[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit
eines Schienenfahrzeugs. Überdies betrifft die Erfindung eine Fahrzeitschätzeinrichtung.
Weiterhin betrifft die Erfindung ein Verkehrssystem.
[0002] Bei der Organisation des Schienenverkehrs ist es besonders wichtig, planen zu können,
welche Fahrzeit ein Schienenfahrzeug von einem Ort zu einem anderen Ort benötigt.
Denn auf Basis dieser Informationen können Zeitpläne, beispielsweise Fahrpläne, für
öffentliche Transportsysteme erstellt werden, damit die Passagiere einschätzen können,
welche Zeit sie benötigen, um ein bestimmtes Fahrziel zu erreichen.
[0003] Üblicherweise werden in Navigationssystemen Distanzen zwischen einzelnen Orten und
Informationen über Geschwindigkeitsbeschränkungen genutzt, um eine voraussichtliche
Fahrzeit zu ermitteln. Allerdings gibt es eine Vielzahl von weiteren Faktoren, welche
die Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs beeinflussen können.
[0004] In
DE 10 2016 215 767 A1 wird ein Verfahren zur Vorhersage eines erwarteten Zuglaufs beschrieben. Dabei werden
historische Rahmenbedingungen und Fahrtdaten aus einer Datenbank mit aktuellen Rahmenbedingungen
und Fahrtdaten verglichen und basierend auf den historischen Rahmenbedingungen und
Fahrtdaten wird der zu erwartende Zuglauf bestimmt.
[0005] In
DE 2005 051 077 A1 wird ein Verfahren zum Erfassen und Berücksichtigen von Seitenwindbelastungen bei
einem in Fahrt befindlichen Schienenfahrzeug beschrieben.
[0006] In
DE 10 2009 023 704 A1 wird ein Verfahren zur Information von Fahrpersonal in einem Schienenfahrzeug über
ein Darstellungsmittel beschrieben.
[0007] In
DE 196 33 525 wird eine zu erwartende Ankunftszeit und/oder Abfahrtszeit eines Fahrzeugs auf Basis
einer zu erwartenden Fahrgeschwindigkeit ermittelt und über eine Kommunikationseinrichtung
an einen Benutzer übermittelt.
[0008] Es besteht also die Aufgabe, ein Verfahren und eine Vorrichtung anzugeben, mit denen
eine exaktere Zeitplanung für die Fahrt von Schienenfahrzeugen möglich ist.
[0009] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit
eines Schienenfahrzeugs gemäß Patentanspruch 1, eine Fahrzeitschätzeinrichtung gemäß
Patentanspruch 5 und ein Verkehrssystem gemäß Patentanspruch 6 gelöst.
[0010] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit
eines Schienenfahrzeugs werden aktuelle Kontextinformationen, welche aktuelle fahrzeitrelevante
Einflussfaktoren für eine von dem Schienenfahrzeug zurückzulegende Fahrstrecke betreffen,
ermittelt.
[0011] Weiterhin werden Kontextinformationen mit historischen Referenz-Kontextinformationen
zu der Fahrstrecke oder einer mit der Fahrstrecke vergleichbaren Fahrstrecke aus einer
Datenbank verglichen, wobei die Referenz-Kontextinformationen zusätzlich historische
Fahrzeitinformationen zu der zugeordneten Fahrstrecke aufweisen. Bei einer mit der
aktuellen Fahrstrecke vergleichbaren Fahrstrecke handelt es sich um eine Fahrstrecke
mit vergleichbaren Streckenparametern. Beispielsweise ist die Länge und die Topographie
der Strecke vergleichbar, herrschen dort ähnliche Verkehrsdichten usw.. Es kann in
einem solchen Fall davon ausgegangen werden, dass mit einem ähnlichen Kontext, beispielsweise
mit einem ähnlich schnellen Fahrzeug bei ähnlichen Verkehrsbedingungen, eine ähnliche
Fahrzeit erreicht wird. Schließlich wird eine voraussichtliche Fahrzeit für die zurückzulegende
Fahrstrecke auf Basis des Vergleichs der Kontextinformationen mit den historischen
Referenz-Kontextinformationen ermittelt. Das Ermitteln der voraussichtlichen Fahrzeit
kann zum Beispiel auf Basis von mit Hilfe des Vergleichs ausgewählten Referenzdatensätzen
und den aktuellen Kontextinformationen erfolgen. Dabei kommt ein durch die in der
Datenbank abgespeicherten Referenzkontextinformationen trainiertes Schätzverfahren
zum Einsatz, wobei das Training des Schätzverfahrens ein maschinelles Lernverfahren
umfasst.
