[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Kupferlegierung, deren Verwendung und ein
Verfahren zur Herstellung von Formteilen, sowie die daraus hergestellten Formteile.
Stand der Technik
[0002] Wasser ist ein wertvoller Rohstoff und für den täglichen Gebrauch unentbehrlich.
Daher muss das Trinkwasser bei der Entnahme aus dem Versorgungssystem mikrobiologisch
so beschaffen sein, dass der spätere Genuss zu keiner Erkrankung des Menschen führt.
Um dies zu erreichen werden hohe Anforderungen an Werkstoffe, die in den unmittelbaren
Kontakt mit dem Trinkwasser kommen, gestellt. Kupfer ist das edelste Gebrauchsmaterial
und gilt in der Industrie und Technik für wasserführende Systeme als ein unverzichtbarer
Werkstoff. Denn Kupfer besitzt bakteriostatische Eigenschaften und bietet außerdem
eine ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit. Kupfer zeigt auch in der Formgebung positive
Eigenschaften auf. So lassen sich Kupfergusslegierungen gut vergießen und durch die
hohe Festigkeit und Zähigkeit wird der Werkstoff auch bei der plastomechanischen Formgebung
besonders geschätzt.
[0003] Jedoch bereitet gerade diese plastische Verformbarkeit bei der spanabhebenden mechanischen
Bearbeitung Probleme. Hier neigen homogene Kupferwerkstoffe zu einer Langspanbildung.
Diese Spanart hemmt den Arbeitsablauf beim vollautomatisierten Drehen, bzw. Bohren,
und führt zu einem starken Verschleiß an den Werkzeugschneiden. Oftmals ist die Spanbildung
des Kupfers die limitierende Größe bei der mechanischen Bearbeitung und nimmt daher
direkten Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der Werkstücke.
[0004] Rotguss gehört zu den Kupfergusslegierungen und zeichnet sich durch die Kombination
einer guten Gießbarkeit mit optimaler Spanbarkeit und hoher Festigkeit aus. Durch
die gute Korrosionsbeständigkeit ist Rotguss besonders für wasserführende Systeme
wie die Armaturen- und Sanitärtechnik geeignet. Übliche Rotgusslegierungen enthalten
Zinn um die Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit zu steigern. Zink wird als kostengünstiges
Substitutionsmittel für Kupfer hinzugefügt. Um die erzeugten Produkte aus Rotguss
überhaupt wirtschaftlich bearbeiten zu können, wird das Schwermetall Blei hinzugegeben,
welches in der Legierung als Spanbrecher wirkt und eine spanabhebende Bearbeitung
auf CNC-Automaten und herkömmlichen Drehautomaten möglich macht.
[0005] Stagniert das Trinkwasser über längere Zeit in handelsüblichen bleihaltigen Armaturen,
besteht die Möglichkeit, dass Blei durch eine Metallionenmigration an das Leitungswasser
abgegeben wird. Hohe Bleikonzentrationen gelten als gesundheitsschädlich. Daher werden
weltweit immer strengere Auflagen an die Bleigehalte der Werkstoffe, die in Kontakt
mit Trinkwasser kommen, gestellt. Auch innerhalb von Deutschland wurde über die gesetzliche
Trinkwasserverordnung seit dem 01.12.2013 der Bleigehalt auf 10 µg Blei/l gesenkt.
Der Druck, Bleigehalte im Trinkwasser weiter zu reduzieren, ist weltweit angestiegen
und wird weiter wachsen. So verlangen gesetzliche Vorgaben aus den USA, dass Bleigehalte
in Kupferlegierungen einen durchschnittlichen Bleigehalt von 0,25 % nicht überschreiten
dürfen, unabhängig von der eigentlichen Bleikonzentration im Trinkwasser.
[0006] Der ideale Rotguss wäre frei von Blei und anderen bedenklichen Substanzen, bei gleichbleibender
oder besserer Wirtschaftlichkeit in der Fertigung und ohne die Korrosionsbeständigkeit,
die hohen mechanischen Festigkeiten und die gute Verarbeitbarkeit zu beeinträchtigen.
[0007] Die
EP 2290114 A1 beschreibt eine bleifreie Rotgusslegierung mit 4 bis 6 Gew.-% Zinn, 4 bis 6 Gew.-%
Zink und weniger als 0,25 Gew.-% Blei. Mit dieser Legierung können bleifreie Bauteile
mittels Gießverfahren hergestellt werden. Die nachträgliche mechanische Bearbeitung
zur Erzeugung der Funktionsflächen dieser Bauteile bleibt aber unberücksichtigt. Ohne
Blei zeigt die angegebene Zusammensetzung ein homogenes α-MK Gefüge auf, welches zur
Langspanbildung neigt und sich nicht wirtschaftlich spanabhebend bearbeiten lässt.
Auch das vorausgesetzte Gießverfahren benötigt prozessbedingt einen höheren Materialeinsatz
zur Erzeugung des Formteils als alternative Umformungsprozesse. Die
US 2012/0082588 A1, die
EP 2 241 643 A1, die
EP 3 225 707 A1 und die
US 9,181,606 B2 offenbaren Kupferlegierungen.
[0008] Einen Umformprozess einer bleifreien Rotguss-Legierung beschreibt die
EP 2 872 660 B1. Beschrieben wird ein Verfahren zur Vorkonditionierung einer Rotgusslegierung mit
2 bis 8 Gew.-% Zinn, 2,5 bis 13 Gew.-% Zink und weniger als 0,25 Gew.-% Blei die zum
Warmpressen geeignet ist und am Ende des Warmpressvorgangs ein homogenes Gefüge vorweist.
Die Warmumformung ermöglicht eine wirtschaftliche Herstellung von Formteilen mit geringem
Materialeinsatz. Zwar wird der Verfahrensablauf bis zur Formgebung des Rohlings erläutert,
unberücksichtigt bleibt aber auch hier der anschließende notwendige Zerspanvorgang
zur Herausarbeitung von Funktionsflächen der Bauteile. Durch die chemische Zusammensetzung
und das anschließende warmumformen entsteht eine homogene Gefügeausbildung und auch
hier ist durch das Fehlen eines Spanbrechers eine Langspanbildung bei der spanabhebenden
Bearbeitung zu erwarten, die eine wirtschaftliche Bearbeitung der Bauteile erschwert.
[0009] Die
EP 1 801 250 A1 beschreibt migrationsarme Bauteile aus einer Kupferlegierung, die einen relativ hohen
Anteil an Si aufweist, zusätzlich zu geringeren aber wesentlichen Anteilen an Mn,
Al und Zr. Ähnliche Kupferlegierungen sind auch in der
WO 2007/068470 offenbart.
[0010] Trotz der vielen inzwischen bekannten Kupferlegierungen im Stand der Technik besteht
immer noch eine Herausforderung darin, Rotguss Kupferlegierungen anzugeben, die einerseits
ohne den Einsatz der aus Umwelt- und Gesundheitssichtpunkten problematischen Komponente
Blei (Pb) auskommen, andererseits Umformungsprozesse ermöglichen, ohne dass die mechanischen
Kennwerte und die Korrosionsbeständigkeit leiden. Als besonders anspruchsvoll hat
sich hier die Bereitstellung von Kupferlegierungen herausgestellt, die eine gute Warmumformbarkeit
zeigen (also ohne wesentlichen Abfall mechanischer Kennwerte) und vorzugsweise ebenfalls
gut spanabhebend zu bearbeiten sind.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung
[0011] Aufgrund der vorstehend geschilderten Nachteile im Stand der Technik, ist es die
Aufgabe der vorliegenden Erfindung eine Kupferlegierung anzugeben, die diese Nachteile
überwindet. Wünschenswert wäre dabei insbesondere eine Kupferlegierung, die möglichst
wenig Komponenten umfasst, bleifrei oder im wesentlichen bleifrei ist und darüber
hinaus auf teure Metallkomponenten und/oder schwierig einzumischende Metallkomponenten
verzichten kann.
