(19)
(11) EP 3 647 701 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.05.2020  Patentblatt  2020/19

(21) Anmeldenummer: 19020090.7

(22) Anmeldetag:  26.02.2019
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F25J 3/04(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(30) Priorität: 31.10.2018 DE 202018005045 U

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
80331 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Lars, Kirchner
    01279 Dresden (DE)
  • Golubev, Dimitri
    82538 Geretsried (DE)

(74) Vertreter: Imhof, Dietmar 
Linde AG Technology & Innovation Corporate Intellectual Property Dr.-Carl-von-Linde-Straße 6-14
82049 Pullach
82049 Pullach (DE)

   


(54) ANLAGE ZUR GEWINNUNG VON ARGON DURCH TIEFTEMPERATURZERLEGUNG VON LUFT


(57) Die Erfindung betrifft eine Anlage (100) zur Gewinnung von Argon durch Tieftemperaturzerlegung von Luft, wobei die Anlage (100) ein Destillationss±ulensystem (10) mit einer Argongewinnungss±ule (15) aufweist, aus der eine argonreiche Flæsigkeit (101) entnehmbar ist, und wobei die Anlage (100) einen Speichertank (20) aufweist, in welchen die aus der Argongewinnungss±ule (15) entnehmbare argonreiche Flæssigkeit(101) æberfæhrbar ist. Dem Speichertank (20) ist ein durch eine teilweise Verdampfung der argonreichen Flæsigkeit (101) gebildetes argonreiches Gas (101) entnehmbar und in die Argongewinnungss±ule (15) ræckspeisbar ist Die Argongewinnungss±ule ist insbesondere eine Rohargons±ule (18) oder eine Reinargons±ule (15) und das durch die teilweise Verdampfung der argonreichen Flæsigkeit (101) gebildete argonreiche Gas (101) ist in die Rohargons±ule (18) und/oder in die Reinargons±ule (15) ræckspeisbar ist.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Anlage zur Gewinnung von Argon durch Tieftemperaturzerlegung von Luft gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs.

Stand der Technik



[0002] Die Herstellung von Luftprodukten in flüssigem oder gasförmigem Zustand durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in Luftzerlegungsanlagen ist bekannt und beispielsweise bei H.-W. Häring (Hrsg.), Industrial Gases Processing, Wiley-VCH, 2006, insbesondere Abschnitt 2.2.5, "Cryogenic Rectification", beschrieben.

[0003] Luftzerlegungsanlagen weisen Rektifikationssäulensysteme auf, die als Zweisäulensysteme, insbesondere als klassische Linde-Doppelsäulensysteme, aber auch als Drei- oder Mehrsäulensysteme ausgebildet sein können. Neben den Rektifikationssäulen zur Gewinnung von Stickstoff und/oder Sauerstoff in flüssigem und/oder gasförmigem Zustand, also den Rektifikationssäulen zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung, können Rektifikationssäulen zur Gewinnung weiterer Luftkomponenten, insbesondere von Argon, vorgesehen sein.

[0004] Die Rektifikationssäulen der genannten Rektifikationssäulensysteme werden auf unterschiedlichen Druckniveaus betrieben. Bekannte Doppelsäulensysteme weisen eine sogenannte Hochdrucksäule (auch als Drucksäule, Mitteldrucksäule oder untere Säule bezeichnet) und eine sogenannte Niederdrucksäule (auch als obere Säule bezeichnet) auf. Die Hochdrucksäule wird typischerweise auf einem Druckniveau von 4 bis 7 bar, insbesondere ca. 5,3 bar, betrieben. Die Niederdrucksäule wird auf einem Druckniveau von typischerweise 1 bis 2 bar, insbesondere ca. 1,4 bar, betrieben. In bestimmten Fällen können in der Niederdrucksäule auch höhere Druckniveaus eingesetzt werden. Bei den hier und nachfolgend angegebenen Drücken handelt es sich um Absolutdrücke am Kopf der jeweils angegebenen Säulen.

