[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Betonpumpe mit einer Förderpumpe, einer Betonleitung
und einem einen Verteilermast bildenden Gelenkarm, an welchem die Betonleitung entlang
geführt ist, wobei der Gelenkarm einen um eine vertikale Achse drehbaren Drehbock
und/oder mindestens ein mittels eines Gelenkes um eine horizontale Achse verschwenkbares
Segment aufweist, wobei der Drehbock über einen Aktuator um die vertikale Achse verfahrbar
ist und/oder das mindestens eine Segment über einen Aktuator um die horizontale Achse
verschwenkbar ist, wobei die Betonpumpe weiterhin eine Steuerung zur Ansteuerung der
Aktuatoren des Verteilermastes aufweist, wobei die Steuerung eine Störgrößenaufschaltung
zur Verringerung der durch die Betonförderung induzierten Schwingungen des Verteilermastes
umfasst. Insbesondere handelt es sich bei der Betonpumpe um eine Autobetonpumpe.
[0002] Der relevante Stand der Technik wird im einleitenden Abschnitt der Figurenbeschreibung
im Detail erläutert. Insbesondere zeigt die
DE 101 01 570 B4 eine Störgrößenaufschaltung kombiniert mit einer rückführungsbasierten Schwingungsdämpfung
nach dem Prinzip eines virtuellen Feder-Dämpfer-Elements, durch welches ein Hydraulikzylinder
des Gelenkarms beschrieben werden soll. Die Störgrößenaufschaltung soll anhand von
Druck- oder Strömungssensoren in der Förderleitung erfolgen.
[0003] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine Betonpumpe mit einer verbesserten
Störgrößenaufschaltung zur Verfügung zu stellen.
[0004] Diese Aufgabe wird durch eine Betonpumpe gemäß Anspruch 1 gelöst.
[0005] Bevorzugte Ausgestaltungen der vorliegenden Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
[0006] Die vorliegende Erfindung umfasst eine Betonpumpe mit einer Förderpumpe, einer Betonleitung
und einem einen Verteilermast bildenden Gelenkarm, an welchem die Betonleitung entlang
geführt ist, wobei der Gelenkarm einen um eine vertikale Achse drehbaren Drehbock
und/oder mindestens ein mittels eines Gelenkes um eine horizontale Achse verschwenkbares
Segment aufweist, wobei der Drehbock über einen Aktuator um die vertikale Achse verfahrbar
ist und/oder das mindestens eine Segment über einen Aktuator um die horizontale Achse
verschwenkbar ist, und wobei die Betonpumpe weiterhin eine Steuerung zur Ansteuerung
der Aktuatoren des Verteilermastes aufweist, wobei die Steuerung eine Störgrößenaufschaltung
zur Verringerung der durch die Betonförderung induzierten Schwingungen des Verteilermastes
umfasst. Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass die Störgrößenaufschaltung die Störkräfte
aus Messwerten der Stellung und/oder des Schwingungszustands des Verteilermastes schätzt.
[0007] Dies hat den Vorteil, dass keine Betriebsgrößen der Betonförderung benötigt werden,
welche durch aufwendige Messung ermittelt werden müssten. Vielmehr können die zur
Regelung des Gelenkarms ohnehin vorhandenen Sensoren, welche die Stellung und/oder
des Schwingungszustands des Verteilermastes beschreiben, auch für die Störgrößenaufschaltung
genutzt werden.
[0008] In einer möglichen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung beruht die Störgrößenaufschaltung
auf einem modalen Modell, welches die Schwingungsform der Störkräfte beschreibt. Ein
solches Vorgehen hat gegenüber einem physikalisch motivierten Ansatz den Vorteil,
dass sich die Störgrößenaufschaltung automatisch an die Stellung des Gelenkarms adaptiert.
[0009] Bevorzugt setzt sich das modale Modell aus einer Grundfrequenz und einer oder mehreren
Vielfachen der Grundfrequenz zusammen.
[0010] Alternativ oder zusätzlich ist vorgesehen, dass die Pumpfrequenz der Förderpumpe
als Grundfrequenz in das modale Modell eingeht.
[0011] In einer möglichen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung bestimmt die Störgrößenaufschaltung
den Anfangszustand des modalen Modells aus den Messwerten der Stellung und/oder des
Schwingungszustands des Verteilermastes.
[0012] Dies kann insbesondere über einen Beobachter erfolgen, welcher den durch die Störkräfte
erzeugten Schwingungszustand schätzt, insbesondere durch Schätzung der Phasenlage
und Amplitude der Moden des modalen Modells.
[0013] In einer möglichen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung erfolgt die Störgrößenaufschaltung
weiterhin auf Grundlage eines physikalischen Modells des Verteilermastes, durch welches
der Einfluss der Störkräfte auf den Schwingungszustand des Verteilermastes beschrieben
wird.
[0014] Bevorzugt berücksichtigt das physikalische Modell des Verteilermastes die elastische
Verformung mindestens eines der Segmente und bevorzugt mehrerer, weiter bevorzugt
aller Segmente des Gelenkarms.
[0015] In einer möglichen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung steuert die Störgrößenaufschaltung
die Aktoren des Verteilermastes auf Grundlage der geschätzten Störkräfte an.
[0016] Bevorzugt steuert die Störgrößenaufschaltung die Aktoren so an, dass der Einfluss
der Störkräfte auf einen Punkt des Verteilermastes, insbesondere die Spitze des Verteilermastes,
verringert und bevorzugt eliminiert wird.
[0017] In einer möglichen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung ist vorgesehen, dass
die Steuerung den Systemzustand auf Grundlage eines modalen Modells der Störkräfte
und einem physikalischen Modell des Verteilermastes schätzt. Insbesondere wird hierfür
das modale Model eingesetzt, welches oben näher beschrieben wurde. Weiterhin kann
das modale Modell so mit dem physikalischen Modell gekoppelt sein, dass durch das
physikalische Modell der Einfluss der Störkräfte auf den Schwingungszustand des Verteilermastes
beschrieben wird.
[0018] In einer möglichen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung geht mindestens ein
Betriebsparameter der Förderpumpe und/oder der Betonförderung in die Störgrößenaufschaltung
ein. Insbesondere geht die Pumpfrequenz der Förderpumpe in die Störgrößenaufschaltung
ein.
[0019] Bevorzugt bestimmt die Störgrößenaufschaltung hierfür die Pumpfrequenz der Förderpumpe
aus den Ansteuerparametern und/oder Ansteuersignalen für die Förderpumpe.
[0020] In einer möglichen Ausgestaltung der Erfindung stellt die Pumpfrequenz der Förderpumpe
den einzigen Betriebsparameter der Förderpumpe und/oder der Betonförderung dar, welche
in die Störgrößenaufschaltung eingeht.
[0021] Bei der Förderpumpe handelt es sich bevorzugt um eine Doppelkolbenpumpe. Eine solche
Doppelkolbenpumpe umfasst zwei Kolben, welche im Gegentakt arbeiten, um den Beton
zu fördern. Solche Förderpumpen sind bekannt.
[0022] Die Dämpfung induzierter Schwingungen durch die Störgrößenaufschaltung gemäß der
vorliegenden Erfindung beruht auf einer Ansteuerung der Aktoren des Gelenkarms.
[0023] Die Ansteuerung der Förderpumpe erfolgt dagegen bevorzugt unabhängig von der Störgrößenaufschaltung.
Insbesondere kann die Störgrößenaufschaltung allein auf einer Ansteuerung der Aktoren
des Gelenkarms beruhen.
[0024] In einer möglichen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung umfasst die Steuerung
neben der Störgrößenaufschaltung weiterhin eine Regelung, welche auf einer Messung
und/oder Rückführung der Stellung und/oder des Schwingungszustands des Verteilermastes
beruht.
[0025] Insbesondere umfasst die Regelung eine Schwingungsdämpfung zur Dämpfung von horizontalen
und/oder vertikalen Schwingungen des Verteilermastes, welche auf einer Messung und/oder
Rückführung der Stellung und des Schwingungszustands des Verteilermastes beruht. Insbesondere
kann die Schwingungsdämpfung so ausgestaltet sein, dass sie Eigenschwingungen des
Verteilermastes dämpft.
[0026] Bevorzugt beruht die Schwingungsdämpfung auf einem physikalischen Modell des Verteilermastes.
Insbesondere kann es sich bei diesem physikalischen Modell um das gleiche Modell handeln,
welches auch zur Bestimmung des Einflusses der Störkräfte der Betonförderung auf den
Verteilermast dient.
[0027] In einer möglichen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung erfolgt die Schätzung
der Störkräfte auf Grundlage der Signale mindestens eines Sensors, dessen Signale
auch durch die Regelung und/oder Schwingungsdämpfung genutzt werden.
[0028] Bevorzugt werden mehrere Sensoren, welche durch die Störgrößenaufschaltung zur Bestimmung
der Stellung und/oder des Schwingungszustands des Verteilermastes genutzt werden,
um die Störkräfte zu schätzen, auch von der Regelung und/oder Schwingungsdämpfung
genutzt.
[0029] Weiterhin bevorzugt nutzen die Störgrößenaufschaltung und die Regelung und/oder Schwingungsdämpfung
die gleichen Sensoren.
[0030] In einer möglichen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung beruhen die Störgrößenaufschaltung
und die Regelung und/oder Schwingungsdämpfung auf denselben Werten für den Zustand
des Gelenkarms, insbesondere für die Stellung und/oder den Schwingungszustand des
Gelenkarms. Insbesondere ist ein Beobachter vorgesehen, welcher den Zustand des Gelenkarms,
insbesondere die Stellung und/oder den Schwingungszustand des Gelenkarms schätzt,
und dessen Ausgangsgrößen sowohl von der Störgrößenaufschaltung als auch von der Regelung
und/oder Schwingungsdämpfung genutzt werden.
[0031] In einer möglichen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung umfasst die Betonpumpe
mindestens einen Drehratensensor, welcher auf einem Segment des Gelenkarms angeordnet
ist, wobei die Steuerung zur Störgrößenaufschaltung und/oder Schwingungsdämpfung auf
Grundlage der Messwerte des Drehratensensors aus den Schwingungen der einzelnen Segmente
einen Schwingungszustand des gesamten Verteilermastes bestimmt.
[0032] In einer möglichen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung umfasst die Betonpumpe
mindestens einen Drehratensensor, welcher auf einem Segment des Gelenkarms angeordnet
ist, wobei die Steuerung zur Störgrößenaufschaltung und/oder Schwingungsdämpfung ohne
die Verwendung geodätischer Sensoren und/oder Deformationssensoren erfolgt.
