[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines metallischen Bandes, bei
dem das Band in Förderrichtung zunächst in einem Walzwerk gewalzt und anschließend
in einer Kühlstrecke gekühlt wird, woraufhin das Band auf einem Haspel zu einem Coil
gewickelt wird, wobei Gefüge-Eigenschaften des Bandes durch ein rechnerisches Gefügemodell
ermittelt werden.
[0003] Das Band, d. h. das herzustellende Produkt, soll nach dem Warmwalzen möglichst gleichmäßige
Gefügeeigenschaften über die Breite und die Länge des Bandes aufweisen. Eine geringe
Streubreite bei den mechanischen Eigenschaften wie unter anderem die Streckgrenze
und die Zugfestigkeit gewährleistet einerseits verlässliche Weiterverarbeitungs- und
Gebrauchseigenschaften; anderseits wird ein sparsamer Einsatz von Legierungszusätzen
ermöglicht, um die Garantiewerte bei den Werkstoffeigenschaften zu erreichen.
[0004] Die Einstellung der Werkstoffeigenschaften erfolgt durch eine gezielte Abstimmung
der Prozessschritte Walzen, Schnellkühlung in der Wasserkühlstrecke und langsamer
Abkühlung im gewickelten Bund. Das Walzen des Bandes wird dabei so gesteuert, dass
vor der Wasserkühlung eine möglichst konstante Temperatur über die Bandlänge erreicht
wird. Die anschließende Kühlung des Bandes wird so eingestellt, dass auch vor dem
Aufhaspeln eine möglichst konstante Temperatur über die Bandlänge oder ein vorgegebenes
Temperaturlängsprofil entsteht. Zusätzlich kann durch eine Breitenmaskierungs-Einrichtung
das Temperatur-Breitenprofil beeinflusst werden. Mit diesen Mitteln wird in der Regel
eine homogene Gefügeeigenschaft über die Breite und die Länge des Bandes erreicht.
[0005] Eine Überprüfung des erreichten Niveaus der mechanischen Eigenschaften erfolgt durch
eine gelegentliche Probenentnahme aus der letzten Windung des aufgewickelten und abgekühlten
Bundes. Der Einsatz von an sich bekannten Online-Gefügemodellen ermöglicht eine zeitlich
lückenlose Überwachung der erzeugten Bandeigenschaften oder eine Prognose zu den mechanischen
Eigenschaften des Produktes während des Herstellungsprozesses. Das Gefügemodell kann
dabei mit Messwerten von entnommenen Proben abgeglichen werden.
[0006] Vorgenommene Messungen der Bandeigenschaften entlang der gesamten Bandfläche (in
Längs- und Querrichtung des Bandes) eines abgewickelten Bundes haben gezeigt, dass
es zum Teil beträchtliche systematische Unterschiede abhängig von der Bandposition
gibt. Erklärt werden diese Befunde dadurch, dass Gefügeumwandlung und Ausscheidungsvorgänge
nach der Wasserkühlung in vielen Fällen noch nicht vollständig abgeschlossen sind
und sich im aufgewickelten Bund weiter fortsetzten, wobei die dort sehr unterschiedlichen
Temperaturverläufe innerhalb der verschiedenen Bundpositionen unterschiedliche Endzustände
bewirken. Für den Produzenten des Bandes ist es daher von Interesse, nicht nur die
Bandeigenschaften an der Probenentnahmestelle zu kennen, sondern eine Übersicht über
den Zustand innerhalb des gesamten Bundes zu haben. Eine Probenentnahme innerhalb
des Bundes ist aber während des praktischen Produktionsbetriebes nicht umsetzbar.
Die bisher zur Anwendung gekommenen Online-Gefügemodelle beschränken sich auf wenige
Bandpunkte entlang der Bandlänge und schließen die restlichen Umwandlungsprozesse
im gewickelten Bund nicht explizit und positionsgebunden mit ein. Doch solange der
endgültige Gesamtzustand nicht umfänglich vorhergesagt werden kann, kann auch keine
gesteuerte Kompensationsmaßnahme vor und nach dem Aufwickeln zur weiteren Homogenisierung
der Gebrauchseigenschaften erfolgen.
[0007] Die bisher mittels Gefügemodell berechneten Bandeigenschaften repräsentieren vornehmlich
das Bandende bzw. die äußere Bandwindung, für das in der Regel auch stichprobenartige
Messergebnisse vorliegen. Für die übrigen Bandteile müssen hinsichtlich der garantierten
Eigenschaften bestimmte Sicherheitsabschläge einkalkuliert werden, die auf Erfahrungswerten
beruhen. Eine prozessangepasste Optimierung der Kühleinstellungen ist bei der Vielzahl
der Prozessbedingungen nicht möglich, weil detaillierte Informationen über die aktuellen
Gefügeveränderungen im Bund nur sehr aufwändig zu beschaffen wären.
[0008] Der Erfindung liegt die
Aufgabe zugrunde, ein gattungsgemäßes Verfahren so fortzubilden, dass es ermöglicht wird,
den endgültigen Gefügezustand des Bandes bis zur Abkühlung auf Raumtemperatur rechnerisch
zu bestimmen. Dabei soll insbesondere die Aufgabe bewältigt werden, die vom Temperaturverlauf
und somit von den komplexen Wärmeübergangsbedingungen abhängigen Gefügeveränderungen
zwischen den Bundwindungen und dem Haspeldorn zu berücksichtigen. Im Vergleich zu
vorbekannten Nutzungen von Gefügemodellen, die bei der Haspeltemperatur enden, sollen
individuell für jede Bandposition relevante Gefügeeigenschaften erfasst bzw. berücksichtigt
werden, wobei insbesondere folgende Einflüsse auf das Gefüge mitberücksichtigt werden
sollen: das Kornwachstum noch nicht umgewandelter Bestandteile und Polygonisation
von Ferritkörnern, weitere Auscheidevorgänge von z. B. Nb(CN) im Bund, Vergröberungen
vorhandener Ausscheide-Partikel, Vergröberung des Perlit-Lamellenabstandes und Vergröberung
der Bainit-Struktur.
[0009] Die
Lösung dieser Aufgabe durch die Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass die Ermittlung
der Gefüge-Eigenschaften des Bandes mittels des Gefügemodells für das zum Coil gewickelten
Band erfolgt, indem die Temperatur und/oder die Spannung zunächst nur für einen Abschnitt
des gewickelten Bandes ermittelt und dem Gefügemodell zu Grunde gelegt wird und dann
die Gefüge-Eigenschaften des gesamten gewickelten Bandes durch Zusammenfügung der
einzelnen Abschnitte des gewickelten Bandes ermittelt werden.
[0010] Dabei ist bevorzugt vorgesehen, dass für jeden Abschnitt des gewickelten Bandes eine
einzelne Bandwindung um den Haspel gewählt wird.
[0011] Die aus dem Gefügemodell ermittelten Daten werden vorzugsweise mit Sollwerten für
das Band verglichen und aufgrund festgestellter Abweichungen werden die Fertigungsparameter
des Walzwerks und/oder der Kühlstrecke so geändert, dass die aus dem Gefügemodell
ermittelten Daten möglichst gut mit den Sollwerten übereinstimmen. Insofern werden
die Ergebnisse der Simulationsrechnung gemäß dem Gefügemodell genutzt, um einen geschlossenen
Regelkreis zu bilden, wobei auf die Walz- und Kühlparameter Einfluss genommen wird.
[0012] Dabei kann die auf das Band in der Kühlstrecke aufgebrachte Kühlleistung über die
Länge des Bandes verändert werden. Hierbei kann insbesondere vorgesehen werden, dass
die auf das Band in der Kühlstrecke aufgebrachte Kühlleistung im Bereich des Bandanfangs
und im Bereich des Bandendes im Vergleich zur aufgebrachten Kühlleistung im Bereich
der Bandmitte reduziert wird.
[0013] Die auf das Band in der Kühlstrecke aufgebrachte Kühlleistung kann auch über die
Breite des Bandes verändert werden. Hierbei ist insbesondere vorgesehen, dass die
auf das Band in der Kühlstrecke aufgebrachte Kühlleistung im Bereich der seitlichen
Enden des Bandes (Bandkanten) reduziert wird.
[0014] Eine weitere Möglichkeit besteht auch darin, dass durch selektive Abschirmung der
Wärmestrahlung zum Coil die Festigkeitseigenschaften des Bandes vergleichmäßigt werden.
Hierbei kann insbesondere vorgesehen werden, dass mittels verschiebbarer Strahlschutzwände
in einer Vorstation des Coils die Abkühlgeschwindigkeit an den Coil-Stirnseiten für
eine vorgegebene Zeit reduziert wird, um über die Bandbreite vergleichmäßigte Festigkeitseigenschaften
zu erhalten.
[0015] Gemäß einer weiteren Möglichkeit ist vorgesehen, dass durch selektive Kühlbeschleunigung
in einer Zwischenstation des Coils die Festigkeitseigenschaften des Bandes vergleichmäßigt
werden. Dies kann insbesondere dadurch realisiert werden, dass in einer Zwischenstation
des Coils mittels Ventilatoren oder Luftdüsen die Abkühlung an vorgegebenen Teilflächen
des Coils, insbesondere im Bundauge, für eine vorgegebene Zeit verstärkt wird, um
gleichmäßigere, symmetrische oder an bestimmten Stellen höhere Festigkeiten zu erzielen.
[0016] Die dem Gefügemodell zur Verfügung gestellten Daten sind insbesondere die Temperatur
und/oder der Temperaturverlauf einer einzelnen Bandwindung um den Haspel in radiale
Richtung des Coils.
[0017] Ferner können die dem Gefügemodell zur Verfügung gestellten Daten auch die Spannung
im Band, insbesondere in Umfangsrichtung des Haspels, der jeweiligen Bandwindung sein.
Hierbei ist insbesondere vorgesehen, dass bei der Bestimmung der Spannung im Band
die thermische Schrumpfung des Bandes berücksichtigt wird.
[0018] Die Gefügeeigenschaften werden also rechnerisch mit Hilfe eines Gefügemodells bestimmt.
Dazu wird ein gängiges Gefügemodell, das die walz- und kühltechnischen Einflüsse bereits
beinhaltet, um die gefügetechnischen Vorgänge während der Bundabkühlung ergänzt. Dazu
werden die Temperaturverläufe für alle Bundpositionen berechnet. Dies geschieht bevorzugt
unter Einbezug des Bandzuges, der Band- und Bundgeometrie, der thermischen Schrumpfung
und der zeitlichen Entwicklung der Anpressdrücke zwischen den Windungen sowie den
Umgebungsbedingen. Die thermophysikalischen Daten des Bandmaterials können mittels
eines integrierten Materialmodells bestimmt werden. Für die Temperaturentwicklung
im Bund kann ein spezielles thermisch-mechanisches Modell eingesetzt werden, das den
zeitlichen Verlauf der Druckspannungen und den Einfluss auf den Wärmefluss berücksichtigt.
[0019] Werden, wie erfindungsgemäß vorgeschlagen, die genauen Temperaturen bzw. Temperaturverläufe
im Coil sowie die dort herrschenden Spannungen per Simulation bzw. Berechnung erfasst,
lassen sich genaue Aussagen über den Gefügezustand des zum Coil gewickelten Bandes
über dessen Länge und Breite machen.
[0020] Das vorgeschlagene Verfahren wird insbesondere beim Warmwalzen eines Bandes eingesetzt.
[0021] Durch das vorgeschlagene Verfahren hat der Hersteller des Bandes mehr Sicherheit
bezüglich der Produktqualität und kann qualitätskritische Bänder besser identifizieren.
Die Auswirkung von aktuellen Störeinflüssen kann besser abgeschätzt werden. Der Produktionsprozess
kann besser auf homogene Bandeigenschaften angepasst werden. Diese gewährleisten gleichbleibende
Produkteigenschaften bei Weiterverarbeitung und Gebrauch unabhängig von der Bundposition.
Durch die Verringerung von Sicherheitsaufschlägen auf die garantierten Festigkeitswerte
ist es ggf. möglich, die Legierungszusätze knapper zu bemessen und Geld einzusparen.
Ein bereits vorhandenes Material- und Gefügemodell wird durch die Ergänzung aufgewertet
und seine Detailgenauigkeit verbessert.