[0005] In bekannten Anlagen zur Tieftemperaturzerlegung von Luft wird in einem unteren Bereich der Hochdrucksäule eine an Sauerstoff angereicherte und an Stickstoff abgereicherte Flüssigkeit gebildet und aus der Hochdrucksäule abgezogen. Diese Flüssigkeit, die insbesondere auch Argon enthält, wird zumindest zum Teil in die Niederdrucksäule eingespeist und dort weiter aufgetrennt. Sie kann vor der Einspeisung in die Niederdrucksäule zumindest teilweise verdampft werden, wobei ggf. verdampfte und unverdampfte Anteile an unterschiedlichen Positionen in die Niederdrucksäule eingespeist werden können.

[0006] Die vorliegende Erfindung geht insbesondere von einer Anlage aus, in der eine Hoch- und eine Niederdrucksäule verwendet werden. Die Niederdrucksäule kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung einteilig oder mehrteilig ausgebildet sein. In diesem Fall können ein erster und ein zweiter Abschnitt der Niederdrucksäule auf einem gemeinsamen Druckniveau betrieben werden. Eine zweiteilige Niederdrucksäule unterscheidet sich damit von ebenfalls bekannten Anordnungen, bei denen neben der Hoch- und der Niederdrucksäule eine weitere Säule zur Trennung von Stickstoff und Sauerstoff bereitgestellt ist, welche jedoch auf einem Druckniveau betrieben wird, das zwischen den Druckniveaus liegt, auf denen die Hochdrucksäule und die Niederdrucksäule betrieben werden.

[0007] Zur Argongewinnung können Luftzerlegungsanlagen mit Roh- und Reinargonsäulen eingesetzt werden. Ein Beispiel ist bei Häring (s.o.) in Figur 2.3A veranschaulicht und ab Seite 26 im Abschnitt "Rectification in the Low-pressure, Crude and Pure Argon Column" sowie ab Seite 29 im Abschnitt "Cryogenic Production of Pure Argon" beschrieben. Wie dort erläutert, reichert sich Argon in entsprechenden Anlagen in einer bestimmten Höhe in der Niederdrucksäule an. An dieser oder an einer anderen günstigen Stelle, ggf. auch unterhalb des Argonmaximums, kann aus der Niederdrucksäule an Argon angereichertes Gas mit einer Argonkonzentration von typischerweise 5 bis 15 Molprozent abgezogen und in die Rohargonsäule überführt werden. Ein entsprechendes Gas enthält typischerweise ca. 0,05 bis ca. 500 ppm Stickstoff und ansonsten im Wesentlichen Sauerstoff. Es sei ausdrücklich betont, dass die angegebenen Werte für das aus der Niederdrucksäule abgezogene Gas lediglich typische Beispielwerte darstellen.

[0008] Die Rohargonsäule dient im Wesentlichen dazu, den Sauerstoff aus dem aus der Niederdrucksäule abgezogenen Gas abzutrennen. Der in der Rohargonsäule abgetrennte Sauerstoff bzw. ein entsprechendes sauerstoffreiches Fluid kann flüssig in die Niederdrucksäule zurückgeführt werden. Der Sauerstoff bzw. das sauerstoffreiche Fluid wird dabei typischerweise mehrere theoretische oder praktische Böden unterhalb der Einspeisestelle für die aus der Hochdrucksäule abgezogene, an Sauerstoff angereicherte und an Stickstoff abgereicherte und ggf. zumindest teilweise verdampfte Flüssigkeit in die Niederdrucksäule zurückgespeist. Eine bei der Trennung in der Rohargonsäule verbleibende gasförmige Fraktion, die im Wesentlichen Argon und Stickstoff enthält, wird in der Reinargonsäule unter Erhalt von Reinargon weiter aufgetrennt. Die Roh- und die Reinargonsäule weisen Kopfkondensatoren auf, die insbesondere mit einem Teil der aus der Hochdrucksäule abgezogenen, an Sauerstoff angereicherten und an Stickstoff abgereicherten Flüssigkeit gekühlt werden können, welche bei dieser Kühlung teilweise verdampft. Auch andere Fluide können zur Kühlung eingesetzt werden.

