüste 10 erfolgt über eine Massenflussregelung.
Ausgangspunkt ist eine Erhaltungsgröße, das Produkt aus der Bandgeschwindigkeit und
der in den Walzspalt verschobenen Banddicke, das als "Massenflussgröße" bezeichnet
wird und sich beim Durchgang des Walzbands B durch das Walzgerüst 10 zum Beispiel
analog zu einer einlaufseitigen Dickenstörung oder der Veränderung anderer Prozessgrößen
wie zum Beispiel Bandfestigkeit, Spaltreibung und/oder Bandgeschwindigkeit verändert.

Hierbei bezeichnet
vi(t) die Bandgeschwindigkeit am Auslauf des Walzgerüsts 10 (gleich der Bandgeschwindigkeit
am Eingang eines etwaig nachfolgenden Walzgerüsts 10) als Funktion der Zeit.
hi(t) bezeichnet die gemessene Banddicke am Auslauf des Walzgerüsts 10 (gleich der Walzbanddicke
am Eingang eines etwaig nachfolgenden Walzgerüsts 10) als Funktion der Zeit.
vi-1(t) bezeichnet die bezüglich des Walzgerüsts 10 einlaufseitig gemessene Bandgeschwindigkeit
als Funktion der Zeit, und
hi(t) bezeichnet die bezüglich des Walzgerüsts 10 einlaufseitig gemessene Banddicke. Die
Gleichung gilt für alle Walzgerüste 10 in einer Walzstraße 1, d.h. das "i" in den
Bezeichnungen ist eine Ganzzahl zur Durchnummerierung der einzelnen Walzgerüste 10.
[0028] Wenn mit
hiR(t) eine auslaufseitige Referenzbanddicke und
hiDev(t) die auslaufseitige Banddickenabweichung bezeichnet sind, d.h.

folgt daraus:

Die Referenzbanddicke ist ein Parameter zur Ansteuerung der Walzstraße. So kann die
Referenzbanddicke beispielsweise jene Zieldicke sein, die für das Walzband nach Durchlaufen
der Walzstraße angestrebt wird, insbesondere wenn sich die Walzstraße nach dem Anfahren
in einem stationären oder quasi-stationären Zustand befindet. Die Referenzbanddicke
kann beispielsweise im Voraus festgelegt werden, sie kann konstant oder eine Funktion
der Zeit und/oder der Bandlänge sein.
[0029] Anstatt nun
vi(t) konventionell zu messen, etwa mittels eines Lasers, oder aus Ist-Größen der Walzstraße
1, etwa der Haspelgeschwindigkeit oder Arbeitsrollengeschwindigkeit, zu berechnen,
wird zur Berechnung der Massenflussdicke eine Referenzgeschwindigkeit am Auslauf
viR(t) verwendet. Dies ist deshalb möglich, weil die Auswirkungen einer Anstellungsänderung
des Walzbandes B relativ zum Walzgerüst 10 durch die Zugregelung 22 vernachlässigt
werden können. Die Änderung der Auslaufgeschwindigkeit beinhaltet lediglich die durch
die Anstellungsänderung hervorgerufene Voreilungsänderung, die auf die absolute Änderung
bezogen sehr gering ist, insbesondere in den Geschwindigkeitsbereichen, in denen eine
Massenflussregelung durchgeführt wird.
[0030] Die Referenzgeschwindigkeit
viR(t) kann daher ein Geschwindigkeitsparameter sein, mit dem die Walzstraße 1 angesteuert
wird. Auf die Messung oder Berechnung einer Geschwindigkeit unter Versendung einer
gemessenen Größe, die der Geschwindigkeit am Auslauf des Walzspalts entspricht, kann
daher verzichtet werden. Die Referenzgeschwindigkeit
viR(t) kann beispielsweise eine Zielgeschwindigkeit sein, mit der das Walzband B durch die
Walzstraße 1 zu transportieren ist, etwa wenn sich die Walzstraße 1 nach dem Anfahren
in einem stationären oder quasi-stationären Zustand befindet. Die Referenzgeschwindigkeit
viR(t) kann beispielsweise auch ein Geschwindigkeitsparameter sein, mit dem eine Walze,
vorzugsweise Arbeitswalze 12 oder Haspel, in der Walzstraße 1 angesteuert wird. Die
Referenzgeschwindigkeit kann im Voraus festgelegt werden, sie kann konstant oder eine
Funktion der Zeit oder der Bandlänge sein. Die Referenzgeschwindigkeit kann aber muss
nicht einen oder mehrere Korrekturwerte aus anderen Regelsystemen enthalten. Diese
Korrekturwerte können beispielsweise aus Regelungskorrekturen des Zuges, der Banddicke
und/oder aus der Geschwindigkeitsführung bestehen oder berechnet werden.
[0031] Daraus folgt die berechnete Banddickenabweichung
hiDevCalc(t) im i'ten Walzgerüst 10,