[0022] In der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung dargestellt. Es zeigen:
- Fig. 1
- schematisch eine Fertigungsanlage für ein Band, bestehend aus Walzwerk, Kühlstrecke
und Haspel (in der Seitenansicht und in der Draufsicht),
- Fig. 2
- schematisch ein Ersatzmodell für den Wärmeübergang zwischen zwei radial benachbarten
Bandwindungen eines zum Coil gewickelten Bandes,
- Fig. 3
- schematisch ein zu einem Coil gewickeltes Band, wobei für einen Umfangsabschnitt einer
Bandwindung die Spannungsverhältnisse angegeben sind (s. hierzu die unten angegebene
Literaturstelle [5]),
- Fig. 4
- die radiale Spannung in einem Coil vor und nach der Kühlung (s. hierzu die unten angegebene
Literaturstelle [5]),
- Fig. 5
- das Ergebnis einer Simulationsrechnung, aus der sich die Abkühl-Kurven (Temperatur
über der Zeit) für unterschiedliche Positionen des Bundes des gewickelten Bandes ergeben,
- Fig. 6
- ein Beispiel für die Zugfestigkeit (Tensile strength) sowie die Streckgrenze (Yield
stress) eines Band über dessen Länge für einen warmgewalzten Stahl (s. hierzu die
unten angegebene Literaturstelle [2]),
- Fig. 7
- Beispiele für die Streckgrenze (Yield stress) eines Band über dessen Breite (s. hierzu
die unten angegebene Literaturstelle [2]),
- Fig. 8
- ein Block-Schaltbild mit der Verknüpfung der Bund-Rechenmodelle mit dem Gefügemodell
und den möglichen Stellsystemen und
- Fig. 9
- ein Schaltbild mit der Verknüpfung der thermischen und mechanischen Modellkomponenten
in den einzelnen Zeitschritten.
[0023] In Figur 1 ist schematisch - einmal in der Seitenansicht und einmal in der Draufsicht
- eine Fertigungsanlage für ein Band 1 dargestellt, wobei ein Walzwerk 2 und eine
Kühlstrecke 3 angedeutet sind. In Förderrichtung F hinter der Kühlstrecke 3 folgt
ein Haspel 4, auf dem das insoweit fertige Band zum Coil aufgewickelt wird.
[0024] Dabei kann zur Beeinflussung der Gefügeeigenschaften des Bandes auf dieses Einfluss
genommen werden. Angedeutet sind in Figur 1 Breitenmaskierungen 6, mit denen die Bandkanten
beim Besprühen mit Kühlwasser abgedeckt werden können, um hier den Kühleffekt zu reduzieren.
Weiterhin dargestellt sind in Figur 1 auch Strahlschutzwände 7 (in Richtung des Doppelpfeils
verschiebbar aus einer rechten, ausgefahrenen Position in eine linke, eingefahrene
Position), die insbesondere in einem Coillager 8 im Bereich der beiden Stirnseiten
des Coils platziert werden können, um die Abkühlung des Bandes 1 zu beeinflussen.
[0025] Eine weitere Möglichkeit zur Steuerung der Coilabkühlung (Bundabkühlung) besteht
darin, in der Vorstation 8 des Coillagers Ventilatoren anzubringen, um damit bei Bedarf
Ungleichmäßigkeiten bei der Abkühlung gezielt zu reduzieren, indem z. B. die Abkühlung
in der Mitte der Umfangsseite oder im Bundauge für eine bestimmte Zeitdauer intensiviert
wird oder Asymmetrien über die Bundbreite ausgeglichen werden.
[0026] Wesentlich ist, dass die Ermittlung der Gefüge-Eigenschaften des Bandes 1 mittels
des Gefügemodells für das zum Coil gewickelten Band erfolgt. Hierbei wird die Temperatur
T und die Spannung σ zunächst nur für einen Abschnitt 5 des gewickelten Bandes, nämlich
für eine einzelne Windung des Bandes um den Haspel 4, ermittelt und diese Daten dem
Gefügemodell zu Grunde gelegt.
[0027] Die Gefügeeigenschaften des gesamten gewickelten Bandes 1 werden berechnet, indem
alle einzelnen Bandwindungen 5 des gewickelten Bandes 1 zusammengefügt werden.
[0028] Ein an sich bekanntes Gefügemodell ist in der Lage, unter Vorgabe der Temperaturen
und der Spannungszustände des Bandmaterials die Gestaltung des Gefüges über der Zeit
zu ermitteln. Folglich ist eine genaue Vorgabe der Temperaturen und Spannungszustände
erforderlich aber auch ausreichend, um diesbezüglich genaue Vorhersagen zu machen,
d. h. zu berechnen, wie sich über die Länge und die Breite des Bandes über der Zeit
der Gefügezustand ergibt.
[0029] Nachfolgend sind hierfür Angaben gemacht, die beispielhaft erläutern, wie sowohl
die Temperaturen als auch die Spannungen einer einzelnen Bandwindung ermittelt bzw.
berechnet werden; durch Zusammenfügen der einzelnen Bandwindungen kann so leicht der
Temperatur- und Spannungszustand des gesamten Bandes und hieraus wiederum mittels
des Gefügemodells das sich einstellende Gefüge bestimmt werden.
[0030] Dazu wird die Bandlänge in Bundwindungen unterteilt und für jede Bundwindung eine
mittlere Windungstemperatur ermittelt. Dann werden in Zeitschritten die Wärmetransporte
von Windung zu Windung, innerhalb der Windungen in Dicken-und Breitenrichtung, über
den Umfang der letzten Windung nach außen, über den Umfang der ersten Windung an den
Haspeldorn bzw. durchs leere Bundauge nach außen, sowie über die Stirnflächen nach
außen berechnet. Dabei werden allgemein gebräuchliche Formeln für konvektive und emissive
Wärmetransporte verwendet.
[0031] Zu betrachten ist insbesondere der Wärmeübergang von Windung zu Windung. Hierfür
werden Modelle für kombinierte Wärmeübergangsmechanismen eingesetzt:
In Figur 2 ist ein Ersatzmodell für den Wärmeübergang zwischen zwei radial benachbarte
Bandwindungen eines zum Coil gewickelten Bandes dargestellt. Die Wärmeleitfähigkeit
λ in radialer Richtung ergibt sich durch eine Kombination der Wärmeleitung durch Bandmaterial,
Oxidschichten und durch den Übergangsspalt, in dem ein paralleler Wärmetransport durch
Luftkammern, über Kontaktbrücken der Rauhigkeitsspitzen und über die Wärmestrahlung
durch die Hohlräume hindurch stattfindet.
[0032] Die Ersatzwärmeleitzahl λ
ers von Bandmitte zu Bandmitte berechnet sich nach den Formeln:

mit

und

wobei ist:
λers: Ersatzwärmeleitzahl für radiale Wärmeleitung von Windung zu Windung
λS: Wärmeleitzahl für Bandmaterial (z.B. Stahl)
λZ: Wärmeleitzahl für Oxidschicht (Zunder)
λSp: Wärmeleitzahl für Wärmeleitung durch den Spalt zwischen den Windungen
λL: Wärmeleitzahl der Luft im Spalt
λK: Wärmeleitzahl der Rauhigkeitsspitzen-Kontaktflächen
RK: Wärmewiderstand der Rauhigkeitsspitzen-Kontaktflächen
hs: Banddicke
hz: Oxidschichtdicke
hSp: Äquivaltente Spaltdicke zwischen den Windungen
fA: Flächenfaktor = (Summe Rauhigkeitsspitzen-Kontaktflächen)/Bezugsfläche
Ti: Windungstemperatur in Kelvin
σr: Radialer Anpressdruck zwischen den Windungen
[0033] Die Ersatzwärmeleitzahl ist individuell für jede Windung und Breitenposition zu bestimmen.
Die Parameter f
A, h
Sp und λ
K werden in Abhängigkeit der lokalen Flächenpressung σ
r zwischen den Windungen bestimmt und werden prozessabhängig berechnet. Geeignete Berechnungsformeln
dazu finden sich in der Literatur gemäß der Dokumente [1] bis [4]:
Dokument [1]: Park, Hong, Baik, Oh: Finite Element Analysis of Hot Rolled Coil Cooling, ISIJ Vol.
38 (1998), No. 11, pp. 1262-1269;
Dokument [2]: Pullen and J. B. P. Williamson: Proc. R. Soc. (London), 327A (1973), 150;
Dokument [3]: S. C. Baik: Technical Report, Pohang Iron & Steel Co. Ltd., 1996 P 921 (1996);
Dokument [4]: B. B. Mikic: Int. J. Heat Mass Transfer, 17 (1974) 205.
[0034] Generell gilt, dass der Wärmewiderstand abnimmt, wenn die Flächenpressung steigt.
[0035] Die Berechnung der Flächenpressung erfolgt mittels eines mechanischen Modells. Die
Berechnungsweise ist in der Literatur detailliert beschrieben, z. B. in Dokument [5].
[0036] Dokument [5]: EUR 25119EN 2012: Flatness set-up in hot strip mills tailored to the
demands of next step processes and final customers (GOLOBAL-SHAPECONTROL)
[0037] Die Bandspannungen (Figur 3) werden in mehreren Berechnungsschritten bestimmt. Dazu
wird zunächst das sukzessive Aufwickeln der einzelnen Windungen betrachtet. Mit jeder
zusätzlichen Windung verändert sich der Spannungszustand (σ) in den darunterliegenden
Windungen.
[0038] Für einige Windungen ist in der linken Teilfigur in Figur 3 die radiale (r), axiale
(a) und tangentiale (t) Richtung angegeben und einige Bandwindungen 5 auf dem Haspeldorn
4.
[0039] Für die Spannungen ergeben sich folgende Beziehungen:

ist dabei die lokale Bandzugspannung am Haspeleintritt.

ρ
0 ist der Innenradius des Haspeldorns, r
i ist der Außenradius des Haspeldorns und r
a der momentane Außenradius des Bundes. Die radialen Windungsspannungen berechnen sich
nach der sog. Kesselformel direkt aus den Tangentialspannungen:

[0041] In Figur 4 ist hierzu ein Beispiel für die Veränderung der radialen Anpressspannung
(in MPa) über die Windungsanzahl bei einer Abkühlzeit von 20 Minuten angegeben (before
cooling: vor der Kühlung; cooled: nach der Kühlung).
[0042] In Figur 5 ist das Ergebnis einer Simulationsrechnung gezeigt, aus der sich die Abkühl-Kurven
(Temperatur über der Zeit) für unterschiedliche Positionen des Bundes des gewickelten
Bandes ergeben.
[0043] Mit diesen Abkühlverläufen können mittels spezieller Materialmodelle die Gefügeentwicklung
und die Festigkeitswerte bei Raumtemperatur berechnet werden.
[0044] Beispiele für Ergebnisse aus dem Materialmodell sind Verläufe von Streckgrenze (Yield
Stress) und Zugfestigkeit (Tensile Stress) über Länge und Breite wie sie sonst nur
durch aufwändige Messungen gewonnen werden können. In den Figuren 6 und 7 sind solche
Messungen aus der Literatur dargestellt (s. Dokument [6]:
Patel, Wilshire, Journal of Materials Processing Technology, V. 120 (2002) 316-321); sie zeigen die durchaus deutlichen Varianzen dieser wichtigen Qualitätsmerkmale
in der Praxis auf.
[0045] Die Berechnung der Gefügeeigenschaften kann zunächst direkt zur Bewertung des aktuell
produzierten Bandes eingesetzt werden. Daneben können die in einer Precalculation
erzeugten Informationen auch genutzt werden, um prozessabhängig Einstellungen vorzunehmen,
die die Homogenität der mechanischen Eigenschaften verbessern.
[0046] Wie erläutert, ist dabei eine Möglichkeit, die Dauer der Wasserkühlung der Bandlängenposition
anzupassen (Bandendenmaskierung). Dabei wird die Anzahl der eingeschalteten Kühlbalken
in Form zeitlicher Rampen so angepasst, dass der vordere und der hintere Bandendenbereich
weniger stark gekühlt werden. Durch solch eine Vorkompensation lassen sich in Summe
weniger Festigkeitsunterschiede entlang der Bandlänge erreichen.
[0047] Falls eine Breitenmaskierung zur Verfügung steht, die im eingefahrenem Zustand die
Bandkanten gegen die Wasserstrahlen von oben abschirmt, kann sie abhängig von den
Berechnungsergebnissen so eingestellt werden, dass das Profil der Bandeigenschaften
über die Bandbreite nach der Bundabkühlung ausgeglichener ist, solange dabei eine
ausreichende Bandplanheit gewährleistet ist.
[0048] Bei der Einstellung von Bandzug und Banddickenprofil könnte das Rechenergebnis der
Precalculation als weiteres Kriterium herangezogen werden, um gleichmäßigere Bandeigenschaften
zu erhalten. Zudem könnte die Kühlung des Haspeldorns prozessabhängig angepasst werden,
indem z. B. Kühldauer und Kühlintensität so eingestellt werden, dass einerseits die
Festigkeitsabweichungen im Bandkopfbereich (Innenwindungen) abgebaut werden, andererseits
die thermische Belastung der Dornelemente im erträglichen Maß bleiben.
[0049] Auf der anderen Seite könnten die Bedingungen für die Bundabkühlung so optimiert
werden, dass homogenere Gefügeeigenschaften resultieren, zum Beispiel durch eine temporäre
Regulierung der Wärmestrahlung an den Bund-Stirnflächen mittels verschiebbarer Strahl-Schutzwände
(s. Bezugszeichen 7 in Figur 1). Dazu wird der Bund unmittelbar nach Beendigung des
Walz- und Wickelvorganges zunächst in eine Zwischenstation verbracht und auf beide
Stirnseiten je eine isolierte Strahlschutzwand vorgefahren (siehe Figur 1). Dadurch
wird die Wärmeabfuhr an den Bandkanten drastisch gedrosselt und die Unterschiede der
Materialeigenschaften über die Breite reduziert.
[0050] Sobald eine Temperatur erreicht ist, unterhalb der keine relevanten Veränderungen
der Gefügeeigenschaften mehr zu erwarten ist, werden die Seitenwände wieder zurückgefahren
und der Bund kann ins Lager abtransportiert werden, um den Platz freizugeben und die
weitere Abkühlung des Bundes zu beschleunigen. Das erweiterte Gefüge- und Temperaturmodell
kann zur Bestimmung der optimalen Zwischen-Lagerzeit eingesetzt werden.
[0051] Alternativ können in der Zwischenstation durch Einsatz von Kühlbeschleunigern wie
z. B. Ventilatoren oder Luftdüsen bestimmte Stellen des Bundes temporär stärker gekühlt
werden, um am Ende gleichmäßigere Gefügeeigenschaften zu erzielen oder aber die minimal
auftretende Festigkeit zu erhöhen. Dies ist z. B. durch gezielte Kühlung am mittleren
Umfang des Bundes möglich. Insbesondere durch verstärkte Kühlung im Bundauge kann
die Zeit, bis alle Bundwindungen eine bestimmte kritische Temperatur unterschritten
haben, verkürzt und somit das Festigkeitsminimum im sogenannten "hot spot" (das ist
die heißeste Zone im Bund) zu einem höheren Wert verschoben werden. Bei systematisch
auftretenden Asymmetrien, z. B. bei horizontal gelagerten Bunden an den Stirnseiten
oder bei vertikal gelagerten Bunden am oberen und unteren Umfang, können durch partielle
Luftkühlung die finalen Gefügeeigenschaften symmetrischer und gleichmäßiger eingestellt
werden. Das erweiterte Gefügemodell kann das Bedienpersonal dabei unterstützen, die
Kühlmaßnahmen auf optimale Weise einzusetzen.
[0052] Das Block-Schaltbild in Figur 8 zeigt die Verknüpfung der Bund-Rechenmodelle mit
dem Gefügemodell und den möglichen Stellsystemen an der Kühlstrecke und in der Zwischenlager-Station
des gewickelten Bundes:
Die Berechnungsergebnisse der Bund-Rechenmodelle beeinflussen das Ergebnis des Gefügemodells
für die verschiedenen Bandpositionen. Ein angeschlossenes Auswerte- und Steuermodul
für gleichmäßige Bandeigenschaften über Breite und Länge kann Stellsignale an die
Steuereinrichtungen der Kühlstrecke und den mechanischen Einrichtungen in der Bund-Zwischenstation
weitergeben, um bessere Bandeigenschaften zu erzielen. Die neuen Einstellungen werden
wiederum von den Rechenmodellen berücksichtigt. Das Ergebnis des Auswerte-und Steuermoduls
kann auch zur Qualitäts-Klassifizierung des produzierten Bandes genutzt werden.
[0053] Das Schaltbild in Figur 9 verdeutlicht die Verknüpfung der thermischen und mechanischen
Modellkomponenten in den einzelnen Zeitschritten, beginnend mit dem Aufwickeln, gefolgt
vom Entspreizen und Herausziehen des Haspeldorns und der thermischen Schrumpfung der
Windungen während des nachfolgenden langsamen Abkühlvorgangs im Bundlager.
Bezugszeichenliste:
[0054]
- 1
- Band
- 2
- Walzwerk
- 3
- Kühlstrecke
- 4
- Haspel
- 5
- Abschnitt des gewickelten Bandes / einzelne Bandwindung
- 6
- Breitenmaskierung
- 7
- Strahlschutzwand
- 8
- Coillager
- F
- Förderrichtung
- T
- Temperatur
- σ
- Spannung
1. Verfahren zur Herstellung eines metallischen Bandes (1), bei dem das Band (1) in Förderrichtung
(F) zunächst in einem Walzwerk (2) gewalzt und anschließend in einer Kühlstrecke (3)
gekühlt wird, woraufhin das Band (1) auf einem Haspel (4) zu einem Coil gewickelt
wird, wobei Gefüge-Eigenschaften des Bandes (1) durch ein rechnerisches Gefügemodell
ermittelt werden,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Ermittlung der Gefüge-Eigenschaften des Bandes (1) mittels des Gefügemodells
für das zum Coil gewickelten Band erfolgt, indem die Temperatur (T) und/oder die Spannung
(σ) zunächst nur für einen Abschnitt (5) des gewickelten Bandes (1) ermittelt und
dem Gefügemodell zu Grunde gelegt wird und dann die Gefüge-Eigenschaften des gesamten
gewickelten Bandes (1) durch Zusammenfügung der einzelnen Abschnitte (5) des gewickelten
Bandes (1) ermittelt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass für jeden Abschnitt (5) des gewickelten Bandes (1) eine einzelne Bandwindung um den
Haspel (4) gewählt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die aus dem Gefügemodell ermittelten Daten mit Sollwerten für das Band (1) verglichen
werden und aufgrund festgestellter Abweichungen Fertigungsparameter des Walzwerks
(2) und/oder der Kühlstrecke (3) so geändert werden, dass die aus dem Gefügemodell
ermittelten Daten möglichst gut mit den Sollwerten übereinstimmen.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die auf das Band (1) in der Kühlstrecke (3) aufgebrachte Kühlleistung über die Länge
des Bandes (1) verändert wird.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die auf das Band (1) in der Kühlstrecke (3) aufgebrachte Kühlleistung im Bereich
des Bandanfangs und im Bereich des Bandendes im Vergleich zur aufgebrachten Kühlleistung
im Bereich der Bandmitte reduziert wird.
6. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die auf das Band in der Kühlstrecke (3) aufgebrachte Kühlleistung über die Breite
des Bandes (1) verändert wird.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die auf das Band in der Kühlstrecke (3) aufgebrachte Kühlleistung im Bereich der
seitlichen Enden des Bandes (1) reduziert wird.
8. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass durch selektive Abschirmung der Wärmestrahlung zum Coil die Festigkeitseigenschaften
des Bandes (1) vergleichmäßigt werden.
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass mittels verschiebbarer Strahlschutzwände in einer Vorstation des Coils die Abkühlgeschwindigkeit
an den Coil-Stirnseiten für eine vorgegebene Zeit reduziert wird, um über die Bandbreite
vergleichmäßigte Festigkeitseigenschaften zu erhalten.
10. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass durch selektive Kühlbeschleunigung in einer Zwischenstation des Coils die Festigkeitseigenschaften
des Bandes (1) vergleichmäßigt werden.
11. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass in einer Zwischenstation des Coils mittels Ventilatoren oder Luftdüsen die Abkühlung
an vorgegebenen Teilflächen des Coils, insbesondere im Bundauge, für eine vorgegebene
Zeit verstärkt wird, um gleichmäßigere, symmetrische oder an bestimmten Stellen höhere
Festigkeiten zu erzielen.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass die dem Gefügemodell zur Verfügung gestellten Daten die Temperatur (T) und/oder den
Temperaturverlauf einer einzelnen Bandwindung (5) um den Haspel (4) in radiale Richtung
des Coils umfasst.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass die dem Gefügemodell zur Verfügung gestellten Daten die Spannung (σ) im Band (1),
insbesondere in Umfangsrichtung des Haspels (4), der jeweiligen Bandwindung (5) umfasst.
14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Bestimmung der Spannung (σ) im Band (1) die thermische Schrumpfung des Bandes
(1) berücksichtigt wird.