[0012] Aufgrund der genaueren Fahrzeitermittlung können von Bahnbetreibern vorteilhaft exaktere
Fahrpläne erstellt werden. Das Verfahren kann zudem auch vorteilhaft dazu eingesetzt
werden, Fahrpläne in Abhängigkeit von einem sich ändernden Kontext zu aktualisieren
und somit den Fahrgästen verlässlichere und präzisere Informationen zukommen zu lassen
und den Fahrbetrieb exakter abstimmen zu können.
[0013] Der Einsatz eines maschinellen Lernverfahrens ist besonders vorteilhaft, wenn ein
Streckenabschnitt zum ersten Mal durchfahren wird und noch keine historischen Daten
von diesem Streckenabschnitt zur Verfügung stehen. In diesem Fall kann die Fahrzeit
auf Basis von Referenzdaten von anderen Strecken erfolgen, welche ähnliche Eigenschaften
wie die aktuelle Strecke aufweisen.
[0014] Außerdem können in Echtzeit Kontextdaten bzw. Referenzdaten von dem aktuell bereits
zurücklegten Teil des befahrenen Streckenabschnitts gewonnen und ausgewertet werden.
Die beiden Vorgehensweisen können auch kombiniert werden, um eine genauere Schätzung
der Fahrzeit vornehmen zu können.
[0015] Vorteilhaft kann mit Hilfe eines derart trainierten Schätzverfahrens die Einschätzung
der voraussichtlichen Fahrzeit auf einer breiten Datenbasis von Referenz-Datensätzen
erfolgen, so dass aufgrund von statistischen Effekten die Zuverlässigkeit und Genauigkeit
des Schätzergebnisses erhöht wird.
[0016] In einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Abschätzen einer voraussichtlichen
Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs umfasst das Training des Schätzverfahrens ein maschinelles
Lernverfahren.
[0017] Mit einem maschinellen Lernverfahren kann aus Beispielen gelernt werden und diese
werden nach Beendigung der Lernphase verallgemeinert. Das heißt, es werden nicht einfach
die Beispiele auswendig gelernt, sondern es werden Muster und Gesetzmäßigkeiten in
den Lerndaten erkannt. So können anschließend auch unbekannte Daten beurteilt werden.
[0018] Die erfindungsgemäße Fahrzeitschätzeinrichtung für ein Schienenfahrzeug umfasst eine
Kontextermittlungseinheit zum Ermitteln von aktuellen Kontextinformationen, welche
aktuelle fahrzeitrelevante Einflussfaktoren für eine von dem Schienenfahrzeug zurückzulegende
Fahrstrecke betreffen. Teil der erfindungsgemäßen Fahrzeitschätzeinrichtung ist auch
eine Vergleichseinheit, welche dazu eingerichtet ist, die Kontextinformationen mit
historischen Referenz-Kontextinformationen zu der Fahrstrecke oder einer mit der Fahrstrecke
vergleichbaren Fahrstrecke aus einer Datenbank zu vergleichen. Die Referenz-Kontextinformationen
weisen zusätzlich historische Fahrzeitinformationen zu der zurückzulegenden Fahrstrecke
auf.
[0019] Schließlich weist die erfindungsgemäße Fahrzeitschätzeinrichtung auch eine Schätzeinheit
zum Ermitteln der voraussichtlichen Fahrzeit für die zurückzulegende Fahrstrecke auf
Basis des Vergleichs der Kontextinformationen mit den historischen Referenz-Kontextinformationen
mit Hilfe eines durch die in der Datenbank abgespeicherten Referenzkontextinformationen
durch ein maschinelles Lernverfahren trainierten Schätzverfahrens auf. Die erfindungsgemäße
Fahrzeitschätzeinrichtung teilt die Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens zum
Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs.