[0033] In einer möglichen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung umfasst die Betonpumpe
mindestens einen Drehratensensor, welcher in einem vorderen Bereich eines Segmentes
angeordnet ist, welches zwischen dem Drehbock und einem die Mastspitze bildenden Segment
im Gelenkarm angeordnet ist.
[0034] Bevorzugt wird das Signal des Drehratensensors dazu eingesetzt, um Schwingungen des
Segmentes, an welchem er angeordnet ist, zu bestimmen. Als vorderer Bereich eines
Segmentes im Sinne der vorliegenden Erfindung werden bevorzugt die vorderen, d.h.
der Mastspitze zugewandten 25 % der Längenausdehnung des jeweiligen Segmentes betrachtet,
weiter bevorzugt die vorderen 10 % der Längenausdehnung.
[0035] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung sind auf mindestens zwei
Segmenten Drehratensensoren angeordnet. Bevorzugt werden die Signale dieser Drehratensensoren
dazu eingesetzt, um Schwingungen der Segmente, an welchem diese angeordnet sind, zu
bestimmen.
[0036] Bevorzugt bestimmt die Störgrößenaufschaltung und/oder die Schwingungsdämpfung auf
Grundlage der Messwerte der mindestens zwei Drehratensensoren einen Schwingungszustand
der Segmente und/oder des gesamten Arms.
[0037] Bevorzugt sind die Drehratensensoren jeweils in einem vorderen Bereich der Segmente
angeordnet. Dies verbessert die Erfassung von Schwingungen dieser Segmente.
[0038] Bevorzugt sind die mindestens zwei Segmente, an welchen die Drehratensensoren angeordnet
sind, zwischen dem Drehbock und einem die Mastspitze bildenden Segment im Gelenkarm
angeordnet. Weiter bevorzugt ist an dem die Mastspitze bildenden Segment ein weiterer
Drehratensensor angeordnet, welcher bevorzugt zur Bestimmung von Schwingungen der
Mastspitze eingesetzt wird.
[0039] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung umfasst der Gelenkarm
weiterhin den Drehgelenken zugeordnete Sensoren zur mittelbaren oder unmittelbaren
Messung des jeweiligen Drehwinkels des Gelenkes, wobei die Messsignale der Sensoren
in die Steuerung des Gelenkarms eingehen. Bevorzugt sind diese Sensoren zusätzlich
zu den Drehratensensoren vorgesehen und können insbesondere dazu eingesetzt werden,
um einen Drift der Messwerte, welcher bei Drehratensensoren konstruktionsbedingt nicht
vermeidbar ist, auszugleichen.
[0040] Die Messsignale der Sensoren gehen bevorzugt in die Störgrößenaufschaltung und/oder
Schwingungsdämpfung ein. Alternativ oder zusätzlich können die Messsignale der Sensoren
zur Bestimmung der aktuellen Stellung des Gelenkarms dienen, und insbesondere für
eine Positionsregelung des Gelenkarms genutzt werden.
[0041] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung erfolgt die Störgrößenaufschaltung
und/oder Schwingungsdämpfung unter Verwendung eines physikalischen Modells des Verteilermastes,
bei welchem die Flexibilität mindestens eines Segmentes durch ein innerhalb dieses
Segmentes angeordnetes virtuelles Gelenk beschrieben wird.
[0042] Bevorzugt wird zumindest die Flexibilität des unmittelbar am Drehbock angeordneten
Segmentes durch ein entsprechendes virtuelles Gelenk berücksichtigt, da die Schwingungen
diese Segmentes den größten Einfluss auf den Schwingungszustand des Gelenkarms haben.
Alternativ oder zusätzlich kann die Flexibilität des letzten Segmentes, welches die
Mastspitze bildet, berücksichtigt werden. Dieses ist üblicherweise am wenigsten stabil
und daher am flexibelsten. Das virtuelle Gelenk kann jedoch auch in einem anderen
Segment vorgesehen sein.
[0043] Bevorzugt wird die Flexibilität mehrerer und weiter bevorzugt aller Segmente durch
mindestens ein innerhalb des jeweiligen Segmentes angeordnetes virtuelles Gelenk beschrieben.
[0044] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung handelt es sich bei dem
physikalischen Modell um ein Starrkörpermodell mit aktuierten Gelenken. Bevorzugt
beschreibt das Modell mehrere und weiter bevorzugt alle Segmente des Gelenkarms, und
gibt damit gleichzeitig die Stellung des Gelenkarms wieder. Die Schwingungsfähigkeit
mindestens eines und bevorzugt mehrerer und weiter bevorzugt aller Segmente wird dann
durch mindestens ein virtuelles Gelenk in den die tatsächlichen Segmente beschreibenden
Starrkörpern beschrieben.
[0045] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung ist dem virtuellen Gelenk
ein Federelement und ein Dämpferelement zugeordnet. Hierdurch kann die Flexibilität
des Segmentes beschrieben werden. Bevorzugt werden die Federkonstante und die Dämpferkonstante
so gewählt werden, dass das virtuelle Gelenk die Größe der Durchbiegung und/oder Torsion
und/oder erste Eigenfrequenz des realen Segmentes beschreibt. Das virtuelle Gelenk
kann daher als eine erste Beschreibung der ersten Eigenschwingung des Segmentes in
Frequenz und Amplitude betrachtet werden.
[0046] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung sind innerhalb des Segmentes
weniger als 10, weiter bevorzugt weniger als 5, weiter bevorzugt weniger als 3 und
in einer möglichen Ausgestaltung genau ein virtuelles Gelenk vorgesehen. Dies verringert
die Komplexität des Modells.
[0047] Soll nur eine Schwingung in der Vertikalen oder der Horizontalen berücksichtigt werden,
so reicht ein virtuelles Gelenk mit nur einer Drehachse aus. Insbesondere kann zur
Dämpfung von Schwingungen in der Vertikalen ein virtuelles Gelenk mit einer horizontalen
Drehachse eingesetzt werden.
[0048] In einer bevorzugten Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung weist das virtuelle
Gelenk jedoch mindestens zwei und bevorzugt drei Freiheitsgrade der Bewegung auf.
[0049] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung berücksichtigt die Störgrößenaufschaltung
und/oder Schwingungsdämpfung eine Torsion mindestens eines Segmentes und/oder des
Gelenkarms.
[0050] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung erfolgt die Berücksichtigung
der Torsion mindestens eines Segmentes und/oder des Gelenkarms durch Verwendung eines
physikalischen Modell des Gelenkarms, welches eine Torsion des Gelenkarms und/oder
eines oder mehrerer Segmente des Gelenkarms beschreibt. Weiter bevorzugt erfolgt dies
über ein virtuelles Drehgelenk, wie es oben beschrieben wurde, und welches sich in
Längsrichtung des Segmentes erstreckt.
[0051] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung umfasst der Gelenkarm
mindestens zwei an unterschiedlichen Segmenten angeordnete Drehratensensoren, wobei
die Torsion aus einem Vergleich der Messwerte der Drehratensensoren bestimmt wird.
[0052] Beispielsweise können die Messwerte eines ersten Drehratensensors, welcher innerhalb
des Gelenkarms am nächsten zu dem Drehbock angeordnet ist, mit den Messwerten eines
zweiten Drehratensensors, welcher innerhalb des Gelenkarms am nächsten zur Mastspitze
angeordnet ist, verglichen werden, um die Torsion des Gelenkarms zwischen den beiden
Drehratensensoren zu bestimmen.
[0053] Alternativ oder zusätzlich können die Messwerte eines ersten Drehratensensors, welcher
an einem ersten Segment angeordnet ist, mit den Messwerten eines zweiten Drehratensensors,
welcher an einem innerhalb des Gelenkarms auf das erste Segment folgenden Segment
angeordnet ist, verglichen werden, um die Torsion des Gelenkarms zwischen den beiden
Drehratensensoren und insbesondere die Torsion des ersten oder zweiten Segments zu
bestimmen. Die Drehratensensoren können hierfür beispielsweise jeweils in einem vorderen
Bereich der Segmente angeordnet sein.
[0054] Alternativ oder zusätzlich kann der Gelenkarm mindestens zwei an unterschiedlichen
Positionen desselben Segments angeordnete Drehratensensoren umfassen, wobei die Torsion
des Segments aus einem Vergleich der Messwerte der Drehratensensoren bestimmt wird.
Bevorzugt sind hierfür die Drehratensensoren in einem vorderen und einem hinteren
Bereich des Segments angeordnet.
[0055] Weiterhin kann mindestens einer der Drehratensensoren, welcher zur Bestimmung der
Torsion genutzt wird, am Drehbock und/oder in einem hinteren Bereich des unmittelbar
an dem Drehbock angeordneten Segments angeordnet sein, und/oder mindestens einer der
Drehratensensoren, welcher zur Bestimmung der Torsion genutzt wird, am letzten Segment
des Gelenkarms und insbesondere im Bereich der Mastspitze angeordnet sein.
[0056] Bevorzugt weisen die Drehratensensoren, deren Messwerte zur Bestimmung der Torsion
genutzt werden, mindestens zwei Sensitivitätsrichtungen auf, insbesondere eine erste
horizontale Sensitivitätsrichtung und eine zweite, in einer vertikalen Ebene verlaufende
Sensitivitätsrichtung. Hierdurch kann die Torsion durch den Vergleich relativ einfach
bestimmt werden.
[0057] Jedoch auch unabhängig von der Bestimmung der Torsion weisen die Drehratensensoren,
deren Messwerte in die erfindungsgemäße Störgrößenaufschaltung und/oder Schwingungsdämpfung
eingehen, bevorzugt mindestens zwei Sensitivitätsrichtungen auf, insbesondere eine
erste horizontale Sensitivitätsrichtung und eine zweite, in einer vertikalen Ebene
verlaufende Sensitivitätsrichtung.
[0058] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung umfasst die Steuerung
des Gelenkarms einen Beobachter, welcher den Zustand des Gelenkarms schätzt. Insbesondere
kann der Beobachter ein physikalisches Modell des Gelenkarms umfassen und dessen Zustand
anhand des Modells und anhand von Messwerten von Sensoren schätzen.
[0059] Bevorzugt erfolgt die Schätzung auf Grundlage der Messwerte von Sensoren, wie sie
oben bereits beschrieben wurden, insbesondere auf Grundlage von mindestens einem Drehwinkelsensor
und/oder den Gelenken zugeordneten Sensoren zur mittelbaren oder unmittelbaren Erfassung
der Drehwinkel der Gelenke.
[0060] Bevorzugt setzt der Beobachter ein physikalisches Modell des Gelenkarmes ein, wie
es oben näher beschrieben wurde, insbesondere ein physikalisches Modell, welches auch
zur Bestimmung des Einflusses der Störkräfte auf den Gelenkarm durch die Störgrößenaufschaltung
zum Einsatz kommt.
[0061] Bevorzugt schätzt der Beobachter die Stellung und/oder den Schwingungszustand des
