(19)
(11) EP 3 437 958 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.02.2019  Patentblatt  2019/06

(21) Anmeldenummer: 18186042.0

(22) Anmeldetag:  27.07.2018
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B61L 27/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(30) Priorität: 03.08.2017 DE 102017213512

(71) Anmelder: Siemens Aktiengesellschaft
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Calder, Steven Alexander
    12051 Berlin (DE)
  • Ketabdar, Hamed
    10707 Berlin (DE)
  • Nourani-Vatani, Navid
    12489 Berlin (DE)
  • Palmer, Andrew
    10965 Berlin (DE)

   


(54) ABSCHÄTZEN EINER VORAUSSICHTLICHEN FAHRZEIT EINES SCHIENENFAHRZEUGS


(57) Es wird ein Verfahren zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit (tF) eines Schienenfahrzeugs (31a, 31b, 31c) beschrieben. Bei dem Verfahren werden aktuelle Kontextinformationen (KI) ermittelt, welche aktuelle fahrzeitrelevante Einflussfaktoren für eine von dem Schienenfahrzeug (30) zurückzulegende Fahrstrecke (FS) betreffen. Es werden Kontextinformationen (KI) mit historischen Referenz-Kontextinformationen (RKI) zu der Fahrstrecke (FS) oder einer mit der Fahrstrecke vergleichbaren Fahrstrecke aus einer Datenbank vergleichen. Dabei weisen die Referenz-Kontextinformationen (RKI) zusätzlich historische Fahrzeitinformationen zu einer zugeordneten Fahrstrecke auf. Schließlich wird die voraussichtliche Fahrzeit (tF) für die zurückzulegende Fahrstrecke (FS) auf Basis des Vergleichs der Kontextinformationen (KI) mit den historischen Referenz-Kontextinformationen (RKI) ermittelt, wobei die Ermittlung der voraussichtlichen Fahrzeit (tF) auf Basis eines durch die in der Datenbank (DB) abgespeicherten Referenzkontextinformationen (RKI) trainierten Schätzverfahrens erfolgt und das Training des Schätzverfahrens ein maschinelles Lernverfahren umfasst. Es wird auch eine Fahrzeitschätzeinrichtung (20) beschrieben. Überdies wird ein Verkehrssystem (30) beschrieben.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs. Überdies betrifft die Erfindung eine Fahrzeitschätzeinrichtung. Weiterhin betrifft die Erfindung ein Verkehrssystem.

[0002] Bei der Organisation des Schienenverkehrs ist es besonders wichtig, planen zu können, welche Fahrzeit ein Schienenfahrzeug von einem Ort zu einem anderen Ort benötigt. Denn auf Basis dieser Informationen können Zeitpläne, beispielsweise Fahrpläne, für öffentliche Transportsysteme erstellt werden, damit die Passagiere einschätzen können, welche Zeit sie benötigen, um ein bestimmtes Fahrziel zu erreichen.

[0003] Üblicherweise werden in Navigationssystemen Distanzen zwischen einzelnen Orten und Informationen über Geschwindigkeitsbeschränkungen genutzt, um eine voraussichtliche Fahrzeit zu ermitteln. Allerdings gibt es eine Vielzahl von weiteren Faktoren, welche die Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs beeinflussen können.

[0004] In DE 10 2016 215 767 A1 wird ein Verfahren zur Vorhersage eines erwarteten Zuglaufs beschrieben. Dabei werden historische Rahmenbedingungen und Fahrtdaten aus einer Datenbank mit aktuellen Rahmenbedingungen und Fahrtdaten verglichen und basierend auf den historischen Rahmenbedingungen und Fahrtdaten wird der zu erwartende Zuglauf bestimmt.

[0005] In DE 2005 051 077 A1 wird ein Verfahren zum Erfassen und Berücksichtigen von Seitenwindbelastungen bei einem in Fahrt befindlichen Schienenfahrzeug beschrieben.

[0006] In DE 10 2009 023 704 A1 wird ein Verfahren zur Information von Fahrpersonal in einem Schienenfahrzeug über ein Darstellungsmittel beschrieben.

[0007] In DE 196 33 525 wird eine zu erwartende Ankunftszeit und/oder Abfahrtszeit eines Fahrzeugs auf Basis einer zu erwartenden Fahrgeschwindigkeit ermittelt und über eine Kommunikationseinrichtung an einen Benutzer übermittelt.