[0020] Das erfindungsgemäße Verkehrssystem weist die erfindungsgemäße Zeitschätzeinrichtung
auf. Die erfindungsgemäße Zeitschätzeinrichtung teilt die Vorteile der erfindungsgemäßen
Zeitschätzeinrichtung.
[0021] Einige Komponenten der erfindungsgemäßen Zeitschätzeinrichtung können zum überwiegenden
Teil in Form von Softwarekomponenten ausgebildet sein. Dies betrifft insbesondere
Teile der Kontextermittlungseinheit, der Vergleichseinheit und der Schätzeinheit.
Grundsätzlich können diese Komponenten aber auch zum Teil, insbesondere wenn es um
besonders schnelle Berechnungen geht, in Form von softwareunterstützter Hardware,
beispielsweise FPGAs oder dergleichen, realisiert sein. Ebenso können die benötigten
Schnittstellen, beispielsweise wenn es nur um eine Übernahme von Daten aus anderen
Softwarekomponenten geht, als Softwareschnittstellen ausgebildet sein. Sie können
aber auch als hardwaremäßig aufgebaute Schnittstellen ausgebildet sein, die durch
geeignete Software angesteuert werden. Die Berechnungen können auch außerhalb des
Schienenfahrzeugs in einer externen zentralen Rechnereinheit, beispielsweise als Zentralrechner
eines Datennetzwerks, erfolgen. Aktuelle, durch Fahrzeugsensoren erfasst Kontextinformationen
können gegebenenfalls von dem Schienenfahrzeug an diese externe zentrale Rechnereinheit
übermittelt werden. Umgekehrt können auch von der zentralen Rechnereinheit ermittelte
Fahrzeitinformationen an einzelne Schienenfahrzeuge übermittelt werden.
[0022] Eine weitgehend softwaremäßige Realisierung hat den Vorteil, dass auch schon bisher
in einem Verkehrsleitsystem vorhandene Rechnersysteme auf einfache Weise durch ein
Software-Update nachgerüstet werden können, um auf die erfindungsgemäße Weise zu arbeiten.
Insofern wird die Aufgabe auch durch ein entsprechendes Computerprogrammprodukt mit
einem Computerprogramm gelöst, welches direkt in eine Speichereinrichtung eines solchen
Rechnersystems ladbar ist, mit Programmabschnitten, um alle Schritte des erfindungsgemäßen
Verfahrens auszuführen, wenn das Computerprogramm in dem Rechnersystem ausgeführt
wird.
[0023] Ein solches Computerprogrammprodukt kann neben dem Computerprogramm gegebenenfalls
zusätzliche Bestandteile, wie z.B. eine Dokumentation und/oder zusätzliche Komponenten,
auch Hardware-Komponenten, wie z.B. Hardware-Schlüssel (Dongles etc.) zur Nutzung
der Software, umfassen
[0024] Zum Transport zur Speichereinrichtung des Rechnersystems und/oder zur Speicherung
an dem Rechnersystem kann ein computerlesbares Medium, beispielsweise ein Memorystick,
eine Festplatte oder ein sonstiger transportabler oder fest eingebauter Datenträger
dienen, auf welchem die von einer Rechnereinheit einlesbaren und ausführbaren Programmabschnitte
des Computerprogramms gespeichert sind. Die Rechnereinheit kann z.B. hierzu einen
oder mehrere zusammenarbeitende Mikroprozessoren oder dergleichen aufweisen.
[0025] Die abhängigen Ansprüche sowie die nachfolgende Beschreibung enthalten jeweils besonders
vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung. Dabei können insbesondere
die Ansprüche einer Anspruchskategorie auch analog zu den abhängigen Ansprüchen einer
anderen Anspruchskategorie und deren Beschreibungsteilen weitergebildet sein. Zudem
können im Rahmen der Erfindung auch die verschiedenen Merkmale unterschiedlicher Ausführungsbeispiele
und Ansprüche auch zu neuen Ausführungsbeispielen kombiniert werden.
