(19)
(11) EP 3 610 990 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.02.2020  Patentblatt  2020/08

(21) Anmeldenummer: 18188878.5

(22) Anmeldetag:  14.08.2018
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B25F 5/00(2006.01)
B25H 1/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Hilti Aktiengesellschaft
9494 Schaan (LI)

(72) Erfinder:
  • Kinkeldei, Thomas
    80469 München (DE)
  • Gut, Manuel
    6811 Göfis (AT)
  • Schaer, Roland
    9472 Grabs (CH)
  • Wierer, Michael
    6832 Röthis (AT)
  • Hricko, Peter
    9470 Buchs (CH)

(74) Vertreter: Hilti Aktiengesellschaft Corporate Intellectual Property 
Feldkircherstrasse 100 Postfach 333
9494 Schaan
9494 Schaan (LI)

   


(54) STEUERUNGSVERFAHREN FÜR EINE HANDWERKZEUGMASCHINE, HANDWERKZEUGMASCHINE UND SYSTEM MIT DER HANDWERKZEUGMASCHINE UND EINEM STÄNDER


(57) Das erfindungsgemäße Steuerungsverfahren für eine Handwerkzeugmaschine (1), welche eine Werkzeugaufnahme (2) und einen Motor (4) zum drehenden Antreiben der Werkzeugaufnahme (2) um eine Arbeitsachse (11) aufweist, umfasst die Schritte: Erfassen (S1) einer Drehbewegung eines Gehäuses (9) der Handwerkzeugmaschine (1) um die Arbeitsachse (11), Auslösen (S2) einer Schutzfunktion zum Reduzieren einer Drehmomentabgabe des Motors (4), wenn die erfasste Drehbewegung um die Arbeitsachse (11) einen bestimmten Grenzwert überschreitet, und Abschalten (S3) der Schutzfunktion in Abhängigkeit einer charakteristischen Größe eines Frequenzspektrums einer erfassten Drehbewegung um die Arbeitsachse (11).




Beschreibung

GEBIET DER ERFINDUNG



[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Steuerungsverfahren für eine Handwerkzeugmaschine, eine Handwerkzeugmaschine und ein System mit der Handwerkzeugmaschine und einem Ständer.

[0002] Handwerkzeugmaschinen, wie beispielsweise Bohrmaschinen, können eine Schutzfunktion aufweisen, welche einen Benutzer der Handwerkzeugmaschine vor einem zu großen auf das Gehäuse, insbesondere den Handgriff, rückwirkenden Drehmoment schützt. Die Schutzfunktion reduziert eine Drehmomentabgabe eines Motors der Handwerkzeugmaschine, wenn das rückwirkende Drehmoment einen bestimmten Grenzwert überschreitet. Wird die Handwerkzeugmaschine jedoch beim Betrieb nicht von einem Benutzer in der Hand gehalten, sondern von einem Ständer gehalten, ist es wünschenswert, die Schutzfunktion abzuschalten.

[0003] Eine Handwerkzeugmaschine mit einer Schutzfunktion ist aus der EP 1 008 422 A2 und der EP 1 186 383 B1 bekannt. Des Weiteren ist aus der EP 3 221 090 A1 ein Steuerungsverfahren für eine Handwerkzeugmaschine zum Erkennen eines rein meißelnden Betriebs eines Bohrhammers und zum Unterdrücken einer Schutzfunktion der Handwerkzeugmaschine im rein meißelnden Betrieb bekannt. Der rein meißelnde Betrieb wird dabei anhand von Dreh- und Schwenkbewegungen um eine zu einer Arbeitsachse quer verlaufenden Querachse erkannt.

[0004] Vor diesem Hintergrund besteht die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Steuerungsverfahren für eine Handwerkzeugmaschine zu verbessern, eine verbesserte Handwerkzeugmaschine und ein System mit einer derartigen verbesserten Handwerkzeugmaschine und einem Ständer zu schaffen.

OFFENBARUNG DER ERFINDUNG



[0005] Gemäß einem ersten Aspekt wird ein Steuerungsverfahren für eine Handwerkzeugmaschine vorgeschlagen. Die Handwerkzeugmaschine weist eine Werkzeugaufnahme und einen Motor zum drehenden Antreiben der Werkzeugaufnahme um eine Arbeitsachse auf. Das Steuerungsverfahren weist einen Schritt des Erfassens einer Drehbewegung eines Gehäuses der Handwerkzeugmaschine um die Arbeitsachse auf. Das Steuerungsverfahren weist des Weiteren einen Schritt eines Auslösens einer Schutzfunktion auf zum Reduzieren einer Drehmomentabgabe des Motors, wenn die erfasste Drehbewegung um die Arbeitsachse einen bestimmten Grenzwert überschreitet. Das Steuerungsverfahren weist ferner einen Schritt eines Abschaltens der Schutzfunktion in Abhängigkeit einer charakteristischen Größe eines Frequenzspektrums einer erfassten Drehbewegung um die Arbeitsachse auf.

[0006] Die mit dem Steuerungsverfahren gesteuerte Handwerkzeugmaschine ist beispielsweise ein Bohrhammer, ein Kombihammer, ein Kernbohrer oder ein Schrauber. Die Werkzeugaufnahme der Handwerkzeugmaschine dient zum Einsetzen eines drehbaren Werkzeugs, z. B. eines Bohrers. Der Motor der Handwerkzeugmaschine dient insbesondere dazu, durch drehendes Antreiben der Werkzeugaufnahme um die Arbeitsachse das Werkzeug in eine Rotation um die Arbeitsachse zu versetzen. Durch die Rotation des Werkzeugs kann ein Gegenstand, wie beispielsweise ein Untergrund und/oder eine Wand, bearbeitet werden.

[0007] In einem ersten Schritt des Steuerungsverfahrens wird die Drehbewegung des Gehäuses, insbesondere des Handgriffs, der Handwerkzeugmaschine um die Arbeitsachse erfasst. Beispielsweise erfasst ein Drehbewegungssensor der Handwerkzeugmaschine die Drehbewegung des Gehäuses. Eine solche Drehbewegung des Gehäuses kann insbesondere durch ein rückwirkendes Drehmoment des Werkzeugs und/oder der Werkzeugaufnahme verursacht werden, wenn das Werkzeug und/oder die Werkzeugaufnahme nicht vollständig von dem Gehäuse entkoppelt sind. Beispielsweise kann eine Wechselwirkung des Werkzeugs mit dem zu bearbeitenden Gegenstand durch ein rückwirkendes Drehmoment eine Drehbewegung des Gehäuses um die Arbeitsachse verursachen. Besonders bei einem Bearbeiten eines inhomogenen Gegenstands und/oder eines nicht nachgebenden Gegenstands mit der Handwerkzeugmaschine kann es zu einer Drehbewegung des Gehäuses kommen. Die Inhomogenität und/oder das Nichtnachgeben des Gegenstands kann insbesondere zu einer zeitlich veränderlichen Drehbewegung des Werkzeugs führen, welche wiederum durch das rückwirkende Drehmoment eine zeitlich veränderliche Drehbewegung des Gehäuses verursacht.

[0008] Die Drehbewegungen können Vibrationen des Handgriffs um eine Mittenlage umfassen. Die erfasste Drehbewegung des Gehäuses um die Arbeitsachse ist insbesondere eine zeitlich veränderliche Drehbewegung. Insbesondere wird durch das Erfassen der Drehbewegung die zeitliche Veränderung der Drehbewegung erfasst. Beispielsweise weist die erfasste Drehbewegung eine zeitlich veränderliche Winkelgeschwindigkeit, eine zeitlich veränderliche Drehzahl, ein zeitlich veränderliches Drehmoment und/oder eine zeitlich veränderliche Winkelauslenkung auf. Beispielsweise weist die erfasste Drehbewegung ein Abbremsen und Beschleunigen der Winkelgeschwindigkeit auf.

[0009] In einem zweiten Schritt des Steuerungsverfahrens wird die Schutzfunktion zum Reduzieren der Drehmomentabgabe des Motors ausgelöst, wenn die erfasste Drehbewegung um die Arbeitsachse den bestimmten Grenzwert überschreitet.

[0010] Beispielsweise ermittelt eine Schutzeinrichtung und/oder eine Steuereinrichtung der Handwerkzeugmaschine, ob die erfasste Drehbewegung des Gehäuses um die Arbeitsachse den bestimmten Grenzwert überschreitet. Beispielsweise löst die Schutzeinrichtung und/oder die Steuereinrichtung bei einem Überschreiten des bestimmten Grenzwerts die Schutzfunktion aus.

[0011] Der bestimmte Grenzwert ist beispielsweise eine bestimmte Winkelgeschwindigkeit, eine bestimmte Drehzahl, ein bestimmtes Drehmoment und/oder eine bestimmte Winkelauslenkung. Dadurch, dass die Schutzfunktion zum Reduzieren der Drehmomentabgabe des Motors ausgelöst wird, wenn die erfasste Drehbewegung den bestimmten Grenzwert überschreitet, kann ein die Handwerkzeugmaschine haltender Benutzer vor gefährlichen Drehbewegungen des Gehäuses geschützt werden. Insbesondere kann ein Benutzer so vor Drehbewegungen des Gehäuses geschützt werden, die er durch Kraftaufwand beim Halten der Handwerkzeugmaschine nicht ausgleichen kann.

[0012] Diese für den Benutzer gefährlichen Drehbewegungen des Gehäuses können durch hohe rückwirkende Drehmomente aufgrund starker Inhomogenität und/oder Nichtnachgeben des zu bearbeitenden Gegenstands entstehen. Beispielsweise kann ein Armierungseisentreffer bei Bohren in Beton eine plötzliche Werkzeugblockade und damit ein hohes rückwirkendes Drehmoment verursachen. Durch das Auslösen der Schutzfunktion kann der Benutzer vor einem solchen hohen rückwirkenden Drehmoment geschützt werden, das ansonsten beispielsweise zu Verletzungen im Bereich des Handgelenks oder Arms oder zu einem Sturz von einer Leiter, einem Gerüst usw. führen kann.

[0013] In einem dritten Schritt des Steuerungsverfahrens wird die Schutzfunktion in Abhängigkeit einer charakteristischen Größe eines Frequenzspektrums einer erfassten Drehbewegung um die Arbeitsachse abgeschaltet.

[0014] Bei einem handgehaltenen Betrieb der Handwerkzeugmaschine setzt der Benutzer durch das Halten der Handwerkzeugmaschine dem rückwirkenden Drehmoment, das zu der Drehbewegung des Gehäuses führt, seine Körperkraft entgegen. Bei einem normal nachgebenden zu bearbeitenden Gegenstand, also insbesondere, wenn keine Werkzeugblockade auftritt, reicht die Kraft des Benutzers aus, dem rückwirkenden Drehmoment entgegenzuwirken. Der Benutzer nimmt dann die verbleibende Drehbewegung des Gehäuses beispielsweise als ein Rütteln der Handwerkzeugmaschine wahr.

[0015] Bei einer Handwerkzeugmaschine mit einem Ständer, die von dem Ständer gehalten betrieben wird, kann der Ständer dem rückwirkenden Drehmoment stärker entgegenwirken, als es dem Benutzer im handgehaltenen Betrieb möglich ist. Insbesondere durch eine große Festigkeit und Robustheit des Ständers kann dem rückwirkenden Drehmoment im ständergehaltenen Betrieb stärker entgegengewirkt und damit die Drehbewegung des Gehäuses stärker unterdrückt werden, als es im handgehaltenen Betrieb möglich ist. Folglich unterscheidet sich die Drehbewegung des Gehäuses im ständer-gehaltenen Betrieb von der Drehbewegung im handgehaltenen Betrieb dadurch, dass die Drehbewegung des Gehäuses im ständer-gehaltenen Betrieb geringer ist als im handgehaltenen Betrieb. Beispielsweise weist die Drehbewegung des Gehäuses im ständer-gehaltenen Betrieb eine kleinere Amplitude der Winkelgeschwindigkeit auf als die Drehbewegung im handgehaltenen Betrieb. Dieser Unterschied wirkt sich insbesondere auf bestimmte Frequenzbereiche der Drehbewegung aus.

[0016] Bei dem dritten Schritt des Steuerungsverfahrens wird das Frequenzspektrum der erfassten Drehbewegung des Gehäuses bereitgestellt. Das Frequenzspektrum wird beispielsweise von der Steuereinrichtung bereitgestellt, welche die zeitliche Veränderung der erfassten Drehbewegung, z. B. als Signal von dem Drehbewegungssensor, empfängt. Das bereitgestellte Frequenzspektrum weist insbesondere eine Stärke und/oder Amplitude von Frequenzkomponenten der erfassten Drehbewegung als Funktion der Frequenz auf. Das Frequenzspektrum wird beispielsweise durch eine Transformation der erfassten Drehbewegung von dem Zeitbereich in den Frequenzbereich berechnet. Die Transformation in den Frequenzraum erfolgt beispielsweise durch eine Fouriertransformation der erfassten Drehbewegung.

[0017] Das Frequenzspektrum kann beispielsweise auch eine Stärke und/oder Amplitude der Frequenzkomponenten der erfassten Drehbewegung für einen bestimmten Frequenzbereich sein. Der bestimmte Frequenzbereich kann beispielsweise durch eine Frequenzfilterung des bereitgestellten Frequenzspektrums und/oder vor dem Bereitstellen des Frequenzspektrums durch eine Frequenzfilterung der erfassten Drehbewegung gefiltert werden.