wobei
hiTrk-1(t) die einlaufseitig (am i'ten Walzgerüst 10) gemessene Banddicke des Walzbands B bezeichnet.
[0032] Das Walzband 10 mit der so berechneten Banddickenabweichung
hiDevCalc(t) wird dann zum auslaufseitigen Dickenmessgerät 20 geschoben bzw. transportiert. Diese
berechnete, zum Dickenmessgerät 20 am Auslauf weitertransportierte Banddickenabweichung
wird mit der am Auslauf gemessenen Dickenabweichung verglichen. Der Fehler wird nachgeführt,
wobei dies ebenfalls mit der Referenzgeschwindigkeit
viR(t) erfolgt.
[0033] Auf diese Weise können Dickenfehler nachgeführt werden, und die Zieldecke am Ende
der Walzstraße 1 wird erreicht. Die Differenz zwischen der Istdicke des Walzbandes
10 am Ende der Walzstraße 1 und der Solldicke kann beispielsweise mittels eines PI-Reglers
oder PID-Reglers ausgeregelt werden, wie auch durch eine Rückführung über eine Filtereinheit.
[0034] Gemäß einer weiteren Ausführungsform kann die Massenflussregelung auch ohne Nachführung
der auslaufseitigen Dicke betrieben werden, d.h. ausschließlich mit der einlaufseitigen
Dicken- und Geschwindigkeitsmessung gemäß:

Hierbei kann bei einer Walzstraße 1 mit mehreren Walzgerüsten 10 (einer Tandemstraße)
zusätzlich zu dem Verzicht auf eine auslaufseitige Geschwindigkeitsmessung im ersten
Walzgerüst 10 auch auf die auslaufseitige Dickenmessung verzichtet werden. In diesem
Fall kann die Dickenregelung im letzten Walzgerüst 10 den Dickenoffset ausregeln,
um auf die gewünschte Zieldicke zu kommen. Alle dynamischen Störungen, wie etwa Störungen
der Einlaufdicke und/oder Härteschwankungen, können gemäß einer Variante dieser Ausführungsform
schon vom ersten Walzgerüst 10 ausgeregelt werden. Obwohl eine Dickenmessung hinter
dem ersten Walzgerüst 10 in dieser Variante nicht unbedingt erforderlich ist, kann
dennoch ein entsprechendes Dickenmessgerät vorgesehen sein, um bei einem Ausfall der
einlaufseitigen Dickenmessung eine Rückfallmöglichkeit bereitzustellen.
[0035] Durch die dargelegten Ausführungsformen zur Massenflussdickenregelung kann die Geschwindigkeitsmessung
oder Geschwindigkeitsberechnung des Walzbands B am Ausgang eines oder mehrerer Walzgerüste
10 entfallen. Dadurch können Kosten eingespart werden, die andernfalls etwa zur Bereitstellung,
Installation, Wartung usw. entsprechender Sensoren und Steuereinheiten anfallen würden.
Die Regelung wird weniger durch Messfehler beeinträchtigt, die insbesondere bei einer
Messung der Geschwindigkeit am Auslauf des ersten Walzgerüsts 10 auftreten können,
etwa aufgrund des Schlupfes zwischen Walzgut und Messrolleneinheit, Emulsion/Öl auf
dem Messgut, Dampf oder Platzmangel, beispielsweise wenn ein Laser zur Messung verwendet
wird. Die Zuverlässigkeit der Dickenregelung wird erhöht, was sich wiederrum positiv
auf die Güte des herzustellenden Walzprodukts auswirkt. Insbesondere auch bei Anlagen
mit schwierigen Einbausituationen ermöglicht der dargestellte Ansatz eine Dickenregelung
mit hoher Dynamik und direkter Reaktion im Walzspalt.
[0036] Die Steuerung bzw. Regelung ist besonders bevorzugt anwendbar für Kaltwalzstraßen
zum Walzen bandförmiger Metallmaterialien, insbesondere von Metallbändern aus Stahl
oder Nichteisenmetallen, den sogenannten NE-Metallen.
[0037] Soweit anwendbar, können alle einzelnen Merkmale, die in den Ausführungsbeispielen
dargestellt sind, miteinander kombiniert und/oder ausgetauscht werden, ohne den Bereich
der Erfindung zu verlassen.
Bezugszeichenliste
[0038]
- 1
- Walzstraße
- 2
- Abwickelhaspel
- 3
- Aufwickelhaspel
- 10
- Walzgerüst
- 11
- Stützwalze
- 12
- Arbeitswalze
- 20
- Dickenmessgerät
- 22
- Zugregelung
- 30
- Dicken-Steuergerät
- 31
- Spalt-Steuergerät
- 32
- Zug-Steuergerät
- 33
- Antriebs-Steuergerät
- B
- Walzband
- R
- Transportrichtung
1. Verfahren zur Steuerung einer Walzstraße (1), vorzugsweise einer Kaltwalzstraße, die
ein oder mehrere Walzgerüste (10) mit jeweils zwei Arbeitswalzen (12) aufweist, die
einen Walzspalt ausbilden, durch den ein Walzband (B) transportierbar ist, wobei eine
oder beide Arbeitswalzen (12) relativ zueinander verfahrbar sind, so dass der Walzspalt
einstellbar ist, und das Verfahren aufweist:
Bereitstellen einer Referenzgeschwindigkeit, die ein Parameter zur Ansteuerung der
Walzstraße (1) ist;
Messen der Geschwindigkeit des Walzbands (B) vor dem Einlauf in den Walzspalt;
Messen der Dicke des Walzbands (B) vor dem Einlauf in den Walzspalt;
Einstellen des Walzspalts von einem oder mehreren Walzgerüsten (10) in der Walzstraße
(1) auf der Grundlage der gemessen Geschwindigkeit und Dicke vor dem Einlauf in den
Walzspalt sowie der Referenzgeschwindigkeit.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Referenzgeschwindigkeit
einer Zielgeschwindigkeit entspricht, mit der das Walzband (B) durch die Walzstraße
(1) zu transportieren ist, oder
ein Geschwindigkeitsparameter ist, mit dem eine Walze, vorzugsweise Arbeitswalze (12),
Umlenkrolle oder Haspel, in der Walzstraße (1) angesteuert wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass
eine Referenzbanddicke bereitgestellt wird, die ein Parameter zur Ansteuerung der
Walzstraße (1) ist, und
zum Einstellen des Walzspalts eine Dickenabweichung des Walzbands (B) unter Berücksichtigung
der Referenzgeschwindigkeit und der Referenzbanddicke berechnet wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Referenzgeschwindigkeit zur Berechnung der Dickenabweichung des Walzbands (B)
unter Berücksichtigung eines oder mehrerer Korrekturwerte aus einer Regelung des Zugs,
der Banddicke, eines oder mehrerer Antriebsmomente und/oder der Geschwindigkeitsführung
bestimmt wird.
5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Referenzgeschwindigkeit zur Berechnung der Dickenabweichung des Walzbands (B)
aus einer Zielgeschwindigkeit und unter Berücksichtigung einer oder mehrerer zusätzlicher
Größen, vorzugsweise der Zieldicke und/oder der Abnahme der Walzenrauigkeit und/oder
der Walzkraft und/oder des Zielzugs, berechnet wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die zusätzliche Größe eine Voreilung ist, die als das Verhältnis der Lineargeschwindigkeit
der Arbeitswalze (12) zur Auslaufgeschwindigkeit des Walzbands (B) definiert ist.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Voreilung berechnet wird, wobei die Voreilung unter Berücksichtigung verschiedener
Anlagenzustände vor Beginn und/oder während des Walzprozesses berechnet wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die auslaufseitige Banddicke gemessen, daraus eine gemessene Dickenabweichung bestimmt
und die gemessene Dickenabweichung mit der berechneten Dickenabweichung verglichen
wird.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Referenzbanddicke eine Zieldicke ist, die für das Walzband (B) nach Durchlaufen
der Walzstraße (1) angestrebt wird.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Walzstraße (1) mehrere Walzgerüste (10) aufweist, wobei die Dicke des Walzbands
(B) hinter dem letzten Walzgerüst (10) gemessen wird und zur Einstellung des Walzspalts
eines oder mehrerer Walzgerüste (10) die Referenzbanddicke verwendet wird, so dass
diesbezüglich auf eine Messung der auslaufseitigen Banddicke verzichtet wird.
11. Vorrichtung zum Steuern einer Walzstraße (1), vorzugsweise Kaltwalzstraße, die eingerichtet
ist, um ein Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10 auszuführen.
12. Walzstraße (1), vorzugsweise Kaltwalzstraße, die eine Vorrichtung nach Anspruch 11
sowie ein oder mehrere Walzgerüste (10) mit jeweils zwei Arbeitswalzen (12) aufweist,
die einen Walzspalt ausbilden, durch den ein Walzband (B) transportierbar ist, wobei
eine oder beide Arbeitswalzen (12) relativ zueinander verfahrbar sind, so dass der
Walzspalt einstellbar ist.
13. Walzstraße nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass diese vom Typ einer Reversieranlage mit Richtungswechsel in der Bandführung ist.