[0026] Vorteilhaft kann die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ermittelte voraussichtliche
Fahrzeit für mindestens eine der folgenden Maßnahmen genutzt werden:
- Aktualisieren der voraussichtlichen Fahrzeit auf den Bildanzeigen des Schienenfahrzeugs,
- Informieren von Passagieren und/oder anderen Zügen über die voraussichtliche Fahrzeit,
- Optimieren des Geschwindigkeitsprofils und/oder des Energieverbrauchs des Schienenfahrzeugs,
- Vorbereiten der Infrastruktur, wie z.B. Weichen, Signale, Haltepunkte, auf die Ankunft
des Schienenfahrzeugs.
[0027] Durch die beschriebenen Maßnahmen wird die Effektivität des Schienenverkehrs verbessert
und der Komfort für die Reisenden gesteigert.
[0028] In einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Abschätzen einer voraussichtlichen
Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs wird auf Basis des Vergleichs ein Referenzdatensatz
mit Referenz-Kontextinformationen identifiziert, welcher den ermittelten Kontextinformationen
am nächsten kommt und das Ermitteln der voraussichtlichen Fahrzeit erfolgt auf Basis
der dem ausgewählten Referenzdatensatz zugeordneten historischen Fahrzeitinformationen.
Vorteilhaft wird bei dieser Variante ein historischer Referenzdatensatz gewählt, der
dem aktuellen Szenario am ehesten entspricht. Die Ähnlichkeit des historischen Referenz-Datensatzes
kann dabei durch Vergleich der einzelnen ihm zugehordneten historischen Kontextinformationen
mit den entsprechenden Kontextinformationen der aktuellen Verkehrssituation ermittelt
werden. Je besser der historische Referenz-Datensatz dem aktuellen Szenario entspricht,
desto einfacher können die Fahrzeitinformationen des historischen Referenz-Datensatzes
auf die aktuelle Situation übertragen werden.
[0029] In einer bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Abschätzen
einer voraussichtlichen Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs umfassen die Kontextinformationen
Informationen, welche das Abschätzen der Fahrzeit verbessern können, vorzugsweise
mindestens einen Teil der folgenden Informationsarten:
- Wetterdaten,
- Jahreszeitdaten,
- das Datum und die Uhrzeit,
- den Fahrzeugtyp,
- den Streckentyp,
- den Streckenzustand,
- den Namen und/oder eine Identitätsnummer und/oder ein anderes eindeutiges Kennzeichen
des Fahrers, welches zu dessen eindeutiger Identifizierung genutzt werden kann,
- die letzte Fahrzeit für die Fahrstrecke,
- Zeitpunkte und Orte öffentlicher Ereignisse und Veranstaltungen, wie zum Beispiel
Ferienzeiten, Konzerte usw.,
- die Anzahl von Buchungen und/oder Reservierungen,
- die Anzahl von Zwischenstopps und Verbindungen mit anderen Zügen, Verspätungszeiten
der einzelnen Züge und ihre Ankunftszeiten.
[0030] Da die genannten Informationen Einfluss auf die Geschwindigkeit eines Schienenfahrzeugs
haben können, ist es vorteilhaft, zumindest einen Teil davon bei der Fahrzeitermittlung
mitzuberücksichtigen. Werden Referenz-Datensätze für dieselbe Fahrstrecke oder eine
Fahrstrecke mit vergleichbaren Streckenparametern, deren Kontextinformationen der
aktuellen Kontextsituation des Schienenfahrzeugs entspricht, gefunden, so kann anhand
von Fahrzeitangaben der Referenz-Datensätze eine Fahrzeit für eine aktuell zurückzulegende
Fahrstrecke direkt abgeschätzt werden.
[0031] In einer Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Abschätzen einer voraussichtlichen
Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs erfolgt für den Fall, dass keine Referenz-Kontextinformation
gefunden wurde, welche der aktuellen Situation entspricht, die Ermittlung der voraussichtlichen
Fahrzeit auf Basis eines durch die in der Datenbank abgespeicherten Referenz-Datensätze
trainierten Schätzverfahrens.