[0018] Die charakteristische Größe des Frequenzspektrums ist eine Eigenschaft des Frequenzspektrums, die aus dem Frequenzspektrum ermittelt wird. Die charakteristische Größe wird beispielsweise dadurch aus dem Frequenzspektrum ermittelt, dass sie daraus abgelesen, mit Hilfe eines Algorithmus berechnet und/oder mit Hilfe elektronischer Signalverarbeitung erzeugt wird. Die charakteristische Größe des Frequenzspektrums wird beispielsweise von der Steuereinrichtung ermittelt. Das Erzeugen der charakteristischen Größe mit Hilfe elektronischer Signalverarbeitung erfolgt beispielsweise mit Hilfe von elektronischen Komponenten und/oder elektronischen Schaltungen, z. B. einem Bandpassfilter, Tiefpassfilter und/oder Integrator. Die charakteristische Größe des Frequenzspektrums ist eine frequenzabhängige Funktion oder ein konstanter, insbesondere frequenzunabhängiger, Wert. Die charakteristische Größe des Frequenzspektrums ist beispielsweise die Stärke und/oder Amplitude des Frequenzspektrums der erfassten Drehbewegung.

[0019] In Ausführungsformen kann das Frequenzspektrum auch ohne eine Transformation der erfassten Drehbewegung von dem Zeitraum in den Frequenzraum bereitgestellt werden. Beispielsweise kann das Frequenzspektrum aus der erfassten Drehbewegung durch Frequenzfiltern bestimmter Frequenzen und/oder Frequenzbereiche ohne eine Transformation in den Frequenzraum bereitgestellt werden. In diesem Fall kann das bereitgestellte Frequenzspektrum insbesondere eine Funktion der Zeit und nicht der Frequenz sein. Die charakteristische Größe des Frequenzspektrums kann in diesem Fall eine Stärke und/oder Amplitude der erfassten Drehbewegung sein. Die charakteristische Größe des Frequenzspektrums kann in diesem Fall eine zeitabhängige Funktion oder ein konstanter Wert, der insbesondere zeitunabhängig ist, sein.

[0020] Durch das Bereitstellen des Frequenzspektrums der erfassten Drehbewegung und das Ermitteln der charakteristischen Größe des Frequenzspektrums kann eine Analyse, insbesondere eine frequenzabhängige Analyse, der erfassten Drehbewegung des Gehäuses der Handwerkzeugmaschine durchgeführt werden. Insbesondere kann die Stärke und/oder Amplitude von in der erfassten Drehbewegung des Gehäuses enthaltenen Frequenzen, Frequenzbereichen und/oder Frequenzkomponenten ermittelt und in einer weiteren Auswertung verwendet werden.

[0021] Dadurch, dass die Stärke und/oder Amplitude von in der erfassten Drehbewegung des Gehäuses enthaltenen Frequenzen, Frequenzbereichen und/oder Frequenzkomponenten ermittelt wird, kann ein handgehaltener Betrieb der Handwerkzeugmaschine von einem ständer-gehaltenen Betrieb der Handwerkzeugmaschine unterschieden werden.

[0022] Dadurch, dass die Schutzfunktion in Abhängigkeit der charakteristischen Größe des Frequenzspektrums abgeschaltet wird, kann die Schutzfunktion im ständer-gehaltenen Betrieb abgeschaltet werden. Dadurch wird im ständer-gehaltenen Betrieb keine den Bearbeitungsvorgang störende Schutzfunktion, die mit einem Reduzieren der Drehmomentabgabe des Motors einhergeht, ausgelöst.

[0023] Das Steuerungsverfahren wird beispielsweise mit Hilfe der Steuereinrichtung der Handwerkzeugmaschine ausgeführt. Die Steuereinrichtung weist beispielsweise einen Prozessor und ein mit Hilfe des Prozessors ausgeführtes Computerprogramm auf. Die Steuereinrichtung, beispielsweise das Computerprogramm, umfasst insbesondere einen Algorithmus oder mehrere Algorithmen, welcher/welche dazu eingerichtet ist/sind, zu ermitteln, ob die erfasste Drehbewegung den bestimmten Grenzwert überschreitet, die Schutzfunktion auszulösen, das Frequenzspektrum bereitzustellen, die charakteristische Größe zu ermitteln und/oder die Schutzfunktion in Abhängigkeit der charakteristischen Größe des Frequenzspektrums abzuschalten.

[0024] Das Erfassen der Drehbewegung des Gehäuses und/oder das Ermitteln der charakteristischen Größe der erfassten Drehbewegung startet beispielsweise mit jedem Betätigen eines Hauptschalters und/oder Haupttasters der Handwerkzeugmaschine erneut. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die Handwerkzeugmaschine bei jedem neuen Einsatz, z. B. jedem neuen Bohrversuch, im sicheren Modus mit eingeschalteter Schutzfunktion startet. Das bei dem zweiten Schritt erfolgende Ermitteln, ob die erfasste Drehbewegung den bestimmten Grenzwert überschreitet, und das bei dem dritten Schritt erfolgende Ermitteln der charakteristischen Größe werden beispielsweise gleichzeitig durchgeführt.

[0025] Die jeweilige Einheit, zum Beispiel der Prozessor, kann hardwaretechnisch und/oder auch softwaretechnisch implementiert sein. Bei einer hardwaretechnischen Implementierung kann die Einheit als Vorrichtung oder als Teil einer Vorrichtung, zum Beispiel als Computer oder als Mikroprozessor, ausgebildet sein. Bei einer softwaretechnischen Implementierung kann die Einheit als Computerprogrammprodukt, als eine Funktion, als eine Routine, als Teil eines Programmcodes oder als ausführbares Objekt ausgebildet sein.

[0026] Ein Computerprogrammprodukt, wie z.B. ein Computerprogramm-Mittel, kann beispielsweise als Speichermedium, wie z.B. Speicherkarte, USB-Stick, CD-ROM, DVD, oder auch in Form einer herunterladbaren Datei von einem Server in einem Netzwerk bereitgestellt oder geliefert werden. Dies kann zum Beispiel in einem drahtlosen Kommunikations-Netzwerk durch die Übertragung einer entsprechenden Datei mit dem Computerprogrammprodukt oder dem Computerprogramm-Mittel erfolgen.

[0027] Gemäß einer Ausführungsform wird die Schutzfunktion abgeschaltet, wenn die charakteristische Größe des Frequenzspektrums der Drehbewegung um die Arbeitsachse einen bestimmten Schwellenwert unterschreitet.

[0028] Der bestimmte Schwellenwert ist beispielsweise eine bestimmte Drehzahl, eine bestimmte Winkelgeschwindigkeit, ein bestimmtes Drehmoment und/oder eine bestimmte Winkelauslenkung. Der bestimmte Schwellenwert ist insbesondere kleiner als der bestimmte Grenzwert. Insbesondere ist eine erfasste Drehbewegung des Gehäuses, für die der charakteristische Wert unterhalb des bestimmten Schwellenwertes liegt, eine Drehbewegung, die nur in einem ständer-gehaltenen Betrieb, nicht aber in einem handgehaltenen Betrieb, auftreten kann. Dies ermöglicht es, einen handgehaltenen Betrieb der Handwerkzeugmaschine noch besser von einem ständer-gehaltenen Betrieb der Handwerkzeugmaschine zu unterscheiden.

[0029] Folglich kann dadurch, dass die Schutzfunktion abgeschaltet wird, wenn die charakteristische Größe des Frequenzspektrums der Drehbewegung um die Arbeitsachse den bestimmten Schwellenwert unterschreitet, sichergestellt werden, dass das Abschalten der Schutzfunktion nur im ständer-gehaltenen Betrieb durchgeführt wird und dass der handgehaltene Betrieb im sicheren Modus mit eingeschalteter Schutzfunktion erfolgt.

[0030] Gemäß einer weiteren Ausführungsform umfasst die charakteristische Größe des Frequenzspektrums eine Amplitude des Frequenzspektrums.

[0031] Gemäß einer weiteren Ausführungsform umfasst die charakteristische Größe des Frequenzspektrums eine charakteristische Größe des Frequenzspektrums in einem Frequenzbereich unterhalb von 20 Hz, bevorzugt unterhalb von 10 Hz, besonders bevorzugt unterhalb von 2 Hz.

[0032] Insbesondere weist das Ermitteln der charakteristischen Größe aus dem Frequenzspektrum ein Filtern des Frequenzspektrums derart auf, dass nur der Frequenzbereich unterhalb von 20 Hz, bevorzugt unterhalb von 10 Hz, besonders bevorzugt unterhalb von 2 Hz, für das Ermitteln der charakteristischen Größe verwendet wird. Beispielsweise wird die charakteristische Größe für einen Frequenzbereich von 1 bis 10 Hz, bevorzugt für einen Frequenzbereich von 1,4 bis 1,8 Hz, ermittelt.

[0033] Das Filtern des Frequenzspektrums erfolgt beispielsweise durch die Steuereinrichtung, insbesondere einen Algorithmus der Steuereinrichtung. Das Filtern des Frequenzspektrums kann auch durch eine oder mehrere elektronische Komponenten und/oder Schaltungen erfolgen, wie beispielsweise einen Bandpassfilter, einen Tiefpassfilter und/oder einen Integrator.

[0034] Dadurch, dass die charakteristische Größe des Frequenzspektrums eine charakteristische Größe des Frequenzspektrums in einem Frequenzbereich unterhalb von 20 Hz, bevorzugt unterhalb von 10 Hz, besonders bevorzugt unterhalb von 2 Hz, aufweist, kann der ständer-gehaltene Betrieb in einem Frequenzbereich, in dem die Drehbewegung des Gehäuses im ständer-gehaltenen Betrieb besonders klein ist, erkannt werden. Mit anderen Worten, ist in den genannten Frequenzbereichen der Unterschied der Drehbewegung des Gehäuses zwischen dem handgehaltenen Betrieb und dem ständer-gehaltenen Betrieb besonders groß. Dadurch kann der ständer-gehaltenen Betrieb noch besser von dem handgehaltenen Betrieb unterschieden werden.

[0035] Gemäß einer weiteren Ausführungsform umfasst die charakteristische Größe des Frequenzspektrums einen Absolutwert.

[0036] Insbesondere weist das Ermitteln der charakteristischen Größe auf, dass der Absolutwert, das heißt der mathematische Betrag, der erfassten Drehbewegung gebildet wird. Beispielsweise weist die zeitliche Veränderung der erfassten Drehbewegung negative Anteile, z. B. durch ein Abbremsen der Winkelgeschwindigkeit, und positive Anteile, z. B. durch ein Beschleunigen der Winkelgeschwindigkeit, auf. Für das Ermitteln der Stärke der Drehbewegung des Gehäuses ist nur die Stärke der negativen und positiven Anteile wesentlich, nicht aber deren Vorzeichen. Folglich kann durch die Absolutwertbildung die charakteristische Größe einfacher ermittelt, z. B. berechnet, werden. Insbesondere kann ein Herausmitteln von negativen und positiven Anteilen bei einer Mittelwertbildung vermieden werden.

[0037] Gemäß einer weiteren Ausführungsform umfasst die charakteristische Größe des Frequenzspektrums einen Gleichrichtwert.

[0038] Insbesondere weist das Ermitteln der charakteristischen Größe ein Berechnen eines Gleichrichtwertes der erfassten Drehbewegung auf.

[0039] Dadurch, dass die charakteristische Größe basierend auf einem Gleichrichtwert der erfassten Drehbewegung basiert, kann ein zeitlicher Mittelwert des Betrages der erfassten Drehbewegung für die Unterscheidung zwischen ständer-gehaltenem und handgehaltenen Betrieb verwendet werden und der ständer-gehaltene Betrieb somit besser erkannt werden.

[0040] Gemäß einer weiteren Ausführungsform basiert die charakteristische Größe des Frequenzspektrums auf einer zeitlichen Integration der zeitlichen Veränderung.

[0041] Insbesondere weist das Ermitteln der charakteristischen Größe die zeitliche Integration der erfassten Drehbewegung auf. Die zeitliche Integration erfolgt beispielsweise durch die Steuereinrichtung, insbesondere durch einen Algorithmus der Steuereinrichtung. Die zeitliche Integration kann auch durch eine elektronische Komponente und/oder Schaltung, wie beispielsweise einen Integrator oder Tiefpassfilter, erfolgen.

[0042] Durch die zeitliche Integration können hohe Frequenzen der erfassten Drehbewegung (teilweise) abgeschwächt werden, während niedrige Frequenzen erhalten bleiben und/oder durchgelassen werden. Da der ständer-gehaltene Betrieb bei niedrigen Frequenzen der Drehbewegung des Gehäuses besser vom handgehaltenen Betrieb unterscheidbar ist, erlaubt die auf der zeitlichen Integration basierende charakteristische Größe ein besseres Erkennen des ständer-gehaltenen Betriebs.

[0043] Gemäß einer weiteren Ausführungsform wird die zeitliche Integration mit jedem Betätigen eines Hauptschalters erneut gestartet.

[0044] Dadurch, dass die zeitliche Integration zum Ermitteln der charakteristischen Größe mit jedem Betätigen des Hauptschalters der Handwerkzeugmaschine erneut startet, wird das Ermitteln der charakteristischen Größe für jeden einzelnen Einsatz der Handwerkzeugmaschine, beispielsweise jeden Bohrversuch, neu gestartet. Dadurch basiert die charakteristische Größe eines bestimmten einzelnen Einsatzes der Handwerkzeugmaschine lediglich auf der zeitlichen Integration der erfassten Drehbewegung für diesen Handwerkzeugmaschineneinsatz. Insbesondere kann sichergestellt werden, dass die Handwerkzeugmaschine bei jedem neuen Einsatz im sicheren Modus mit eingeschalteter Schutzfunktion startet.

[0045] Gemäß einer weiteren Ausführungsform umfasst die charakteristische Größe des Frequenzspektrums eine Subtraktion eines konstanten Wertes.

[0046] Die Größe des konstanten Wertes kann so gewählt werden, dass die charakteristische Größe durch die Subtraktion des konstanten Wertes im Falle eines ständer-gehaltenen Betriebs einen Wert und/oder Wertebereich kleiner Null hat, insbesondere eine negative Größe ist, und im Fall eines handgehaltenen Betriebs einen Wert und/oder Wertebereich größer Null hat, insbesondere eine positive Größe ist. Dadurch kann die Unterscheidung zwischen handgehaltenem und ständer-gehaltenem Betrieb einfacher durchgeführt werden.

[0047] Gemäß einer weiteren Ausführungsform umfasst das Erfassen der Drehbewegung ein Erfassen einer Winkelgeschwindigkeit.

[0048] Dadurch, dass die erfasste Drehbewegung die Winkelgeschwindigkeit des Gehäuses ist, kann die zeitliche Veränderung der Drehbewegung genau erfasst werden und somit der ständer-gehaltene Betrieb gut erkannt werden.

[0049] Gemäß einer weiteren Ausführungsform umfasst die zeitliche Veränderung der Drehbewegung ein Beschleunigen und Abbremsen der Winkelgeschwindigkeit.

[0050] Gemäß einer weiteren Ausführungsform wird das Erfassen der Drehbewegung mittels eines Drehbewegungssensors, insbesondere eines Gyrosensors, durchgeführt.

[0051] Dadurch, dass die Drehbewegung mittels eines Gyrosensors erfasst wird, kann die Winkelgeschwindigkeit der Drehbewegung unmittelbar erfasst werden.

[0052] In Ausführungsformen des Steuerungsverfahrens kann jedoch auch jedes andere bekannte Messverfahren für Beschleunigung, Winkelgeschwindigkeit oder Drehwinkel angewendet werden, wie beispielsweise Linearbeschleunigungssensoren basierend auf piezoelektrischen Messverfahren, Impulsrad- und magnetische Winkelschrittgeber, mikromechanische Beschleunigungssensoren, optische Messverfahren, magnetohydrodynamische Messverfahren, Drehbeschleunigungsmessverfahren nach dem Ferraris-Prinzip, kapazitive Messverfahren oder auch DMS-Beschleunigungsaufnehmer.

[0053] Gemäß einer weiteren Ausführungsform aktiviert die Schutzfunktion eine Bremse des Motors.

[0054] Dadurch, dass die Schutzfunktion die Bremse des Motors aktiviert, kann die Drehmomentabgabe im handgehaltenen Betrieb bei einem plötzlichen Auftreten eines sehr hohen rückwirkenden Drehmoments schnell reduziert werden.

[0055] Gemäß einem zweiten Aspekt wird eine Handwerkzeugmaschine vorgeschlagen. Die Handwerkzeugmaschine weist eine Werkzeugaufnahme und einen Motor zum drehenden Antreiben der Werkzeugaufnahme um eine Arbeitsachse auf. Die Handwerkzeugmaschine weist des Weiteren einen Drehbewegungssensor zum Erfassen einer Drehbewegung eines Gehäuses der Handwerkzeugmaschine um die Arbeitsachse auf. Die Handwerkzeugmaschine weist ferner eine Schutzeinrichtung auf, welche eingerichtet ist, eine Schutzfunktion zum Reduzieren einer Drehmomentabgabe des Motors auszulösen, wenn die erfasste Drehbewegung um die Arbeitsachse einen bestimmten Grenzwert überschreitet. Die Handwerkzeugmaschine weist außerdem eine Steuereinrichtung auf, welche eingerichtet ist, die Schutzfunktion in Abhängigkeit einer charakteristischen Größe eines Frequenzspektrums einer zeitlichen Veränderung der erfassten Drehbewegung um die Arbeitsachse abzuschalten.

[0056] Hierdurch wird eine Handwerkzeugmaschine geschaffen, die sowohl in einem handgehaltenen Betrieb mit eingeschalteter Schutzfunktion als auch in einem ständergehaltenen Betrieb mit automatisch ausgeschalteter Schutzfunktion betrieben werden kann. Weitere Eigenschaften und Vorteile, die für das Steuerungsverfahren beschrieben wurden, gelten für die vorgeschlagene Handwerkzeugmaschine entsprechend.

[0057] Gemäß einer Ausführungsform des zweiten Aspekts ist der Drehbewegungssensor ein Gyrosensor.

[0058] Gemäß einem dritten Aspekt wird ein System mit einer Handwerkzeugmaschine gemäß dem zweiten Aspekt oder einer Ausführungsform des zweiten Aspekts und mit einem Ständer zum Halten der Handwerkzeugmaschine vorgeschlagen.

[0059] Insbesondere ist die Handwerkzeugmaschine an und/oder in dem Ständer im ständergehaltenen Betrieb fest, aber wieder lösbar angebracht. Insbesondere kann die Handwerkzeugmaschine, um in den handgehaltenen Betrieb zu wechseln, von dem Ständer gelöst werden.

[0060] Der Ständer weist insbesondere eine Festigkeit und Robustheit auf, die geeignet ist, einem rückwirkenden Drehmoment eine größere Kraft entgegenzusetzen, als es einem Benutzer möglich ist. Der Ständer ist insbesondere geeignet, einem hohen rückwirkenden Drehmoment aufgrund eines Blockierens des Werkzeuges entgegenzuwirken.

[0061] Die für das Steuerungsverfahren beschriebenen Ausführungsformen und Merkmale gelten für die Handwerkzeugmaschine und das System entsprechend und umgekehrt.

KURZE BESCHREIBUNG DER FIGUREN



[0062] Die nachfolgende Beschreibung erläutert die Erfindung anhand von exemplarischen Ausführungsformen und Figuren. In den Figuren zeigt:
Fig. 1
eine schematische Ansicht einer Handwerkzeugmaschine;
Fig. 2
eine schematische Ansicht eines Steuerungsverfahrens für die Handwerkzeugmaschine gemäß Fig. 1; und
Fig. 3
ein Diagramm eines Frequenzspektrums einer zeitlichen Veränderung einer erfassten Drehbewegung der Handwerkzeugmaschine gemäß Fig. 1.