Gelenkarms.
[0062] Bevorzugt gehen die Ausgangsgrößen des Beobachters in die Störgrößenaufschaltung
und/oder Schwingungsdämpfung ein.
[0063] Wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung dabei davon gesprochen, dass ein Zustand
bestimmt wird, umfasst dies insbesondere eine Schätzung des Zustands durch einen Beobachter.
[0064] Die Schwingungsdämpfung könnte erfindungsgemäß in einer möglichen Ausgestaltung allein
als eine Vorsteuerung erfolgen. Bevorzugt umfasst die Schwingungsdämpfung jedoch eine
Regelung durch Rückführung mindestens einer anhand eines Messsignals erhaltenen Größe.
[0065] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung umfasst die Schwingungsdämpfung
eine Regelung, welche durch Rückführung mindestens einer der folgenden Größen erfolgt:
Geschwindigkeit und Position einer oder mehrere der Gelenke, Geschwindigkeiten und
Positionen der Biegung und/oder Torsion einer oder mehrere der Segmente.
[0066] Bevorzugt werden der oder die Größen, welche durch die Regelung zurückgeführt werden,
durch einen Beobachter geschätzt. Insbesondere kann hierfür der Beobachter genutzt
werden, welcher oben näher beschrieben wurde.
[0067] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung erfolgt eine Schätzung
des Systemzustandes und/oder die Schwingungsdämpfung und/oder die Bestimmung des Einflusses
der Störkräfte auf den Gelenkarm auf Grundlage einer Linearisierung eines physikalischen
Modells erfolgt, und insbesondere auf Grundlage einer Linearisierung des physikalischen
Modells, wie es oben beschrieben wurde. Insbesondere erfolgt die Schätzung durch einen
Beobachter und/oder die Regelung und/oder die Störgrößenaufschaltung, wie sie oben
beschrieben wurden, auf Grundlage einer Linearisierung.
[0068] Bevorzugt erfolgt die Linearisierung um die Gleichgewichtslage der aktuellen Stellung
des Gelenkarms. Die Linearisierung kann durch die Steuerung in Abhängigkeit von der
aktuellen Stellung des Gelenkarms vorgenommen werden.
[0069] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung umfasst die Steuerung
eine Vorsteuerung, welche aus einem von einem Bediener vorgegebenen Sollwert Ansteuersignale
berechnet, durch welche die gewünschte Mastbewegung durchgeführt und eine Schwingungsanregung
des Gelenkarms vermindert wird.
[0070] Bevorzugt ist die Vorsteuerung so ausgeführt, dass Eigenfrequenzen des Gelenkarms
unterdrückt werden. Die Eigenfrequenzen können des Gelenkarms, welche durch die Vorsteuerung
berücksichtigt werden, können in Abhängigkeit von der aktuellen Stellung des Gelenkarms
bestimmt werden.
[0071] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung umfasst die Steuerung
den jeweiligen Gelenken zugeordnete Achsregler, wobei die Steuerung Ansteuersignale
für die Sollwinkelgeschwindigkeit der Achsen erzeugt, auf deren Grundlage der dem
jeweiligen Gelenk zugeordnete Achsregler Ansteuersignale für den jeweiligen Aktuator
erzeugt, wobei die Achsregler bevorzugt auf einer inversen Umlenkkinematik beruhen
und/oder eine inverse Nichtlinearität umfassen.
[0072] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung umfasst der Gelenkarm
einen um eine vertikale Achse drehbaren Drehbock und mindestens zwei mittels Gelenken
um horizontale Achsen verschwenkbare Segmente, wobei der Drehbock über einen Aktuator
um die vertikale Achse verfahrbar ist und die Segmente über Aktuatoren um die horizontalen
Achsen verschwenkbar sind. Weiter bevorzugt umfasst der Gelenkarm mindestens drei
und weiter bevorzugt mindestens vier Segmente. Bevorzugt steuert die Steuerung und
insbesondere die Störgrößenaufschaltung und/oder Schwingungsdämpfung alle Aktoren
der Segmente und/oder des Drehbocks an.
[0073] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung erfolgt zumindest eine
vertikale Schwingungsdämpfung und/oder Störgrößenaufschaltung. Hierfür steuert die
Schwingungsdämpfung und/oder Störgrößenaufschaltung die Aktoren, über welche die Segmente
des Gelenkarms um ihre horizontalen Drehachsen gedreht werden, entsprechend an.
[0074] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung erfolgt zumindest eine
horizontale Schwingungsdämpfung und/oder Störgrößenaufschaltung. Hierfür steuert die
Schwingungsdämpfung und/oder Störgrößenaufschaltung den Aktor des Drehbocks entsprechend
an.
[0075] Bei den Aktoren handelt es sich bevorzugt um hydraulische Aktoren. Die hydraulischen
Aktoren werden bevorzugt über eine Hydraulikpumpe angetrieben, welche über den Fahrmotor
der Betonpumpe angetrieben wird.
[0076] Als Aktoren zum Verschwenken der Segmente werden bevorzugt Hydraulikzylinder eingesetzt.
[0077] Als Aktor zum Drehen des Drehbocks wird bevorzugt ein Hydraulikmotor eingesetzt.
[0078] Bevorzugt können die Segmente des Gelenkarms über die Gelenke in eine Transportstellung
zusammengeklappt werden, wobei bevorzugt die einzelnen Segmente in der Transportstellung
im Wesentlichen parallel verlaufen.
[0079] In einer möglichen Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung umfasst die Steuerung
eine Geometriesteuerung, welche anhand von Vorgaben eines Benutzers, welche bevorzugt
über Handhebel erfolgen, und/oder anhand einer vorgegebenen Trajektorie der Mastspitze,
welche bevorzugt automatisch erzeugt wird, die Aktoren der Gelenke des Gelenkarms
zur Erzeugung einer entsprechenden Bewegung der Mastspitze ansteuert.
[0080] Die vorliegende Erfindung umfasst weiterhin eine Steuerung für eine Betonpumpe, wie
er oben beschrieben wurde. Die Steuerung arbeitet bevorzugt so, wie dies oben beschrieben
wurde.
[0081] Die Steuerung umfasst bevorzugt einen Mikroprozessor und einen Speicher, in welchem
eine Steuersoftware abgespeichert ist, welche bei einer Ausführung durch den Mikroprozessor
den oben beschriebenen Aufbau und/oder die oben beschriebene Funktionsweise der erfindungsgemäßen
Steuerung implementiert. Die Steuerung weist weiterhin einen oder mehrere Eingänge
auf, über welche sie mit Sensoren, insbesondere den oben beschriebenen Sensoren in
Verbindung steht, und/oder einen oder mehrere Ausgänge, über welche sie die oben beschriebenen
Aktoren ansteuert.
[0082] Die erfindungsgemäße Störgrößenaufschaltung und/oder Schwingungsdämpfung erfolgt
bevorzugt automatisch durch die Steuerung der Betonpumpe.
[0083] Weiterhin umfasst die vorliegende Erfindung eine Steuersoftware für eine Betonpumpe,
wie er oben beschrieben wurde. Die Steuersoftware implementiert die erfindungsgemäße
Steuerung. Die Steuersoftware kann auf einem Speicher abgespeichert sein und/oder
ein Computerprogrammprodukt darstellen.
[0084] Insbesondere handelt es sich bei der erfindungsgemäßen Betonpumpe um eine Autobetonpumpe.
Die Betonpumpe umfasst bevorzugt ein Fahrwerk, über welches sie verfahrbar ist. Das
Fahrwerk umfasst bevorzugt mehrere bereifte Achsen.
[0085] Die vorliegende Erfindung umfasst weiterhin ein Verfahren zur Ansteuerung einer Betonpumpe,
wie sie oben beschrieben wurden. Erfindungsgemäß ist dabei vorgesehen, dass die Störgrößenaufschaltung
die Störkräfte aus Messwerten der Stellung und/oder des Schwingungszustands des Verteilermastes
schätzt und/oder auf einem modalen Modell beruht, welches die Schwingungsform der
Störkräfte beschreibt.
[0086] Das erfindungsgemäße Verfahren erfolgt bevorzugt so, wie dies oben bereits beschrieben
wurde.
[0087] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen und Zeichnungen
näher beschrieben.
[0088] Dabei zeigen:
- Fig. 1
- ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Großmanipulators und einer erfindungsgemäßen
Autobetonpumpe,
- Fig. 2
- eine schematische Darstellung eines Ausführungsbeispiels einer erfindungsgemäßen Steuerung
mit einer Schwingungsdämpfung und einer Störgrößenaufschaltung,
- Fig. 3
- eine schematische Darstellung einer Vorsteuerung, wie sie in einer erfindungsgemäßen
Steuerung zum Einsatz kommen kann,
- Fig. 4
- eine schematische Darstellung eines Ausführungsbeispiels einer erfindungsgemäßen Steuerung
mit einer Schwingungsdämpfung,
- Fig. 5
- eine schematische Darstellung eines Achsreglers, wie er in einer erfindungsgemäßen
Steuerung zum Einsatz kommen kann,
- Fig. 6
- eine schematische Darstellung der durch die Betonförderung auf den Gelenkarm wirkenden
Störkräfte,
- Fig. 7
- eine schematische Darstellung eines Ausführungsbeispiels einer erfindungsgemäßen Steuerung
mit einer Störgrößenaufschaltung,
- Fig. 8
- eine schematische Darstellung eines weiteren Ausführungsbeispiels einer erfindungsgemäßen
Steuerung mit einer Störgrößenaufschaltung, welche auf einem physikalischen Modell
der Betonförderung beruht,
- Fig. 9
- eine schematische Darstellung eines weiteren Ausführungsbeispiels einer erfindungsgemäßen
Steuerung mit einer Störgrößenaufschaltung, welche auf einer Schätzung der Störkräfte
aus Messwerten der Stellung und/oder des Schwingungszustands des Verteilermastes beruht.
0. Einleitung
[0089] Neue Konstruktionsmethoden, Werkstoffe und elektronische Systeme haben dazu geführt,
dass sich Betonpumpen in den letzten Jahrzehnten beständig weiter entwickelt haben.
Der Einsatz mehrgliedriger Gelenkarme mit immer längeren Segmenten ermöglicht eine
verbesserte Erreichbarkeit von schwer zugänglichen Bereichen. Die Erhöhung der Anzahl
und der Länge der Segmente vergrößert jedoch auch das Gewicht und die Abmessungen
des Fahrzeugs. Die Folge sind Einschränkungen in der Straßenfahrt, der Handhabbarkeit
und der Funktionsfähigkeit der Betonpumpe.
[0090] Ein spezielles Phänomen von Großmanipulatoren ist die Schwingungsfähigkeit des Verteilermasts.
Die Schwingungen erschweren die Steuerung des Masts durch den Bediener und das Verteilen
des Betons durch den Endschlauchführer. Die Schwingfähigkeit ist mit der Schlankheit
und der Trägheit der Segmente und den elastischen Eigenschaften des Materials verknüpft.
[0091] Die Schwingungsanregung entsteht durch das Verfahren des Knickmasts und die Betonförderung.
Die typischerweise eingesetzte Doppelkolbenpumpe der Betonförderung überträgt impulsartige
Störkräfte auf den Verteilermast und verursacht damit eine kontinuierliche Schwingungsanregung.
Je nach Mastposition und Förderfrequenz ist damit auch eine Anregung nahe der Eigenfrequenzen
des Masts möglich.
[0092] Die Kombination von Verfahrbewegung und Betonförderung setzt den Verteilermast im
normalen Betrieb einer kontinuierlichen Schwingungsanregung aus. Dies hat Auswirkungen
auf die Maschinenlebensdauer und die Sicherheit für den Bediener.
[0093] Das Ziel der vorliegenden Erfindung ist eine Schwingungsdämpfung des Verteilermasts
zur Verbesserung der Handhabbarkeit und Funktionsfähigkeit der Betonpumpe.
1. Stand der Technik
[0094] Die
EP 2 103 760 B1 (Cifa) schlägt eine modellbasierte Schwingungsdämpfung unter Nutzung eines modalen
Modells vor. Der Regelalgorithmus schätzt den Zustand des Systems mithilfe eines Beobachters
und führt das geschätzte Signal über Regelverstärkungen zurück. Die Verstärkungen
werden in Abhängigkeit der Mastposition aus einer Liste abgerufen und interpoliert.
Das Verfahren basiert auf einem modalen Modell, das durch Modaltransformation und
anschließender Modellreduktion auf die ersten Schwingungsmoden gewonnen wird. Die
einzelnen Zustände des Modells sind somit modale Koordinaten und besitzen keine physikalische
Interpretation. Das Verfahren hat den Nachteil, dass neben den Regelverstärkungen
auch das reduzierte, modale Modell des Beobachters von der aktuellen Mastposition
abhängig ist. Das modale Modell muss deshalb für jede Mastposition neu generiert werden
oder ist nur für bestimmte Mastpositionen gültig. Aufgrund der großen Anzahl an möglichen
Mastpositionen stellt dies eine Beschränkung für die Einsatzfähigkeit der Schwingungsdämpfung
dar. Die im Folgenden vorgeschlagene Schwingungsdämpfung umgeht diese Probleme durch
eine andere Art der Modellierung. Die Modellreduktion ist physikalisch motiviert und
führt auf physikalisch interpretierbare, elastische Koordinaten. Zudem unterscheidet
sich die verwendete Sensorkombination zur Schwingungsdämpfung.
[0095] Die
WO 2014165889 A1 (TTControl) stellt eine Schwingungsdämpfung basierend auf der Rückführung von Positions-
und Deformationssignalen der Mastsegmente vor. Die Position wird dabei mit einer inertialen
Messeinheit und die Deformation durch Dehnmessstreifen erfasst. Die inertial Messeinheit
umfasst einen Drehratensensor und einen Beschleunigungssensor, die nur in Kombination
und für die Positionsschätzung eingesetzt werden (siehe Anspruch 2). Das Verfahren
hat den Vorteil, dass die Schwingung der Segmente unabhängig von der Verfahrbewegung
erfasst wird. Damit entfällt die zusätzliche Signalverarbeitung zur Trennung von Verfahrbewegung
und überlagerter struktureller Schwingung. Der Einsatz von Dehnmessstreifen hat jedoch
den Nachteil, dass die Montage aufwendig ist und an hoch belasteten Stellen des Segments
erfolgen muss. Zudem ist der Sensor sehr temperatursensitiv und erfordert einen hohen
Kalibrationsaufwand. Die im Folgenden vorgeschlagene Schwingungsdämpfung umgeht diese
Nachteile durch die Wahl eines Drehratensensors zur Detektion von Schwingungen im
Verteilermast.
[0096] Die
WO 2016 131977 A1 (Schwing) nutzt inertiale Messeinheiten zur Lageregelung der Mastspitze. Die Messeinheiten
sind auf den Segmenten jeweils in der Balkenmitte angebracht. An der Mastspitze ist
ein zusätzlicher Sensor vorhanden. Die Beschleunigungs- und Drehratensignale der Sensoren
werden über einen Starrkörperansatz fusioniert und schätzen die Lage der Mastspitze.
Zur Verbesserung der Lageschätzung wird das Beschleunigungssignal aus dem Sensor an
der Mastspitze zweifach integriert und mit der bestehenden Schätzung fusioniert. Eine
absolute Lagebestimmung ist aufgrund des verwendeten Starrkörperansatzes und der Doppelintegration
nicht möglich. Stattdessen werden die dynamischen Anteile der Mastspitzenposition
über ein Hochpassfilter berechnet und mit einem PID-Regler zurückgeführt. Eine unterlagerte
Positionsregelung auf Gelenkebene verhindert dabei Drifteffekte der Mastspitze. Der
Fusionierungsalgorithmus umfasst ausschließlich die Rekonstruktion der Lage der Mastspitze.
Aufgrund der Positionierung der inertialen Messeinheiten und des verwendeten Starrkörperansatzes
wird dabei lediglich die Neigung der Segmente und nicht der Schwingungszustand des
Verteilermasts geschätzt. Dies unterscheidet sich von dem im Folgenden vorgestellten
modellbasierten Ansatz zur Schätzung und Regelung des Schwingungszustands des Verteilermasts.
Dabei wird der Schwingungszustand des gesamten Masts berücksichtigt. Im Gegensatz
zur Lageregelung der Mastspitze lässt sich somit die Anzahl der verwenden Sensoren
reduzieren und auf den Einsatz von Drehratensensoren beschränken.
[0097] Die
EP 1 537 282 B1 (Putzmeister) schlägt geodätische Winkelsensoren zur Positionsbestimmung und Schwingungsdämpfung
des Verteilermasts vor. Die Sensoren sind auf den Segmenten angebracht und liefern
die jeweilige absolute Neigung. Die Signale werden unter Berücksichtigung der Kinematik
in einen niederfrequenten Anteil für eine Koordinatensteuerung und einen hochfrequenten
Anteil zur Schwingungsdämpfung aufgeteilt. Die typischerweise eingesetzten Neigungssensoren
reagieren empfindlich auf translatorische Beschleunigungsspitzen. Die Anwendung zur
Schwingungsdämpfung unter Berücksichtigung von Verfahrbewegung und Betonförderung
ist somit stark limitiert.
[0098] Die
EP 2 778 466 A1 stellt eine Schwingungsdämpfung in horizontalen Ebene vor..
[0099] Die
EP 1 122 380 B1 (Putzmeister) schlägt eine Steuereinrichtung zur periodischen Variation oder Modulation
der Pumpfrequenz vor. Die Variation oder Modulation der Pumpfrequenz verhindert, dass
Anregungsfrequenzen in der Nähe der Eigenfrequenz des Masts auftreten. Das Resultat
ist eine reduzierte Schwingungsanregung des Verteilermasts. Das Verfahren verändert
die Betonförderung, um die Schwingungen im Verteilermast zu dämpfen. Dies unterscheidet
sich von der nachfolgend dargestellten Störgrößenaufschaltung, welche die Aktorik
des Verteilermasts nutzt und die Betonförderung unbeeinflusst lässt.
[0100] Die
EP 1 537 282 B1 (Putzmeister) benennt einen Störgrößenregler zur Reduktion von Schwingungen im Verteilermast.
Das Verfahren ist jedoch keine Störgrößenaufschaltung, da nicht eine Störgröße, sondern
eine Messgröße des Verteilermasts zur Schwingungsdämpfung verwendet wird. Die Messgröße
ist der dynamische Anteil der Positionserfassung des Masts. Sie wird durch einen Regler
verstärkt und auf die Aktorik des Verteilermasts zurückgeführt. Das Verfahren stellt
somit eine klassische, rückführungsbasierte Schwingungsdämpfung und keine Störgrößenaufschaltung
dar.
[0101] DE 101 01 570 B4 (Schwing) beschreibt eine Störgrößenaufschaltung kombiniert mit einer rückführungsbasierten
Schwingungsdämpfung nach dem Prinzip des virtuellen Feder-Dämpfer-Elements. Die gemessene
Störgröße ist von der Betonförderung abhängig - es findet jedoch keine explizite,
modellbasierte Umrechnung in die Störkräfte des Verteilermasts statt. Das vorgestellte
Verfahren ist außerdem dezentral für jedes Gelenk angesetzt. Der Einfluss der Störkräfte
auf den gesamten Verteilermast wird somit nicht berücksichtigt. Die vorgeschlagene
Sensorik zur Druckmessung des Betonstroms in der Förderleitung ist praktisch nicht
einsetzbar, da sie teuer und im Betrieb starkem Verschleiß ausgesetzt ist.
2. Aufbau des Ausführungsbeispiels in Form einer Autobetonpumpe
[0102] In Fig. 1 werden die relevanten Elemente der Autobetonpumpe aufgezeigt. Diese weist
einen Unterwagen mit einem Fahrgestell mit mehreren bereiften Achsen auf, durch welches
die Autobetonpumpe auf der Straße verfahrbar ist. An dem Unterwagen sind vordere und
hintere Abstützzylinder 9 und 10 vorgesehen, welche an ausklappbaren und/oder austeleskopierbaren
Streben 10 und 12 angeordnet sind. Weiterhin ist ein Verteilergetriebe 11 dargestellt.
[0103] Der Unterwagen trägt hinten eine Pumpengruppe 1 und über einen Mastblock 2 einen
Gelenkarm, an welchem eine nicht dargestellte Förderleitung entlang geführt ist.
[0104] Der Gelenkarm besteht aus einem Drehbock 3 und vier Segmenten 4 bis 7 (beliebige
Anzahl an Segmente möglich), die über Gelenke A bis E verkoppelt sind. Gelenk A auf
dem Fahrzeug ermöglicht die Drehung des Drehbocks 3 um die Hochachse, Gelenke B bis
E die Verschwenkung der Segemente 4 bis 7 um horizontale Kippachsen. Die Aktorik der
Betonpumpe besteht aus Hydraulikzylindern 14 bis 17 an den jeweiligen Gelenken B bis
E und einem Hydraulikmotor für das Drehgelenk A des Drehbocks. Die Hydraulikzylinder
14 bis 17 ermöglichen die Bewegung des Verteilermasts in der vertikalen Ebene. Der
Hydraulikmotor dreht den gesamten Mast um die Hochachse. Die Mastspitze 22 (TCP) ist
die Spitze des Verteilermasts.
[0105] Am Verteilermast ist eine Förderleitung angebracht, die Beton zur Mastspitze 22 befördert.
Von dort wird der Beton über einen Schlauchabschnitt 8 zu einem Bediener geleitet.
Der erforderliche Förderdruck wird dabei von einer Doppelkolbenpumpe der Pumpeneinheit
1 erzeugt.
[0106] Der geplante Aufbau der Schwingungsdämpfung gliedert sich in die in Fig. 2 dargestellten
Untersysteme: Geometriesteuerung, Vorsteuerung, Regelung (mit Beobachter) und Störgrößenaufschaltung.
[0107] Für jedes Untersystem wird nachfolgend auf den Aufbau und die Funktionsweise eingegangen
und charakteristische Merkmale dargelegt.
3. Geometriesteuerung (TCP-Steuerung)
[0108] Die Geometriesteuerung dient der Erzeugung von Bewegungsbahnen für den Verteilermast.
Die Bewegungsbahnen sind dabei eine Zeitfunktion für Position, Geschwindigkeit, Beschleunigung
und/oder Ruck der Gelenkachsen des Verteilermasts. Sie werden in der Vorsteuerung
an die Dynamik des Systems angepasst und der Regelung als Sollwert vorgegeben.
4. Versteuerung
4.1 Funktion
[0109] Die Vorsteuerung gemäß Fig. 3 dient dazu, ein schnelles Verfahren des Verteilermasts
zu ermöglichen, ohne die Eigenfrequenzen anzuregen.

Messung der Position des Verteilermasts.

Bestimmung der (ersten) Eigenfrequenzen und Dämpfung des Verteilermasts in der jeweiligen
Mastposition (Ruhelage) in der horizontalen und vertikalen Ebene.

Filterung der Sollwertsignale mit Eigenfrequenzen (Notch-Filter, Input-Shaping).

Vorsteuerung wirkt auf jeden vertikalen und horizontalen Aktor.
4.2 Sensorik
[0110]
- Position des Verteilermasts
- Drehgeber für den Drehwinkel um die Hochachse
4.3 Aktorik
[0111]
- Hydraulikzylinder (vertikale Ebene)
- Hydraulikmotor (horizontale Ebene)
5. Regelung
[0112] Die Regelung, welche in Fig. 4 nochmals wiedergegeben ist, untergliedert sich in
zwei Teile: die Achsregelung (Fig. 5) und die Regelung zur Dämpfung der Schwingungen
und Positionsregelung mit dem Regler und dem Beobachter.
5.1 Achsregler
[0113] Der Achsregler gemäß Fig. 5 dient der Überführung der Sollwinkelgeschwindigkeit des
Gelenkes in die reale Aktorgeschwindigkeit:

Das Übertragungsverhalten des Hydrauliksystems von Ansteuerung bis Geschwindigkeit
des Aktors weist ein nichtlineares Verhalten auf.

Die Achsregelung kompensiert die Nichtlinearitäten der Hydraulik und der Umlenkkinematik.

Der Regelalgorithmus besteht aus den invertierten statischen Kennlinien der Hydraulik
und Umlenkkinematik. Eventuell ist eine Rückführung des Drucks bzw. der Zylinderposition
oder -geschwindigkeit vorgesehen.

Die Achsregelung ist dezentral an jedem Gelenk eingesetzt und stellt die unterste
Ebene der gesamten Schwingungsdämpfung dar.
[0114] In ihrer Funktion zur Überführung der Sollgeschwindigkeit in die reale Aktorgeschwindigkeit
wird die Achsreglung für alle weiteren Steuerungs- und Regelungskonzepte implizit
vorausgesetzt.
5.2 Schwingungsdämpfung basierend auf Drehratensensoren
5.2.1 Aufbau Schwingungsdämpfung
[0115] Das Verfahren umfasst eine aktive Schwingungsdämpfung zur Reduktion von Schwingungen
im Verteilermast. Es wird dabei zwischen der Sollbewegungen der Segmente durch den
Bediener und den Schwingungen angeregt durch die Verfahrbewegung unterschieden. Die
Schwingungsdämpfung berücksichtigt die gewollte Sollbewegung und dämpft nur die entstehenden
strukturellen Schwingungen. Die Schwingungen aufgrund der Betonförderung werden ebenfalls
reduziert.
[0116] Das Ziel der Schwingungsdämpfung ist die Reduktion von Schwingungen im gesamten Verteilermast.
Zu diesem Zweck wird der Schwingungszustand des gesamten Arms aus den Schwingungen
der einzelnen Segmente geschätzt. Der Verteilermast weist in Abhängigkeit der Position
und Neigung der Segmente variable Eigenfrequenzen auf. Die Schwingungsdämpfung berücksichtigt
diese Variabilität der Eigenfrequenzen in Abhängigkeit der Maststellung. Die ersten
Eigenfrequenzen stellen den größten Einfluss auf das Schwingverhalten dar.
5.2.2 Sensorik
[0117] Der Schwingungszustand des Verteilermasts wird durch Drehratensensoren 18 bis 21
erfasst. Die Sensoren sind auf einem oder mehreren Segmenten 4 bis 7 angebracht und
messen die Drehrate um die Gelenkachsen. Der Vorteil dieser Sensoren zur Schwingungserfassung
liegt darin, dass sie im Gegensatz zu üblicher Sensorik (z. B. Dehnmessstreifen) einfach
montiert werden können. Der Sensor kann an allen Außen- und Innenseiten des Segments
angebracht werden. Die MEMSbasierten Drehratensensoren sind außerdem kostengünstig,
robust und wartungsarm.
[0118] Der Drehratensensor 18 bis 21 wird im vorderen Bereich des jeweiligen Segments 4
bis 7 montiert, um die strukturellen Schwingungen optimal zu erfassen. Durch die serielle
Kinematik des Manipulators enthält die gemessene Drehrate eines Segments auch die
Schwingung des vorhergehenden Segments. Dieser Umstand wird beim Regelungsentwurf
berücksichtigt werden.
[0119] Die Position des Verteilermasts wird eine direkte oder indirekte Messung der relativen
Gelenkwinkel zwischen den Segmenten bestimmt. Beispielsweise kann als Messanordnung
eine Erfassung der relativen Gelenkwinkel über Drehwinkelgeber erfolgen.
5.3.3 Modellierung
[0120] Der Regelungsentwurf basiert auf einem mathematischen Modell des Verteilermasts.
Zu diesem Zweck wird das mechanische System durch ein dynamisches Modell abgebildet.
[0121] Der Verteilermast wird durch ein Starrkörpermodell mit aktuierten Gelenken B bis
E modelliert. Zusätzliche virtuelle Gelenke berücksichtigen dabei die Flexibilität
in den Segmenten. Für jedes Segment wird ein zusätzliches virtuelles Gelenk mit Feder-
und Dämpferelementen eingeführt. Die Feder- und Dämpfungskonstanten werden so gewählt,
dass die Durchbiegung und die erste Eigenfrequenz des realen Segments erhalten bleiben.
Das Modell des Verteilermasts setzt sich aus mehreren Segmenten zusammen. Die Steifigkeit
der Gesamtstruktur ergibt sich damit sich aus der Steifigkeit der einzelnen Segmente.
Da sich die Gesamtstruktur aus mehreren Segmenten zusammensetzt, werden auch höhere
Eigenfrequenzen wiedergegeben.
[0122] Diese Art der Modellierung stellt eine physikalisch motivierte Diskretisierung des
unendlich dimensionalen, elastischen Verteilermasts dar. Der Vorteil ist, dass gut
entwickelte und effiziente Starrkörper Formalismen zur Modellierung eingesetzt werden
können. Das resultierende Modell weist außerdem eine relativ niedrige Systemordnung
auf. Anders als bei einer modalen Modellreduktion ist der Systemzustand der virtuellen
Gelenke weiterhin eine physikalische Variable. Er beschreibt die konzentrierte Durchbiegung
und Schwingung des Segments.
Das nichtlineare Modell des Verteilermasts wird um die Gleichgewichtslage der aktuellen
Mastposition linearisiert. Damit ergibt sich in Abhängigkeit der Stellung und der
Lastsituation des Masts ein lineares System, das kleine Abweichungen von der Gleichgewichtslage
darstellt
y = Cx.
5.3.4 Beobachter
[0123] Basierend auf dem linearisiertem Modell wird ein Beobachter zur Schätzung der Systemzustände
eingesetzt

[0124] Der Beobachter rekonstruiert mithilfe der Ein- und Ausgänge des Systems den Systemzustand
x̂. Die Eingänge des Systems
u sind dabei die Sollwerte der Hydraulik. Die Ausgänge
y sind die Messwerte der Position und des Schwingungszustands des Verteilermasts. Durch
die Fusionierung der verschiedenen Messsignale verbessert sich die Robustheit der
Schwingungsdämpfung gegenüber den Messprinzip bedingten Drifterscheinungen der Drehratensensorik.
Der modellbasierte Beobachter stellt außerdem sicher, dass das Messsignal der Drehratensensoren
in die separaten Anteile der Gelenkbewegung und der Schwingung aufgeteilt wird. Die
Regelung dämpft damit gezielt die strukturellen Schwingungen, ohne die Sollbewegung
zu beeinflussen. Die Beobachterverstärkung
L wird durch ein geeignetes Verfahren wie z. B. Polvorgabe oder durch einen Kalman
Filter gewählt.
5.3.5 Regelverstärkung
[0125] Das linearisierte Modell dient zur Auslegung der Rückführverstärkungen
K des Regelkreises
u = Kx̂.
[0126] Dabei werden die Pole in der komplexen Halbebene so positioniert, dass sich die Dämpfung
des Systems erhöht. Die Schwingungen im Verteilermast werden somit gedämpft. Der Regler
erhält den geschätzten Zustand des Beobachters
x̂, verstärkt die Signale und führt sie als Sollwerte der Hydraulik zu (siehe Fig. 4).
Die Regelverstärkung
K wird durch ein geeignetes Verfahren wie z. B. Polvorgabe oder optimierungsbasierten
Verfahren (LQR) berechnet.
[0127] Der oben beschriebene Entwurfsprozess für Beobachter und Regler gilt für eine spezifische
Gleichgewichtslage des Verteilermasts. Für eine Änderung der Maststellung wird deshalb
der Entwurfsprozess wiederholt und an die aktuelle Stellung angepasst. Durch die Nachführung
der Regelungsparameter wird die Funktionsfähigkeit der Schwingungsdämpfung für jede
Mastposition gewährleistet.
[0128] Durch den zyklischen Entwurf von Beobachter und Regler ergeben sich die Verstärkungen
in Abhängigkeit von der aktuellen Stellung und Lastsituation des Verteilermasts. Die
variable Eigenfrequenz des Masts ist somit im Regelungsentwurf implizit berücksichtigt.
5.3.6 Horizontale Schwingungsdämpfung
[0129] Die Schwingungsdämpfung kann auch für Schwingungen in der horizontalen Ebene eingesetzt
werden. Der Hydraulikmotor am Mastbock dient dabei als Aktor. Die Mastposition um
die Hochachse wird durch einen Winkelgeber erfasst. Die Drehwinkelsensoren zur Schwingungsmessung
sind in diesem Fall durch eine Detektionsrichtung in der horizontalen Ebene und Torsion
ausgeführt oder erweitert. Die Sensoren sind auf einem oder mehreren Segmenten angebracht
und messen die Drehrate um die Hochachse und die Längsachse.
[0130] In der horizontalen Ebene ist horizontale Biegung mit der Torsion der Segmente verkoppelt.
Der Verteilermast erfährt somit in Abhängigkeit von der Position gleichzeitig eine
horizontale Biegung und eine Torsion. Dieser Effektor wird der Modellierung berücksichtig.
[0131] Das dynamische Modell des Verteilermasts (Abschnitt 5.3.3) wird um eine horizontale
Komponente ergänzt. Die virtuellen Gelenke in den Segmenten sind dazu als mehrachsige
Drehgelenke ausgeführt, die Biegung in der horizontalen Ebene und Torsion erfassen.
Die Drehung um die Hochachse wird durch ein Gelenk am Drehbock berücksichtigt. Die
Art und der Aufbau des Modells bleiben dabei gegen über Abschnitt 5.3.3 erhalten.
[0132] Analog zu dem Vorgehen in Abschnitt 5.3.3, 5.3.4 und 5.3.5 werden für das linearisierte
erweiterte Modell ein Beobachter und eine Rückführverstärkung entworfen. Dabei kann
entweder eine separate horizontale Schwingungsdämpfung oder eine kombinierte vertikale
und horizontale Schwingungsdämpfung umgesetzt werden. Der modellbasierte Beobachter
stellt sicher, dass das Messsignal der Drehratensensoren in die separaten Anteile
der Hochachsenbewegung und der Schwingung aufgeteilt wird. Die Regelung dämpft damit
gezielt die strukturellen Schwingungen der horizontalen Biegung und Torsion, ohne
die Sollbewegung zu beeinflussen.
5.3.7 Weitere Eigenschaften
[0133] Die Bewegungsvorgaben des Bedieners werden durch die Schwingungsdämpfung explizit
berücksichtigt. Das heißt, die gewollte Verfahrbewegung wird durch die Regelung zugelassen
und nur die überlagerten strukturellen Schwingungen gedämpft. Um die Schwingungsanregung
beim Verfahren zu reduzieren, ist außerdem eine Vorsteuerung vorgesehen. Diese berechnet
aus dem Sollwert des Bedieners Ansteuersignale, die die gewollte Mastbewegung ausführen
und dabei keine Schwingung anregen. Zu diesem Zweck wird ein Notch-Filter eingesetzt,
das abhängig von der aktuellen Mastposition die Eigenfrequenzen des Verteilermasts
bei der Verfahrbewegung unterdrückt (siehe Fig. 3).
[0134] Die Sollwertsignale für die Hydraulik werden durch eine unterlagerte Achsregelung
an den Zylindern umgesetzt. Die Achsregelung wandelt eine Sollwinkelgeschwindigkeitsvorgabe
u der Gelenke in die translatorische Istgeschwindigkeit der Zylinder. Dabei werden
die Umlenkkinematik, sowie Nichtlinearitäten der Hydraulik durch eine Vorsteuerung
berücksichtigt (siehe Fig. 5). Als Messgröße der Rückführung kann entweder der Druck,
die Zylinderposition oder die Zylindergeschwindigkeit ausgeführt sein. Als Alternative
kann auch die Zylindergeschwindigkeit aus der Position über eine separate Signalbearbeitung
berechnet werden. Die Zylinder übertragen die Kraft
Fu auf den Verteilermast und erzeugen somit eine Bewegung der Gelenke. Die Achsregelung
ist wie oben beschrieben dezentral und jedem Gelenk separat unterlagert.
6. Störgrößenaufschaltung
[0135] Traditionell werden rückführungsbasierte Schwingungsdämpfungen zur Reduktion von
Schwingungen im Verteilermast eingesetzt. Diese Regelungen basieren auf der Rückführung
der statischen und dynamischen Parameter des Verteilermasts. Dazu werden die Schwingungen
in der Struktur gemessen, mit einem Regelalgorithmus verarbeitet und als Stellsignal
auf die Aktorik der Betonpumpe zurückgeführt. Die erzeugte Bewegung der Aktorik wirkt
auf den Verteilermast und dämpft aktiv Schwingungen. Ein Nachteil dieses Verfahrens
ist, dass Schwingungen erst kompensiert werden können, wenn sie am Mast gemessen werden.
Das heißt die Schwingungen müssen erst in der Struktur auftreten, um gedämpft zu werden.
Das nachfolgend dargestellte Verfahren verfolgt einen anderen Ansatz nach dem Prinzip
der Störgrößenaufschaltung. Diese dämpft Schwingungen im System basierend auf der
Ursache anstatt - wie einem bei rückführungsbasierten Verfahren - basierend auf der
Wirkung (siehe Fig. 7). Die Schwingungsanregung im Verteilermast ist zu einem großen
Teil auf die Ursache der Betonförderung zurückzuführen. Sie stellt demnach eine Störgröße
auf das System dar, die kompensiert werden soll.
[0136] Der Vorteil der Störgrößenaufschaltung gegenüber einer traditionellen Schwingungsdämpfung
ist, dass die Störgrößen kompensiert werden können, bevor sie sich auf das System
auswirken. Das heißt die Anregung der Betonförderung wird eliminiert, bevor sie als
Schwingung im Verteilermast sichtbar ist.
[0137] Das Ziel der Störgrößenaufschaltung ist somit die Reduktion von Schwingungen im Verteilermast
auf Basis von charakteristischen Messgrößen der Betonförderung. Die Messgrößen beschreiben
dabei den Zustand der Betonförderung und nicht den Schwingungszustand des Verteilermasts.
Typische Messgrößen der Betonförderung sind der Druck am Eingang der Förderleitung,
die Frequenz des Pumpprozesses und die Position und Geschwindigkeit des Förderkolbens.
[0138] Mit den Messgrößen werden über ein Modell der Betonförderung die Störkräfte auf den
Verteilermast rekonstruiert und verstärkt auf die Aktorik aufgeschalten. Die Verstärkung
kann dabei so entworfen werden, dass der Einfluss der Störkräfte auf einen bestimmten
Punkt des Verteilermasts eliminiert wird. Dazu wird die Mastspitze gewählt, um die
Lage des Endschlauchs ruhig und konstant zu halten.
[0139] Zur Reduktion der Schwingen auf Grund der Betonförderung werden zwei Verfahren vorgeschlagen:
die klassische modellgestützte Störgrößenaufschaltung und die Störgrößenaufschaltung
mit einem Störbeobachter.
6.1 Klassische modellgestützte Störgrößenaufschaltung
6.1.1 Überblick
6.1.1.2 Funktion
[0140] Die Berechnung der in Fig. 6 dargestellten Störkräfte erfolgt über ein mathematisches
Modell der Betonförderung entlang des Masts.

Berechnung der Störkräfte auf den Verteilermast aus Messsignalen der Betonförderung
(Druck, Frequenz, Zylinderposition) über Betonfördermodell (siehe Fig. 8).

Berechnung des Einfluss der Störkräfte auf den Verteilermast im Störmodell.

Zustandsregelung des Störmodells. Die Stellgröße ud des geregelten Störmodells ist die Stellgröße u der Hydraulik der Betonpumpe.

Die Zustandsregelung kann durch eine Ausgangsrückführung erweitert werden. Dabei
werden die Bewegungen der Mastspitze gedämpft.

Der Arbeitspunkt ist die aktuelle Position des Verteilermasts. Bei Veränderung der
Mastpostion durch eine Verfahrbewegung wird der Arbeitspunkt nachgeführt. D.h. die
Höhe der Mastspitze nach dem Verfahren stellt den neuen Arbeitspunkt dar.

Abweichungen vom Sollwert yd (siehe Fig. 8) werden über einen Regelkreis mit den realen Messwerten der Betonpumpe
y kompensiert. Dieser Regelkreis kann die Schwingungsdämpfung aus Abschnitt 5.2 darstellen.
6.1.1.2 Anmerkungen
[0141]
- Der zusätzliche Regelkreis des Störmodells ermöglicht eine Kompensation der Störgrößen
Fd unabhängig von der äußeren Regelung zur Schwingungsdämpfung (Messsignal y). Da der Zustandsregler ein virtuelles Störmodell beaufschlagt ist der vollständige
Zustand xd verfügbar.
- Beschränkungen der Stellgröße können einfach durch Beschränkungen im Regelkreis der
Störgrößenaufschaltung berücksichtigt werden.
6.1.1.3 Sensorik
[0142]
- Position Verteilermast
- Messwerte zur Betonförderung: Amplitude bzw. Zylinderposition, Zylindergeschwindigkeit,
Frequenz der Pumpe und/oder Betondruck am Eingang der Förderleitung
6.1.1.3 Aktorik
- Alle Hydraulikzylinder (vertikale Ebene)
6.1.2 Ausführungsbeispiel
6.1.2.1 Modellierung
[0143] Die Modellierung der Betonförderung bildet den Betonfluss in der Förderleitung von
der Förderpumpe im Fahrzeug bis zum Endschlauch an der Mastspitze ab. Dabei werden
die strömungsbedingten Störkräfte der Betonförderung auf den Verteilermasts berechnet.
[0144] Die Entstehung der Störkräfte ist vorwiegend auf Reibungskräfte an der Rohrinnenwand
und Trägheitskräfte durch die Betonstromumlenkung in den Rohrbögen zurückzuführen.
Durch die instationäre, periodische Förderung entstehen dabei impulsartige Kräfte,
die über die Rohrbefestigungen auf den Verteilermast übertragen werden. Die Kräfte
sind dabei von einer Vielzahl an Faktoren abhängig. Der größte Einfluss sind die rheologischen
Eigenschaften und die Zusammensetzung des Betons. Je nach Art und Konsistenz des Betons
ergeben sich stark unterschiedliche Schwingungsanregungen im Verteilermast. Eine weitere
Größe ist der sogenannte Wandeffekt. Aufgrund der Viskosität und der inhomogenen Zusammensatzung
des Fluids bildet sich während der Förderung im Wandbereich eine Grenzschicht mit
niedriger Fließgrenze und Viskosität. Die Grenzschicht wirkt wie ein Schmierfilm und
verringert die Reibkräfte im Wandbereich. Weitere Faktoren sind außerdem der variable
Füllstandsfaktor im Förderkolben und die Menge an gelöster Luft im Beton. Die Unsicherheit
und die Variabilität der oben genannten Faktoren führen dazu, dass eine direkte, rein
stoffbasierte Modellierung mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. Aus diesem Grund
wird eine auf Messungen gestützte Modellierung vorgeschlagen. Die grundlegende Idee
ist auf die genaue Abbildung der Strömungsverhältnisse innerhalb des Rohrs zu verzichten
und stattdessen nur die wirkenden Kräfte auf die Rohrwand zu berücksichtigen.
[0145] Der Ansatz verwendet dazu ein äquivalentes Newtonsches Fluid, um die Reibungs- und
Trägheitskräfte des Fluids auf die Rohrwand zu modellieren.
[0146] Die Stoffeigenschaften des äquivalenten Fluids werden aus den Messgrößen der Betonförderung
bestimmt. Insbesondere wird zumindest die Viskosität des äquivalenten Fluids aus dem
Betondruck und der Strömungsgeschwindigkeit des Betons bestimmt. Als Dichte des äquivalenten
Fluids wird ein abgespeicherter Mittelwert für die Dichte von Beton herangezogen.
[0147] Dabei lässt sich unter der Annahme von Umgebungsdruck am Endschlauch und durch die
Messung des Eingangsdrucks die Druckdifferenz über die gesamte Rohrleitung berechnen.
Durch Berücksichtigung der Maststellung wird außerdem der hydrostatische Druckverlust
der Strömung bestimmt. Die Ausgangsgrößen des Modells sind die konzentrierten Störkräfte
Fd in jedem Gelenk der Betonpumpe (siehe Fig. 6).
[0148] Die Wirkung der konzentrierten Störkräfte
Fd wird über eine Kopplung mit einem mechanischen Modell des Verteilermasts berechnet.
Das mechanische Modell berücksichtigt die dynamische und elastische Verformung der
Segmente unter dem Einfluss der Störkräfte über den gesamten Verteilermast.
6.1.2.2 Aufschaltung
[0149] Das verkoppelte Modell aus Betonförderung und Verteilermast dient dem Entwurf einer
modellgestützten dynamischen Störgrößenaufschaltung. Dabei wird das Modell um einen
Regelkreis zur Reduktion der Störgrößen im Verteilermast erweitert (siehe Störmodell
Regelkreis in Fig. 8). Anders als bei der klassischen Rückführung wird nicht die reale
Strecke geregelt, sondern nur das "virtuelle" Modell. Das hat Vorteile für den Regelungsentwurf,
da keine Streckenunsicherheiten oder Störgrößen auftreten. Außerdem steht der gesamte
Zustandsvektor ohne den Einsatz eines Beobachters zur Verfügung. Die Regelung wird
so ausgelegt, dass der Einfluss der Störkräfte auf die Mastspitze minimiert wird.
[0150] Zur Kompensation der Störkräfte im realen System wird nun die Stellgröße des virtuellen
Regelkreises
ud auf die Aktorik aufgeschaltet. Damit ergibt sich eine Vorsteuerung, die ohne Rückführung
des dynamischen Zustands des Verteilermasts auskommt.
6.1.2.3 Regelung
[0151] Die Störgrößenaufschaltung wird mit einer traditionellen Schwingungsdämpfung kombiniert,
um Schwingungen aus der Verfahrbewegung des Masts und Unsicherheiten in der Modellierung
zu kompensieren. Die Schwingungsdämpfung basiert dabei auf der Messung und der Rückführung
der Position und des Schwingungszustands des Verteilermasts. Durch die Berücksichtigung
der virtuellen Ausgänge
yd und der Messgrößen
y wird die Reglung so ausgelegt, dass die Stellgrößen der Störgrößenaufschaltung
ud ungehindert auf die Strecke wirken. Die Schwingungsdämpfung greift nur dann ein,
wenn die Zustände der realen Strecke von den Zuständen des virtuellen Modells abweichen.
6.1.2.4 Weitere Eigenschaften
[0152] Zur Bestimmung des Betondrucks am Eingang der Strecke kann alternativ auch der Hydraulikdruck
der Förderzylinder gemessen werden. Der korrespondierende Betondruck ergibt sich aus
einer Umrechnung mit dem Kolbenflächenverhältnis.
[0153] Weiterhin kann auch die Strömungsgeschwindigkeit des Betons aus der Geschwindigkeit
der Förderzylinder bestimmt werden.
[0154] Damit wird der Einsatz eines teuren und verschleißanfälligen Drucksensors und/oder
Strömungssensors in der Förderleitung vermieden.
[0155] Die Leistungsfähigkeit der oben beschriebenen Störgrößenaufschaltung ist stark von
der Genauigkeit des Betonförder- und des mechanischen Modells abhängig. Dies führt
bei Parameterunsicherheit und Parametervariabilität zu Performancebeschränkungen.
6.2 Asymptotische Störkompensation
6.2.1 Überblick
6.2.1.1 Funktion
[0156]

Schätzung der Störgröße aus den Schwingungsmesswerten des Verteilermasts und der
Pumpfrequenz der Betonförderung (siehe Fig. 9).

Verstärkung des Störsignals im Störregler und Aufschaltung auf die Aktorik der Betonpumpe.

Aus Stabilitätsgründen benötigt die Störgrößenkompensation eine Schwingungsdämpfung,
welche beispielsweise so aufgebaut sein kann wie in Abschnitt 5.2 beschrieben.

Der Störbeobachter hat gegenüber der klassischen Störgrößenaufschaltung den Vorteil,
dass das Störsignal vollständig aus der vorhandenen Sensorik der Schwingungsdämpfung
geschätzt wird. Dadurch ist das Verfahren robust gegenüber Parameteränderungen der
Betonförderung.

Der Schätzalgorithmus kann beispielsweise als asymptotische Störkompensation nach
Davison ausgeführt sein.

Die Störgrößenkompensation basiert darauf, dass aus einem frei wählbaren Messausgang
yd die Störgröße geschätzt/gelernt wird. Ziel ist es dabei mit geeigneten Stellgrößen
diesen Messausgang yd auf einen Konstantwert zu regeln. Eine mögliche Wahl des Messausgangs yd ist die Höhe der Mastspitze in der vertikalen Ebene. Die Störkompensation reduziert
damit Schwingungsbewegungen der Mastspitze.

Der Arbeitspunkt ist die aktuelle Position des Verteilermasts. Bei Veränderung der
Mastpostion durch Verfahrbewegung wird der Arbeitspunkt nachgeführt. D.h. die Höhe
der Mastspitze nach dem Verfahren stellt den neuen Arbeitspunkt dar.
6.2.1.2 Sensorik
[0157]
- Position Verteilermast
- Pumpfrequenz der Betonförderung
- Messung Schwingungszustand des Verteilermastes: Drehratensensoren auf bestimmten Segmenten
6.2.1.3 Aktorik
- Alle Hydraulikzylinder (vertikale Ebene)
6.2.1.2 Anmerkungen
[0158]
- Die asymptotische Störkompensation basiert darauf, angreifende Störsignale durch ein
fiktives Störmodell abzubilden. Das Störmodell wird im Regelkreis integriert und von
einem gewählten Messausgang solange angeregt, bis die Störungen in einem gewählten
Messausgang kompensiert werden. Das Störmodell hat dabei die Eigenschaft auch bei
verschwindendem Anregungssignal ein nicht verschwindendes Ausgangssignal zu liefern
(grenzstabil). Dadurch erzeugt die Störkompensation die erforderlichen Stellgrößen,
um die Einwirkung der Störgröße auszugleichen.
- Auf Grund des Schätzprozesses wirken die Störgrößen zumindest vorübergehend auf die
Ausgänge des Systems. Dies führt dazu, dass die Störkompensation zu Beginn und bei
großen Parameteränderungen einem Einschwingvorgang unterworfen ist.
6.2.2 Ausführungsbeispiel
6.2.2.1 Modellierung
[0159] Im Folgenden wir ein alternatives Verfahren zur obigen Störgrößenaufschaltung vorgestellt.
Die grundlegende Idee des Verfahrens ist, die Störkräfte aus den Messwerten des Verteilermasts
zu schätzen. Dabei wird die Periodizität der Betonförderung genutzt, um ein modales
Modell der Störkräfte aufzustellen. Das Modell setzt sich aus der Grundfrequenz und
deren Vielfachen zusammen. Die einzelnen Zustände bilden als modale Koordinaten die
Schwingungsform der Störgröße nach. Eine modale Koordinate hat keine physikalische
Bedeutung, sondern gibt nur den Anteil der jeweiligen Frequenz an der Schwingungsform
der Störgröße wieder.
6.2.2.2 Schätzverfahren
[0160] Basierend auf dem modalen Modell werden die Störkräfte durch einen Störbeobachter
oder eine asymptotische Störkompensation aus den Messwerten des Verteilermasts geschätzt.
Die Schätzverfahren beruhen auf dem Innere-Modell-Prinzip. Das Prinzip definiert,
dass ein stabiler Regelkreis nur dann eine Störung vollständig unterdrücken kann,
wenn er ein inneres Modell des Störsignals besitzt. Das Modell ist dabei grenzstabil
und setzt sich nur aus konjugiert komplexen Polstellenpaaren der Förderfrequenzen
auf der imaginären Achse der komplexen Halbebene zusammen. Durch den Störbeobachter
oder der asymptotischen Störkompensation wird der Anfangszustand des Modalmodells
aus den Messsignalen des Verteilermasts adaptiert. Dies entspricht einer Schätzung
der unbekannten Amplitude und Phasenlage der Störkräfte. Je mehr Frequenzen das Modell
enthält, desto genauer kann die Schwingungsform der Störgröße dargestellt werden.
Die größere Anzahl an Frequenzen benötigt jedoch mehr Zeit, um die vorliegende Schwingungsform
zu lernen. Während des Lernprozesses tritt eine Einschwingbewegung auf, deren Amplitude
mit der Anzahl der Frequenzen zunimmt. Für eine gute Störunterdrückung muss deshalb
die Anzahl der Frequenzen so gewählt werden, dass einerseits die Störgröße ausreichend
genau abgebildet wird und andererseits das Einschwingverhalten kurz und mit geringer
Amplitude auftritt.
6.2.2.3 Regelung
[0161] Die rekonstruierten Störgrößen werden über eine Regelung auf die Aktorik des Verteilermasts
aufgeschaltet (siehe Fig. 9). Die Störgrößenaufschaltung ist mit einer Schwingungsdämpfung
basierend auf den Messgrößen des Verteilermasts y kombiniert, um die Stabilität des
Systems zu gewährleisten. Die Zustände des Systems werden basierend auf dem Modell
des Verteilermasts und dem Störmodell durch den Störbeobachter geschätzt. Die Messgrößen
umfassen dabei die Mastposition und den Schwingungszustand des Verteilermasts. Der
Regler in Fig. 9 verstärkt somit die geschätzten Störgrößen und Zustände des Systems.
Die Störgrößenaufschaltung kann so ausgelegt werden, dass der Einfluss der Störkräfte
auf die Mastspitze minimiert wird.
6.2.2.4 Weitere Eigenschaften
[0162] Anders als beim ersten Verfahren lernt der Störbeobachter oder die asymptotische
Störkompensation die Störkräfte aus den Messwerten
y des dynamischen Schwingungszustands des Verteilermasts. Damit kann die Anzahl der
Sensoren für die Betonförderung reduziert werden. Die benötigte Messgröße ist die
Pumpfrequenz, welche über die Umschaltzeitpunkte der Förderzylinder in der Software
bestimmt werden kann. Ein weiterer Vorteil des Verfahrens ist die Robustheit gegenüber
Streckenparameteränderungen und Variation der Betoneigenschaften.
6.3 Weitere Eigenschaften der Störgrößenaufschaltung
[0163] Die oben beschriebenen Störgrößenaufschaltungen gelten für eine spezifische Gleichgewichtslage
des Verteilermasts. Für eine Änderung der Maststellung wird deshalb der Entwurfsprozess
wiederholt und an die aktuelle Stellung angepasst. Durch die Nachführung der Regelungsparameter
wird die Funktionsfähigkeit der Störgrößenaufschaltung für jede Mastposition gewährleistet.
[0164] Die Sollwertsignale für die Hydraulik werden durch eine unterlagerte Achsregelung
an den Zylindern umgesetzt. Die Achsregelung wandelt eine Sollwinkelgeschwindigkeitsvorgabe
der Gelenke in die translatorische Istgeschwindigkeit der Zylinder. Dabei werden die
Umlenkkinematik, sowie Nichtlinearitäten der Hydraulik durch eine Vorsteuerung berücksichtigt.
Je nach Ausführung kann eine Rückführung des Drucks bzw. der Zylinderposition oder
-geschwindigkeit umgesetzt werden. Die Achsregelung ist dezentral ausgeführt und somit
jedem Gelenk separat unterlagert.
[0165] Die Bewegungsvorgaben des Bedieners werden durch die Störgrößenaufschaltung und Schwingungsdämpfung
explizit berücksichtigt. Das heißt, die gewollte Verfahrbewegung wird durch die Regelung
zugelassen und nur die überlagerten strukturellen Schwingungen gedämpft. Um die Schwingungsanregung
beim Verfahren zu reduzieren, ist außerdem eine Vorsteuerung vorgesehen. Diese berechnet
aus dem Sollwert des Bedieners Ansteuersignale
ωsoll, die die gewollte Mastbewegung ausführen und dabei keine Schwingung anregen. Zu diesem
Zweck wird ein Notch-Filter eingesetzt, das abhängig von der aktuellen Mastposition
die Eigenfrequenzen des Verteilermasts bei der Verfahrbewegung unterdrückt.
[0166] Die Vorsteuerung ist für die vorgestellten Störgrößenaufschaltungen in den Fig. 8
und 9 durch einen Signalblock gekennzeichnet. Für die modellgestützte dynamisehe Störgrößenaufschaltung
wird das Vorsteuersignal
ωsoll zusätzliche im Störmodell Regelkreis berücksichtigt.
1. Betonpumpe, insbesondere Autobetonpumpe, mit einer Förderpumpe, einer Betonleitung
und einem einen Verteilermast bildenden Gelenkarm, an welchem die Betonleitung entlang
geführt ist,
wobei der Gelenkarm einen um eine vertikale Achse drehbaren Drehbock und/oder mindestens
ein mittels eines Gelenkes um eine horizontale Achse verschwenkbares Segment aufweist,
wobei der Drehbock über einen Aktuator um die vertikale Achse verfahrbar ist und/oder
das mindestens eine Segment über einen Aktuator um die horizontale Achse verschwenkbar
ist, wobei die Betonpumpe weiterhin eine Steuerung zur Ansteuerung der Aktuatoren
des Verteilermastes aufweist, wobei die Steuerung eine Störgrößenaufschaltung zur
Verringerung der durch die Betonförderung induzierten Schwingungen des Verteilermastes
umfasst,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Störgrößenaufschaltung die Störkräfte aus Messwerten der Stellung und/oder des
Schwingungszustands des Verteilermastes schätzt.
2. Betonpumpe nach Anspruch 1, wobei die Störgrößenaufschaltung auf einem modalen Modell
beruht, welches die Schwingungsform der Störkräfte beschreibt.
3. Betonpumpe nach Anspruch 2, wobei sich das modale Modell aus einer Grundfrequenz und
einer oder mehreren Vielfachen der Grundfrequenz zusammensetzt, und/oder wobei die
Pumpfrequenz der Förderpumpe als Grundfrequenz in das modale Modell eingeht.
4. Betonpumpe nach einem der Ansprüche 2 oder 3, wobei die Störgrößenaufschaltung den
Anfangszustand des modalen Modells aus den Messwerten der Stellung und/oder des Schwingungszustands
des Verteilermastes bestimmt, insbesondere über einen Beobachter, welcher den durch
die Störkräfte erzeugten Schwingungszustand schätzt, insbesondere durch Schätzung
der Phasenlage und Amplitude der Moden des modalen Modells.
5. Betonpumpe nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Störgrößenaufschaltung
weiterhin auf Grundlage eines physikalischen Modells des Verteilermastes erfolgt,
durch welches der Einfluss der Störkräfte auf den Schwingungszustand des Verteilermastes
beschrieben wird, wobei das physikalische Modell des Verteilermastes bevorzugt die
elastische Verformung mindestens eines der Segmente berücksichtigt.
6. Betonpumpe nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Störgrößenaufschaltung
die Aktoren des Verteilermastes auf Grundlage der geschätzten Störkräfte ansteuert.
7. Betonpumpe nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Störgrößenaufschaltung
die Aktoren so ansteuert, dass der Einfluss der Störkräfte auf einen Punkt des Verteilermastes,
insbesondere auf die Spitze des Verteilermastes, verringert und bevorzugt eliminiert
wird.
8. Betonpumpe nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Steuerung den Systemzustand
auf Grundlage eines modalen Modells der Störkräfte und einem physikalischen Modell
des Verteilermastes schätzt.
9. Betonpumpe nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei mindestens ein Betriebsparameter
der Förderpumpe und/oder Betonförderung in die Störgrößenaufschaltung eingeht, wobei
bevorzugt die Störgrößenaufschaltung die Pumpfrequenz der Förderpumpe aus den Ansteuerparametern
und/oder Ansteuersignalen für die Förderpumpe bestimmt.
10. Betonpumpe nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Steuerung neben der
Störgrößenaufschaltung weiterhin eine Regelung umfasst, welche auf einer Messung und/oder
Rückführung der Stellung und/oder des Schwingungszustands des Verteilermastes beruht,
wobei die Regelung bevorzugt eine Schwingungsdämpfung zur Dämpfung von horizontalen
und/oder vertikalen Schwingungen des Verteilermastes umfasst.
11. Betonpumpe nach Anspruch 10, wobei die Schwingungsdämpfung auf dem gleichen physikalischen
Modell des Verteilermastes beruht, welches auch zur Bestimmung des Einflusses der
Störkräfte der Betonförderung auf den Verteilermast dient.
12. Betonpumpe nach einem der vorangegangenen Ansprüche mit mindestens einem Drehratensensor,
welcher auf einem Segment angeordnet ist, wobei die Steuerung zur Störgrößenaufschaltung
und/oder Schwingungsdämpfung auf Grundlage der Messwerte des Drehratensensors aus
den Schwingungen der einzelnen Segmente einen Schwingungszustand des gesamten Verteilermastes
bestimmt und/oder ohne die Verwendung geodätischer Sensoren erfolgt und/oder mindestens
ein Drehratensensor in einem vorderen Bereich eines Segmentes angeordnet ist, welches
zwischen dem Drehbock und einem die Mastspitze bildenden Segment im Gelenkarm angeordnet
ist.
13. Betonpumpe nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Störgrößenaufschaltung
und/oder Schwingungsdämpfung unter Verwendung eines physikalischen Modells des Verteilermastes
erfolgt, bei welchem die Flexibilität mindestens eines Segmentes durch ein innerhalb
dieses Segmentes angeordnetes virtuelles Gelenk beschrieben wird, wobei bevorzugt
dem virtuellen Gelenk ein Federelement und ein Dämpferelement zugeordnet ist, wobei
die Federkonstante und die Dämpferkonstante weiter bevorzugt so gewählt wird, dass
das virtuelle Gelenk die Durchbiegung, Torsion und/oder erste Eigenfrequenz des realen
Segmentes beschreibt.
14. Steuerung und/oder Steuersoftware für eine Betonpumpe nach einem der vorangegangenen
Ansprüche.
15. Verfahren zur Ansteuerung der Aktuatoren des Verteilermastes einer Betonpumpe nach
einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Störgrößenaufschaltung die Störkräfte
aus Messwerten der Stellung und/oder des Schwingungszustands des Verteilermastes schätzt
und/oder auf einem modalen Modell beruht, welches die Schwingungsform der Störkräfte
beschreibt.