[0032] Die Erfindung wird im Folgenden unter Hinweis auf die beigefügten Figuren anhand
von Ausführungsbeispielen noch einmal näher erläutert. Es zeigen:
- FIG 1
- ein Flussdiagramm, welches ein Verfahren zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit
eines Schienenfahr-zeugs gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel der Erfin-dung veranschaulicht,
- FIG 2
- ein Blockdiagramm, welches eine Zeitschätzeinrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel
der Erfindung veran-schaulicht,
- FIG 3
- ein Blockdiagramm, welches ein Verkehrssystem mit einer Zeitschätzeinrichtung gemäß
einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht.
[0033] In FIG 1 ist ein Flussdiagramm 100 gezeigt, welches ein Verfahren zum Abschätzen
einer voraussichtlichen Fahrzeit t
F eines Schienenfahrzeugs gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht.
Bei dem Schritt 1.I wird zunächst eine Fahrstrecke FS mit Start- und Zielort von einem
Benutzer festgelegt. Alternativ können Parameterdaten der Fahrstrecke auch aus einer
Datenbank oder von einer bordseitigen Rechnereinheit bezogen werden. Nachfolgend wird
bei dem Schritt 1.II eine Streckenlänge SL der von dem Schienenfahrzeug zurückzulegenden
Fahrstrecke FS ermittelt. Weiterhin werden bei dem Schritt 1.III aktuelle Kontextinformationen
KI, welche aktuelle fahrzeitrelevante Einflussfaktoren für eine von dem Schienenfahrzeug
zurückzulegende Fahrstrecke betreffen, ermittelt. Hierzu werden zum Beispiel über
das Internet aktuelle Wetterinformationen, Informationen über die aktuelle Verkehrssituation,
Informationen über tageszeitbedingte, regelmäßig vorkommende Einschränkungen und Informationen
über das Fahrprofil des Fahrers ermittelt. Bei dem Schritt 1.IV werden dann die Kontextinformationen
KI sowie die ermittelten Routeninformationen FS, LS und zusätzlich historische Referenz-Kontextinformationen
RKI und Routeninformationen RFS, RLS aus einer Datenbank dazu herangezogen, eine voraussichtliche
Fahrzeit t
F zu schätzen. Es stehen eine Vielzahl von Methoden für das Schätzen der Fahrzeit zur
Verfügung. Beispielsweise können dazu überwachte oder nicht-überwachte maschinelle
Lernverfahren, Nächste-Nachbarn-Vergleiche oder simulationsbasierte Vorgehensweisen
eingesetzt werden.
[0034] In FIG 2 ist ein Blockdiagramm gezeigt, welches eine Zeitschätzeinrichtung 20 gemäß
einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht. Die Zeitschätzeinrichtung
20 kann zum Beispiel zentral in einer Verkehrsüberwachungszentrale untergebracht sein.
Die Zeitschätzeinrichtung 20 umfasst eine Kommunikationsschnittstelle 21 für eine
Kommunikation mit externen Einheiten und Benutzern. Über die Kommunikationsschnittstelle
21 erhält die Positionsermittlungseinrichtung 20 beispielsweise von einem Benutzer
Informationen FS über eine aktuelle Fahrstrecke, insbesondere Start- und Zielort,
und gegebenenfalls zusätzliche Informationen, wie zum Beispiel die Streckenlänge SL.
Die eingegebenen Daten FS, SL werden an eine Kontextermittlungseinheit 22 weitergegeben,
welche auf Basis dieser Daten SL, FS geeignete Kontextinformationen KI zu der aktuellen
Fahrstrecke sucht. Hierzu werden über die Kommunikationsschnittstelle 21 entsprechende
Kontextdaten KI, beispielsweise Wetterdaten, im Internet gesucht und akquiriert. Die
ermittelten Kontextinformationen KI und weitere die betreffende Fahrstrecke FS kennzeichnende
Daten FS, SL werden an eine Vergleichseinheit 23 übermittelt. Die Vergleichseinheit
23 vergleicht die ermittelten Kontextinformationen KI mit historischen Referenz-Kontextinformationen
RKI.
[0035] Die historischen Referenz-Kontextinformationen RKI werden aus einer externen Datenbank
DB herausgesucht und ein Referenzdatensatz NRD mit Referenz-Kontextinformationen RKI,
welche den Kontextinformationen KI der aktuellen Fahrstrecke am ähnlichsten sind,
wird schließlich als geeigneter Referenzdatensatz NRD identifiziert und an eine Schätzeinheit
24 übermittelt. Die Schätzeinheit 24 ermittelt dann auf Basis des ausgewählten Referenzdatensatzes
NRD eine voraussichtliche Fahrzeit t
F für die gewählte Fahrstrecke FS. Die ermittelte Fahrzeit t
F kann schließlich über die Kommunikationsschnittstelle 21 an einen Benutzer oder eine
Verkehrsleiteinrichtung ausgegeben werden. Wie bereits erwähnt, kann der Schätzvorgang
auch alternativ auf Basis einer Vielzahl von Referenzdatensätzen NRD erfolgen, wobei
diese für ein Training der Schätzeinheit 24 genutzt werden, die dann auf Basis eines
trainierten Modells und der erfassten aktuellen Kontextinformation KI der aktuellen
Fahrstrecke FS eine voraussichtliche Fahrzeit t
F schätzt.
[0036] In FIG 3 ist ein Verkehrssystem 30 veranschaulicht. Das Verkehrssystem 30 umfasst
eine Mehrzahl von Schienenfahrzeugen 31a, 31b, 31c und eine erfindungsgemäße Fahrzeitschätzeinrichtung
20. Von den Schienenfahrzeugen 31a, 31b, 31c werden Daten, insbesondere aktuelle Kontextdaten
KI, aber auch Streckenparameter FS, LS über unterschiedliche Fahrstrecken über eine
Kommunikationsschnittstelle 21 an die Fahrzeitschätzeinrichtung 20 übermittelt. Auf
Basis dieser Daten KI, FS, LS sowie zusätzlicher Referenzdaten, insbesondere Referenz-Kontextinformationen
RKI, welche für die unterschiedlichen Fahrstrecken FS aus einer Datenbank DB bezogen
werden, ermittelt die Fahrzeitschätzeinrichtung 20 voraussichtliche Fahrzeiten t
F für die einzelnen Fahrzeuge 31a, 31b, 31c und übermittelt diese Daten t
F an diese Fahrzeuge 31a, 31b, 31c sowie eine Verkehrsleiteinrichtung 32.
[0037] Es wird abschließend noch einmal darauf hingewiesen, dass es sich bei den vorbeschriebenen
Verfahren und Vorrichtungen lediglich um bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung
handelt und dass die Erfindung vom Fachmann variiert werden kann, ohne den Bereich
der Erfindung zu verlassen, soweit er durch die Ansprüche vorgegeben ist. Es wird
der Vollständigkeit halber auch darauf hingewiesen, dass die Verwendung der unbestimmten
Artikel "ein" bzw. "eine" nicht ausschließt, dass die betreffenden Merkmale auch mehrfach
vorhanden sein können. Ebenso schließt der Begriff "Einheit" nicht aus, dass diese
aus mehreren Komponenten besteht, die gegebenenfalls auch räumlich verteilt sein können.
1. Verfahren zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit (t
F) eines Schienenfahrzeugs (31a, 31b, 31c):
- Ermitteln von aktuellen Kontextinformationen (KI), welche aktuelle fahrzeitrelevante
Einflussfaktoren für eine von dem Schienenfahrzeug (31a, 31b, 31c) zurückzulegende
Fahrstrecke (FS) betreffen,
- Vergleichen der Kontextinformationen (KI) mit historischen Referenz-Kontextinformationen
(RKI) zu der Fahrstrecke (FS) oder einer mit der Fahrstrecke (FS) vergleichbaren Fahrstrecke
aus einer Datenbank (DB), wobei die Referenz-Kontextinformationen (RKI) zusätzlich
historische Fahrzeitinformationen zu der zugeordneten Fahrstrecke aufweisen,
- Ermitteln der voraussichtlichen Fahrzeit (tF) für die zurückzulegende Fahrstrecke (FS) auf Basis des Vergleichs der Kontextinformationen
(KI) mit den historischen Referenz-Kontextinformationen (RKI), wobei die Ermittlung
der voraussichtlichen Fahrzeit (tF) auf Basis eines durch die in der Datenbank (DB) abgespeicherten Referenzkontextinformationen
(RKI) trainierten Schätzverfahrens erfolgt und das Training des Schätzverfahrens ein
maschinelles Lernverfahren umfasst.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die ermittelte voraussichtliche Fahrzeit (t
F) für mindestens eine der folgenden Maßnahmen genutzt wird:
- Aktualisieren der voraussichtlichen Fahrzeit auf Bildanzeigen des Schienenfahrzeugs
(31a, 31b, 31c),
- Informieren von Passagieren und/oder anderen Zügen über die voraussichtliche Fahrzeit
(tF),
- Optimieren des Geschwindigkeitsprofils und/oder des Energieverbrauchs des Schienenfahrzeugs
(31a, 31b, 31c),
- Vorbereiten der Infrastruktur auf die Ankunft des Schienenfahrzeugs (31a, 31b, 31c).
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei auf Basis des Vergleichs ein Referenzdatensatz
(NRD) mit Referenz-Kontextinformationen (RKI) identifiziert wird, welcher den ermittelten
Kontextinformationen (KI) am nächsten kommt und das Ermitteln der voraussichtlichen
Fahrzeit (tF) auf Basis von dem ausgewählten Referenzdatensatz (NRD) zugeordneten historischen
Fahrzeitinformationen erfolgt.
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die Kontextinformationen (KI)
mindestens einen Teil der folgenden Informationsarten umfassen:
- Wetterdaten,
- Jahreszeitdaten,
- das Datum und die Uhrzeit,
- den Fahrzeugtyp,
- den Streckentyp,
- den Streckenzustand,
- den Namen und/oder eine Identitätsnummer und/oder ein anderes eindeutiges Kennzeichen
des Fahrers, welches zu dessen eindeutiger Identifizierung genutzt werden kann,
- die letzte Fahrzeit für die aktuelle Fahrstrecke (FS),
- Zeitpunkte und Orte öffentlicher Ereignisse und Veranstaltungen
- die Anzahl von Buchungen und/oder Reservierungen
- die Anzahl von Zwischenstopps und Verbindungen mit anderen Zügen
- die Verspätungszeiten der einzelnen Züge und ihrer Ankunftszeiten.
5. Fahrzeitschätzeinrichtung (20) für ein Schienenfahrzeug (31a, 31b, 31c), aufweisend:
- eine Kontextermittlungseinheit (21) zum Ermitteln von aktuellen Kontextinformationen
(KI), welche aktuelle fahrzeitrelevante Einflussfaktoren für eine von dem Schienenfahrzeug
(31a, 31b, 31c) zurückzulegende Fahrstrecke (FS) betreffen,
- eine Vergleichseinheit (22) zum Vergleichen der Kontextinformationen (KI) mit historischen
Referenz-Kontextinformationen (RKI) zu der Fahrstrecke (FS) oder einer mit der Fahrstrecke
(FS) vergleichbaren Fahrstrecke aus einer Datenbank (DB), wobei die Referenz-Kontextinformationen
(RKI) zusätzlich historische Fahrzeitinformationen zu der zugeordneten Fahrstrecke
aufweisen,
- eine Schätzeinheit (24) zum Ermitteln der voraussichtlichen Fahrzeit (tF) für die zurückzulegende Fahrstrecke (FS) auf Basis des Vergleichs der Kontextinformationen
(KI) mit den historischen Referenz-Kontextinformationen (RKI) mit Hilfe eines durch
die in der Datenbank (DB) abgespeicherten Referenzkontextinformationen (RKI) mit Hilfe
eines maschinellen Lernverfahrens trainierten Schätzverfahrens.
6. Verkehrssystem (30), aufweisend eine Fahrzeitschätzeinrichtung (20) nach Anspruch
5.
7. Computerprogrammprodukt mit einem Computerprogramm, welches direkt in eine Speichereinheit
eines Verkehrssystems (30) ladbar ist, mit Programmabschnitten, um alle Schritte eines
Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 4 auszuführen, wenn das Computerprogramm
in dem Schienenfahrzeug ausgeführt wird.
8. Computerlesbares Medium, auf welchem von einer Rechnereinheit ausführbare Programmabschnitte
gespeichert sind, um alle Schritte des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 4
auszuführen, wenn die Programmabschnitte von der Rechnereinheit ausgeführt werden.