[0063] Gleiche oder funktionsgleiche Elemente werden durch gleiche Bezugszeichen in den Figuren indiziert, soweit nicht anders angegeben.

AUSFÜHRUNGSFORMEN DER ERFINDUNG



[0064] Im Folgenden wird anhand der Figuren 1 bis 3 eine Ausführungsform eines Steuerungsverfahrens für eine Handwerkzeugmaschine 1 beschrieben. Fig. 1 zeigt als Ausführungsbeispiel der Handwerkzeugmaschine 1, für die das Steuerungsverfahren angewendet wird, einen Bohrhammer. Der Bohrhammer 1 hat eine Werkzeugaufnahme 2, in welche ein Schaftende eines Werkzeugs 3, z. B. eines Bohrers, eingesetzt werden kann. Einen primären Antrieb des Bohrhammers 1 bildet ein Motor 4, welcher ein Schlagwerk 5 und eine Antriebswelle 6 antreibt. Ein Akkumulator 7 oder eine Netzleitung (nicht gezeigt) versorgt den Motor 4 mit Strom. Ein Benutzer kann den Bohrhammer 1 an einem Handgriff 8 halten und führen. Der Handgriff 8 ist Teil eines Gehäuses 9 des Bohrhammers 1. Der Benutzer kann den Bohrhammer 1 mittels eines Haupttasters 10 in Betrieb nehmen. Durch Betätigen des Haupttasters 10 versetzt die mit der Werkzeugaufnahme 2 gekoppelte Antriebswelle 6 die Werkzeugaufnahme 2 in eine Drehbewegung um eine Arbeitsachse 11. Dadurch wird das Werkzeug 3 um die Arbeitsachse 11 gedreht. Während des Betriebs kann der Bohrhammer 1 das Werkzeug 3 zusätzlich zur Drehung um die Arbeitsachse 11 in einer Schlagrichtung 12 längs der Arbeitsachse 11 in einen Untergrund schlagen. In einem Ausführungsbeispiel hat der Bohrhammer 1 einen Betriebswahlschalter (nicht gezeigt), durch den die Werkzeugaufnahme 2 von der Antriebswelle 6 entkoppelt werden kann, sodass ein rein meißelnder Betrieb des Bohrhammers 1 möglich ist. Der Bohrhammer 1 kann anstatt von dem Benutzer in der Hand gehalten zu werden, auch von einem Ständer (nicht gezeigt) gehalten werden. Insbesondere kann der Bohrhammer 1 von dem Ständer gehalten betrieben werden.

[0065] Bei einem Bohrvorgang übt der Bohrhammer 1 ein rückwirkendes Drehmoment auf den Benutzer oder den Ständer aus, welches sich als Reaktion auf ein von dem Werkzeug 3 auf ein Werkstück übertragenes Drehmoment ergibt. Im handgehaltenen Betrieb wird dieses rückwirkende Drehmoment auf den Benutzer und im ständer-gehaltenen Betrieb auf den Ständer ausgeübt.

[0066] Solange das Werkstück und/oder der Untergrund beim Bohren nachgibt, ist das rückwirkende Drehmoment gering. Im handgehaltenen Betrieb kann der Benutzer diesem geringen rückwirkenden Drehmoment ausreichend entgegenwirken. Die verbleibende Drehbewegung des Gehäuses 9 um die Arbeitsachse 11 nimmt der Benutzer lediglich als ein Rütteln des Gehäuses 9 wahr. Im ständer-gehaltenen Betrieb kann der Ständer einem solchen geringen rückwirkenden Drehmoment noch stärker entgegenwirken, als es der Benutzer könnte. Folglich ist die verbleibende Drehbewegung des Gehäuses 9 um die Arbeitsachse 11 im ständer-gehaltenen Betrieb noch geringer als im handgehaltenen Betrieb.

[0067] Bei einem Blockieren des Werkzeugs 3 in dem Werkstück ergibt sich aufgrund des schlagartigen Abbremsens des rotierenden Werkzeugs 3 ein hohes rückwirkendes Drehmoment. Im ständer-gehaltenen Betrieb kann der Ständer diesem hohen rückwirkenden Drehmoment immer noch ausreichend entgegenwirken. Jedoch kann der Benutzer im handgehaltenen Betrieb diesem hohen rückwirkenden Drehmoment nicht mehr ausreichend entgegenwirken, weshalb sich der gesamte Bohrhammer 1 einschließlich des Gehäuses 9 und des Handgriffs 8 um die Drehachse 11 des Werkzeugs 3 zu drehen beginnt.

[0068] Der Bohrhammer 1 hat eine Schutzeinrichtung 13 zum Reduzieren einer Drehmomentabgabe des Motors 4, die den Benutzer im handgehaltenen Betrieb vor einem übermäßigen rückwirkenden Drehmoment des Werkzeugs 3 schützt. Im ständer-gehaltenen Betrieb des Bohrhammers 1 ist es jedoch wünschenswert, die Schutzeinrichtung 13 abzuschalten.

[0069] In dem Steuerungsverfahren kann der ständer-gehaltene Betrieb von dem handgehaltenen Betrieb des Bohrhammers 1 unterschieden werden, sodass die Schutzeinrichtung 13 im ständer-gehaltenen Betrieb abgeschaltet werden kann.

[0070] Fig. 2 zeigt eine schematische Ansicht des Steuerungsverfahrens für den Bohrhammer 1 aus Fig. 1.

[0071] In einem ersten Schritt S1 des Steuerungsverfahrens wird die Drehbewegung des Gehäuses 9, insbesondere des Handgriffs 8, des Bohrhammers 1 um die Arbeitsachse 11 erfasst. Dazu weist der Bohrhammer 1 einen Drehbewegungssensor 14 auf. Ein beispielhafter Drehbewegungssensor 14 ist ein Gyrosensor, welcher unmittelbar die Winkelgeschwindigkeit um die Arbeitsachse 11 bestimmt. Der Gyrosensor 14 hat ein schwingend aufgehängtes Plättchen, dessen Schwingungsfrequenz durch die Corioliskraft beeinflusst wird. Der Gyrosensor tastet die Schwingungsfrequenz ab, ermittelt die zugehörige Winkelgeschwindigkeit um die Arbeitsachse 11 und gibt die erfasste Winkelgeschwindigkeit als Messsignal aus. Die Winkelgeschwindigkeit wird von dem Gyrosensor 14 ab dem Betätigen des Haupttasters 10 während des Betriebs des Bohrhammers 1 fortlaufend erfasst. Der Gyrosensor 14 kann nahe der Arbeitsachse 11 oder versetzt zu der Arbeitsachse 11 in dem Gehäuse 9, insbesondere in dem Handgriff 8, angeordnet sein. Der Gyrosensor 14 übermittelt die erfasste Winkelgeschwindigkeit an eine Steuereinrichtung 15 des Bohrhammers 1. Die Steuereinrichtung 15 verarbeitet die erfasste Winkelgeschwindigkeit, insbesondere eine zeitliche Veränderung der erfassten Winkelgeschwindigkeit, um darauf basierend die Schutzfunktion im handgehaltenen Betrieb bei einem zu hohen rückwirkenden Drehmoment auszulösen oder im ständer-gehaltenen Betrieb ganz auszuschalten.

[0072] In einem zweiten Schritt S2 des Steuerungsverfahrens wird die Schutzfunktion der Schutzeinrichtung 13 zum Reduzieren einer Drehmomentabgabe des Motors 4 ausgelöst, wenn die von dem Gyrosensor 14 erfasste Winkelgeschwindigkeit der Drehung des Gehäuses 9 um die Arbeitsachse 11 einen bestimmten Grenzwert überschreitet. Der bestimmte Grenzwert ist eine bestimmte Winkelgeschwindigkeit, die auf ein Blockieren des Werkzeugs 4 hinweist. In dem Schritt S2 vergleicht die Steuereinrichtung 15 die erfasste Winkelgeschwindigkeit mit dem bestimmten Grenzwert. Wenn die Steuereinrichtung 15 ermittelt, dass die erfasste Winkelgeschwindigkeit den bestimmten Grenzwert überschreitet, sendet die Steuereinrichtung 15 ein entsprechendes Signal an die Schutzeinrichtung 13. Daraufhin löst die Schutzeinrichtung 13 die Schutzfunktion aus. Beispielsweise sendet die Schutzeinrichtung 13 als Schutzfunktion ein Bremssignal an eine Bremse 16 des Motors 4. Der Motor 4 wird dann vorzugsweise bis zum Stillstand abgebremst. Dadurch kann der Benutzer im handgehaltenen Betrieb vor Drehbewegungen des Gehäuses 9 geschützt werden, die er durch Kraftaufwand nicht ausgleichen könnte.

[0073] In einem dritten Schritt S3 des Steuerungsverfahrens wird die Schutzfunktion in Abhängigkeit einer charakteristischen Größe eines Frequenzspektrums einer zeitlichen Veränderung der erfassten Drehbewegung um die Arbeitsachse 11 abgeschaltet.

[0074] Zum Erkennen des ständergehaltenen Betriebs des Bohrhammers 1 wird von der Steuereinrichtung 15 ermittelt, ob die von dem Gyrosensor 14 über die Zeit erfasste Winkelgeschwindigkeit auf ein derart geringes rückwirkendes Drehmoment schließen lässt, welches nur in einem ständer-gehaltenen Betrieb auftreten kann. Dazu berechnet die Steuereinrichtung 15 ein Frequenzspektrum der erfassten Winkelgeschwindigkeit. Das Frequenzspektrum wird beispielsweise durch eine Fouriertransformation der von dem Gyrosensor 14 erfassten Winkelgeschwindigkeit in den Frequenzraum bereitgestellt.

[0075] Fig. 3 zeigt ein Diagramm des berechneten Frequenzspektrums der erfassten Winkelgeschwindigkeit. Die Y-Achse in Fig. 3 gibt die Amplitude der Frequenzkomponenten der erfassten Winkelgeschwindigkeit des Gehäuses 9 in beliebigen Einheiten an. Die X-Achse in Fig. 3 gibt die Frequenz in Hertz (Hz) für einen Frequenzbereich von 0 bis 10 Hz an. In Fig. 3 sind vier Beispiele für Frequenzspektren 17 im ständer-gehaltenen Betrieb gezeigt. Des Weiteren zeigt Fig. 3 drei Beispiele für Frequenzspektren 18 im handgehaltenen Betrieb. Wie in Fig. 3 zu sehen, ist im Frequenzbereich von 1 bis 10 Hz, insbesondere im Frequenzbereich von 1 bis 5 Hz, die Amplitude der Frequenzspektren 17 im ständer-gehaltenen Betrieb, insbesondere im Mittel, deutlich kleiner als die Amplitude der Frequenzspektren 18 im handgehaltenen Betrieb.

[0076] Zum Unterscheiden des ständer-gehaltenen Betriebs von dem handgehaltenen Betrieb wird in dem dritten Schritt S3 des Verfahrens von der Steuereinrichtung 15 eine charakteristische Größe des Frequenzspektrums ermittelt. Beispielsweise ist die charakteristische Größe des Frequenzspektrums ein Mittelwert der Amplitude eines der Frequenzspektren 17 in Fig. 3 im Frequenzbereich 1,4 bis 1,8 Hz.

[0077] Die Steuereinrichtung 15 vergleicht den für den Frequenzbereich 1,4 bis 1,8 Hz berechneten Mittelwert der Amplitude eines der Frequenzspektren 17 mit dem bestimmten Schwellenwert, um einen handgehaltenen Betrieb des Bohrhammers 1 von einem ständer-gehaltenen Betrieb zu unterscheiden. In Fig. 3 ist als Beispiel für den bestimmten Schwellenwert ein konstanter Wert mit dem Bezugszeichen 19 versehen. Wenn die Steuereinrichtung 15 ermittelt, dass der berechnete Mittelwert den bestimmten Schwellenwert 19 unterschreitet, und somit einen ständergehaltenen Betrieb des Bohrhammers 1 ermittelt, übermittelt sie ein Abschaltsignal an die Schutzeinrichtung 13. Daraufhin schaltet die Schutzeinrichtung 13 die Schutzfunktion aus. Damit kann der ständer-gehaltene Betrieb des Bohrhammers 1 ohne eine Störung durch die Schutzfunktion erfolgen.

[0078] Im Folgenden wird eine Modifikation der anhand der Figuren 1 bis 3 beschriebenen Ausführungsform dargestellt. Bei der Modifikation wird im dritten Schritt des Verfahrens das Frequenzspektrum ohne eine Transformation der erfassten Winkelgeschwindigkeit von dem Zeitraum in den Frequenzraum bereitgestellt. Bei der Modifikation wird die von dem Gyrosensor 14 erfasste zeitliche Veränderung der Winkelgeschwindigkeit des Gehäuses 9 derart verarbeitet, dass sie insbesondere mehrere Frequenzfilter passiert. Dazu kann die erfasste Winkelgeschwindigkeit z. B. von einem Algorithmus der Steuereinrichtung 15 verarbeitet werden. Die erfasste Winkelgeschwindigkeit kann aber auch in ein Spannungssignal umgewandelt werden und die weitere Verarbeitung des Spannungssignals kann mittels elektronischer Komponenten, wie beispielsweise einem elektronischen Bandpassfilter, Tiefpassfilter und Integrator, erfolgen.

[0079] Im Folgenden wird das Ermitteln der charakteristischen Größe im Falle der Modifikation beschrieben. Zunächst wird ein Frequenzfilter auf die von dem Gyrosensor 14 erfasste zeitliche Veränderung der Winkelgeschwindigkeit oder auf das daraus basierende Spannungssignal, im Folgenden werden beide kurz "Signal" genannt, angewendet. Dazu passiert das Signal einen (elektronischen oder rechner-gestützten) Bandpassfilter mit einem Filterbereich von 1,4 bis 1,8 Hz, um einen zum Erkennen des ständer-gehaltenen Betriebs besonders geeigneten Frequenzbereich von 1,4 bis 1,8 Hz durchzulassen. Des Weiteren kann eine Differenz-Eingangsspannung (Gleichspannungsoffset, DC-Offset) von dem Signal abgezogen werden.

[0080] Da die erfasste zeitliche Veränderung der Winkelgeschwindigkeit des Gehäuses 9 - und somit auch das Spannungssignal - positive (Beschleunigen) und negative (Abbremsen) Werte aufweist, können durch ein Bilden des Betrages des gefilterten Signals die positiven und negativen Werte gleichgerichtet werden. Das gefilterte und gleichgerichtete Signal passiert einen (elektronischen oder rechner-gestützten) Tiefpassfilter von 0,5 Hz, welcher niedrige Frequenzen von unterhalb 0,5 Hz passieren lässt und höhere Frequenzen abschwächt. Es folgt eine Subtraktion eines konstanten Wertes von dem gleichgerichteten und gefilterten Signal. Dann folgt eine zeitliche Integration mit Hilfe des Algorithmus der Steuereinrichtung 15 oder eines elektronischen Integrators. Die zeitliche Integration wirkt wie ein weiterer Tiefpassfilter, indem sie niedrige Frequenzen durchlässt und hohe Frequenzen abschwächt. Der subtrahierte konstante Wert ist so gewählt, dass die durch das beschriebene wiederholte Frequenzfiltern, Gleichrichten, Integrieren und die Subtraktion erzeugte charakteristische Größe im Falle eines ständer-gehaltenen Betriebs einen negativen Wert hat und im Falle eines handgehaltenen Betriebs einen positiven Wert hat. Dadurch können diese beiden Betriebsarten einfach voneinander unterschieden werden.

BEZUGSZEICHENLISTE



[0081] 
1
Handwerkzeugmaschine (Bohrhammer)
2
Werkzeugaufnahme
3
Werkzeug
4
Motor
5
Schlagwerk
6
Antriebswelle
7
Akkumulator
8
Handgriff
9
Gehäuse
10
Haupttaster
11
Arbeitsachse
12
Schlagrichtung
13
Schutzeinrichtung
14
Drehbewegungssensor (Gyrosensor)
15
Steuereinrichtung
16
Bremse
17
Frequenzspektrum
18
Frequenzspektrum
19
bestimmter Schwellenwert
S1
Verfahrensschritt
S2
Verfahrensschritt
S3
Verfahrensschritt



Ansprüche

1. Steuerungsverfahren für eine Handwerkzeugmaschine (1), welche eine Werkzeugaufnahme (2) und einen Motor (4) zum drehenden Antreiben der Werkzeugaufnahme (2) um eine Arbeitsachse (11) aufweist, mit den Schritten:

Erfassen (S1) einer Drehbewegung eines Gehäuses (9) der Handwerkzeugmaschine (1) um die Arbeitsachse (11),

Auslösen (S2) einer Schutzfunktion zum Reduzieren einer Drehmomentabgabe des Motors (4), wenn die erfasste Drehbewegung um die Arbeitsachse (11) einen bestimmten Grenzwert überschreitet, und

Abschalten (S3) der Schutzfunktion in Abhängigkeit einer charakteristischen Größe eines Frequenzspektrums einer erfassten Drehbewegung um die Arbeitsachse (11).


 
2. Steuerungsverfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Schutzfunktion abgeschaltet wird (S3), wenn die charakteristische Größe des Frequenzspektrums der Drehbewegung um die Arbeitsachse (11) einen bestimmten Schwellenwert unterschreitet.
 
3. Steuerungsverfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die charakteristische Größe des Frequenzspektrums eine Amplitude des Frequenzspektrums aufweist.
 
4. Steuerungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die charakteristische Größe des Frequenzspektrums eine charakteristische Größe des Frequenzspektrums in einem Frequenzbereich unterhalb von 20 Hz, bevorzugt unterhalb von 10 Hz, besonders bevorzugt unterhalb von 2 Hz, aufweist.
 
5. Steuerungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die charakteristische Größe des Frequenzspektrums auf einer zeitlichen Integration der Drehbewegung basiert.
 
6. Steuerungsverfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die zeitliche Integration mit jedem Betätigen eines Hauptschalters (10) erneut startet.
 
7. Steuerungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Erfassen (S1) der Drehbewegung ein Erfassen einer Winkelgeschwindigkeit aufweist.
 
8. Steuerungsverfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die zeitliche Veränderung der Drehbewegung ein Beschleunigen und Abbremsen der Winkelgeschwindigkeit aufweist.
 
9. Steuerungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Erfassen (S1) der Drehbewegung mittels eines Drehbewegungssensors (14), insbesondere eines Gyrosensors, durchgeführt wird.
 
10. Steuerungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Schutzfunktion eine Bremse (16) des Motors (4) aktiviert.
 
11. Handwerkzeugmaschine (1) mit
einer Werkzeugaufnahme (2),
einem Motor (4) zum drehenden Antreiben der Werkzeugaufnahme (2) um eine Arbeitsachse (11),
einem Drehbewegungssensor (14) zum Erfassen einer Drehbewegung eines Gehäuses
(9) der Handwerkzeugmaschine (1) um die Arbeitsachse (11),
einer Schutzeinrichtung (13), welche eingerichtet ist, eine Schutzfunktion zum Reduzieren einer Drehmomentabgabe des Motors (4) auszulösen, wenn die erfasste Drehbewegung um die Arbeitsachse (11) einen bestimmten Grenzwert überschreitet, und
einer Steuereinrichtung (15), welche eingerichtet ist, die Schutzfunktion in Abhängigkeit einer charakteristischen Größe eines Frequenzspektrums einer erfassten Drehbewegung um die Arbeitsachse (11) abzuschalten.
 
12. Handwerkzeugmaschine (1) nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass der Drehbewegungssensor (14) ein Gyrosensor ist.
 
13. System mit einer Handwerkzeugmaschine (1) nach Anspruch 11 oder 12 und einem Ständer zum Halten der Handwerkzeugmaschine (1).
 




Zeichnung













Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente