[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und ein Spülsystem zum Spülen von Wasserleitungsnetzen
in Gebäuden, insbesondere Trink- und/oder Brauchwasserleitungsnetze, wobei mittels
Sensoren eine Wassertemperatur und/oder ein Wasserdurchfluss in einem mit einer Wasserhauseinführung
an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen und mit einer Mehrzahl von Unterverteilungsleitungen
und Zapfstellen ausgebildeten Wasserleitungsnetz bestimmt wird, wobei mittels eines
Spülventils eine Spülvorrichtung das Wasserleitungsnetz zumindest teilweise gespült
wird, wobei mittels einer mit den Sensoren und dem Spülventil verbundenen Steuervorrichtung
das Spülen des Wasserleitungsnetzes in Abhängigkeit mit den Sensoren ermittelten Messwerten
durch eine Betätigung des Spülventils initiiert wird.
[0002] Derartige Verfahren und Spülsysteme sind hinreichend bekannt und werden regelmäßig
zum Spülen von Wasserleitungsnetzen eingesetzt, um eine Einhaltung der einschlägigen
Hygienevorschriften für Trink- und Brauchwasserleitungsnetze sicherstellen zu können.
Unter anderem sind in der deutschen Trinkwasserverordnung Vorschriften zur Vermeidung
von Kontaminationen des Trinkwassers durch Bakterien, die beispielsweise durch lange
Stagnationszeiten des Wassers in den Leitungen entstehen können, geeignete Sicherheitsmaßnahmen
zwingend vorgeschrieben. Insbesondere in großen Gebäuden, wie Wohnhäuser mit einer
Mehrzahl von Wohneinheiten, Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser, Schulen, Turnhallen,
Hotels usw. muss jederzeit ein hygienekonformer Betrieb des Trink- und Brauchwassersleitungsnetzes
sichergestellt werden. Näheres regelt die deutsche Trinkwasserverordnung in der zuletzt
vor dem Anmeldetag der vorliegenden Patentanmeldung gültigen Fassung.
[0003] Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist es bereits bekannt, die betreffenden
Leitungen eines Wasserleitungsnetzes durch Spülen derselben von derartigen Kontaminationen
zu befreien. So beschreibt die
EP 2 096 214 A2 ein Trink- und Brauchwasserversorgungsnetz eines Gebäudes mit einer Wasserhauseinführung
bzw. einem Hausanschluss, wobei die Wasserhauseinführung an das öffentliche Versorgungsnetz
angeschlossen ist, und verschiedenen, davon abgehenden innerhalb des Gebäudes verlegten
Leitungen, denen Spülleitungen zugeordnet sind, die mit einem Abwasserabgang kommunizieren,
der an das öffentliche Abwassernetz angeschlossen ist.
[0004] Weiter ist es aus der
DE 10 2014 208 261 A1 bekannt, eine Steuervorrichtung zum Spülen eines Wasserleitungsnetzes einzusetzen,
wobei die Steuervorrichtung in Abhängigkeit von Sensoren, die eine Temperatur und
ein verbrauchtes Volumen in einer Unterverteilungsleitung des Wasserleitungsnetzes
messen, ein Spülventil betätigt. So ist es dann möglich, mittels der Steuervorrichtung
eine bedarfsgerechte Spülung des Wasserleitungsnetzes durch die Betätigung des Spülventils
zu initiieren und so Wasser einzusparen. Ein weiteres, über eine Steuervorrichtung
betätigtes Spülventil ist aus der
EP 3 020 877 A1 bekannt.
[0005] Nachteilig bei dem bekannten Verfahren bzw. Spülsystems ist, dass diese nur bei in
neuen Gebäuden verlegten Wasserleitungsnetzen effektiv eingesetzt werden können. Zumindest
muss eine Ausgestaltung des Wasserleitungsnetzes eines Gebäudes bekannt sein, um das
Wasserleitungsnetz mit einem Spülventil nachrüsten zu können. Erst dann wird es möglich,
die Steuervorrichtung für das Spülventil so einzustellen, dass bei bestimmten Messwerten
von Sensoren oder nach einer Zeitvorgabe eine ausreichende Spülung des Wasserleitungsnetzes
erfolgt, ohne dass zu viel Wasser verschwendet wird. Bei Gebäuden mit bestehenden
Wasserleitungsnetzen oder Altbauten mit Wasserleitungsnetzen, bei denen die Ausgestaltung
des jeweiligen Wasserleitungsnetzes nicht mehr bekannt, und daher nicht mehr ohne
größeren Aufwand nachvollziehbar ist, können die betreffenden Spülventile nicht effektiv
in Einsatz gebracht werden. So ist es beispielsweise möglich, dass bestimmte Leitungsstränge
nicht ausreichend oder über das notwendige Maß hinaus gespült werden, da deren Verlauf
und Verbindung innerhalb des Wasserleitungsnetzes nicht bekannt ist.
[0006] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und ein
Spülsystem zum Spülen von Wasserleitungsnetzen in Gebäuden vorzuschlagen, das auch
effektiv an bereits vorhandenen Wasserleitungsnetzen einsetzbar ist.
[0007] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruches 1 und ein
Spülsystem mit den Merkmalen des Anspruchs 18 gelöst.
[0008] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zum Spülen von Wasserleitungsnetzen in Gebäuden,
insbesondere Trink- und/oder Brauchwasserleitungsnetze, wird mittels Sensoren eine
Wassertemperatur und/oder ein Wasserdurchfluss in einem mit einer Wasserhauseinführung
an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossenen und mit einer Mehrzahl von Unterverteilungsleitungen
und Zapfstellen ausgebildeten Wasserleitungsnetz bestimmt, wobei mittels eines Spülventils
einer Spülvorrichtung das Wasserleitungsnetz zumindest teilweise gespült wird, wobei
mittels einer mit den Sensoren in dem Spülventil verbundenen Steuervorrichtung des
Spülen des Wasserleitungsnetzes in Abhängigkeit mit den Sensoren ermittelten Messwerten
durch eine Betätigung des Spülventils initiiert wird, wobei die Steuervorrichtung
die Messwerte der Sensoren über einen Zeitraum speichert, wobei die Betätigung des
Spülventils unter Berücksichtigung der gespeicherten Messwerte durch die Steuervorrichtung
erfolgt.
[0009] Demnach wird das Wasserleitungsnetz eines Gebäudes, welches mit Wasser bzw. Flüssigkeit
gefüllt ist durch die Betätigung des Spülventils, die mittels der Steuervorrichtung
initiiert wird, gespült. Bei der Steuervorrichtung kann es sich dabei um einen Computer
mit einer darauf laufenden Software handeln, wobei die Steuervorrichtung an dem Spülventil
oder auch räumlich getrennt von dem Spülventil positioniert sein kann. Weiter verfügt
das Wasserleitungsnetz über Sensoren, die eine Wassertemperatur und/oder einen Wasserdurchfluss
im Bereich des jeweiligen Sensors in einem Leitungsabschnitt des Wasserleitungsnetzes
messen. Die Sensoren sind in bzw. an zumindest einer Unterverteilungsleitung, vorzugsweise
in oder an der Mehrzahl von Unterverteilungsleitungen positioniert bzw. angeschlossen.
Die Unterverteilungsleitungen weisen regelmäßig Zapfstellen auf, über die Wasser aus
dem Wasserleitungsnetz entnommen werden kann. Bei einer Entnahme von Wasser an einer
Zapfstelle wird ein Wasserdurchfluss in einer Unterverteilungsleitung mit gegebenenfalls
einer Änderung einer Wassertemperatur bewirkt. Diese Änderung der Wassertemperatur
und/oder des Wasserdurchflusses wird mittels der Sensoren gemessen und an die Steuervorrichtung
übermittelt. Die Steuervorrichtung ist daher auch mit dem Spülventil und den Sensoren
verbunden, so dass Messwerte bzw. Steuersignale oder Daten ausgetauscht werden können.
Eine derartige Kommunikationsverbindung kann über eine Kabelverbindung oder auch eine
kabellose Funkverbindung ausgebildet werden. Die Steuervorrichtung ermittelt die Messwerte
der Sensoren über einen Zeitraum bzw. eine Betriebsdauer des Wasserleitungsnetzes,
wobei innerhalb des Zeitraums nicht zwangsläufig eine Entnahme von Wasser an einer
Zapfstelle erfolgen muss. Wesentlich ist, dass die Steuervorrichtung die in dem Zeitraum
ermittelten Messwerte der Sensoren speichert. Je nach einer eventuellen Änderung der
Messwerte innerhalb des Zeitraums oder auch bei unveränderten Messwerten initiiert
die Steuervorrichtung eine Betätigung des Spülventils. Das Spülventil bildet dabei
zusammen mit einem freien Auslauf für das aus dem Spülventil ausströmende Wasser eine
Spülvorrichtung aus. Die Spülvorrichtung kann dabei eine Mehrzahl von Spülventilen
in dem Wasserleitungsnetz aufweisen. In diesem Fall ist es vorteilhaft, wenn die Mehrzahl
von Spülventilen von der Steuervorrichtung gemeinsam gesteuert werden. Insgesamt ergibt
sich dadurch, dass die Steuervorrichtung die Messwerte über den Zeitraum speichert
die Möglichkeit die gespeicherte Messwerte zur Bestimmung eines Zeitpunkts und einer
Dauer eines Spülvorgangs durch die Steuervorrichtung heranzuziehen. Genauere Kenntnisse
über eine Ausbildung des Wasserleitungsnetzes müssen dann auch nicht mehr vorliegen,
da die Steuervorrichtung den Spülvorgang in Abhängigkeit der durch die Sensoren ermittelten
Messwerte in dem Zeitabschnitt initiieren und ausgestalten kann. Beispielsweise ist
es möglich, den Spülvorgang erst dann durchzuführen, wenn in den Zeitabschnitt insgesamt
keine ausreichende Wassermenge eine bestimmte Unterverteilungsleitung durchströmt
hat, wobei der Spülvorgang dann so lange durchgeführt werden kann, bis der gewünschte
Wasserdurchfluss an dem betreffenden Sensor realisiert wurde.
[0010] Als Sensoren können Volumensensoren, mit denen eine Strömungsgeschwindigkeit und/oder
Durchflussmenge und/oder Temperatursensoren, mit denen eine Wassertemperatur in voneinander
verschiedenen Unterverteilungsleitungen im Wasserleitungsnetz gemessen werden können,
verwendet werden. So befinden sich in bestehenden Wasserleitungsnetzen regelmäßig
bereits Volumensensoren oder Temperatursensoren zur Messung eines Volumenstroms bzw.
einer Durchflussmenge bzw. einer Wassertemperatur, die von der Steuervorrichtung zur
Gewinnung von Messwerten verwendet werden können. Weiter ist es auch möglich, in ein
bestehendes Wasserleitungsnetz derartige Sensoren nachträglich zu integrieren, vorzugsweise
in den jeweiligen Unterverteilungsleitungen des Wasserleitungsnetzes. Das Wasserleitungsnetz
kann zur Verteilung von Kaltwasser und/oder Warmwasser dienen. Dabei kann das Wasserleitungsnetz
aus einem Kaltwasserleitungsnetz und/oder einem Warmwasserleitungsnetz ausgebildet
sein. Das Warmwasserleitungsnetz kann dann noch Warmwasserspeicher, Boiler, oder Wärmetauscher
umfassen, die über eine Wasserhauseinführung indirekt mit Kaltwasser versorgt werden
können.
[0011] Als Sensoren können auch Betriebssensoren, mit denen Betriebszustände von im Wasserleitungsnetz
verbauten Armaturen und/oder Apparate gemessen werden, verwendet werden. Wesentlich
bei den Sensoren ist, dass diese über eine elektrische Versorgungsleitung betrieben
werden können und gegebenenfalls von der Steuervorrichtung oder einem anderen Steuergerät
ausgelesen werden können. Sensoren können prinzipiell auch über eine Batterie oder
einen Stromerzeuger autonom mit elektrischer Energie versorgt werden, wobei dann eine
drahtlose Verbindung mit der Steuervorrichtung, beispielsweise über einen Funkstandard,
möglich ist. Diese Sensoren können ohnehin im Wasserleitungsnetz vorhandene Sensoren
sein, wie beispielsweise ein Thermoelement in einem Trinkwassererwärmer. Die Armaturen
können elektronische Sanitärarmaturen oder jegliche Art von Ventil sein, welches eine
mit der Steuervorrichtung erfassbare Zustandsinformation signalisieren kann. Eine
Zustandsinformation kann beispielsweise einen Funktionszustand des Ventils - offen
oder geschlossen - wiedergeben. Die Apparate können Betriebskomponenten, Pumpen, Filter,
Spülkästen oder Spülventile umfassen. Über derartige Apparate kann die Steuervorrichtung
ebenfalls einen Betriebszustand der jeweiligen Apparate ermitteln, beispielsweise
die Drehzahl einer Pumpe, den Zustand eines Filters oder eine Betätigung eines Spülkastens.
Wenn zum Beispiel eine elektronische Sanitärarmatur an einem Handwaschbecken von einem
Benutzer berührungslos ausgelöst wird, strömt über diese Sanitärarmatur eine definierte
Menge Wasser aus der betreffenden Unterverteilungsleitung aus, wobei die Steuervorrichtung
dann anhand des Auslösesignals der elektronischen Sanitärarmatur die ausgeströmte
Menge Wasser registrieren und als ein Messwert für den Wasserdurchfluss speichern
kann.
[0012] Die Steuervorrichtung kann die Messwerte der Sensoren in regelmäßigen Zeitabständen,
bei einer Änderung eines Messwertes oder kontinuierlich erfassen und speichern. So
kann vorgesehen sein, dass die Steuervorrichtung beispielsweise die Drehzahl einer
Pumpe oder einen mit einem Sensor gemessenen Temperaturwert kontinuierlich erfasst
und speichert, oder auch in definierten Zeitabständen diese Messwerte ermittelt, um
eine Datenmenge möglichst gering zu halten. Unter einer kontinuierlichen Erfassung
wird auch eine Erfassung mit einer Abtastfrequenz verstanden, wobei unter regelmäßigen
Zeitabständen ein Zeitabstand von zumindest mehreren Minuten, Stunden oder Tage verstanden
wird.
[0013] Die Steuervorrichtung kann die Messwerte der Sensoren in dem Wasserleitungsnetz mit
einer Kaltwasserinstallation, Warmwasserinstallation, Ringleitung, Baumstruktur, vermaschte
Struktur, und/oder Stockwerkinstallation erfassen und speichern. Prinzipiell ist es
daher unerheblich in welcher Art eines Wasserleitungsnetzes die Sensoren verbaut sind,
wobei auch Kombinationen der vorgenannten Installationen in dem Wasserleitungsnetz
vorhanden sein können.
[0014] Die Steuervorrichtung kann die in dem Zeitraum von zumindest einem Monat, bevorzugt
zumindest einem Jahr, gespeicherten Messwerte berücksichtigen. Anhand der über diesen
langen Zeitraum gespeicherten Messwerten kann die Steuervorrichtung dann bestimmen,
ob gegebenenfalls an bestimmten Wochentagen, Monaten, Wochen oder einzelnen Tagen
innerhalb eines Jahres Besonderheiten bei einer Nutzung des Wasserleitungsnetzes auftreten
und diese Besonderheiten bei der Betätigung des Spülventils berücksichtigen. Beispielsweise
kann ein Wasserverbrauch und damit ein Wasserdurchfluss an Wochenenden geringer sein
als an Werktagen oder umgekehrt.
[0015] Die Steuervorrichtung kann die über den Zeitraum gespeicherten Messwerte der Sensoren
hinsichtlich einer Relevanz für eine mikrobiologische Verunreinigung für jeden Sensor
gewichten und bewerten, wobei die Betätigung des Spülventils in Abhängigkeit der Bewertung
durch die Steuervorrichtung erfolgen kann. So liegt beispielsweise ein hygienegerechter
Zustand in dem Wasserleitungsnetz vor, wenn das Wasser eine Temperatur von kleiner
als 20° und größer 55°C aufweist, da dann eine Verkeimung des Wassers durch eine Reproduktion
von Keimen gehemmt ist. In diesem Fall können beispielsweise Zeitabstände zur Betätigung
des Spülventils verlängert werden.
[0016] Die Steuervorrichtung kann in Messwerten der Sensoren jeweils eine Kennzahl zuweisen,
wobei die Kennzahl die Relevanz des Messwertes für eine mikrobiologische Verunreinigung,
insbesondere mit Legionellen, wiedergeben kann. Die Kennzahl kann in diesem Fall eine
relative, dimensionslose Zahl sein. Eine Kennzahl für Wassertemperatur, insbesondere
für Kaltwasser, kann beispielsweise mit der Formel

ermittelt werden. Die Kennzahl für Wasserdurchfluss bzw. einer Wasserströmung kann
beispielsweise mit der Formel

ermittelt werden. Dabei gilt als eine Voraussetzung für einen aus hygienischen Gesichtspunkten
akzeptablen Wasserdurchfluss eine turbulente Strömung mit einer Reynoldszahl Re <
2300. Für eine kinematische Viskosität

kann eine Druckabhängigkeit vernachlässigt werden, da auftredende Druckunterschiede
zu gering sind.
[0017] Weiter kann die Steuervorrichtung die Kennzahl unter Berücksichtigung einer für die
mikrobiologische Verunreinigung relevanten zeitabhängigen Komponente und/oder einer
messgrößenabhängigen Komponente bestimmen. Jede Zapfstelle bzw. jedes Spülventil eines
Wasserleitungsnetzes hat einen zeitabhängigen Einfluss auf die die mikrobiologische
Verunreinigung beeinflussenden Parameter des Wasserleitungsnetzes. So kann die zeitabhängige
Komponente und die messgrößenabhängige Komponente funktional dargestellt werden, beispielsweise
mit der Formel:

[0018] Ändert sich eine Temperatur an einer Messstelle bzw. einem Sensor durch eine Zapfstelle
oder ein Spülventil nicht, so ist für diesen Messwert der Wassertemperatur λ (t) =
1 zu setzen. Insgesamt wird es so möglich aus der zeitabhängigen Komponente und der
messgrößenabhängigen Komponente ein Kennfeld durch die Steuervorrichtung zu bestimmen,
welches mit weiteren Kennfeldern, beispielsweise für eine Reynoldszahl, überlagert
werden kann. Durch die Überlagerung dieser Kennfelder kann zum Beispiel auch für die
Steuervorrichtung ermittelt werden, dass verschiedene Zapfstellen oder Spülventile
einen Einfluss auf eine bestimmte Messstelle bzw. einen Sensor haben.
[0019] Die Steuervorrichtung kann aus den Kennzahlen einen Mittelwert der Kennzahlen bilden.
Der Mittelwert kann mit der Formel

durch die Steuervorrichtung, hier für Temperatur und Strömung, berechnet werden.
Wenn ein Wasserleitungsnetz aus hygienischen Gesichtspunkten optimal betrieben wird,
wird ein resultierender Kennwert 1 oder nahe 1 betragen. Weicht eine Temperatur oder
eine Reynoldszahl einer Messstelle eines Sensors ab, wird sich der Mittelwert der
Kennzahlen um so weiter von der Kennzahl 1 wegbewegen, je gravierender die Abweichung
ist.
[0020] Die Steuervorrichtung kann aus den Kennzahlen eine Matrix der Kennzahlen bilden.
Die Matrix kann die Kennzahlen aller Messstellen bzw. Sensoren umfassen, wie im nachfolgenden
Beispiel dargestellt:

[0021] Durch eine Zuordnung von Matrixpunkten der Matrix zu tatsächlichen Messstellen bzw.
Sensoren können für eine Hygiene kritische Bereiche des Wasserleitungsnetzes lokalisiert
werden. Darüber hinaus ist es möglich, ergänzend zu der Matrix mit den Kennzahlen
oder auch ohne Kennzahlen durch die Steuervorrichtung eine Matrix abzubilden, die
die für die Hygiene des Wassers relevanten Informationen enthält. Diese Matrix kann
beispielsweise im Rahmen der Finite-Elemente-Methode von der Steuervorrichtung verarbeitet
werden.
[0022] Die Betätigung des Spülventils kann in Abhängigkeit einer Abweichung einer Kennzahl,
eines Mittelwertes oder einer Matrix von einer jeweiligen Bereichsvorgabe, für die
Kennzahl, den Mittelwert oder die Matrix, durch die Steuervorrichtung erfolgen. Die
Bereichsvorgabe kann zuvor definiert und in der Steuervorrichtung gespeichert sein.
So ist stets sichergestellt, dass einer mikrobiologischen Verunreinigung des Wasserleitungsnetzes
vorgebeugt wird.
[0023] Die Steuervorrichtung kann eine Musteranalyse der über den Zeitraum gespeicherten
Messwerte der Sensoren durchführen. Im Rahmen der Musteranalyse können besondere Nutzungszeiträume,
Wassertemperaturen und Wasserdurchflüsse von Zapfstellen parallel ermittelt werden.
Beispielsweise kann die Steuervorrichtung eine Nutzung bestimmter Zapfstellen zu bestimmten
Zeitpunkten in einem bestimmten Umfang ermitteln, wenn diese regelmäßig erfolgt. Ein
Zeitpunkt für eine Spülung des Wasserleitungsnetzes bzw. einer betreffenden Unterverteilungsleitung
kann so gegebenenfalls verzögert werden.
[0024] Die Steuervorrichtung kann daher eine Mustervorhersage auf Basis der über den Zeitraum
gespeicherten Messwerte der Sensoren der Musteranalyse durchführen. Insgesamt wird
es so möglich, ein Spülen des Wasserleitungsnetzes noch weiter zu optimieren, so dass
es nicht zu einer Verschwendung von Wasser beim Spülen kommt. Darüber hinaus ist aber
auch sichergestellt, dass das Wasserleitungsnetz stets hygienisch einwandfrei betrieben
werden kann.
[0025] Die Steuervorrichtung kann die Messwerte unterschiedlicher Sensoren zueinander in
Beziehung setzen und funktionale Abhängigkeiten der Sensoren ableiten. Dies wird möglich,
wenn die Steuervorrichtung die Messwerte mittels statistischer Verfahren, beispielsweise
Korrelationen untersucht. So kann die Steuervorrichtung dann auch ermitteln, dass
eine Unterverteilungsleitung gespült wird, wenn an einer Zapfstelle ein Ventil geöffnet
wird. Dieser direkte Zusammenhang von Zapfstelle und Unterverteilungsleitung könnte
aufgrund einer Unkenntnis der Ausgestaltung des Wasserleitungsnetzes nicht bekannt
gewesen sein, sich aber durch die Ableitung der funktionalen Zusammenhänge durch die
Steuervorrichtung ergeben.
[0026] Die Steuervorrichtung kann aus der Musteranalyse eine Spülstrategie zur Betätigung
des Spülventils ableiten. Die Spülstrategie kann sich dann nach dem Muster der Nutzung
des Wasserleitungsnetzes richten, wobei eine Nutzungsänderung, beispielsweise bedingt
durch eine Umnutzung des betreffenden Gebäudes, stets dazu führen kann, dass die Steuervorrichtung
die Spülstrategie an das geänderte Nutzungsverhalten anpasst. Damit ist es auch nicht
mehr erforderlich, die Steuervorrichtung in irgendeiner Form händisch einzustellen
oder zu programmieren, da diese stets eine an das Nutzerverhalten optimierte Spülstrategie
ausbilden und anwenden kann.
[0027] Insbesondere kann die Steuervorrichtung die Betätigung des Spülventils mittels künstlicher
Intelligenz bestimmen. Unter künstlicher Intelligenz wird hier eine Automatisierung
eines Spülverhaltens der Steuervorrichtung verstanden, bei der die Steuervorrichtung
so programmiert ist, dass sie sich eigenständig an eine veränderte Nutzung des Wasserleitungsnetzes
anpassen kann.
[0028] Das erfindungsgemäße Spülsystem zum Spülen von Wasserleitungsnetzen in Gebäuden,
insbesondere Trink- und/oder Brauchwasserleitungsnetze, umfasst eine Spülvorrichtung,
eine Steuervorrichtung und ein mit einer Wasserhauseinführung an das öffentliche Versorgungsnetz
angeschlossenes Wasserleitungsnetz, wobei das Wasserleitungsnetz eine Mehrzahl von
Unterverteilungsleitungen, Zapfstellen und Sensoren zur Bestimmung von einer Wassertemperatur
und/oder eines Wasserdurchflusses umfasst, wobei mittels der Spülvorrichtung das Wasserleitungsnetz
zumindest teilweise gespült werden kann, wobei die Spülvorrichtung ein Spülventil
mit einem freien Auslauf aufweist, wobei die Steuervorrichtung mit den Sensoren und
dem Spülventil verbunden ist, und ein Spülen des Wasserleitungsnetzes in Abhängigkeit
von mit den Sensoren ermittelten Messwerten durch eine Betätigung des Spülventils
initiierbar ist, wobei die Steuervorrichtung derart ausgebildet ist, dass die Messwerte
der Sensoren über einen Zeitraum speicherbar sind, wobei die Betätigung des Spülventils
unter Berücksichtigung der gespeicherten Messwerte durch die Steuervorrichtung ausführbar
ist. Zu den Vorteilen des erfindungsgemäßen Spülsystems wird auf die Vorteilsbeschreibung
des erfindungsgemäßen Verfahrens verwiesen. Weitere vorteilhafte Ausführungsformen
eines Spülsystems ergeben sich aus den Merkmalen der auf den Verfahrensanspruch 1
rückbezogenen Unteransprüchen.
[0029] Nachfolgend wird die Erfindung anhand der Zeichnungen näher erläutert.
[0030] Es zeigen:
- Fig. 1
- einen Funktionsgraph einer Kennzahl für Kaltwasser;
- Fig. 2
- einen Funktionsgraph einer Kennzahl für Strömung.
[0031] An der Abszissenachse des in
Fig. 1 dargestellten Funktionsgraphen für eine Kennzahl für eine Kaltwassertemperatur ist
die Temperatur und an der Ordinatenachse die Kennzahl abgetragen. Eine Funktion der
Kennzahl ergibt sich aus der Formel

wobei eine Kennzahl für Warmwasser prinzipiell in der Ordinatenachse gespiegelt und
der Abszissenachse verschoben verlaufen würde.
[0032] Die
Fig. 2 zeigt einen Funktionsgraphen für eine Kennzahl einer Wasserströmung bzw. einen Wasserdurchfluss
in einem Rohr eines Wasserleitungsnetzes, wobei an der Abszissenachse eine Reynoldszahl
und an der Ordinatenachse eine Kennzahl abgetragen ist. Eine Funktion der Kennzahl
ergibt sich aus der Formel

[0033] Insbesondere kann die Reynoldszahl nur während einer laufenden Rohrströmung ermittelt
werden. Das bedeutet, dass dem ermittelten Wert für die Reynoldszahl eine zeitabhängige
Funktion überlagert werden muss. Die ermittelte Kennzahl driftet mit fortschreitender
Zeit vom Normwert 1 weg, so dass auch bei in einer Leitung stehendem Wasser eine Stagnation
berücksichtigt wird.
1. Verfahren zum Spülen von Wasserleitungsnetzen in Gebäuden, insbesondere Trink- und/oder
Brauchwasserleitungsnetze, wobei mittels Sensoren eine Wassertemperatur und/oder ein
Wasserdurchfluss in einem mit einer Wasserhauseinführung an das öffentliche Versorgungsnetz
angeschlossenen und mit einer Mehrzahl von Unterverteilungsleitungen und Zapfstellen
ausgebildeten Wasserleitungsnetz bestimmt wird, wobei mittels eines Spülventils einer
Spülvorrichtung das Wasserleitungsnetz zumindest teilweise gespült wird, wobei mittels
einer mit den Sensoren und dem Spülventil verbundenen Steuervorrichtung das Spülen
des Wasserleitungsnetzes in Abhängigkeit von mit den Sensoren ermittelten Messwerten
durch eine Betätigung des Spülventils initiiert wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung die Messwerte der Sensoren über einen Zeitraum speichert, wobei
die Betätigung des Spülventils unter Berücksichtigung der gespeicherten Messwerte
durch die Steuervorrichtung erfolgt.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass als Sensoren Volumensensoren, mit denen eine Strömungsgeschwindigkeit und/oder Durchflussmenge
und/oder Temperatursensoren, mit denen eine Wassertemperatur in voneinander verschiedenen
Unterverteilungsleitungen im Wasserleitungsnetz gemessen werden, verwendet werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass als Sensoren Betriebssensoren, mit denen Betriebszustände von im Wasserleitungsnetz
verbauten Armaturen und/oder Apparate gemessen werden, verwendet werden.
4. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung die Messwerte der Sensoren in regelmäßigen Zeitabständen, bei
einer Änderung eines Messwertes oder kontinuierlich erfasst und speichert.
5. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung die Messwerte der Sensoren in dem Wasserleitungsnetz mit einer
Kaltwasserinstallation, Warmwasserinstallation, Ringleitung, Baumstruktur, vermaschte
Struktur, und/oder Stockwerksinstallation erfasst und speichert.
6. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung die in dem Zeitraum von zumindest einem Monat, bevorzugt zumindest
einem Jahr, gespeicherten Messwerte berücksichtigt.
7. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung die über den Zeitraum gespeicherten Messwerte der Sensoren
hinsichtlich einer Relevanz für eine mikrobiologische Verunreinigung für jeden Sensor
gewichtet und bewertet, wobei die Betätigung des Spülventils in Abhängigkeit der Bewertung
durch die Steuervorrichtung erfolgt.
8. Verfahren nach Anspruch der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung den Messwerten der Sensoren jeweils eine Kennzahl zuweist,
wobei die Kennzahl die Relevanz des Messwertes für eine mikrobiologische Verunreinigung,
insbesondere mit Legionellen, widergibt.
9. Verfahren nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung die Kennzahl unter Berücksichtigung einer für die mikrobiologische
Verunreinigung relevanten zeitabhängigen Komponente und/oder einer messgrößenabhängigen
Komponente bestimmt.
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung aus den Kennzahlen einen Mittelwert der Kennzahlen bildet.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 10,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung aus den Kennzahlen eine Matrix der Kennzahlen bildet.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 11,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Betätigung des Spülventils in Abhängigkeit einer Abweichung einer Kennzahl, eines
Mittelwertes oder einer Matrix von einer jeweiligen Bereichsvorgabe durch die Steuervorrichtung
erfolgt.
13. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung eine Musteranalyse der über den Zeitraum gespeicherten Messwerte
der Sensoren durchführt.
14. Verfahren nach Anspruch 13,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung eine Mustervorhersage auf Basis der über den Zeitraum gespeicherten
Messwerte der Sensoren durchführt.
15. Verfahren nach Anspruch 13 oder 14,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung die Messwerte unterschiedlicher Sensoren zueinander in Beziehung
setzt und funktionale Abhängigkeiten der Sensoren ableitet.
16. Verfahren nach einem der Ansprüche 13 bis 15,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung aus der Musteranalyse eine Spülstrategie zur Betätigung des
Spülventils ableitet.
17. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung die Betätigung des Spülventils mittels Künstlicher Intelligenz
bestimmt.
18. Spülsystem zum Spülen von Wasserleitungsnetzen in Gebäuden, insbesondere Trink- und/oder
Brauchwasserleitungsnetze, umfassend eine Spülvorrichtung, eine Steuervorrichtung
und ein mit einer Wasserhauseinführung an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossenes
Wasserleitungsnetz, wobei das Wasserleitungsnetz eine Mehrzahl von Unterverteilungsleitungen,
Zapfstellen und Sensoren zur Bestimmung von einer Wassertemperatur und/oder eines
Wasserdurchflusses umfasst, wobei mittels der Spülvorrichtung das Wasserleitungsnetz
zumindest teilweise gespült werden kann, wobei die Spülvorrichtung ein Spülventil
mit einem freien Auslauf aufweist, wobei die Steuervorrichtung mit den Sensoren und
dem Spülventil verbunden ist, und ein Spülen des Wasserleitungsnetzes in Abhängigkeit
von mit den Sensoren ermittelten Messwerten durch eine Betätigung des Spülventils
initiierbar ist,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuervorrichtung derart ausgebildet ist, dass die Messwerte der Sensoren über
einen Zeitraum speicherbar sind, wobei die Betätigung des Spülventils unter Berücksichtigung
der gespeicherten Messwerte durch die Steuervorrichtung ausführbar ist.