[0009] Grundsätzlich kann in entsprechenden Anlagen auch auf eine Reinargonsäule verzichtet werden, wobei hier typischerweise sichergestellt wird, dass der Stickstoffgehalt am Argonübergang unter 1 ppm liegt. Dies ist jedoch keine zwingende Voraussetzung. Argon gleicher Qualität wie aus einer herkömmlichen Reinargonsäule wird in diesem Fall aus der Rohargonsäule bzw. einer vergleichbaren Säule typischerweise etwas weiter unterhalb als das herkömmlicherweise in die Reinargonsäule überführte Fluid abgezogen, wobei die Böden im Abschnitt zwischen dem Rohargonkondensator, also dem Kopfkondensator der Rohargonsäule, und einem entsprechenden Abzug insbesondere als Sperrböden für Stickstoff dienen. Die vorliegende Erfindung kann mit einer derartigen Anordnung ohne Reinargonsäule zum Einsatz kommen. Da die Rohargonsäule bzw. eine vergleichbare Säule in einer derartigen Anordnung bereits zur Reinargongewinnung und nicht zur Rohargongewinnung dient, wird nachfolgend auch allgemeiner von "Argongewinnungssäulen" gesprochen. Bei einer Argongewinnungssäule kann es sich um eine herkömmliche Reinargonsäule oder um eine entsprechende zur Reinargongewinnung modifizierte Rohargonsäule handeln.

[0010] Die Gewinnung von Argon (der Begriff "Argon" wird, wie auch nachfolgend noch erläutert, auch für argonreiche Fluide und nicht nur für Reinargon verwendet) erfolgt in den erläuterten Verfahren in flüssiger Form. Entsprechendes Argon wird typischerweise in einen Speichertank überführt. Trotz thermischer Isolation dampft dabei stets ein Anteil des Argons ab und geht in herkömmlichen Anlagen verloren.

[0011] Die vorliegende Erfindung stellt sich die Aufgabe, Maßnahmen anzugeben, die es ermöglichen, entsprechende Abdampfverluste zu verringern.

Offenbarung der Erfindung



[0012] Vor diesem Hintergrund schlägt die vorliegende Erfindung eine Anlage zur Gewinnung von Argon durch Tieftemperaturzerlegung von Luft gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs vor. Bevorzugte Ausgestaltungen sind jeweils Gegenstand der Unteransprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.

[0013] Vor der Erläuterung der Merkmale und Vorteile der vorliegenden Erfindung werden einige Grundlagen der vorliegenden Erfindung näher erläutert und nachfolgend verwendete Begriffe definiert.

[0014] Die in einer Luftzerlegungsanlage eingesetzten Vorrichtungen sind in der zitierten Fachliteratur, beispielsweise bei Häring (s.o.) in Abschnitt 2.2.5.6, "Apparatus", beschrieben. Sofern die nachfolgenden Definitionen nicht hiervon abweichen, wird daher zum Sprachgebrauch, der im Rahmen der vorliegenden Anmeldung verwendet wird, ausdrücklich auf die zitierte Fachliteratur verwiesen.

[0015] Flüssigkeiten und Gase können im hier verwendeten Sprachgebrauch reich oder arm an einer oder an mehreren Komponenten sein, wobei "reich" für einen Gehalt von wenigstens 50%, 75%, 90%, 95%, 99%, 99,5%, 99,9% oder 99,99% und "arm" für einen Gehalt von höchstens 50%, 25%, 10%, 5%, 1%, 0,1% oder 0,01% auf Mol-, Gewichts- oder Volumenbasis stehen kann. Der Begriff "überwiegend" kann der Definition von "reich" entsprechen. Flüssigkeiten und Gase können ferner angereichert oder abgereichert an einer oder mehreren Komponenten sein, wobei sich diese Begriffe auf einen Gehalt in einer Ausgangsflüssigkeit oder einem Ausgangsgas beziehen, aus der oder dem die Flüssigkeit oder das Gas gewonnen wurde. Die Flüssigkeit oder das Gas ist "angereichert", wenn diese oder dieses zumindest den 1,1-fachen, 1,5-fachen, 2-fachen, 5-fachen, 10-fachen 100-fachen oder 1.000-fachen Gehalt, und "abgereichert", wenn diese oder dieses höchstens den 0,9-fachen, 0,5-fachen, 0,1-fachen, 0,01-fachen oder 0,001-fachen Gehalt einer entsprechenden Komponente, bezogen auf die Ausgangsflüssigkeit oder das Ausgangsgas enthält. Ist hier beispielsweise von "Sauerstoff", "Stickstoff" oder "Argon" die Rede, sei hierunter auch eine Flüssigkeit oder ein Gas verstanden, die bzw. das reich an Sauerstoff oder Stickstoff ist, jedoch nicht notwendigerweise ausschließlich hieraus bestehen muss.

