[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft einen Zellstoff mit einem erhöhten Gehalt an Hemicellulosen,
wobei der Anteil an Mannan verringert ist, eine daraus hergestellte Lyocellfaser sowie
deren Verwendung und Herstellungsverfahren dafür.
Hintergrund
[0002] Holz gewinnt mehr und mehr an Bedeutung als nachhaltiger und natürlicher Rohstoff
für alle Arten von Materialien. Chemisch gesehen umfasst es drei Hauptkomponenten:
Zellulose, Hemizellulose und Lignin. Für viele Anwendungen wird immer noch nur eine
einzige Komponente eingesetzt wie z. B. die Zellulose für regenerierte zellulosische
Fasern. Zellulose macht jedoch nur 40 bis 47% des Rohstoffes Holz aus. Weniger als
50% des Ausgangsmaterials gelangen in die fertige Faser. Über den Verlauf des Produktionsprozesses
vom Holz zur Faser wird ein Großteil des Rohstoffes abgebaut, geht verloren oder wird
für die Energieversorgung der Produktion genutzt. Aus den Prozessströmen werden in
geringem Maße auch Nebenprodukte wie z. B. Furfural, Essigsäure, Vanillin oder Tallöl
gewonnen. Auf der anderen Seite ist die Nachfrage nach zellulosischen Fasern wegen
des Bevölkerungswachstums und des steigenden Wohlstandes weltweit stark steigend.
Daher wäre es wünschenswert, wenn ein größerer Anteil des Rohstoffes, nämlich auch
die anderen Komponenten wie z. B. die Hemizellulosen im Endprodukt genutzt werden
könnten. Dadurch erzielte höhere Ausbeuten können zu einem wirtschaftlichen Vorteil
bei gleichzeitig verbesserter Nachhaltigkeit führen.
[0003] Hemizellulose im Sinne der vorliegenden Erfindung sind im Holz vorliegende Komponenten
in Form kurzkettiger Polymere aus C5 und/oder C6-Zuckern. Im Gegensatz zu Zellulose
weisen sie Seitengruppen auf und können daher nur in viel geringerem Ausmaß Kristalle
bilden. Ihre Grundbausteine sind Mannose, Xylose, Glucose, Rhamnose, Galactose. Die
Seitengruppen bestehen vorzugsweise aus Arabinosegruppen, Acetylgruppen und Galactoseresten
sowie O-Acetylgruppen und 4-O-Methylglucuronsäureseitengruppen. Es ist bekannt, dass
sich Mannane vorzugsweise mit Zellulose assoziiert finden, während Xylane eher mit
Lignin assoziieren. Die Zusammensetzung der Hemicellulosen ist je nach verwendeter
Holzart stark unterschiedlich. Im Laufe des Verarbeitungsprozesses bei der Herstellung
von Zellstoff werden Seitenketten zum Teil abgetrennt und die Polymerketten aufgespalten.
Im Rahmen dieser Erfindung umfasst die Bezeichnung Hemizellulosen solche in ihrer
nativen Struktur wie auch solche, die durch ihre Verarbeitung verändert wurden und
ebenfalls solche, die durch gezielte chemische Modifikation für den jeweiligen Verwendungszweck
eingestellt wurden. Ebenfalls umfasst sind auch kurzkettige Zellulosen und andere
Polyosen mit einem DP von bis zu 500.
[0004] Mannan und Xylan als prominente Beispiele von Hemicellulosen sind pflanzliche Polysaccharide,
die verzweigte Ketten mit einem Grundgerüst aus Mannose und Glukose bzw. Xylose darstellen.
Sie stehen nach der Zellulose, einem unverzweigten Homopolysaccharid aus Anhydro-Glukoseeinheiten,
für den größten Anteil an Polysacchariden im Holz und Zellstoff. Mannan ist somit
ein Heteropolysaccharid aus β(1-4) verknüpften Anhydro-Mannose- und Glucoseeinheiten
aus je 6 C-Atomen zusammengesetzt. Sie bilden eine Ringstruktur aus, die sogenannte
Pyranoseform. Sie sind nur leicht verzweigt mit Acetylgruppen und Galactoseresten.
Sie ähneln daher der gänzlich unverzweigten Zellulose am ehesten, beide Zuckermonomere
zählen zu den sogenannten Hexosen wegen ihrer 6 C-Atome. Es ist bekannt, dass Zellulose
und Mannan schon im Baum und im Zellstoff assoziiert sind. Mannan macht den mengenmäßig
größten Anteil der Hemizellulosen in Nadelhölzern aus und kommt auch nur dort vor
mit einem Gewichtsanteil von 15-20% bezogen auf Holz.
[0005] Xylose-Monomere dagegen haben nur 5 C-Atome. Daher zählt Xylan zu den Pentosanen.
Im Gegensatz zum Mannan ist Xylan ein Homopolymer, dessen Grundstruktur ausschließlich
aus β(1-4) gebundenen Anhydro-Xyloseeinheiten zusammengesetzt ist. Die Xylane von
Nadelhölzern und Laubhölzern unterscheiden sich grundsätzlich deutlich voneinander.
Laubholz besteht zu 10-35 Gew. % bezogen auf Holz aus Xylan. Sie enthalten im Gegensatz
zum Nadelholz kein Mannan. Das Laubholzxylan weist in unregelmäßigen Abständen 4-O-Methylglucuronsäure-Seitengruppen
auf und ist an C2 und C3-Position der Xyloseeinheiten häufig mit O-Acetylgruppen substituiert.
Laubholz-Xylane enthalten weiterhin geringe Mengen an Rhamnose und Galacturonsäure.
Als exakte Bezeichnung für das Laubholzxylan wird daher O-Acetyl-4-O-Methylglucuronoxylan
verwendet. Nadelhölzer enthalten dagegen zum einen einen deutlich geringen Anteil
an Xylan von 10-15% bezogen auf Holz. Zum anderen fehlen ihnen die Acetylseitengruppen,
gleichzeitig enthalten sie zusätzliche Arabinoseseitengruppen. Sie werden daher als
Arabino-4-O-Methylglucuronoxylan bezeichnet.
[0006] Während der Kochung und Bleiche bei der Zellstoffherstellung wechseln sich saure
und alkalische Prozessschritte ab, die eine Veränderung der chemischen Struktur der
Hemizellulosen bewirken. Es findet bei Xylan und Mannan eine Abspaltung der Acetylseitengruppen
statt. Zusätzlich erfolgt ein Abbau des Polymerisationsgrades im alkalischen und sauren
Milieu was zu einer Verkürzung der Grundstruktur der Hemizellulosen führt. Die Ketten
der nativen Hemizellulosen sind deutlich kürzer als die der Zellulose. Dadurch kann
es zu einer Herauslösung von kurzkettigen Hemizellulosen kommen, die sich wiederum
in der wässrigen Phase agglomerieren können und dann auf der Oberfläche des Zellstoffes
ausfallen können. Die Grundstruktur von Hemizellulosen aus Glucose-, Mannose- und
Xylose-Einheiten bleibt jedoch erhalten.
[0007] Bisher werden Hemizellulosen weitestgehend aus den Chemiezellstoffen entfernt, um
aus den aufgereinigten Materialien dann später Regeneratfasern produzieren zu können.
Aus technischen und wirtschaftlichen Gründen ist eine vollständige Entfernung des
Xylans und Mannans allerdings nicht möglich oder sinnvoll. Die Grenzwerte für Hemizellulosen
sind sehr niedrig und liegen für Chemiezellstoffe für den Viskose- und für den Lyocell-Prozess
bei deutlich unterhalb von 5% (Gew.-%). Die Auswirkungen von Mannan auf die Faserbildung
und die Fasereigenschaften wurden bis jetzt nicht untersucht. Untersuchungen zur Herstellung
von zellulosischen Fasern mit Xylan als zusätzliches natürliches Polymer sind sowohl
für den Lyocell-Prozess als auch für den Viskoseprozess im Labor- und Technikums Maßstab
aus der Literatur in beschränktem Maße bekannt. Die Aussagen in der Literatur sind
widersprüchlich. Die großtechnische Umsetzung ist bisher wegen gravierender Mängel
nicht erfolgt, wie z. B. verminderte Faserfestigkeiten, Verunreinigungen der Prozesskreisläufe,
schlechtere Prozessierbarkeit etc.
[0008] Versuche zum Zumischen von hochmolekularem Laubholz-Xylan im Viskoseprozess wurden
im Pilotmaßstab in der Literatur beschrieben (
WO2014086883;
Schild G, Liftinger E; Xylan enriched viscose fibers. Cellulose 21:3031-3039). Unabhängig vom Ursprung der Zellulose zeigte sich trotz guter Einmischung von hochmolekularem
Xylan eine Entmischung über den gesamten Faserquerschnitt mit einer deutlichen Anreicherung
des Xylans in der äußeren Faserschicht mit stark abfallender Konzentration zur Fasermitte.
Agglomerationen von Xylan wurden sogar als Klumpen auf der Faseroberfläche sichtbar.
[0010] Chen et al. (Chen J-H, Wang K, Xu F, Sun R (2015):
Zhang et al. (
Zhang H, Tong M (2007): Influence of Hemicelluloses on the Structure and Porperties
of Lyocell Fibers. Polym Eng Sci 47:702-706;
Zhang H, Zhang H, Tong M, Shao H and Hu X (2008): Comparison of the Strucutre and
Properties of Lyocell Fibers from High Hemicellulose Pulp and Hich α-Cellulose Pulp.
J of Appl Polym Sci 107:636-641) stellten aus einem Nadelholzzellstoff mit erhöhtem Hemizelluloseanteil und einem
Laubholzzellstoff mit geringem Hemizelluloseanteil Lyocell-Fasern im Laborversuch
her. Obwohl Xylankonzentrationen bezogen auf den Zellstoff von 9,8 und 20,8% verwendet
wurden, waren die Unterschiede marginal und können aus wissenschaftlicher Sicht nicht
als aussagekräftig angesehen werden. Die Arbeitsgruppe stellte z. B. eine um lediglich
2% absolut gesunkene Kristallinität fest bei gleichzeitig erhöhter Orientierung im
kristallinen und amorphen Bereich. Die erhaltenen Faserfestigkeiten waren gleich,
die Anfärbbarkeit tiefer. Allerdings handelt es sich um die Untersuchung von nur zwei
Proben, wobei die Proben sich in der Zusammensetzung der Hemizellulosen stark unterscheiden,
weil sie aus verschiedenen Holzarten hergestellt wurden. Der Zellstoff mit dem höheren
Hemizellulosegehalt wurde aus Nadelholz, vorwiegend Kiefer produziert und enthielt
daher hauptsächlich Mannan und nur geringe Mengen Nadelholz-Xylan. Die Hemizellulosen
der anderen Probe bestanden aus Laubholz-Xylan, da sie aus Eukalyptus hergestellt.
[0011] Eine weitere Literaturstelle (
Wendler F, Persin Z, Stana-Kleinschek K, Reischl M, Ribitsch V, Bohn A, Fink H-P,
Meister F (2011): Morphology of polysaccharide blend fibers shaped from NaOH, N-methylmorpholine-N-oxide
and 1-ethyl-3-methylimidazolium acetate. Cellulose 18:1165-1178) hält fest, dass ein zugemischtes kurzkettiges Xylan die Lyocell-Fasern kaum beeinflusst.
Das Xylan stammt aus dem Laubholz Birke. Die kristalline Orientierung sinkt etwas,
was der vorhergehenden Publikation widerspricht. Das Wasserrückhaltevermögen und der
Kontaktwinkel von Wasser bleiben konstant. Auch das Zeta-Potential bleibt nahezu gleich.
Die Versuche erfolgten im Labormaßstab. Daher konnten kaum großtechnische Bedingungen
an den Spinndüsen und im Luftspalt nachgestellt werden.
[0012] Diese Prinzipversuche sind jedoch wenig aussagefähig im Hinblick auf die Organisation
der Fadenstruktur im großtechnischen Produktionsmaßstab.
[0013] Diverse Patente erlauben einen Einsatz von Hemizellulosen in einer Menge von mehr
als 5% bzw. 7% für Lyocell-Fasern
(EP1441050, US6528163, US6686040, US6685856, EP1435404, US6514613, US6440523, US6444314, US6605350, EP1068376, EP1311717, EP1362935, US6210801, DE69913117). Es ist allerdings bemerkenswert, dass LyocellProdukte, die auf diesen Schutzrechten
beruhen, bis heute nicht großtechnisch realisiert wurden, obwohl die Prioritätsdaten
bis 1998 zurückreichen. Dies ist wohl den Schwierigkeiten beim Upscailing aus dem
Labormaßstab und den erzielbaren Fasereigenschaften zuzuschreiben, die den Erwartungen
des Marktes nicht entsprechen. In diesen Patenten wird im Hinblick auf den Hemicellulosengehalt
keine Differenzierung im Hinblick auf die Zusammensetzung der Hemicellulosen gemacht.
In der verarbeitenden Industrie wird daher immer noch gefordert, dass der Anteil an
Xylan im Zellstoff und damit in der fertigen Faser unter 5 Gew.-%, vorzugsweise unter
3 Gew.-% liegt.
[0014] Da sich Xylan und Mannan per se und noch dazu von verschiedenen Holzarten stark voneinander
unterscheiden, kann angenommen werden, dass die Einflüsse auf die daraus hergestellten
Fasern entsprechend variieren. Bisher wurde dies jedoch in keiner Weise berücksichtigt
und daher können aus den bestehenden wenigen veröffentlichten Resultaten weder allgemein
gültigen Rückschlüsse gezogen werden, noch können die Ergebnisse auf die großtechnische
Produktion übertragen werden.
[0015] Das schlechte Spinnverhalten von Zellstoffen mit erhöhtem Lignin- und/oder Hemicellulosengehalt
wird in der Literatur darauf zurückgeführt, dass sogenannte Lignin-Kohlenhydrat-Komplexe
gebildet werden. Diese lösen sich in Direktlöseverfahren wie z. B. mit NMMO oder ionischen
Flüssigkeiten nicht vollständig, sondern bilden Gel-ähnliche Strukturen aus. Dies
wiederum führt zu einer Inhomogenität der Spinnlösung, zu einer Veränderung ihres
viskosen Verhaltens und schließlich zu einer verringerten mechanischen Festigkeit
der Fasern. Ähnliches ist auch aus dem Viskoseprozess allgemein bekannt. Diese Ausfällungen
sind pH-Wert- und temperatur-abhängig. Xylan ist in Alkali löslich und fällt aus,
wenn der pH-Wert sinkt. Dieses Phänomen ist weiterhin auch aus der alkalischen Kochung
bekannt (Potthast A (2006): 4.2.4.2 Reactions of Carbohydrates und 4.3.4.2 Reactions
of Carbohydrates: Acid Hydrolysis. In
Sixta (Hrsg.): Handbook of Pulp Volume 1, 174-181 and 416-421). In der Endphase der Kochung sinkt der pH-Wert, wenn die Aufschlusschemikalien verbraucht
werden, und es kommt zu Ausfällungen von bereits herausgelöstem Xylan an der Oberfläche
der Zellstofffasern. Für die Herstellung von Chemiezellstoffen ist das unerwünscht.
Ausgefälltes Xylan kann nicht wieder vollständig gelöst werden. Es bildet im Lösungsmittel
Gel-ähnliche Aggregate oder bleibt völlig ungelöst. Auch können solche Klumpen aus
dem Zellstoff im Lyocell-Prozess nicht wieder gelöst werden.
[0018] Für den Einsatz von Zellstoffen ohne Mannan z. B. aus Laubholz wie Eukalyptus, Birke,
Buche etc. würde der Fachmann daher erwarten, dass sich durch die Mischung von Xylan
und Zellulose in Abwesenheit von Mannan im Lyocell-Prozess ein völlig verändertes
Prozessverhalten ergibt und Fasern mit deutlich anderen Eigenschaften erhalten werden.
Es wird derzeit daher davon ausgegangen, dass sich die Prozessierbarkeit stark verschlechtert
und dass die Faserfestigkeiten deutlich abnehmen. Rohstoffe mit einem erhöhten Hemizelluloseanteil
ohne Mannan werden also bisher als völlig ungeeignet für die Herstellung von Formkörpern
im Lyocell-Prozess angesehen.
Problemstellung
[0019] Da die Aufreinigung von Cellulose aufwändig und energieintensiv ist, wäre es vorteilhaft,
wenn auch Cellulosematerialien zur Herstellung von Lyocellprodukten, insbesondere
Fasern geeignet wäre, die einerseits einen verringerten Celluloseanteil aufweisen
und andererseits die bislang am Markt verlangten Spezifikationen für Hemicellulosegehalte
nicht erfüllen müssen. Ebenfalls vorteilhaft wäre es, wenn dazu auch Ausgangsmaterialien
zum Einsatz kommen könnten, die aufgrund ihrer Zusammensetzung bislang als nicht geeignet
zur Herstellung von Lyocellprodukten angesehen werden. Die vorliegende Erfindung stellt
sich also die Aufgabe, derartige Materialien und damit verbundene Technologien insbesondere
im Bereich der Lyocellfaserherstellung anzugeben.
Kurze Zusammenfassung der Erfindung
[0020] Überraschenderweise wurde erfindungsgemäß gefunden, dass aus einem Xylanreichen Zellstoff
eine Lyocell-Faser mit guten Eigenschaften hergestellt werden kann trotz eines sehr
geringen Gehalts an Mannan. Die Fasern konnten direkt aus den Zellstoffen, deren Hemizellulosen
weitestgehend ausschließlich aus Xylan bestanden, produziert werden und zeigten großtechnisch
keine Auswirkungen auf das Spinnverhalten oder die Faserfestigkeiten. Im Gegensatz
zur Literatur war für die hier beschriebenen neuen Lyocell-Fasern keinerlei Vorbehandlung
des Zellstoffes nötig.
[0021] Also stellt die vorliegende Erfindung den Zellstoff nach Anspruch 1, die Verfahren
nach Ansprüchen 2 und 4 sowie die Faser nach Anspruch 3 zur Verfügung, ebenso wie
die nachfolgend aufgeführten Ausführungsformen. Bevorzugt Ausgestaltungen der Erfindung
sind in den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung angegeben.
- 1. Zellstoff, geeignet zur Herstellung einer Lyocellfaser, wobei der Zellstoff einen
Hemicellulosengehalt von mindestens 7 Gew.-% aufweist, wobei der Anteil an Xylan,
bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt, und wobei weiterhin
der Gehalt an Mannan im Zellstoff weniger als 0,2 Gew.-% beträgt.
- 2. Verfahren zur Herstellung eines Zellstoffs, geeignet zur Herstellung einer Lyocellfaser,
wobei der Zellstoff einen Hemicellulosengehalt von mindestens 7 Gew.-% aufweist, wobei
der Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt,
und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan im Zellstoff weniger als 0,2 Gew.-% beträgt,
wobei das Verfahren mindestens einen der folgenden Schritte umfasst:
- a) Mischen eines reinen Zellstoffs mit Xylan, um den angegeben Xylananteil zu erreichen;
- b) Behandeln eines Zellstoffs mit einem Hemicelluloseanteil einschließlich Mannan,
durch chemische und/oder physikalische Verfahren, um den Mannangehalt zu verringern;
- c) Herstellung eines Zellstoffs unter Einsatz von Laubhölzern;
- d) Mischen eines Mannan freien Zellstoffs mit einem Hemicellulose reichen Zellstoff
und/oder anschließende chemische und/oder physikalische Behandlung der Mischung zur
Einstellung des Hemicellulosegehalts und der Zusammensetzung des Hemicelluloseanteils.
- 3. Lyocellfaser, mit einem Hemicellulosengehalt von mindestens 5 Gew.-%, wobei der
Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt,
und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan in der Faser weniger als 0,2 Gew.-% beträgt.
- 4. Verfahren zur Herstellung einer Lyocellfaser, dadurch gekennzeichnet, das die Spinnmasse
aus einem Zellstoff hergestellt wird, der einen Hemicellulosengehalt von mindestens
7 Gew.-% aufweist, wobei der Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt
bei mindestens 90% liegt, und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan im Zellstoff weniger
als 0,2 Gew.-% beträgt.
- 5. Zellstoff, Lyocellfaser oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ausführungsformen,
wobei der Hemicellulosegehalt mindestens 10 Gew.-% beträgt und der Xylananteil, bezogen
auf den Hemicellulosegehalt mindestens 98% beträgt.
- 6. Zellstoff, Lyocellfaser oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ausführungsformen,
wobei der Hemicellulosegehalt mindestens 11 Gew.-% beträgt und der Xylananteil, bezogen
auf den Hemicellulosegehalt mindestens 99% beträgt.
- 7. Zellstoff; Lyocellfaser oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ausführungsformen,
wobei der Zellstoff eine SCAN Viskosität von 300 bis 440 ml/g aufweist.
- 8. Lyocellfaser nach einem der Ausführungsformen 3, 5, 6 und/oder 7, mit einem Fasertiter
im Bereich von 0,5 dtex bis 10 dtex.
- 9. Lyocellfaser nach einem der Ausführungsformen 3, 5, 6, 7 und/oder 8, wobei die
Faser eine Stapelfaser ist.
- 10. Verfahren zur Herstellung eines Zellstoffs nach einem der Ausführungsformen 2,
5, 6 und/oder 7, umfassend den Schritt der Zellstoffherstellung unter Einsatz von
Laubhölzern, bevorzugt Eukalyptus.
- 11. Verfahren zur Herstellung einer Lyocellfaser nach einem der Ausführungsformen
4, 5, 6 und/oder 7, wobei die Spinnmasse als Lösungsmittel wäßrige tertiäre Amin-N-oxide
umfasst.
Detaillierte Beschreibung der Erfindung
[0022] Die vorliegende Erfindung stellt also einen Zellstoff zur Verfügung, geeignet zur
Herstellung einer Lyocellfaser, wobei der Zellstoff einen Hemicellulosengehalt von
mindestens 7 Gew.-% aufweist, wobei der Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt
bei mindestens 90% liegt, und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan im Zellstoff weniger
als 0,2 Gew.-% beträgt.
[0023] Weiterhin stellt die vorliegende Erfindung eine Lyocellfaser zur Verfügung, mit einem
Hemicellulosengehalt von mindestens 7 Gew.-%, wobei der Anteil an Xylan, bezogen auf
diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt, und wobei weiterhin der Gehalt
an Mannan in der Faser weniger als 0,2 Gew.-% beträgt.
[0024] Zusätzlich stellt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung einer Lyocellfaser
zur Verfügung, dadurch gekennzeichnet, das die Spinnmasse aus einem Zellstoff hergestellt
wird, der einen Hemicellulosengehalt von mindestens 7 Gew.-% aufweist, wobei der
[0025] Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt,
und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan im Zellstoff weniger als 0,2 Gew.-% beträgt.
[0026] Die nachfolgend beschriebenen bevorzugten Ausführungsformen betreffen jeweils die
drei vorstehend genannten Aspekte der vorliegenden Erfindung, auch wenn in den entsprechenden
Passagen ggf. nur einer der vorstehenden Aspekte explizit genannt wird.
[0027] Vorzugsweise beträgt der Hemicellulosengehalt im Zellstoff mindestens 10 Gew.-%,
in Ausführungsformen auch mindestens 12 Gew.-% oder mindestens 14 Gew.%. Da im Vergleich
mit dem Ausgangszellstoff der Hemicellulosengehalt in einer gesponnen Faser üblicher
Weise etwas geringer ist, sind für die erfindungsgemäße Faser die Hemicellulosengehalte
ggf. etwas geringer, z.B. mindestens 10 Gew.-%, wie etwa mindestens 11 Gew.-%, oder
mindestens 12.-Gew.-%.
[0028] Der Anteil an Xylan am Hemicellulosengehalt beträgt erfindungsgemäß mindestens 90%,
in Ausführungsformen mindestens 95%, bevorzugt mindestens 98%, wie etwa mindestens
99%. In Ausführungsformen ist Xylan die einzige Hemicellulosenkomponente. Dies bedeutet,
dass alle anderen Hemicellulosekomponenten jeweils in einer Menge von weniger als
0,2 Gew.-% vorliegen, bevorzugt jeweils weniger als 0,1 Gew.-%.
[0029] Der Mannangehalt beträgt weniger als 0,2 Gew.-%, bevorzugt weniger als 0,1 Gew.-%.
Ein Manngehalt von weniger als 0,1 Gew.-% entspricht einem Mannangehalt unterhalb
der Nachweisgrenze des in dieser Anmeldung beschriebenen Verfahrens zur Bestimmung
der Zusammensetzung von Zellstoffen/Lyocellfasern. Derartige Mannangehalte lassen
sich beispielsweise dadurch erreichen, dass als Ausgangsmaterial für die Herstellung
des Zellstoffs Holzarten ausgewählt werden, die einen sehr geringen oder praktisch
vernachlässigbaren Mannangehalt aufweisen. Dies ist beispielsweise bei Laubhölzern
der Fall. Durch die vorliegende Erfindung ist es also möglich diese Klasse an nachwachsenden
Rohstoffen für die Lyocellfaserherstellung zu verwenden.
[0030] Es ist allerdings auch möglich den erfindungsgemäßen Hemicellulosengehalt (und dessen
Zusammensetzung in Übereinstimmung mit der vorliegenden Erfindung) durch Zusammenstellung
von Einzelkomponenten und/oder durch chemische Behandlung von Zellstoffen einzustellen.
So können Mannan haltige Zellstoffe derart behandelt werden, dass gezielt die Mannanfraktion
abgebaut und entfernt wird. Die Einstellung des erfindungsgemäßen Xylangehalts kann
entsprechend durch Einmischung isolierter Xylanfraktionen erfolgen.
[0031] Dadurch ermöglicht die vorliegende Erfindung erneut den Einsatz an Materialien, die
ansonsten ggf. als unerwünschte Nebenprodukte der Zellstoffherstellung verworfen worden
wären.
[0032] Bevorzugte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Zellstoffs weisen einen Hemicellulosegehalt
von mindestens 10 Gew.-% auf, bei einem Mannangehalt von 0,1 Gew.-% oder weniger und
einem Xylananteil im Hemicelluloseanteil von mindestens 98%.
[0033] Die erfindungsgemäßen Lyocellfasern können aus dem hier offenbarten Zellstoff nach
dem Lyocellverfahren hergestellt werden. Entgegen der Erwartung zeigen sich keinerlei
Probleme bei der Verarbeitung, weder bei der Herstellung einer homogenen Spinnlösung
noch in den daraus hergestellten Faser. Diese können mit unterschiedlichen Fasertitern
hergestellt werden, in Abhängigkeit von den jeweils gewünschten Einsatzbereichen.
Geeignete Fasertiter liegen im Bereich von etwa 0,5 dtex bis 10 dtex, insbesondere
1,3 dtex bis 7 dtex . Erfindungsgemäß können sowohl Stapelfasern als auch Filamente
hergestellt werden, die dazu notwendigen Vorrichtungen und allgemeinen Verfahrensparameter
sind dem Fachmann geläufig.
[0034] Die hier verwendeten Zellstoffe, die bevorzugt im Rahmen der vorliegenden Erfindung
eingesetzt werden, zeigen, wie bereits ausgeführt, einen relativ hohen Gehalt an Hemizellulosen
mit der hier definierten Zusammensetzung. Im Vergleich mit Standardzellstoffen mit
geringen Hemizellulosengehalt, verwendet insbesondere im Stand der Technik für die
Herstellung von Standard Lyocellfasern, zeigen die bevorzugt im Rahmen der vorliegenden
Erfindung eingesetzten Zellstoffe auch noch weitere Unterschiede, die nachfolgend
aufgeführt sind.
[0035] Im Vergleich mit Standardzellstoffen zeigen die bevorzugt im Rahmen der vorliegenden
Erfindung eingesetzten Zellstoffe eine eher flaumige Anschauung. Dies resultiert nach
der Vermahlung (während der Herstellung von Startmaterialien für die Herstellung von
Spinnlösungen für den Lyocellprozess) in einer Partikelgrößenverteilung mit einem
hohen Anteil an größeren Partikeln. Resultierend daraus ist die Schüttdichte viel
geringer, im Vergleich mit Standardzellstoffen mit einem geringen Hemizellulosengehalt.
Eine derart niedrige Schüttdichte erfordert Adaptionen im Hinblick auf Dosierungsparameter
(z.B. Dosierung unter Verwendung von mindestens zwei Vorratsbehältern) bei der Herstellung
der Spinnlösungen. Zusätzlich zeigen die im Rahmen der vorliegenden Erfindung vorzugsweise
eingesetzten Zellstoffe ein Imprägnierungsverhalten gegenüber NMMO, das im Vergleich
mit Standardzellstoffen zeigt, dass hier die Imprägnierung schwieriger ist. Dies kann
überprüft werden durch die Evaluierung des Imprägnierungsverhaltens mit der Cobb-Evaluierung.
Während Standardzellstoffe typischerweise einen Cobb-Wert von mehr als 2,8 g/g zeigen
(bestimmt in Übereinstimmung mit DIN EN ISO 535 mit Adaptionen im Hinblick auf die
Verwendung einer wässrigen Lösung von 78% NMMO bei 75°C mit einer Imprägnierungszeit
von zwei Minuten) zeigen die vorzugsweise im Rahmen der vorliegenden Erfindung eingesetzten
Zellstoffe Cobb-Werte von etwa 2,3 g/g. Dies erfordert Adaptionen während der Herstellung
von Spinnlösungen, wie erhöhte Lösungszeit (z.B. erläutert in
WO 94/28214 und
WO 96/33934) und/oder Temperaturanpassung und/oder erhöhte Scherung während der Auflösung (z.B.
WO 96/33221,
WO 98/05702 und
WO 94/8217). Dies ermöglicht die Herstellung von Spinnlösungen die es ermöglichen, die hier
beschriebenen Zellstoffe in einem Standardlyocellverfahren einzusetzen).
[0036] In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung zeigt der Zellstoff,
verwendet für die Herstellung von Lyocellprodukten, vorzugsweise Fasern, wie hier
beschrieben, eine SCAN-Viskosität im Bereich von 300 bis 440 ml/g, insbesondere 320
bis 420 ml/g, stärker bevorzugt 320 bis 400 ml/g. Die SCAN-Viskosität wird in Übereinstimmung
mit SCAN-CM 15:99 bestimmt, unter Verwendung einer Cupriethylendiaminlösung, einer
Methode die dem Fachmann bekannt ist und die mit kommerziell erhältlichen Vorrichtungen
durchgeführt werden kann, wie mit der Vorrichtung Auto PulplVA PSLRheotek, erhältlich
von der Firma PSL-Reotek. Die SCAN-Viskosität ist ein wichtiger Parameter der insbesondere
die Verarbeitung der Zellstoffe bei der Herstellung von Spinnlösungen beeinflusst.
Selbst wenn zwei Zellstoffe eine große Übereinstimmung im Hinblick auf ihre Zusammensetzung
etc. zeigen, führen unterschiedliche SCAN-Viskositäten zu einem vollständig verschiedenen
Verhalten während der Verarbeitung. In einem direkten Lösungsspinnverfahren, wie dem
Lyocellverfahren wird der Zellstoff in NMMO als solches aufgelöst. Es existiert kein
Reifungsschritt, vergleichbar beispielsweise mit dem Viskoseverfahren, wo der Polymerisationsgrad
der Zellulose an die Bedürfnisse des Verfahrens angepasst werden kann. Daher sind
die Spezifikationen für die Viskosität eines Rohzellstoffes typischerweise für den
Lyocellprozess in einem kleinen Zielfenster. Ansonsten können Probleme während der
Produktion auftreten. In Übereinstimmung mit der vorliegenden Erfindung wurde gefunden,
dass die Zellstoffviskosität vorzugsweise wie zuvor beschrieben ist. Geringere Viskositäten
führen zu einer Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften der Lyocellprodukte.
Höhere Viskositäten können insbesondere zu einer erhöhten Viskosität der Spinnlösung
führen, so dass das Spinnen insgesamt langsamer wird. Mit geringeren Spinngeschwindigkeiten
werden auch geringere Zugverhältnisse erhalten, was erneut einen signifikanten Einfluss
auf die Faserstruktur und die Fasereigenschaften haben kann (
Cabohydrate Polymers 2018, 181, 893-901). Dies würde Verfahrensadaptionen erfordern, die zu einer Kapazitätsverringerung
führen würden. Die Verwendung von Zellstoffen mit den hier definierten Viskositäten
ermöglicht dem gegenüber eine einfache Verarbeitung und die Herstellung von Produkten
hoher Qualität.
[0037] Der Ausdruck "Lyocellprozess", bzw. die Ausdrücke "Lyocelltechnologie" und "Lyocellverfahren",
sowie sie hier verwendet werden, benennen einen Direktlösungsprozess von Holzcellulosezellstoff
oder anderen Zellulose basierten Ausgangsmaterialien in einem polaren Lösungsmittel
(z.B. N-Methylmorpholin-n-oxid(NMMO, NMO) oder ionischen Flüssigkeiten). Kommerziell
wird diese Technologie verwendet um eine Gruppe an Cellulosestapelfasern herzustellen,
kommerziell erhältlich von der Lenzing AG, Lenzing, Österreich unter der Marke TENCEL®
oder TENCEL™, die weit verbreitet in der Textilindustrie oder der Nonwoven-Industry
verwendet werden. Andere Celluloseformkörper erhalten durch die Lyocelltechnologie
wurden auch bereits hergestellt. In Übereinstimmung mit diesem Verfahren wird die
Celluloselösung üblicherweise in einem sogenannten dry-wet-spinning-Verfahren extrudiert,
unter Verwendung eines Formungswerkzeugs und die geformte Lösung erreicht z.B. nach
dem Passieren eines Luftspalts in ein Fällbad, wo der geformte Körper erhalten wird
durch das Ausfällen der Cellulose. Der Formkörper wird gewaschen und optional getrocknet,
nach weiteren Behandlungsschritten. Ein Verfahren für die Herstellung von Lyocellfasern
ist z.B. beschrieben in
US 4246221,
WO 93/19230,
WO 95/02082 oder
WO 97/38153. Soweit die vorliegende Erfindung die Nachteile des Standes der Technik diskutiert,
und auf die einzigartigen Eigenschaften der neuen Produkte, hier offenbart und beansprucht,
diskutiert, insbesondere im Kontext des Einsatzes von Laborausrüstungen (insbesondere
im Stand der Technik) oder im Zusammenhang von (semi-kommerziellen) Pilotanlagen und
kommerziellen Faserspinneinheiten ist die vorliegende Erfindung so zu verstehen, dass
sie auf Einheiten verweist, die im Hinblick auf ihre respektiven Produktionskapazitäten
wie folgt definiert werden können:
Semi-kommerzielle Pilotanlage: etwa 1 kt/a
Kommerzielle Einheit größer 30 kt/a
[0038] Auch die mechanischen Eigenschaften der erfindungsgemäßen Fasern sind überraschend
derart, dass ihr Einsatz in den üblichen Anwendungsfeldern von Lyocellfasern problemlos
möglich ist. Die ggf. auftretenden geringen Abweichungen von den mechanischen Kennwerten
von Lyocellfasern aus Zellstoff mit einem geringen Hemicellulosengehalt beeinträchtigen
die Einsetzbarkeit der erfindungsgemäßen Fasern nicht.
Beispiel
[0039] Im Technikum wurde ein Kraft-Chemiezellstoff aus Eukalyptusholz nach dem VisCBC-Verfahren
nach
WO9412719 hergestellt. Der H-Faktor betrug 1200, das Effektivalkali in der Kochlauge lag bei
25 g/l. Die Bleiche erfolgte nach einer total chlorfreien (TCF-)Sequenz. In Tabelle
1 wird der Verlauf der Zuckergehälter vom Holz bis zur fertigen Lyocell-Faser dargestellt.
Ein geringer Manananteil ergibt sich im Holz aus der Mannose anderer Polysaccharide.
Diese Polysaccharide werden in der Kochung abgebaut und herausgelöst. Der fertige
Zellstoff und die neue Lyocell-Faser daraus enthalten kein Mannan, sondern hauptsächlich
Xylan als Hemizellulose. Der Glucananteil spiegelt zum größten Teil den Zelluloseanteil
im Zellstoff und in der Faser wider.
Tabelle 1: Anteile der verschiedenen Zuckermonomere vom Rohstoff Holz bis zur fertigen Non-Wovens-Faser
von Eukalyptusholz
Analyse |
Einheit |
Holz |
Rohzellstoff |
Gebleichter Zellstoff |
Lyocell-Faser |
Versuchsnummer |
|
Clone "D" |
Ka_CBC689698 |
BI438 |
E33_2017_0572 |
Glucan |
% |
44,3 |
79,8 |
82,3 |
85,4 |
Xylan |
% |
13,1 |
15,1 |
14,0 |
12,1 |
Mannan |
% |
0,8 |
<0,2 |
<0,2 |
0,1 |
Arabinan |
% |
0,3 |
<0,1 |
<0,1 |
<0,1 |
Rhamnan |
% |
0,2 |
<0,1 |
<0,1 |
<0,1 |
Galactan |
% |
- |
<0,1 |
<0,1 |
<0,1 |
[0040] Ein Vergleich mit anderen Marktzellstoffen zeigt die einzigartige Zusammensetzung
des neuen Rohstoffes (Tab. 2). Der Marktzellstoff 1 ist ein konventioneller Sulfitzellstoff
aus Laubholz, der mit 2,6% Xylan den geforderten Xylangehalt von maximal 5% deutlich
unterschreitet. Er enthält kein Mannan. Der Marktzellstoff 2 wurde aus Nadelholz produziert
und enthält daher Xylan und Mannan in einem Verhältnis von ca. 1:1,5. Der neue Zellstoff
BI438 weist einen hohen Gehalt von Xylan von 14,0% auf, der deutlich über dem geforderten
Maximum von 3 bis 5% liegt, während der Anteil an Mannan unter der Nachweisegrenze
liegt. Er erfüllt die herkömmlichen allgemein bekannten Bedingungen für die Weiterverarbeitung
im Lyocell-Prozess im Hinblick auf den Hemicellulosenanteil und deren Verhältnis zueinander
in keiner Weise. Er liegt deutlich oberhalb der bekannten Grenzwerte und sollte daher
nicht einsetzbar sein.
Tabelle 2: Zuckergehalt der Kohlenhydrate des Mannan-freien Zellstoffes im Vergleich zu Marktzellstoffen
|
Einheit |
Marktzellstoff 1 |
Marktzellstoff 2 |
BI438 |
Holzart |
|
Eukalyptus |
Southern Pine |
Eukalyptus |
Aufschluss |
|
Sulfit |
Kraft |
Kraft |
Glucan |
% |
95,2 |
82,2 |
82,3 |
Xylan |
% |
2,7 |
8,3 |
14,0 |
Mannan |
% |
0,1 |
5,7 |
<0,2 |
Arabinan |
% |
<0,1 |
0,3 |
<0,1 |
Rhaman |
% |
<0,1 |
<0,1 |
<0,1 |
Galactan |
% |
<0,1 |
0,2 |
<0,1 |
[0041] Der Zellstoff mit dem hohen Xylangehalt und ohne Mannan BI438 wurde im Vergleich
zum Marktzellstoff 1 im Technikumsmaßstab ausgesponnen. Wider Erwarten stellte sich
eine gute Prozessierbarkeit heraus. Es gab keinerlei Probleme bei der Weiterverarbeitung.
Die Faserfestigkeiten wurden bestimmt. Im Gegensatz zu allen bekannten Mängeln zeigten
die Fasern ohne Mannan eine äußerst geringe Abnahme der Festigkeitseigenschaften (Tab.
3). Wegen des extrem hohen Xylangehalts von 12,1% im Vergleich zu 1,7% würde der Fachmann
überhaupt keine akzeptablen Faserdaten mehr erwarten. Die Faserfestigkeit (FFk) und
die Faserdehnung (FDk) in konditioniertem Zustand sinken jeweils nur um 10%. Der Wert
für die Dehnung liegt sogar im normalen Schwankungsbereich der Technikumsanlage.
Tabelle 3: Fasereigenschaften der neuen erfindungsgemäßen Faser ohne Mannan im Vergleich zu
Fasern aus einem Marktzellstoff mit geringem Xylan- und Mannan-Gehalt
|
Einheit |
E33_2017_0572 |
E33_2017_0572 |
Zellstoff |
|
Marktzellstoff 1 |
BI438 |
Glucan |
% |
95,8 |
85,4 |
Xylan |
% |
1,7 |
12,1 |
Mannan |
% |
0,2 |
0,1 |
Titer |
dtex |
1,75 |
1,72 |
Faserfestigkeit, konditioniert (FFk) |
cN/tex |
30,6 |
27,6 |
Faserdehnung, konditioniert (FDk) |
% |
12,6 |
11,4 |
Methoden
Bestimmung der Zucker-Monomere
1. Zellstoff, geeignet zur Herstellung einer Lyocellfaser, wobei der Zellstoff einen
Hemicellulosengehalt von mindestens 7 Gew.-% aufweist, wobei der Anteil an Xylan,
bezogen auf diesen Hemicellulosengehalt bei mindestens 90% liegt, und wobei weiterhin
der Gehalt an Mannan im Zellstoff weniger als 0,2 Gew.-% beträgt.
2. Verfahren zur Herstellung eines Zellstoffs, geeignet zur Herstellung einer Lyocellfaser,
wobei der Zellstoff einen Hemicellulosengehalt von mindestens 7 Gew.-% aufweist, wobei
der Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt,
und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan im Zellstoff weniger als 0,2 Gew.-% beträgt,
wobei das Verfahren mindestens einen der folgenden Schritte umfasst:
a) Mischen eines reinen Zellstoffs mit Xylan, um den angegeben Xylananteil zu erreichen;
b) Behandeln eines Zellstoffs mit einem Hemicelluloseanteil einschließlich Mannan,
durch chemische und/oder physikalische Verfahren, um den Mannangehalt zu verringern;
c) Herstellung eines Zellstoffs unter Einsatz von Laubhölzern;
d) Mischen eines Mannan freien Zellstoffs mit einem Hemicellulose reichen Zellstoff
und/oder anschließende chemische und/oder physikalische Behandlung der Mischung zur
Einstellung des Hemicellulosegehalts und der Zusammensetzung des Hemicelluloseanteils.
3. Lyocellfaser, mit einem Hemicellulosengehalt von mindestens 5 Gew.-%, wobei der Anteil
an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt, und wobei
weiterhin der Gehalt an Mannan in der Faser weniger als 0,2 Gew.-% beträgt.
4. Verfahren zur Herstellung einer Lyocellfaser, dadurch gekennzeichnet, das die Spinnmasse aus einem Zellstoff hergestellt wird, der einen Hemicellulosengehalt
von mindestens 7 Gew.-% aufweist, wobei der Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengehalt
bei mindestens 90% liegt, und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan im Zellstoff weniger
als 0,2 Gew.-% beträgt.
5. Zellstoff, Lyocellfaser oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei
der Hemicellulosegehalt mindestens 10 Gew.-% beträgt und der Xylananteil, bezogen
auf den Hemicellulosegehalt mindestens 98% beträgt.
6. Zellstoff, Lyocellfaser oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei
der Hemicellulosegehalt mindestens 11 Gew.-% beträgt und der Xylananteil, bezogen
auf den Hemicellulosegehalt mindestens 99% beträgt.
7. Zellstoff, Lyocellfaser oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei
der Zellstoff eine SCAN Viskosität von 300 bis 440 ml/g aufweist.
8. Lyocellfaser nach einem der Ansprüche 3, 5,6 und/oder 7, mit einem Fasertiter im Bereich
von 0,5 dtex bis 10 dtex.
9. Lyocellfaser nach einem der Ansprüche 3, 5, 6, 7 und/oder 8, wobei die Faser eine
Stapelfaser ist.
10. Verfahren zur Herstellung eines Zellstoffs nach einem der Ansprüche 2, 5, 6 und/oder
7, umfassend den Schritt der Zellstoffherstellung unter Einsatz von Laubhölzern, bevorzugt
Eukalyptus.
11. Verfahren zur Herstellung einer Lyocellfaser nach einem der Ansprüche 4, 5, 6 und/oder
7, wobei die Spinnmasse als Lösungsmittel wäßrige tertiäre Amin-N-oxide umfasst.