Kurze Beschreibung der Erfindung
[0012] Diese Aufgabe wird durch die Kupferlegierung nach Anspruch 1, deren Verwendung nach
Anspruch 2, sowie das Verfahren zur Herstellung von Formteilen nach Anspruch 3 gelöst.
Bevorzugte Ausführungsformen sind in den Unteransprüchen sowie der nachfolgenden Beschreibung
angegeben. Ebenfalls beansprucht werden die unter Einsatz der hier beschriebenen Kupferlegierung
hergestellten Formteile.
Detaillierte Beschreibung der Erfindung
[0013] Die vorliegende Erfindung wird im Folgenden zunächst im Hinblick auf die erfindungsgemäße
Legierung beschrieben. Es ist dem Fachmann allerdings klar, dass die in diesem Zusammenhang
beschriebenen bevorzugten Ausführungsformen sich auch auf die beschriebene Verwendung,
das beschriebene Herstellungsverfahren sowie die beschriebenen Formteile übertragen
lassen und auch für diese Aspekte der Erfindung als bevorzugte Ausführungsformen anzusehen
sind.
[0014] Die vorliegende Erfindung ermöglicht es, aus einer Rotguss-Legierung, die im Gefüge
einen Spanbrecher aufweist, über eine Warmumformung mit geringem Materialeinsatz Formteile
mit hohen mechanischen Festigkeiten, mit hoher Maßhaltigkeit und mit hoher Korrosionsbeständigkeit
erzeugen, die anschließend nach dem Warmpressvorgang auch noch einer wirtschaftlichen
Zerspanung unterzogen werden können. Die warmumformbare Rotguss-Legierung der vorliegenden
Erfindung benötigt für die Ausbildung eines Spanbrechers im Gefüge keine Elemente
wie Al, Si, Pb, Sb, Te, Se, C und Bi und ist daher gut wiederverwendbar.
[0015] Die vorliegende Erfindung stellt also eine Kupferlegierung zur Verfügung, die insbesondere
zur Herstellung von Formteilen aus mindestens einem Warmumformungsvorgang mit anschließender
spanabhebender Bearbeitung, die folgende Zusammensetzung in Gewichts-% aufweist:
Sn: |
2 bis 6 % |
Zn: |
0 bis 5 % |
S: |
0,05 bis 0,6 % |
Pb: |
weniger als 0,25 % |
Ni: |
weniger als 0,6 % |
Sb: |
weniger als 0,2 %, |
optional weiter enthaltend Phosphor bis maximal 0,06 Gew.-%, B bis maximal 0,003 Gew.-%,
Zr bis maximal 0,03 Gew.-% sowie unvermeidbare Verunreinigungen, wobei die Summe der
Verunreinigungen vorzugsweise 0,25 Gew.-% nicht überschreitet, und wobei der Rest
Cu ist.
[0016] Wie bereits vorstehend ausgeführt, enthält die erfindungsgemäße Legierung insbesondere
keine Elemente der Gruppe Al, Si, Sb, Te, Se, C und Bi und in bevorzugten Ausführungsformen
ebenfalls kein Pb.
[0017] Bevorzugte Gehalte an erfindungsgemäß einzusetzenden Legierungskomponenten sind wie
folgt, wobei diese jeweils einzeln als auch in jeder Kombination erfindungsgemäß offenbart
und beansprucht werden (jeweils erneut in Gew.-%):
Sn: 2 bis 4 %, in Ausführungsformen 2 bis weniger als 3,5 %, wie 2 bis 3,25%
Zn: 0 bis 3 %, in Ausführungsformen auch 0 bis weniger als 1,5 %, insbesondere 0,1
bis weniger als 1,5 %
S: 0,1 bis 0,45 % und in Ausführungsformen 0,1 bis weniger als 0,25 %, wie 0,1 bis
0,2%
Ni: weniger als 0,5%, wie von 0 bis 0,4%, von 0 bis 0,25%
[0018] Der Kupferanteil in der Legierung ist bevorzugt 88 Gew.-% oder mehr, stärker bevorzugt
90 Gew.-% oder mehr.
[0019] Es hat sich unerwartet gezeigt, dass mit den hier offenbarten Kupferlegierungen die
bekannten Nachteile aus dem Stand der Technik überwunden werden können. Insbesondere
können aus der Kupferlegierung hergestellte Halbzeuge/Zwischenprodukte sehr gut einer
Warmumformung unterworfen werden. Trotz des bei einer Warmumformung (typischer Weise
bei Temperaturen von etwa 600 bis 950°C) häufig auftretenden Abbaus von Kaltverfestigungen,
ermöglicht die erfindungsgemäße Legierung die Herstellung von Formteilen (die ggf.
dann noch weiterbearbeitet werden, z.B. durch spanabhebende Bearbeitung), die immer
noch ausgezeichnete mechanische Kennwerte aufweisen und auch keinen Abbau der Korrosionsbeständigkeit
zeigen.
[0020] Weiterhin hat sich gezeigt, dass die so erhaltenen Formteile (also nach Warmumformung)
auch in wirtschaftlicher Art weiterbearbeitet werden können, da insbesondere die unerwünschte
Langspanbildung unterbleibt. Es zeigt sich also, dass trotz der bei einer Warmumformung
ablaufenden Prozesse in der Gefügestruktur der Legierung immer noch spanbrechende
Komponenten vorliegen, obwohl die erfindungsgemäße Legierung auf typische spanbrechende
Komponenten, wie Pb oder Si verzichtet. Also stellt die vorliegende Erfindung eine
Kupferlegierung zur Verfügung, die eine ausgezeichnete Balance an gewünschten Eigenschaften
aufweist. Es können also aus dieser Legierung Formteile hergestellt werden, insbesondere
durch Warmumformung, ggf. verbunden mit weiteren Bearbeitungsschritten wie hier beschrieben,
ohne dass Abstriche an die weiteren, erwünschten Eigenschaften der Kupferlegierung
und deren Eignung zum Einsatz in der Warmumformung zu befürchten sind.
[0021] Die erfindungsgemäße Legierung kann also vorteilhaft zur Herstellung von Formteilen
eingesetzt werden, wobei diese Herstellungsverfahren eine Warmumformung umfassen,
ggf. kombiniert mit weiteren Bearbeitungsverfahren, beispielsweise eine anschließende
spanabhebende Bearbeitung.
[0022] Im Hinblick auf den Erhalt der erwünschten Eigenschaften der hier beschriebenen Kupferlegierung
ermöglichen die einzelnen Legierungsbestandteile jeweils allein, aber auch in ihrem
Zusammenwirken, eine gute und reproduzierbare Steuerung der Legierungseigenschaften.
[0023] Zinn wirkt in der Legierung als Mischkristallverfestiger und erhöht damit die Zugfestigkeit,
Dehngrenze und Härte, vermindert aber die Bruchdehnung. Des Weiteren erhöht Zinn die
Korrosionsbeständigkeit, wobei die Korrosionsbeständigkeit mit steigenden Zinngehalten
zunimmt. Bei der Herstellung der Rohlinge zur Warmumformung konnte erkannt werden,
dass durch Zinn im Gefüge starke Segregierungen auftreten, die bei der Erstarrung
zur Bildung von Zonenkristallen führen. Am Anfang der Erstarrung werden zinnärmere
Kupferkristalle ausgeschieden und die Restschmelze reichert sich mit einem Zinngehalt
an, der über den Durchschnittsgehalt der Legierung liegt. Abweichend vom stabilen
Zustandsdiagramm Kupfer-Zinn kann bei Gehalten von über 7 Gew.-% Zinn im Gefüge bei
Raumtemperatur ein (α + δ) - Eutektoid vorliegen, das unter Gleichgewichtsbedingungen
erst bei max. 15,8 Gew.-% Zinn entsteht. Die mögliche δ Phase kristallisiert im kfz
Gitter und müsste somit an sich gut verformbar sein, die Phase besitzt aufgrund ihrer
voluminösen Elementarzelle von 416 Atomen aber ein sprödes Verhalten. Dies erschwert
den späteren Warmumformprozess. Durch eine Wärmebehandlung bei hohen Temperaturen
mit ausreichender Zeit lässt sich das (α + δ) - Eutektoid zwar beseitigen, eine Wärmebehandlung
ist aber mit hohem Energieaufwand verbunden.
[0024] Des Weiteren besteht die Gefahr einer Kornvergrößerung des Gefüges während der Behandlung.
Dies würde zu einer Reduzierung der Dehnung führen womit der spätere Warmumformprozess
erschwert wird. Mit einem Gehalt von 2 bis 6 Gew.-% Zinn, besonders bevorzugt 2 -
4 Gew.-% Zinn wird eine hohe mechanische Festigkeit mit hoher Dehnung gewährleistet
und eine Ausbildung des (α + δ) - Eutektoids im Gusszustand vermieden.
[0025] Schwefel ist nahezu unlöslich im festen Kupfer und die ursprünglichen Eigenschaften
des Werkstoffs, wie etwa die Korrosionsbeständigkeit, werden durch die Zugabe von
Schwefel nicht beeinflusst. Durch die Unlöslichkeit im festen Kupfer führt Schwefel
zu einem Konstitionsverhalten, dass den Erstarrungsverlauf von Kupfer-Zinn Legierung
ähnlich wie Blei beeinflusst. Anders als Blei liegt Schwefel am Ende der Erstarrung
aber nicht elementar im Gefüge vor, sondern in Form einer intermetallischen Metall-Schwefel
Verbindung die gleichmäßig im Gefüge verteilt ist. Es konnte erkannt werden, dass
diese Phase inkohärent und spröde im Gefüge vorliegt und somit einen spanbrechenden
Mechanismus erzeugt.
[0026] Die Eigenschaften der Sulfide beeinflussen das mechanische, plastische Verhalten
des Rotguss-Werkstoffs. Der Einfluss wird über die Mengenanteile der Sulfidphasen
im Werkstoff bestimmt. Ab Schwefelgehalten von über 0,6 Gew-.% wird die spannungsübertragende
α-Cu Matrix durch die Sulfide so stark beeinträchtigt, dass ein Warmpressvorgang stark
erschwert ist. Der Schwefelgehalt von 0,05 Gew.-% bis 0,6 Gew.-%, besonders bevorzugt
0,1 Gew.-% bis 0,45 Gew.-%, stellt sicher, dass ausreichend Sulfideinschlüssen im
Gefüge vorhanden sind um einen spanbrechenden Mechanismus zu erzeugen und ein Warmumformungsvorgang
zu gewährleisten.
[0027] Zink wird der Legierung als wirtschaftliches Substitionsmittel gegenüber Kupfer hinzugefügt.
Es wurde erkannt, dass zwischen dem Zinkgehalt und dem Schwefelgehalt ein enger Zusammenhang
über den Zeitpunkt und über die Art der Verteilung der Sulfidausbildung besteht. Je
höher der Zinkgehalt vorliegt, umso früher bilden sich die Sulfideeinschlüsse während
der Gussteilerstarrung im Gefüge aus. Liegt der Zinkgehalt über 5 Gew.-%, wird die
Sulfidausbildung zu Temperaturen im Bereich der Erstarrungstemperatur der Rotgusslegierung
verschoben. In diesem Temperaturbereich liegen noch hohe schmelzflüssige Anteile im
Gussgefüge vor, die stellenweise miteinander verbunden sind.
[0028] Durch einen hohen Zinkgehalt kommt es dann zu einer frühzeitigen Ausbildung der Sulfide.
Diese Sulfide liegen inhomogen und stellenweise konzentriert im Gefüge vor und erschweren
somit den Warmpressvorgang durch eine lokale Schwächung der α-MK Matrix. Ist der Zinkgehalt
niedrig, wird die Ausbildung zu niedrigeren Temperaturen verschoben und die Sulfide
liegen in ehemaligen Restschmelzebereichen getrennt voneinander und homogen verteilt
vor. Der Zinkgehalt von 0 bis 5 Gew.-%, besonders bevorzugt 0 bis 3 Gew.-% Zink, sichert,
dass eine Sulfidausbildung bei höheren Temperaturen vermieden wird.
[0029] Untersuchungen haben gezeigt, dass die erfindungsgemäße Kupferlegierung durch die
spezifische Zusammensetzung eine besondere Eignung zum Einsatz in einem Herstellungsverfahren
für Formteile aufweist, wobei dieses Verfahren mindestens eine Warmumformung umfasst.
Durch die besondere Zusammensetzung der Legierung können nach der Warmumformung auch
problemlos weitere Bearbeitungsschritte erfolgen, beispielsweise eine anschließende
spanabhebende Bearbeitung.
[0030] Eine erfindungsgemäße Warmumformung kann beispielsweise ein Warmpressvorgang sein.
Erfindungsgemäß sind aber auch andere Warmumformungen möglich, die dem Fachmann bekannt
sind. Vor einer Warmumformung, beispielsweise einem Warmpressvorgang wird der Rohling
auf 600 °C bis 950 °C erhitzt. Ab 600 °C ist die Dehngrenze ausreichend tief um den
Rotgusswerkstoff über einen Warmumformungsvorgang plastisch zu verformen. Erfindungsgemäß
kann eine Warmumformung bei irgend einer geeigneten Temperatur in dem vorstehend genannten
Temperaturfenster durchgeführt werden, beispielsweise bei 700 bis 900°C. Die jeweilige
Temperatur wird in Abhängigkeit von der Art des Formteils, der gewünschten Schnelligkeit
der Umformung etc. vom Fachmann ausgewählt.
[0031] Es wurde erkannt, dass in dem angegebenen Temperaturbereich auch die Atombindungen
der Sulfide schwächer werden, so dass Versetzungsbewegungen in diesen Überstrukturen
erleichtert werden. Die Phasen verlieren in diesem Temperaturbereich ihre Sprödigkeit
und werden verformbar und hemmen somit den Warmumformungsprozess nicht. Unmittelbar
nach der Umformung findet dann eine dynamische Rekristallisation der α-MK Matrix statt,
die den vorher im Gusszustand bestehenden Zonenmischkristall mit unterschiedlicher
Zinnkonzentration beseitigt und über den Querschnitt eine homogene Konzentration und
damit gleichbleibender mechanische Kennwerte und Korrosionseigenschaften gewährleistet.
[0032] Die Sulfide liegen aber nach dem Verformungsprozess bei Raumtemperatur im Gefüge
wieder verteilt und spröde vor, womit sie als Spanbrecher fungieren. Es konnte ermittelt
werden, dass auch bei warmverformten Formteilen mit niedrigen Schwefelgehalten ab
0,05 Gew.-% es zu einem Ruckgleiten des Werkzeugs bei der mechanischen Bearbeitung
durch zeitlich veränderte Reibungsverhältnisse zwischen Span und Werkzeug kommt. Diese
veränderten Reibungsverhältnisse sind auf den inhomogenen Gefügeaufbau zurückzuführen,
der nach dem Warmpressvorgang aus einer kupferhaltigen α-MK Matrix mit darin eingebetteten
Sulfiden besteht. Durch das Ruckgleiten entstehen Scherbänder im Span die zu Lamellenspänen
und Scherspänen führen und im weiteren Verlauf der Bearbeitung bei Abführung über
eine Spanleitstufe im Werkzeug brechen. Dadurch werden lange Späne verhindert und
eine wirtschaftliche spanabhebende Bearbeitung ermöglicht.
[0033] Um den erfindungsgemäß vorgesehenen Warmpressvorgang zu ermöglichen, sollte die im
Gusszustand vorliegende mittlere Korngröße nicht mehr als 2 mm betragen. Die notwendigen
Maßnahmen zur Sicherstellung einer derartigen mittleren Korngröße sind dem Fachmann
bekannt. Eine Kornfeinung ist beispielsweise möglich über den Einsatz chemische Zusätze
wie Zirkon und Bor bis zu Gehalten von 0,005 bis 0,03 Gew.-% oder andere alternative
Verfahren zur Kornfeinung wie elektromagnetisches Rühren, Ultraschallanregung, Vibration,
Einblasen von Gas oder mittels einer starken Unterkühlung der Schmelze während des
Gießens.
[0034] Die vorstehend beschriebene Kupferlegierung eignet sich insbesondere zur Verwendung
zur Herstellung von Formteilen, wobei die Herstellung mindestens eine Warmumformung
umfasst. Möglich ist auch die Verwendung zur Herstellung von Formteilen, bei der nach
der mindestens einen Warmumformung weitere Bearbeitungsschritte erfolgen, beispielsweise
eine anschließende spanabhebende Bearbeitung. Das damit korrespondierende Herstellungsverfahren
eignet sich insbesondere zur Herstellung von Bauteilen, beispielsweise Medien-, z.B.
Gas oder Wasser führenden Leitungen und damit zu verbindenden Bauteilen, wie Fittings
etc. Besonders im Fokus stehende Formteile sind Bestandteile von Hausinstallationsrohrsystemen,
einschließlich Rohre, Fittings, Endkappen und Verbindungsstücke. Die prinzipiellen
Verfahrensschritte zur Herstellung derartiger Formteile sind dem Fachmann bekannt
und werden daher hier nicht detailliert beschreiben.
[0035] Erfindungswesentlich ist in diesem Zusammenhang, dass durch die vorstehend beschriebene
spezifische Zusammensetzung der einzusetzenden Kupferlegierung ein Abfall mechanischer
Kennwerte und der Korrosionsbeständigkeit auch nach einer Warmumformung ausbleibt.
Zusätzlich hat sich gezeigt, dass sowohl vor als auch nach einer Warmumformung die
erhaltenen Formteile ohne Probleme anderen Bearbeitungen unterworfen werden können.
Insbesondere ist eine spanabhebende Bearbeitung möglich, da die problematische und
unerwünschte Langspanbildung unterbleibt. So kann ein Formteil in einer wirtschaftlichen
Weise hergestellt werden (da insbesondere die anderen, wünschenswerten Eigenschaften
der Kupferlegierung, wie gute Warmumformbarkeit, Inertheit gegenüber den mit den Werkstücken
in Kontakt kommenden Stoffen, insbesondere Trinkwasser, und Korrosionsbeständigkeit,
nicht beeinträchtigt werden). Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang,
dass die hier beschriebenen Vorteile der vorliegenden Erfindung erreicht werden, obwohl
auf den Einsatz der ansonsten im Stand der Technik vielfach als notwendig erachteten
Komponenten Pb, Si etc. verzichtet wird.
[0036] Dieser unerwartete Vorteil der hier beschriebenen Kupferlegierung ermöglicht deren
wirtschaftliche Verwendung zur Herstellung der vorstehend beschriebenen Formteile.
Beispiel
[0037] Aus einem bleifreien Rotguss wurde im korngefeinten Zustand mittels einer Warmumformung
mit anschließender spanabhebender Bearbeitung ein Formteil für die Trinkwasserinstallation
hergestellt. Dabei zeigte sich, dass nach dem Warmpressvorgang Spanbrecher im Gefüge
der Legierung vorlagen, so dass eine wirtschaftliche vollautomatisierte mechanische
Bearbeitung möglich wurde.
1. Kupferlegierung, geeignet zur Herstellung von Formteilen durch ein Verfahren mit mindestens
einem Warmumformungsvorgang, wobei die Legierung folgende Zusammensetzung in Gewichts-%
aufweist:
Sn: |
2 bis 6 % |
Zn: |
0 bis 5 % |
S: |
0,05 bis 0,6 % |
Pb: |
weniger als 0,25 % |
Ni: |
weniger als 0,6 % |
Sb: |
weniger als 0,2 % |
und optional Phosphor bis maximal 0,06 Gew.-%, B bis maximal 0,03 Gew.-%, Zr bis maximal
0,03 Gew.-%, sowie unvermeidbaren Verunreinigungen, und wobei der Rest Cu ist.
2. Verwendung einer Kupferlegierung zur Herstellung von Formteilen durch ein Verfahren
mit mindestens einem Warmumformungsvorgang, wobei die Legierung folgende Zusammensetzung
in Gewichts-% aufweist:
Sn: |
2 bis 6 % |
Zn: |
0 bis 5 % |
S: |
0,05 bis 0,6 % |
Pb: |
weniger als 0,25 % |
Ni: |
weniger als 0,6 % |
Sb: |
weniger als 0,2 % |
und optional Phosphor bis maximal 0,06 Gew.-%, B bis maximal 0,03 Gew.-%, Zr bis maximal
0,03 Gew.-%, sowie unvermeidbaren Verunreinigungen, und wobei der Rest Cu ist.
3. Verfahren zur Herstellung von Formteilen aus einer Kupferlegierung, wobei die Legierung
folgende Zusammensetzung in Gewichts-% aufweist:
Sn: |
2 bis 6 % |
Zn: |
0 bis 5 % |
S: |
0,05 bis 0,6 % |
Pb: |
weniger als 0,25 % |
Ni: |
weniger als 0,6 % |
Sb: |
weniger als 0,2 % |
und optional Phosphor bis maximal 0,06 Gew.-%, B bis maximal 0,03 Gew.-%, Zr bis maximal
0,03 Gew.-%, sowie unvermeidbaren Verunreinigungen, und wobei der Rest Cu ist; wobei
das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:
mindestens einen Warmumformungsvorgang der Kupferlegierung zur Herstellung eines Formteils
4. Kupferlegierung nach Anspruch 1, Verwendung nach Anspruch 2 oder Verfahren nach Anspruch
3, wobei die Summe der Verunreinigen 0,25 Gew.-% nicht überschreitet.
5. Kupferlegierung, Verwendung oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass der Zinngehalt 2 bis 4 Gew.-% beträgt.
6. Kupferlegierung, Verwendung oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass der Zinkgehalt 0 bis 3 Gew.-% beträgt.
7. Kupferlegierung, Verwendung oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass der Schwefelgehalt 0,1 bis 0,45 Gew.-% beträgt.
8. Kupferlegierung, Verwendung oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche,
wobei die Legierung keine Elemente der Gruppe Al, Si, Sb, Te, Se, C und Bi enthält
und /oder wobei die Legierung kein Pb enthält.
9. Kupferlegierung, Verwendung oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche,
wobei die Kupferlegierung geeignet ist zur Herstellung von Formteilen durch ein Verfahren
weiter umfassend eine spanabhebende Bearbeitung nach der mindestens einen Warmumformung,
wobei das Verfahren den weiteren Schritt einen spanabhebenden Bearbeitung nach der
mindestens einen Warmumformung umfasst; bzw. wobei die Verwendung eine auf die Warmumformung
folgende spanabhebende Bearbeitung umfasst.
10. Formteil, hergestellt aus der Kupferlegierung gemäß einem der Ansprüche 1 oder 4 bis
9, erhalten gemäß der Verwendung nach einem der Ansprüche 2 sowie 4 bis 9 oder erhalten
nach dem Verfahren gemäß einem der Ansprüche 3 bis 9.