[0016] Die vorliegende Anmeldung verwendet zur Charakterisierung von Drücken und Temperaturen die Begriffe "Druckniveau" und "Temperaturniveau", wodurch zum Ausdruck gebracht werden soll, dass entsprechende Drücke und Temperaturen in einer entsprechenden Anlage nicht in Form exakter Druck- bzw. Temperaturwerte verwendet werden müssen, um das erfinderische Konzept zu verwirklichen. Jedoch bewegen sich derartige Drücke und Temperaturen typischerweise in bestimmten Bereichen, die beispielsweise ± 1%, 5%, 10%, 20% oder sogar 50% um einen Mittelwert liegen. Entsprechende Druckniveaus und Temperaturniveaus können dabei in disjunkten Bereichen liegen oder in Bereichen, die einander überlappen. Insbesondere schließen beispielsweise Druckniveaus unvermeidliche oder zu erwartende Druckverluste ein. Entsprechendes gilt für Temperaturniveaus. Bei den hier in bar angegebenen Druckniveaus handelt es sich um Absolutdrücke.

Vorteile der Erfindung



[0017] Die vorliegende Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass eine Rückspeisung von verdampftem Argon aus einem Speicherbehälter für flüssiges Argon, der aus einer Argongewinnungssäule einer Luftzerlegungsanlage, beispielsweise einer Rohargonsäule oder einer Reinargonsäule, mit argonreicher, tiefkalter Flüssigkeit gespeist wird, in die Argongewinnungssäule besonders vorteilhaft ist, um die eingangs erwähnten Verdampfungsverluste zu reduzieren.

[0018] Dies wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung dadurch erreicht, dass eine Anlage zur Gewinnung von Argon durch Tieftemperaturzerlegung von Luft bereitgestellt wird, wobei die Anlage ein Destillationssäulensystem mit einer Argongewinnungssäule aufweist, aus der eine argonreiche Flüssigkeit entnehmbar ist, und wobei die Anlage einen Speichertank aufweist, in welchen die aus der Argongewinnungssäule entnehmbare argonreiche Flüssigkeit überführbar ist. Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass dem Speichertank ein durch eine teilweise Verdampfung der argonreichen Flüssigkeit gebildetes argonreiches Gas entnehmbar und in die Argongewinnungssäule rückspeisbar ist. Durch die erfindungsgemäße Rückspeisung mit anschließender Kondensation in der Argongewinnungssäule können Argonverluste minimiert bzw. vollständig vermieden werden.

[0019] Die Argongewinnungssäule kann eine Roh- oder eine Reinargonsäule sein, eine gemeinsam mit einer Reinargonsäule verwendete Rohargonsäule, oder eine entsprechend modifizierte Rohargonsäule in einer Anlage ohne Reinargonsäule. Im Fall einer Reinargonsäule erfolgt die Rückspeisung typischerweise in derselben Höhe, in der auch ein aus der Rohargonsäule überführtes Fluid in die Reinargonsäule eingespeist wird. Die Rückspeisung kann im Fall einer Reinargonsäule insbesondere auch über eine Einspeiseleitung für Rohargon aus der Rohargonsäule erfolgen, wodurch auf eine separate Einspeisung verzichtet werden kann. Die Rückspeisung kann aber auch an einer tieferen Position erfolgen. Die Rückspeisung kann, für den Fall, dass sie in die Rohargonsäule erfolgt, beispielsweise am Kopf erfolgen, aber auch an einer tieferen Position. Die argonreiche Flüssigkeit, die ein flüssiges Argonprodukt in der erfindungsgemäßen Anlage darstellt, ist insbesondere einem Sumpfbereich einer entsprechenden Argongewinnungssäule, insbesondere einer Reinargonsäule, entnehmbar, und weist entsprechende Argongehalte auf.

[0020] Die Entnahme des argonreichen Gases und dessen Rückspeisung in die Argongewinnungssäule kann insbesondere auf Grundlage einer Druckregelung erfolgen. Bei dieser wird insbesondere ein Druck in dem Speichertank erfasst.

[0021] Die vorliegende Erfindung kann bei Luftzerlegungsanlagen mit sogenannter Innenverdichtung (IV, Internal Compression, IC) zum Einsatz kommen, wie sie beispielsweise bei Häring (s.o.), Abschnitt 2.2.5.2, "Internal Compression", erläutert ist, .aber auch bei beliebigen anderen Luftzerlegungsanlagen. Wie auch nachfolgend angegeben, ist für die vorliegende Erfindung erforderlich, dass eine Gewinnung von Argon in flüssiger Form und dessen Zwischenspeicherung erfolgt. Die Erfindung ist auch in vielen anderen Verfahren einsetzbar, beispielsweise auch bei Anlagen mit "Stickstoff'- oder "Luft"-Kreisläufen zur Herstellung von Flüssigprodukten etc.

[0022] Zur Luftzerlegung können sogenannte Hauptverdichter/Nachverdichter-(Main Air Compressor/Booster Air Compressor-, MAC-BAC-)Verfahren oder sogenannte Hochluftdruck-(High Air Pressure-, HAP-)Verfahren eingesetzt werden. Bei den Hauptverdichter/Nachverdichter-Verfahren handelt es sich um die eher konventionelleren Verfahren, Hochluftdruck-Verfahren kommen zunehmend in jüngerer Zeit als Alternativen zum Einsatz.

[0023] Hauptverdichter/Nachverdichter-Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass nur ein Teil der dem Rektifikationssäulensystem insgesamt zugeführten Einsatzluftmenge auf ein Druckniveau verdichtet wird, das wesentlich, d.h. um mindestens 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 bar, oberhalb des Druckniveaus der Hochdrucksäule liegt. Ein weiterer Teil der Einsatzluftmenge wird lediglich auf das Druckniveau der Hochdrucksäule oder ein Druckniveau, das sich um nicht mehr als 1 bis 2 bar von dem Druckniveau der Hochdrucksäule unterscheidet, verdichtet, und auf diesem niedrigeren Druckniveau in die Hochdrucksäule eingespeist. Ein Beispiel für ein Hauptverdichter/Nachverdichter-Verfahren ist bei Häring (s.o.) in Figur 2.3A gezeigt.

[0024] Bei einem Hochluftdruck-Verfahren wird hingegen die gesamte dem Rektifikationssäulensystem insgesamt zugeführte Einsatzluftmenge auf ein Druckniveau verdichtet, das wesentlich, d.h. um mindestens 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 bar oberhalb des Druckniveaus der Hochdrucksäule liegt. Der Druckunterschied kann beispielsweise bis zu 14, 16, 18 oder 20 bar betragen. Hochluftdruck-Verfahren sind beispielsweise aus der EP 2 980 514 A1 und der EP 2 963 367 A1 bekannt.

[0025] Die vorliegende Erfindung kann bei sämtlichen der zuvor erläuterten Verfahrensvarianten zum Einsatz kommen. Wesentlich für den Einsatz im Rahmen der vorliegenden Erfindung ist lediglich, dass eine Argongewinnungssäule bereitgestellt ist, aus der eine argonreiche Flüssigkeit entnehmbar ist.

[0026] Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen näher erläutert, in denen eine Anlage gemäß einer Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung in schematischer Darstellung veranschaulicht ist.

Kurze Beschreibung der Zeichnungen



[0027] Figur 1 veranschaulicht eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung in schematischer Ansicht.

Ausführliche Beschreibung der Zeichnung



[0028] In Figur 1 ist eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung schematisch veranschaulicht und insgesamt mit 100 bezeichnet.

[0029] Luftzerlegungsanlagen der gezeigten Art sind vielfach an anderer Stelle beschrieben, beispielsweise bei H.-W. Häring (Hrsg.), Industrial Gases Processing, Wiley-VCH, 2006, insbesondere Abschnitt 2.2.5, "Cryogenic Rectification". Für detaillierte Erläuterungen zu Aufbau und Funktionsweise der Luftzerlegungsanlage 100 sei daher ergänzend auf die Fachliteratur verwiesen. Eine Luftzerlegungsanlage zum Einsatz der vorliegenden Erfindung kann auf unterschiedlichste Weise ausgebildet sein.

[0030] In Figur 1 sind flüssige Stoffströme mit schwarzen (ausgefüllten), gasförmige Stoffströme mit weißen (nicht ausgefüllten) und zweiphasige Stoffströme mit schwarzweiß geteilten (teilweise ausgefüllten) Flusspfeilen veranschaulicht.

[0031] Die in Figur 1 beispielhaft gezeigte Luftzerlegungsanlage kann zur Durchführung eines Hochluftdruck-Verfahren eingerichtet sein. Hierzu kann Umgebungsluft A mittels eines Hauptluftverdichters 1 über ein Filter 2 angesaugt und auf ein Druckniveau verdichtet werden, das wenigstens 3 bar oberhalb eines höchsten Druckniveaus liegt, das in einem Destillationssäulensystem 10 der Luftzerlegungsanlage 100 verwendet wird.

[0032] Der verdichtete Einsatzluftstrom a wird einer beispielsweise mit Kühlwasser betriebenen Vorkühleinrichtung 3 zugeführt. Der vorgekühlte Einsatzluftstrom a wird dann in einem Reinigungssystem 4 aufgereinigt, das typischerweise ein Paar von im Wechselbetrieb eingesetzten Adsorberbehältern umfasst. Der vorgekühlte Einsatzluftstrom a wird hier von Wasser und Kohlendioxid befreit.

[0033] Stromab des Reinigungssystems 3 wird der Einsatzluftstrom a in zwei Teilströme b und c aufgeteilt, die später jeweils erneut in zwei Teilströme d und e bzw. f und g aufgeteilt werden. Vor der weiteren Aufteilung in die Teilströme f und g wird der Teilstrom c in einem Booster 5, der mit einer Entspannungsturbine 6 gekoppelt ist, und dem ein nicht gesondert bezeichneter Nachkühler nachgeschaltet ist, weiter verdichtet.

[0034] Der Teilstrom d wird ohne weitere Verdichtung bis zum kalten Ende durch einen Hauptwärmetauscher 7 der Luftzerlegungsanlage 100 geführt und dabei verflüssigt. Auch der Teilstrom e wird ohne weitere Verdichtung durch den Hauptwärmetauscher 7 geführt, jedoch nur bis zu einer Zwischenstelle, und in einer Entspannungsturbine 8, die mit einem Booster 9 gekoppelt ist, entspannt und dabei teilverflüssigt.

[0035] Der Teilstrom f wird nach der weiteren Verdichtung in dem Booster 5 zum Teil in Form eines Teilstroms h bis zu einer Zwischenstelle durch den Hauptwärmetauscher 7 geführt, anschließend in dem Booster 9 weiter verdichtet, dem Hautwärmetauscher 7 an einer Zwischenstelle wieder zugeführt, und bis zum kalten Ende durch den Hauptwärmetauscher 7 geführt. Der Teilstrom h wird dabei verflüssigt. Ein weiterer Teil des Teilstroms f wird in Form eines Teilstroms i bis zum kalten Ende durch den Hauptwärmetauscher 7 geführt und dabei verflüssigt.

[0036] Der Teilstrom g wird bis zu einer Zwischenstelle durch den Hauptwärmetauscher 7 geführt, in der Entspannungsturbine 6 entspannt und dabei teilverflüssigt.

[0037] Die verflüssigten Teilströme d, h und i werden jeweils über Entspannungsventile entspannt, vereinigt, und in eine Hochdrucksäule 11 des Destillationssäulensystems 10 eingespeist. Die teilverflüssigten Teilströme e und g werden ebenfalls vereinigt und in die Hochdrucksäule 11 eingespeist.

[0038] In der Hochdrucksäule 11 werden eine sauerstoffangereicherte flüssige Sumpffraktion und eine stickstoffangereicherte gasförmige Kopffraktion gebildet. Die sauerstoffangereicherte flüssige Sumpffraktion wird in Form eines Stoffstroms h aus der Hochdrucksäule 11 abgezogen, durch einen Unterkühlungsgegenströmer 13 geführt, teilweise als Heizmedium in einem Sumpfverdampfer 14 einer Reinargonsäule 15 verwendet, und jeweils in definierten Anteilen in einen Kopfkondensator 16 der Reinargonsäule 15, einen Kopfkondensator 17 einer Rohargonsäule 18 sowie eine Niederdrucksäule 12 des Destillationssäulensystems 10 eingespeist. In den Verdampfungsräumen der Kopfkondensatoren 16, 17 der Rohargonsäule 15 und der Reinargonsäule 18 verdampfendes Fluid wird ebenfalls in die Niederdrucksäule 12 überführt. Entsprechendes gilt für Flüssigkeit, die zu Spülzwecken (zur Vermeidung der Anreicherung unerwünschter Komponenten) aus den Kopfkondensatoren 16, 17 der Rohargonsäule 15 und der Reinargonsäule 18 abgezogen wird.

[0039] Vom Kopf der Hochdrucksäule 11 wird das gasförmige stickstoffreiche Kopfprodukt in Form eines Stoffstroms i abgezogen. Ein Teil hiervon wird unverflüssigt in Form eines Stoffstroms k in dem Hauptwärmetauscher 7 erwärmt und beispielsweise als Dichtgas B für die beteiligten Verdichter aus der Luftzerlegungsanlage 100 ausgeleitet. Ein weiterer Anteil wird in Form eines Stoffstroms I einem Hauptkondensator 19, der eine wärmetauschende Verbindung zwischen der Hochdrucksäule 11 und der Niederdrucksäule 12 herstellt, verflüssigt.

[0040] Das verflüssigte Kopfprodukt der Hochdrucksäule 11 wird in Anteilen in Form eines Stoffstroms m als Rücklauf auf die Hochdrucksäule 11 aufgegeben, in Form eines Stoffstroms n nach Abkühlung in dem Unterkühlungsgegenströmer 13 in die Niederdrucksäule 12 entspannt, und in Form eines Stoffstroms o einer Innenverdichtung unterworfen, in dem Hauptwärmetauscher 5 erwärmt und als Innenverdichtungsprodukt C bereitgestellt.

[0041] Direkt unterhalb der Einspeisestelle der verflüssigten Teilströme d, h und i in die Hochdrucksäule 11 wird aus der Hochdrucksäule 11 ein Stoffstrom p in etwa gleicher Zusammensetzung flüssig entnommen, der nach einer Abkühlung in dem Unterkühlungsgegenströmer 13 in die Niederdrucksäule 12 entspannt wird.

[0042] In der Niederdrucksäule 12 werden eine sauerstoffreiche flüssige Sumpffraktion sowie eine stickstoffreiche gasförmige Kopffraktion gebildet. Erstere wird teilweise in Form eines Stoffstroms q innenverdichtet, in dem Hauptwärmetauscher 5 erwärmt, und als Innenverdichtungsprodukt D bereitgestellt. Ein weiterer Anteil kann in Form eines Stoffstroms r teilweise unterkühlt und als Flüssigprodukt E ausgeleitet werden.

[0043] Aus einer Flüssigkeitsrückhalteeinrichtung am Kopf der Niederdrucksäule 12 kann ein flüssiger stickstoffreicher Strom s abgezogen und als Flüssigstickstoffprodukt F aus der Luftzerlegungsanlage 100 ausgeführt werden. Ein vom Kopf der Niederdrucksäule 12 abgezogener gasförmiger stickstoffreicher Strom t wird durch den Unterkühlungsgegenströmer 13 und den Hauptwärmetauscher 5 geführt und als Stickstoffprodukt G auf dem Druck der Niederdrucksäule 12 bereitgestellt.

[0044] Aus der Niederdrucksäule 12 wird ferner ein Strom u aus einem oberen Bereich abgezogen und nach Erwärmung in dem Unterkühlungsgegenströmer 13 und dem Hauptwärmetauscher 5 als Regeneriergas in der Reinigungseinrichtung 4 genutzt bzw. durch Abblasen an die Umgebung H verworfen. Entsprechendes gilt, bis auf die Erwärmung in dem Unterkühlungsgegenströmer 13, auch für einen Stoffstrom v aus der Niederdrucksäule 12.

[0045] Am sogenannten Argonübergang oder auch darunter kann, wie eingangs erläutert, aus der Niederdrucksäule 12 an Argon angereichertes Fluid in Form eines Stoffstroms w entnommen und sumpfnah in die Rohargonsäule 18 eingespeist werden. Sumpfflüssigkeit aus der Rohargonsäule 18 kann mittels einer nicht gesondert bezeichneten Pumpe in Form eines Stoffstroms x in die Niederdrucksäule 12 zurückgeführt werden. Unkondensiertes Kopfgas wird aus der Rohargonsäule 12 in Form eines Stoffstroms y in die Reinargonsäule 15 überführt.

[0046] In dem Kopfkondensator der 16 der Reinargonsäule 15 wird ein flüssiger Rücklauf auf die Reinargonsäule 15 gebildet. Ein nicht verflüssigtes Kopfgas kann in Form eines Stoffstroms z an die Umgebung H abgegeben werden.

[0047] Ein Argonprodukt bzw. argonreiche Flüssigkeit wird der Reinargonsäule 15 sumpfseitig in Form eines Stoffstroms 101 entnommen und, über ein Ventil 21 geregelt, in einen Speichertank 20 überführt. Ein in dem Speichertank 20 verdampfter Anteil hiervon wird in der in Figur 1 veranschaulichten Ausgestaltung der Erfindung in Form eines Stoffstroms 102 über ein Ventil 22 druckgeregelt entnommen und in die Reinargonsäule 15 zurückgeleitet.

[0048] Bei einem im Rahmen der vorliegenden Erfindung eingesetzten Speichertank kann es sich insbesondere um einen sogenannten Flachbodentank handeln, der insbesondere mit einer Perlitisolierung versehen sein kann. Ein entsprechender Speichertank kann auf einem Überdruck von ca. 50 bis ca. 500 mbar betrieben werden.


Ansprüche

1. Anlage (100) zur Gewinnung von Argon durch Tieftemperaturzerlegung von Luft, wobei die Anlage (100) ein Destillationssäulensystem (10) mit einer Argongewinnungssäule (15) aufweist, aus der eine argonreiche Flüssigkeit (101) entnehmbar ist, und wobei die Anlage (100) einen Speichertank (20) aufweist, in welchen die aus der Argongewinnungssäule (15) entnehmbare argonreiche Flüssigkeit (101) überführbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass dem Speichertank (20) ein durch eine teilweise Verdampfung der argonreichen Flüssigkeit (101) gebildetes argonreiches Gas (101) entnehmbar und in die Argongewinnungssäule (15) rückspeisbar ist, wobei die Argongewinnungssäule insbesondere eine Rohargonsäule (18) oder eine Reinargonsäule (15) ist und wobei das durch die teilweise Verdampfung der argonreichen Flüssigkeit (101) gebildete argonreiche Gas (101) insbesondere in die Rohargonsäule (18) und/oder in die Reinargonsäule (15) rückspeisbar ist.
 




Zeichnung







Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur