Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft Lenkungssteuersysteme für Lenksysteme in Kraftfahrzeugen insbesondere
Lenkungssteuersysteme zur Steuerung von Lenkeingriffen im Einsatz bei einem autonomen
Fahrbetrieb.
Technischer Hintergrund
[0002] Kraftfahrzeuge können mit einer autonomen Fahrfunktion ausgestattet werden, die eine
selbständige Fahrt des Kraftfahrzeugs ermöglicht, ohne dass ein Fahrer Lenkeingriffe
durch eine Lenkradbetätigung oder vortriebsrelevante Eingriffe, wie z.B. Betätigen
eines Fahrpedals oder eines Bremspedals, durchführen muss. Ein wesentlicher Teil der
autonomen Fahrfunktion ist dabei die Vorgabe von Lenkeingriffsgrößen an ein Lenkungssteuersystem,
so dass das Lenkungssteuersystem einen Lenkeingriff entsprechend der vorgegebenen
Lenkeingriffsgröße in ordnungsgemäßer Weise umsetzt.
[0003] Beim Auftreten eines Fehlers im autonomen Fahrbetrieb oder bei einer geforderten
Deaktivierung des autonomen Fahrbetriebs muss entweder genügend Zeit für eine Übernahme
durch einen Fahrer überbrückt werden oder das Fahrzeug muss in der Lage sein, selbsttätig
am Straßenrand zum Stehen zu kommen. Lenkungssteuersysteme, die für den autonomen
Fahrbetrieb ausgelegt werden müssen daher in hohem Maße ausfallsicher ausgelegt werden.
[0004] Es ist unzureichend, das Lenkungssteuergerät mit redundanten Recheneinheiten auszuführen,
da bei Auftreten einer Fehlfunktion der Wirkmechanismus der fehlerhaften Recheneinheit
getrennt werden muss, um keinen fehlerhaften Lenkeingriff auszulösen. Daher sind Maßnahmen
notwendig, den Wirkmechanismus der fehlerbehafteten Recheneinheit zu entkoppeln, wie
z.B. durch das Auftrennen der Spannungsversorgung. Diese Maßnahme darf jedoch keine
Entkopplung einer nur vermeintlich fehlerbehafteten Recheneinheit durchführen, da
ansonsten eine korrekt funktionierende Recheneinheit fehlerhaft entkoppelt werden
könnte. Die Druckschrift
DE 103 28 707 A1 offenbart einen Fail-Silent-Datenbus in einem Bremssystem eines Kraftfahrzeugs mit
zwischen jeweils zwei oder mehreren Busknoten ablaufender Datenkommunikation auf zwei
parallelen Datenleitungen und mit einem Bustreiber für jede Datenleitung. Eine Steuereinrichtung
steuert den Buszugriff. Eine Redundanz in der Sensor- oder Rechenfunktion wird dadurch
erreicht, dass das ganze Steuergerät dupliziert wird.
[0005] Die Druckschrift
DE 10 2014 013 756 B3 offenbart eine elektrische Ausrüstung eines Fahrzeugs mit einer wenigstens teilweise
elektrischen Brems- und Lenkeinrichtung. Eine Fehlertoleranz bei einem Ausfall einer
Lenksystemkomponente wird dadurch verbessert, dass versucht wird, die ausgefallene
Lenkwirkung der betreffenden Lenksystemkomponente durch Erzeugung eines Giermoments
mittels gezielten Bremsens einzelner Räder wenigstens teilweise zu ersetzen. Um die
Ausfallsicherheit weiter zu erhöhen, ist die Stromversorgung der kombinierten Brems-
und Lenkeinrichtung in Form einer weiteren Fahrzeugbatterie redundant ausgeführt.
[0006] Die Druckschrift
WO 2014/131645 offenbart eine Bremsanlage, mit der die Sicherheitsanforderungen des autonomen Fahrens
erfüllt werden. Bei Auftreten eines Fehlers soll auch ohne Betätigung des Bremspedals
durch den Fahrer eine Bremsung möglich sein. Dazu sind eine erste und eine zweite
Steuer-und Regeleinheit zur Steuerung von autonomen Fahrfunktionen vorgesehen. Mithilfe
einer dritten Steuer- und Regeleinheit kann die Aufgabenverteilung der ersten und
der zweiten elektronischen Steuer- und Regeleinheit gesteuert werden.
[0007] Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Lenkungssteuersystem zur Verfügung
zu stellen, bei der ein Einzelfehler in einer der Recheneinheiten nicht zu einer fehlerhaften
Umsetzung des Lenkeingriffs durch eine autonome Lenkfunktion führt. Insbesondere soll
das Lenkungssteuersystem mit möglichst geringem Aufwand implementiert werden.
Offenbarung der Erfindung
[0008] Diese Aufgabe wird durch das Lenkungssteuersystem für ein Lenksystem eines Kraftfahrzeugs
gemäß Anspruch 1 sowie durch das Lenksystem, das Kraftfahrzeug und das Verfahren zum
Betreiben eines Lenksystems gemäß den nebengeordneten Ansprüchen gelöst.
[0009] Weitere Ausgestaltungen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
[0010] Gemäß einem ersten Aspekt ist ein Lenkungssteuersystem zum Betreiben eines Lenksystems
für ein Kraftfahrzeug gemäß einer Lenkeingriffsvorgabe durch Bereitstellen einer Lenkeingriffsgröße
vorgesehen, umfassend:
- mehrere Recheneinheiten, die jeweils zum Berechnen einer Stellgröße gemäß einem vorgegebenen
Berechnungsalgorithmus abhängig von der Lenkeingriffsvorgabe und einer oder mehreren
Betriebszustandsgrößen ausgebildet sind; und
- eine Umschalteinrichtung, um dem Lenksystem immer eine der Stellgrößen der Recheneinheiten
als die Lenkeingriffsgröße bereitzustellen; und
- eine Überwachungseinrichtung, die ausgebildet ist, um die Funktionsfähigkeit der mehreren
Recheneinheiten zu überprüfen, wobei die Umschalteinrichtung abhängig von dem Ergebnis
der Überprüfung angesteuert wird.
[0011] Weiterhin kann die Überwachungseinrichtung so ausgebildet sein, um als Lenkeingriffsgröße
die Stellgröße derjenigen Recheneinheit bzw. einer der Recheneinheiten bereitzustellen,
für die das Überprüfen der Funktionsfähigkeit keinen Fehler ergeben hat.
[0012] Eine Idee des obigen Lenkungssteuersystems besteht darin, eine Lenkeingriffsvorgabe
einer autonomen Fahrfunktion in redundanten Recheneinheiten parallel zu verarbeiten.
Diese Recheneinheiten stellen entsprechende Stellgrößen für einen Lenkantrieb des
Lenksystems bereit, um einen von einer autonomen Fahrfunktion vorgegebenen Lenkeingriff
auszuführen. Weiterhin ist eine Überwachungseinrichtung vorgesehen, die ausgebildet
ist, um eine Umschalteinrichtung anzusteuern, um immer eine der Stellgrößen der Recheneinheiten
als die relevante Lenkeingriffsgröße dem Lenksystem bereitzustellen, um den vorgegebenen
Lenkeingriff für die autonome Fahrfunktion umzusetzen.
[0013] Die Überwachungseinrichtung überprüft die ordnungsgemäße Funktion der mehreren Recheneinheiten
und wählt immer eine der Recheneinheiten bzw. diejenige Recheneinheit zur Bereitstellung
der entsprechenden Stellgröße als Lenkeingriffsgröße an das Lenksystem aus, für die
keine Fehlfunktion festgestellt worden ist. Es ist wesentlich, dass die Überwachungseinrichtung
lediglich zwischen den mehreren Recheneinheiten umschalten kann, sodass immer eine
der Stellgrößen der Recheneinheiten dem Lenksystem zur Verfügung gestellt wird, kann
ein Unterbrechen des Wirkmechanismus, d.h. ein Unterbinden des Bereitstellens aller
Stellgrößen an das Lenksystem ausgeschlossen werden.
[0014] Die Überwachungseinrichtung überwacht die Recheneinheiten auf offensichtliche Berechnungsfehler,
um entsprechende Fehler in den Recheneinheiten zu erkennen. Da die Überwachungseinrichtung
lediglich Berechnungsfehler in den Recheneinheiten detektieren muss, können die darin
realisierten Überwachungsfunktionen mit einer deutlich geringeren Komplexität aufgebaut
werden, so dass es ausreicht, dass lediglich zwei funktionsfähige Recheneinheiten
die autonome Fahrfunktion redundant ausführen.
[0015] Mit dieser Architektur kann ausgeschlossen werden, dass eine einfache (einzelne)
Fehlfunktion in einer der Komponenten (Recheneinheiten, Überwachungseinrichtung, Umschalteinrichtung)
des Lenkungssteuersystems die ordnungsgemäße Umsetzung der Lenkeingriffsvorgabe in
eine Lenkeingriffsgröße in dem Lenksystem nicht beeinträchtigt. Tritt beispielsweise
ein Fehler in einer der Recheneinheiten auf, so erkennt dies die Überwachungseinrichtung
und schaltet die Umschalteinrichtung so, dass die Stellgröße eine der übrigen oder
der anderen Recheneinheit als Lenkeingriffsgröße zum Ansteuern des Lenksystems bereitgestellt
wird.
[0016] Tritt ein Fehler in der Überwachungseinrichtung auf, kann dies lediglich dazu führen,
dass die Umschalteinrichtung auf der eingestellten Schaltposition verbleibt oder umschaltet,
um die Stellgröße einer (funktionsfähigen) anderen der Recheneinheiten an das Lenksystem
bereitzustellen. Auch wenn die Umschalteinrichtung defekt ist und nicht mehr auf die
Ansteuerung der Überwachungseinrichtung reagiert, so wird dennoch die Stellgröße einer
ordnungsgemäß funktionierenden Recheneinheit als Lenkeingriffsgröße an das Lenksystem
weitergegeben, da die Umschalteinrichtung lediglich zwischen den Ausgängen der Recheneinheiten
umschalten kann und keine Abschaltung vornehmen kann. Insgesamt ermöglicht das obige
Lenkungssteuersystem, dass ein Einzelfehler nicht zu einem Ausfall der Umsetzung der
Lenkeingriffsvorgabe z.B. von einer autonomen Fahrfunktion führt.
[0017] Es kann vorgesehen sein, dass die Berechnungsalgorithmen der Recheneinheiten diversitär
entwickelt sind, so dass die Berechnungsalgorithmen in unterschiedlichen Softwarecodes
implementiert sind, aber insbesondere gleiche Berechnungsfunktionen realisieren.
[0018] Gemäß einer Ausführungsform kann die Überwachungseinrichtung ausgebildet sein, die
Funktionsfähigkeit der mehreren Recheneinheiten zu überprüfen, indem die Plausibilität
der von den Recheneinheiten berechneten Stellgrößen überprüft wird.
[0019] Insbesondere kann die Überwachungseinrichtung ausgebildet sein, die Funktionsfähigkeit
der mehreren Recheneinheiten zu überprüfen, indem überprüft wird, ob die Stellgröße
einen vorgegebenen Maximalwert überschreitet oder außerhalb eines Zulässigkeitsbereichs
liegt, wobei der Maximalwert bzw. der Zulässigkeitsbereich fest vorgegeben sind oder
abhängig von der einen oder den mehreren Betriebszustandsgrößen und/oder der Lenkeingriffsvorgabe
bestimmt sind.
[0020] Weiterhin kann die Überwachungseinrichtung eine geringere Hardwarekomplexität aufweisen
als die Recheneinheiten.
[0021] Gemäß einem weiteren Aspekt ist ein Lenksystem mit dem obigen Lenkungssteuersystem
zum Bereitstellen einer Lenkeingriffsgröße und mit einem Lenkantrieb zum Bewirken
einer Lenkeingriffskraft oder einem Lenkeingriffsmoment abhängig von der Lenkeingriffsgröße
vorgesehen.
[0022] Gemäß einem weiteren Aspekt ist ein Verfahren zum Betreiben eines Lenkungssteuersystems
für ein Lenksystem vorgesehen, wobei das Lenkungssteuersystem mehrere Recheneinheiten
umfasst, die jeweils zum Berechnen einer Stellgröße gemäß einem vorgegebenen Berechnungsalgorithmus
abhängig von der Lenkeingriffsvorgabe und einer oder mehreren Betriebszustandsgrößen
ausgebildet sind, wobei immer genau eine der Stellgrößen als Lenkeingriffsgröße an
einen Lenkantrieb des Lenksystems bereitgestellt wird; mit folgenden Schritten:
- Überprüfen der Funktionsfähigkeit der mehreren Recheneinheiten;
- abhängig vom Ergebnis der Überprüfung, Bereitstellen eine der Stellgrößen der Recheneinheiten
als die Lenkeingriffsgröße an das Lenksystem.
Kurzbeschreibung der Zeichnungen
[0023] Ausführungsformen werden nachfolgend anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert.
Es zeigen:
- Figur 1
- ein Lenksystem für ein Kraftfahrzeug mit einem Lenkungssteuersystem;
- Figur 2
- eine detailliertere Darstellung des Aufbaus des Lenkungssteuersystems zur Verwendung
in einem Lenksystem; und
- Figur 3
- ein Flussdiagramm zur Veranschaulichung eines Verfahrens zum Betreiben des Lenkungssteuersystems
durch die Überwachungseinrichtung.
Beschreibung von Ausführungsformen
[0024] Figur 1 zeigt eine schematische Darstellung eines Lenksystems 1 eines Kraftfahrzeugs.
Das Lenksystem 1 umfasst eine Lenksäule 2, die mit einem Lenkrad 3 gekoppelt ist,
so dass eine Lenkbewegung, die von einem Fahrer auf das Lenkrad 3 ausgeübt wird, als
Handmoment auf die Lenksäule 2 wirkt. Die Lenksäule 2 überträgt das Handmoment auf
ein Ritzel 4, das mit einer Zahnstange 5 gekoppelt ist.
[0025] Die Zahnstange 5 ist zwischen zwei gelenkten Rädern 6 des Kraftfahrzeugs angeordnet.
Die Räder 6 sind so gehalten, dass sie bei einer linearen Bewegung der Lenkstange
5 um eine Schwenkachse verschwenkt werden.
[0026] Die Lenksäule 2 oder die Zahnstange 5 ist weiterhin mit einem Lenkantrieb 7 gekoppelt,
um einen Lenkeingriff bereitzustellen. Der Lenkeingriff kann einem Lenkeingriffsmoment,
das auf die Lenksäule 2 wirkt, oder einer Lenkeingriffskraft auf die Zahnstange 5
entsprechen. Im vorliegenden, in Figur 1 gezeigten Ausführungsbeispiel wirkt der Lenkantrieb
7 auf die Zahnstange 5.
[0027] Es ist weiterhin ein Lenkungssteuersystem 10 vorgesehen, das zur Steuerung des Lenksystems
1 und zur Umsetzung einer Lenkeingriffsvorgabe LV ausgebildet ist. Mithilfe eines
Drehmomentsensors 8 an der Lenksäule 2 kann ein über das Lenkrad 3 auf die Lenksäule
2 aufgebrachtes Handmoment bestimmt und eine entsprechende Handmomentangabe HM an
das Lenksteuersystem 10 übermittelt werden. Entsprechend kann die Lenksäule 2 mit
einem Lenkwinkelsensor 9 versehen sein, der einen Drehwinkel der Lenksäule 2 erfasst
und eine entsprechende Lenkwinkelangabe LW an das Lenkungssteuersystem 10 bereitstellt.
Anstelle oder zusätzlich zum Lenkwinkelsensor 9 kann ein Lagewinkelsensor vorgesehen
sein, der eine exakte Rotorlage eines Lenkunterstützungsmotors des Lenkantriebs 7
bestimmt.
[0028] Das Lenkungssteuersystem 10 realisiert eine Vielzahl von Lenkfunktionen, die über
eine Ansteuerung des Lenkantriebs 7 in das Lenksystem 1 und den Lenkvorgang eingreifen.
Derartige Lenkfunktionen können u.a. eine Fahrbahnrückmeldungsoptimierung, eine Schiefziehkompensation,
eine Blockiererkennung, eine Anpassung des Lenkgefühls beim Über-/Untersteuern, eine
zahnstangenkraftabhängige Lenkunterstützung, eine Unterstützungskraftregelung und
eine optimierte aktive Rückstellung umfassen. Weiterhin kann das Lenkungssteuersystem
10 ausgebildet sein, die Lenkeingriffsvorgabe LV z.B. von einer autonomen Fahrfunktion
zu empfangen und entsprechend einem Berechnungsalgorithmus in eine Lenkeingriffsgröße
AS zur Ansteuerung des Lenkantriebs 7 des Lenksystems 1 umzusetzen.
[0029] Das Lenkungssteuersystem 10 weist eine Konfiguration auf, wie sie in Figur 2 schematisch
dargestellt ist. Das Lenkungssteuersystem 10 der Figur 2 weist beispielhaft zwei gleiche
oder vergleichbare Recheneinheiten 11 auf. Es können auch mehr als zwei Recheneinheiten
11 vorgesehen sein. Den Recheneinheiten 11 werden Betriebszustandsgrößen B und eine
Lenkeingriffsvorgabe LV zugeführt, um eine Stellgröße zu ermitteln, die geeignet ist
als Lenkeingriffsgröße AS zur Ansteuerung des Lenkantriebs 7 verwendet zu werden.
Die Lenkeingriffsvorgabe LV kann einer Vorgabe einer autonomen Lenkfunktion entsprechen
und insbesondere einem Lenkwinkel oder einem Lenkmoment entsprechen.
[0030] Die Betriebszustandsgrößen B für die Berechnung der Stellgröße S können eine Angabe
zur Fahrbahnbeschaffenheit, eine Zahnstangenkraft, eine Umgebungstemperatur, eine
Fahrzeuggeschwindigkeit und dergleichen umfassen.
[0031] Aus den Betriebszustandsgrößen B und der Lenkeingriffsvorgabe LV ermitteln die Recheneinheiten
11 im Wesentlichen durch parallele Berechnung jeweils eine entsprechende Stellgröße
S, die jeweils für die Ansteuerung des Lenksystems 1 als Lenkeingriffsgröße AS geeignet
sind. Die Lenkeingriffsgröße AS für das Lenksystem 1 entspricht in der Regel einem
Stellmoment für den Lenkantrieb 7, der dort in geeigneter Weise umgesetzt wird. Die
in den Recheneinheiten 11 implementierten Lenkfunktionen können identisch oder vorzugsweise
diversitär entwickelt/programmiert sein, um systematische Fehler, die auf den gleichen
Ursachen beruhen, weitestgehend auszuschließen. D.h. die gleichen Berechnungsfunktionen
werden durch unterschiedliche Softwarecodes realisiert.
[0032] Die von den Recheneinheiten 11 bereitgestellten Stellgrößen S werden an entsprechende
Eingänge einer Umschalteinrichtung 12 angelegt. Die Umschalteinrichtung 12 weist weiterhin
einen Steuereingang auf, der durch eine Überwachungseinrichtung 13 angesteuert werden
wird. Die Umschalteinrichtung 12 ist so ausgebildet, dass zwingend eine von den Recheneinheiten
11 bereitgestellten Stellgrößen S an einen Ausgang der Umschalteinrichtung 12 als
die für das Lenksystem 1 zu verwendende (zur Ansteuerung des Lenkantriebs 7) Lenkeingriffsgröße
AS ausgegeben wird.
[0033] Die Überwachungseinrichtung 13 ist ausgebildet, um die Berechnung in den Recheneinheiten
11 zu überwachen und bei Auftreten eines offensichtlichen Fehlers die Umschalteinrichtung
12 so anzusteuern, dass die Stellgröße S derjenigen Recheneinheit 11 bzw. einer der
Recheneinheiten 11, in denen keine fehlerhafte Berechnung festgestellt worden ist,
über die Umschalteinrichtung 12 als Lenkeingriffsgröße AS an das Lenksystem 1 bereitgestellt
wird.
[0034] Die in den Recheneinheiten 11 implementierten Berechnungsfunktionen können Regelungsfunktionen,
Adaptionsfunktionen und dergleichen umfassen und fahrzeugindividuell oder entsprechend
dem Fahrzeugtyp parametriert sein. Dagegen dienen die Überwachungsfunktionen, die
in der Überwachungseinrichtung 13 implementiert sind, lediglich dazu, die von den
einzelnen Recheneinheiten 11 bereitgestellten Stellgröße S auf Plausibilität zu überwachen.
Die Überwachung kann basierend auf einer oder mehrerer der den Recheneinheiten 11
bereitgestellten Betriebszustandsgrößen B und der Lenkeingriffsvorgabe LV durchgeführt
werden, so dass ein Fehler erkannt wird, wenn das Berechnungsergebnis in Form der
jeweiligen Stellgröße S bezüglich der zugeführten Betriebszustandsgrößen B und der
Lenkeingriffsvorgabe LV nicht plausibel ist. Durch die Fehlererkennung lediglich basierend
auf einer Plausibilitätsprüfung der Überwachungsfunktion kann die Überwachungseinrichtung
13 in einer im Vergleich zu den Recheneinheiten 11 deutlich geringeren Komplexität
aufgebaut werden, so dass sich ein über die Redundanz der Recheneinheiten 11 hinaus
nur ein geringer zusätzlicher Implementierungsaufwand ergibt.
[0035] Beispielsweise kann eine derartige Überwachungsfunktion eine Überprüfung der Stellgrößen
S der Recheneinheiten 11 auf Überschreiten eines vorgegebenen Maximalwertes umfassen.
Der Maximalwert kann abhängig von den Betriebszustandsgrößen B und der Lenkeingriffsvorgabe
LV oder davon unabhängig vorgegeben sein. Ein Fehler wird für diejenige Recheneinheit
11 festgestellt, deren Stellgröße S den vorgegebenen Maximalwert überschreitet. Weiterhin
können die Stellgrößen S auch bezüglich eines Zulässigkeitsbereichs, der sich aus
den Betriebszustandsgrößen B und der Lenkeingriffsvorgabe LV ergibt, überwacht werden.
Ein Fehler wird für diejenige Recheneinheit 11 festgestellt, deren Stellgröße S sich
außerhalb des Zulässigkeitsbereichs befindet.
[0036] Das obige Lenkungssteuersystem 10 weist ausgehend von einem redundanten Vorsehen
der Recheneinheiten 11 nur einen geringen Überschuss an Hardwareaufwand auf, um eine
Toleranz gegenüber Einzelfehlern zu ermöglichen. Dadurch wird eine hohe Ausfallsicherheit
des gesamten Lenkungssteuersystems 10 erreicht. Grundsätzlich ist die Anzahl der verwendeten
Recheneinheiten 11 beliebig, jedoch bietet bereits das Lenkungssteuersystem 10 mit
zwei Recheneinheiten 11 eine ausreichende Sicherheit gegenüber Einzelfehlern bei geringstmöglichem
Hardwareaufwand.
[0037] Figur 3 ist ein Flussdiagramm zur Veranschaulichung der Funktion der Überwachungseinrichtung
13, näher dargestellt. In Schritt S1 rechnen die Recheneinheiten 11 im Wesentlichen
parallel die Stellgrößen S aus den vorgegebenen Betriebszustandsgrößen B und der Lenkeingriffsvorgabe
LV.
[0038] In Schritt S2 wird überprüft, ob die von allen Recheneinheiten 11 bereitgestellten
Stellgrößen S die Überwachungsbedingungen der Überwachungsfunktion entsprechen. Wird
für eine der Recheneinheiten 11 festgestellt, dass die bereitgestellte Stellgröße
S nicht den Überwachungsbedingungen entspricht (Alternative: Ja), so wird die Umschalteinrichtung
12 so angesteuert, dass die Stellgröße S der ordnungsgemäß funktionierenden Recheneinheit
11 oder die Stellgröße S einer der übrigen ordnungsgemäß funktionierenden Recheneinheiten
11 an den Ausgang der Umschalteinrichtung 12 als Lenkeingriffsgröße AS ausgeben kann.
Andernfalls (Alternative: Nein) wird der Schaltzustand der Umschalteinrichtung 12
nicht verändert und zu Schritt S1 zurückgesprungen.
[0039] Mit der obigen Konfiguration des Lenkungssteuersystems 10 kann ausgeschlossen werden,
dass eine einfache (einzelne) Fehlfunktion in einer der Komponenten des Lenkungssteuersystems
10 die ordnungsgemäße Umsetzung der Lenkeingriffsvorgabe LV in dem Lenksystem 1 nicht
beeinträchtigt. Tritt beispielsweise ein Fehler in einer der Recheneinheiten 11 auf,
so erkennt dies die Überwachungseinrichtung 13 und schaltet die Umschalteinrichtung
12 so, dass die Stellgröße S eine der übrigen oder der anderen Recheneinheit 11 als
Lenkeingriffsgröße AS zum Ansteuern des Lenksystems 1 bereitgestellt wird. Tritt ein
Fehler in der Überwachungseinrichtung 13 auf, kann dies lediglich dazu führen, dass
die Umschalteinrichtung 12 auf der eingestellten Schaltposition verbleibt oder umschaltet,
um die Stellgröße S einer (funktionsfähigen) anderen der Recheneinheiten 11 an das
Lenksystem 1 bereitzustellen. Auch wenn die Umschalteinrichtung 12 defekt ist und
nicht mehr auf die Ansteuerung der Überwachungseinrichtung 13 reagiert, so wird dennoch
die Stellgröße S einer ordnungsgemäß funktionierenden Recheneinheit 11 als Lenkeingriffsgröße
AS an das Lenksystem 1 weitergegeben, da die Umschalteinrichtung 12 lediglich zwischen
den Ausgängen der Recheneinheiten 11 umschalten kann und keine Abschaltung vornehmen
kann. Insgesamt ermöglicht das obige Lenkungssteuersystem 10, dass ein Einzelfehler
nicht zu einem Ausfall der Umsetzung der Lenkeingriffsvorgabe LV z.B. von einer autonomen
Fahrfunktion führt.
Bezugszeichenliste
[0040]
- 1
- Lenksystem
- 2
- Lenksäule
- 3
- Lenkrad
- 4
- Ritzel
- 5
- Zahnstange
- 6
- gelenkte Räder
- 7
- Lenkantrieb
- 8
- Drehmomentsensor
- 9
- Lenkwinkelsensor
- 10
- Lenkungssteuersystem
- 11
- Recheneinheit
- 12
- Umschalteinrichtung
- 13
- Überwachungseinrichtung
- B
- Betriebszustandsgröße
- AS
- Lenkeingriffsgröße
- LV
- Lenkeingriffsvorgabe
- HM
- Handmomentenangabe
1. Lenkungssteuersystem (10) zum Betreiben eines Lenksystems (1) für ein Kraftfahrzeug
gemäß einer Lenkeingriffsvorgabe (LV) durch Bereitstellen einer Lenkeingriffsgröße
(AS), umfassend:
- mehrere Recheneinheiten (11), die jeweils zum redundanten Berechnen einer Stellgröße
(S) gemäß einem vorgegebenen Berechnungsalgorithmus abhängig von der Lenkeingriffsvorgabe
(LV) und einer oder mehreren Betriebszustandsgrößen (B) ausgebildet sind;
- eine Umschalteinrichtung (12), um dem Lenksystem immer eine der Stellgrößen (S)
der Recheneinheiten (11) als die Lenkeingriffsgröße (AS) bereitzustellen; und
- eine Überwachungseinrichtung (13), die ausgebildet ist, um die Funktionsfähigkeit
der mehreren Recheneinheiten (11) zu überprüfen, wobei die Umschalteinrichtung (12)
abhängig von dem Ergebnis der Überprüfung angesteuert wird.
2. Lenkungssteuersystem (10) nach Anspruch 1, wobei die Überwachungseinrichtung (13)
so ausgebildet ist, um als Lenkeingriffsgröße (AS) die Stellgröße (S) derjenigen Recheneinheit
(11) bzw. einer der Recheneinheiten (11), für die das Überprüfen der Funktionsfähigkeit
keinen Fehler ergeben hat, bereitzustellen.
3. Lenkungssteuersystem (10) nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Berechnungsalgorithmen
der Recheneinheiten (11) diversitär entwickelt sind, so dass die Berechnungsalgorithmen
in unterschiedlichen Softwarecodes implementiert sind.
4. Lenkungssteuersystem (10) nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei die Überwachungseinrichtung
(13) ausgebildet ist, die Funktionsfähigkeit der mehreren Recheneinheiten (11) zu
überprüfen, indem die Plausibilität der von den Recheneinheiten (11) berechneten Stellgrößen
(S) überprüft wird.
5. Lenkungssteuersystem (10) nach Anspruch 4, wobei die Überwachungseinrichtung (13)
ausgebildet ist, die Funktionsfähigkeit der mehreren Recheneinheiten (11) zu überprüfen,
indem überprüft wird, ob die jeweilige Stellgröße (S) einen vorgegebenen Maximalwert
überschreitet oder außerhalb eines Zulässigkeitsbereichs liegt, wobei der Maximalwert
bzw. der Zulässigkeitsbereich fest vorgegeben sind oder abhängig von der einen oder
den mehreren Betriebszustandsgrößen (B) und/oder der Lenkeingriffsvorgabe (LV) bestimmt
sind.
6. Lenkungssteuersystem (10) nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei die Überwachungseinrichtung
(13) eine geringere Hardwarekomplexität aufweist als die Recheneinheiten (11).
7. Lenksystem (1) mit einem Lenkungssteuersystem nach einem der Ansprüche 1 bis 6 zum
Bereitstellen einer Lenkeingriffsgröße (AS) und mit einem Lenkantrieb (7) zum Bewirken
einer Lenkeingriffskraft oder einem Lenkeingriffsmoment abhängig von der Lenkeingriffsgröße
(AS).
8. Verfahren zum Betreiben eines Lenkungssteuersystems (10) für ein Lenksystem (1), wobei
das Lenkungssteuersystem (10) mehrere Recheneinheiten (11) umfasst, die jeweils zum
redundanten Berechnen einer Stellgröße (S) gemäß einem vorgegebenen Berechnungsalgorithmus
abhängig von der Lenkeingriffsvorgabe (LV) und einer oder mehreren Betriebszustandsgrößen
(B) ausgebildet sind, wobei immer genau eine der Stellgrößen (S) als Lenkeingriffsgröße
(AS) an einen Lenkantrieb (7) des Lenksystems (1) bereitgestellt wird; mit folgenden
Schritten:
- Überprüfen der Funktionsfähigkeit der mehreren Recheneinheiten (11);
- abhängig vom Ergebnis der Überprüfung, Bereitstellen eine der Stellgrößen (S) der
Recheneinheiten (11) als die Lenkeingriffsgröße (AS) an den Lenkantrieb (7).