[0008] Es besteht also die Aufgabe, ein Verfahren und eine Vorrichtung anzugeben, mit denen eine exaktere Zeitplanung für die Fahrt von Schienenfahrzeugen möglich ist.

[0009] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs gemäß Patentanspruch 1, eine Fahrzeitschätzeinrichtung gemäß Patentanspruch 5 und ein Verkehrssystem gemäß Patentanspruch 6 gelöst.

[0010] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs werden aktuelle Kontextinformationen, welche aktuelle fahrzeitrelevante Einflussfaktoren für eine von dem Schienenfahrzeug zurückzulegende Fahrstrecke betreffen, ermittelt.

[0011] Weiterhin werden Kontextinformationen mit historischen Referenz-Kontextinformationen zu der Fahrstrecke oder einer mit der Fahrstrecke vergleichbaren Fahrstrecke aus einer Datenbank verglichen, wobei die Referenz-Kontextinformationen zusätzlich historische Fahrzeitinformationen zu der zugeordneten Fahrstrecke aufweisen. Bei einer mit der aktuellen Fahrstrecke vergleichbaren Fahrstrecke handelt es sich um eine Fahrstrecke mit vergleichbaren Streckenparametern. Beispielsweise ist die Länge und die Topographie der Strecke vergleichbar, herrschen dort ähnliche Verkehrsdichten usw.. Es kann in einem solchen Fall davon ausgegangen werden, dass mit einem ähnlichen Kontext, beispielsweise mit einem ähnlich schnellen Fahrzeug bei ähnlichen Verkehrsbedingungen, eine ähnliche Fahrzeit erreicht wird. Schließlich wird eine voraussichtliche Fahrzeit für die zurückzulegende Fahrstrecke auf Basis des Vergleichs der Kontextinformationen mit den historischen Referenz-Kontextinformationen ermittelt. Das Ermitteln der voraussichtlichen Fahrzeit kann zum Beispiel auf Basis von mit Hilfe des Vergleichs ausgewählten Referenzdatensätzen und den aktuellen Kontextinformationen erfolgen. Dabei kommt ein durch die in der Datenbank abgespeicherten Referenzkontextinformationen trainiertes Schätzverfahren zum Einsatz, wobei das Training des Schätzverfahrens ein maschinelles Lernverfahren umfasst.

[0012] Aufgrund der genaueren Fahrzeitermittlung können von Bahnbetreibern vorteilhaft exaktere Fahrpläne erstellt werden. Das Verfahren kann zudem auch vorteilhaft dazu eingesetzt werden, Fahrpläne in Abhängigkeit von einem sich ändernden Kontext zu aktualisieren und somit den Fahrgästen verlässlichere und präzisere Informationen zukommen zu lassen und den Fahrbetrieb exakter abstimmen zu können.

[0013] Der Einsatz eines maschinellen Lernverfahrens ist besonders vorteilhaft, wenn ein Streckenabschnitt zum ersten Mal durchfahren wird und noch keine historischen Daten von diesem Streckenabschnitt zur Verfügung stehen. In diesem Fall kann die Fahrzeit auf Basis von Referenzdaten von anderen Strecken erfolgen, welche ähnliche Eigenschaften wie die aktuelle Strecke aufweisen.

[0014] Außerdem können in Echtzeit Kontextdaten bzw. Referenzdaten von dem aktuell bereits zurücklegten Teil des befahrenen Streckenabschnitts gewonnen und ausgewertet werden. Die beiden Vorgehensweisen können auch kombiniert werden, um eine genauere Schätzung der Fahrzeit vornehmen zu können.

[0015] Vorteilhaft kann mit Hilfe eines derart trainierten Schätzverfahrens die Einschätzung der voraussichtlichen Fahrzeit auf einer breiten Datenbasis von Referenz-Datensätzen erfolgen, so dass aufgrund von statistischen Effekten die Zuverlässigkeit und Genauigkeit des Schätzergebnisses erhöht wird.

[0016] In einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs umfasst das Training des Schätzverfahrens ein maschinelles Lernverfahren.

[0017] Mit einem maschinellen Lernverfahren kann aus Beispielen gelernt werden und diese werden nach Beendigung der Lernphase verallgemeinert. Das heißt, es werden nicht einfach die Beispiele auswendig gelernt, sondern es werden Muster und Gesetzmäßigkeiten in den Lerndaten erkannt. So können anschließend auch unbekannte Daten beurteilt werden.

[0018] Die erfindungsgemäße Fahrzeitschätzeinrichtung für ein Schienenfahrzeug umfasst eine Kontextermittlungseinheit zum Ermitteln von aktuellen Kontextinformationen, welche aktuelle fahrzeitrelevante Einflussfaktoren für eine von dem Schienenfahrzeug zurückzulegende Fahrstrecke betreffen. Teil der erfindungsgemäßen Fahrzeitschätzeinrichtung ist auch eine Vergleichseinheit, welche dazu eingerichtet ist, die Kontextinformationen mit historischen Referenz-Kontextinformationen zu der Fahrstrecke oder einer mit der Fahrstrecke vergleichbaren Fahrstrecke aus einer Datenbank zu vergleichen. Die Referenz-Kontextinformationen weisen zusätzlich historische Fahrzeitinformationen zu der zurückzulegenden Fahrstrecke auf.

[0019] Schließlich weist die erfindungsgemäße Fahrzeitschätzeinrichtung auch eine Schätzeinheit zum Ermitteln der voraussichtlichen Fahrzeit für die zurückzulegende Fahrstrecke auf Basis des Vergleichs der Kontextinformationen mit den historischen Referenz-Kontextinformationen mit Hilfe eines durch die in der Datenbank abgespeicherten Referenzkontextinformationen durch ein maschinelles Lernverfahren trainierten Schätzverfahrens auf. Die erfindungsgemäße Fahrzeitschätzeinrichtung teilt die Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs.

[0020] Das erfindungsgemäße Verkehrssystem weist die erfindungsgemäße Zeitschätzeinrichtung auf. Die erfindungsgemäße Zeitschätzeinrichtung teilt die Vorteile der erfindungsgemäßen Zeitschätzeinrichtung.

[0021] Einige Komponenten der erfindungsgemäßen Zeitschätzeinrichtung können zum überwiegenden Teil in Form von Softwarekomponenten ausgebildet sein. Dies betrifft insbesondere Teile der Kontextermittlungseinheit, der Vergleichseinheit und der Schätzeinheit. Grundsätzlich können diese Komponenten aber auch zum Teil, insbesondere wenn es um besonders schnelle Berechnungen geht, in Form von softwareunterstützter Hardware, beispielsweise FPGAs oder dergleichen, realisiert sein. Ebenso können die benötigten Schnittstellen, beispielsweise wenn es nur um eine Übernahme von Daten aus anderen Softwarekomponenten geht, als Softwareschnittstellen ausgebildet sein. Sie können aber auch als hardwaremäßig aufgebaute Schnittstellen ausgebildet sein, die durch geeignete Software angesteuert werden. Die Berechnungen können auch außerhalb des Schienenfahrzeugs in einer externen zentralen Rechnereinheit, beispielsweise als Zentralrechner eines Datennetzwerks, erfolgen. Aktuelle, durch Fahrzeugsensoren erfasst Kontextinformationen können gegebenenfalls von dem Schienenfahrzeug an diese externe zentrale Rechnereinheit übermittelt werden. Umgekehrt können auch von der zentralen Rechnereinheit ermittelte Fahrzeitinformationen an einzelne Schienenfahrzeuge übermittelt werden.

[0022] Eine weitgehend softwaremäßige Realisierung hat den Vorteil, dass auch schon bisher in einem Verkehrsleitsystem vorhandene Rechnersysteme auf einfache Weise durch ein Software-Update nachgerüstet werden können, um auf die erfindungsgemäße Weise zu arbeiten. Insofern wird die Aufgabe auch durch ein entsprechendes Computerprogrammprodukt mit einem Computerprogramm gelöst, welches direkt in eine Speichereinrichtung eines solchen Rechnersystems ladbar ist, mit Programmabschnitten, um alle Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens auszuführen, wenn das Computerprogramm in dem Rechnersystem ausgeführt wird.

[0023] Ein solches Computerprogrammprodukt kann neben dem Computerprogramm gegebenenfalls zusätzliche Bestandteile, wie z.B. eine Dokumentation und/oder zusätzliche Komponenten, auch Hardware-Komponenten, wie z.B. Hardware-Schlüssel (Dongles etc.) zur Nutzung der Software, umfassen

[0024] Zum Transport zur Speichereinrichtung des Rechnersystems und/oder zur Speicherung an dem Rechnersystem kann ein computerlesbares Medium, beispielsweise ein Memorystick, eine Festplatte oder ein sonstiger transportabler oder fest eingebauter Datenträger dienen, auf welchem die von einer Rechnereinheit einlesbaren und ausführbaren Programmabschnitte des Computerprogramms gespeichert sind. Die Rechnereinheit kann z.B. hierzu einen oder mehrere zusammenarbeitende Mikroprozessoren oder dergleichen aufweisen.

[0025] Die abhängigen Ansprüche sowie die nachfolgende Beschreibung enthalten jeweils besonders vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung. Dabei können insbesondere die Ansprüche einer Anspruchskategorie auch analog zu den abhängigen Ansprüchen einer anderen Anspruchskategorie und deren Beschreibungsteilen weitergebildet sein. Zudem können im Rahmen der Erfindung auch die verschiedenen Merkmale unterschiedlicher Ausführungsbeispiele und Ansprüche auch zu neuen Ausführungsbeispielen kombiniert werden.

[0026] Vorteilhaft kann die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ermittelte voraussichtliche Fahrzeit für mindestens eine der folgenden Maßnahmen genutzt werden:
  • Aktualisieren der voraussichtlichen Fahrzeit auf den Bildanzeigen des Schienenfahrzeugs,
  • Informieren von Passagieren und/oder anderen Zügen über die voraussichtliche Fahrzeit,
  • Optimieren des Geschwindigkeitsprofils und/oder des Energieverbrauchs des Schienenfahrzeugs,
  • Vorbereiten der Infrastruktur, wie z.B. Weichen, Signale, Haltepunkte, auf die Ankunft des Schienenfahrzeugs.


[0027] Durch die beschriebenen Maßnahmen wird die Effektivität des Schienenverkehrs verbessert und der Komfort für die Reisenden gesteigert.

[0028] In einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs wird auf Basis des Vergleichs ein Referenzdatensatz mit Referenz-Kontextinformationen identifiziert, welcher den ermittelten Kontextinformationen am nächsten kommt und das Ermitteln der voraussichtlichen Fahrzeit erfolgt auf Basis der dem ausgewählten Referenzdatensatz zugeordneten historischen Fahrzeitinformationen. Vorteilhaft wird bei dieser Variante ein historischer Referenzdatensatz gewählt, der dem aktuellen Szenario am ehesten entspricht. Die Ähnlichkeit des historischen Referenz-Datensatzes kann dabei durch Vergleich der einzelnen ihm zugehordneten historischen Kontextinformationen mit den entsprechenden Kontextinformationen der aktuellen Verkehrssituation ermittelt werden. Je besser der historische Referenz-Datensatz dem aktuellen Szenario entspricht, desto einfacher können die Fahrzeitinformationen des historischen Referenz-Datensatzes auf die aktuelle Situation übertragen werden.

[0029] In einer bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs umfassen die Kontextinformationen Informationen, welche das Abschätzen der Fahrzeit verbessern können, vorzugsweise mindestens einen Teil der folgenden Informationsarten:
  • Wetterdaten,
  • Jahreszeitdaten,
  • das Datum und die Uhrzeit,
  • den Fahrzeugtyp,
  • den Streckentyp,
  • den Streckenzustand,
  • den Namen und/oder eine Identitätsnummer und/oder ein anderes eindeutiges Kennzeichen des Fahrers, welches zu dessen eindeutiger Identifizierung genutzt werden kann,
  • die letzte Fahrzeit für die Fahrstrecke,
  • Zeitpunkte und Orte öffentlicher Ereignisse und Veranstaltungen, wie zum Beispiel Ferienzeiten, Konzerte usw.,
  • die Anzahl von Buchungen und/oder Reservierungen,
  • die Anzahl von Zwischenstopps und Verbindungen mit anderen Zügen, Verspätungszeiten der einzelnen Züge und ihre Ankunftszeiten.


[0030] Da die genannten Informationen Einfluss auf die Geschwindigkeit eines Schienenfahrzeugs haben können, ist es vorteilhaft, zumindest einen Teil davon bei der Fahrzeitermittlung mitzuberücksichtigen. Werden Referenz-Datensätze für dieselbe Fahrstrecke oder eine Fahrstrecke mit vergleichbaren Streckenparametern, deren Kontextinformationen der aktuellen Kontextsituation des Schienenfahrzeugs entspricht, gefunden, so kann anhand von Fahrzeitangaben der Referenz-Datensätze eine Fahrzeit für eine aktuell zurückzulegende Fahrstrecke direkt abgeschätzt werden.

[0031] In einer Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit eines Schienenfahrzeugs erfolgt für den Fall, dass keine Referenz-Kontextinformation gefunden wurde, welche der aktuellen Situation entspricht, die Ermittlung der voraussichtlichen Fahrzeit auf Basis eines durch die in der Datenbank abgespeicherten Referenz-Datensätze trainierten Schätzverfahrens.

[0032] Die Erfindung wird im Folgenden unter Hinweis auf die beigefügten Figuren anhand von Ausführungsbeispielen noch einmal näher erläutert. Es zeigen:
FIG 1
ein Flussdiagramm, welches ein Verfahren zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit eines Schienenfahr-zeugs gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel der Erfin-dung veranschaulicht,
FIG 2
ein Blockdiagramm, welches eine Zeitschätzeinrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veran-schaulicht,
FIG 3
ein Blockdiagramm, welches ein Verkehrssystem mit einer Zeitschätzeinrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht.


[0033] In FIG 1 ist ein Flussdiagramm 100 gezeigt, welches ein Verfahren zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit tF eines Schienenfahrzeugs gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht. Bei dem Schritt 1.I wird zunächst eine Fahrstrecke FS mit Start- und Zielort von einem Benutzer festgelegt. Alternativ können Parameterdaten der Fahrstrecke auch aus einer Datenbank oder von einer bordseitigen Rechnereinheit bezogen werden. Nachfolgend wird bei dem Schritt 1.II eine Streckenlänge SL der von dem Schienenfahrzeug zurückzulegenden Fahrstrecke FS ermittelt. Weiterhin werden bei dem Schritt 1.III aktuelle Kontextinformationen KI, welche aktuelle fahrzeitrelevante Einflussfaktoren für eine von dem Schienenfahrzeug zurückzulegende Fahrstrecke betreffen, ermittelt. Hierzu werden zum Beispiel über das Internet aktuelle Wetterinformationen, Informationen über die aktuelle Verkehrssituation, Informationen über tageszeitbedingte, regelmäßig vorkommende Einschränkungen und Informationen über das Fahrprofil des Fahrers ermittelt. Bei dem Schritt 1.IV werden dann die Kontextinformationen KI sowie die ermittelten Routeninformationen FS, LS und zusätzlich historische Referenz-Kontextinformationen RKI und Routeninformationen RFS, RLS aus einer Datenbank dazu herangezogen, eine voraussichtliche Fahrzeit tF zu schätzen. Es stehen eine Vielzahl von Methoden für das Schätzen der Fahrzeit zur Verfügung. Beispielsweise können dazu überwachte oder nicht-überwachte maschinelle Lernverfahren, Nächste-Nachbarn-Vergleiche oder simulationsbasierte Vorgehensweisen eingesetzt werden.

[0034] In FIG 2 ist ein Blockdiagramm gezeigt, welches eine Zeitschätzeinrichtung 20 gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht. Die Zeitschätzeinrichtung 20 kann zum Beispiel zentral in einer Verkehrsüberwachungszentrale untergebracht sein. Die Zeitschätzeinrichtung 20 umfasst eine Kommunikationsschnittstelle 21 für eine Kommunikation mit externen Einheiten und Benutzern. Über die Kommunikationsschnittstelle 21 erhält die Positionsermittlungseinrichtung 20 beispielsweise von einem Benutzer Informationen FS über eine aktuelle Fahrstrecke, insbesondere Start- und Zielort, und gegebenenfalls zusätzliche Informationen, wie zum Beispiel die Streckenlänge SL. Die eingegebenen Daten FS, SL werden an eine Kontextermittlungseinheit 22 weitergegeben, welche auf Basis dieser Daten SL, FS geeignete Kontextinformationen KI zu der aktuellen Fahrstrecke sucht. Hierzu werden über die Kommunikationsschnittstelle 21 entsprechende Kontextdaten KI, beispielsweise Wetterdaten, im Internet gesucht und akquiriert. Die ermittelten Kontextinformationen KI und weitere die betreffende Fahrstrecke FS kennzeichnende Daten FS, SL werden an eine Vergleichseinheit 23 übermittelt. Die Vergleichseinheit 23 vergleicht die ermittelten Kontextinformationen KI mit historischen Referenz-Kontextinformationen RKI.

[0035] Die historischen Referenz-Kontextinformationen RKI werden aus einer externen Datenbank DB herausgesucht und ein Referenzdatensatz NRD mit Referenz-Kontextinformationen RKI, welche den Kontextinformationen KI der aktuellen Fahrstrecke am ähnlichsten sind, wird schließlich als geeigneter Referenzdatensatz NRD identifiziert und an eine Schätzeinheit 24 übermittelt. Die Schätzeinheit 24 ermittelt dann auf Basis des ausgewählten Referenzdatensatzes NRD eine voraussichtliche Fahrzeit tF für die gewählte Fahrstrecke FS. Die ermittelte Fahrzeit tF kann schließlich über die Kommunikationsschnittstelle 21 an einen Benutzer oder eine Verkehrsleiteinrichtung ausgegeben werden. Wie bereits erwähnt, kann der Schätzvorgang auch alternativ auf Basis einer Vielzahl von Referenzdatensätzen NRD erfolgen, wobei diese für ein Training der Schätzeinheit 24 genutzt werden, die dann auf Basis eines trainierten Modells und der erfassten aktuellen Kontextinformation KI der aktuellen Fahrstrecke FS eine voraussichtliche Fahrzeit tF schätzt.

[0036] In FIG 3 ist ein Verkehrssystem 30 veranschaulicht. Das Verkehrssystem 30 umfasst eine Mehrzahl von Schienenfahrzeugen 31a, 31b, 31c und eine erfindungsgemäße Fahrzeitschätzeinrichtung 20. Von den Schienenfahrzeugen 31a, 31b, 31c werden Daten, insbesondere aktuelle Kontextdaten KI, aber auch Streckenparameter FS, LS über unterschiedliche Fahrstrecken über eine Kommunikationsschnittstelle 21 an die Fahrzeitschätzeinrichtung 20 übermittelt. Auf Basis dieser Daten KI, FS, LS sowie zusätzlicher Referenzdaten, insbesondere Referenz-Kontextinformationen RKI, welche für die unterschiedlichen Fahrstrecken FS aus einer Datenbank DB bezogen werden, ermittelt die Fahrzeitschätzeinrichtung 20 voraussichtliche Fahrzeiten tF für die einzelnen Fahrzeuge 31a, 31b, 31c und übermittelt diese Daten tF an diese Fahrzeuge 31a, 31b, 31c sowie eine Verkehrsleiteinrichtung 32.

[0037] Es wird abschließend noch einmal darauf hingewiesen, dass es sich bei den vorbeschriebenen Verfahren und Vorrichtungen lediglich um bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung handelt und dass die Erfindung vom Fachmann variiert werden kann, ohne den Bereich der Erfindung zu verlassen, soweit er durch die Ansprüche vorgegeben ist. Es wird der Vollständigkeit halber auch darauf hingewiesen, dass die Verwendung der unbestimmten Artikel "ein" bzw. "eine" nicht ausschließt, dass die betreffenden Merkmale auch mehrfach vorhanden sein können. Ebenso schließt der Begriff "Einheit" nicht aus, dass diese aus mehreren Komponenten besteht, die gegebenenfalls auch räumlich verteilt sein können.


Ansprüche

1. Verfahren zum Abschätzen einer voraussichtlichen Fahrzeit (tF) eines Schienenfahrzeugs (31a, 31b, 31c):

- Ermitteln von aktuellen Kontextinformationen (KI), welche aktuelle fahrzeitrelevante Einflussfaktoren für eine von dem Schienenfahrzeug (31a, 31b, 31c) zurückzulegende Fahrstrecke (FS) betreffen,

- Vergleichen der Kontextinformationen (KI) mit historischen Referenz-Kontextinformationen (RKI) zu der Fahrstrecke (FS) oder einer mit der Fahrstrecke (FS) vergleichbaren Fahrstrecke aus einer Datenbank (DB), wobei die Referenz-Kontextinformationen (RKI) zusätzlich historische Fahrzeitinformationen zu der zugeordneten Fahrstrecke aufweisen,

- Ermitteln der voraussichtlichen Fahrzeit (tF) für die zurückzulegende Fahrstrecke (FS) auf Basis des Vergleichs der Kontextinformationen (KI) mit den historischen Referenz-Kontextinformationen (RKI), wobei die Ermittlung der voraussichtlichen Fahrzeit (tF) auf Basis eines durch die in der Datenbank (DB) abgespeicherten Referenzkontextinformationen (RKI) trainierten Schätzverfahrens erfolgt und das Training des Schätzverfahrens ein maschinelles Lernverfahren umfasst.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die ermittelte voraussichtliche Fahrzeit (tF) für mindestens eine der folgenden Maßnahmen genutzt wird:

- Aktualisieren der voraussichtlichen Fahrzeit auf Bildanzeigen des Schienenfahrzeugs (31a, 31b, 31c),

- Informieren von Passagieren und/oder anderen Zügen über die voraussichtliche Fahrzeit (tF),

- Optimieren des Geschwindigkeitsprofils und/oder des Energieverbrauchs des Schienenfahrzeugs (31a, 31b, 31c),

- Vorbereiten der Infrastruktur auf die Ankunft des Schienenfahrzeugs (31a, 31b, 31c).


 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei auf Basis des Vergleichs ein Referenzdatensatz (NRD) mit Referenz-Kontextinformationen (RKI) identifiziert wird, welcher den ermittelten Kontextinformationen (KI) am nächsten kommt und das Ermitteln der voraussichtlichen Fahrzeit (tF) auf Basis von dem ausgewählten Referenzdatensatz (NRD) zugeordneten historischen Fahrzeitinformationen erfolgt.
 
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die Kontextinformationen (KI) mindestens einen Teil der folgenden Informationsarten umfassen:

- Wetterdaten,

- Jahreszeitdaten,

- das Datum und die Uhrzeit,

- den Fahrzeugtyp,

- den Streckentyp,

- den Streckenzustand,

- den Namen und/oder eine Identitätsnummer und/oder ein anderes eindeutiges Kennzeichen des Fahrers, welches zu dessen eindeutiger Identifizierung genutzt werden kann,

- die letzte Fahrzeit für die aktuelle Fahrstrecke (FS),

- Zeitpunkte und Orte öffentlicher Ereignisse und Veranstaltungen

- die Anzahl von Buchungen und/oder Reservierungen

- die Anzahl von Zwischenstopps und Verbindungen mit anderen Zügen

- die Verspätungszeiten der einzelnen Züge und ihrer Ankunftszeiten.


 
5. Fahrzeitschätzeinrichtung (20) für ein Schienenfahrzeug (31a, 31b, 31c), aufweisend:

- eine Kontextermittlungseinheit (21) zum Ermitteln von aktuellen Kontextinformationen (KI), welche aktuelle fahrzeitrelevante Einflussfaktoren für eine von dem Schienenfahrzeug (31a, 31b, 31c) zurückzulegende Fahrstrecke (FS) betreffen,

- eine Vergleichseinheit (22) zum Vergleichen der Kontextinformationen (KI) mit historischen Referenz-Kontextinformationen (RKI) zu der Fahrstrecke (FS) oder einer mit der Fahrstrecke (FS) vergleichbaren Fahrstrecke aus einer Datenbank (DB), wobei die Referenz-Kontextinformationen (RKI) zusätzlich historische Fahrzeitinformationen zu der zugeordneten Fahrstrecke aufweisen,

- eine Schätzeinheit (24) zum Ermitteln der voraussichtlichen Fahrzeit (tF) für die zurückzulegende Fahrstrecke (FS) auf Basis des Vergleichs der Kontextinformationen (KI) mit den historischen Referenz-Kontextinformationen (RKI) mit Hilfe eines durch die in der Datenbank (DB) abgespeicherten Referenzkontextinformationen (RKI) mit Hilfe eines maschinellen Lernverfahrens trainierten Schätzverfahrens.


 
6. Verkehrssystem (30), aufweisend eine Fahrzeitschätzeinrichtung (20) nach Anspruch 5.
 
7. Computerprogrammprodukt mit einem Computerprogramm, welches direkt in eine Speichereinheit eines Verkehrssystems (30) ladbar ist, mit Programmabschnitten, um alle Schritte eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 4 auszuführen, wenn das Computerprogramm in dem Schienenfahrzeug ausgeführt wird.
 
8. Computerlesbares Medium, auf welchem von einer Rechnereinheit ausführbare Programmabschnitte gespeichert sind, um alle Schritte des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 4 auszuführen, wenn die Programmabschnitte von der Rechnereinheit ausgeführt werden.
 




Zeichnung













Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente